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MAGAZIN ELBPHILHARMONIE ELBPHILHARMONIE ANOUSHKA SHANKAR KONZERTGLÜCK Am Puls der Gegenwart 2020 | Eine Liebeskummererklärung 3 »WEIL ER GUT IST« Ian Bostridge über Thomas Adès 2020 | 3 6,50 uro E 4<BUBALT=aagfaa>:V;Y MODERNE KULTUR IN EINZIGARTIGER GESTALT. WELCHE VISION MÖCHTEN SIE VERWIRKLICHEN? PRINCIPAL SPONSOR Julius Bär ist Principal Sponsor der Elbphilharmonie Hamburg. HERZLICH WILLKOMMEN! juliusbaer.com iebe Leserin, lieber Leser, vielleicht fragen Sie sich, wie man in Perfektionsanspruch an Konzerte ablehnt, gerade weil diesen Zeiten ein ganzes Magazin, ihr das Elixier Musik alles ist, bringt sie gewohnt wortge- in dem es hauptsächlich um Musik waltig im Interview zum Ausdruck (Seite 12). geht, unter das Motto »live« stellen Sie ist Residenzkünstlerin der Elbphilharmonie- kann. Das hinreichende Motiv hier- Saison 2020/21, ebenso wie der großartige britische Lfür heißt: anhaltender Phantomschmerz. Gemischt mit Komponist, Pianist und Dirigent Thomas Adès, dem der vitaler Sehnsucht und einer guten Prise Hoffnung. bedeutende Tenor Ian Bostridge aus diesem Anlass ein Monatelang haben wir uns notgedrungen jene Art von scharfsinniges Porträt aus der Sicht eines Freundes widmet Kulturereignis versagen müssen, die mit dem magischen (Seite 48). Sehr ans Herz lege ich Ihnen auch Stephan Wort »live« ein Höchstmaß an Lebensnähe verspricht. Bartels’ Reportage darüber, wie sich vier Hamburger Nun kehrt das Live-Erlebnis zumindest in unseren Breiten Musike rinnen und Musiker in den gravierend veränderten in den Konzertsaal zurück, endlich – wenn auch mit V er hältnissen seit Corona eingerichtet haben (Seite 72). Einschränkungen und allerhand logistischem Aufwand. Und wenn es um »live« geht, darf natürlich eine Liste Natürlich hat die Corona-Krise an allen Texten der besten Live-Mitschnitte der Musikgeschichte nicht dieser Ausgabe mitgeschrieben, mal mehr, mal weniger fehlen (Seite 22). offensichtlich. Doch was Sie hier lesen können, soll Ich bin ungemein froh, dass die Elbphilharmonie Bestand haben auch jenseits der Allgegenwart des Virus. zum Saisonstart 2020/21 wieder das bieten darf, wofür sie Die Autorinnen und Autoren gehen dem, was »live« im gebaut wurde. Und ich glaube, wir alle werden das Live- Leben ausmacht und was ihm ohne »live« verloren geht, Erlebnis Musik fortan mehr schätzen als je zuvor. auf eher grundsätzliche Weise auf die Spur. So bringt Volker Hagedorn denkbar disparate, sehr besondere In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine lebendige Konzert er eignisse aus mehreren Jahrhunderten zusammen Lektüre. und preist in seinem Text das Unwiederholbare, das letztlich jedes Konzert ausmacht (Seite 16). Wie untrenn- bar für die Geigerin Patricia Kopatchinskaja Musik und Ihr Christoph Lieben-Seutter Leben verwoben sind, wie vehement sie den fatalen Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle Elbphilharmonie-DE-ElphilharmonieMagazin3-210x280-27062018.indd 1 27.06.18 13:16 4 52 HOMMAGE ENGAGEMENT 24 KONZERTGLÜCK 30 ICH BIN EIN FAN ESSAY Eine Liebeskummererklärung VON CLAUDIA SCHILLER UMGEHÖRT VON ALBRECHT SELGE SYSTEMSTÖRUNG OHNE PUBLIKUM – KEIN KONZERT Was bleibt vom Streaming? Musiker über die Menschen, 58 Und was besser nicht? VON MICHAEL STALLKNECHT 10 für die sie spielen BEETHOVEN VON RENSKE STEEN GLOSSE A-BEE-C DER WUNDERBARE LÄRM Beethoven von A bis Z Applaus ist nichts für Amateure. VON CLEMENS MATUSCHEK VON TILL RAETHER 60 12 34 PROGNOSE TUSSOPHOBIE UND PANDEMIE ÜBERBLICK Konzerte ohne Husten wird es AUS DER TIEFE DES RAUMES PATRICIA KOPATCHINSKAJA auch nach Corona nicht geben. JAZZ-BASSISTEN ALS BANDLEADER »ICH WILL UNS DIE VON JOHANNA ADORJÁN VON TOM R. SCHULZ MASKEN ABZIEHEN« Die Geigerin über die Energie im Konzertsaal 38 VON CAROLIN PIRICH FOTOSTRECKE STILLLEBEN VON JOACHIM LINDNER 66 MITARBEITER SEID UMSCHLUNGEN MILLIONEN Das Development bringt Kunst und Wirtschaft zusammen. 16 VON SIMON CHLOSTA 48 GESCHICHTE 70 MAN WÄRE GERN DABEI GEWESEN KENNERBLICK Besondere Konzerte aus BILDERRÄTSEL vier Jahrhunderten 54 VON VOLKER HAGEDORN ANOUSHKA SHANKAR GLOBAL VERWURZELT 72 Die Sitar-Spielerin findet den Puls 22 der Gegenwart zwischen östlicher THOMAS ADÈS REPORTAGE Tradition und westlicher Moderne. MUSIKLEXIKON WEIL ER GUT IST SYSTEMRELEVANT VON STEFAN FRANZEN STICHWORT »LIVE!« Eine Würdigung des britischen 82 88 Vier Hamburger Musiker erzählen, Es gibt nichts, wozu die Musik Komponisten, Pianisten und wie sie mit dem Shutdown nichts zu sagen hätte. Dirigenten FÖRDERER UND IMPRESSUM fertigwerden. VON CLEMENS MATUSCHEK VON IAN BOSTRIDGE SPONSOREN VON STEPHAN BARTELS 4 HOMMAGE HOMMAGE 5 KONZERT GLÜCK Eine Liebeskummererklärung VON ALBRECHT SELGE alenderspruch des Monats, nein, des ganzen Die alte Frage: Was ist denn »echt«? Die meditative verflixten Corona-Jahres 2020 bisher: »Man weiß Antwort lautet bekanntlich: schwierig, schwierig … Das erst, was man hatte, wenn man es verloren hat.« Paradox meines Konzerterlebnisses besteht jedenfalls K Das ist eine dieser elenden Weisheiten, die zu einem wesentlichen Teil darin, dass ein öffentliches den stechenden Schmerz des Liebeskummers zwar nicht Konzert für mich eine Art geschützten persönlichen, lindern, ja ihn vielleicht noch schlimmer machen. Und ja intimen Raum darstellt. Wenn ich unter tausenden doch ist dieser Satz irgendwie tröstlich, weil er zumindest Menschen im Konzert sitze, bin ich im besten Fall ganz Ordnung in den Schmerz bringt. allein mit der Musik und somit völlig bei mir. Während Mein derzeitiger Liebeskummer gilt (wie wohl das in der Intimität des Zuhauses derzeit ja alles öffentlich ist, stumme Lamento vieler Konzertgänger) der verlorenen Familie und Homeoffice um einen herum, ein einziger öffentlichen Aufführung von Musik in den Zeiten der Taubenschlag. Pandemie. Denn gibt es etwas Schöneres, etwas Lebens- wichtigeres, als ins Konzert zu gehen? EVENT UND ANDACHT Für Musiker, die nicht mehr auftreten dürfen, be- Aber ein asoziales Ereignis sollte und kann ein Konzert deutet der schlagartige Verlust des Partners Publikum natürlich selbst für den introvertiertesten aller abge- oft blanke Existenznot: als handfestes materielles Problem, kapselten Hörer nicht sein. Denn Konzerte sind nun mal aber auch als bohrende Sinnfrage. Denn wozu ist man gesellschaftliche Erlebnisse, seit es sie gibt: seit dem Musiker, wenn nicht, um zu musizieren – und zwar vor 18. Jahrhundert nämlich, zumindest annähernd in unserem Zuhörern? Ebenso aber gilt: Wozu ist man Konzertgänger heutigen Sinn, will sagen, als Musik pur, ohne Anlass und Zuhörer, wenn man nicht mehr ins Konzert gehen wie Krönung oder Gottesdienst oder Bankett. Stattdessen und zuhören kann? Die aus der Not gewuppten Strea- Zuhören ohne Zweck – außer eben zuzuhören. Oder ming-Konzerte sind zweifellos eine ehrenwerte Sache, zumindest so zu tun, als hörte man zu, was bekanntlich und vielen Musikfreunden mögen sie über die schwierige eine Kunst für sich ist. Zeit helfen (auch wenn die gebeutelten Musiker damit Wobei die quasi-religiöse Komponente, die später meist kein Geld verdienen). Aber mir als Hörer bringen im andachtsvollen Hören des verrückten 19. Jahrhunderts sie, ehrlich gesagt, nichts. Mir fehlt da fast alles, was ein hinzutrat, schon in den Anfängen zu finden ist – wenn echtes Konzert ausmacht (siehe auch S. 24). auch nur verborgen, als kurioser Hintergrund. Als nämlich 1725 im Paris des Ancien Régime die ersten öffentlichen Konzerte außerhalb der Académie Royale stattfinden durf- Unter tausenden Menschen ganz allein mit der Musik: Luciano Pavarotti live in der Docklands Arena London, 1989; ten, galt die Bedingung: Musik nur an Tagen, an denen beim Venice Beach Rock Festival, Los Angeles 1968 die Oper nicht spielt – und das waren die katholischen › 6 HOMMAGE HOMMAGE 7 So geschlagen und taub wir ins Konzert kommen, so geheilt und hörend verlassen wir es wieder. Wenn es ein gutes Konzert war. Feiertage, von denen es, dem Musikgott sei Dank, ja nicht nach). Versenkung ins Gehör statt ins Gebet. Und viel- wenige gibt. So entstand der Name Concerts spirituels, leicht kann man die Schaffung großer Konzertsäle auch wenn im Tuilerienpalast gar nicht über wiegend als den Kirchenbau des 19. Jahrhunderts bezeichnen, vom geistliche Musik gespielt wurde, sondern Instrumental- Leipziger Gewandhaus 1842 bis zum Amsterdamer musik wie etwa Corellis Concerti grossi. Concertgebouw 1888. Der so abstruse wie faszinierende Allzu spirituell ging es früher im Konzertsaal nicht Höhepunkt der musikalischen Kunstreligion ist gewiss zu, eher spirituosig und verplaudert, wie wir aus zahl- der 1876 eröffnete Wagnertempel zu Bayreuth, diese reichen Berichten und Anekdoten wissen. Etwa die von seltsame Akropolis des Gesamtkunstwerks. Aber das ist Ludwig van Beethoven, der angeblich vom Klavier auf- natürlich ein Sonderfall. sprang und das Publikum anschnauzte: »Für solche Wenn der Bau von Konzerthäusern sich damals an Schweine spiele ich nicht!« Dass da ein geschwätziger religiösen Ideen orientierte und von diesen abstieß, wie junger Graf mehr Augen (und vielleicht sogar Hände) für ist es dann heute – etwa im Fall der Elbphilharmonie? Das seine schöne Begleiterin hatte als Ohren für die Musik, architektonisch Spektakuläre vielleicht, das Wahrzeichen- das hätte Beethoven als einschlägiger Frauen-Nachgucker hafte und Ikonische anstelle des Sakralen? vielleicht noch verstanden – wenn’s nicht gerade um seine Musik gegangen wäre. Und obwohl der Eklat nicht in MUSEEN DES HIER UND JETZT einem eigentlichen Konzertsaal stattfand, sondern in einem Wie dem auch sei, in den Kunsttempeln nahmen die Salon vor adligem Publikum, zeigt es doch Beethovens