20. Jahrgang Nr. 2 / 3 - Aprit / Juti 1994

Ernst Schoen (1994 - 1960) Biographische Skizze und Nachlaß

Rundfunkforschung in Leipzig (1946 - 1963)

Musikgestaltung im Hörfunkprogramm

. Der Stasi und die Medien

Aktuelles im Weimarer Rundfunk

Thomas Mann und die BBC

Bibliographie

Besprechungen

Zitierweise : Mitteilungen StRuG-ISSN 01 75-435'l Autoren der längeren Beiträge

Dr. Tobias Liebert, Universität Leipzig, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft, Augustusplatz 9, 04109 Leipzig.

Dr. Thomas Münch, Carl-von-Ossietzky-Universitat, Fachbereich 2 Kommunikation I Ästhetik, Fach Musik, Postfach 2503, 26111 Oldenburg.

Dr. Sabine Schiller-Lerg, Publizistin, Schürbusch 115, 48163 Münster.

Dr. August Soppe t

Redaktionsanschrift

Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main - , Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am Main, Tel. 069-15687212, Fax 069-15687200. Dr. Marianne Ravenstein, Institut für Publizistik der Universität Münster, Bispinghof 9- 14, 48143 Münster, Tel. 0251-834262, Fax 0251-838394. Redaktionsbeirat Dr. Wolf Bierbach, Dr. Michael Crone, Dr. Edgar Lersch. Redaktionsassistenz: Dr. Stefan Niessen. Redaktionsschluß: 4. Juli 1994. Hergestellt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rundfunkarchiv. Bitte heraustrennen und sofort abschicken! (bis 30. August 1994)

An die Mitglieder des Studienkreises Rundfunk und Geschichte

Auf vielfachen Wunsch aus den Reihen der Mitglieder beabsichtigt der Studienkreis ein Mitgliederverzeichnis herauszubringen, um mit dieser Publikation die Kommunikation der Mitglieder untereinander zu erleichtern. Außerdem muß aus Kostengründen der Verteiler fur unsere Zeitschrift rationalisiert werden, d.h. Bezieher, die in einer Institution tätig sind, werden grundsätzlich nur noch über diese die "Mitteilungen" erhalten. Wir bitten aus diesem Grund den unten stehenden Fragebogen möglichst umgehend zurückzuschicken.

Der Schatzmeister Die Redaktion des Studienkreises der Mitteilungen

Frankfurt am Main, im Juni 1994

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Ich erkläre mich einverstanden mit der Aufnahme folgender Angaben in das Mitgliederver­ zeichnis des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Ebenso bin ich einverstanden mit der Zusendung der Zeitschrift an meine Dienstadresse:

Name: Vorname:

Adresse:

Telefon: Fax:

Institution:

Funktion:

Adresse:

Telefon: Fax:

Datum: Unterschrift: ......

Herrn Dr. Michael Crone Schatzmeister des Studienkreises Hessischer Rundfunk 60222 Frankfurt am Main Inhalt

20. Jahrgang Nr. 2 I 3 - April I Juli 1994

Aufsätze Sabine Schiller-Lerg I August Soppe Ernst Schoen (1894- 1960) Eine biographische Skizze und die Geschichte seines Nachlasses 79 Tobias Liebert Rundfunkausbildung und -forschung in Leipzig zwischen 1946 und 1963 89 Thomas Münch Musikgestaltung für massenattraktive Hörfunkprogramme Zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit 99

Dokumentation Massenkommunikationsmittel im Klassenkampf Der Staatssicherheitsdienst der DDR und die Medien 107

Nachrichten und Informationen 25. Jahrestagung des Studienkreises in Mari/Westfalen (22.- 24. September 1994) 121 22. Grünberger Doktoranden-Kolloquium (13. - 15. Mai 1994) Aus der Sicht eines Wiederholungstäters 122 ln Grünberg springt der Funke über Eine Zuschrift an die Redaktion 124

Schwarzes Brett »Ein praktisches Stück deutscher Wiedervereinigung« Ernst Elitz erster Intendant des >Deutschlandradios< 126 Wider die Verballhornung der Bullenwiese zu Eberswalde Denkmalschutz für Rundfunkgeschichte oder Funkgeschichte? 127 Erlebtes Zeitgeschehen »Reichstags-Stimmungsbilder« und »Zeitberichte« im Weimarer Rundfunk 129 Rundfunktexte im Nachlaß Martin Raschke 132 Thomas Mann und die BBC im Zweiten Weltkrieg Neue Einsichten in die Rundfunkarbeit des Schriftstellers 132 »Deutsche Selbst- und Fremdbilder in den Medien von BRD und DDR« Ein zeit-und medienhistorisches Projekt des Adolf-Grimme-lnstituts 134 Dinah Share (1917 -1994) Medientransfer - Medienmobilität 137 Ausstellung 70 Jahre Rundfunk in Leipzig 40 Jahre DDR-Rundfunk nur eine Randerscheinung 138 70 Jahre >Süddeutscher Rundfunk< Ausstellung zu seiner Geschichte 139 Buch, Buchhandel und Rundfunk (1945- 1949) Tagung im Literaturarchiv Marbach/N. 140 2 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Der Rundfunk und die Europaidee der UER Rundfunkhistorische Tagung 141 Erste gemeinsame Jahrestagung von IASA und FIAT 141

Bibliographie Rundfunkbezogene Hochschulschriften Fachbereich Kommunikationswissenschaften I Institut für Publizistik und Kommunikationspofitik der Freien Universität Berlin 142 Zeitschriftenlese 65 (1 .1. - 30.4.1994) 145

Besprechungen August Soppe: Rundfunk in Frankfurt am Main 1923 - 1926 (Frank Biermann) 148 Peter Fischer: Die deutsche Publizistik als Faktor der deutsch-polnischen Beziehungen 1919- 1939 (Ansgar Diller) 150 Robert Lucas: Die Briefe des Gefreiten Hirnschal (Ansgar Diller) 151 Dietmar Pertsch: Jüdische Lebenswelten in Spielfilmen und Fernsehspielen (Ansgar Diller) 151 Sibylle Bolik: Das Hörspiel in der DDR (Hans-Uirich Wagner) 152 Heinz Niemann: Meinungsforschung in der DDR (lngrid Pietrzynski) 153 Wolfgang Haible: Schwierigkeiten mit der Massenkultur (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 154 Peter Zimmermann (Hrsg.): Fernsehdokumentarismus (Christian Filk) 155 Franz Dröge I Gerd G. Kopper: Der Medien-Prozeß (Christian Filk) 156 Andreas Tegge: Die Internationale Telekommunikations-Union (Reinhard Schneider) 158 Christa Hempei-Küter: Die KPD-Presse in den Westzonen von 1945 bis 1956 (Ansgar Diller) 159 Quellen zur deutschen politischen Emigration 1933-1945 (Ansgar Diller) 160 Nordrhein-Westfalen (Ansgar Diller) 161 Sabine Schiller-Lerg I August Soppe

Ernst Schoen (1894 -1960) Eine biographische Skizze und die Geschichte seines Nachlasses

Wer war Ernst Schoen? Die Antwort fallt vor al­ Schoen benötigte, flossen ebenfalls in seine lem deshalb schwer, weil nicht nur seine Funkti­ Darstellung ein.2 Dennoch mußte diese biogra­ on als Programmleiter der >Südwestdeutschen phische Betrachtung, die im Rahmen seiner Stu­ Rundfunk(dienst) AG< in Frankfurt am Main von die exemplarischen Charakter hatte, fragmenta­ 1924 bis 1933 von Interesse ist, sondern auch risch bleiben. Denn Soppe hatte seinerzeit we­ seine Jugend, seine frühen Freundschaften und der Einblick in die Tagebücher Ernst Schoens seine berufliche Herkunft. Wie für viele seiner noch in dessen private Korrespondenz. Er muß• Generation, war der Weg in die Emigration auch te sich im wesentlichen auf die Mitteilungen der für Ernst Schoen unausweichlich. Sein persönli• Witwe und auf die ungeordneten Dokumente, die ches Schicksal im englischen Exil ist gewiß sie ihm überließ, stützen. Zuordnungen, Aus­ vergleichbar mit vielen, inzwischen niederge­ legungen und Bewertungen konnte Soppe nicht schriebenen, Lebenslaufen anderer Emigran­ mehr verifizieren. Inzwischen ist die Aufarbeitung ten.1 Dennoch birgt sein Schicksal eine neue der überlieferten Dokumente für eine Biographie Variante individueller Abgründe, die es zu erfor­ vorangeschritten und laßt neue Schlüsse zu. schen gilt, um das Bild dieser extremen Lebens­ Die Ermittlung und Überprüfung aller Fakten situation auch in seinen zeithistorischen Kontu­ und Ereignisse ist eine wesentliche Vorausset­ ren vervollständigen zu können. Noch schwerer zung für biographische Arbeit. Die Deutung der wird eine Antwort, wenn Ernst Schoen als Remi­ Persönlichkeit, ihrer Entscheidungen, Handlun­ grant, der 1952 in Deutschland wieder Fuß zu gen oder Motive und Meinungen kann erst nach · fassen suchte, beschrieben werden soll, weil im dieser Annäherung im Kontext ihres Lebenszu­ Wechselbad von Aufbruchstimmung und Verbit­ sammenhangs erfolgen. Ernst Schoen war eine terung sein Verhalten ganz wesentlich vom poli­ prismatische Figur, und umso schwerer ist es, tisch Machbaren bestimmt war. seine facettenreiche Personlichkeit auszuleuch­ Am 14. April ware Ernst Schoen 100 Jahre ten. Der Rundfunk spielte eine bedeutende Rolle geworden. Obwohl die biographische und rund­ im Leben Ernst Schoens und hat wesentlich funkhistorische Beschäftigung mit Ernst Schoen seine schriftstellerische und vielleicht sogar keines Jubiläums bedarf, fügt es sich glücklich, seine kompositorische Arbeit beeinflußt. Eine daß dieses Datum mit der Fertigstellung des werkgeschichtliche Dokumentation - Bibliogra­ Findbuchs zusammenfallt, das im Bundesarchiv phie und Radiographie - ist eine noch zu lei­ Koblenz den Nachlaß erschließt. Vor zwei Jah­ stende Arbeit, um die Bedeutung dieses Mannes ren brachte die Verfasserin den Nachlaß von für den Weimarer Rundfunk erkennen zu kön­ London nach Koblenz. Merkwürdig - aber typisch nen. Eine Annäherung an die Person Ernst - ist, daß Ernst Schoen als eine wichtige Persön• Schoens vermittelt die »biographische Skizze«, lichkeit des Weimarer Rundfunks derart in Ver­ die nachfolgend in einer leicht gekürzten und gessenheit geraten konnte. Es war das Ver­ Oberarbeiteten Fassung veröffentlicht wird. dienst August Soppes, vor mehr als zehn Jahren mit seinen Recherchen zu Ernst Schoen begon­ nen und den Kontakt mit der Witwe Johanna Biographische Skizze Gratin Rogendorf wieder aufgenommen zu ha­ ben. So bekam August Soppe damals Einblick in Ernst Fritz Erich Schoen wurde am 14. April einen recht umfangreichen Nachlaß. Für seine 1894 in Berlin-Charlottenburg geboren, der Vater Dissertation »Rundfunk in Frankfurt am Main Otto Schön, von Beruf Architekt, setzte sich 1923-1926«, posthum veröffentlicht in der Schrif­ wenig spater nach Amerika ab. Ernst wurde von tenreihe des Studienkreises (München u.a. seinen Großeltern und seiner Mutter Joanna, 1993), entstand eine »biographische Skizze«. geb. Grodnick-Grodinsky, erzogen, die ihn - Seine Daten und Fakten trug Soppe zusammen, selbst Jüdin- evangelisch taufen ließ.3 Von 1901 wie sie aus den Erzählungen der Witwe Ernst bis 1909 besuchte er das Kaiser-Friedrich-Gym­ Schoens und aus den überlieferten Dokumenten nasium, eine Reformschule, anschließend bis erkennbar wurden. Einige wichtige zusatzliehe 1911 das Padagogium Berlin-Lankwitz.4 Recherchen - in der Weimarer Rundfunkpresse Schoens Familie war bekannt mit der Familie und durch Befragungen von Zeitzeugen -, die Busoni; Ernst, der sich schon früh für Musik in­ Soppe für eine Rundfunksendung über Ernst teressierte, erhielt bei Ferruccio Busoni Klavier- 80 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) unterricht und wurde auf dessen Vermittlung eierte bei der Süwrag mit der Zeit zum Pro­ 1910 Edgar Vareses erster Kompositionsschü• gramm-Referenten, Leiter der Programmabtei­ ler, der ihn anfangs nach der Harmonielehre von lung und Stellvertreter Fleschs; als dieser 1929 Thuilfe, dann nach der von Schönberg unterrich­ an die Berliner »Funkstunde« berufen wurde, tete - kostenlos.5 Schoens spätere kompositori­ trat Schoen seine Nachfolge als »verantwortli­ sche Arbeiten, wie sein Einsatz für die zeitge­ cher Programmleiter«12 an- nicht jedoch als An­ nössische Musik, dürften hiervon beeinflußt wor­ teilseigner und Vorstandsmitglied der Süwrag. den sein. Die Verbindung zu Varese blieb zeit­ Über seine Rundfunkanalyse und die Pro­ lebens bestehen; als Varese und Busoni 1922 in grammarbeit der ersten zwei Jahre hinaus wären Berlin einen deulschen Ableger der >Internatio­ Schoens konzeptionelle Programmaktivitäten bis nal Composer's Gl.md< {I.C.G.) - die Internatio­ 1933 der gesonderten Aufarbeitung wert. nale Komponisten-Güde (I.K.G.} - gründeten, Vorläufig kann festgestellt werden, daß sich wurde Schoen deren Sekretär.s Schoen in prononcierter Weise um eine Förde• Etwa 1910 zog Schoen zu seinem Schul­ rung zeitgenössischer Musik und ihres Verste­ freund Altred Cohn, einem reichen Waisen, der hens bemühte, 13 neue Formen der Zusammen­ später auch zur Finanzierung seines Studiums arbeit zwischen Rundfunk und Theater - insbe­ beitrug. Ebenfalls noch auf dem Gymnasium sondere der Musikbühne14 - erprobte, wozu er lernte er in einem kleinen Kreis von Schülern, selbst mindestens zwei »Rundfunkkantaten« der gemeinsam Literatur las und diskutierte, beisteuerte,15 und vor allem im Bereich des Walter Benjamin kennen. Damit begann eine Schul- und Jugendfunks eine sachlich-didakti­ lebenslange Freundschaft unter Ebenbürtigen.7 sche Hörspielkonzeption in der Linie Brecht­ An Benjamins späteren Aktivitäten innerhalb der 'scher Lehrstücke verfolgte.16 Freien Studentenschaft und der Jugendbewe­ Schoen, der - vermutlich zusammen mit gung beteiligte sich Schoen wohl nicht.B Schüller - Brecht im November 1930 zu einem Von 1911 bis 1914 studierte Schoen in Berlin, Gespräch über »Soziologie des Rundfunks« Marburg und Bern Philosophie, Kunstgeschichte nach Frankfurt einlud,17 sah in dessen Arbeiten und Geschichte und vervollständigte seine eine Entwicklung »von der Dichtung zur Politik immensen Sprachkenntnisse. Bewußt wohl als angewandter Moral«.18 Gerade deshalb beendete er das Studium ohne einen Abschluß, seien Brechts Arbeiten besonders für den der eine akademische Laufbahn ermöglicht Rundfunk geeignet. 1932 sagte er dazu in einem hätte, und nahm eine Stellung als Assistent an Interview der Rundfunkzeitschrift >Die Sen­ der nachmaligen Preußischen Staatsbibliothek dung<: »Ich war von Anfang an der Ansicht, daß an.9 Von 1916 bis Kriegsende war er Land­ der Rundfunk im weitesten Sinne des Wortes ein sturmmann und Dreisprachendolmetscher in den politisches Instrument sein müsse. Ich verstehe Gefangenenlagern Brandenburg und Heidelberg; dabei unter Politik ganz allgemein: angewandte anschließend arbeitete er als Dreisprachendol­ Moral.« 19 Neben der Zusammenarbeit mit metscher im Reichsfunkamt. war Hilfsredakteur Brecht20 ist vor allem die enge Verbindung zu bei Georg Bernhards Finanzzeitschrift >Piutus<, Benjamin hervorzuheben, dem Schoen während Pressechef des Reichskohlenkommissars und seiner Amtszeit häufig Gelegenheit zur Mitarbeit Redakteur im »WotffSchen Telegraphenbureau« und damit eine gewisse materielle Absicherung (WTB). Benjamins Briefe an Schoen aus jener bot;21 auch gab er die Anregung zu den Zeit lassen das Bild eines Mannes erkennen, der gemeinsam mit Wolf Zucker geschriebenen sich neben diesen Brottätigkeiten intensiv mit »Hörmodellen«. 22 Literatur, insbesondere Stifter und der zeitgenös• Schoen, der »in der Stille ( ... ) mit einer In­ sischen französischen Literaturszene, beschäf• tensität arbeitete, die ebenso groß war wie seine tigt, viel übersetzt, Gedichte schreibt, mehrfach Anonymität« - so die >Südwestdeutsche Rund­ Krisen durchlebt und sich nur allmahlich an seine funk-Zeitung< in einem Rückblick auf die ersten vermeintlich eigentliche Bestimmung - die Musik Jahre23 -, fühlte sich anfangs nicht besonders - herantraut;10 kompositorische und musikkriti­ wohl in Frankfurt.24 Er blieb jedoch und gründete sche Arbeiten setzen wohl erst in den 20er Jah­ hier eine Familie: Am 3. März 1926 heiratete er ren ein. Johanna Liman, die er wenige Monate zuvor auf Mitte 1924 wurde Ernst Sct10en als »erster einem Silvesterfest bei Benjamin in Berlin künstlerischer Assistent« 11 beim Frankfurter kennengelernt hatte. 25 Aus der Ehe erwuchsen Rundfunk angestellt. Die Verbindung zur >Süd• zwei Kinder; die Familie lebte anfangs in Kron­ westdeutschen Rundfunkdienst AG< (Süwrag) berg, ab 1931 in einer der von Ernst May ge­ kam zustande über die Tochter des Frankfurter planten Siedlungen. Opernhaus-Kapellmeisters Ludwig Rottenberg Zum engeren Frankfurter Bekanntenkreis ge­ und Schwägerin von Hans Flesch, mit der hörten der Maler und Graphiker Wifli Baumeister, Schoen in Berlin bekannt war. Schoen avan- Hilde und Eugen Claassen - damals Leiter des Ernst Schoen (1894- 1960) 81 zur >Frankfurter Zeitung< gehörenden Societäts• fahrtsorganisationen und der Hilfe einer Quäker• verlages und häufig Sprecher in der »Stunde der frau lebte. Frankfurter Zeitung« - und auch Theodor Wie­ Während dieser Jahre blieb Schoen nicht sengrund Adorno, dem Schoen Gelegenheit zu untätig: Es entstanden Drehbücher für Kinder­ ersten Rundfunkvorträgen gab, ohne mit ihm in filme, ein Hörspielmanuskript »Gullivers letzte musiktheoretischen und politischen Fragen im­ Reise« - zu dem Hanns Eisler die Musik mer einer Meinung zu sein;26 insgesamt ein eher schrieb35 - und kulturkritische Essays, die sich intellektuell geprägter Kreis, politisch links auch mit der Durchsetzung des Faschismus in orientiert. 27 Deutschland beschaftigten; alle diese Arbeiten Innerhalb des Frankfurter Rundfunks bestand sind bislang unveröffentlicht. Ausführlich unter­ engerer Kontakt wohl nur zu Reinhold Merten; suchte Schoen das Medium, in dem er neun die gute Zusammenarbeit mit Wrlhelm Schüller Jahre lang gearbeitet hatte: Schon 1935 waren war mitgeprägt durch dessen Funktion als wesentliche Teile eines Buches über die Ent­ Vorstand der Süwrag, die ihn praktisch zum wicklung und Sozialgeschichte der Rundfunk­ Arbeitgeber Schoens machte.28 Über Frankfurt technik erarbeitet - »Broadcasting - How it came hinaus verkehrte Schoen öfter wohl nur mit about« -, das er vergeblich zu veröffentlichen Friedrich Bischoff, dem Intendanten der Bres­ suchte und an dem er wohl bis zu seinem Le­ lauer >Schlesischen Funkstunde<. Bekannte aus bensende weiterarbeitete.36 Eine aus den 50er jenen Jahren schildern Schoen als zurückhal• Jahren datierte ausführliche »Inhaltsangabe« tenden, fast schüchternen, sich nur im persönli• zum jetzt »Action at a Distance. A Social Study chen Gespräch öffnenden Menschen, mit hohen of Broadcasting and its Antecedents« (»Der moralischen Ansprüchen, wenig zu organisato­ Rundfunk - seine Geschichte und seine Bedeu­ rischer oder kämpferischer Durchsetzung seiner tung«) betitelten Buch notiert: »Das Buch will Auffassungen gegenüber anderen befähigt, da­ Lesern ohne technisches Fachwissen, vor allem bei selbst von ungemeiner Arbeitsproduktivität jungen Lesern, eine Vorstellung von der Ent­ und umfassend gebildet.29 wicklung des Rundfunks aus der Geschichte des Das Frankfurter Rundfunkprogramm, das als Magnetismus (!) und der Elektrizität, von seinem liberal, weltoffen und modern galt und unter Missbrauch in den kapitalistischen Ländern und Schoens Leitung auch zunehmend politischen von seinen Verwendungsmöglichkeiten im Dien­ Kontroversen in der Perspektive eigenständiger ste menschlichen Fortschritts vermitteln. Bei der Meinungsbildung der Hörer geöffnet wurde,30 historischen Betrachtung wird jede technische geriet in den letzten Jahren der Weimarer Re­ Entwicklungsperiode innerhalb des gesellschaft­ publik verstärkt ins Schußfeld konservativer und lichen Zusammenhangs geschildert, dem sie reaktionärer Kritik;31 Schoen selbst galt der Na­ angehört. Abschließend werden der völkerver• zi-Presse als ausgemachter Kommunist. Am 3. hetzenden Propaganda des kapitalistischen März 1933 -zwei Tage vor der Reichstagswahl - Rundfunks seine völkerverbindenden Aufgaben wurde er aus politischen Gründen für wenige gegenübergestellt.« Tage verhaftet; danach tauchte er bei der be­ Das Buch beginnt mit dem ersten wissen­ freundeten Familie des Oberlandesgerichtsrates schaftlichen Gebrauch des Magnetismus in Otto Friedburg in Harnburg unter, wo er im April China und seiner Rolle in Antike und Mittelalter, 1933 wiederum auf anonyme Anzeige hin ver­ verfolgt die einzelnen Etappen der wissen­ haftet wurde32 und nur durch persönlichen Ein­ schaftlichen Entwicklung im Bereich der Elek­ satz seiner Frau bei den verantwortlichen Be­ trizität und ihre wirtschaftliche Nutzung bis hin hörden in Berlin aus der Strafanstalt Fuhlsbüttel zur Rundfunkentwicklung in ihrer formations­ wieder freikam. Schoen floh Ende April nach spezifischen Ausprägung, behandelt den Einsatz London; seine Familie folgte wenig später unter des Rundfunks im Zweiten Weltkrieg und sollte Zurücklassungall ihrer Habe.33 mit einem Ausblick auf Fernsehen und London bot sich als Exilort an, weil Schoen Ultrakurzwellen schließen. Zum Zeitpunkt der während seiner Rundfunktätigkeit Kontakte zum Abfassung dieser »Inhaltsangabe« waren zehn Schönberg-Schüler und Mitarbeiter der Musik­ der geplanten 15 Kapitel geschrieben. Abteilung der BBC, Edward Clark, aufgebaut Außerdem gründete Schoen 1936 ein Opern­ hatte; außerdem war ein Verwandter von Frau ensemble - The Opera Group -, das vor allem Schoen, Albert Graf Bernstorff, als Diplomat an die Kammer- und Spieloper pflegen und auch in der deutschen Botschaft tätig.34 Bernstorff der Provinz bekannt machen sollte sowie zeit­ wurde schon wenige Monate später abberufen, genössische Komponisten zum Schreiben von und auch die Beziehung zu Clark verschaffte »small operas« anregen wollte.37 Zu dieser Schoen keine Stellung, so daß die Familie bis Gruppe gehörten - neben Schoen als »Produ­ 1940 von der Unterstützung kirchlicher Wohl- cer« - der vordem in Darmstadt und Berlin wir- 82 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) kende Bühnenbildner W. Auerbach und der Am 10. Dezember 1960 starb Ernst Schoen Pianist und Dirigent Georg Knepler. 38 im Martin-Luther-Krankenhaus in Berlin-Schmar­ 1940 bekam Schoen eine Stelle als Überset• gendorf, unbemerkt von der Öffentlichkeit und zer in der deutschen Abteilung der BBC, die er vom Rundfunk. Theodor W. Adorno schrieb am 1952 bei der Verkleinerung dieser Abteilung 4. Januar 1961 an Hansi Schoen »{ ... ) ich habe wieder verlor. Wahrend dieser Zeit, in der immer gewußt, daß er, in seiner Mischung des Schoen wenig Kontakt zu den vielen bei der unendlichen Sensiblen und Zarten mit Kühnheit, BBC beschäftigten Emigranten hatte und aus ein einzigartiges Wesen war, das ebenso quer seinen marxistischen Anschauungen wohl kein stand zu dem Betrieb der Kulturindustrie wie zu Hehl machte,39 schrieb er weiter kulturkritische der offiziellen Kulturideologie und ihren Pro­ Essays, beschaftigte sich mit der zeitgenössi• dukten.48 schen Literatur,40 verfaßte viele Gedichte - u.a. zum Tode seines Freundes Benjamin und der Ermordung Thälmanns - und konnte nach Geschichte seines Nachlasses Kriegsende auch einige Vortrage im deutsch­ sprachigen Programm halten.41 Nach dem Tod Ernst Schoens ging seine Witwe, Ein Besuch in Deutschland und auch in Johanna Schoen, die später den mütterlichen Frankfurt 1947, wo Schoen sich u.a. mit O.W. Namen Gratin Rogendorf von Mollenburg wieder Studtmann, dem Sprecher aus alten Radiozei­ angenommen hatte, nach England zurück. ln ten, traf, machte ihm wohl keinen Mut, nach Deutschland wollte sie auf keinen Fall bleiben; Frankfurt und an den dortigen Rundfunk zu­ auch den Nachlaß ihres Mannes nahm sie mit rückzukehren. So ging er, als im Juni 1952 seine zurück nach London. Die Verbitterung, die Ernst Stelle bei der BBC eingespart wurde und die Schoen in den letzten Jahren seines Lebens Familie mittellos war, nach Berlin, um Arbeit zu über Deutschland und einige seiner Freunde finden und seine Wiedergutmachungsansprüche empfand, bewahrte sie ebenso, wie seine Papie­ zu betreiben;42 ein Jahr später konnte seine re. Dennoch versuchte sie, von den vielen un­ Frau folgen. Ende 1952 erhielt Schoen vom veröffentlichten Arbeiten Schoens etwas zu pu­ >Hessischen Rundfunk< eine einmalige Wieder­ blizieren, um seinen schriftstellerischen Ruf gutmachungsleistungvon 15.000 DM; ansonsten vielleicht doch noch zu festigen, auch um ihre lebte Schoen anfangs von Gelegenheitsarbeiten, schmale Rente damit ein wenig aufzubessern. darunter ein Übersetzungsauftrag für den Suhr­ Sie verschickte Kopien seiner Gedichte, Typo­ kamp-Verlag.43 Ab 1953 arbeitete er als freier skripte seiner Essays, bot immer wieder seine Lektor für den Verlag Rotten & Loening, an­ Theaterstücke an. Auf diese Weise wurden viele schließend bis 1957 als Archivar beim Deut­ Unterlagen verstreut, und ihr Verbleib ist bis schen Theater, wo er das Archiv neu aufbaute heute nicht aufzuklären. und die Redaktion der Festschrift zum zehnjäh• Hansi Schoen stellte nach dem Tod ihres 44 rigen Nachkriegs-Bestehen besorgte. Ab 1. Mannes die Briefe Walter Benjamins an Ernst Mai 1957 hatte er einen Vertrag mit dem (Ost-) Schoen für die 1966 von Adomo und Schalem Berliner Henschei-Verlag als »fremdsprachlicher edierte Briefausgabe zur Verfügung, eine Ent­ Lektor für die Abt. Bühnenvertrieb« im »freiberuf­ scheidung, die Schoen selber nicht mehr hatte lichen Mitarbeiterverhältnis«; die monatliche treffen wollen. Später wurden diese Briefe ver­ Pauschalvergütung betrug - nach Umtausch in steigert. Im Vorwort der Briefausgabe bemüht D-Mark - 480 DM.45 Seine ausgezeichneten sich Adorno, den Benjaminfreund Schoen zu Fremdsprachenkenntnisse, die lebenslange Be­ charakterisieren, und aus den Briefen Benjamins schäftigung mit literarischen Übersetzungen und selber wird deutlich, daß Schoen der "wichtige fast allen Bereichen der Kultur kamen jetzt zum Mann" beim Frankfurter Rundfunk war.49 Dann Tragen: Schoen schrieb viele Artikel in den geriet Ernst Schoen wieder in Vergessenheit. Rubriken »Aus neuer Dramatik« und »Blick ins Seiner rundfunkhistorischen Bedeutung wurde in Ausland« der Zeitschrift >Theater der Zeit<; er der Dissertation von Ansgar Diller zum Frankfur­ Obertrug StOcke des italienischen Volksdichters ter Rundfunk noch einmal kurz Aufmerksamkeit Eduardo de Filippo und des Brasilianers geschenkt.SO ln einer Untersuchung Ober die Guilherme Figueiredo, Obersetzte Bemard Shaw Rundfunkarbeiten Walter Benjamins wird am und Frederick AntaJ46 und beschaftigte sich u.a. Rande ebenfalls deutlich, wie wichtig Ernst mit Christopher Caudwell und Sean O'Casey, mit Schoen für das Programm der >Südwestdeut• Theoretikern und Autoren also, die in den späten schen Rundfunk AG< in Frankfurt am Main bis fünfziger Jahren in Deutschland-Ost wie 1933 gewesen ist.S1 Immer aber bleibt Ernst Deutschland-West noch nahezu unbekannt Schoen im Hintergrund; die Geschichte seiner 47 waren. Arbeit im Weimarer Rundfunk, als Programmge­ stalter, als Promotor, ist bislang noch nicht ge- Ernst Schoen (1894- 1960) 83 schrieben. Mit seiner Person geriet auch sein stische Möglichkeiten bieten. Der Nachlaß diente Nachlaß in Vergessenheit. als · Steinbruch, aus dem massive Brocken her­ Anfang der 70er Jahre wurden immerhin die ausgebrochen wurden. So ist der Umgang mit Tagebücher Ernst Schoens im Deutschen Litera­ diesem Nachlaß allemal zu beklagen. Die Igno­ turarchiv Marbach deponiert. Mehr als zehn ranz der Institutionen, denen Nachlaßteile früh• Jahre spater entdeckte August Soppe den zeitig angeboten worden sind, ist ebenso be­ Nachlaß bei Hansi Schoen in London wieder. ln dauerlich wie die gezielten Zugriffe eilfertiger der Hoffnung, Teile daraus, die den Rundfunk Forscher und Sammler. Gleichwohl bietet der betreffen, für die Witwe verkaufen zu können, Nachlaß immer noch wertvolle Zeugnisse und nahm August Soppe Material an sich, das nach Quellen. Viele Spuren sind zwar verwischt und seinem frühen Tod ins Archiv des Hassischen nur mühsam zu erkennen, andere dafür umso Rundfunk kam. Ein letztes Typoskript des Kin­ deutlicher. Hier ist die Arbeit eines Mannes über• derhörspiels »Das kalte Herz« von Walter Ben­ liefert, dessen Schreibmanie und Hang zum No­ jamin und Ernst Schoen wurde auf Vermittlung tieren und Festhalten, zum Sammeln und Auf­ Soppes an das Benjamin-Archiv in Frankfurt am schreiben, ganz neue Zusammenhange freilegt, Main verkauft, ohne freilich eine Kopie zu hinter­ und mit ihrer historischen und biographischen lassen. 52 Ein anderes Exemplar dieses Hör• Erschließung neue Erkenntnisse erwarten laßt. spiels war einige Jahre zuvor an den >Hessi­ Die Korrespondenz aus den frühen 20er Jah­ schen Rundfunk< geschickt worden, galt lange ren, aus dem Exil, der Kriegszeit und vor allem als verschollen und tauchte dann im Manuskript­ aus Berlin nach 1952, in manchen Jahren taglieh archiv des >Südwestfunks< Baden-Baden wieder niedergeschrieben, erlaubt einen Einblick in be­ auf. Ein anderes Typoskript von 1931, eine Sen­ rufliche Entwicklungen und persönliche Bindun­ dung über Arnold Schönberg, wurde an die gen. Viele Photographien sind noch verblieben, Musikredaktion einer Rundfunkanstalt geschickt vor allem aus dem Leben Ernst Schoens selber. und ist dort ebenfalls nicht mehr auffindbar. Von Typoskripte aus der Weimarer Rundfunkzeit sind diesem Typoskript ist immerhin noch eine Kopie in diesem Nachlaß leider nicht mehr vorhanden. vorhanden. Photographien aus der frühen Ju­ Dagegen sehr viele Typoskripte von Hörfunk• gend Ernst Schoens, solche aus der Studen­ sendungen, die Ernst Schoen für den deutsch­ tenzeit, die zum Umfeld Walter Benjamins gehö• sprachigen Dienst der BBC geschrieben und ren, ebenso wie Aufnahmen des Kunstphotogra­ gesprochen hat, Entwürfe, Essays, die nie veröf• phen Sascha Stone, mit dem Ernst Schoen und fentlicht wurden; viele Texte sind zweisprachig seine Frau befreundet waren, wurden an zwei verfaßt Wichtig ist die Überlieferung zahlreicher, Privatsammler verkauft. Das Werkbundarchiv oft biographisch gepragter Gedichte. Als Zyklus Berlin erwarb einige Abzüge aus diesem oder Kompilation gedacht, konnten inzwischen Nachlaß.S3 Hinweise oder Listen, was dem die meisten dieser Texte zugeordnet werden. Nachlaß entnommen oder wohin Material ver­ Die Vorlagen zu der einzigen veröffentlichten kauft worden war, gab es nicht. Als Kopie zumin­ Gedichtanthologie »Londoner Elegien«, 1950 dest verblieb bei der Witwe ein umfangreicher erschienen unter dem Pseudonym Hans Ward­ Briefwechsel mit Theodor W. Adorno. August mann, gehören ebenso dazu, wie die zur Veröf• Soppe hatte zwar noch aus den Originalen zi­ fentlichung vorbereitete poetische Umsetzung tiert, aber wo diese sich heute befinden, ist bis­ seiner Deutschlandreise, »Ein Wiedersehen Ok­ lang nicht bekannt. Ebenso unbekannt ist der tober 1947«, ferner Gedichte, die er zu Zei­ Verbleib von Briefen des Komponisten Edgar tungsausschnitten verfaßt hat. Übertragungen Varese, die zur Begutachtung an ein Auktions­ und Übersetzungen fremder Gedichte unter dem haus geschickt worden waren. Ein Ölbild von Titel »Stimmen der Völker im Kampf gegen den Willi Baumeister, das rundfunktechnisches Gerat Faschismus« und eigene, sehr persönliche Ge­ mit dem Kopf von Hansi Schoen zeigt, wurde dichte zu Freunden zeigen, daß das Gedicht, schon wahrend des Exils verkauft und gilt als das Lied, für Ernst Schoen eine bevorzugte verschollen. Lediglich eine Ablichtung dieses Form des sprachlichen Ausdrucks war. Eine Bildes ist noch vorhanden. Quelle besonderer Art ist ein umfangreiches So wurde der noch verbliebene Nachlaß Traumtagebuch für die Zeit von 1938 bis 1960, Ernst Schoens langsam ausgedünnt. Der per­ mit einigen Lücken fast kontinuierlich geführt. Ein sönliche Umgang der Witwe, Johanna Gratin »Rundfunkbuch«, das Ernst Schoen wahrend von Rogendorf, mit der Hinterlassenschaft Ernst des Exils geschrieben hat und Ober das aus der Schoens muß akzeptiert werden. Trotz ihrer ei­ Korrespondenz schon einiges bekannt ist, erfüllt genen, offensichtlich existenzbedrohenden Not, vermutlich die Erwartungen nicht. Es ist weder ging es ihr zunachst darum, ihrem Mann wenig­ eine Reflexion seiner früheren Programmarbeit, stens spate Anerkennung zu erstreiten. Hierfür noch eine Darstellung der Möglichkeiten dieses wollte - oder konnte - ihr jedoch niemand reali- Mediums, sondern eher ein technisch und sozio- 84 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) logisch orientierter Abriß der Rundfunkentwick­ verblieben bei dem Bestand. Zweifellos ist die lung. Einige Kapitel wurden vom Autor heraus­ Sammlung der Materialien noch nicht abge­ gelöst und als Aufsatze nochmals überarbeitet, schlossen, immer wieder tauchen Dokumente wieder in der Hoffnung, sie veröffentlichen zu oder Briefe auch in anderen Archiven auf, die mit können. Gedanken zum Rundfunk in Deutsch­ Querverweisen diesen Nachlaß ergänzen. 54 land, gleich nach dem Krieg geschrieben, si­ Hier ist also ein Nachlaß erhalten geblieben, gnalisieren, daß dieses Medium, mehr als alles dertrotzseiner Wanderung, trotzseines Schick­ andere sein Leben bestimmt hat Das Tagebuch sals zwischen Bewahrung und Verwertung, das seiner ersten, zweiwöchigen Reise nach Lebensbild eines Mannes, einer Familie zwi­ Deutschland 1947 hat Ernst Schoen nur zu ei­ schen Exil, Krieg, Rückkehr und erneuter Über• nem geringen Teil selber überarbeitet und ma­ siedelung spiegelt, wie es für diese Generation schinenschriftlich übertragen. Umfangreich ist exemplarisch ist. Für eine wissenschaftliche die Überlieferung zu seiner Übersetzungsarbeit, Auswertung blieb bislang kaum Zeit, denn wich­ von der Ernst Schoen nach dem Krieg in Berlin tiger war es zunächst, diesen Nachlaß endlich zu lebte. Die dazugehörige Korrespondenz mit be­ sichern und nach Deutschland zurückzuholen. kannten oder von ihm entdeckten Schriftstellern Von den Unterlagen erhoffte sich die Witwe, daß spiegelt einerseits seine Bemühungen um eine nun doch gelegentlich ein Forscher oder eine präzise Übersetzung, andererseits sein Enga­ Forscherio kame und sie auf diese Weise Ver­ gement, diese Autoren, wo nötig in Deutschland, bindung halten und vielleicht Einfluß nehmen vor allem in der DDR, bekannt zu machen. Auch könnte, ganz abgesehen von dem sehr persönli• die damit verbundenen Veröffentlichungen in chen, privaten Wert, den diese Papiere als Erin­ Zeitschriften sind als Belegexemplare und Ty­ nerung für die alte Dame hatten. Allenfalls die poskripte erhalten. Eigene dramatische Versu­ finanzielle Notlage hat ihr Kompromisse abgenö• che liegen als komplette Stücke vor, von denen tigt. Es gelang der Verfasserin, sie zu überzeu• ihm einige besonders lieb waren. Sie sind aus gen, daß der Nachlaß Ernst Schoens in einer stets gepflegten Nahe zum Theater ent­ Deutschland für die wissenschaftliche Arbeit am standen. Sein Posten als Archivar des Deut­ besten aufgehoben sein würde und auf diese schen Theaters war dabei ebenso motivierend Weise die Leistungen Ernst Schoens herausge­ wie seine Treue zu Bert Brecht. arbeitet werden könnten. 1992 kam der gesamte Nur wenige Kompositionen legen noch Nachlaß nach Deutschland in das Bundesarchiv Zeugnis davon ab, daß Ernst Schoen sich ur­ Koblenz. Einige dieser Papiere hatten den Kanal sprünglich als Musiker und Komponist verstand schon mehrfach überquert, manche vor fast 60 und er darin seine eigentliche Kompetenz gese­ Jahren zum ersten Mal. hen hat. Familiendokumente, Korrespondenz mit Inzwischen wurde er dort von Ulf Rathje ge­ Verlagen, Abrechnungen sind ebenso aufschluß• ordnet, archivisch aufbereitet und ein Findbuch reich wie eine umfangreiche Mappe zu seinem erstellt. Der Nachlaß Ernst Schoens steht nun Antrag auf Wiedergutmachung, die den entwür• für die wissenschaftliche Arbeit zur Vertagung. digenden, sich Ober Jahre hinziehenden Prozeß Einige Auflagen, z.B. die Nutzungssperre für mit allen Details dokumentiert. Dankenswerter­ Tagebücher und private Korrespondenzen, wer­ weise überließen das Deutsche Literaturarchiv den in Kürze aufgehoben werden. Damit ein Marbach/N. die Tagebücher Ernst Schoens aus gewissenhafter Umgang mit dem Material gesi­ den 50er Jahren und der >Hessische Rundfunk< chert ist, Obertrugen zunächst die Witwe und die Archivalien aus der Sammlung von August spater ihre Erben, die beiden im Ausland leben­ Soppe dem Bundesarchiv. Hierbei handelt es den Kinder des Ehepaares Schoen, der Verfas­ sich um Korrespondenz, Vertrage und Notizen serio die Verantwortung für die Erteilung von aus der Zeit der >Südwestdeutschen Rundfunk Veröffentlichungsrechten. AG< Frankfurt am Main. Texte aus dieser Zeit Die Vorsortierung für die Rückführung, sowie sind allerdings in dem Bestand nicht mehr vor­ eine erste intensivere Arbeit mit dem Nachlaß handen. lassen schon einige Aussagen darüber zu, wie 1992 starb die Witwe Ernst Schoens, so daß gut die einzelnen Lebensabschnitte Ernst auch der noch bei ihr verbliebene Teil des Schoen dokumentiert sind: Aus der frühen Ju­ Nachlasses nach Koblenz gebracht werden gend und Studentenzeit ist nicht viel mehr vor­ konnte. Die Auflösung der Bibliothek mit zum handen, als Familiendokumente an Daten und größten Teil deutschsprachigen Büchern gab Zugehörigkeiten üblicherweise erhalten. Hier viele Exemplare frei mit Widmungen und Auto­ sind noch viele zusatzliehe Recherchen erforder­ graphen, die Ernst Schoens vielfaltige persönli• lich. Sein Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg und che Verbindungen und Freundschaften zum seine erste berufliche Orientierung, die offen­ Ausdruck bringen. Jene Bücher, die in engem sichtlich von einer persönlichen Krise gepragt Zusammenhang mit seiner Arbeit zu sehen sind, ~rns( Schoen (1894 - 1960) 85 war, ist ebenfalls vorerst noch schwer Ober­ Krieg gelten und macht deutlich, warum er sich schaubar. nicht wieder zu einer Rundfunktätigkeit hat be­ Die Tätigkeit Ernst Schoens beim Frankfurter wegen lassen. Sein Leben und seine - oft ver­ Rundfunk, die ihm für knapp zehn Jahre beacht­ geblichen - Arbeitssuche in der Bundesrepublik lichen Erfolg bescherte, ist zwar faktisch greifbar, und in der DDR, vornehmlich in Berlin, waren aber noch längst nicht gut genug aufgearbeitet. belastet von der angespannten politischen Si­ Dazu müssen andere Quellen herangezogen tuation in beiden deutschen Staaten. Viele Spu­ werden. Z.B. fehlt eine vollständige Bibliographie ren dazu sind im Nachlaß vorhanden, denen seiner Veröffentlichungen in der Fach- und nachgegangen werden soll. Die historische Auf­ Rundfunkpresse von 1924 bis 1933, die sich im arbeitung dieser Zeit wird auch das Remigran­ wesentlichen alle mit der Problematik des neuen tenschicksal Ernst Schoens erhellen, seinen Mediums befassen und dessen Möglichkeiten Lebensweg aus seinen Briefen, Gedichten und und Bedingungen ebenso reflektieren wie seine Texten erschließen und erklären können, daß er eigenen Vorstellungen für ein taugliches Pro­ sich durch sein Verhalten zwischen allen Stühlen gramm. Es fehlt eine Radiographie seiner eige­ wiederfand. nen Sendungen, jener die er selber verfaßt oder Wer also war Ernst Schoen? Diese Frage komponiert und jener, die er als Regisseur be­ kann nur aus seinem Nachlaß beantwortet wer­ treut hat. Seine Vorträge vor dem Kulturbeirat den, um zugleich seine Biographie zeitge­ sind als rundfunkinterne Spiegelung zur Kom­ schichtlich einzubinden. Individuell und exem­ plettierung ebenso unerläßlich wie eine Rekon­ plarisch mag die Lebensgeschichte Ernst struktion der von Schoen initiierten Zusammen­ Schoens für die Rundfunkgeschichte noch Wis­ arbeit des Rundfunks mit dem damaligen Lan­ senswertes bereithalten, nicht weniger für die destheater Darmstadt Textvorlagen zu seinen Musikgeschichte, · die bei der Frage nach der Artikeln oder Sendungen aus dieser Zeit gibt es, Bedeutung des Rundfunks für die Popularisie­ wie gesagt, nicht mehr, allenfalls eine Aus­ rung der Neuen Musik immer wieder auf den schnittsammlung kann bei der Suche hilfreich Namen Ernst Schoen stoßen wird. ln der Litera­ sein. Sieben Schallplatten von 1931 und 1932 turgeschichte, in der Ernst Schoen am Rande sind persönliche, familiäre Tondokumente. als Freund und Briefpartner in Erscheinung ge­ Die Jahre im Exil sind dagegen durch viele treten ist, wird er sicher ein eigenständiges, wis­ Arbeitsmaterialien dokumentiert, Ober Korre­ senschaftlich gesichertes Bild erhalten, das sich spondenzen und Bilder gut einzuordnen und zu nicht allein auf Erinnerungen, Spekulationen bewerten. Der schwere Weg von der notwenigen oder gar Legenden stützen muß. Ernst Schoen Integration bis zur Naturalisierung der Familie ist selber betrachtete Erinnerungen, auch seine hier aufgezeichnet. eigenen, mit Vorbehalten. 1955 lehnte er es ab, Die Jahre in Berlin von 1952 bis zu seinem sich mit Erinnerungen an Walter Benjamin an Tod 1960 lassen sich anhand der nahzu kom­ einer Veröffentlichung zu beteiligen: »Vor allem pletten Sammlung seiner Arbeiten als Überset• aber trennt mich von ihnen der Abgrund, aus zer, als Lektor für das Staatliche Rundfunk­ dem wir heute noch mit unendlicher Mühe em­ kommitee der DDR, als selbständiger Autor porzuklimmen versuchen, ein Bemühen, das nachvollziehen und durch die minutiösen Tage­ wohl bis zum Ende unseres Lebens andauern bücher und Korrespondenzen überprüfen. Vor muß, um dann immer noch von anderen fortge­ allem seine Orientierung an Bert Brecht und setzt zu werden.«56 dessen Unterstützung bei vielen Unternehmun­ Etwas mehr als bloße Erinnerung an Ernst gen Schoens werden erkennbar, zugleich aber Schoen konnte inzwischen schon aus vergesse­ auch die Verzweiflung und Verbitterung, nir­ nen und verloren geglaubten Materialien her­ gends mehr Fuß fassen zu können. Ein Kondo­ ausgearbeitet werden, ein Bemühen, das fortzu­ lenzbuch, zum Tod Ernst Schoens angelegt, setzen sich lohnt. 57 belegt seine bis zuletzt weitreichenden Verbin­ dungen. Anmerkungen Aufgenommen in den Nachlaß wurden die Recherchen und Interviews, die August Soppe 1 Vgl. Gerhard Hirschfeld (Hrsg.): Exil in Großbri• tannien. Zur Emigration aus dem nationalsozia­ für seine biographische Skizze und seine Rund­ listischen Deutschland. Stuttgart 1983. funksendung Ober Ernst Schoen geführt hat. 55 Gegenwärtig wird eine Transkription des 2 Vgl. August Soppe: » ... quer zum Betrieb der Kul­ Deutschlandtagebuchs von 1947 vorbereitet, turindustrie«. Porträt des vergessenen Rund­ das als Grundlage eines Berichts für die BBC funkpioniers Ernst Schoen (1894-1960). Hessi­ scher Rundfunk, Frankfurt am Main, 2. Hörfunk• diente. Beides zusammen soll demnächst ediert Programm 27.1.1985, 20.30-22.10 Uhr. werden. Dieses Tagebuch muß als erste Annä• herung Schoens an Deutschland nach dem 86 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

3 Kopie der Geburtsurkunde und Taufschein in 1930 erwogen haben, Webern als ständigen Diri­ Bundesarchiv Koblenz (künftig zitiert als BA Kblz) genten für die Süwrag zu verpflichten. Ebenda, S. NL 403 (Nachlaß Ernst Schoen). Die weiteren 15. Detailinformationen stammen - wenn nicht anders 14 Vgl. Rundfunk und Theater. Aus einem Gespräch ausgewiesen - aus Gesprächen mit Hansi zwischen Ernst Schoen und Kurt Hirschfeld. ln: Schoen, geb.liman. 16.-18.1.1984. Blätter des Hessischen Landestheaters Darmstadt 4 Angaben nach einer Aufstellung im Wiedergutma­ (1931/32), Nr. 16, S. 190-192 (Es handelt sich um chungsantrag von Schoen aus den 50er Jahren. das Heft, in dem auch die schon kanonischen BA Kblz NL 403. Texte von Brecht und Benjamin zum Rundfunk abgedruckt sind.). 5 Vgl. Fernand Quellette: Varese. Paris 1966; Loui­ se Varese: A Looking-glass Diary. Vol. 1: 1883 - 15 »Die kleine Tagesserenade«, in Auszügen aufge­ 1928. London 1975, S. 88. führt auf dem 20. Musikabend der November­ gruppe e.V. am 20.11 .1930 in Berlin, und »Der 6 Vgl. Quellette: Varese (wie Anm. 5), S. 180; Chri­ Tag des Herrn Karl«, aufgeführt am 30.5.1932 im stoph Bitter, Manfred Schlösser: Begegnung mit Landestheater Darmstadt, zusammen mit Hanns Eduard Erdmann. Darmstadt 1968, S. 45 f., Kon­ Eislers »Tempo der Zeit«; diese Aufführung dolenzbrief Varese an Hansi Schoen, 26.12.1960; wurde gleichzeitig übertragen. Vgl. dazu die Kritik BA Kblz Nl403. von Karl Holl: »Die Kantate Schoens kann nur als 7 Vgl. Adornos Einleitung in: Walter Benjamin: Brie­ Modell bewertet werden, ein stärkerer künstleri• fe. Hrsg. und mit Anmerkungen versehen von scher Charakter geht ihr ab.« ln: Frankfurter Zei­ Gershorn Scholem und Theodor W. Adorno. tung 31.5.1932. Frankfurt am Main 1978, S. 19. Zum engen Ver­ 16 Vgl. Wilhelm Schüller und Ernst Schoen: Das hältnis zwischen dem Ehepaar Benjamin, Schoen Hörspiel im Schulfunk. ln: Der Schulfunk, 5. Jg. und Cohn vgl. Werner Fuld: Walter Benjamin. (1930), H. 10, S. 323ff. Schoen schrieb selbst Zwischen den Stühlen. Eine Biographie. München mehrere Hörspiele, darunter »Das kalte Herz« u.a. 1979, S. 70, 134. und »Fiaubert vor dem Staatsanwalt«, BA Kblz 8 Vgl. Benjamin an Schoen, 8.1 .1918. ln: Benjamin: NL403,. Briefe (wie Anm. 7), S. 202. 17 So eine Notiz in: Musik und Gesellschaft, 1. Jg. 9 Vgl. Benjamin an Schoen, 25.10.1914. ln: Benja­ (1930/31), H. 8. min (wie Anm. 7), S. 118; Daten und Tätigkeits• 18 Der Jasager, ein Lehrstück. ln: Blätter des Hessi­ angaben nach dem Lebenslauf Schoens von schen Landestheaters Darmstadt (1931/32), Nr. 6, 1929. BA Kblz R 78/630. S. 66. 10 »Ganz von selbst gerieten wir in diesem Ge­ 19 Die Sendung, Jg. 9 (1932), H. 31, Sl659. spräch auf Sie und wie Ihnen das Bewußtsein, in Ihren Bedingungen der bloßen Beschäftigung mit 20 Noch Mitte März 1934 schrieb Brecht aus Däne• der Musik noch nicht gewachsen zu sein, nicht mark an Schoen: »Selbstverständlich stehen Ih­ diese bittere und eitle Form annehme. Ihr Rück• nen Arbeiten zur Verfügung, wenn Sie in England grat wird, weil Sie verzichten können und keines­ damit etwas anfangen können.« Abgedruckt in: falls niemals falsche Fülle behaupten werden, ge­ Bertolt Brecht, Briefe 1913-1956, 2 Bde. Hrsg. rade bleiben. Ist Ihnen das nicht selbst bewußt und kommentiert von Günter Gläser. Berlin (DDR) und vermag dieses Bewußtsein nicht, Sie wäh• u.a. 1983, S. 192. rend Ihrer gewiß langen Krisis aufrecht zur erhal­ 21 So Adorno in seiner Einleitung zu Benjamin (wie ten?« ln: Benjamin (wie Anm. 7), S. 148. Anm. 7), S. 19. Vgl. zu Benjamins Rundfunkar­ 11 Anstellungsvertrag v. 20.1 .1926, gültig ab 15.1 0. beiten umfassend Sabine Schiller-Lerg: Walter 1924. BA Kblz Nl403. Laut Schreiben der Süwrag Benjamin und der Rundfunk. Programmarbeit an ihren Überwachungsausschuß v. 6.5.1929 war zwischen Theorie und Praxis. München u.a. 1984. Schoen zum 1.6.1924 als »Programm-Assistent« 22 Vgl. Gespräch mit Ernst Schoen: ln: Walter Ben­ angestellt worden. Vgl. BA Kblz R 78/630. jamin: Gesammelte Schriften, Bd. IV.1 . Frankfurt 12 Vgl. Ansgar Diller: Der Frankfurter Rundfunk 1923 am Main 1972, S. 548-551. Gegen die Hypo­ - 1945 unter besonderer Berücksichtigung der stasierung rundfunkbezogener Äußerungen mo­ Zeit des Nationalsozialismus. Frankfurt am Main derner Klassiker wie Benjamin und Brecht zu 1975, s. 2n. genuinen »Radio-Theorien« wäre jeweils zu über• prüfen, inwieweit ihre Auffassungen von anderen, 13 Vgl. Ernst Schoen: Musik und Rundfunk. ln: Mu­ unbekannten Autoren schon vorgedacht wurden. sikblätter des Anbruch, 12. Jg. (1930), Nr. 7/8, S. Vgl. August Soppe: Der Streit um das Hörspiel 255f. Defs.: Mus.ik und Rundfunk: ln: Das neue 1924/25. Berlin 1978, S. 75. Frankfurt, 2. Jg. (1928), H. 2, S. 29 ff. Vgl. außer• dem die Erwähnungen Schoens in den Briefen 23 Südwestdeutsche Rundfunkzeitung Jg. 5 (1929), von Anton Webern an Adorno aus den Jahren H. 20, S. 4. 1929-1932. ln: Heinz Klaus Metzger und Rainer 24 Vgl. Brief Benjamin an Scholem, 21.7.1925. ln: Riehn (Hrsg.): Anton Webern. Musikkonzepte. Sonderband. München 1983, S. 8ff. Schoen soll Benjamin: Briefe (wie Anm. 7), S. 396. Ernst Schoen (1894 - 1960) 87

25 Trauzeugen der standesamtlichen Heirat waren marxistische Programm Frankfurts« sei unter al­ Reinhold Merten, Leiter der Hauskapelle des len Umständen abzulehnen. Frankfurter Rundfunks, und Eugen Lewin; Hei­ 32 ln Frankfurt lautete die Anschuldigung auf ver­ ratsurkunde. BA Kblz NL 403. Der Vater von Jo­ suchte Zerstörung des Hauptfunkkabels während hanna Liman, Paul Liman, hatte als freikonserva­ einer Wahlrede Hitlers, in Harnburg generell auf tiver Journalist und Freund Bismarcks die Leipzi­ Bevorzugung von Juden und Marxisten bei der ger Neueste Nachrichten zu einem auflagenstar­ Programmgestaltung. Vgl. Brief Schoen an seinen ken rechten Blatt ausgebaut. Vgl. Hans Reimann: Anwalt in Sachen Wiedergutmachung, Dr. Das Buch von Frankfurt. Mainz u.a. 1930, S. Fraustädter, 2.8.1958, BA Kblz NL 403. ln diesem 157f.; ihre Mutter entstammte der Familie von Brief betont Schoen, daß er nicht aus Rogendorf. »rassistischen« Gründen verfolgt worden sei - wie 26 Im Herbst 1935 schrieb Schoen an Benjamin aus es auch Diller: Der Frankfurter Rundfunk ... (wie dem Londoner Exil: »Neulich traf ich Wiesengrund Anm. 12), S. 66 noch annimmt. und aß mit ihm und meinem Freund Clark vom 33 Während dieser Monate unterstützte Heinrich hiesigen Rundfunk zu Abend. Wiesengrund Sirnon von der Frankfurter Zeitung, zu der Schoen entwickelte bei dieser Gelegenheit, Dir darf ichs ja gute Kontakte hatte, die Familie finanziell. sagen, eine in ihrem Snobismus fast schizo­ phrene Theorie der sozialen Bedeutung der Musik 34 Zu Clark vgl. Schiller-Lerg: Waller Benjamin ... im 19. Jahrhundert. etwa so, daß es sich dabei (wie Anm. 21), S. 59, und John Willet: Die Künste um die >Flucht< vor dem >Warencharakter< der in der Emigration. ln: Gerhard Hirschfeld (Hrsg.): >Banalität< gehandelt habe, wobei ökonomische, Exil in Großbritannien. Zur Emigration aus dem ästhetische und psychologische Begriffe auf eine nationalsozialistischen Deutschland. Stuttgart Art unter einen Hut gezwängt wurden, die mich 1983, S. 199. Bernstorff wurde später als Ange­ niedrigen Einjährig-Freiwilligen des Marxismus höriger des Widerstands in Deutschland hinge­ mehr an Grock als an Rastelli gemahnte. Wenn er richtet. das in Oxford lernt, sollte er vielleicht doch lieber die Schule wechseln.« Zitiert nach Schiller-Lerg: 35 Manuskripte BA Kblz NL 430. Die Musik Eislers Walter Benjamin ... (wie Anm. 21), S. 59. zum Hörspiel ist wohl verschollen. 27 »Bei Schoen habe ich wohl zuerst Benjamin 36 Schoen erwähnt dieses Rundfunkbuch in seinem kennen gelernt(... ) Sch. betrachtete sich als Mar­ Brief an Benjamin (wie Anm. 26). xist in der Weise, wie das damalige intellektuelle 37 Angaben nach einer Programmbroschüre der Milieu sie ausgeprägt hat.« Brief Dolf Steroberger Opera Group für eine Matineevorstellung im Lon­ an den Verfasser v. 9.12.1983. Steroberger war doner Cambridge-Theatre, 29.4.1936, BA Kblz NL seit 1930 freier Mitarbeiter beim Frankfurter 403. Gegeben wurden Auszüge aus »Der Dorf­ Rundfunk und verfaßte auf Anregung Schoens barbier« von Johann Schenk, aus »Mother Rey­ u.a. ein »mehr didaktisches Hörspiel« mit dem nard« von lgor Strawinsky, »Le Pauvre Matelot« Titel »Der Fall der Valerie C« . von Milhaud und Werken von Donizetti, Pureeil 28 Hinweise auf die prekäre Stellung Schoens als und Offenbach. Angestellter und seine politischen Auffassungen 38 Knepler war einer der führenden Musikwissen­ finden sich in seinem Beschwerdebrief an die Ge­ schaftler in der DDR. Weitere Mitglieder waren: schäftsleitung der Süwrag gegen die durch Not­ Charles Schloss, Eugenia Triguez, Betty Ban­ verordnung verfügte Gehaltskürzung vom Januar nerman, Howard Hemming, Donald Campbell, 1932. Ba Kblz NL 403. Catherine Fraser Lawson, Nora Colton, Margret 29 Vgl. Adornos Charakteristik von Schoen in der Lauder und Sydney A. Snape. Auch Fragen der Einleitung zu Benjamin: Briefe (wie Anm. 7), S. Musik im Rundfunk beschäftigten Schoen weiter; 19. Schiller-Lerg: Waller Benjamin ... (wie Anm. 21), S. 58, verweist auf einen Aufsatz Schoens: Music 30 Vgl. dazu Porträt Schoens. ln: Dortmunder Gene­ for Broadcasting. (2) Should it be specially arran­ ral-Anzeiger 13.9.1931: Köpfe am deutschen ged? ln: B.B.C. Annual 1935. London 1935, S. Rundfunk, sowie Heinz Pohle: Der Rundfunk als 171-174. Instrument der Politik. Zur Geschichte des deut­ schen Rundfunks von 1923/38, Harnburg 1955. S. 39 Robert Lucas in einem Brief an den Verfasser 84. 14.12.1983. Lucas- eigentlich Robert Ehrenzweig - war seit 1939 Übersetzer und Sprecher beim 31 Hinweise dazu bei Diller: Der Frankfurter Rund­ Deutschen Dienst der BBC und Autor der satiri­ funk ... r,:Nie Anm. 12), S. 50 ff. Günther Bauer: schen Himschai-Briefe, einer Propaganda-Sen­ Kirchliche Rundfunkarbeit Frankfurt am Main dung des German Service der BBC. 1966, S. 77, Anm. 22 zitiert vertrauliche Stel­ lungnahmen katholischer Kirchenbehörden aus 40 Zumindest einer dieser Artikel wurde veröffent• Süddeutschland, die sich 1932 gegen eine Zu­ licht: Die Iden des März. Zu Th. Wilders neuem sammenlegung des Stuttgarter mit dem Frankfur­ Buch . ln: Die Zeit, 2.12.1948. Andere Manuskripte ter Programm wendeten. Darin ist vom befassen sich u.a. mit neuer deutscher Lyrik, »Asphaltgeist des jüdischen und liberalen Frank­ Thomas Manns »Doktor Faustus«, sowie dem furt« die Rede; das »seichte, liberale, ja stark Thema Kind und Märchen. 88 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

41 U.a. Charlie Chaplin and the social function of the 57 Vgl. Sabine Schiller-Lerg: Er wechselte über die clown. German Youth Programme, 21.2.1948; Grenze wie ein scheues Reh. Erinnerung an den The social tasks of music; German Talk hundertsten Geburtstag von Ernst Schoen und 29.4.1948. Datierungen auf den Manuskripten vgl. seine glücklose Heimkehr aus dem Exil. ln: BA Kblz NK 403. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 87 vom 15.4.1994, 5.35. 42 Vgl. Reisetagebuch 1947 und Anlage zum (undatierten) Wiedergutmachungsantrag aus den 50er Jahren, BA Kblz NL 403.

43 Jugendbildnis Alain-Fournier. Briefe. Auswahl und Übersetzung Ernst Schoen. Berlin, Frankfurt am Main 1954.

44 Deutsches Theater. Bericht über 10 Jahre. Re­ daktion: Ernst Schoen. Berlin 1957 (darin auch einige Interviews von Schoen mit Schauspielern und Regisseuren) .

45 Vertrag BA Kblz NL 403. Vgl. eidesstattliche Er­ klärung Schoens als Anlage zu seinem Brief an Fraustädter 2.8.1958, Ebenda. 46 Bernard Shaw: Musik in London. Auswahl und Einleitung H.H. Stuckenschmidt. Übersetzung Ernst Schoen. Berlin 1960. 47 Vgl. das Nachwort von Peter Hamm. ln: Christo­ pher Caudwell: Bürgerliche Illusion und Wirklich­ keit. Beiträge zur materialistischen Ästhetik. Mün­ chen 1971, S. 305 ff. Vgl. auch Christopher Gaudweil und der Begriff der Freiheit, das den deutschen Leser in dessen Hauptwerke einführen sollte (undatiert) und Sean O'Casey: Das Drama der Zukunft (3.2.1960). Seide Manuskripte im BA Kblz NL403.

48 BA Kblz NL 403. 49 Vgl. Einleitung in : Waller Benjamin: Briefe (wie Anm. 7), S. 19.

50 Vgl. Diller: Der Frankfurter Rundfunk ... (wie Anm. 12), s. 277. 51 Vgl. Schiller-Lerg: Walter Benjamin ... (wie Anm. 21). 52 Vgl. Walter Benjamin: Gesammelte Schriften, Bd. Vll,1 Nachträge. Frankfurt am Main 1989, S. 316. 53 Vgl. Hans Puttnies, Gary Smith: Benjaminiana. Eine biographische Recherche. Gießen 1991 . 54 Vgl. Bert-Brecht-Archiv Berlin; 1-'lermann-Duncker­ Archiv Berlin; Universitätsbibliothek Justus-Liebig­ Universität Gießen; Adomo-Archiv Frankfurt am Main; Benjamin-Archiv Frankfurt am Main; Deutsches Literaturarchiv Marbach; Akademie der Künste Berlin (Benjamin und andere) .. 55 Vgl. Soppe: » ... quer zum Betrieb der Kulturindu­ strie« ... (wie Anm. 2). 56 Ernst Schoen an Theodor W. Adomo, Berlin 28. April 1955, Nachlaß Ernst Schoen, BA Kblz NL 403. Vgl. in diesem Zusammenhag auch Sabine Schiller-Lerg: Ernst Schoen. 14.4.1894 10.12.1960. Ein Freund überlebt. Erste biogra­ phische Einblicke in seinen Nachlaß. ln: Akten der internationalen Benjamin-Konferenz 1992 in Os­ nabrück (erscheint demnächst). T obias Liebert

Rundfunkausbildung und -forschung in Leipzig zwischen 1946 und 1963*

Dieser Vortrag ist Teil umfangreicher Bemühun• erstmals Oktober 1948 veröffentlichten Aufsatz gen, die Geschichte von Vorlaufern des heutigen von einem Beginn zum »kommenden Winterse­ Institutes für Kommunikations- und Medi­ mester (1948)«.3 enwissenschaft an der Universität Leipzig zu Im Verzeichnis für das Wintersemester erforschen. Kontexte für Rundfunkausbildung 1948/49 erschien Gerhard Mehnert dann tat­ und -forschung, also Bezüge zu anderen Berei­ sachlich mit einer Vorlesung und einem Kollo­ chen der Journalistikwissenschaft in der SBZ quium »Geschichte und Wesen des Rundfunks«. bzw. DDR und die Einbindung in die Wissen­ Für die zwei folgenden Halbjahre wurde er mit schafts- und Medienpolitik der SED, können hier praktischen Übungen zur »Rundfunkredaktions­ nur ansatzweise angerissen werden. arbeit« avisiert, außerdem im Sommer 1949 mit Der Beginn des ausgewählten Zeitabschnittes dem Thema »Programmgestaltung und Wir­ wird durch die Wiedereröffnung der »Aima mater kungsforschung des Rundfunks (inklusive Fern­ lipsiensis« nach dem Zweiten Weltkrieg am 5. sehen)« sowie im nachfolgenden Winter mit Februar 1946 markiert. Am Ende stehen - »Programmformen und Programmgestaltung des allerdings weniger durch genaue Daten zu be­ Rundfunks 11«.4 Die Veranstaltungen des Winter­ zeichnende - Veränderungen, nämlich gesell­ semesters 1949/50 konnte Mehnert aber bereits schaftliche und wissenschaftspolitische im Ge­ nicht mehr beginnen, weil er von Oktober 1949 samtstaat »DDR« sowie konzeptionelle und per­ an einen dreimonatigen Dozentenlehrgang an sonelle im Bereich der »Fakultät für Journali­ . der Parteihochschule »Karl Marx« in Kleinmach­ stik«.1 now absolvierte. 5 Die Darstellung beruht vor allem auf Recher­ Neben seiner in Wirklichkeit also wohl nur chen in Vorlesungs- und Personalverzeichnis­ einjährigen Lehrtätigkeit an der Gewifa leitete er sen, Lehr- und Forschungspublikationen sowie auch an der »Wirtschafts- und Sozialwissen­ Akten der Universität Leipzig und in einschlägi• schaftlichen Fakultät« (Wiso) ein, höchstens gen Fachzeitschriften jener Jahre. Archivalien zwei Semester lang »Übungen zur Publizistik zentraler staatlicher und SED-Behörden sowie unter besonderer Berücksichtigung des Rund­ Gespräche mit damaligen Akteuren und Zeit­ funkwesens«.6 Die Wiso war 1946 durch die zeugen sind hingegen als Quellen noch nicht Überführung der Handelshochschule in die Uni­ ausgeschöpft worden. versität entstanden. Wiso und Gewifa wurden im Juni 1949 vereinigt.7 Dadurch verschmolzen auch die »Institute für Publizistik« an beiden Fa­ Ein Anfang mit baldigem Ende: kultäten. Publizistik konnte allerdings vor und 1946- 1950 nach der Vereinigung nur im Nebenfach studiert werden. ln den Vorlesungsverzeichnissen der Universität Wer war dieser Gerhard Mehnert, der Ober Leipzig nach 1945 wurde eine einstündige Spe­ Rundfunk lehrte, was prägte ihn? 1914 geboren, zialvorlesung zum »Rundfunkwesen« erstmals arbeitete er frühzeitig politisch in der kommuni­ für das Sommersemester 1948 und zwar im stischen Jugendbewegung sowie journalistisch­ Rahmen der Hauptstudienrichtung »Kulturpolitik« literarisch. Im Oktober 1934 begann er sein Stu­ der »Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät« dium an der Universität Leipzig. ln jenen frühen angekündigt. Die Gewifa, wie diese Fakultät Jahren des Dritten Reiches leitete er nach eige­ abgekürzt hieß, war 1947 durch den Befehl 333 ner Aussage eine Widerstandsgruppe an der der Sowjetischen Militäradministration eröffnet Universität. Zwei Verhaftungen verliefen glimpf­ worden, um einen Kaderstamm für die SBZ her­ lich. Sein Studium mußte er aus politischen anzubilden und den Marxismus an der Hoch­ Gründen abbrechen, machte einige Gelegen­ schule zu etablieren. Die Ankündigung einer heitsarbeiten und wurde dann, obwohl zunächst Vorlesung Ober den Rundfunk trug allerdings als »wehrunwürdig« eingestuft, doch zur Wehr­ den Veranstalterzusatz N. N., Name unbekannt.2 macht eingezogen. Bei der Nachrichtentruppe Vermutlich hat diese Vorlesung nicht stattge­ kamen ihm seine ausgezeichneten Sprach­ funden. Denn Gerhard Mehnert, der die Rund­ kenntnisse zugute, die er sich zwischenzeitlich funkveranstaltungen nachweislich in den fol­ angeeignet hatte. Nach kurzer Gefangenschaft genden Semestern hielt, schrieb in einem gründete er 1945 im Auftrag der KPD eine Par- 90 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) teigruppe an der Universitat Leipzig und enga­ ster folgte.14 Zeichnete sich Leipzig durch einen gierte sich in der Studentenbewegung. Der da­ spezifischen Ansatz aus? malige Intendant des »Mitteldeutschen Rund­ ln einem programmatischen Aufsatz, 15 der funks« Rudolf PfOtzner holte ihn als Chefredak­ gesamtdeutsche Aufmerksamkeit fand, beklagte teur an den Sender Leipzig, wo beide »harte Gerhard Mehnert, die bisherige Rundfunkkunde Pionierarbeit« bis zum Sendestart 1946 leisteten. verfalle in eine spezialisierte Sonderwissen­ Im Marz 1947 stellte die Belegschaft Mehnert zur schaft, die zwar wachse, aber nicht fahig sei, die Fortführung seines Studiums frei. 1948 promo­ Gesamterscheinung des Rundfunks zu erfassen. vierte er bei seinem Lehrer, Prof. Dr. Gerherd Erst der Marxismus ermögliche es der Rund­ Menz, dem Dekan der Wiso und Leiter des dorti­ funkkunde wie der Publizistik Oberhaupt, sich gen »Institutes für Publizistik«.S »auf die lebendige Basis einer umfassenden Ge­ Menz hatte bereits vor 1945 wissenschaftlich sellschaftswissenschaft zu stellen«. Mehnert ord­ gearbeitet. Sein Institut knüpfte nunmehr an die nete den Rundfunk einer »Technologie des pu­ Traditionen von vor 1933 an: Die Erinnerung an blizistischen Stoffwechsels«, der »Produktion« Kar! Bücher hebe die ökonomische Grundlage menschlicher Gesellschaft zu. Die Funktionen der Publizistik hervor, das Erbe Erich Everths des Rundfunks »Unterhaltung«, »Belehrung« gewahrleiste die demokratische Ausrichtung. und »Benachrichtigung« müßten als gesell­ Hier schließe »eine Theorie der Publizitat über• schaftliche Erfordernisse und damit als Teile des haupt an, die als Beitrag zur Entwicklung der »ZU jedem Produktionsprozeß gehörenden Re­ Demokratie zu denken ist«. 9 Menz war ein Mann produktionsprozesses« aufgefaßt werden. Der des Buches und der Presse, vor allem der Zeit­ Rundfunk sei dabei » - ohne daß deshalb die schrift, stand aber dem Phanomen Rundfunk bisherigen Aussagemittel absterben müßten ! - aufgeschlossen gegenüber. So behandelte er das typische publizistische Mittel unserer Epo­ beispielsweise in seinen praktischen Übungen che«. Deshalb könne man umgekehrt aus der das bei Rundfunk und Film auftretende Problem, Erforschung des Rundfunks Wesentliches Ober »ein rasch ablaufendes, sehr inhaltsvolles die moderne Gesellschaft erfahren. Folgerichtig Geschehen in gedrangter Aussage zu beglei­ sprach er der Rundfunkkunde innerhalb einer ten« .1o Eines der von ihm betreuten Dissertati­ »publizistischen Gesellschaftswissenschaft« eine onsthemen, welches vom Beginn des Winter­ zentrale Bedeutung zu. semesters 1946/47 an bearbeitet wurde, be­ ln einem spateren Aufsatz setzte Mehnert schaftigte sich mit den »Möglichkeiten des Funk­ 1949 den theoretischen Bezugsrahmen anders. dramas«, 11 vermutlich Mehnerts Promotions­ Vor allem nahm er die vorher dem Rundfunk schrift »Kritik des Hörspiels«. bzw. der Rundfunkkunde zugesprochene domi­ ln seiner Dissertation setzte sich Mehnert nierende Rolle zurück, wahrscheinlich unter dem kritisch mit Hörspieltheorien auseinander und Eindruck der Tatigkeit von Prof. Budzislawski, prognostizierte, das Hörspiel werde durch Fusion vielleicht auch mit ROcksicht auf ihn. Dieser hielt mit dem Fernsehen vereint. Er wollte damit zu­ Vorlesungen, Seminare und Übungen zur Theo­ gleich einen Beitrag zur Diskussion Ober die rie und Geschichte der öffentlichen Meinung. Frage leisten, wie sich Hörfunk und Fernsehen Mehnert außerte sich Ober das »Institut für Pu­ überhaupt künftig zueinander verhalten wOrden, blizistik« der Gewifa so: »Ausgehend vom Zen­ ob es zwei getrennte Medien oder ein tralgebiet der öffentlichen Meinungsbildung sol­ »kombiniertes Funksystem« geben werde.12 len in subordinierender Weise alle Mittel und Seine beiden Gutachter, Menz und der Dekan Trager der Meinungsbildung -wie Zeitung, Zeit­ der Gewifa, der Petitökonom Friedrich Behrens, schrift, Buch, Rundfunk, Film, Theater usw. - bescheinigten ihm unter Berufung auf ein Ober­ unter Übernahme des wertvollen Teils bisheriger einstimmendes Urteil aller seiner Lehrer hervor­ einschlagiger Forschung mit neuen Methoden ragende Begabung, bekraftigten seinen Ent­ und neuer Zielsetzung untersucht werden schluß zur akademischen Laufbahn und befür• ( ... }«.16 Vorab hatte es an der Gewifa auch worteten seine Aufnahme in ein Nachwuchsför• Überlegungen gegeben, das Institut als eines derprogramm. 13 Mehnert wurde in Sommer »für Zeitungswissenschaft, Rundfunk und Film« 1948 Assistent am »Institut für Publizistik« der zu bezeichnen bzw. Professuren fOr Rundfunk­ Gewifa, dem dann von September an - nach wesen, Filmwesen und Theaterwesen zu schaf­ Rückkehr aus der Emigration in die USA - Dr. fen.17 Hermann Budzislawski vorstand. Mehnert sah die vorrangige Aufgabe seiner Eine Wiederaufnahme des Rundfunks in den akademischen Tatigkeit in der »konkrete(n} Be­ Themenkanon der Universitat erfolgte in jenen rufsausbildung qualifizierter Rundfunkspeziali­ Jahren nicht nur in Leipzig. Bereits 1947 hatte sten« und berief sich auf das Wohlwollen der die Universitat Harnburg einen entsprechenden Berliner und Leipziger Rundfunkintendanzen. Lehrauftrag vergeben, auch die Universitat Mün- Hinderlich für die Ausbildung war, daß die ein- Liebert: Rundfunkausbildung und -forschung in Leipzig (1946- 1963) 91

stigen, »technisch vorzüglich« eingerichteten gramms auf der Hörerseite, 12. Hörerstatistik Lehranlagen im Leipziger Konservatorium nach (Zahl, Dichte, Gerate, Organisation), 13. Hörer• Kriegsende nicht mehr zur Verfügung standen, umfragen, -briefe, -kritik und -mitwirkung, 15. so daß praktische Übungen nur im Sender Leip­ Psychologie des Hörers und gesellschaftliche zig veranstaltet werden konnten. Die Studenten Analyse der Hörer, 16. Bewußtseinsbildende sollten dabei möglichst Forschungsaufgaben Rolle des Rundfunkprogramms und 17. Rund­ übernehmen, die »zugleich auch von außerstem funk als kollektiver Organisator, Volkskorre­ praktischen Wert für den Rundfunk selbst sind«. spondenten. Es sei »vor allem an die Entwicklung neuartiger Als Literatur wurden global angegeben: Deut­ Methoden gedacht, die dem Rundfunk ermögli• sche, russische, englische und amerikanische chen sollen, seine fatale Echolosigkeit, den Fachzeitschriften.19 Mehnert verfolgte offenbar >stummen Hörer< zu überwinden und zu einer das Ziel, seinen Studenten sehr wohl den inter­ systematischen Auswertung der Wirkung auf den nationalen, also auch und gerade den nordame­ Hörer zu gelangen. Daß die mechanistischen rikanischen Forschungsstand nahezubringen, Gallup-Methoden hier nicht das Letztmögliche zugleich wollte er aber auch offensichtlich neue sind, wissen wir ja. Und die neuen Methoden Entwicklungen in der Kommunikationspraxis der werden bei ihrer Ausarbeitung die Wirkweise der damaligen Ostzone befördern, die ihr Vorbild in gesellschaftlichen Gesetze, die Bewußtseins• der Sowjetunion hatten. bildung, ins Zentrum stellen müssen.«18 ln einem Aufsatz untersuchte er die Mithilfe Für Mehnerts oben bereits erwahnte Veran­ des »Mitteldeutschen Rundfunks« bei der Popu­ staltung über Programmgestaltung und Wir­ larisierung und Organisierung von Aktivistenta­ kungsforschung, deren Titelanzeige auch auf gen in einem volkseigenen Stahlwerk und zog das Fernsehen hinwies, ist eine Grobdisposition weitreichende Schlußfolgerungen: Der auf Pla­ überliefert. Allein die verbale Betonung der in­ nung und Bewußtheit beruhende Sozialismus haltlichen Komponenten »Wirkungsforschung« biete der Publizistik erstmals und »vor alfem die und »Fernsehen« kann gerade im Vergleich zur Möglichkeit, zu handeln«.20 Diese Problematik Leipziger Entwicklung in den 50er Jahren als beschaftigte Mehnert so sehr, daß er von der äußerst modern bezeichnet werden. Mehnerts ursprünglichen Absicht, seine Habilitationsschrift Plan sah 17 Veranstaltungen und zusatzliehe zur »Geschichte des Rundfunks« zu schreiben, Übungen zu je zwei Stunden vor: »Ausgehend abging und sich als Thema stellte: »Operative von den alten und neuen Aufgaben des Rund­ Publizistik. Einige Wandlungen der publizisti­ funkprogramms werden zunächst samtliehe im schen Theorie und Praxis«.21 Aus der 1. Jah­ Rundfunk möglichen Inhalte behandelt (z. B. resMitte 1950 gibt es Anzeichen für einen bal­ Jugend-, Reklame-, Frauen-, politische oder digen Abschluß seiner Habilitation.22 Es findet Wirtschaftssendungen usw.). Anschließend folgt sich jedoch kein Hinweis auf eine schließliehe ein systematischer Überblick samtlicher im Einreichung oder Ablehnung weder dieser noch Rundfunk möglicher Programmformen von einer anderen Arbeit. neuestem Stand (z. B. Reportage, Plauderei, Sein Beschaftigungsverhaltnis wurde von der features, quiz etc.). Darauf Betrachtung der Universitat zum 30. April 1950 gekündigt, optimalen Verschmelzung von Inhalt und Form schließlich mußte er am 1. September 1950 im Programm.« Als weitere Themen waren vor­ auch aus dem Förderprogramm für den wissen­ gesehen: 6. Aufmachung der Einzelsendung, 7. schaftlichen Nachwuchs ausscheiden. Budzis­ Stationsmeldungen, Pausenzeichen, Zeit, Wet­ lawski hatte beklagt, sein Assistent habe sich ter, SOS, 8. Internationale Programmstatistik, 9. von der Arbeit am Institut seit Sommer 1949 völ• Tages-, Wochen- und langfristige Planung, 10. lig zurückgezogen und ihn als wissenschaftlichen Lokal-, Regional-, National- und Auslandspro­ Betreuer weder um Rat gefragt noch etwas gramme. vorgelegt.23 Im Sommer 1950 übernahm Budzis­ »Im zweiten Teil behandelt die Vorlesung die lawski, der in jenen Jahren auch Kommenta re für Wirkung des Rundfunkprogramms auf die Hörer, den Sender Leipzig sprach, selbst die Leitung gibt Richtlinien zu einer brauchbaren gesell­ der praktischen Rundfunkübungen.24 schaftlichen Analyse der Hörerschaft und endet Das Urteil des Professors über Mehnert war mit der Umreißung der neuen kollektiv-organi­ gespalten: Dieser verfüge durchaus über »ge­ sierenden Funktion des Rundfunks und seines wisse wissenschaftliche Qualitaten«, er sei aber Programms; letzteres in konkreter Zuspitzung »sehr unkooperativ«. Über seine Lehrveranstal­ auf die aus Propagierung und Organisierung des tungen zum Rundfunk gabe es aus studentischer Zwei-Jahres-Plans für das Rundfunkprogramm Sicht unterschiedliche Meinungen. Budzislawskis sich ergebenden Aufgaben.« Mehnert detaillierte Fazit: »Er ist ein Mann, der sich entweder durch die Themenfolge des zweiten Teiles seiner sich selbst durchsetzt oder scheitert, den man Reihe: 11. Resonanzkontrolle des Rundfunkpro- 92 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) aber nicht an die Hand nehmen und führen der Philosophischen Fakultat am 5. Januar 1951 kann.«25 einen Bruch dar, nicht nur zum Menz'schen Gerhard Mehnert ging nach Berlin, wo er Institut an der Wlso, auch zum »Institut für Publi­ lange Jahre als Chefredakteur und später im zistik« an der Gewifa. Abgesehen von Verände• Redaktionsbeirat der vom zuständigen Staats­ rungen, die aus der Zweiten Hochschulreform sekretariat herausgegebenen Zeitschrift resultierten und für deren Betrachtung hier nicht »Hochschulwesen« wirkte. Danach schlug er der Platz ist, änderte sich der kommunikations­ eine zweite wissenschaftliche Laufbahn am Ost­ theoretische und -politische Rahmen. Die SED asiatischen Institut der Humboldt-Universität zu beschleunigte ihre Entwicklung zur »Partei neu­ Berlin ein und wurde Professor für Neue Ge­ en Typs«. Parallel dazu wollte sie die Presse, schichte und Philosophie Japans. Er verfaßte, verbal zunächst nur die ihrer Partei, umgestalten bzw. redigierte außerdem nach seinem Weg­ und übernahm die sogenannte »Leninsche Leh­ gang aus Leipzig mehrere journalistisch-propa­ re von der Presse neuen Typs«, bei der es sich gandistische Arbeiten, nutzte seine ausgezeich­ allerdings mehr um eine stalinistische Inter­ neten Sprachkenntnisse, übersetzte aus dem pretation und Kombination einiger Aussagen Chinesischen, schrieb Reisebücher über Japan Lenins handelte. Um die nötige Kaderschulung und bearbeitete deutsch-japanische Sprachfüh• zu gewährleisten, räumte die SED auch der pu­ rer, die auch in Westdeutschland erschienen blizistischen Hochschulausbildung in Leipzig eine sind. Er starb 1983.26 wichtige Rolle ein.29 Dabei wurde Publizistik zum Mehnerts rundfunkkundliches Wirken in Leip­ Hauptfach, und es setzte ein beindruckendes zig bis 1950 stellte einen beachtlichen Versuch äußeres Wachstum ein. Alles in allem konzen­ dar, noch ohne dogmatische Enge auf marxisti­ trierte sich die SED auf die Presse und folglich scher Grundlage eine moderne Publizistik- und auf die Ausbildung für sie. Das dürfte nicht Rundfunkwissenschaft zu entwickeln. Dieser An­ zuletzt auf die Vertrautheit mit diesem Medium in satz war allerdings nur programmatisch und hat­ der Geschichte der Arbeiterbewegung zurück• te schematischen Charakter. An den eigenen zuführen gewesen sein. Ansprüchen ließ er sich noch nicht genügend ln Leipzig wurde die multimediale Sicht der messen. Die theoretischen und praktischen Gewifa verlassen. Das drückte sich auch perso­ Folgen waren noch nicht erkennbar. Mehnert nell aus. Budzislawski war zudem wegen seiner verfolgte zweifelsfrei gesellschaftspolitische Ab­ »bürgerlichen Herkunft« und als »Westemigrant« sichten, er wollte einer sozialistischen Praxis die­ politischen sowie ideologisch-theoretischen An­ nen - er sah die Publizistik als »direktes Werk­ griffen in seiner eigenen Partei, der SED, ausge­ zeug der menschlichen Höherentwicklung«.27 setzt und pausierte ein Jahr als Hochschulleh­ Eine lnstrumentalisierung der Medien durch ein rer.30 Der neue DirektorWIIhelm Eildermann, der bestimmtes Subjekt, die SED, war damit aber Erfahrung in der Arbeiterpresse besaß,31 erklär• noch nicht ausgesprochen. te, es handele sich beim leipziger Institut »in Die Leipziger Journalistikwissenschaft hat erster Linie um die Kaderschulung für die Ta­ sich später, soweit bisher zu übersehen ist, nie­ gespresse und die Lösung der ideologischen und mals erkennbar auf Mehnert berufen. Auch sein methodischen Probleme der Tageszeitungen«.32 Wirken wurde - wahrscheinlich nicht einmal ge­ Obwohl durchaus auch künftige Rundfunk­ wollt - von der Generaleinschätzung betroffen, journalisten am Institut studierten und dafür auch die Budzislawski 1962 so formulierte: »Bei der geworben wurde sowie - allerdings nur ganz Wiedereröffnung der leipziger Universität im vereinzelt - rundfunkbezogene Themen in Di­ Jahre 1946 schien es unvermeidlich, daß zu­ plomarbeiten bearbeitet werden konnten, gab es nächst an die alte bürgerliche Scheinwissen­ von 1951 an bis einschließlich Herbstsemester schaft von der Publizistik angeknüpft und daß 1955/56 in Leipzig keine ausgewiesenen Lehr­ unter Erneuerung die Einbeziehung inzwischen veranstaltungen zu Fragen des Rundfunks.3 3 mächtig entwickelter amerikanischer For­ Der Rundfunk als Medium wurde entweder gar schungsmethoden verstanden wurde.« Daraus nicht wahrgenommen oder sozusagen automa­ »ließ sich keine Lehre fOr den Aufbau einer so­ tisch unter Presse subsumiert, also nicht in sei­ zialistischen Presse neuen Typs ableiten, das nen Eigengesetzlichkeiten erfaßt. Die Beschäf• aber war es, was wir brauchten«.28 tigung mit der Presse wurde eher noch verstärkt. Das zentrale journalistische Fach »Methodik der journalistischen Praxis« wurde von Frühjahr Rundfunklose Zwischenphase: 1953 an durch »Theorie und Praxis der Presse­ 1951 - 1955 arbeit« abgelöst.34 Der DDR-Rundfunk hatte sich 1950 in Berlin­ Tatsachlich stellte die Neueröffnung des »Institu­ Grünau (später Weimar) eine eigene Funkschule tes für Publizistik und Zeitungswissenschaft« an geschaffen, die vorrangig der politisch-ideologi- Lieberl: Rundfunkausbildung und -forschi.Jng in Leipzig (1946- 1963) 93 sehen und gesellschaftswissenschaftliehen Qua­ Journalist fähig sein muß, zeitweilig auf dem lifizierung dienen, aber auch eine »Fachtheorie Gebiet der Presse und zeitweilig auf dem Gebiet der Rundfunkjournalistik« entwickeln sollte. Da­ des Rundfunks zu arbeiten, daß sich also die bei ist es zur Diskussion von »Grundsatzthesen Ausbildungen nicht grundsätzlich unterschei­ zu den einzelnen Funkformen« gekommen. Im den.«39 Dabei mußte hier die Betonung wohl auf Februar 1953 wurde die Einrichtung in den Rang »grundsätzlich« liegen, denn die Überwindung einer staatlichen Fachschule erhoben.35 der kritisierten Auffassung im DDR-Rundfunk und die Bereitschaft sowie Fähigkeit der Fakul­ tät, die Besonderheiten des Rundfunks zu be­ Erneuter Aufbruch zum Rundfunk: rücksichtigen, waren zwei Seiten ein und der­ 1955- 1963 selben Medaille. Um den Nachwuchsbedarf künftig haupt­ Mitte der 50er Jahre vollzogen sich Entwicklun­ sächlich aus wissenschaftlich und allgemein gen, die eine Zuwendung der Universität Leipzig gebildeten Diplomjournalisten, aber eben auch zu Rundfunkfragen begünstigten. für den Rundfunk qualifizierten Journalisten dek­ 1. Mit der Erhebung und Namensänderung ken zu können, schlug das Rundfunkkomitee des Leipziger Instituts zur »Fakultät für Journali­ dem Staatssekretär für Hochschulwesen vor, an stik« am 20. September 1954 wurden nicht nur der Fakultät ein »Institut für Rundfunkjournali­ institutionell-organisatorische Ansprüche und ein stik« zu gründen. Die Fachschule in Weimar neuer Status des Faches angemeldet, sondern schloß am 31. August 1955 ihre Pforten. Das auch eine Ausweitung seines Gegenstandes geschah mit Zustimmung der »Abteilung Agita­ angekündigt. Budzislawski, seit Gründung der tion/Presse-Rundfunk« beim ZK der SED, wie es Fakultät ihr Dekan, stellte dazu später rück• hieß. Entsprechende Etatmittel wurden der Uni­ blickend fest: »Die Zeitung, die mit der Zeitschrift versität zugewiesen. Der Rundfunk leistete ma­ zusammen den Hauptteil der Presse bildet, ist terielle und technische Hilfe, so daß die Fakultät ein zu enger Forschungsgegenstand, weil in ihm schließlich ein vorzüglich ausgestattetes, moder­ andere Publikationsformen, wie der Rundfunk nes Hörfunkstudio bekam. Dort konnte die Arbeit und das Fernsehen, nicht enthalten sind. All dies mit Mikrophon, Cuttern, Montage u. a. geübt werden.40 umfaßt der Begriff der Journalistik, der außer• dem gestattet, neben den historischen und philo­ Wann das Institut mit seiner Arbeit tatsächlich logischen Seiten des Forschungsgegenstandes beginnen konnte, kann nicht nur mit einem auch dessen technische, organisatorische, kün• Datum beantwortet werden. Staatliches Rund­ stlerische Seiten und vor allem die politische Auf­ funkkomitee und Fakultät waren bereits im April gabenstellung zu berücksichtigen.«36 1955 über die Aufgaben des Instituts übereinge• 2. Die SED forderte von der Fakultät, insbe­ kommen. Der Dekan beantragte »in aller Form« sondere nach einer Überprüfung des Lehrplans eine »Eröffnung zum September 1955« und das 1955, die handwerklich-praktische Seite in der Vorlesungsverzeichnis für das Wintersemester Ausbildung zu verstärken. 37 Daraus folgte 1955/56 verzeichnete es schon. Erstaunlicher­ zwangsläufig, daß die Besonderheiten der ver­ weise beschloß der Rat der Fakultät aber erst in einer Sitzung am 21. November 1955, den schiedenen Medien mehr berücksichtigt werden 41 mußten. Das Sekretariat des Zentralkomitees Gründungsantrag zu stellen. Eine Abschrift der der SED faßte zudem am 12. Oktober 1955 ei­ Urkunde des Staatssekretariats nennt schließlich nen Beschluß zur »Entwicklung der Betriebszei­ den 1. Januar 1956 als offiziellen Gründungstag. tungs-, Dorfzeitungs- und Betriebsfunkredakteu­ Kurz danach erschien eine Meldung in der re zu qualifizierten Journalisten«.38 Darin wurden »Leipziger Volkszeitung«.42 Dieselbe Zeitung gerade der »Fakultät für Journalistik« um­ berichtete wiederum ein reichliches Jahr später fangreiche Pflichten auferlegt, so die Ausarbei­ über die feierliche Eröffnung des Instituts und Inbetriebnahme des Studios am 21. Februar tung von Lektionen für Redakteure des Betriebs­ 1957.43 funks. Dafür mußten aber in Leipzig erst noch die Voraussetzungen geschaffen werden. Warum diese Verzögerungen? Zum einen 3. Die entscheidenden Anstöße kamen aber mußten wohl Bau- und technische Einrich­ wohl vom Rundfunk, der ja zunächst mit der tungsarbeiten durchgeführt werden. Außerdem Schule in Grünau bzw. Weimar einen Sonder­ waren 1954/55 an der Fakultät ausgebrochene weg eingeschlagen hatte. Noch 1955 kritisierte heftige Auseinandersetzungen persönlicher und Budzislawski »die eine Weile« beim Rundfunk politischer Natur zwischen einigen Professoren vorherrschende Auffassung, »daß Presse und für das Vorhaben nicht gerade förderlich . Rundfunk grundverschiedene Dinge seien ( ... ) Schließlich gibt es auch Indizien für Abstim­ Wir glauben, daß Presse und Rundfunk sehr mungsprobleme zwischen Fakultät und Rek­ miteinander verwandte Dinge sind und daß der torat.44 94 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Vor allem mußten geeignete Dozenten erst Von Herbst 1957 an schließlich existierte ein gesucht werden. Budzislawski meinte: »Es ist bei didaktisch aufgebauter Veranstaltungskanon: Im einem neuen Institut dieser Art naturgernaß un­ zweiten Studienjahr: Theorie und Praxis der möglich, die Initiatoren der Arbeit der akademi­ Rundfunkarbeit (zwei Stunden im Monat), Or­ schen Laufbahn zu entnehmen, da sie ja erst die ganisation des Rundfunks und Methodik der Tradition einer solchen Laufbahn begründen rundfunkjournalistischen Arbeit (zwei Wochen­ sotlen.«45 Zunächst verständigte man sich bei stunden), rundfunkjournalistische Übungen und der Besetzung der zwei Dozenturen auf Gerhard Exkursionen (zwei Wochenstunden). Im dritten Scheumann und auf Erich Höhn, wie das Vorle­ Studienjahr: Nachricht, Polemik, Kommentar im sungsverzeichnis voreilig ankündigte. Scheu­ Rundfunk (zwei Stunden), Rundfunkjournali­ mann wurde außerdem als kommissarischer stische Pflichtübungen (zwei Stunden) und Leiter des Instituts angekündigt.4S Tatsachllch Wahlübungen (drei Stunden). Außerdem fanden traten dann Charlotte Thielicke als Leiterin und im zweiten und dritten Studienjahr jede zweite Kathe Ellrodt die beiden Dozenturen in Wahr­ Woche Gastvortrage zu Problemen der Rund­ nehmung an.47 Wissenschaftliche Publikationen funkpraxis statt. Das vierte Studienjahr war spe­ konnten für beide nicht ermittelt werden.48 ziellen Themen aus Theorie und Praxis (zwei Forschungsbeiträge kamen eher von den Assi­ Stunden) vorbehalten. Sprecherziehung konnte­ stenten und Mitarbeitern des Instituts, auf denen mit zeitweiligen Ausnahmen - ab dem zweiten in auch der größte Teil der Lehre lastete. Anfangs allen Studienjahren besucht werden.51 Die Stu­ waren es zwei, die aus dem Fach »Theorie und denten produzierten auch sendereife Beiträge, Praxis der Pressearbeit« zum neuen Institut die zum Teil ausgestrahlt wurden, z. B. Hoch­ übergewechselt waren. Später waren es bis zu schulfunksendungenfür >Radio DDR<. 52 sechs Assistenten, fast allesamt Diplom-Jour­ Vom Herbst 1960 an mußte mit den bis dahin nalisten, die über Rundfunkthemen geschrieben gewonnenen Erfahrungen gebrochen werden. hatten. Ausgehend von der Kritik der dritten Pres­ Dennoch pragte die damals bereits im sech­ sekonferenz der SED an einer vermeintlich zu sten Lebensjahrzehnt stehende Charlotte Thie­ geringen Praxisnahe der gesamten Ausbildung, licke, insbesondere auf Grund ihrer langjährigen wurde ein fünfjahriges, kombiniertes Direkt- und Bildungs- und Parteiarbeit in KPD und SED, das Fernstudium eingeführt, das aber nur einige Institut und die Fakultät jener Jahre mit. Von Jahre angeboten wurde. So sollte u. a. der Spe­ 1952 bis 1953 hatte sie bereits die Rundfunk­ zialisierung »auf einen Zweig der Journalistik schule in Grünau bzw. Weimar geleitet. Der Ruf (Presse, Rundfunk, Fernseh- und Bildjournalistik, nach Leipzig wurde auch damit begründet, daß spater auch Filmjournalistik)« mehr Raum »wir ... ein großes Internat besitzen und uns im­ gegeben werden. Die mediale Ausbildung voll­ mer dringlicher um die gründliche Erziehung der zog sich nunmehr im dritten Studienjahr zum Studenten kümmern müssen«. Ihrem Profil ent­ einen in Iangeren Praktika und zum anderen im sprach es also durchaus, wenn sie - obzwar Lei­ Fach »Theorie und Praxis der Pressearbeit, des terin eines Instituts für Rundfunkjournalistik - am Rundfunks und der Bildjournalistik«, das als 1. November 1962 zur Dozentin für das Fach­ Fernstudium organisiert wurde. Das bisher im gebiet »Wissenschaftlicher Sozialismus« ernannt vierten Studienjahr angesiedelte Seminar zu wurde. Gewisse Einblicke in die Funkpraxis hatte speziellen Problemen aus Theorie und Praxis sie sich nach 1950 beim >Berliner Rundfunk< der Rundfunkarbeit blieb auch weiterhin im Pro­ erworben, wo sie die sogenannte politische gramm. Nur noch im vierten Studienjahr wurde Kontrollabteilung im Funkhaus Masurenallee Sprecherziehung angeboten, letztmalig im Früh• leitete. Im Fernsehzentrum war sie 1954 als jahr 1962.53 Parteisekretärin der SED tatig.49 Das Institut wurde auch deswegen eingerich­ Rundfunk und Fakultät waren übereinge• tet, weil es einen Bedarf an Forschung gab. Daß kommen, das Institut solle sich vor allem auf wissenschaftlicher Meinungsstreit und Erfah­ »den fachlich-praktischen Teil der Ausbildung« rungsaustausch zur Verbesserung des Rund­ wahrend des nunmehr vierjährigen Studiums funks fehlten, beklagten Staatliches Komitee und konzentrieren. 50 Unter den Veranstaltungstiteln die Fakultät 1955. Die Probleme dieses neben tauchte der Begriff Rundfunk (gemeint war Hör• der Presse gleichberechtigten Zweiges journali­ funk) erstmals im Frühjahr 1956 wieder auf; von stischer Arbeit seien »von der fortschrittlichen Frühjahr 1957 an wurden bereits verschiedene Wissenschaft bisher so gut wie unerforscht Veranstaltungen angeboten: Übungen zur geblieben«. Das Institut solle zwei Aufgaben lö• Rundfunkjoumalistik, Sprecherziehung und Ge­ sen: schichte des Rundfunkwesens - für künftige 1. Aufbauend auf dem in Grünau und Weimar Funkjournalisten jeweils obligatorisch, für die Geleisteten sowie durch »Verallgemeinerung der übrigen Studenten fakultativ. besten Erfahrungswerte der Rundfunkpraxis« Liebert: Rundfunkausbildung und -forschung. in Leipzig (1946 - 1963) 95

sollten »Gesetzmaßigkeiten der einzelnen funki­ Neun der 113 Diplomarbeiten beschäftigten schen Genres« entdeckt werden und anschl.ie­ sich mit dem westlichen Rundfunk bzw. mit Ver­ ßend wiederum in die Lehre einfließen. Erkennt­ gleichen zwischen Ost- und Westfunk. Sieben nisse der marxistischen Ästhetik, Dramaturgie, Diplomschriften und immerhin die einzige Disser­ Psychologie und Erkenntnistheorie seien dafür tation bearbeiteten geschichtliche Gegenstande heranzuziehen. aus der Zeit vor 1945, genauer gesagt vor 1933, Theoretische Grundlagenforschung auf einer und waren einer Themenlinie zugeordnet. Die allgemeineren Ebene als die der Genres, noch Promotionsschrift von Horst Hanzl, Assistent und dazu deduktiver Natur, wurde nicht gefordert.54 dann Dozent am Institut, aus dem Jahre 1960 Allerdings hob Budzislawski 1959 gerade das versuchte historisch nachzuweisen, daß Grund­ Institut für Rundfunkjournalistik lobend hervor: Es thesen der sozialistischen Journalistikwissen­ habe »Thesen für seine wissenschaftlich-theore­ schaft über die Presse auch für den Rundfunk tische Arbeit vorgelegt, die man als marxistisch­ gültig seien. Sie wandte sich gegen »bürgerliche leninistische Grundlegung einer bisher in den Versuche«, für dieses Medium »eine eigenge­ kapitalistischen Landern frei im Raum herum­ setzliche, von der Presse völlig unterschiedliche schwebenden Scheinwissenschaft und daher als Existenz zu konstruieren«.61 Die Untersuch ung bedeutsame wissenschaftliche Leistung auf der spezifischen Bedingungen, unter denen die einem neuen Gebiet bezeichnen« könne.55 Zu­ Funkmedien arbeiten, wurde damit allerdings gänglich sind mir diese Thesen bis jetzt aber nicht gerade gefördert. nicht geworden. Horst Hanzl und Wllly Walther, der eine Di­ 2. Zu den Hauptaufgaben des Instituts sollte plomarbeit über das deutsche Rundfunkwesen auch die Erforschung der Geschichte des vor 1926 verfaßt hatte,62 veröffentlichten ihre Er­ Rundfunkwesens gehören, wobei erstaunlicher­ kenntnisse. Einem gerade erschienenen Ta­ weise darunter auch die Beobachtung des Me­ schenbuch aus der Reihe »Kleine Enzyklopa­ diums in den sozialistischen Ländern, der die«63 warfen sie ernsthafte Mangel im Rund­ »Kampf« des DDR-Rundfunks gegen Einflüsse funk-Teil vor. Sie kritisierten insbesondere eine des westdeutschen und die »Entwicklung des vermeintliche Überbetonung formal-technischer Fernsehens als neues Mittel der demokratischen und organisatorischer Probleme bei der Be­ Journalistik« subsumiert wurden.56 schreibung dieses Mediums. Sie sprachen sich Empirisch-soziologische Methoden wurden u. a. gegen die dort behauptete ursprüngliche nicht empfohlen. Hierbei muß aber bedacht wer­ Rolle der Unterhaltung aus.64 den, daß das Rundfunkkomitee zunachst einen Die Notwendigkeit, sich auch dem Fernsehen 1956 begonnenen Versuch förderte, eine eigene zuzuwenden, war bereits 1955 erkannt wor­ wissenschaftliche Abteilung zur Hörerforschung den.65 Von 1958 an befaßten sich jedes Jahr zu schaffen. 57 etwa vier Diplomarbeiten mit dem neuen Medium Spatere Aussagen akzentuierten dieses Pro­ Fernsehen.66 So schrieb der damalige Fern­ gramm lediglich: Die Erforschung der Geschichte student Heinz Grote 1960 am Beispiel der von trat in den Hintergrund und das der Fakultat auf­ ihm geleiteten Nachrichtensendung »Aktuelle erlegte Generalthema: »Wie kann die Massen­ Kamera« Ober die Besonderheiten des Journa­ wirksamkeit des Journalismus erhöht werden?« lismus für den Bildschirrn.67 Diese Arbeit galt auf den Rundfunk eingegrenzt. Außerdem gab spater als »erste systematische und relativ um­ es den Auftrag, die Betriebsfunkstudios wissen­ fassende wissenschaftliche Untersuchung des schaftlich zu begleiten.58 sozialistischen Femsehjournalismus« in der Wie wurde dieses Forschungsprogramm nun DDR.68 Grote thematisierte z. B. die Gestal­ aber umgesetzt? Von den 113 rundfunkbezo­ tungsmittel »bewegtes Bild« und »gesprochene genen Themen, die für Diplomarbeiten zwischen Sprache«, arbeitete das »direkte Gespräch mit 1956 und 1963 (einschließlich Fernsehen) an­ dem Zuschauer« als Gestaltungsprinzip heraus genommen wurden, befaßten sich 81 mit ein­ und verallgemeinerte Erfahrungen mit verschie­ zelnen Genres, Sparten, Sendungen für be­ denen Femsehformen. stimmte Zielgruppen sowie mit Methoden der Die Fakultät, die damals übrigens nur Ober Rundfunkarbeit.59 Es gelang jedoch nicht im ein einziges Empfangsgerat verfügte, bemühte gewünschten Maße, die in diesen Arbeiten ge­ sich, vom Studienjahr 195911960 an einzelne wonnenen Erkenntnisse zu verallgemeinem und Veranstaltungen zum Fernsehen anzubieten. für die Lehre nutzbar zu machen. Mehrfach, so Eine systematische Ausbildung begann jedoch 1958 und 1960, mahnten SED-Parteiversamm­ erst Mitte der sechziger Jahre.69 lungen, es sollten Lehrbriefe herausgegeben werden . Aber auch diese erschienen nur schlep­ pend.SO 96 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Ausblick richt. ln: Kari-Marx-Universität Leipzig 1409-1959. Bd. 2, S. 331ff. Lothar Rathmann {Hrsg.): Alma Um 1963 war in vielerlei Weise eine neue Kon­ mater lipsiensis. Geschichte der Kari-Marx-Uni­ versität Leipzig. Leipzig 1984, S. 273 und 276. stellation entstanden. Schon 1962 hatte Budzis­ lawski das Amt des Dekans abgegeben. Nachfol­ 9 UAL. Rektorat 81 h: Teilbestand Struktur und ger wurde Prof. Dr. Wolfgang Rödel, ein wissen­ Aufgabenverteilung, lnst. für Zeitungswiss. 1945- schaftlich beschlagener Rundfunkmann mit Er­ 47 [die korrekte Bezeichnung hieß allerdings In­ stitut für Publizistik - T.L.]. BI. 27f.: Die Wissen­ fahrungen in der Lehre an der Funkschule schaft von der Publizistik { .. .) in Leipzig ( .. .) Grünau. Frau Thielicke bat am 20. September [Mehrseitiges maschinenschriftliches Manuskript 1963 um Entpflichtung als Direktorin des Insti­ über Traditionen , Voraussetzungen und Pro­ tuts. Sie starb 1982. Ihr Nachfolger wurde Hans gramm des Institutes]. Urbitsch, vorher beim Rundfunk bzw. -komitee 10 Gerhard Menz: Zur Ausbildung des Journalisten. tätig. 70 Ein Beispiel für praktische Fragen in der akade­ Der Sechste Parteitag der SED im Januar mischen publizistischen Ausbildung. ln: NDP 4. 1963 wertete die Rolle der Wissenschaften auf Jg. (1950), H. 11, S. 15. und begünstigte Modernisierungstendenzen in der DDR-Gesellschaft. Er richtete das Auge des 11 UAL. Rektorat 113: Teilbestand Arbeitspläne und Erfüllungsberichte 1947-69. BI. 78: Allgemeiner Staates auch auf Disziplinen wie Soziologie, 1 Tätigkeitsbericht des Instituts für Publizistik an der Psychologie und lnformationstheorie.7 An der Universität Leipzig . 14.11.1947. BI. 79: Teilbericht Fakultät begann eine Diskussion um das Be­ über die in Arbeit befindlichen wissenschaftlichen rufsbild des sozialistischen Journalisten und eine Themen. 18.12.1947. Neugestaltung des Studiums. Die Rundfunkaus­ 12 Gerhard Mehnert: Kritik des Hörspiels. Zu Situa­ bildung und -forschung in Leipzig mußte nun­ tion und Prozeß eines modernen Aussagepro­ mehr einen neuen Platz in der Wissenschafts­ blems. 1948. Leipzig, Univ., Wirtschafts- und So­ landschaft finden. zialwissenschaftliche Fak., lnaugurai-Diss. Insbe­ sondere S. 8 und Thesen S. 231f. Vgl. auch Gerd Mehnert: Das Hörspiel - kritisch betrachtet. ln: Anmerkungen Theater der Zeit (1948), H. 10, S. 28ff. Ludwig Der Vortrag wurde in verkürzter Form auf der Merkle: Rundfunkdissertationen (3). ln: Rufer und Jahrestagung des >Studienkreises Rundfunk und Hörer (1952/53), S. 376f. Geschichte< in Leipzig am 24. September 1993 13 UAL. PA 2782. BI. 82, auch 50, 51 und 84. Vgl. gehalten. auch G. Eckert: (Rez.). ln: RuF (1948-50), Folge Vgl. u.a. Herbert Helbig: Universität Leipzig. 5/6, S. 94ff. Frankfurt a. M. 1961. Verena Blaum: Journali­ 14 Rundfunkkunde an der Universität. ln: RuF (1948- stikwissenschaft in der DDR. Erlangen 1979. Re­ 50), Folge 3/4, S. 84f. gine Schneider: Die Entwicklung der Fakul­ tät/Sektion Journalistik der Kari-Marx-Universität 15 Gerhard Mehnert: Warum Rundfunkkunde? (wie Leipzig. Ein geschichtticher Abriß. 1983. Leipzig, Anm. 3), S. 54-59. Univ., Sekt. Journalistik, Diss. A. Gudrun Trau­ 16 Gerd Mehnert: Rundfunkkunde an der Universität mann: Journalistik in der DDR Sozialistische Leipzig. ln: NDP 3. Jg. (1949), S. 13f. Journalistik und Journalistenausbildung an der Kar1-Marx-Universität Leipzig. München u.a. 1971 . 17 UAL. Rektorat 60: Teilbestand Gründungen/ Einrichtungen, Gesellschaftswissenschaftliche Fa­ 2 w. ss 1948, s. 59. kultät. BI. 24: Etat der gesellschaftswissen­ 3 Gerhard Mehnert: Warum Rundfunkkunde? ln: schaftliehen Fakultät der Universität Leipzig für RuF {1948-50), Folge 2, S. 54. Vgl. auch S. 87. 1947. Rektorat 68: Teilbestand Struktur und Auf­ gabenverteilung, Gesellschaftswissenschaftliche 4 W . WS 1948/49, S. 56. SS 1949, S. 67. WS Fakultät. BI. 41 : Entwurf: Die Gesellschaftswis­ 1949/50, S. 74. senschaftlichen Fakultäten. Sinn und Aufgaben. 5 UAL. PA 2782: Gerhard Mehnert. BI. 5 und 35. 7.6.1948. ln diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß das W. WS 1948/49, S. 55 der 6 W . SS 1949, S. 72. Vgl. auch: WS 1948/49, S. Gewifa auch einen Gastvortrag »Die soziologi­ 45. schen Grundlagen des Films« (N .N.) ankündigte. 7 (wie Anm 1). Zu den Hintergründen vgl. u.a. UAL. 18 Gerd Mehnert: Rundfunkkunde ... (wie Anm. 16). Wifa {Wiso) 9. Betr.: Vereinigung der Gesell­ schaftswissenschaftlichen Fakultät mit der Wirt­ 19 UAL. PA 2782. BI. 72. schafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an 20 Gerd Mehnert: Auf neue Art arbeiten! Ein Beispiel der Universität Leipzig. 3.1.1948. der Entwicklung »Operativer Publizistik«. ln: NDP 8 UAL. PA 2782. Insbesondere BI. 42-47 und 87. 4. Jg. (1950), H. 7, S. 3ff. Gerhard Mehnert: Im Widerstand gegen die Fa­ 21 UAL. PA 2782. BI. 45 und 85. schisierung der Universität. Ein Erinnerungsbe- Liebert: Rundfunkausbildung und -forschung in Leipzig (1946- 1963) 97

22 UAL. PA 2782. BI. 39 und 99. .diert man in Leipzig Journalistik? ln: Publizistik 6. Jg. (1961), s. 269. 23 UAL. PA2782. Bl.1, 86, 96, 97, 101 und 102. 38 Dokumente ... (wie Anm. 29), S. 156-162. 24 W . SS 1950, S. 73 (Rundfunkpraktikum mit Ver­ tretern des Mitteldeutschen Rundfunks, nur nach 39 Aus der Diskussion (der Zentralen Delegierten­ vorheriger Anmeldung). WS 1950/51, S. 71 . Vgl. konferenz des Verbandes der Deutschen Presse). zu Budzislawskis Rundfunktätigkeit Günther ln: NDP 9. Jg . (1955), H. 3, S. 12. Rücker: Anfänge in Leipzig. ln: Heide Riedel 40 DRA Ost. Sign. 312: Über die Gründung eines (Hrsg.): Mit uns zieht die neue Zeit... 40 Jahre Institutes für Rundfunkjournalistik an der Fakultät DDR-Medien. Berlin 1993, S. 46. für Journalistik der Kari-Marx-Universität Leipzig . 25 UAL. PA 2782. BI. 1. Vgl. auch BI. 86: Mehnerts 23. 4. 1955. Schreiben des Vorsitzenden des Dissertationsschrift hielt Budzislawski im Unter­ Staatlichen Rundfunkkomitees an das Staatsse­ schied zu Anm. 13 nur für »nicht schlecht«, sie sei kretariat für Hochschulwesen, Hauptabteilung stilistisch »unleidlich« - am Institut käme es aber Fachschulwesen. 27.6. 1955. UAL. R 65: Teilbe­ wesentlich auf die stilistische Ausbildung an. stand Gründungen und Einrichtungen, Journali­ stik. Schreiben von Budzislawski an das Staats­ 26 Nach einschlägigen Personallexika und Katalogen sekretariat für Hochschulwesen . 22. 6. 1955. der Deutschen Bücherei Leipzig. Enderle schreibt, Rundfunkkomitee und ZK der 27 Gerd Mehnert: Auf neue Art ... (wie Anm. 20), S. SED hätten bereits im Herbst 1954 einen Be­ 3. schluß zur Verlagerung der Funkausbildung an die Universität Leipzig gefaßt. Leh~ahre ... (wie 28 Hermann Budzislawski: Über die Journalistik als Anm. 35), S. 50. Wissenschaft. ln: ZfJ 3. Jg. (1962), H. 2, S. 45. 41 (wie Anm. 40). W 1955/56. HS, S. 30. UAL. R 65: 29 Vgl. Dokumente der deutschen Arbeiterbewegung Schreiben von Budzislawski an das Staatssekre­ zur Journalistik. Teil 111 : 1945 bis 1961 . Kari-Marx­ tariat für Hochschulwesen. 22.11.1955. Universität Leipzig, Sektion Journalistik, 1980. Insbesondere S. 26ft. und 54ft. 42 UAL. R 65. Abschrift: Urkunde über die Gründung eines Institutes für Rundfunkjournalistik an der 30 UAL. PA 364: Hermann Budzislawski. BI. 60, 70, Fakultät für Journalistik der Kari-Marx-Universität 88 und 93. Vgl. auch entsprechende W . Leipzig. 13. 1. 1956. Institut für Rundfunkjourna­ 31 Regine Schneider: Die Entwicklung ... (wie Anm. 3). listik gegründet. ln: Leipziger Volkszeitung. 22. Anlage, S. 40. Vor Eildermann war kurzzeitig 1.1956, S. 2. Vgl. auch UAL. PA 4204: Charlotte Eduard Schulz Direktor, der ebenfalls von der Thielicke. BI. 4. Presse kam. 43 Am Donnerstag vergangener Woche ... ln: Leip­ 32 Wilhelm Eildermann: Die Lehren aus Stalins Werk ziger Volkszeitung 27. 2. 1957, S. 5. Vgl. Fest­ »Über den Marxismus und die Fragen der schrift ... (wie Anm. 36), S. 205. Sprachwissenschaft« für die Pressearbeit und die 44 Vgl. StAL IV 7, 122/19: Anhang zum Bericht an Zeitungswissenschaft. ln: NDP 6. Jg. (1952), H. das Zentralkomitee. Betrifft Genosse Prof. Spiru - 11/12, S. 4. Prof. Budzislawski. IV/7, 122/16: Stellungnahme 33 Vgl. u. a. NDP 5. Jg. (1951), H. 2, S. 1. 8. Jg. des 1. und 2. Sekretärs der Parteiorganisation der (1954), H. 3, S. 2. H. 8, S. 20ft. Katalog. Gesamt­ Fakultät für Journalistik zur Arbeit der Genossen verzeichnis wissenschaftlicher Arbeiten der Sek­ Professoren an der Fakultät. 28. 7. 1955, S. 2: tion Journalistik aus den Jahren 1950 bis 1980. 1. »Die Differenzen ... haben zu einem unhaltbaren Teil: Nach Sachgebieten. Kari-Marx-Universität, Zustand ... geführt, der sich objektiv hemmend und Sektion Journalistik, 1982. Vgl. entsprechende schädlich auf die Lösung der uns gestellten neuen w . Aufgaben auswirkt.«. Budzislawski an Rektor Ge­ org Mayer in: UAL. R 65 (22. 11 . 1955): Die An­ 34 W 1952/53. FS, S. 108. träge zur Institutsgründung »betreffen keinen 35 Vgl. DRA Ost. Historisches Archiv. Bestand Funk­ neuen Tatbestand« und »bringen auch keine Überraschung für Euer MagnifiZenz, da das schule. Ursula Enderle: Leh~ahre in Grünau und Weimar. Aus der Arbeit der Rundfunkschulen Rektorat über die Vorarbeiten (... ) auf dem lau­ 1946-1955. ln: Beiträge zur Geschichte des fenden gehalten worden ist«. Rundfunks. 14. Jg. (1980), H. 1, S. 35-56. Heide 45 UAL. R 65: Schreiben von Budzislawski an das Riedel: Hörfunk und Fernsehen in der DDR. Köln Staatssekretariat für Hochschulwesen. 22. 11 . 1977, S. 23 und 93. 1955. 36 Hermann Budzislawski: Die erste deutsche Fakul­ 46 W 1955/56. HS, S. 30. Die beiden erfahrenen tät für Journalistik. ln: Kari-Marx-Universität Leip­ Funkleute waren an der Funkschule Grünau bzw. zig. Festschrift zur 550-Jahr-Feier. Leipzig 1959, Weimar als Fachlehrer tätig gewesen. Vgl. Ursula S. 202. Enderle: Lehrjahre .. . (wie Anm. 35). Scheumann 37 StAL IV/7, 122/6: Genossinnen und Genossen! gründete später die Sendereihe »PRISMA« beim (Referat auf einer SED-Mitgliederversammlung Deutschen Fernsehfunk und machte sich als Do­ am 18. 9. 1957, S. 5). E.M. Herrmann: Wie stu- kumentarfilmer einen Namen. 98 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

47 Vgl. entsprechende Hinweise in W. Gespräch mit rialien. 1959. Leipzig, Univ., Fak. f. Journ., Di­ Kari-Heinz Mosgraber, ehern. Mitarbeiter des In­ plomarbeit. stituts, am 16. 9. 1993 in Berlin. Frau Ellrodt hatte 63 Kleine Enzyklopädie: Sprache, Schrift, Buchwe­ im Hörfunk bereits leitende Positionen bekleidet. sen, Presse, Funk. Leipzig 1959. Sie verblieb allerdings laut W nur bis einschließ• lich HS 1957/58 an der Fakultät. 64 Horst Hanzl/ Willy Walther: Rundfunk - Instrument der Klasse. ln: NDP 13. Jg. (1959), H. 11, S. 43ff. 48 Für Frau Thielicke - sie war zeitweise Fernstu­ dentin an der Fakultät - verzeichnet zwar die ZfJ 65 Wie Anm. 50. 3. Jg. (1962), H. 3, S. 86, in einer einschlägigen Übersicht ein Diplomarbeitsthema zur Reportage 66 Katalog ... (wie Anm. 59). im Rundfunk, im Register des offizieften Kataloges 67 Heinz Grate: Zur erzieherisch-politischen Funktion (wie Anm. 33) fehlt jedoch ein solcher Eintrag. der »Aktuellen Kamera« und über einige Be­ 49 UAL. PA 4204. Insbesondere BI. 1, 2, 15, 19 und sonderheiten ihrer Wirkungsweise. 1960. Leipzig, 21. Vgl. auch Anm. 45. Univ., Fak. f. Journ., Diplomarbeit Erkenntnisse aus dieser Arbeit wurden damals an mehreren 50 DRA Ost. Sign. 312: Über die Gründung eines Stellen publiziert. Institutes für Rundfunkjournalistik an der Fakultät für Journalistik der Kari-Marx-Universität Leipzig. 68 Klaus Preisigke: Fernsehen der DDR als Gegen­ 23. 4. 1955. stand journalistikwissenschaftlicher Forschung. ln: Theorie und Praxis des sozialistischen Journa­ 51 Vgl. entsprechende W. lismus. Leipzig (1982), H. 5, S. 233ff. 52 Gespräch mit Kari-Heinz Mosgraber... (wie Anm. 69 Gespräch mit Kari-Heinz Mosgraber... (wie Anm. 47). Deutscher Demokratischer Rundfunk. Zum 47). 10jährigen Bestehen der DDR(... ). Berlin 1959. 70 Regine Schneider: Die Entwicklung ... (wie Anm. 53 W 1960/61. HS, S. 140. W 1961/62. FS, S. 158. 1). Anhang. UAL. R 39: Sitzungen des Rates der Wie wird man in der DDR Journalist? ln: NDP 14. Fakultät für Journalistik 1961-65. BI. 15ff., 24ff., Jg. (1960), H. 12, S. 35. E.M. Herrmann: Wie stu­ 27ff. und 60ff. Protokolle der Fakultätsratssit• diert man ... (wie Anm. 37), S. 269f. zungen vom 30.3.1962, 14.6.1962, 4.9.1962 und 20.9.1963. R 90: Teilbestand Übernahme/ 54 Wie Anm. 50. Ablösung von Leitungsfunktionen an der Fakultät 55 Festschrift ... (wie Anm. 36), S. 205. für Journalistik 1963-69. BI. 1f.: Schreiben des Prodekans der Fakultät an das Staatssekretariat 56 Wie Anm. 50. für Hoch- und Fachschulwesen. 21.9.1963. UAL. 57 Lieselatte Mühlberg: Hörerforschung des DDR­ PA 4204 (Frau Thielicke blieb noch bis 1964 Uni­ Rundfunks. ln: Heide Riede! (Hrsg.): Mit und zieht versitätsangehörige). die neue Zeit ... (wie Anm. 24), S. 175. 71 Vgl. u. a.: Harald Wessel: Mehr wissen, mehr 58 Hermann Budzislawski: Die Ausbildung der Jour­ können, mehr leisten ! ln: NDP 17. Jg. (1963), H. nalisten und die Erforschung der Presse. Leipzig 4, S. 1f. 1959, S. 13. StAL IV/7, 122120: Programm der weiteren sozialistischen Entwicklung der Fakultät. Direktive der Parteieitung für die Diskussion. 9. Abkürzungen 10. 1958, S. 3ft. Vgl. auch Riede! (Hrsg.): Mit uns DRAOst Deutsches Rundfunkarchiv Ost zieht die neue Zeit ... (wie Anm. 35), S. 96. FS Frühjahrssemester 59 Eigene Zählung nach: Katalog ... (wie Anm. 33). Gewifa Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät 60 StAL (wie Anm. 58) und IV/7, 122114 (SED-Ver­ sammlung 1. 4. 1960). 1964 kam schließlich »Das HS Herbstsemester Gespräch im Rundfunk« heraus (wie Anm. 59). NDP Neue deutsche Presse Der Beitrag: »Die wichtigsten Genres und journa­ listischen Gestaltungsmöglichkeiten im Rundfunk« PA Personalakte des Journalistischen Handbuches der DDR, Leip­ RuF Rundfunk und Fernsehen zig 1960, S. 202ff. wurde von Gerhard Scheu­ mann verfaßt ss Sommersemester 61 Horst Hanzl: Der Rundfunk der Weimarer Re­ StAL Sächsisches Staatsarchiv Leipzig. publik als Klasseninstrument der Bourgeoisie und der Kampf der Arbeiterklasse um das Mitbestim­ UAL Universitätsarchiv Leipzig mungsrecht. 1960. Leipzig, Univ., Diss. Insbe­ w Personal- und Vorlesungsverzeichnis sondere S. 232. Wiso Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche 62 Willy Walther: Die Anfänge des bürgerlichen Fakultät Rundfunks der Weimarer Republik - seine öko• nomischen und politischen Grundlagen, unter­ WS Wintersemester sucht an Reichstagsprotokollen und Archivmate- ZfJ Zeitschrift für Journalistik Thomas Münch

Musikgestaltung für massenattraktive Hörfunkprogramme Zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit

Die Attraktivität des Hörfunks wurde und wird des Radios sein Ohr. Die mit den Augen übliche überwiegend durch die Ausstrahlung von Musik Fokussierung auf einen Ausschnitt der visuellen sichergestellt. Schon in den Anfangen des Rund­ Information, findet sich nicht in gleicher Weise funks war Musik neben der Zeitansage und beim Hören. Das Ohr nimmt alle um es herum Nachrichten der beliebteste Programmteil und gegebenen Gerausehe auf. Einzelne akustische entsprechend haufig im Programm.1 ln der Ereignisse werden erst durch gezielte, häufig vi­ Funkanalyse Baden-WOrttemberg 1992- hier nur suell gestützte Zuwendung aus dem akustischen beispielhaft für neuere Untersuchungen ange­ Gesamtangebot herausgehoben. führt - dominiert bei der Frage nach den Grün• Hörtunk kann »nebenbei« genutzt werden. den für die Programmwahl die Musik (82%) vor Die auditive Wahrnehmung laßt größeren Raum Nachrichten (59%) und der Moderation (48%).2 für zusatzliehe sinnliche Eindrücke als das Au­ Warum die Musik entscheidenden Anteil am ge.3 Bei der Fernsehnutzung ist der zumindest Programmerfolg hat, ist trotz ihrer Dominanz im gelegentliche Blick auf den Bildschirm unerlaß• Programm bisher erstaunlich wenig diskutiert lich. Ein Buch oder eine Zeitung müssen festge­ worden. Zumeist begnügt man sich mit der Er­ halten, die Seiten umgeblättert und die Schrift klärung, daß Musik aus dem Radio so beliebt angeschaut werden. Für die Hörtunknutzung ist sei, weil die meisten Menschen gerne Musik die notwendige Zuwendung wesentlich geringer. hören würden. Diese Erklärung greift jedoch zu Ein einziger Tastendruck zu einem beliebigen kurz, da sie z.B. nicht deutlich machen kann, Zeitpunkt reicht aus, um das erwünschte Pro­ warum Musik überwiegend aus dem Radio und gramm zu starten. Danach wird ihm nur soviel nicht mittels anderer Medien gehört wird. Zudem Aufmerksamkeit zuteil, wie die eigentliche Haupt­ bleibt unbeachtet, daß sich in der nun Ober tätigkeit zulaßt. Lediglich 18% des Hörfunk-Publi• 70jahrigen Existenz des Hörfunks eine spezielle kums praktizieren »Hören als ausschließliche Idee und Praxis der Musikprogrammgestaltung bzw. intensiv ausgeübte Tätigkeit, als ein bewuß• herausgebildet haben. Diese entspricht den tes und zielgerichtetes Einlassen auf das Pro­ medialen Eigenheiten des Hörfunks in besonde­ gramm«. Für das Restpublikum ist Radiohören rem Maße und ist damit als originäre Darbie­ »eine Nebenbei- und Zwischendurch-Handlung, tungsform von Musik eine große, wenn nicht wobei Zusatzaktivitäten überwiegen und einen vielleicht sogar die größte Starke des Hörfunks in großen Teil der Aufmerksamkeit erfordern, wenn der Konkurrenz der Medien. Dies wird nachfol­ nicht sogar völlig dominieren«.4 gend nach einer Diskussion medialer Eigenhei­ Nebenbeihören bedeutet jedoch nicht, daß ten des Hörfunks am Beispiel aktueller Gestal­ die Bindung an das Medium Hörfunk gering ist. tungstechniken von Musikprogrammen naher er­ Im Gegenteil: Die Intensität des Radioge­ läutert. ln welchem Umfang die musikdrama­ brauchs, die emotionale Bindung an die Pro­ turgischen Techniken bei der Programmarbeit gramme beim Nebenbeihören oder wahrend der Berücksichtigung finden, hangt jedoch von ver­ Konzentration auf andere Tätigkeiten ist beson­ schiedenen Bedingungen ab, die anschließend ders hoch.s als .außermusikalische« Faktoren thematisiert Hörfunk ist »imaginär«. Das Fernsehen gibt werden sollen. umfangreiche visuelle und auditive Informatio­ nen, wobei die visuellen dominieren. Im Ver­ gleich dazu ist der Hörfunk informationsarm. Er Mediale Eigenheiten des Hörfunks ist verstärkt darauf angewiesen, daß die Zuhörer in der Konkurrenz der Medien zu den auditiven Informationen eigene Erfah­ rungen und Assoziationen ergänzen. So schreibt Hörfunk ist immer und überallleicht verfügbar. Er der kanadische Musikwissenschaftler und Kom­ ist allgegenwärtig. Er kann einen Kontakt zum ponist R. Murray Schafer: Radio »is a feartul me­ Nutzer halten, wie dies einem visuellen oder au­ dium because we cannot know who or what pro­ diovisuellen Medium nicht möglich ist. Anders als duces the sound, an abstraction which excites die Augen, die durch ihre Lider verschließbar the imagination«.s sind, sind die Ohren stets geöffnet. Wo immer Die angesprochenen geringen Anforderun­ der Radiohörer sich aufhalt, bei entsprechender gen, die der Hörtunk an seine Nutzung stellt, Lautstarke des Gerats erreichen die Schallwellen seine Allgegenwart in der physischen und psy- 100 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) chischen Umgebung des Hörers und die ge­ Gros der Kinder und Jugendlichen ihre Schular­ genüber dem Fernsehen größeren Vorstellungs­ beiten mit »Musikbeschallung« aus dem Radio möglichkeiten machen das Medium Hörfunk zu macht. »Ist das akustische Gerat ausgestellt, so einem idealen Nahrboden für Phantasien und stellt sich das Gefühl von Einsamkeit und Verlas­ Tagtraume. Niemand setzt sich hin und arbeitet senheit ein, die Konzentrationsfähigkeit wird be­ intensiv, um Tagträume und Phantasien zu er­ einträchtigt, die Lernlust geschwächt. Kurz: zeugen, aber sie sind ein notwendiger und wohl­ Nebenbeihören wird zur Bedingung für psychi­ tuender Teil von jedermanns psychischer Exi­ sches Wohlbefinden, unterstützt eher emotionale stenz. Die geringe Aufmerksamkeit, die der Hör• Gelassenheit - die wiederum Voraussetzung für funk erfordert und die ihm entgegengebracht Konzentrations- und Lernleistungen ist - als daß wird, ist der modus operandi für Tagtraume und sie hier schadet. Viele haben dies noch nicht Phantasien? Aus dieser Sicht wird die scheinba­ begriffen: Wer nicht nebenbei hört, muß das re Schwäche des Hörfunks zu seiner konkur­ Gefühl haben, aus der Welt gefallen zu sein.«13 renzlosen Stärke. Eine amerikanische Studie aus dem Jahre Statt von Tagträumen und Phantasien spre­ 1964 betont die Funktion von Radiomusik zur che ich von psychisch-emotionaler Stimulierung. Regulierung des eigenen Gefühlshaushalts: Der Begriff scheint umfassender, beinhaltet aber »The two basic mood functions of radio - that of dabei das von MacFarland Gesagte. Welcher Art sustaining and creating desired pyschological diese Stimulierung ist, verdeutlichen z.B. die Me­ climates - to a great degree affect the listener's dia Trend Daten 1990. Das Radio wird u.a. ge­ choice of kinds of stations and programs. This is nutzt, um die eigene Stimmung zu verbessern, particularly true, in regard of music. lf the listener sich zu entspannen aber auch zu aktivieren und is looking for active mood accompainment, he um unangenehme Tätigkeiten zu überbrücken. 8 will seek out music, that is in his words >peppy and lively<. ( ... ) On the other side, if the listener desires to eliminate an unpleasant or disagree­ Populäre Musik und Radio able mood tone, he will seek out the >releasing< music that he considers tobe >relaxing<.«1 4 Nichts ist so gut wie Musik und hier ganz beson­ Bereits in den Anfangsjahren des Rundfunks ders ihre populären Spielarten geeignet, via Ra­ war die sinnliche Wirkung von Radiomusik er­ dio psychisch-emotionale Stimulierung im ange­ kannt, genutzt und verbalisiert worden, wie das sprochenen Sinne zu ermöglichen. »Langen Beispiel des Radioschlagers »Die schöne Adrien­ Wortstrecken, Hörspielen, Features und Essays, ne hat eine Hochantenne« (Text: Wauwau, Mu­ hören im Radio« dagegen »nur verschwindend sik: Hermann Leopoldi) von 1925 zeigt: wenige zu: denn die inneren Rhythmen einer »Wo man geht, wo man sitzt und steht ist von unsichtbaren Stimme aufzufinden, ( ... ) setzt gro­ Radio heut nur die Red'. ße abstraktive Fähigkeiten voraus, die herauszu­ Vom Kellerloch bis hoch zur Mansard' ist alles bilden nicht Sache des Radios selbst sein kann. drin vernarrt. Daß also der Musik von Anfang an die Manche Maid, wenn schon Schlafenszeit steigt Hörpraferenz im Radio gilt, ist nicht verwunder­ ins Bettehen empfangsbereit und sie genießt mit lich.«g dem Ohr ihren Lieblingstenor, horizontal, ideal. Die klangsinnliche Qualität eines Musiktitels Refrain: ist für Musiker im Bereich der populären Musik Die schöne Adrienne, tschintaratatatatataradio, das entscheidende strukturelle und ästhetische hat eine Hochantenne, tschintaratatatatataradio Kriterium ihrer Arbeit.10 »lt is the stuft that comes aus aller Herren Länder, tschintaratatatatatara­ from the heart, and not the clever things, that dio empfangt sie von den Sendern, traratrara­ werk best. «11 Empirische Untersuchungen bele­ traradio .... « gendiese Funktionen von Musik. ln einer SOR­ Die schöne Adrienne phantasiert sich beim Untersuchung zur Wirkungsfunktion von Musik Musikhören aus dem Radio zur Entspannung in fanden z.B. folgende Aussagen besonders hohe eine gefühlsselige Traumwelt mit ihrem Tenor. Zustimmung: »Musik beruhigt mich«, .mit Musik geht die Arbeit leichter von der Hand«, .Musik heitert mich auf«. Sehr gering war hingegen die Musikdramaturgie Zustimmung zu den Aussagen: »Ich nehme Mu­ sik eigentlich nur wahr, wenn sie mich stört«, Musikgestaltung in Massenattraktivität intendie­ »Wenn ich niedergeschlagen bin, mag ich keine renden Hörfunkprogrammen zielt heute auf Musik«, »Musik hat keine große Wirkung auf psychisch-emotionale Stimulierung. Den Hörern mich«.12 soll ein »Hinübergleiten« in die von ihnen inten­ ln einem Forschungsprojekt zum Medienver­ dierte Gestimmtheit erleichtert werden. Entschei­ halten Jugendlicher wurde ermittelt, daß das dendes Kriterium für die Qualität bzw. Einsatz- Münch: Musikgestaltung für massenattraktive Hörfunkprogramme 101 fähigkeit eines Musiktitels ist - wie oben darge­ aus. Die Aufmerksamkeit des Nebenbeihörers stellt - seine klangsinnliche Wirkung. Rationale wendet sich wieder seiner Haupttätigkeit zu. Er Kriterien, nach denen diese verlaßlieh einge­ kann sicher sein, daß keine weitere Aufmerk­ schätzt werden könnte, sind jedoch schwierig samkeit zum Verständnis der Musik notwendig auszumachen.15 Helga de Ia Motte-Haber resü• ist. Besonders durch die elektronischen Medien miert in ihrem Handbuch der Musikpsychologie, hat sich diese Art von Musik entwickelt. Sie rech­ daß wissenschaftlichen Versuche, die auf experi­ net von vomherein mit einer Nebenbeihörhal• mentellem Wege Zusammenhange zwischen tung,20 fordert diese sogar als Voraussetzung fOr Musik, körperlichen Reaktionen und psychischen den Genuß. Musik ist heute ein zumeist nur Befindlichkeiten herzustellen suchten, bisher flüchtig beachteter Gebrauchsgegenstand, der mehr Fragen als Antworten erbracht haben.16 »normalerweise lediglich nicht bewußte oder Im Alltag von Musikredaktionen wird die flüchtige Verarbeitungsablaufe des Hörers« an­ klangsinnliche Qualität von Musik mit dem in der regt. 21 Ihre Allgegenwa rt und jederzeitige Ver­ Berufspraxis geschulten Eintohlungsvermögen fOgbarkeit hat zu einer »Veralltäglichung«, zu ei­ zumeist intuitiv erfaßt. Man versucht, das Ge­ nem »Verlust der Ereignishaftigkeit« gef0hrt.22 fOhlserleben der Hörer so weit wie möglich nach­ Wie der einzelne Musiktitel muß das Pro­ zuempfinden. Das Sprechen Ober einzelne Mu­ gramm in seiner Gesamtheit eine Dramaturgie siktitel ist nur eine bedingte Hilfe, zumal sich haben. Musikprogramme werden nicht als eine klangsinnliche Eindrücke nur schwer verbalisie­ Abfolge von kurzen Musiktiteln konzipiert, die je­ ren lassen. Allerdings haben sich in der Praxis der fOr sich stehen und sich - ihre Einmaligkeit verschiedene Sound-Parameter herausgebildet, betonend - gegenOber den umgebenden Titeln die als Kriterien tor die Musikgestaltung verwen­ abgrenzen, sondern die Titel sollen im Erleben det werden können. Die zwei grundlegenden Pa­ der Hörer zu einem großräumigen, potentiell un­ rameter sind nach meiner Auffassung die .Emo­ endlichen musikalischen Ereignis verschmelzen. tion« (Angst, Aggression, liebe, Freude, Kum­ Der weitgehend moderationslose Einsatz der mer/Schmerz, Verehrung/Ehrfurcht, Erotik) und Musik im Programm trägt dazu bei, daß die Hö• deren .lntensitat«.17 Fast alle populären Mu­ rer nicht zur Beachtung spezieller Musiktitel oder siktitel haben einen in ihrem Ablauf gleichblei­ Besonderheiten im Programm angehalten wer­ benden emotionalen Ausdruck. Gleiches gilt fOr den. Ein Anfang oder Ende sind in 24-Stunden­ die Intensität, die Ausdrucksstarke des Titels. Vollprogrammen nicht mehr auszumachen, le­ Um diese Grundparameter greifbarer zu ma­ diglich kurze Unterbrechungen durch andere chen, kann jeder Musiktitel in verschiedene mu­ Programmelemente. So steht die Möglichkeit sikalische Komponenten .zerlegt« werden. Diese psychisch-emotionaler Stimulierung - wie das sind z.B. Tempo, Sprache, Rhythmus, Stil, Radio selbst - jederzeit zur Vertagung; die er­ Klangraum, Instrumentierung. Viele weitere Pa­ forderliche Aufmerksamkeit ist gering. rameter sind denkbar und praktikabel, und jeder Bei der Aneinanderreihung von in der klang­ dieser Paramater kann beliebig verfeinert wer­ sinnlichen Wirkung sehr ahnliehen Musiktiteln den. So kann z.B. beim Klangraum zwischen laßt die intendierte psychisch-emotionale Stimu­ verschiedenen Aufnahmeraumen, der Nahe zum lierung schnell nach. Musikpsychologisch ge­ Mikrofon usw. unterschieden werden. Hier soll sprochen: Besonders populäre Musik erzeugt lediglich angesprochen werden, welcher Art die durch ihre bekannten, sich im jeweiligen Musik­ Parameter sind. Auch moßte die jeweilige Rele­ stOck relativ häufig wiederholenden Stimulusver­ vanz der einzelnen Parameter fOr die klangsinn­ bindungen ein bei Otterern Hören verhältnismä• liche Wirkung von Musiktiteln bestimmt werden, ßig schnell abfallendes ErregungspotentiaL Der was hier aus Platzgranden nicht erfolgen kann.18 Musiktitel bzw. die Musikabfolge wird dann als Hörfunkspezifische Musikgestaltung in Mas­ langweilig, dem eigenen Bedürfnis wenig ent­ senpopularität intendierenden Programmen ar­ sprechend empfunden.23 beitet mit einer Dramaturgie, die fOr die Hörer Auch eine ausschließliche Aneinanderreihung gefühlsmäßig nachvollziehbar ist. Dies beginnt von Hits und Oldies, deren einziges Auswahlkri­ beim einzelnen Musiktitel, der in sich einen terium die aktuelle bzw. gewesene kommerzielle schlüssigen und vertrauten Aufbau haben muß. Popularität ist, erzeugt nicht quasi automatisch Typischerweise erzeugen populäre Musiktitel bei die intendierte Stimulierung, da sie keine von ihrem jeweiligen Beginn einen kurzen Moment den Hörern gefühlsmäßig nachvollziehbare der gesteigerten Aufmerksamkeit, der in dem Dramaturgie anbietet. Angesichts der FOlie der schnell eintretenden .Hock« (dem Besonderen, verfOgbaren Tantrager und der Vielschichtigkeit das ihn von anderen Titeln unterscheidet) kulmi­ des musikalischen Materials (auch im Bereich niert.19 Danach schwingt der Titel (mit zweiter der kommerziellen populären Musik!) ergibt sich Strophe, erneutem Refrain, eventuell mit einer bei entsprechender Kreativität und Originalität fOr Bridge usw.) musikalisch in einem weiten Bogen den Gestalter ein weites Feld an Möglichkeiten. 102 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Die aufeinanderfolgenden Musiktitel müssen sich jenseits des alten Werkcharakters bildet«.25 So - Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die gesehen ist Musikgestaltung eine künstlerische Regel - voneinander in ihrer klangsinnlichen Wir­ Tätigkeit, die Originäres, in anderen Medien in kung unterscheiden, um einen neuen Aufmerk­ dieser Form nicht Mögliches schafft. Es scheint samkeitsmoment, eine neue Stimulierung zu mir durchaus angemessen, hier von einem schaffen. Dies kann durch einen Wechsel der Kompositionsprozeß zu sprechen, wobei natür• emotionalen Grundstimmung aber auch durch ei­ lich - im Gegensatz zum traditionellen Komponie­ nen Wechsel des Intensitätsgrades geschehen. ren - nicht mit Einzelklängen bzw. Noten sondern Es kann mit unterschiedlichen Stilen, den mit komplexen Klanggebilden gearbeitet wird. Rhythmen usw. gearbeitet werden. Hinzu kom­ men Faktoren, die sich mehr auf die situativen Bedingungen des Radiohörens (Tagesablaufkur­ Der Einfluß »außermusikalischer« ve der Hörer, Jahresablaufkurve mit ihren saiso­ Faktoren auf die Musikgestaltung nalen Besonderheiten) beziehen und Musikso­ zialisationsaspekte (Bekanntheit, Sättigung, Be­ Die Musikgestaltung im Hörfunk steht in einem liebtheit usw.) berücksichtigen. Spannungsfeld »außermusikalischer« Faktoren. Ein Wechsel zwischen Vokal- und Instrumen­ Vier von ihnen sollen näher betrachtet werden: taltiteln ist zumindest in den Programmen für junge Hörer selten. Auf die Stimme als Hauptträ• Journalistische Wert- und Zielsetzungen ger der Emotionalität kann nicht verzichtet wer­ den. Dabei ist nicht entscheidend, was sie singt, GegenOber der journalistischen Arbeit im Wort­ also der semantische Gehalt, sondern wie sie es bereich hat die musikredaktionelle Arbeit im Hör• singt (die Expression, der emotionale Gehalt). funk einen relativ niedrigen Status. Die Qualität Unter diesem Gesichtspunkt kann ein fremdspra­ der geleisteten Arbeit ist für Außenstehende chiger Text genauso gut .verstanden« werden nicht einfach zu beurteilen. Der ohne formalen wie ein muttersprachlicher. 24 Ausbildungsgang mögliche Zugang zu diesem Bei der Aneinanderreihung der Musiktitel kön• Arbeitsbereich erweckt den Eindruck, daß jeder nen verschiedene Übergange gestaltet werden. diese Arbeit tun könne: Aus der Schnelligkeit, mit Ein unmerklicher Übergang entsteht z.B., wenn der eine Programmstunde musikalisch gefüllt ein Titel so ausklingt, wie der nächste beginnt, werden kann, wird auf die Leichtigkeit der Arbeit der sich dann jedoch nach dem »Intro« in eine geschlossen. andere musikalische Gestalt weiterentwickelt. Im Wortbereich sollen die Hörerinnen »mit Oder es können deutliche Wechsel gestaltet Daten, Fakten, Trends, Meinungen aus allen werden, wenn z.B. ein klarer Schluß mit einem Bereichen konfrontiert werden, auch aus Berei­ klaren Beginn zusammentrifft. Besonders bei der chen, die vielleicht nicht sein primäres Interesse Gestaltung von Übergängen ist es notwendig, haben«.26 Der Einsatz von populärer Musik daß der Tontechniker bzw. der Moderator im rechtfertigt sich dagegen ausschließlich aus ihrer Selbstfahrerstudio die gefühlsdramaturgischen Fähigkeit, ein möglichst großes Publikum an das Absichten versteht und die Titel während der Programm zu binden. Sie wird häufig mehr Sendung in diesem Sinne am Mischpult zusam­ schlecht als recht als notgedrungenes Übel menfährt. ertragen, zumal wenn sie nicht den eigenen Prä• Auch in Nebenbeihör-Programmen können ferenzen entspricht. Ein Verständnis von populä• so anregende, manchmal sogar Oberraschende rer Musik als einem Kulturgut, das seine Berech­ Zusammenhänge und ungewohnte Klangereig­ tigung, wie gewisse Themen im Wortbereich, als nisse entstehen. Bei einer an der psychisch­ solches hat und einer gewissen Pflege bedarf, emotionalen Stimulierung orientierten Musikge­ findet sich kaum. »U-Musik im Radio ist also ein staltung ist keine völlige Beschranlwng auf Mittel zum Zweck«.27 kommerziell erfolgreiche Musiktitel notwendig. Als massenattraktiv wird von den Journalisten Neben den bekannten und beliebten Hits lassen aus dem Wortbereich zumeist nicht eine Musik­ sich auch eher unbekannte Musiktitel integrieren, gestaltung im oben dargestellten Sinne verstan­ wenn sie von ihrer klangsinnlichen Wirkung her den. Statt dessen fordern sie aus einem laien­ gut in den Musikablauf passen. haftem Verständnis heraus eine möglichst starke Für den Außenstehenden werden bei der Mu­ Anhäufung kommerziell erfolgreicher MusiktiteL sikgestaltung Musiktitel an Musiktitel gesetzt. Ihnen gelten neben ihren eigenen aktuellen »Aber was ankommt, ist«, in den Worten Wll­ Vorlieben die wöchentlich neu erscheinenden helm Matejkas, »nicht nur eine Folge von (tech­ Charts als wichtigste Indikatoren für die Populari­ nisch übertragenen) Werken, sondern ein tät. Wie begrenzt die Charts als Indikatoren für >Werk< im übertragenen Sinn, ein >Radiowerk, die Popularität von Musiktiteln taugen, habe ich ein Insgesamt, das eine neue ästhetische Entität an anderer Stelle ausführlicher diskutiert.28 Münch: Musikgestaltung für massenattraktive Hörfunkprogramme 103

Ökonomische Zielsetzungen den unabhängig voneinander geplant und sollen keinen direkten Bezug aufeinander nehmen. Die seit den 80er Jahren stark gewachsene Zahl Wird nicht mit Programmuhren gearbeitet, in von Programmanbietern hat den ökonomischen denen genau festgelegt ist, wann welches Pro­ Druck auf sie erhöht. Da Musik der kostengün• grammelement zum Einsatz kommt, ist auch stigste Programmbestandteil ist, rechtfertigt sich nicht sicher voraussehbar, an welchen Stellen in ein hoher Musikanteil schon allein aus ökonomi• den Musikablauf andere Programmelemente ein­ schen Erwagungen. Um die Personalkosten im gefügt werden. So besteht immer die Gefahr, Musikbereich senken und das Programm bere­ daß die Unterbrechung an einem vom musik­ chenbarer zu machen, wird in immer mehr Mu­ dramaturgischen Standpunkt aus sehr unge­ sikredaktionen computergestützt Programm ge­ schickten Moment geschieht. macht. Hierzu wird jeder Musiktitel nach Alter, Welche funktionellen Bezüge sich zwischen Stil etc. kategorisiert in einen Datenspeicher Wort und Musik ergeben, auch wenn sie nicht in­ eingegeben. Dann wird genau festgelegt, welche tendiert sind, ist bisher weder von der Kommuni­ kategorialen Anforderungen ein Musiktitel an kationswissenschaft noch von der Musikwissen­ einem bestimmten Sendeplatz haben soll und schaft intensiver bedacht worden. Dabei ist- legt welche Bedingungen für die Aufeinanderfolge man allein die Erfahrungen der Rundfunkpraxis von Musiktiteln gelten. Anschließend kann der zu Grunde - eine erhebliche gegenseitig Beein­ Computer im Musikarchiv nach den Titeln su­ flussung anzunehmen. Sicherlich hat das standi­ chen, die diesen Charakteristika entsprechen ge Hören der Sendungsform :.Magazin« zu einer und sie zu einem Ablauf zusammenstellen. Anpassung der Hörgewohnheiten an ihre Bedin­ Wenn Musikprogramme. vollkommen automa­ gungen geführt. Die Hörer haben sich daran ge­ tisch, also ohne menschliche Nachkontrolle, wöhnt, daß Wort und Musik in einem steten durch den Computer erstellt werden, sind das Wechsel aufeinander folgen, ohne daß ein be­ Ergebnis eher mechanistische, wenig im oben wußt wahrnehmbarer Zusammenhang besteht. dargestellten Sinne stimmige Titelabfolge~. Andererseits sind Wort und Musik in den Ma­ Selbst bei größter Differenzierung können d1e gazinen längst durch .Jingles« und» Trailer«, das zur Charakterisierung der Musiktitel verwendeten Obersprechen von :.Intros« und »Outros« usw. Kategorien nicht die letztlich entscheidende auf eine Weise zusammengewachsen, daß für klangsinnliche Wirkung eines Musiktitels umfas­ die Hörer eine formale Klassifizierung der Pro­ send wiedergeben. Diese bewegt sich im außer• grammelemente als entweder Wort oder M~sik sprachlichen Bereich. Kategorien können ledig­ vielfach nicht mehr möglich ist und auch nrcht lich als Anhaltspunkte, Erinnerungshilfen dienen. möglich sein soll. Zudem ist die Aufmerksamkeit Zudem verandert sich die Empfindung der gegenüber dem Programm normalerweise viel klangsinnlichen Qualitäten eines Musiktitels im zu gering, als daß registriert würde, wo Pro­ Laufe der Jahre mit den sich wandelnden Hör• grammbestandteile enden und neu beginn~n. gewohnheiten. Harte, sehr aggressive Klänge Radio ist in der Nebenbeihörhaltung zuerst ern­ verlieren nach einiger Hördauer ihre Schärfe, mal nur Klang . Das im Sinne psychisch-emotio­ werden als :.normal« empfunden. Z.B. haben die naler Stimulierung stimmigste Zusammenwirken Musik der Beatles oder der Rolling Stones aus von Wort und Musik ergibt sich am ehesten in den 60er Jahren heute gegenüber damals eine unterhaltenden Musiksendungen. Hier kann der vergleichsweise .soften« Klang. Manuelle Pro­ Moderator durch Stimmlage, Wortwahl, Sprech­ grammerstellung berücksichtigt diese Verände• tempo und -rhythmus stellvertretend für die Hö• rungen quasi automatisch. Für den Computer rer auf die klangsinnliche Wirkung der Musik rea­ muß eine äußerst intensive Datenbestandspfle­ gieren. Was gesagt wird, ist weniger wichtig, als ge betrieben werden, wenn bei der automati­ wie es gesagt wird. Wort und Musik können so schen Programmerstellung diese Veränderun• zu einem einheitlich fungierenden Ganzen ver­ gen zumindest partiell mitberücksichtigt sein sol­ schmelzen.30 Eine ausschließliche Konzentration len. bei der Sendungsanalyse auf den Wortbereich bleibt unbefriedigend. 31 Sendungsstruktur Problematisch wird das Zusammenwirken ln dem hier diskutierten Programmen dominiert von Wort und Musik in der Wahrnehmung dage­ eine Sendungsstruktur: Das Magazin, »ein Prin­ gen, wenn z.B. in einem politischen Magazin auf zip der Mischung von unterhaltender Musik und einen Nachdenklichkeit oder Betroffenheit auslö• kurzen Wortbeiträgen, die von einem Moderator senden Wortbeitrag nahtlos eine fröhlich harmlo­ präsentiert werden«.29 Neben verschiedenen se Musik folgt und umgekehrt. Gerade in politi­ Wortelementen sind durchschnittlich 11 bis 14 schen Magazinen steht die Musikgestaltung Musiktitel pro Stunde enthalten. Wort und Musik bisweilen vor dem kaum einlösbaren Anspruch, stehen zumeist zufallig nebeneinander. Sie wer- einerseits Massenattraktivitat zu sichern und an- 104 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) dererseits mit den Wortbeitragen zu harmonie­ gebnisse liefern könnte. Bei diesem Verfahren ren . Oft kommt es zu abrupten Brüchen zwi­ werden die einzelnen Programmelemente nicht schen Musik und Moderation, da der Moderator mehr isoliert voneinander betrachtet, sondern es sich von der Musik zu distanzieren sucht, um die wird versucht, durch die detaillierte Aufführung Eigenstandigkeit seines Wortbeitrags im Pro­ aller Einzelteile eines Programms »der Komposi­ gramm zu .retten«. tionstechnik (!, T.M.) des Radios« insgesamt auf die Spur zu kommen. »Daß nicht nur in der Mu­ Medienforschung sik Kompositionsregeln gelten, ist den versierten Programmachern hinlanglieh bekannt. Denn je Die in den Rundfunkanstalten tatigen Medienre­ nach verwendetem Regelwerk und Technik ent­ ferate haben in den letzten Jahren einen zuvor steht auch im Radio ein völlig unterschiedliches ungeahnten Stellenwert erhalten. Sie agieren an Klangbild.«35 Inwieweit allerdings die bisher für der Nahtstelle zwischen Wissenschaft und Praxis die Musikerfassung verwendeten Kategorien in und sollen in der immer schwieriger werdenden den Untersuchungen ausreichend sind, um dem Konkurrenzsituation mit ihren Untersuchungen Zusammenspiel der verschiedenen Programm­ die Programmplanung und -realisierung unter­ elemente auf die Spur zu kommen, ist fraglich. stützen. Da die Arbeit der Medienforschung Sie charakterisieren zumeist nicht die klangsinn­ durch ihre Fragestellungen und Forschungsme­ lichen Qualitäten eines Musiktitels sondern orien­ thoden großen Einfluß auf das Programm hat, ist tieren sich an formalen Kriterien wie Alter, Stil es angemessen, sie hier als eigenständigen Fak­ und kommerziellem Erfolg. tor aufzuführen. Im Musikbereich werden vornehmlich Musik­ Musikgestaltung im Hörfunk kann auch in mas­ präferenzerhebungen durchgeführt, in denen senattraktiven Hörfunkprogrammen eine an­ nach der Beliebtheit einzelner .typischer« Musik­ spruchsvolle, durchaus als künstlerisch zu be­ titel gefragt wird. Bei der Erhebung von Mu­ zeichnende Tätigkeit sein. Unter Ausnutzung der sikpraferenzen und der Generalisierung der medialen Gegebenheiten kann sie jenseits der Ergebnisse für die zukünftige Programmarbeit alten Polarität von Autonomie und Funktionalitat gibt es erhebliche methodische Schwierigkei­ Originäres schaffen, wie dies in keinem anderen ten. 32 Zudem sind die mit dem forschungsübli• Medium möglich ist. Das Wissen um diese Mög• chen Instrumentarium erhobenen .generellen« lichkeit findet sich bei professionellen Pro­ Musikpräferenzen nicht identisch mit dem, was grammgestaltern, ohne daß sie es in der Weise die Befragten als Musik im Hörfunk hören wollen. benennen würden, wie ich es hier getan habe. Musikpraferenzen sind nicht statisch sondern 33 Allerdings sind heute die Bedingungen für situations- und funktionsabhängig. Deutlich eine kreative, hörfunkspezifische Musikgestal­ wird dies z.B., wenn bei Untersuchungen nicht tung nicht besonders günstig, obwohl sie mir in nur nach den eigenen Musikvorlieben gefragt der verschärften Konkurrenzsituation besonders wird, sondern zusatzlieh eine Musikprogramm­ von Nöten zu sein scheint. Vor dem Aufkommen zusammenstellung für eine Hörfunksendung des privat-rechtlichen Rundfunks in Deutschland erbeten wird. Auch dieser Befund, der noch bestimmte allein die Festregung einer .groben« intensiver zu erforschen ist, scheint mir ein Hin­ Musikfarbe (z.B. Rock oder Schlager) den Erfolg weis darauf, daß die erwartete psychisch-emo­ des (Musik-)Programms. Direkte Konkurrenten tionale Stimulierung durch Hörfunkprogramme mit demselben Musikspektrum gab es fast nur an nicht allein durch eine Anhäufung hoch praferier­ den Grenzen des eigenen Sendegebiets. Heute ter Musiktitel entsteht. Die Abfolge der Titel und werden bei vermehrter Medienkonkurrenz die der sich daraus ergebende klangsinnliche Ge­ klangsinnlichen Eindrücke der verschiedenen samteindruck ist das Entscheidende. Die in den Programme immer ähnlicher. Viele Sender arbei­ Rundfunkanstalten erstellten Musikpräferenzun• ten mit demselben musikalischen Material. Die tersuchungen tragen durch ihre Konzentration Unterscheidungsmerkmale verlagern sich damit auf einzelne Musiktitel eher dazu bei, diesen in starker als bisher in musikdramaturgische De­ den Mittelpunkt der Programmentscheidung zu tails, wie ich sie oben angesprochen habe. stellen und die fragwürdige Forderung nach Statt als Reaktion auf die verschärfte Konkur­ einem ausschließlich Hit-orientierten Programm renzsituation verstärkt die Kreativität der Musik­ zu unterstützen, denn es in Frage zu stellen. gestalter produktiv zu nutzen, wird vielfach ver­ Die .Formatanalysec:, die von verschiedenen sucht, die musikredaktionelle Arbeit in ein allzu Rundfunkanstalten und im universitaren Bereich enges Korsett von »Erfolgsregeln« zu zwangen. zur inhaltlichen AufschlOsseJung von Radiopro­ Neue Entwicklungen in der Studiotechnologie, grammen entwickelt wird,34 ist dagegen eine die die weitgehende Automatisierung der Pro­ Forschungsstrategie, die in der Diskussion um grammerstellung und -realisierung erlauben,36 musikdramaturgische Strategien hilfreiche Er- vergrößern die Gefahr, daß die musikredaktio- Münch: Musikgestaltung für massenattraktive Hörfunkprogramme 105 nellen Gestaltungsmöglichkeiten noch weiter 9 Wolfgang Hagen: Hören und Vergessen. Über eingeschränkt werden, obwohl sie eigentlich die nicht-analoges Sprechen im Radio. ln: Friedrich Möglichkeit für einen kreativeren Umgang mit · A Kittler I Georg Christoph Tholen (Hrsg.): Arse­ Musik bereitstellen.37 nale der Seele. Literatur- und Medienanalyse seit 1870. München 1989, S. 148. Heute kommt es mehr denn je auf das Durch­ setzungsvermögen, die Findigkeit des Musikge­ 10 Wieland Ziegenrücker I Peter Wicke: Rock, Pop, stalters an, ob und in wieweit eigenständig und Jazz, Folk. Handbuch der populären Musik. Leip­ kreativ gearbeitet werden kann. Im Moment zig 1987. scheint die Unzufriedenheit bei den Musikspezia­ 11 Paul Simon: Songwriting. ln: George Martin listinnen besonders groß zu sein. Was seitens (Hrsg.): Making Music. The Guide to Writing. Per­ der Programmverantwortlichen erwartet wird, forming & Recording. New York 1987, S. 69. entspricht den eigenen Vorstellungen und Mög• 12 Renate Ehlers: Musik im Alltagsleben. Ergebnisse lichkeiten in nur geringem Maße. An die Stelle einer Studie im Auftrag des Süddeutschen Rund­ des Spezialisten für klangsinnliche Wirkungen funks. ln: Max Kaase I Winfried Schulz (Hrsg.): und musikalische Gestaltung mit breitem musika­ Massenkommunikation. Theorien, Methoden, Be­ lischen Wissen tritt der Archivar, der Musik nach funde. Opladen 1989, S. 387. Vorgaben der Programmleitung und anhand von 13 Dieter Baacke: Zur Industrialisierung des Hörens Daten der Medienforschung verfügbar macht. durch das Radio. ln: Medien und Erziehung 34. Die traditionellen musikredaktionellen Qualifika­ Jg. (1990), H. 1, S. 15. tionen sind hierfür weniger von Nutzen als Er­ 14 Richard Mendelsohn: Listening to radio. ln: Lewis fahrung mit Datenverarbeitung und fachgerech­ Anthony Dexter I David Manning (Hrsg.): People, tes Interpretieren empirischer Studien. Das ge­ Society and Communication. Glencoe 1964, S. sendete Programm wird nicht mehr als das eige­ 243. ne sondern als maschinelles Produkt empfun­ den, mit dem man sich kaum gefühlsmäßig ver­ 15 Vgl. Franz Ronneberger: Musik als Information. ln: Publizistik 24. Jg. (1979), H. 1, S. 5-28. bunden fühlt. 16 Helga de Ia Motte-Haber: Handbuch der Musik­ Anmerkungen psychologie. Laaber 1985, S. 21 7. 17 Vgl. MacFarland: Contemporary Radio ... (wie * Überarbeiteter Vortrag in der Fachgruppensitzung Anm. 7). »Musik« anläßlich der Jahrestagung des >Stu­ dienkreises Rundfunk und Geschichte< in Leipzig 18 Vgl. Antoine Hennion: The production of success. am 23. September 1993. An anti-musicology of the pop song. ln: Popular music 3. Jg. (1983), S. 159-193. Vgl. MacFarland: Vgl. Hansjörg Bessler: Hörer- und Zuschauerfor­ Contemporary Radio ... (wie Anm. 7) sowie Tho­ schung. München 1980. mas Münch: POP-FIT: Musikdramaturgie in Ser­ 2 INFRATEST: Funk-Analyse Baden-Württemberg vicewellen. Eine Fallstudie. Pfaffenweiler 1991 . 1992. 19 Vgl. Gary Bums: A typology of >hooks< in popular 3 Vgl. Norbert-Jürgen Schneider: Künstlerische records. ln: Popular music 6. Jg. (1987), S. 1-20. Aspekte der Filmmusik. ln: Rolf Moser I Andreas 20 Vgl. Gerald Felber: Musik im Rundfunk - techni­ Scheuermann (Hrsg.): Handbuch der Musikwirt­ sche, rezeptionsoziologische und politisch-prag­ schaft. Stamberg u.a. 1992, S. 197-214. matische Prämissen zur Erarbeitung eines Funk­ 4 Jan-Uwe Rogge: Radio-Geschichten. Beobach­ tionsbildes. ln: Theorie und Praxis des sozialisti­ tungen zur emotionalen und sozialen Bedeutung schen Jeumalismus (1982), H. 4, S. 318-324. des Hörfunks im Alltag von Vielhörem. ln: Media 21 Sigrid Flath-Becker: Musikpräferenzen in Situatio­ Perspektiven (1988), Nr. 3, S. 141 . Vgl. auch Mo­ nen psychischer Anspannung. Frankfurt am Main nika Baldauf I Walter Klingler: Konstante Hör• 1987. funknutzung in Deutschland. ln: Media Perspekti­ ven (1993), H. 9, S. 410-416. 22 Vgl. Kurt Blaukopf: Akustische Umwelt und Musik des Alltags. ln: Reinhold Brinkmann (Hrsg.): Musik 5 Rogge: Radio-Geschichten ... (wie Anm. 4), S. im Alltag. Zehn Kongreßbeiträge. Mainz 1980, S. 141 . 9-25. 6 Murray R. Schafer: Radical Radio. 1982 [unveröf• 23 Vgl. Dennis Ellis Berlyne: Aesthetics and psycho­ fentlichtes Masnuskript]. biology. New York 1971 . 7 Vgl. David T . MacFarland: Contemporary Radio 24 Vgl. Sirnon Frith: Why do songs have words. ln: Programming Strategies. Hilsdale, New Jersey Ders.: Music for Pleasure. Essays in the Sociology 1990. of Pop. Garnbridge 1988, S. 105-128. 8 Vgl. Gerhard Franz I Walter Klingler I Nike Jäger: 25 Wilhelm Matejka: Musik im Radio. Wien u.a. 1982, Die Entwicklung der Radionutzung 1968 bis 1990. s. 63. ln: Media Perspektiven (1991), H. 6, S. 400-409. 106 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

26 Michael Wolf Thomas: Umbau des Radios. ln: Publizistik und Kunst 39. Jg. (1990), H. 1, S. 16. 27 Rudolf Heinemann: Musikredaktion. ln: Rolf Mo­ sert Andreas Scheuermann (Hrsg.): Handbuch der Musikwirtschaft (wie Anm. 3), S. 250. 28 Vgl. Thomas Münch: Konsumverhalten in der Mu­ sik. ln: Herbert Bruhn f Roft Oerter I Helmut Rö• sing (Hrsg.): Musikpsychologie. Ein Handbuch. Reinbek bei Harnburg 1993, S. 243-250. 29 Dieter Thoma: Magazin und Moderation. ln: Wal­ ter LaRoche I Alex Buchholz (Hrsg.): Radiojouma­ lismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis im Rundfunk. München 1988, S. 183. 30 Vgl. Münch: POP-FIT ... (wie Anm. 18). 31 Ralph Weiß: Das Radio als Forum der Alltagskul­ tur. Anschauliche Praxisformen in der Radio-Un­ terhaltung. ln: Rundfunk und Fernsehen. 41. Jg . (1993), H. 2, S. 165-187. 32 Vgl. Renate Ehlers: Zur Rezeption des Musikan­ gebots in den Medien. ln: Rundfunk und Fernse­ hen 33. Jg. (1985). H. 2, S. 171-186. Vgl. auch Renate Ehlers: Musikalische Präferenzen des Publikums - Der Einfluß der Erhebungsmethode. ln: Wolfgang Hoffmann-Riem I Will Teichert (Hrsg .): Musik in den Medien. Programmgestal­ tung im Spannungsfeld von Dramaturgie, Industrie und Publikum. Baden-Baden 1986, S. 150-157. 33 Vgl. Münch: Konsumverhalten ... (wie Anm. 28). 34 Vgl. Walter Klingler I Christian Schröter: Struktur­ analyse von Radioprogrammen 1985-1990. Eine Zwischenbilanz der Hörfunkforschung im dualen System. ln: Media Perspektiven (1993), H. 10, S. 479-490. 35 Vgl. Joachim Drengberg: Formatanalyse für Ra­ dioprogramme. Der Kompositionstechnik auf der Spur. ln: Media Perspektiven (1993), H. 4, S. 183- 190. 36 Vgl. Bildungswerk des Verbandes Deutscher Ton­ meister (Hrsg.): 17. Tonmeistertagung Karlsruhe 1992. München u.a. 1993. 37 Vgl. Thomas Münch: Hit me with your rhythm stick. Musikalische Gefühlsinszenierung im Hör• funk. ln: Stefan Müller-Dohm I Klaus Neumann­ Braun (Hrsg.): Kulturinszenierungen. Frankfurt am Main 1994. Massenkommunikationsmittel im Klassenkampf Der Staatssicherheitsdienst der DDR und die Medien

Übereinstimmung herrscht unter den Historikern, Nach diesem Vorspiel verband Mielke seinen daß das Ministerium für Staatssicherheit (MfS, nachsten, den Medien und kulturellen Einrich­ Stasi) der DDR das wichtigste Instrument zur tungen gewidmeten Befehl und die damit ver­ Sicherung der Herrschaft der Sozialistischen bundene Dienstanweisung mit weitreichenden Einheitspartei Deutschlands (SED), Schild und organisatorischen Maßnahmen. ln der Hauptab­ Schwert der Staatspartei, gewesen ist. Die teilung XX innerhalb des MfS wurde eine neue Enquete-Kommission des Deutschen Bundes­ Abteilung (Abteilung 7) eingerichtet »zur einheit­ tages zur »Aufarbeitung von Geschichte und lichen Organisierung, Durchführung und Koordi­ Folgen der SED-Diktatur in Deutschland« stellte nierung aller operativen Maßnahmen in den in ihrem Bericht vom 31. Mai 1994 fest: wichtigsten zentralen Bereichen der Kultur und »Innerhalb der Machtstrukturen des SED-Regi­ der Massenkommunikationsmittel und zur Anlei­ mes war das nach dem Vorbild der sowjetischen tung der zustandigen Linie in den Bezirksverwal­ Polizei- und Sicherheitsorgane entstandene Mini­ tungenNerwaltungen«.S Detailliert werden Insti­ sterium für Staatssicherheit zweifellos das Kern­ tutionen, Personengruppen und Einzelpersonen stück des Macht- und Disziplinierungsapparates, aufgeführt, die der Staatssicherheitsdienst zum d.h. konstitutives Herrschaftsinstument der Objekt der Beobachtung zu machen gedachte? SED«. 1 Wie sehr das MfS bestrebt war, auch die Die Medien erhielten damit einen prominen­ »Kulturschaffenden und Angehörigen der Mas­ ten Platz im Repressionsapparat der DDR, wird senkommunikationsmittel« in die »politisch-ope­ doch die Hauptabteilung XX als »das eigentliche rative Aufklarungs- und Abwehrarbeit durch (sei­ Zentrum der Staatsicherheit« charakterisiert - ne] Organe« einzubeziehen, zeigen die nachfol­ spezialisiert »auf die Bekampfung politisch­ gend abgedruckten Dokumente vom Juni 1969.2 ideologischer Diversion und politischer Unter­ Diese Schriftstücke bauten auf dem auf, was grundtatigkeit« - und die Überwachung der ein Jahr zuvor testweise in Gang gesetzt worden Kommunikationsmittel. 8 Von den 400 hauptamt­ war: Nach dem Einmarsch der Truppen des lichen Mitarbeitern und mehr als 1000 Inoffiziel­ Warschauer Pakts in die Tschecheslowakei am len Mitarbeitern befaßten sich 1989 freilich we­ 21. Auguust 1968, der eine hauptsachlich von niger als ein Prozent direkt mit den Medien, z.B. Intellektuellen getragene Protestwelle ausgelöst hatten sich sieben Personen innerhalb der in fünf hatte,3 wies Stasi-Minister Erich Mielke die Leiter Referate gegliederten Abteilung mit der »Siche­ der Hauptabteilungen in seinem Ministerium und rung der Staatlichen Komitees für Fernsehen die Chefs der Stasi-Bezirksverwaltungen an, [und Rundfunk] und der Bereiche Studiotechnik, »über Personen, bei denen ( ... ) ein negatives Fernsehen, Filmwesen« zu befassen.9 oder feindliches Verhalten bekannt ist und die Nicht erst seit 1968 bzw. 1969 widmete sich ( ... ) Möglichkeiten zur Beeinflussung eines grö• der Staatssicherheitsdienst den Medien. Auch in ßeren Personenkreises haben, ( ... ) sofort aus­ den Jahren zuvor galt ihnen seine wenn auch führliche Einschatzungen in Auskunftsberichten weniger systematische Aufmerksamkeit. So ver­ durchzuführen«. Zur systematischen Überwa• faßten Mitarbeiter der Zentralen Auswertungs­ chung wurden solche - nach Ansicht des MfS - und Informationsgruppe z.B. Berichte »über das gefahrliehe Personen vorgesehen wie Reporter, verstarkte Abhören von westlichen Rundfunk­ Redakteure und Sprecher von Rundfunk und und Fernsehstationen und die Schaffung techni­ Fernsehen, aber auch Schriftsteller, Schau­ scher Voraussetzungen zum Empfang des West­ spieler und Bildhauer.4 Noch am gleichen Tag fernsehens, besonders seines zweiten Pro­ verließ ein ahnliches Schreiben das MfS, das gramms«1o, »über die zeitlich ungünstige Einle­ zusatzlieh »politisch-operative Maßnahmen zur gung von Sendepausen durch die Mittelwellen­ Gewahrleistung der Sicherheit im Fernmeldewe­ sender der DDR«11 und über »die Lage beim sen, in den Rundfunk- und Fernsehsahsendern Deutschen Fernsehfunk nach dem 11. Plenum und deren Studios« einleiten sollte. Damit wollte des ZK der SED.«12 sich das MfS »die maximale Kontrolle von Spre­ Der Komplex »Stasi und die Medien« harrt chern und ( .. .) Technikern, welche die Möglich• noch einer detaillierteren Aufarbeitung. Ein An­ keit haben, sich unmittelbar und direkt in Rund­ stoß soll mit dieser Dokumentenveröffentlichung funk- und Fernsehsendungen einzuschalten«, gegeben werden. sichern. An Schalt- und Kontrollstellen der Rund­ Ansgar Olller funk- und Fernsehstudios sollten »nur noch sol­ che Bürger eingesetzt werden, die der Partei und 1 Deutscher Bundestag. 12. Wahlperiode: Drucksa­ Regierungtreu ergeben sind.«s che 1217820. [Sonn 1994], S. 219. 108 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

2 Befehl Nr. 20/69, 18.6.1969. [Dokument 1]. Der kulturellen Bereich und in den Massenkommunikati­ Bundesbeauftragte für die Untertagen des Staats­ onsmitteln tätigen Menschen. sicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (künftig zitiert als: Auf Grund der Bedeutung der sozialistischen Kultur BUSt) 100.590. Dienstanweisung 3/69, 18.6.1969. und Massenkommunikationsmittel für die weitere Ge­ BUSt 101 .073. staltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen 3 Vgl. Armin Mitter/ Stefan Wolle: Untergang auf Republik sowie der Angriffe des Gegners in diesen Raten. Unbekannte Kapitel der DDR-Geschichte. Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ist die wei­ München 1993, S. 450-467. tere allseitige Qualifizierung der politisch-operativen 4 Rundbrief, 25.8.1968. BUSt 101 .826. Aufklärungs- und Abwehrarbeit durch die Organe des Ministeriums für Staatssicherheit vorzunehmen. 5 Rundbrief, 25.8.1968. BUSt 101 .826. Zur Lösung der sich daraus ergebenden politisch­ 6 Befehl (wie Anm. 2). operativen Aufgaben

7 Vgl. Dienstanweisung (wie Anm. 2). befehle ich : 8 Deutscher Bundestag (wie Anm. 1), S. 223. 1. Zur einheitlichen Organisierung, Durchführung 9 BUSt: Die Organisationsstruktur des Ministeriums und Koordinierung aller operativen Maßnah• für Staatssicherheit 1989. Vorläufiger Aufriß nach men in den wichtigsten zentralen Bereichen der dem Erkenntnisstand von Juni 1993. [Berlin 1993], Kultur und der Massenkommunikationsmittel S. 111f. und zur Anleitung der zuständigen Linie in den Bezirksverwaltungen/Verwaltungen ist in der 10 Bericht, 17.4.1965. BUSt ZAIG 1945. Hauptabteilung XX bis zum 31 . 7. 69 die Abtei­ 11 Bericht, 2.2.1966. BUSt ZAIG 118. lung 7 in Stärke von 1:26 zu bilden.

12 Bericht, 9.6.1966. BUStZAIG 1223. 2. Der Leiter der Hauptabteilung Kader und Schu­ lung hat mir bis zum 20. 7. 69 auf Vorschlag des Genossen Generalmajor Sehröder den Stellen- und Strukturplan der Abteilung 7 der Dokument I Hauptabteilung XX zur Bestätigung vorzulegen. Der Leiter der Hauptabteilung Kader und Schu­ lung hat zu sichern, daß die Auswahl der Kader Ministerrat und die Besetzung der Abteilung 7 in der der Deutschen Demokratischen Republik Hauptabteilung XX bis zum 31 . 8. 69 erfolgt. Ministerium für Staatssicherheit Der Minister 3. Zur Organisierung der komplexen politisch­ operativen Aufklärungs- und Abwehrtätigkeit im Berlin, den 18. 6. 1969 Bereich der Kultur und Massenkommunikati­ onsmittel sind in den Abteilungen XX der Be­ WS MfS 008 - 429/69 zirksverwaltungen!Verwaltungen Referate in Stärke von 3 bis 6 Mitarbeitern zu bilden. Die Struktur der Referate in den Abteilungen Be f eh! Nr. 20 169 XX haben die Leiter der Bezirksverwaltun­ gen/Verwaltungen in eigener Verantwortung festzulegen. Die weitere Gestaltung des entwickelten gesell­ schaftlichen Systems des Sozialismus, die Führung 4. Bei Konzentrierung wichtiger Objekte und des Klassenkampfes in der gegenwärtigen Periode Einrichtungen auf dem Gebiet der Kultur und stellen hohe, ständig wachsende Anforderungen an der Massenkommunikationsmittel, bei Vorhan­ das Staatsbewußtsein und die Bildung der Bürger der densein von Konzentrationspunkten von Künst• Deutschen Demokratischen Republik. lern, Schriftstellern und Journalisten im Arbeits­ und Freizeitbereich auf Kreisebene sind opera­ Die Kultur in ihrer Gesamtheit, im besonderen Maße tive Stützpunkte in Kreisdienststellen zu bilden. die Massenkommunikationsmittel, sind auf Grund Die Mitarbeiter dieser Stützpunkte sind dem ihrer Stellung im gesellschaftlichen Gesamtsystem, Leiter der jeweiligen Kreisdienststelle zu unter­ vor allem bei der politisdHdeologischen Bildung und stellen. Erziehung der Menschen, bedeutende Faktoren im Prozeß des KJassenkampfes zwischen Sozialismus 5. Die Leiter der BezirksverwaltungenNerwal-tun­ und Imperialismus. gen haben einen Vorschlag über die personelle Stärke der Referate und der operativen Stütz• Der Gegner verschärft im Rahmen der imperialisti­ punkte in den Kreisdienststellen entsprechend schen Strategie im zunehmenden Maße die Angriffe der Anzahl und Bedeutung der im Bezirk vor­ gegen die politisch-ideologischen Grundlagen der handenen Objekte, Einrichtungen einschließ• sozialistischen Kultur, gegen die Rolle der Massen­ lich Ausbildungsstätten auf dem Gebiet der Kul- kommunikationsmittel und besonders gegen die im Der ~tasi und die Medien 109

tur, der im Bezirksmaßstab tätigen Kulturschaf­ Westdeutschland und andere kapitalistische Länder fenden und Angehörigen der Massenkommuni­ ausstrahlt. kationsmittel meinem Stellvertreter, Genossen Generalmajor Schröder, bis zum 15. 7. 1969 ln diesem Zusammenhang haben Rundfunk und vorzulegen. Fernsehen und die sozialistische Presse als Teil der Machtinstrumente des sozialistischen Staates in 6. Die Leiter der BezirksverwaltungenNerwaltun­ wachsendem Maße grundlegende Aufgaben bei der gen haben die Besetzung der Referate in den Durchsetzung der Beschlüsse von Partei und Regie­ Abteilungen XX und der Stützpunkte in den rung zu erfüllen. Als Instrumente des Klassenkampfes Kreisdienststellen auf der Grundlage des be­ auf politisch-ideologischem und geistig-kulturellem stätigten Stellenplanes bis zum 31 .8.69 Genos­ Gebiet haben sie die Errungenschaften der Deut­ sen Generalmajor Sehröder zu melden. schen Demokratischen Republik interessant und viel­ seitig zu popularisieren, die Versuche der politisch­ 7. Der Leiter der Hauptabteilung XX und die Leiter ideologischen Diversion des Gegeners offensiv zu be­ der BezirksverwaltungenNerwaltungen haben kämpfen und die fortschrittlichen Kräfte in anderen bis zum 20. 7. 1969 den Plan zur materiell­ Ländern zu unterstützen. technischen Sicherstellung der zu bildenden Abteilung/Referate zur Bestätigung an Genos­ Die Analyse der politisch-operativen Situation zeigt, sen Generalmajor Sehröder einzureichen. daß der Gegner seine Angriffe im verstärkten Maße auf diese Bereiche konzentriert. Der Leiter der Hauptverwaltung -B- hat bis zum 31 . 7. 1969 auf der Grundlage der bestätigten Zu seinen Hauptmethoden gehören: Pläne die notwendigen materiell-technischen Materialien bereitzustellen und bei der Unter­ die Intensivierung der politisch-ideologischen Di­ bringung der Abteilung 7 der Hauptabteilung version, XX Unterstützung zu gewähren. ständige Versuche, die feindliche Kontaktpolitik zu erweitern und wirksamer zu gestalten sowie Mielke Generaloberst immer intensivere Versuche der Abschöpfung von Informationen aus allen Bereichen des staatli­ chen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens unserer Republik. Dokument II Der Gegner versucht insbesondere, die unter den Kulturschaffenden und Angehörigen der Massen­ Ministerrat kommunikationsmittel vorhandenen Rudimente alter der Deutschen Demokratischen Republik bürgerlicher Denk- und Lebensgewohnheiten sowie Ministerium für Staatssicherheit ihre spezifischen Fähigkeiten, Interessen, Bedürf• Der Minister nisse, Gefühle, Leidenschaften und Ideale für feindli­ che Ziele zu mißbrauchen. Berlin, den 18. 6. 1969 WS MfS 008 - 430/69 Zur Gewährleistung der komplexen und schwer­ punktmäßigen operativen Absicherung der Bereiche der Kultur und Massenkommunikationsmittel und der Dienstanweisung 3 /69 exakten Abgrenzung der Veranwortungsbereiche weise ich an: zur Organisierung der politisch-operativen Arbeit in den Bereichen der Kultur und Massenkommunika­ I. Verantwortlichkeit für die Absicherung der Be­ tionsmittel reiche der Kultur und Massenkommunikationsmjt­ ~

Die Kultur als Teilbereich der gesamtgesellschaftli­ 1. Die Sicherung der kontinuierlichen Ent­ chen Entwicklung in der Deutschen Demokratischen wicklung der sozialistischen Kultur und die Republik und die Massenkommunikationsmittel haben Bekämpfung der Feindtätigkeit im Bereich wesentlichen Anteil an der Entwicklung des sozialisti­ der Kultur und Massenkommunikationsmittel schen Bewußtseins und der klassenmäßigen Erzie­ sind Aufgaben aller operativen Linien und hung aller Bürger der DDR. Diensteinheiten des Ministeriums für Staats­ sicherheit. Die Leiter aller operativen Linien Das strategische Ziel der sozialistischen Kulturpolitik und Diensteinheiten haben die Durchsetzung besteht in der Herausbildung der sozialistischen Men­ der in dieser Dienstanweisung gestellten schengemeinschaft und in der Schaffung der gebilde­ Aufgaben zum festen Bestandteil ihrer Lei­ ten sozialistischen Nation, die zugleich als Vorbild auf tungstätigkeit zu machen. ln den jeweiligen Arbeitsplänen sind konkrete Maßnahmen da­ zu festzulegen und alle inoffiziellen und offi- 110 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

ziellen Möglichkeiten in ihren Verantwor­ lung XX ständig über Personen, die wegen tungsbereichen zur zielgerichteten und stän• häufiger Einreisen der feindlichen Kontakttä• digen Informationsbeschaffung und zur ope­ tigkeit im Bereich der Kultur und Massen­ rativen Bearbeitung feindlicher Kräfte einzu­ kommunikationsmittel verdächtig sind, zu setzen. informieren.

2. Der Leiter der Hauptabteilung XX hat die den 6. Der Leiter der Hauptabteilung VII hat die Erfordernissen der Gestaltung des entwik­ Nutzung der operativen Möglichkeiten der kelten gesellschaftlichen Systems des Sozia­ Deutschen Volkspolizei, besonders Dezernat lismus und der offensiven Abwehr der feind­ I, zur Erkennung feindlicher Handlungen im lichen Angriffe entsprechende Sicherung der Bereich der Kultur und Massenkommuni­ zentralen Objekte, Einrichtungen und Orga­ kationsmittel zu sichern und den Leiter der nisationen im Bereich der Kultur und Mas­ Hauptabteilung XX über vorhandene Hin­ senkommunikationsmittel zu gewährleisten. weise und Materialien, die von operativer Der Leiter der Hauptabteilung XX ist dafür Bedeutung sind, zu informieren. verantwortlich, daß durch die Hauptabteilung XX als federführende Linie die einheitliche 7. Der Leiter der Hauptverwaltung -A- und die Organisierung und Koordinierung der Pro­ Leiter der anderen operativen Linien haben zesse der politisch-operativen Arbeit im Be­ alle operativen Möglichkeiten zur rechtzeiti­ reich der Kultur und Massenkommunika­ gen Aufdeckung der Pläne und Absichten tionsmittel zwischen den operativen Linien des Gegners von außen zur Störung und und Diensteinheiten erfolgt. zum Eindringen in die Bereiche der Kultur und der Massenkommunikationsmittel in der 3. Die Leiter der BezirksverwaltungenNerwal­ DDR auszunutzen und alle erarbeiteten tungen und die Leiter der Kreisdienststellen Hinweise sofort an den Leiter der Hauptab­ haben die vorbeugende operative Sicherung teilung XX zu übergeben. und Bearbeitung aller im Verantwortungsbe­ reich vorhandenen Schwerpunkte der Kultur 8. Der Leiter der Hauptabteilung IX hat alle in und Massenkommunikationsmittel zu ge­ dieser Richtung aus der Untersuchungsar­ währleisten und alle inoffiziellen und offiziel­ beit bekanntgewordenen Hinweise dem Lei­ len Möglichkeiten der operativen Linien zur ter der Hauptabteilung XX zu übergeben. ständigen Durchsatzung der in dieser Dienst­ Eine analoge Regelung in den Bezirksver­ anweisung geforderten Aufgabenstellung waltungenNerwaltungen ist über die Leiter zielgerichtet einzusetzen und auszunutzen. der BezirksverwaltungenNerwaltungen zu Die Leiter der BezirksverwaltungenNerwal­ treffen. tungen beauftragen die ständigen Stellver­ treter Operativ mit den sich aus dieser 9. Alle erarbeiteten Materialien und Informa­ Dienstanweisung ergebenden Koordinie­ tionen Ober die operative Situation und die rungsmaßnahmen zwischen der Abteilung Feindtätigkeit im Bereich der Kultur und XX und den anderen operativen Linien der Massenkommunikationsmittel sind gemäß BezirksverwaltungenNerwaltungen. den Festlegungen im Befehl 299/65 Ober den Informationsfluß im Ministerium für 4. Die Leiter der Hauptabteilungen I, VII, XVIII Staatssicherheit an den Leiter der Hauptab­ und XIX haben eigenverantwortlich gemäß teilung XX und in den Bezirksverwaltun­ der Aufgabenstellung dieser Dienstanwei­ genNerwaltungen an die Leiter der Abtei­ sung die im Rahmen ihrer Verantwortungs­ lungen XX zu übergeben. bereiche vorhandenen Betriebe, Institutio­ Zwischen den Leitern der Hauptabteilung XX nen, Einrichtungen und Aktivitäten der Kultur und der ZAIG bzw. der Abteilungen XX und und Massenkommunikation (z. B. Drucke­ der AIG der Bezirksverwaltungen ist bis 20. reien, Betriebszeitungen, Betriebsfunkstu­ 12. jeden Jahres der Informationsbedarf für dios, betriebseigene Kultur- und Klubhäuser, die politisch-operative Abwehrarbeit in die­ Arbeiter1heater, Kulturensembles. Zirkel sem Bereich für das folgende Jahr konkret usw., volkseigener HandeJ »Modeme Kunst« festzulegen. Durch die ZAIG bzw. AIG der im Rahmen der Handelsorganisation) zu si­ Bezirksverwaltungen sind Anforderungen all chern. den Linien und Diensteinheiten zuzustellen, die für die Abdeckung von Teilen des 5. Die Leiter der Hauptabteilungen VII (Zoll), Informationsbedarfs zuständig sind. HPF, ASR und Abteilung M haben die all­ seitige Nutzung aller operativen Möglichkei• 10. Bis zum 20. 8. 1969 haben die Leiter der ten zur rechtzeitigen Erkennung feindlicher BezirksverwaltungenNerwaltungen einen Absichten und Handlungen verdächtiger Maßnahmeplan für die operative Bearbei­ Personen im grenzüberschreitenden Verkehr tung und Sicherung der Kulturschaffenden, zu sichern, das illegale Einschleusen feind­ Angehörigen der Massenkommunikations­ licher Literatur und Presseerzeugnisse zu mittel und der Einrichtungen auf diesen Ge­ verhindem und den Leiter der Hauptabtei- bieten in ihrem Zuständigkeitsbereich mei- Der Stasi und die Medien 111

nem Stellvertreter, Genossen Generalmajor - der Notstromversorgung, vor allem Schröder, zur Bestätigung vorzulegen. der Einrichtungen des Rundfunks und des Fernsehens.

II. Maßnahmen zur Absjcherung operativer Schwer­ Bei der komplexen Sicherung dieser Schwer­ ~ punkte muß vor allem davon ausgegangen werden, daß die genannten technischen Ein­ 1. Die Sicherung der Bereiche, Einrichtungen, richtungen sehr störanfällig sind und im Falle Institutionen und gesellschaftlichen Organi­ feindlicher Handlungen größere Wirkungen sationen der Kultur und Massenkommuni­ und Schäden verursacht werden können. kationsmittel hat entsprechend ihrer politisch operativen Bedeutung schwerpunktmäßig b) Pressewesen, staatliche und gesell­ mit der Zielstellung zu erfolgen, die Bildung schaftliche Institutionen des Pressewe­ feindlich-ideologischer Stützpunkte rechtzei­ sens der DDR sowie Vertretungen von tig zu erkennen und zu verhindern, die hem­ Presse- und Nachrichtenagenturen aus mende Einflußnahme negativer und feindli­ dem Au sland, die Sektion für Journali­ cher Elemente auf die sozialistische Bewußt• stik an der Kari-Marx-Universität Leipzig seinsbildung unserer Bürger zurückzudrän• und die Fachschule für Journalistik des gen bzw. zu unterbinden und den Mißbrauch VDJ . der Möglichkeiten besonders im Bereich der Massenkommunikationsmittel durch feind­ c) Schriftsteller, Schriftstellerverband, Ver­ liche Elemente für konterrevolutionäre Zwec­ lagswesen und Einrichtungen des Volks ke zuverlässig zu verhindern. und privaten Buchhandels, Ausbil­ dungsstätten in diesem Bereich und die Die Leiter der HauptabteiJungen/selb-ständi• den verschiedenen Bereichen ange­ gen Abteilungen, BezirksverwaltungenNer­ schlossenen Druckereien. waltungen und Kreisdienststellen haben zu gewährleisten, daß alle operativen Möglich­ d) Staatliche und gesellschaftliche Ein­ keiten in ihrem Bereich zur Absicherung der richtungen im kulturellen Bereich, Be­ Schwerpunkte zielgerichtet genutzt werden . rufs- und Laienkunstschaffen mit den Schwerpunkten 2. Die Durchführung offensiver Aufklärungs• und Abwehrmaßnahmen hat unter Beach­ bildende Kunst tung der spezifischen Aufgaben und in enger (Hoch- und Fachschulen für bil­ Zusammenarbeit zwischen der Linie XX und dende und angewandte Kunst) den Linien II, VII, XVIII, XIX, ASR/RT, M, PZF qualifiziert und zielgerichtet zu erfolgen. darstellende Kunst (unter besonderer Berücksichti­ 3. Die politisch-operativen Abwehraufgaben gung von Theatern und Orche­ des Ministeriums für Staatssicherheit sind stern, den staatlichen Tanz- und schwerpunktmäßig auf folgende Objekte und Dorfensembles sowie den Hoch­ Bereiche zu konzentrieren: und Fachschulen für Musik, Schauspiel und Tanz) a) Einrichtungen im Bereich der Staatli­ chen Komitees für Rundfunk und Fern­ Unterhaltungskunst sehen sowie im Bereich des Films mit (insbesondere mit den Deut­ den technischen Schwerpunkten schen Konzert- und Gastspieldi­ rektionen in den Bezirken, - Sendesäle, Studios und Produkti­ Tanzkapellen, Kabaretts u. a. onsräume von Rundfunk, Fernsehen Ensembles der heiteren Muse) und Film, kulturelle Massenarbeit - Sendeabläufe und Schalträume, von (mit der Volks- und Laienkunst, denen vorproduzierte wie auch Ori­ in Kultur- und Klubhäusern in ginalsendungen und Direktübertra• den Städten, Gemeinden und gungen gefahren werden, Betrieben)

- mobile Technik, wie Übertragungs• 4. ln den unter 3. a) bis d) genannten Schwer­ und Richtfunkwagen, sowie Ton­ punktobjekten, Bereichen, Institutionen und und Filmausrüstungen, gesellschaftlichen Organisationen sind vor­ rangig folgende Personenkreise operativ - technische Einrichtungen der Ko­ abzusichern: pierwerke der DEFA und Studio­ technik Fernsehen sowie Mitarbeiter des Rundfunks und Fernse­ hens, die auf den politisch-ideologi­ schen Inhalt der Programme entschei- 112 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

denden Einfluß haben oder nehmen ken, des zentralen BOhnennachweises, können, wie leitende Kader, Sprecher, der Deutschen Künstleragentur, frei­ Reporter, Kommentatoren und andere, schaffende Conferenciers, Schlager­ auch Mitarbeiter von Betriebsfunk­ sänger, Satiriker, Artisten; studios; Angehörige von Tanzkapellen, Kaba­ Mitarbeiter, die am unmittelbaren Sen­ retts, Varietes; deablaut beteiligt sind, wie Regisseure, Sendefahrer, Produktions- und Aufnah­ Kulturschaffende und Verantwortliche meleiter, Kameramänner u. a.; für den organisatorisch-technischen Ablauf in Kultur- und Klubhäusern, kul­ Ingenieure und Techniker aus den Be­ turellen Zirkeln, Laienspielgruppen, reichen der Studiotechnik Rundfunk Chören und Orchestern. und Studiotechnik Fernsehen, dle in stationären Sendebetrieben sowie Dabei ist den Beziehungen von Kollektiven Schalträumen tätig, sind und objektive der Werktätigen zu Künstlern die notwendige Möglichkeiten haben, durch bewußtes Beachtung zu schenken. Tun oder Unterlassen sendetechnische Störungen herbeizuführen; 5. ln enger Zusammenarbeit mit den staatli­ chen Leitern der Objekte des Rundfunks und Personen aus den genannten Einrich­ Fernsehens sowie den zuständigen Organen tungen, die tor Direktsendungen sowie der Deutschen Volkspolizei ist eine maxi­ bei politischen Großveranstaltungen male Außensicherung dieser bedeutsamen eingesetzt werden; Objekte zu gewährleisten, um sie auch da­ durch in hohem Maße gegen feindliche An­ Reisekader ins Ausland, nach West­ schläge zu schützen. deutschland und Westberlin; Die innere Sicherheit und ständige Funkti­ Geheimnisträger; onsfähigkeit muß vor allem dadurch garan­ tiert sein, daß nur überprüfte und zuverläs• Journalisten und Redakteure der Ta­ sige Personen in den technischen Schwer­ ges- und Wochenzeitungen, Illustrier­ punkten dieser Einrichtungen eingesetzt ten und Fachzeitschriften, der Presse­ werden und verhindert wird, daß feindliche organe der Blockparteien, der Massen­ Elemente die Massenkommunikationsmittel organisationen sowie der Betriebszei­ für konterrevolutionäre Zwecke, zum Verbrei­ tungen, Lehrkräfte an Journalistenaus­ ten feindlicher Losungen, zur Desorientie­ bildungsstätten und Studenten der rung und zur Erzeugung von Unruhe miß• Sektion Journalistik der Kari-Marx-Uni­ brauchen können. versität Leipzig und in der Fachschule Negative und unzuverlässige Personen sind fOr Journalistik des VDJ, Journalisten mit geeigneten Mitteln aus solchen Schwer­ im Presseamt beim Vorsitzenden des punkten zu entfernen. Ministerrates, im Allgemeinen Deut­ schen Nachrichtendienst, Bildjournali­ 6. Bei politisch wichtigen Ereignissen sowie in sten, in der DDR akkreditierte ausländi• Zeiten erhöhter Spannungen sind zur Erhö• sche Journalisten; hung der Sicherheit in den Schwerpunktob­ jekten zeitweilig Angehörige des MfS zum Schriftsteller, Lektoren, Redakteure, Einsatz zu bringen. Die Aufgaben sind ana­ Gutachter in den Verlagen unter be­ log der Dienstanweisung 2167, Abschnitt 1/5, sonderer Beachtung der freiberuflichen durchzuführen. Gutachter und Übersetzer, Angestellte staatlicher Organe, die Druckgenehmi­ gungen erteilen; 111. Inoffizielle Arbeit

Maler, Grafiker, Bildhauer, Zeichner, 1. Aufgaben zur Erweiterung, Vervollständi• Karikaturisten, Angestellte in Museen. gung und allseitigen Ausnutzung der IM-Sy­ Lehrkörper und Studenten an ~ steme: und Fachschulen für bildende und an­ gewandte Kunst; 1.1. Auf der Grundlage der Analyse des inoffi­ ziellen Netzes und der territorial vorhande­ Regisseure, Dramaturgen, Schauspie­ nen operativen Schwerpunkte sind Maß• ler, Musiker, Tänzer, BOhnenbildner nahmen zur Erweiterung der IM-Systeme, und Bühnentechniker; der politisch-ideologischen Erziehung, der operativen Qualifizierung und der stärkeren Angestellte der Deutschen Konzert­ allseitigen Ausnutzung der IM-Systeme fest­ und Gastspieldirektionen in den Bezir- zulegen. Der Stasi und die Medien 113

Neuwerbungen sind insbesondere zur ope­ zuverlässige IM und Offiziere im besonderen rativen Bearbeitung von im Verdacht der Einsatz zu besetzen oder geeignete Kader in Feindtätigkeit stehenden Personen, zur ex­ solchen Funktionen zu werben. akten strafrechtlichen Beweisführung ge­ planter feindlicher Handlungen, zur gründli• 2. Schwerpunkte der differenzierten Auftrags­ chen Einschätzung der politisch-operativen erteilung für die IM-Systeme: Situation unter den Kulturschaffenden und Angehörigen der Kommunikationsmittel, zum 2.1. Die im Bereich der Kultur und Massen­ Erkennen negativer Konzentrationen und kommunikationsmittel tätigen sowie ander­ begünstigender Faktoren für Feindtätigkeit weitig zur Aufklärung der politisch-operativen und deren Beseitigung durchzuführen. Situation in diesem Bereich geeigneten inoffiziellen Mitarbeiter sind unter Federfüh• 1.2. Die Werbung inoffizieller Mitarbeiter ent­ rung der Linie XX zielgerichtet zum Einsatz sprechend den Forderungen der Richtlinie zu bringen. 1/68 hat unter Berücksichtigung der vorhan­ denen operativen Schwerpunkte, Objekte Unter Zuarbeit aller Linien sind durch die und Einrichtungen vorrangig in folgenden Hauptabteilung XX und die Abteilungen XX Personenkreisen zu erfolgen: der BezirksverwaltungenNerwaltungen für den zuständigen Sicherungsbereich durch Personen, die negativen Gruppen an­ einen ständigen Prozeß der Vervollständi• gehören, ihnen nahestehen oder die gung, Vertiefung und Überprüfung der Auf­ Möglichkeit und Fähigkeit besitzen, in klärungsergebnisse Übersichten zu folgen­ solche einzudringen; den politisch-operativen Problemen zu erar­ beiten, die jederzeit den aktuellen Stand wi­ freiberuflich tätige Personen aus dem derspiegeln: Bereich der Kultur und Massenkom­ munikationsmittel, wie Journalisten, sich neu herauskristallisierende opera­ Schriftsteller, Dramaturgen, Conferen­ tive Schwerpunkte, insbesondere der ciers u. a., die vielseitig und überörtlich Auswirkungen der feindlichen ideologi­ einsetzbar sind; schen Einflußnahme und Zersetzungs­ tätigkeit gegen die politisch-moralische Kader aus technischen und personellen Einheit unserer Bevölkerung. Schwerpunkten im Bereich des Staatli­ chen Komitees für Rundfunk, des Stand der Aufklärung der Personen, die Staatlichen Komitees für Fernsehen einen maßgeblichen ideologischen und des Filmwesens. Einfluß besitzen bzw. an entscheiden­ den Schwerpunkten im politisch­ 1.3. Durch die verstärkte Werbung künstlerischer ideologischen und organisatorisch­ und technischer Kader in den Einrichtungen technischen Bereich tätig sind. Durch des Staatlichen Komitees für Rundfunk und die operative Klärung der Frage: »Wer des Staatlichen Komitees für Fernsehen, ist wer?« sind Unsicherheitsfaktoren einschließlich der Bezirks-Studios, sind die auszuschalten. Ordnung und Sicherheit und der störungs• Dabei ist besonders unter Ausnutzung freie Sendeablauf in diesen Einrichtungen, aller inoffiZiellen Möglichkeiten zu auch in Zeiten erhöhter feindlicher Aktivität analysieren, inwieweit diese Kräfte be­ oder Spannungen, zu gewährleisten und di­ reits in der Vergangenheit durch ideo­ versions- und spionagegefährdete Punkte logische Schwankungen, durch Ver­ abzusichern. breitung feindlicher Auffassungen ope­ rativ bekannt wurden und in welchem 1.4. Ausbildungsstätten für Kulturschaffende und Umfang sich aus ihren Verbindungen Mitarbeiter der Massenkommunikationsmittel und moralischen Verhalten Ansatz­ an Universitäten, Hoch- und Fachschulen punkte für den Feind ergeben. sind stärker zum Ausgangspunkt für Wer­ bungen aller Kategorien inoffizieller Mitar­ Kontakte zu Einrichtungen und Perso­ beiter und für eine langfristige perspektivi­ nenkreisen der Kultur und Massenkom­ sche inoffizielle Arbeit zu machen. Hierdurch munikationsmittel in Westdeutschland, ist ein Reservoir von überprüften inoffiziellen Westber1in und dem nichtsozialisti­ Mitarbeitern zu entwickeln, die vielseitig schen Ausland. Hierbei sind besonders nach differenzierten Erfordernissen an ope­ bestehende Kontakte zu Republikflüch• rativen Schwerpunkten einsetzbar sind. tigen, ehemaligen Angehörigen aus dem Bereich der Kultur und Massen­ 1.5. Zur stärkeren Unterstützung der operativen kommunikationsmittel aufzuklären und Abwehrarbeit und der analytischen Tätigkeit unter operativer Kontrolle zu halten. sind in den Einrichtungen der Kultur und Alle Versuche des Feindes, diese Kon­ Massenkommunikationsmittel wichtige takte zur Unterwanderung, Abschöp• Schlüsselfunktionen durch bewährte und fung und Abwerbung zu nutzen, sind 114 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

rechtzeitig zu erkennen und zu verhin­ IV. Die operative Aufklärung. Bearbeitung und Kon­ dern, um damit zu sichern, daß es trolle negativer und feindlicher Personenkreise feindlichen Elementen im Bereich der sowie die Organisierung der vorbeugenden Arbeit Kultur und Massenkommunikations­ mittel nicht gelingt, derartige Verbin­ 1. Die Hauptkraft der politisch-operativen Bear­ dungen zur Organisierung einer Feind­ beitung von Vorgängen und operativen tätigkeit auszunutzen. Materialien ist auf negative und feindliche Gruppen und Einzelpersonen zu konzentrie­ Durch die Hauptabteilung XX und die Ab­ ren. Alle Hinweise über feindliche Handlun­ teilungen XX ist festzulegen, über welche gen sind sofort zu überprüfen, intensiv zu Personen der vorgenannten Kategorien auf bearbeiten und die Tatbestände entspre­ Grund ihrer operativen Bedeulung, unabhän• chend der verletzten Strafrechtsnormen all­ gig vom operativen Anfall, standig oder seitig aufzuklären und herauszuarbeiten. peöocfJSCh Kontroll- und Überprüfungsmaß• nahmen durchzuführen sind. Im Prozeß der operativen Bearbeitung sind

2.2. Durch den Einsatz des inoffiziellen Netzes Beweise entsprechend den Anforderun­ und anderer operativer Maßnahmen ist das gen der verletzten Strafrechtsnormen Auftreten von Kulturschaffenden und Mitar­ zu der vermutlichen Feindtätigkeit zu beitern der Massenkommunikationsmittel schaffen; aus Westdeutschland, Westberlin und dem nichtsozialistischen Ausland in der DDR Maßnahmen zur Einschränkung und ständig zu überwachen und zu analysieren. Verhinderung der feindlichen Tätigkeit Versuche feindlichen Auftretens sind vorher durchzusetzen, zugleich sind feindbe­ aufzuklären und zu verhindern. günstigende Umstände und Bedingun­ Bestrebungen von Personen, feindliche gen aufzudecken und zu beseitigen; Ideologie zu verbreiten, müssen in Zusam­ menarbeit mit der Partei und anderen gesell­ Angehörige in den Massenkommuni­ schaftlichen und staatlichen Organen durch kationsmitteln, die durch ihre freiberuf­ geeignete operative Maßnahmen unterbun­ liche Tätigkeit große Massenwirksam­ den werden. Alle geeigneten inoffiziellen Mit­ keit haben oder sich direkt in das Sen­ arbeiter, die mit der Reisetätigkeit und dem degeschehen einschalten können und Aufenthalt ausländischer Kulturschaffender die wegen Verdachts der Feindtätigkeit und Journalisten in der DDR in Berührung bearbeitet werden, durch geeignete kommen, sind zu dieser spezifischen operati­ politisch-operative Maßnahmen so zu ven Problematik zu schulen. Die operative kontrollieren und abzuschirmen bzw. Kontrolle dieser Personenkreise ist in die ge­ aus ihrer Funktion zu entfernen, damit nerelle Auftragserteilung einzubeziehen. kein Schaden angerichtet werden kann; 2.3. Das IM-System im Bereich der Kultur und Massenkommunikation ist qualitativ und geeignete operative Maßnahmen quantitativ zu entwickeln. Die Entwicklung einzuleiten, die verhindern, daß vom vorhandener und neuer IM muß sich auf sol­ öffentlichen Auftreten von Kulturschaf­ che Personen konzentrieren, die Fähigkei• fenden, einschließlich ihrem Äußeren, ten, Erfahrungen sowie die erforderlichen und von den kulturellen Erzeugnissen, ideologischen Voraussetzungen besitzen, einschließlich dem Aussehen ihrer um im Bereich der Kultur und Massenkom­ Verpackung und der Werbung, ne­ munikation in die feindliche Konspiration ein­ gative Auswirkungen ausgehen kön• zudringen und die Feindtätigkeit sowie Wirk­ nen. samkeit negativer Gruppierungen in diesen Bereichen allseitig aufzuklären. 2. Die Leiter der HauptabteiJungen/selbstän• digen Abteilungen, BezirksverwaltungenNer­ 2.4. IM in Schlüsselpositionen sind stärker zur waltungen und Kreisdienststellen haben zu Überprüfung und Dokumentierung inoffiziell sichern, daß zur schnellen Bearbeitung ope­ erarbeiteter Fakten sowie zw Oun::hsetzung rativer Vorgänge im Bereich der Kultur und operativ notwendtger Maßnahmen und deren Massenkommunikationsmittel alle operativen Abdeckung unter Beac:hlung der Regeln der Möglichkeiten ausgenutzt und bei Not­ Konspiration, einzuselzen. wendigkeit andere operative Kräfte ihres Verantwortungsbereiches zur Mitarbeit her­ angezogen werden. ln der Zusammenarbeit der verschiedenen Diensteinheiten ist die Linie XX federführend für die Koordinierung mit anderen Linien und die einheitliche Durchsatzung der in dieser Dienstanweisung gestellten Aufgaben. Der Stasi und die Medien 115

3. Journalisten der DDR, in den Massenkom­ beit mit den Leitungen der staatlichen und munikationsmitteln tätige Personen und zeit­ gesellschaftlichen Organe durchzusetzen. weilig die DDR besuchende Reisejournali­ sten aus dem kapitalistischen Ausland wer­ den von den imperialistischen Geheimdien­ V. Äußere Abwehr und Aufklärung sten und anderen mit nachrichtendienstli­ ehen Mitteln arbeitenden Organisationen in 1. Die äußere Abwehr- und Aufklärungsarbeit zunehmendem Maße in die feindliche aller Linien ist unter Ausnutzung aller offi­ Spionage- und Abschöpfungstätigkeit einbe­ ziellen und inoffiziellen Möglichkeiten zu zogen. verstärken, um die Pläne und Absichten des Ausschlaggebend sind dafür die umfang­ Gegners und die Methoden der Feindtätig• reichen Kenntnisse dieser Personen sowie keit gegen Einrichtungen, Institutionen und die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ge­ gesellschaftliche Organisationen im Bereich gebenen legalen Möglichkeiten zur Nach­ der Kultur und Massenkommunikationsmittel richtensammlung und Aufklärung. rechtzeitig aufzuklären sowie durch die Neben den im Punkt 111. 2.2. der Dienst­ Einleitung der notwendigen politisch-opera­ anweisung gestellten Aufgaben zur Verhin­ tiven Maßnahmen zu verhindern. derung der politisch-ideologischen zerset­ zenden Tätigkeit dieser Personenkreise ist 2. Es ist zu gewährleisten, daß alle feindlichen die politisch-operative Abwehrarbeit darauf Handlungen gegen Einrichtungen, Institu­ zu richten, die Abschöpfung und Anwerbung tionen und gesellschaftliche Organisationen von journalistisch tätigen DDR-Bürgern so­ im Bereich der Kultur und Massenkommu­ wie den Mißbrauch der journalistischen Mög• nikationsmittel und deren Angehörige durch lichkeiten der Vertreter kapitalistischer Publi­ Westberliner, westdeutsche und ausländi• kationsorgane beim Aufenthalt in der DDR sche Feindzentralen, Organisationen, Kon­ zu unterbinden. zerne und Einzelpersonen systematisch erfaßt, analysiert und bearbeitet werden. 4. Inoffiziell und offiziell ist Einfluß zu nehmen, Durch geeignete politisch-operative Maßnah• daß in den zu sichernden Objekten die Ein­ men sind alle Versuche der Kontaktaufnah­ haltung der bestehenden Beschlüsse und me zum Zwecke der Abwerbung, Ab­ Ordnungen über die Genehmigungspflicht schöpfung, Spionage, politisch-ideologi­ von zur Publikation vorgesehenen Informa­ schen Diversion und anderer feindlicher tionen durchgesetzt werden. Damit sind vor­ Handlungen zu verhindern bzw. für die of­ beugend begünstigende Bedingungen für fensive Arbeit zu nutzen. die feindliche Nachrichtensammlung und Ab­ schöpfungstätigkeit zu beseitigen. 3. Durch Ausnutzung des vorhandenen IM­ Diese Maßnahmen sind entsprechend dem Netzes und dessen weiteren Ausbau sind die Beschluß des Ministerrates der DDR vom kulturellen Einrichtungen und Massenkom­ 25. September 1968 über die »Grundsätze munikationsmittel in Westdeutschland und zur Gewährleistung der Sicherheit und Ord­ Westberlin, die im besonderen Maße in das nung in den Staats- und Wirtschaftsorganen, System der politisch-ideologischen Diversion WB, volkseigenen Kombinaten und Be­ einbezogen sind, nach ihrer Zielstellung, trieben« durchzuführen. Wirkungsweise und ihrer Stellung im System der politisch-ideologischen Diversion aufzu­ 5. Zielgerichtete Überprüfung und Aufklärung klären. aller Reisekader aus den Bereichen der Kultur und Massenkommunikationsmittel Dabei hat sich die Aufklärungstätigkeit ne­ analog der Dienstanweisung 7/65. ben den Geheimdiensten, staatlichen Orga­ nen und volksfeindlichen Organisationen in Es ist zu verhindern, daß feindliche oder Westdeutschland und Westberlin auf Verla­ schwankende Elemente durch ihr Auftreten ge, Verlagsgruppierungen und Einrichtungen und Verhalten im Ausland dem Ansehen der der Massenkommunikationsmittel zu konzen­ DDR schaden, den Abwerbungsversuchen trieren, deren Angriffe sich besonders gegen des Gegeners unterliegen oder Verbindun­ die kulturpolitische Entwicklung der DDR gen zur Organisierung der Feindtätigkeit ge­ richten. schaffen werden. ln der politisch-operativen Aufklärungs- und Entschlüsse zur Verhinderung der Ausreise analytischen Tätigkeit sind ständig die An­ von Kulturschaffenden und Angehörigen der griffsrichtungen, Methoden der feindlichen Massenkommunikationsmittel sind unter Zu­ Tätigkeit und sich neu herauskristallisierende grundelegung allseitig erarbeiteter operativer Zentren, die auf kulturell-politischem Gebiet Materialien gewissenhaft zu fassen und einen Kampf gegen die DDR führen, heraus­ entsprechend zu legalisieren. zuarbeiten. Die Unterbindung der Ausreise ist unter Wahrung der Konspiration in Zusammenar- 116 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

VI. Aufgaben und Verantwortungsbereich des Leiters - Internationale Musikbibliothek und der Hauptabteilung XXn Redaktion Musik und Gesellschaft;

1. Planmäßige und systematische Anleitung - Staatliches Tanzensemble; der Referate in den Abteilungen XX der Be­ zirksverwaltungenNerwaltungen mit dem - Bundessekretariat des Deutschen Ziel der Erhöhung der Wirksamkeit der poli­ Kulturbundes mit den einzelnen Sek­ tisch-operativen Maßnahmen zur Sicherung tionen; der Bereiche der Kultur und Massenkom­ munikationsmittel. - Gewerkschaft Kunst und IG Druck und Papier; 2. Ständige Einschätzung der politisch-operati­ ven Lage im Verantwortungsbereich in Zu­ - Club der Bühnen- und Filmschaffen­ sammenarbeit mit den zuständigen Linien den »Die Möve«; und die Auswertung von Vorkommnissen und Erscheinungen in Einrichtungen, Insti­ - Urania-Gesellschaft zur Verbreitung tutionen und gesellschaftlichen Organisatio­ wissenschaftlicher Kenntnisse; nen im Bereich der Kultur und Massen­ kommunikationsmittel, die auf Feindtätigkeit - Deutsche Küntleragentur schließen lassen. - VEB Zentralzirkus; 3. Koordinierung der Aufgaben und planmäßi• ges Zusammenwirken mit den Diensteinhei­ - Studio für Unterhaltungskunst ten im Ministerium für Staatssicherheit, ins­ besondere mit den Linien II, VII, XVIII, XIX, - Zentraler Bühnennachweis HPF, ASR, M, PZF und der Hauptverwaltung -A-, Abstimmung von Maßnahmen zur Ge­ währleistung der Sicherheit in den Bereichen b) Verantwortungsbereich Pressewesen, der Kultur und Massenkommunikationsmittel. Nachrichtenagenturen und Journalisten:

4. Organisierung der politisch-operativen Ab­ - Presseamt beim Vorsitzenden des wehrarbeit in den Objekten, Einrichtungen Ministerrates; und gesellschaftlichen Organisationen der Kultur und Massenkommunikationsmittel. Presseabteilung im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten; a) Verantwortungsbereich staatliche Orga­ ne, Verlage und gesellschaftliche Ein­ - grenzüberschreitender Journalisten­ richtungen im kulturellen Bereich: verkehr DDR-Westdeutschland, Westberlin und DDR-kapitalistisches - Ministerium für Kultur; Ausland, sowie Westdeutschland, Westberlin, - Deutscher Schriftstellerverband; kapitalistisches Ausland in die DDR;

- Zentrale Verlage mit Druckereien, - Verband Deutscher Journalisten; Aufbau-Verlag Berlin und Verlag Rütten und loening, - Allgemeiner Deutscher Nachrichten­ Verlag Volk und Welt/Kultur und dienst!Zentralbild, Berliner Presse­ Fortschritt, büro, Panorama und Funkempfangs­ Verlag »Die Wirtschaft«, stelle Weesow; Deutscher Verlag der Wissenschaf­ ten, - Deutsches Institut für Zeitgeschichte. Verlag Volk und Wissen, Verlag für Medizin, c) Verantwortungsbereich Rundfunk, Verlag Volk und Gesundheit, Fernsehen, Film: landkartenverlag; - Staatliches Komitee für Rundfunk - Büro für Urheberrechte; mit den Sendern Radio DDR I. Pro­ gramm und II. Programm, - Verband bildender Künstler; Berliner Rundfunk, Berliner Welle, - Verband der Theaterschaffenden; Deutschlandsender, Radio Berlin International sowie - Verband Deutscher Komponisten die vorhandenen Sondereinrichtun­ und Musikwissenschaftler; gen, Der Stasi und die Medien 117

Studiotechnik Rundfunk mit techni­ - Bezirksverband der Komponisten schen Einrichtungen; und Musikwissenschaftler;

- Staatliches Komitee für Fernsehen; - alle nicht in den Berufsverbänden organisierten Maler, Grafiker, Bild­ - Studio des Fernsehens 1. und 2. hauer, Karikaturisten, Zeichner und Programm; andere Kulturschaffende;

- Studiotechnik Fernsehen mit statio­ - im Bezirk vorhandene Verlage ein­ närer und mobiler Technik; schließlich freiberufliche Lektoren und die von den Abteilungen XX der - die Hauptverwaltung Film des Mini­ BezirksverwaltungenNerwaltungen steriums für Kultur; verantwortlich abgesicherten Druk­ kereien; - VEB DEFA Studio für Synchroni­ sation; - Konzert- und Gastspieldirektionen;

- VEB DEFA Außenhandel; - DEWAG-Werbung;

- Staatliches Filmarchiv der DDR mit - Theater, Schauspieler, Regisseure, den Einrichtungen in Berlin; Dramaturgen, Musiker, Tänzer, Büh• nenbildner und Bühnentechniker, - VEB Studio für Kurzfilme, Betriebs­ Orchester mit Solisten; teil Berlin; - freischaffende Conferenciers, Schla­ - der Verband der Film- und Fern­ gersänger, Satiriker und Artisten, sehschaffenden; Tanzkapellen, Kabaretts und Varie­ tes; - Institut für Filmwissenschaften; - Hoch- und Fachschulen und Aus­ - ständiges Büro der internationalen bildungsstätten im kulturellen Be­ Leipziger Dokumentar- und Kurzfilm­ reich; woche für Kino, Film und Fernsehen, Sitz Berlin. - den örtlichen Organen unterste­ hende Kultur- und Klubhäuser, kul­ turelle Massenarbeit, Volks- und VII.Aufgaben und Verantwortungsbereich der Leiter Laienkunst, Volks- und Laienen­ der Referate in den Abteilungen XX der Bezirks­ sembles, Zirkel und Chöre; verwaltungenNerwaltungen - Bezirkskabinette für Kulturarbeit und 1. Organisierung der politisch-operativen Ab­ deren Nachfolgeeinrichtungen; wehrarbeit in den Objekten, Einrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen der - Museen, kulturelle Forschungs- und Kultur und Massenkommunikationsmittel auf Gedenkstätten und Stiftungen; Bezirksebene. - volkseigener und privater Buchhan­ a) Verantwortungsbereich staatliche Orga­ del. ne, Verlage und gesellschaftliche Orga­ nisationen im kulturellen Bereich: b) Verantwortungsbereich Pressewesen und Journalisten im Bezirksmaßstab mit - Abteilungen für Kultur bei den Räten dazugehörenden Redaktionen und frei­ der Bezirke; beruflichen Journalisten:

- Deutscher Kulturbund, Bezirkssekre­ - grenzüberschreitender Journalisten­ tariat und Sektionen künstlerische verkehr DDR-Westdeutschland, - Gesellschaften (soweit im Bezirk Westberlin und DDR-kapitalistisches vorhanden); Ausland sowie Westdeutschland, Westberlin, kapi­ - Gewerkschaft Kunst und IG Druck talistisches Ausland in die DDR; und Papier; - Journalistenausbildungseinrichtun­ - Bezirksverband der Schriftsteller; gen (soweit im Bezirksmaßstab vor­ handen); - Bezirksverband der bildenden Künst• ler; 118 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

c) Verantwortungsbereich Rundfunk, Fern­ Kultur und Massenkommunikationsmittel sehen, Film im Bezirksmaßstab: übertragen hat.

- Bezirksstudios des Staatlichen Ko­ mitees für Rundfunk und des Staatli­ VIII.Maßnahmen zur Koordinierung der politisch­ chen Komitees für Fernsehen; operativen Arbeit

- Studiotechnik Rundfunk und Studio­ 1. Entsprechend der Bedeutung der Einrich­ technik Fernsehen mit stationärer tungen, Institutionen und gesellschaftlichen und mobiler Technik; Organisationen im Bereich der Kultur und Massenkommunikationsmittel für alle opera­ - VEB Progreß-Filmvertrieb und Licht­ tiven Linien des Ministeriums für Staatssi­ spielwesen; cherheit ist eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung der politisch-operativen Maß• Zusätzlich für Bezirksverwaltung Pots­ nahmen zwischen der Hauptabteilung XX .drun und den Linien II, VII, XVIII, XIX, der HPF, ASR, M, PZF und Hauptverwaltung -A- er­ - Staatliches Filmarchiv der DDR, Be­ forderlich. Sie ist Grundlage für die komplexe triebsteil Potsdam; allseitige operative Sicherung des Bereichs der Kultur und Massenkommunikationsmittel. - VEB DEFA-Studio für Spielfilme Potsdam-Babelsberg; 2. Durch alle operativen Linien des Ministeri­ ums für Staatssicherheit ist eine verstärkte - VEB DEFA-Studio für Kurzfilme Kontrolle über Journalisten, Kulturschaffen­ Potsdam-Babelsberg; de, Schriftsteller, Verlagsmitarbeiter und an­ dere Personen aus den Bereichen der Kultur - Hochschule für Filmkunst Potsdam­ und Massenkommunikationsmittel aus West­ Babelsberg. deutschland, Westberlin und dem kapitali­ stischen Ausland, die sich vorübergehend Zusätzlich für Bezirksverwaltung Dres­ auf dem Territorium der DDR aufhalten, ~ einzuleiten und zu gewährleisten. Dabei sind alle Versuche herauszuarbeiten, die eine - DEFA-Trickfilmstudio Dresden-Gor­ Ausnutzung der legalen Möglichkeiten dieser bitz. Personenkreise für feindliche Zwecke erken­ nen lassen. Hierzu gehören auch Besucher, Zusätzlich für Yerwaltung Groß-Berlin die zu besonderen Anlässen, wie Leipziger Messe und Ostseewoche, sowie als Touri­ - VEB DEFA-Kopiewerke Johannis­ sten und Privatreisende sich zeitweilig in der thai; DDR aufhalten.

- VEB Zentralstelle für Filmtechnik 3. Zuständig für die Einleitung operativer Maß• Berlin. nahmen zur Kontrolle und Überwachung derartiger Personenkategorien sind: 2. Zielgerichtete offensive Vorgangsbearbei­ tung, offensive Feindabwehr, verbunden mit bei Einreisen, die im Rahmen der Reali­ der Organisierung der perspektivischen Ar­ sierung vertraglicher Vereinbarungen beit in den künstlerischen, literarischen und sowie anderweitiger Vorhaben im staat­ journalistischen Ausbildungseinrichtungen, lichen, politischen, kulturellen und öko• soweit sie im Bezirk vorhanden sind. nomischen Interesse notwendig sind, die Diensteinheit, die für die politisch­ 3. Einschätzung der politisch-operativen Situa­ operative Sicherung des einladenden tion in Einrichtungen, Institutionen und ge­ bzw. die Verbindung abwickelnden Ob­ sellschaftlichen Organisationen im Bereich jektes verantwortlich ist; der Kultur und Massenkommunikationsmittel, Herausarbeitung der Hauptrichtungen der beim besuchsweisen Aufenthalt sowie feindlichen Tätigkeit und Auswertung der er­ der Einreise aus anderen privaten Grün• arbeiteten Erkenntnisse mit den im Bezirk den die für das Territorium zuständige beteiligten operativen Linien. Diensteinheit

4. Anleitung und Kontrolle der Kreisdienst­ 4. Die Leiter aller operativen Diensteinheiten stellen zur Durchsetzung der Maßnahmen, haben sich als Grundlage für die Durchfüh• die der Leiter der BezirksverwaltungNerwal­ rung der in dieser Dienstanweisung gestell­ tung den Kreisdienststellen zur Sicherung ten Aufgaben eine Übersicht über die im der Einrichtungen, Institutionen und gesell­ Verantwortungsbereich tätigen fest ange­ schaftlichen Organisationen im Bereich der stellten oder freischaffenden Journalisten, Der Stasi und die Medien 119

Schriftsteller, Schauspieler, Übersetzer u. a. genannten Bereichen mit dem Ziel, eine Kulturschaffenden zu verschaffen. Massenwirksamkeit zu erreichen und Die Erfassung operativ anfallender Personen über und der Informationsfluß an die federfüh• rende Linie hat entsprechend dem Befehl geplantes und erfolgtes illegales Ver­ 299/65 zu erfolgen. lassen der DDR bzw. Abwerbungsver­ suche oder Abwerbungen von bekann­ ten bzw. in verantwortlichen Funktionen IX. Analyse und Informationsfluß tätigen Personen aus den genannten Bereichen. 1. Der Leiter der Hauptabteilung XX/7 und die Leiter der Referate 7 in den Abteilungen XX 2.2. Unabhängig von der operativen Zustän• der BezirksverwaltungenNerwaltungen ha­ digkeit haben die Leiter anderer operativer ben durch eine vorausschauende planmä• Diensteinheiten den Leitern der für die Be­ ßige analytische Tätigkeit auf der Grundlage reiche der Kultur und Massenkommunikati­ des Befehls 299/65 unter Einbeziehung aller onsmittel sowie Journalisten federführenden Diensteinheiten einen ständigen Überblick Abteilungen XX der Bezirksverwaltungen/ über die politisch-operative Lage und sich Verwaltungen sofort-meldungspflichtige Vor­ herauskristallisierende Schwerpunkte in den kommnisse und Hinweise über in ihrem Ver­ Bereichen der Kultur und Massenkommuni­ antwortungsbereich tätige Kulturschaffende kationsmittel zu schaffen. und Journalisten, wie unter Punkt 2.1. ange­ führt, zu übergeben. Die in der analytischen Tätigkeit heraus­ gearbeiteten politisch-operativen Schwer­ 3. Zu folgenden operativen Angaben und Wer­ punkte und verbrechensbegünstigenden Um­ ten ist der Informationsfluß auf der Grund­ stände sind mit Hilfe einer qualiftzierten ziel­ lage des Befehls 299/65 präziser und aktuel­ gerichteten Leitungstätigkeit durch entspre­ ler zu gestalten: chende Maßnahmen konzentriert zu bearbei­ ten bzw. zu beseitigen, wobei die vorbeu­ Angaben zu Einrichtungen, Institutionen gende Arbeit in den Mittelpunkt der operati­ und Organisationen, die als Entsender ven Arbeit zu stellen ist. von Kontaktsuchern und Abschöpfern in Erscheinung treten; Der Leiter der Hauptabteilung XX/7 ge­ währleistet auf der Grundlage dieser analyti­ Auffassungen und Theorien, die von schen Tätigkeit die periodische schriftliche Kulturschaffenden und journalistisch tä• bzw. auf Arbeitstagungen der Linie XX/7 tigen Personen zu Angriffen gegen die vorzunehmende Information an die Referate Parteilinie verwendet werden; 7 in den Abteilungen XX der Bezirksverwal­ tungenNerwaltungen bzw. der Stützpunkte festgestellte, vor allem überörtliche in den Kreisdienststellen über die politisch­ Verbindungen negativer bzw. feindlicher operative Situation, die Entwicklung der Kulturschaffender. Schwerpunkte der politisch-operativen Ab­ wehrarbeit und die Anleitung zur Lösung der 4. Periodische Einschätzungen: politisch-operativen Aufgaben. Die zuständigen Stellvertreter Operativ ha­ 2. Die verstärkte Feindtätigkeit auf dem Gebiet ben zu gewährleisten, daß in den Halbjah­ der Ideologie und Kultur erfordert die Quali­ resanalysen und 8-Wochen-Berichten der fizierung des Informationsflusses auf der Linie XX die politisch-operative Situation in Grundlage des Befehls 299/65. den Bereichen Kultur, Massenkommunikati­ ons-mittel und Journalisten entsprechend ih­ 2.1. Die Leiter der Abteilungen XX der Bezirks­ rer Bedeutung gewissenhaft erarbeitet und verwaltungenNerwaltungen haben an den eingeschätzt werden. Leiter der Hauptabteilung XX Sofortmeldun­ gen zu erstatten über Besonders zu beachten sind dabei folgende Probleme: die Entstehung von staatsfeindlichen Gruppen, an denen Personen aus den 4.1. Die politisch-operative Situation in den genannten Bereichen beteiligt sind; einzelnen Einrichtungen, Institutionen und gesellschaftlichen Organisationen in den geplante oder durchgeführte Terror-, Bereichen der Kultur und Massenkommuni­ Diversions- und Sabotageverbrechen kationsmittel und die sich daraus entwik­ sowie Brandstiftungshandlungen mit kelnden operativen Schwerpunkte unter be­ größeren politischen Auswirkungen; sonderer Berücksichtigung von Verdachts­ momenten in operativen Materialien und provokatorisches Auftreten und staats­ Vorgängen über feindliche Gruppen und feindliche Hetze von Personen aus den Einzelpersonen, die 120 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Hetze gegen die DDR, insbesondere gegen die Kulturpolitik betreiben,

passiven Widerstand planen oder orga­ nisieren,

feindliche Verbindungen oder Kontakte unterhalten.

4.2. ln die analytische Tätigkeit sind auch die Bereiche einzubeziehen, die auf Grund der Entwicklung des Kommunikationswesens und der wachsenden internationalen Zusam­ menarbeit von Wissenschaft und Technik und des voraussichtlichen Angriffs des Fein­ des immer mehr an Bedeutung gewinnen, wie zum Beispiel

Entwicklung und Einführung des Farb­ fernsehens in der DDR,

Schaffung neuer Publikationsorgane und -formen,

Bildung neuer Ausbildungsstätten bei der Durchsetzung der Hochschulreform,

Ausbau neuer Kultur- und Forschungs­ zentren für diese Bereiche,

Entwicklung neuer Formen des Rei­ severkehrs und des Urlauberaustau­ sches und die starke quantitative Zu­ nahme dieser Reisen.

4.3. Mittel, Methoden und Kanäle des Gegners, Wirksamkeit der politisch-ideologischen Di­ version und der feindlichen Abschöpfungs• und Spionageversuche sowie der dabei in Erscheinung tretenden feindlichen Zentren, Organisationen und Einrichtungen.

4.4. Der Stand der operativen Absicherung, besonders im technischen Bereich und Sen­ deablaut der Massenkommunikationsmittel Rundfunk und Fernsehen.

4.5. Der erreichte Stand der Koordinierung mit anderen Diensteinheiten und der allseitigen Ausnutzung der inoffiziellen Mitarbeiter, Schlüsselpositionen und des Einsatzes pa­ triotischer Kräfte sowohl in der vorbeugen­ den Arbeit als auch in der direkten Feindbe­ kämpfung im Bereich der Kultur und Mas­ senkommunikationsmittel.

5. Die Leiter der Diensteinheiten haben in Verbindung mit der Parteiorganisation die sachbezogene Schulung und Erziehung der Mitarbeiter zur Durchsetzung der Beschlüsse der Partei und Regierung zu gewährleisten.

Mielke Generaloberst Nachrichten und Informationen

25. Jahrestagung des Studienkreises Leitung in Mari/Westfalen Prof. Dr. Reinhold Viehoff, Universität (22.- 24. September 1994) 16.00 Uhr Technik Die 25. Jahrestagung des Studienkreises Rund­ Prof. Dr. Leo Danilenko, Westdeutscher funk und Geschichte, veranstaltet in Verbindung Rundfunk, Köln: Das duale System auf mit der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein­ dem Weg zum digitalen Radio Westfalen in DOsseidorf sowie dem Adolf-Grim­ Leitung me-lnstitut in Mari, findet vom 22. bis 24. Sep­ Günter Roessler, Köln tember in Mari beim Adolf-Grimme-lnstitut statt. Sie steht unter dem Leitthema »Zehn Jahre 20.00 Uhr Kaminabend duales System: Erwartung - Analyse - Bewer­ Duales System und Medienstandort­ tung« . politik in Nordrhein-Westfalen Teilnehmer Dr. Norbert Schneider, Landesanstalt für Programm der Jahrestagung Rundfunk, Düsseldorf Peter Hoenisch, RTL, Köln Stephan Piltz, Westdeutscher Rundfunk, Donnerstag, 22. September 1994 Köln

Fachgruppensitzungen Moderation Dr. Helmut Drück, Berlin 14.00 Uhr Archive und Dokumentation Ort: Hotel Loemühle, Mari, Loemühlen­ weg 221 Programmarchive öffentlich-rechtlicher und privater Programmanbieter: Per­ spektiven für die wissenschaftliche Nutzung (Rundgespräch) Freitag, 23. September 1994

Teilnehmer Das duale Rundfunksystem: Ursula Adelt, Verband privater Rundfunk Erwartungen, Programmwirklichkeit und Telekommunikation Sonn Prof. Dr. Helmut Schanze, Universität 9.30 Uhr Programmvorstellungen für ein duales Siegen Rundfunksystem Dr. Norbert Schneider, Landesanstalt für Rundfunk, Düsseldorf Dr. Walter Klingler, Südwestfunk, Baden­ Baden Dr. Gisela Süle, Westdeutscher Rund­ funk, Köln 10.00 Uhr Programmanalyse des Hörfunks im Leitung dualen System Dr. Edgar Lersch, Süddeutscher Rundfunk, Stuttgart Joachim Drengberg, Norddeutscher Rundfunk, Harnburg 14.00 Uhr Musik 10.30 Uhr Programmanalyse des Fernsehens seit - Musikpolitik der Rundfunkanstalten Einführung des dualen Systems nach dem Zweiten Weltkrieg - Musikvermittlung im Fernsehen des Dr. Udo-Michael Krüger, Institut für dualen Systems empirische Medienforschung, Köln Leitung 11 .15 Uhr Diskussion mit ~ _, ~ eferenten Dr. Wolgang Sieber, Hessischer Rundfunk, Frankfurt am Main Moderation des Vormittags 16.00 Uhr Literatur und der Diskussion Dr. Volker Lilienthal, Evangelischer Alles Propaganda? - zum literarischen Hörspiel der NS-Zeit Pressedienst, Frankfurt am Main Günter Eichs »Rebellion in der 14.30 Uhr Studentisches Fenster Goldstadt« (1940) Ralf Hohlfeld/Gernot Gehrke: Kommuni­ Podiumsgespräch kativer Wandel im Rundfunksystem. Karl H. Karst I Wolfram Wessels Programmauftrag und Programm­ realität: Ergebnisse einer empirischen 122 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Programmanalyse treuern und Betreuten (16 zu 29) -gute Gründe, Moderation sich einmal im Jahr wahrend der wissenschaftli­ Dr. Marianne Ravenstein, chen Beschaftigung mit einer Abschlußarbeit auf Universität Münster die Reise ins Oberhessische zu begeben. Wer zum ersten Mal nach Grünberg kommt, muß 16.30 Uhr Die Hörfunk- und Fernsehnutzung in angesichts des zu erwartenden Frusts für die Ostdeutschland nach Einführung des Rückreise ein zusatzliches Gepackstück mitbrin­ dualen Rundfunksystems gen. Dort hinein kann er/sie den Kummer pak­ Dr. Gerlinde Frey-Vor, Mitteldeutscher ken, den die Beschneidungen- keine lnitationsri­ Rundfunk, Leipzig ten, nein! - der urspünglichen Intention einbrin­ gen werden: Denn Forschungsvorhaben werden 17.15 Uhr Ostdeutsche Identität im westdeutsch hier in aller Regel ihrer Anlage, ihrem Anspruch dominierten Programm. Bedingungen und vor allem ihrem Umfang nach in Frage ge­ und Wirkungen stellt (Und das ist gut so!). Da aber auch auf ei­ Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz nem wissenschaftlichen Kolloquium nicht alles Dr. Antje Einigk, Universität Leipzig so heiß gegessen wird, wie es die Köche der Sportschule einst gekocht haben mögen, heißt Moderation es: Ball flach halten, die Halfte des Angemahn­ Prof. Dr. Wolfgang Mühi-Benninghaus, ten vergessen, zwischen der anderen Halfte und Humboldt-Universität, Berlin dem Beabsichtigten einen gesunden Kompromiß finden. Samstag, 24. September 1994 Das Programm in Grünberg ist kompakt (was die unermüdlichen Mahner zur Pünktlichkeit zu Die Zukunft des dualen Systems - ihrem Gewohnheitsrecht kommen laßt), kom­ ordnungspolitische Defizite und primiert und laßt wenig Zeit für den erhofften Forderungen Ausflug in die Walder. Insbesondere in diesem Jahr. Wer es nicht einrichten kann, frühzeitig 10.00 Uhr Medienökonomische Perspektiven anzureisen, geht leer aus. Eine Entzerrung ist (Anbietermärkte, Programmkosten etc.) wünschenswert, kostet aber entweder einen Vor­ in ihren Auswirkungen auf kommerzielle und öffentlich-rechtliche Medienunter­ trag oder den für die Abreise vorgesehenen nehmen Sonntagnachmittag. Will man den Bestand des diesjahrigen Kol­ Prof. Dr. Bernd-Peter Lange, Europäi• loquiums aufnehmen, muß man fragen, was auf­ sches Medieninstitut, Düsseldorf fiel, was sich im Jahreswandel verandert hat. Zunachst: Das Gros der wieder zahlreich er­ 10.30 Uhr Ordnungspolitische Defizite im Dualen Rundfunksystem und Forderungen für schienen Betreuer war - wie gewohnt - bereit, die Zukunft sich auch bis in die tiefe Nacht dem nicht enden wollenden Strom von Anfragen zu stellen. Ab­ Hans Hege, Medienanstalt Berlin-Bran­ gesehen von der unerbittlichen Disziplin wahrend denburg, Berlin der Gruppenarbeit ist diese Beratungsintensitat vielleicht das größte Verdienst dieser lobenswer­ 11.30 Uhr Diskussion mit den Referenten Eröffnungsstatement Prof. Dr. Helmut ten Einrichtung. Da sieht man beispielsweise ge­ Schanze, Universität Siegen standene Medienforscher rastlos nach Mitter­ nacht durch die gastronomischen Einrichtungen Moderation schleichen, stets auf dem Weg zwischen notfall­ Prof. Dr. Lothar Albertin, klinischer Erstversorgung und postoperativer Horn-Bad Marienberg Nachbehandlung studentischer Opfer. Neugierde 13.00 Schlußwort des Vorsitzenden als padagogischer Impetus. Traditionell sind die Grünherger Nachte lang; traditionell hält man sich mit wenigen Ausnahmen kollektiv bis zum Zapfenstreich am Licher Pils schadlos. 22. Grünberger Doktoranden­ Wenn wir aber schon von den Kindern der Kolloquium (13.-15. Mai 1994) Nacht sprechen, soll auch Memos nicht schwei­ gen. Nicht jeder Mentor von eigenen Gnaden Aus der Sicht eines Wiederholungstäters nimmt die Aufgabe den Schutzbefohlenen ge­ genüber so ernst, wie es wünschenswert ist, wie Der wissenschaftliche und persönliche Aus­ es von der Mehrheit indessen vorexerziert wird. tausch mit Leidensgenossen und Weggefahrten »Des Vetters Eckfenster«, um mit E.T.A. Hoff­ sowie ein optimales Verhältnis der Zahl von Be- mann zu sprechen, gab in jedem Fall ausrei- Nachrichten und Informationen 123 chend Gelegenheit, neben hingebungsvoller Be­ Arbeitsgruppe II Hörfunkprogramm- treuung auch das kokette Treiben auf dem geschichte nach 1945 »Jahrmarkt der funktionalen Eitelkeiten« zu be­ obachten. Auch wenn es sich in der prosaischen Sabine Gerasch Gedenktagssendungen im Wirklichkeit nur um den Blick aus dem ersten Hörfunk. Stock des Sporthotels auf die Vorstandssitzung Andrea Guder Zum Kriminalhörspiel in der des >Studienkreises Rundfunk und Geschichte< Bundesrepublik Deutsch­ handelt: Er laßt den Schluß zu, daß so mancher land. »Funktionär« die Zeit allzu offensichtlich lieber unter Seinesgleichen verbringt, statt die ein­ Christoph Kahlenberg Helmut Kohl in der Bericht­ erstattung des SWF-Hör• schlägigen Sinnesorgane für studentische Be­ funkprogramms und der gehrlichkeiten zu reservieren. Selbstverstandlieh Tageszeitung »Die Rhein­ ist die Zeit knapp bemessen, fordern Admini­ pfalz« - Ein inhaltsanalyti­ stration und Magistratur ihren Tribut. Gleichwohl scher Vergleich. sollten Amt und Würde den Blick auf die wesent­ lichen Belange einer wissenschaftlichen Unter­ Karl-Heinz Mosgraber Entstehungsgeschichte und Programmpolitik deutscher redung nicht verstellen, damit das Kolloquium Regionalsender in der SBZ nicht zum Selbstzweck verkommt. 1945-1949. Erfreulich die straffen, pointiert, doch mit un­ terschiedlichen Temperamenten vorgetragenen Christof Schneider Die Darstellung des Natio­ Referate von Stefan Slaby (Programmgeschichte nalsozialismus im Hörfunk• und Rundfunkarchive. Forschungsmöglichkeiten programm des >Nordwest­ deutschen Rundfunks< in den Archiven des öffentlich-rechtlichen Rund­ (NWDR) von 1945 bis 1948. funks) und Nicole Prosse (Geschichte des Zwei­ ten Deutschen Fernsehens 1967-1977. Konsoli­ Oliver Zöllner >British Forces Broadcasting dierung und Durchsetzung), die einträchtig den Service< (BFBS). Geschich­ Blick freigaben auf die Vorteile Fleiß fordernder, te, Inhalte, Rezipienten und aber thematisch Oberschaubarer Abschlußarbei• Funktionen des britischen Militär-Rundfunks in ten. Nicht jeder Teilnehmer, das liegt in der Na­ Deutschland. tur der Sache, war mit der gewählten Gruppen­ einteilung zufrieden. Nicht wenige wanderten Arbeitsgruppe 111 Fernsehprogramm- deshalb - und das schließlich ist ein weiteres un­ geschichte nach 1945 leugbares Plus der Veranstaltung - Ober die Flure des Sporthotels, auf der Suche nach einer Matthias Kretschmer Der Zeitungs- und Fern­ neuen Arbeitsgruppe, das eigene Forschungs­ sehkarikaturist (NWDR) projekt vorzustellen. Teilgenommen haben: Mirko Szewczuk.

Harald Kurz Deutsche Spaltung - Arbeitsgruppe I Rundfunk vor 1945 Deutsche Einheit im Spiegel von Fernsehkommentaren Christina Brink Organisations- und Pro­ 1988-1992. grammgeschichte des Michaela Monschau Ausländerprogramm im German Service der BBC ZDF: Nachbarn in Europa­ von 1938-1945. Determinanten des Wandels Ricarda Meier Die rechtlichen Bestimmun­ einer Fernsehsendung für gen über die Werbung in der Minderheiten. Weimarer Republik. Martina Roepke Selbstreflexive Formen des Susanne von Rabenau Geschichte der Rundfunk­ Dokumentarfilms. technik in Deutschland Thomas Schlecking Nachrichten im deutschen 1923-1933. Fernsehen. Ein Vergleich Esther Schauerte Die Oberschlesienfrage in von Präsentation und Struk­ der >Schlesischen Funk­ tur ausgewählter Haupt­ stunde< 1923-1932. Eine nachrichtensendungen Studie zur Grenzlandpolitik Karin Wehn Probleme der Synchroni­ und Propaganda im sation am Beispiel einer Weimarer Rundfunk. Fernsehserie. Patrick Simpatico Widerstand und Propaganda im Rundfunk während des Dritten Reiches. 124 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Arbeitsgruppe IV Fragen der Rezeptions­ ln Grünberg springt der Funke über forschung Eine Zuschrift an die Redaktion

Beate lllg Rezeptionsverhalten von Panegyrikos ist griechisch und bedeutet Lobre­ Frauen bezogen auf eine de. Althistoriker wissen, daß eine solche voll von deutsche Vorabendserie. Propaganda und deswegen nur mit Vorsicht als Manuela Schneider »Himmel und Erde« - eine Quelle für reale Sachverhalte zu benutzen ist. kirchliche Sendung im priva­ Dennoch: Weil ich als Gast des Studienkrei­ ten Hörfunk - Akzeptanz und ses Rundfunk und Geschichte am 22. Dokto­ Etwartungen von Hörer• randen-Kolloquium in Grünberg vom 13. bis 15. Innen. Mai 1994 teilnehmen durfte, muß ich eben einen Barbara Schulze Kommunikationssystem solchen Panegyrikos loswerden. Gerade weil ich Altenheim. Mediennutzung nach beinahe 25jahriger Arbeit mit einem im Spiegel binnenkommuni­ Goebbels-Produkt sehr genau weiß, was hinter kativer Kontakte. dem Begriff Propaganda steckt, finde ich, daß Ulla Weber Feministisches Bewußtsein ich für die Institution Grünberg immer Pro­ und gesellschaftliche Verän• paganda betreiben muß. Denn das Doktoran­ derung (Medienanalyse/ den-Kolloquium ist wirkllich eine einmalige Ein­ Befragung). richtung, um die man als Auslander die deut­ schen Doktoranden der Mediengeschichte ei­ Arbeitsgruppe V Medien-/Programmpolitikl gentlich nur beneiden kann. Programmstrategien Der Panegyrikos ist diesmal mehr als eine bloße Lobrede im herkömmlichen Sinne des Gernot Gehrke Das Normative der Kommu­ Wortes - er ist sachgerecht und spiegelt die viel­ nikationsfreiheit - Annähe• schichtige Funktion des Treffens wider. Als sym­ rung an den Begriff Grund­ ptomatisch für die Art und Weise, wie gearbeitet versorgung. wurde, mag das Heranziehen von Tafeln für die Sandra Gemein Die Geschichte von RTL­ Fußball-Taktik der deutschen Fußballer zur Be­ Television 1984-1994. waltigung von Krisen der Doktoranden-Arbeiten zur Rundfunkgeschichte genannt werden. Martin Grocholl Zukunftsaussichten pan­ europäischer und nationaler Grünberg muß man eben erlebt haben! TV-Zielgruppenprogramme. Kolloquium ist lateinisch und bedeutet Ge­ sprach, insbesondere das wissenschaftliche Ge­ Ralf Hohlfeld Theorie und Analyse des sprach. Und das gab es wirklich wahrend des Rundfunkwandels: Hand­ sehr intensiven Wochenendes. Hier hatten alle lungskonzepte öffentlich• wirklich die Möglichkeit, auf ihre Kosten zu kom­ rechtlicher und privater Fernsehanbieter. men (wobei nur die Getranke zu bezahlen wa­ ren!). Das vollzog sich sowohl bei den Diskus­ Oliver Kopitzke Programm-Promotion im sionen, in Arbeitsgruppen, in denen die Dok­ deutschen Fernsehen. toranden ihre Arbeiten vorstellten, als auch beim Analyse und Vergleich. lukullischen Essen oder beim Bier bis in die Nicole Prüsse Geschichte des Zweiten spate Nacht. Die Experten aus der Forschung Deutschen Fernsehens und der Praxis standen jederzeit zu Diskussio­ 1967-1977. Konsolidierung nen bereit - und sicherlich wurden in Grünberg und Durchsetzung. wichtige persönliche Kontakte geknüpft, die für Gabi Straßer Die Argumentationsstruktur die Weiterarbeit des einzelnen ohne Zweifel von von Programmverantwort­ entscheidender Bedeutung sein werden. Darauf lichen des öffentlich-recht• deutete die Vorstellung der Teilnehmer am Frei­ lichen und des privaten tag abend, die schon einmal dabeigewesen wa­ Fernsehens von 1988-1993. ren, hin. Aber sowohl etablierte Wissenschaftler als Stefan Wehmeier Zukunftsaussichten pan­ europäischer und nationaler auch zielstrebige Doktoranden sind Menschen TV-Zielgruppenprogramme von Fleisch und Blut, die ein soziales Umfeld brauchen, um kreativ und geistreich arbeiten zu Ralf Hohlfeld können. Deswegen gebührt auch vom danischen »Gast« an dieser Stelle ein sehr herzlicher Dank denjenigen, die bei der Planung, Finanzierung und Durchführung des Kolloquiums mitgewirkt Nachrichten und Informationen 125 haben. Ich glaube für alle sprechen zu könoen, »Medien und Geschichte«, geben? Ich kann wenn ich sage, daß es sich gelohnt hat. nämlich nur sehr bedauern, daß ich nicht vor Zu forschen heißt nämlich auch »einsam zu vielen Jahren einer Einladung von Professor sein«, und dadurch entstehen immer wieder per­ Kahlenberg nachgekommen bin, am Kolloquium sönliche Krisen: angefangen mit der vorgese­ teilzunehmen. Hätte ich seinerzeit nur gewußt, henen Thematik (die sich immer wieder wan­ daß es sich nicht nur um Rundfunk (im engeren delt), über die mühsame Quellensammlung und Sinne des Wortes) handelte, sondern um Medien Literatursichtung bis hin zur Methodik und Ana­ im weiteren Sinne, hatte ich viel früher solche lyse - von der Problematik der Niederschrift ganz ergiebigen Kontakte für meine Arbeit über den zu schweigen. Schön ist es dann, von anderen Film im Dritten Reich genutzt, die ich jetzt zu erfahren, daß man selbst mit solchen Pro­ angeknüpft habe. blemen gar nicht allein steht und daß alle diesel­ ln Grünberg funkt es nämlich rund herum. ben Krisen durchleben. Das hilft bei der Bewälti• Man bekommt nicht nur Inspiration für die wis­ gung der nächsten Krise. senschaftliche Arbeit, sondern auch Freunde! Das erlebten einige, die während des Kollo­ Stig Hornsh0j-M0IIer quiums ihr Arbeit vorstellten. Bei dieser Gele­ genheit schossen anwesende Experten z.T. sehr scharf aus der Hüfte, waren aber zugleich auch immer mit konkreter Hilfe und mit Vorschlägen zur Stelle, wie es weitergehen könnte. Die Kritik war nie persönlich gemeint, könnte aber leicht von jemandem, der sich lange und intensiv mit dem Thema befaßt hatte und plötzlich »alles zu­ sammenstürzen« sah, so aufgefaßt werden. Es handelte sich immer um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung auf hohem Niveau, das aus verschiedenen Gründen nur selten in den jewei­ ligen Universitäten angetroffen wird. Gerade deswegen bemühen sich auch die Experten darum, daß die Teilnehmer von dieser Kritik nicht psychologisch »erschlagen« werden. Hinzu kam, daß es einfach Spaß machte, dabei zu sein. Ich spürte bei allen, mit denen ich sprach, daß »Grünberg« zum Weitermachen mit der mühsamen Arbeit inspirierte und motivierte, die für jeden einzelnen Teilnehmer eine Mi­ schung von Haß und Liebe darstellt. Durch die Bandbreite der Themen entstand überhaupt eine Kraftballung, die ich selbst noch nicht ganz »verdaut« habe. Aber um eine Schlagzeile von Rüdiger Steinmetz (als er sich noch als freibe­ ruflicher Journalist betätigte) über eine Tagung zu zitieren: »Lieber zu viel als zuwenig«. Ich habe beinahe »ZU viel« bekommen - und daß, obwohl ich nur »Gast« war (und deswegen eigentlich mich hätte entspannen können und sollen?). Aber symptomatisch für Approach und Stil des Doktoranden-Kolloquiums war, daß ich einfach hineingezogen wurde. Hier ging es eben um die Sache " und nicht um die sonst bei Ta­ gungen oft stattfindende »Reproduktion der wis­ senschaftlichen Hierarchie«. Grünberg war im wahrsten Sinne des Wortes ein wissenschaftliches Kolloquium. Keine Rosen ohne Dornen (sonst werden die Mitglieder des >Studienkreises Rundfunk und Geschichte< glau­ ben, daß ich für diesen Panegyrikos gut bezahlt werde!): Könnte man nicht wenigstens dem Dok­ toranden-Kolloquium einen anderen Titel, z.B. Schwarzes Brett

»Ein praktisches Stück deutscher gleich als stellvertretender Leiter und Moderator. Wiedervereinigung« Zwei Jahre spater wurde er als Nachfolger von Emil Obermann zum Fernseh-Chefredakteur des Ernst Elitz erster Intendant des SDR berufen. Kurze Zeit spater trat er auch des­ >Deutschlandradios< sen Nachfolge als Moderator der Diskussions­ Sendung »Pro & Contra« an, die er, mutatis mu­ Der Chefredakteur des >Süddeutschen Rund­ tandis, zu einer der erfolgreichsten Talk-Shows funks< (SDR), Ernst Elitz, ist auf der Sitzung des im deutschen Fernsehen machte. Daneben trat Hörfunkrats am 3. Marz 1994 zum ersten In­ Elitz als prononcierter Kommentator in den »Ta­ tendanten des neu konstituierten Senders gesthemen« auf und moderierte zuweilen den >Deutschlandradio< bestimmt worden. Das ARD-» Weltspiegel«. Gremium wählte ihn mit 30 Ja-Stimmen gegen Im Rahmen seiner Tatigkeit als Lehrbeauf­ sieben Nein-Stimmen bei drei Enthaltungen für tragter an der Wirtschafts- und Sozialwissen­ die Dauer von fünf Jahren in das höchste Amt schaftlichen Fakultat der Universitat Göttingen des nationalen Hörfunks. Elitz trat es am 1. April (74n5) gab er 1975 zusammen mit Jörg Aufar­ 1994 an. Er war zuvor als einziger Bewerber mann das Buch »Ausbildungswege zum Jouna­ vom Verwaltungsrat nominiert worden . Der Ver­ lismus - Bestandsaufnahmen, Kritik und Alterna­ waltungsratsvorsitzende, der Intendant des tiven der Journalistenausbildung« heraus. Über• >Zweiten Deutschen Fernsehens< (ZDF), Dieter dies veröffentlichte Elitz Aufsatze zur Bildungs­ Stolte, der bis zu Elitz' Inthronisation kommis­ politik und gesellschaftspolitische Publikations~. sarisch die Intendanz des >Deutschlandradios< Nicht zuletzt deshalb, vor allem aber wegen sei­ leitete, begrüßte die Wahl, da mit Elitz eine er­ ner abwechslungreichen journalistischen Vita gilt fahrene Persönlichkeit an die Spitze des Sen­ er in Branchenkreisen als der richtige Mann für ders komme. Elitz sei geeignet, »den notwendi­ die Mischung aus Information und Kultur, die das gen lntegrationsprozeß in den beiden Rundf~nk­ neue >Deutschlandradio< auszeichnen soll. hausern Köln und Berlin im Interesse emes Mit Elitz, der in ' Insiderkreisen despektierlich, Oberzeugenden Hörfunkprogramms schnell vor­ aber nicht ohne Respekt »der flinke Ernst« ge­ anzubringen«. nannt wird, zieht ein Mann in die Intendanz ein, Ernst Elitz kann auf eine langjährige jounali­ der als früherer Mitarbeiter des RIAS immerhin stische Karriere beim öffentlich-rechtlichen einen Teil des neugegründeten nationalen Hör• Rundfunk und im Printmedienbereich zurück• funksanders aus eigener Erfahrung kennt. Ob blicken. Er wurde am 24. Juli 1941 in Berlin ge­ ihm das hilft, der schwierigen Aufgabe - Integra­ boren und studierte nach dem Abitur von 1960 tion dreier strukturverschiedener Sender bis 1968 Germanistik, Theaterwissenschaft, Po­ (>Deutschlandfunk<, >RIAS<, >OS-Kultur<) unter litik und Philosophie an der Freien Universität einem gemeinsamen Dach - gerecht zu werden, Berlin. Schon vor seinem Magisterexamen war bleibt abzuwarten. Probleme erwarten den un­ er beim >RIAS Berlin< Reporter und Redakteur auffälligen, stets dezent agierenden Berliner zu­ in der Hauptabteilung Kulturelles Wort gewor­ vOrderst im eigenen Haus, wo er die diametralen den. Nebenher schrieb Elitz in freier Mitarbeit für Begehrlichkeilen einzelner Redaktionen zu . ei­ >DIE ZEIT<, >Publik< und den >filmdienst<. Seine nem Kompromiß formen muß. Besonders he1kel nachste Festanstellung fand er beim >SPIEGEL< dürfte sich der unversöhnliche Gegensatz in den in dessen Deutschland-Redaktion er von 1969 Programmphilosophien von OS-Kultur und RIAS bis 1974 arbeitete. Bei einem erneuten Wechsel gestalten, die das Berliner Programm bilde~ . Er­ führte ihn sein Weg 1974 in das Berliner Studio eifern sich die einen ob der Beschrankthell der des ZDF. Bis 1983 berichtete Elitz aus West­ swing- und jazzorientierten musikalischen und Ost-Berlin sowie der DDR für die Reihen Palette der RIAS-Musikredaktion, wettern die an­ »Kennzeichen D«, für »heute«, »heute-joumal« deren gegen die Wort- und Kopflastigkeil weiter und »Landerspiegel«. Für die Sendung »Kenn- Strecken des Nachmittags, der redaktionell von . zeichen D«, deren stellvertretender Redaktions­ der 05-Kultur-Riege verantwortet wird. Daß das leiter er wurde, saß Elitz zusätzlich als Moderator >Deutschlandradio< als Projekt »ein ganz prakti­ vor der Kamera Er erhiett für seine Arbeit beim sches Stück deutscher Wiedervereinigung« ist, Magazin den Gustav-Heinemann-Bürgerpreis. wie Elitz selbst sagt, das ein »Zusammenwach­ Zudem gestaltete Elitz in diesen Jahren sen im Kleinen wie im Großen« probt, zeigen Dokumentationen zu innenpolitischen Themen. auch die Hörerreaktionen in Berlin. Im Osten der 1983 wechselte er innerhalb des ZDF nach Stadt wird die Sendung »Klassik zum Frühstück« Wiesbaden zum »heute-journal« - abermals zu- schmerzlich vermißt, im Westen beklagt man Schwarzes Brett 127 sich über zuviel Kultur am Nachmittag. Hier muß einem 70 m hohen Holzmast, Erdungsanlage Elitz schleunigst Entscheidungsfreudigkeit be­ sowie Stationsgebaude und zwei Holzschuppen weisen und eine Programmreform einleiten, da­ errichtet hatte. Der Grund für diese Baumaßnah• mit das »Deutschandradio mit seiner Brücken• me im markischen Wald war die Entscheidung schlagfunktion« (Stolte) seine Mitarbeiter und der Lorenz AG, mit ihrer 1906 gegründeten Ab­ seine Hörer gleichermaßen einen kann. Zu teilung für drahtlose Telegraphie ihre sendetech­ Recht hat Elitz anlaßlieh seiner Amtseinführung nischen Innovationen bis zur Absatz- und Be­ aber auch auf die inhaltliche Kompetenz hinge­ triebsreife zu entwickeln und auf dem durch wiesen, die der nationale Hörfunk in die Waag­ Staatsaufträge von Marine, Heer und Post welt­ schale werfen kann, indem er betonte, »daß hier weit aufblühenden Markt der deutschen Elektro­ nicht nur etwas Neues entsteht, sondern daß industrie den Wettbewerb mit der 1903 gegrün• man auf guten Traditionen aufbaut«. deten Gesellschaft für drahtlose Telegraphie Unterdessen hat Ernst Elitz auch seine Füh• mbH (Telefunken), zu bestehen.2 Die Gesell­ rungsmannschaft zusammen: Seine eigene Wahl schaft für drahtlose Telegraphie, eine Gründung war vom Verwaltungsrat von einem »Opportunen der AEG und der Siemens & Halske AG, betrieb Personalpaket« abhangig gemacht worden. Die­ seit 1906 in Nauen und in Norddeich Versuchs­ ses Gremium gab am 18.Marz seine Zustim­ stationen. 3 Die Versuchsstation Eberswalde mung dazu, den bisherigen DLF-Chefredakteur diente über 20 Jahre als Laboratorium für Bau Günther Müchler (der CDU zugerechnet) zum und Betrieb von Prototypen der Lorenz-Sender, Programmdirektor des Sender-Standbeins in als Strahlungsanlage für Reichweitenversuche Köln zu berufen. Das Pendant in Berlin wurde und sogar für den Mikrophonbau. Sie erhielt al­ quid pro quo mit Gerda Hollunder (der SPD zu­ lerdings niemals den Status einer Verkehrssta­ gezahlt), der bisherigen Leiterin des WDR-Hör• tion - wie Eilvese oder Nauen - für den regelmä• funk Programmbereichs Kultur, Hörspiel und ßigen, von der Reichspostverwaltung konzessio­ Unterhaltung, besetzt. nierten öffentlichen Funkbetrieb. Ralf Hohlfeld Mit dem Beginn des ersten Weltkriegs muß• ten alle Plane für postalisch genehmigte, privat­ unternehmerisch betriebene Funkdienste für Wirtschaft und Publizistik zunachst ausgesetzt Wider die Verballhornung der werden, denn samtliehe Funkstationen wurden Bullenwiese zu Eberswalde beschlagnahmt und dem Kriegsministerium un­ terstellt, der Betrieb dem Administralsstab der Denkmalschutz für Rundfunkgeschichte Kaiserlichen Marine (Nauen, Norddeich, Eilvese) oder Funkgeschichte? und dem Großen Generalstab des Heeres (Kö• nigs Wusterhausen) zugeteilt. Die Hauptfunk­ Vom 6. Juli bis zum 17. Oktober 1993 war im stelle Königs Wusterhausen war bereits 1912 als Stadt- und Kreismuseum Eberswalde eine Aus­ Funkfeitstelle des Heeres für das Festungs- und stellung historischer Rundfunkempfanger zu se­ Standortnetz geplant, 1913 begonnen und im hen. Die Gerate waren Leihgaben des Museums Juni 1915 fertiggestellt worden; Lorenz und Tele­ Viadrina in Frankfurt (Oder). Der Titel der Aus­ funken hatten die Sendeanlagen geliefert. Die stellung lautete: »Vor 70 Jahren wurde Ebers­ militarischen Stationsbesatzungen unterstanden walde Geburtsstatte des deutschen Rundfunks«. als Angehörige der Telegraphentruppe der Ge­ Den gleichen Titel tragt eine zur Ausstellung er­ neralinspektion des Militar-Verkehrswesens. Im schienene Broschüre.1 Sollte etwa der hellwa­ Juli 1917 wurde eine selbstandige Waffengat­ che Enthüllungsjournalismus wieder einmal eine tung unter der Bezeichnung »Nachrichtentrup­ Affare der Dame Klio entdeckt und zum Anlaß pe« organisiert. Die militarischen, nicht zuletzt genommen haben, die »Neuschreibung der Ge­ aber auch die publizistischen Verwendungsmög• schichte«, der Rundfunkgeschichte in diesem lichkeiten sind wahrend des Krieges zunehmend Falle, zu reklamieren? Haben Vater Bredow und erkannt worden. Das war der Grund für anhal­ Mutter Voss ihr Erstgeborenes in Eberswalde zur tende technische und betriebliche Entwicklungs­ Welt gebracht, eine Frohgeburt zudem? Die und Ausbauaktivitaten in den Stationen, was die Ortsgeschichtsschreibung jener Kreisstadt am fernmeldetechnischen Kernfunktionen betraf: Finow-Kanal lokalisiert die »Geburtsstatte des Reichweiten und Sicherheit der Zeichenübermitt• deutschen Rundfunks« prazise auf der stadti­ lung, Verstandlichkeit und Verstehbarkeit der schen Bullenwiese. Aufnahme, Übermittlung und Wiedergabe von Als Geburtshelfer - um im Bild zu bleiben - Sprache; zur Abwechslung mögen die Funker fungierte die C. Lorenz AG, die jene Bullenwiese auch einmal gesungen, ein Instrument gespielt ab dem 1. April 1909 gepachtet hatte und darauf oder das Kohlekörnermikrophon eines Tele- im selben Jahr noch eine Versuchsstation mit 128 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) phons in den Schalltrichter einer Sprechmaschi­ Vermittlung darstellt, und zum anderen, daß die ne, eines Grammophons, gesteckt haben. Formulierung des Übermittelten {Stimmen und Nach dem Ende des Kriegs ging die Fern­ Töne) zugleich die Formalitat des Vermittelten meldehoheit wieder an die Post zurück, an das {Wort, Musik) ausmacht. Die erzahlende Rück• im Februar 1919 aus einem Staatssekretariat schau wird zu einer klassischen Symptomhand­ entstandene Reichspostministerium mit seiner lung, bei der ein entscheidender Unterschied ausführenden Behörde, der Reichstelegraphen­ zwischen der Übermittlungsstruktur »Funk« verwaltung. Diese Obernahm schließlich im April {Kanal) und der Vermittlungsstruktur »Rundfunk« 1919 »das gesamte Funkwesen« , wie es in der {Medium) übersehen wird.5 Die Funktionen der entsprechenden Verfügung der Reichsregierung Kommunikatoren und die der Rezipienten sind hieß. 4 Die privaten Stationen konnten wieder beim Funk andere als beim Rundfunk. Die Ver­ von ihren Eigentümern übernommen werden. suchsfunker testen die Sendequalitat unter Die Militarstation Königs Wusterhausen wurde im wechselnden Bedingungen. Für das Testergeb­ September 1919 der Reichstelegraphenverwal­ nis unerlaßlich sind die Rückmeldungen der tung übergeben und gewann zentrale Bedeutung Kollegen in anderen Versuchsstationen oder der für den Ausbau des Reichsfunknetzes zur Amateure. Diese wiederum empfangen die Test­ Verbreitung öffentlicher Fernmeldedienste. Die sendungen - zum Vergnügen oder aus techni­ privaten Verkehrsstationen, nun »Großstatio• schem Interesse -, prüfen die Empfangsqualitat nen« genannt, bauten europaische und Obersee­ unter wechselnden Bedingungen und übermitteln ische Funkverbindungen auf. Zunachst handelte den Versuchsstationen oder anderen Amateuren es sich durchweg um Funktelegraphie {Zeichen­ die Ergebnisse. Dagegen sind die Funktionen funk) und zwar von einer Abgabestation an eine der Kommunikatoren und der Rezipienten im Aufnahmestation {Linienfunk). Die kleinen Ver­ Vermittlungssystem - im Medium Rundfunk - suchsstationen wie Eberswalde konnten sich seit völlig anders bestimmt; erinnert sei an die 1919 wieder mit Sprechfunk beschaftigen. Im Standardfunktionen Unterrichtung, Meinungsbil­ Vordergrund ihrer Bau- und Betriebsversuche dung, Vergesellschaftung und Unterhaltung. standen Probleme, z.B. die menschliche Stimme ln der Eberswalder Ausstellungsbroschüre auf den Sender zu bekommen, die Entwicklung von 1993 heißt es wieder einmal, die Telepho­ von Mikrophonen und Verstarkern. Zur Evaluie­ nieversuche in Eberswalde {»noch 1919«) und in rung dieser Versuche wurde um Empfangsbe­ Königs Wusterhausen {»Anfang 1920«) »stellten richte gebeten. die ersten wirklich erfolgreichen Versuche zur Das Hörerecho konnte die Techniker in den Übertragung von Sprache und Musik, und damit Versuchsstationen nicht überraschen. Für sie die ersten Anfange des Rundfunks in Europa war die Ausbreitungsfigur elektrischer Wellen, dar«.S Diese stolze Botschaft, von Autorin und die sogenannte »Rundwirkung« oder »Radialwir­ Autor nicht belegt, sei der Lokalgeschichts­ kung«, eine physikalische Selbstverstandlichkeit. schreibung nachgesehen. Leider halt sie weder Sie waren sich der Tatsache bewußt, daß ihre einer technikgeschichtlichen noch einer rund­ Sendungen potentiell »an alle« gingen. Deshalb funkgeschichtlichen Kritik stand. Darum ein Vor­ durften sie auch Empfangsmeldungen praktisch schlag zur Güte und zur Beförderung des Besu­ aus allen Himmelsrichtungen erwarten, theore­ cherverkehrs in der »markischen Metropole«: tisch aus dem gesamten Wirkungskreis ihrer Der Sendemast der Versuchsstation wurde im Sender. Dabei war die Größe dieses Wirkungs­ Marz 1939 abgetragen. Lorenz kündigte im kreises, die Streubreite des Senders, als eine Jahre 1943 den Pachtvertrag über die stadtische Funktion der Sendestarke erkannt worden. Aus Bullenwiese. Sollte das noch vorhandene und den physikalisch-technischen Strukturmerkmalen doch offenbar etwas verkommene Stationsge­ des Sendevorgangs sind die Begriffe für ein baude wieder hergerichtet und unter Technik­ Übermittlungssystem abgeleitet und nur wenige denkmalschutz gestellt werden, dann ware den Jahre spater auch für das Vermittlungssystem Pflegepaten, der Denkmalsbehörde und den übernommen worden: Für das Medium Rund­ wißbegierigen Besuchern mit einer fernmeldege­ funk {Rundspruch, Omroep}, Radio (Radiodiffu­ schichtlich sachgerechten Beschreibung und sion, Radiofonia), Broadcasting, Kringkasting. Erklarung gewiß besser gedient als mit bunt blü• Die »Telephonieversuche« mit experimentell henden Legenden. variierten Wort-, Gesangs- und Musikdarbietun­ Winfried B. Lerg gen wurden von einigen Mitwirkenden und Zeu­ gen in Erinnerungsbeitragen nachtraglieh als 1 Knut Berger und lngrid Fischer: Hallo! Hallo! Hier »Rundfunk-Premieren« ausgegeben. Die Grün• Eberswalde! Vor 70 Jahren wurde Eberswalde de für solche historische Fehlleistungen sind in Geburtsstätte des deutschen Rundfunks. Ebers­ diesem Fall darin zu suchen, daß zum einen die walde 1993. Auf dem Außentitel steht der Hinweis »Dieses Heft ist dem 20. Jahrestag der Interna­ Übermittlung eine systematische Pramisse der tionalen Assoziation deutschsprachiger Medien Schwarzes Brett 129

(IADM) in Köln - 11. bis 14. November 1993 - ge­ programm zu verschaffen, fehlte es nicht. Politi­ widmet.« Die Autorin ist als Mitarbeiterin des Mu­ ker und Programmacher meldeten sich in Parla­ seums Eberswalde ausgewiesen, der Autor ment und Presse zu Wort, um das strittige Pro­ zeichnet als Mitglied der GFGF e.V. (Gesellschaft blem einer Lösung naher zu bringen. Als Argu­ der Freunde der Geschichte des Funkwesens). mente wurden u.a. ins Feld geführt: Nur so 2 Vgl. dazu materialreich, aber streng selbstrefe­ könne die Arbeit der Volksvertretung objektiv rentiell: 50 Jahre Lorenz 1880-1930. Festschrift vermittelt und die Arbeitsweise der Demokratie der C. Lorenz Aktiengesellschaft Berlin-Tempel­ der Bevölkerung nahergebracht, eine wahrheits­ hof, Berlin 1930, sowie die Erinnerungen von Eu­ gemäße und objektive Berichterstattung gesi­ gen Nesper: Ein Leben für den Funk. München chert und die Aktualität des Rundfunks bestätigt 1950, S. 64 ff. werden. Die BefOrworter erblickten in Übertra• 3 Vgl. ebenso materialreich und selbstreferentiell: gungen von Parlamentssitzungen ein geeignetes Festschrift zur Einweihung der Großfunkstelle Mittel zur politischen Erziehung des Volkes und Nauen am 29.9.1920. Hrsg. von der Gesellschaft zugleich eine Stotze der Weimarer Demokratie. für drahtlose Telegraphie m.b.H.-Telefunken und Vor allem Rundfunkzeitschriften und einzelne von der Drahtlosen Übersee-Verkehr A.G.-Trans­ radio. Berlin 1920, sowie: 25 Jahre Telefunken. Rundfunkgesellschaften waren es, die wiederholt Festschrift der Telefunken für drahtlose Telegra­ auf die Notwendigkeit hinwiesen, den Rundfunk phie m.b.H., Berlin 1903-1928. Berlin 1928; au­ im Dienste des Volkes und seiner Regierung für ßerdem Hans Bredow: Im Banne der Ätherwellen. die Übertragung von wichtigen Reichstags­ 2 Bde. Stuttgart 1954 und 1956. sitzungen einzusetzen. 4 Vgl. Winfried B. Lerg: Die Entstehung des Rund­ Dem gegenOber standen die Befürchtungen funks in Deutschland. Frankfurt am Main 1965, S. und Einwande der Gegner von Übertragungen: 81 et passim. Die breite Masse sei an politischen Dingen des­ interessiert, die Reden seien langweilig und wor­ 5 Einer ganz ähnlichen Symptomhandlung unter­ den zur Propaganda und zu Profilierungsversu­ liegt auch ein wissenschaftlicher Autor. Vgl. Rai­ ner Pommerin: Seekabel und Nachrichtenbüros. chen einzelner Redner und einzelner Parteien Determinanten des Deutschlandbildes im Zeitalter mißbraucht und verlören damit an Sachlichkeit; des Imperialismus 1871-1914. ln: Vierteljahres­ hinzu kamen technische Probleme und das Pro­ schrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Bd. blem der Auswahl von Beitragen (Parität). 73 (1986), S. 520-531. Der von Pommerin be­ Manch einer machte sich die Sache auch recht hauptete Zusammenhang von Seekabelpolitik und einfach und tat Parlamentsübertragungen Kommunikationspolitik bleibt ein durch die bishe­ schlicht als »politisches Theater« ab. Vor allem rige Agenturgeschichtsschreibung nicht belegtes Parteien am rechten Rand der Weimarer politi­ Konstrukt. schen Landschaft wehrten sich gegen Rundfunk­ 6 Berger/Fischer: Hallo! ... (wie Anm. 1), BI. 7. übertragungen aus dem Reichstag und pochten auf die Neutralität des Rundfunks.2 Alle Versuche von Originalübertragungen aus dem Reichstag scheiterten ebenso wie die Erlebtes Zeitgeschehen Plane, einen eigenen Sender für die Belange »Reichstags-Stimmungsbilder« und des Parlaments einzurichten. Wahrend der Wei­ »Zeitberichte« im Weimarer Rundfunk marer Republik fand keine einzige Direktübertra• gung statt, lediglich einzelne Ministerreden und Der Rundfunk in der Weimarer Republik wurde politische Feierstunden wurden aus dem Plenar­ von einer breiten, zumeist öffentlich, in der Fach­ saal übertragen. und Massenpresse, ausgetragenen Diskussion Ansprechpartner des Rundfunks für die Über• Ober Eigenheiten, Möglichkeiten sowie Aufgaben tragung von Reichstagsdebatten waren der des neuen Mediums begleitet.1 Diskutiert wurde Reichstagspräsident und der Ältestenrat des auch Ober die Frage: Soll der Rundfunk Parla­ Reichstags. Der Ältestenrat jedoch, in dem sich mentsdebatten und -reden aus dem Reichstag die Meinungen der Fraktionen widerspiegelten, übertragen? verweigerte eine Genehmigung zur Übertragung. Die Gründe, die ihn dazu bewogen, erläuterte Keine Direktübertragung Reichstagspräsident Paul Löbe, selbst ein ent­ schiedener Verfechter der Übertragungen von aus dem Reichstag Reichstagssitzungen: Der Reichstag tage drei, BefOrworter und Gegner lieferten sich in den ge­ vier, manchmal sechs Stunden hintereinander druckten Medien einen zum Teil heftig geführten mit teils interessantem, teils weniger interessan­ Schlagabtausch Ober Wert und Unwert solcher tem Beratungsstoff. Es würde nicht möglich sein, Übertragungen. An Bemühungen, Reichstagssit­ die Sitzung in voller Lange zu übertragen, da zungen einen gebührenden Platz im Rundfunk- dies zuviel Zeit in Anspruch nehmen würde. Eine 130 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Auswahl zu treffen sei aber schwer: »Welche der könnte die Übertragung durch das Einbinden im Reichstag verhandelten Gegenstande sollen kurzer Stimmungsbilder, »die vorher aus dem wegbleiben, welche sollen gebracht werden? Reichstag selbst, gewissermaßen aus dem noch Sollen die Redner aller Parteien wiedergegeben rauchenden Sitzungssaal, als unmittelbarer Be­ werden, was doch zweifellos allein gerecht wä• richt eines Augen- und Ohrenzeugen zu geben re? Aber ist es erträglich, den Rundfunk von waren.« Erforderlich dazu wäre im Sitzungssaal nachmittags 2 Uhr an bis abends 6 Uhr oder gar eine Sprechzelle mit einem reichlich bemesse­ 9 Uhr für solche Reden zu beschlagnahmen? nen Fenster, von dem aus der ganze Saal Wer würde dann noch zuhören? Also eine Aus­ Oberblickt werden könnte. Um die Idee einer wahl der Redner? Ist das durchfOhrbar? Würden wirklich unmittelbaren Übertragung aus wichti­ nicht sofort die Parteien sich gekrankt fühlen, gen Sitzungen noch zu retten, machte Rauscher wenn nur die Regierungsreden erschienen? den allerdings unbeachtet gebliebenen Vor­ Welche Parteien sollen, wenn die Uebertra­ schlag, im Rahmen solcher Stimmungsbilder gungszeit gekürzt wird, ausgelassen werden?« einzelne Reden zu Obertragen und die Paritat Das seien Schwierigkeiten, die sich einer Über• dadurch zu sichern, daß jedesmal eine andere tragung entgegenstellen worden. Erst wenn die politische Richtung zu Wort kommen sollte. Es Gefahr jeder Einseitigkeit und Parteilichkeit ab­ sei allerdings fraglich, ob das Stimmungbild den gewendet sei, »erst dann werden wir imstande erforderlichen Ausgleich immer schaffen könn• sein, den berechtigten Wunsch zu erfüllen.«3 te.9 Als eine Art »Notbehelf«4 bot der Chefredak­ teur der >Drahtlosen Dienst AG<, der gemein­ Nachgestellte Parlamentsdebatten samen Nachrichtenredaktion der deutschen Rundfunkgesellschaften, Josef Rauscher, gele­ Als Bemühung, dem Mikrophon den bislang gentlich sogenannte »Reichstags-Stimmungs­ versperrten Zutritt zu den Parlamentsräumen bilder«, die er nach der jeweiligen Eröffnungs• wenigstens indirekt zu erschließen, sind neben sitzung einer neuen Sitzungsperiode vor dem Rauschers Stimmungsbildern die »Zeitberichte« Mikrophon der Berliner >Funk-Stunde< vortrug. der Frankfurter >SOdwestdeutschen Rundfunk Diese Stimmungsbilder wurden erstmals am 14. AG< zu nennen, die zwischen 1929 und 1931 im Dezember 1929 gesendet, weitere Berichte folg­ Berliner und Frankfurter Rundfunkprogramm all­ ten am 14. Februar, 29. März und 13. Oktober gemeine Beachtung und größtenteils Zustim­ 1930.5 Diese Sendungen waren nach Meinung mung fanden. Die »Zeitberichte« schöpften ihren von Hans Bausch »das Außerste, was der Stoff aus dem Zeitgeschehen. Beabsichtigt war, Rundfunk an eigener Kraft in das politische Pro­ Vorgange und Geschehnisse so zu gestalten, gramm hineintragen konnte.«6 Von der Presse daß der Hörer die Darbietungen nicht als Auffüh• verschiedener Richtungen indes wurden sie po­ rung, sondern als Wirklichkeit empfand. Die sitiv aufgenommen und hatten keinerlei Be­ Autoren stellten sich die Aufgabe, die Zusam­ menhange eines aktuellen politischen Gesche­ schwerden zur Folge. 7 Dennoch wurden die Stimmungsbilder nach nur vier Berichten wegen hens zu erfassen und aus dem vorliegenden der Schallplattenarchivierung von Redeaus­ Stoff das herauszunehmen, was Milieu und ln­ schnitten wieder aufgegeben. Der Originalton halt besonders kennzeichnet. Zur Darstellung eines Redenbeitrages konnte von nun an pro­ kamen Parlamentsdebatten und wichtige politi­ blemlos aus dem Archiv geholt und z.B. für die sche Verhandlungen sowie Diskussionen aus­ SchallplattenrOckblicke ins Programm genom­ schließlich aus dem Ausland, bei denen Rund­ funksprecher die Rolle der einzelnen Hand­ men werden. 8 Der Reiz einer unmittelbaren lungstrager wahrnahmen. Übertragung ging dabei dennoch verloren. Den Hörern sollte da­ Im Oktober 1930 äußerte sich Rauscher zum bei der Eindruck vermittelt werden, daß nicht die Problem einer unmittelbaren Übertragung von Rundfunkmitarbeiter zum Hörer sprachen, son­ politischen Debatten und brachte dabei auch dern die Politiker, deren Worte das Zeitgesche­ seine »Reichstags-Stimmungsbilder« zur Spra­ hen bestimmten. Regiemittel sollten erklärende che. Er gab zu bedenken, daß die auf Schall­ Worte ersetzen und das Miterleben steigern helfen.10 platte aufgenommenen Beitrage fOr die Über• tragung nach den Grundsatzen der politischen Die »Zeitberichte« folgten stets demselben Paritat gekiirzt werden müßten, damit ein ge­ Grundmuster, das sich anhand des nachfolgen­ rechtes und doch nicht allzu langes Hörbild ent­ den Beispiels erkennen läßt: Nach dem amtli­ steht. »Eine solche Bearbeitung würde jedoch chen französischen Sitzungsbericht brachten die Zeit erfordern, und meist worden die Debatten »Zeitberichte« am 13. August 1929 »Szenen aus dann mit allem Drum und Dran früher in den Zei­ der Schulden- und Reparationsdebatte der fran­ tungen zu lesen als durch Rundfunk zu hören zösischen Kammer« mit verteilten Rollen als sein.« Aktuell ergänzt werden, so Rauscher, einstondige Abendsendung. Aufgeteilt war der Schwarzes Brett 131

Hörbericht in mehrere Bilder: Erstes Bild: Ray­ Obwohl den . »Zeitberichten« eine »objektive mond Poincare leitet die Redeschlacht ein. - Wiedergabe der politischen Ansichten« zuer­ Zweites Bild: Poincare im Kampf mit Louis Marin kannt wurde, kamen Hörbilder Ober deutsche und Vincent Auriol. - Drittes Bild: Rededuell Parlamentssitzungen und Parteitage mit Rück• zwischen Aristide Briand und Franklin-Bouillon. - sicht auf die geltenden »Richtlinien über die Re­ Viertes Bild: Briand stellt die Vertrauensfrage. - gelung des Rundfunks«, die das Medium zur Fünftes Bild: Die Abstimmung der Kammer und politischen Neutralität verpflichteten, nicht in der Protest des Vertreters der ehemaligen Frage. Lobende Worte für die Sendereihe fand Kriegsteilnehmer. Über den politischen Zusam­ Reichstagspräsident Löbe: »Ich habe die Auszü• menhang - es ging um die Auseinandersetzung ge aus fremden Debatten, die der Berliner mit den Vereinigten Staaten als dem großen Rundfunk seit einiger Zeit nach Übersetzung Gläubiger der europäischen Siegerstaaten des wiedergibt, gehört, Auszage aus den Verhand­ Ersten Weltkrieges - wurden die Hörer in der lungen des ungarischen, des französischen, des Einleitung informiert.11 ägyptischen Parlaments, und muß sagen, daß Ein Kritiker stellte enthusiastisch fest: »Die man sich sehr ra. ·eh in Rede und Gegenrede Spannung war ausgezeichnet herausgearbeitet einlebt und ein rec::t iesselndes Bild von den ( ... )Von den Politikern selbst war Poincare sehr Verhandlungen e rn&i' obgleich hier doch andere gut charakterisiert, geradezu eine schauspieleri­ Sprecher auftreten ~ erst die Übersetzung sche Studie zur Zeitgeschichte; Briand verlor vorgenommen ist ( . 1 . dagegen sehr viel von seiner Eigenart, und das Indirekte Erwähnung fanden die »Zeitberich­ liegt wohl nicht nur an der veränderten Sprach­ te« auch in der Rede des sozialdemokratischen färbung, die durch die Übersetzung bedingt ist. Abgeordneten Arthur Crispien, einem vehemen­ Dieser eine Abend, gleichsam ein politischer ten Verfechter von Rundfunkübertragungen aus Anschauungsunterricht, sagte dem Hörer mehr, dem Reichstag, am 17. Juni 1930 vor dem Ple­ als es je zehn Vortragsreihen könnten.« 12 num des Parlaments. »Wir erleben«, so Weitere »Zeitberichte« befaßten sich mit Crispien, »jetzt die merkwürdige Tatsache, daß Szenen aus den Parlamenten von Großbritanni• im Rundfunk Auszüge aus parlamentarischen en, Ungarn, Ägypten, der Sowjetunion, der Verhandlungen anderer Staaten gebracht wer­ Tschecheslowakei und der Schweiz und behan­ den. Aus Ungarn, Frankreich und einigen ande­ delten u.a. folgende Themen (in Klammem das ren Staaten sind Ausschnitte Ober parlamentari­ Sendedatum): Rede des Vorsitzenden des Rats sche Verhandlungen gegeben worden, von de­ der Volkskommissare der Union der sozialisti­ nen man sagen kann, daß sie allgemein mit Be­ schen Sowjetrepubliken, Rykow, Ober Friedens­ friedigung aufgenommen und überall als sehr in­ und Abrüstungsfragen, gehalten auf dem Rate­ teressant und lehrreich angesprochen worden kongreß in Moskau im Mai 1929 (6.8.1929); In­ sind. Nur der Reichstag hat sich nicht dazu auf­ dien-Debatte im englischen Oberhaus vom 5. raffen können, weil ein großer Teil der bürgerli• November 1929 (27.1.1930); Wiedereröffnung chen Parteien dagegen Widerstand leistet.« 16 des ägyptischen Parlaments (25.2.1930); Be­ Vergebens appellierte er an die Parteien, ihre neschs Rechenschaftsbericht vor dem tschecho­ kleinlichen Bedenken zurückzustellen und es zu slowakischen Parlament (19.3.1930); Französi• ermöglichen, durch den Rundfunk die Öffentlich• sche Kolonialdebatte (23.6.1930). Hinzu kamen keit für den Reichstag in vollem Maße herzu­ Bilder aus der Völkerbundsversammlung in stellen. Genf, von Parteitagen, Kongressen und Ge­ richtsverhandlungen aus aller Welt, z.B. Szenen Die »Reichstags-Stimmungsbilder« wie die vom 14. Parteitag der russisch-kommunistischen »Zeitberichte« konnten im Rundfunkprogramm Partei (12.9.1929); Streiflichter aus Genf: »Was sicherlich kein Ersatz für Originalübertragungen die Nationen wünschen« (23.9.1929); Giftmord­ aus dem Reichstag sein, bei denen der Hörer die prozeß in Theißwinkel (17.5.1930); Hyde-Park­ Politiker als Persönlichkeiten hatte erleben und Reden (17.6.1930); »Wie schafft man Arbeit«, beurteilen können. Aber sie hatten, wenn die Debatte vor dem Internationalen Arbeitsamt in Stimmungsbilder nicht schon nach vier Folgen Genf (4.5.1931 ).13 Der Ausstellungskatalog zur eingestellt und die deutsche Problematik in der Berliner Funkaustellung 1930 lobte die »Zeit­ Sendereihe »Zeitberichte« nicht ausklammert berichte«: Sie hatten sich »einerseits in ihrer dra­ worden ware, einen wichtigen Beitrag zur politi­ matischen Gestaltung, andererseits in ihrer ob­ schen Information und staatsbürgerlichen Erzie­ jektiven Wiedergabe der politischen Ansichten hung leisten können. Durch sie hatte die Bevöl• und Strömungen als außerordentlich begrüßens• kerung etwas Ober die Arbeitsweise des Parla­ werte Neueinrichtung für die politische und welt­ ments und der Weimarer Demokratie erfahren bürgerliche Erziehung« erwiesen.14 können. ln einer Zeit, in der die Gegner der par­ lamentarischen Staatsform stetig an Boden 132 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) gewannen, hatten auch sie zum Erhalt der De­ Rundfunktexte mokratie genutzt werden müssen. im Nachlaß Martin Raschke Jörg-Uwe Fischer Die Sachsische Landesbibliothek in Dresden 1 Vgl. Horst 0. Halefeldt: Das erste Medium für verwahrt den schriftlichen Nachlaß des sächsi• alle? Erwartungen an den Hörfunk bei seiner Ein­ 1 führung in Deutschland Anfang der 20er Jahre, schen Literaten Martin Raschke . ln ihm befin­ Teil1 . 1n: Rundfunk und Femsehen.Jg. 34 (1986), den sich u.a. mehr als 120 Texte, die von 1933

H. 1 I S. 23-43. bis 1940 für den Rundfunk geschrieben worden sind. Die Nachlaßbearbeiter haben die Oberlie­ 2 Vgl. u.a. Ansgar Diller: Reden »zum Fenster mn­ ferten Rundfunktexte in drei größere Komplexe aus«? Rundfunk und Parlament in der Weimarer Republik. ln: FUNK-Korrespondenz Jg. 30 (1982), eingeteilt: alphabetisch nach Titel geordnete Ein­ H. 9, S. 5ff. zelmanuskripte, die in der Regel ohne Datierung sind; Texte für die monatliche Sendereihe 3 Georg Biesenthal: Soll der Rundfunk Reichstags­ »Deutscher Kalender - Monatsbilder vom Kö• reden übertragen? Gespräch mit Reichstagsprä• nigswusterhauser Landboten« bzw. »Aus der sident Löbe und Staatsminister Wallraf. ln: Der Deutsche Rundfunk Jg. 6 (1928), H. 51, S. 3457. Truhe des Königswusterhauser Landboten«, chronologisch nach Jahren und Monaten geord­ 4 Hans Bausch: Der Rundfunk im politischen Kräf• net; Texte für den monatlichen Kalender, ge­ tespiel der Weimarer Republik 1923-1933. Tübin• ordnet ausschließlich nach Monaten, da Jahres­ gen 1956, S. 165. angaben fehlen. Da für den »Königswusterhau• 5 Vgl. Drahtloser Dienst Aktiengesellschaft ser Landboten« auch Raschkes Freund Günther (Dradag). Jahresbericht 1929/30. Berlin 1930, S. Eich mitverantwortlich zeichnete, sind im Nach­ 37; Das Berliner Rundfunkjahr 1930. Ein Rück• laß auch Texte von Eich überliefert. Da sie aber blick. Berlin 1931, S. 214,216. offenbar nur selten eindeutig zuzuordnen sind, 6 Bausch: Der Rundfunk ... (wie Anm. 4), S. 157. haben sich die Nachlaßbearbeiter wohlweislich entschlossen, hinter den Verfassernamen des 7 Vgl. Dradag (wie Anm. 5), S. 37. Ofteren ein Fragezeichen zu setzen. Zu 8 Vgl. Dradag. Jahresbericht 1930/31. Berlin 1931, wünschen ist, daß für Raschke bald eine S. 31; sowie Diller: Reden ... (wie Anm. 2), S. 7. chronologische Übersicht seiner Rundfunkaktivi­ Vgl. auch Ansgar Diller: Eine »akustische Weltge­ täten erarbeitet wird, wie sie für Eich für die Zeit schichte«. Schallplattenrückblicke im Weimarer des Nationalsozialismus' ansatzweise bereits Rundfunk. ln: Mitteilungen StRuG Jg. 20 (1994), H. 1, S. 49f. vorliegt. Die Manuskriptsammlung im Nachlaß von Martin Raschke wird dabei eine wertvolle 9 Oie Äußerungen Räuschers sind abgedruckt als: Unterstützung sein. Rundfunk und Reichstag. ln: Oie Sendung Jg. 7 AD (1930), H. 41, S. 656. 10 Vgl. Felix Stiemer: Zeitberichte. ln: Der Deutsche 1 Sächsische Landesbibliothek Mscr. Dresd. App. Rundfunk Jg. 8 (1930), H. 4, S. 9f.; Funkalmanach 2531 . Vgl. auch: Hans-Uirich Wagner: Martin 1930. S. 100f; W[ilhelmJ Schüller, »Auditor«-Hör• Raschke (1905- 1943). ln: Mittelungen StRuG 20.

spiele und »Zeitberichte« des Frankfurter Sen­ Jg. (1994), H. 1 I s. 50ft. ders. ln: Rundfunk Jahrbuch 1930, S. 129-132.

11 Vgl. Programmhinweis zum 13.8.1929. ln: Funk Jg. 6 (1929), H. 32, S. I, XIV. Thomas Mann und die BBC 12 Der Deutsche Rundfunk Jg. 7 (1929), H. 34, S. 1091f. im Zweiten Weltkrieg Neue Einsichten in die Rundfunkarbeit 13 Vgl. Auflistung in: Funkalmanach 1930. S. 1001. Einige Manuskrtpte der •Zedberichte« sind vor­ des Schriftstellers handen im Bundesarchiv Kobienz. R 78/634. Die Radioansprachen, die Thomas Mann von 14 Ebd., S. 100. 1940 bis 1945 aus Amerika über die BBC bei­ 15 Paul Löbe: Reichstag und Rundfunk [Text der nahe monatlich an »Deutsche Hörer!« richtete, Rundfunkansprache vom 6.6.1930]. ln: Arbeiter­ um ihnen ein Gegenbild zur nationalsozialisti­ funk Jg. 5 (1930), H. 29, S. 321f., hier S. 322. schen Propaganda zu vermitteln, waren zweifel­ 16 Stenographische Berichte über die Verhandlun­ los ein unverzichtbares persönliches Ausdrucks­ gen des Reichstags, Bd. 428, S. 5534. mittel seiner Exilzeit Im Lichte unveröffentlichter Dokumente und Akten aus den Archiven der BBC zeigt sich indes, daß Mann seine Sendun­ gen - im Tagebuch nennt er sie »Messages« - Schwarzes Brett 133

keineswegs im Alleingang verfaßte. Er mußte sie Novert:~ber nimmt er die Wiederwahl Roosevelts vielmehr in einem phasenweise spannungs­ zum Thema und kehrt - nach einer Abschwei­ reichen Prozeß den wechselnden Absichten der fung im Dezember über die Bedeutung der BBC anpassen, deren Programmstrategie die ln­ Weihnachtszeit für die Deutschen - im Januar formationspolitik der britischen Regierung wah­ zum Thema Roosevelt zurück und analysiert rend des Zweiten Weltkriegs widerspiegelt. 1 dessen Antrittsrede. Bei Ausbruch des Krieges nahmen die USA Manns Verhältnis zur BBC war allerdings zunächst eine abwartend neutrale Haltung ein. schon nicht mehr problemlos; er galt bald als Um das dadurch entstehende Informationsdefizit »difficult customer«. So bestand Mann, nachdem zu beheben, faßte die BBC Ende 1939 den er sein Honorar einer britischen Wohlfahrtsein­ Entschluß, im Programm des Deutschen Dien­ richtung gespendet hatte, zum Befremden der stes neben Nachrichten (news), Ansprachen BBC darauf, daß seine Geste publik gemacht (talks) und Features (z.B. die satirischen Mono­ werde. Auch empfand er die ihm zugestandene loge der »Frau Wernicke«) auch einmal wö• Sendezeit von fünf Minuten als unangemessene chentlich Nachrichtenkommentare (news talks) Einschränkung und bat um eine Verlängerung aus den Vereinigten Staaten in deutscher Spra­ auf zehn Minuten; man einigte sich schließlich che auszustrahlen. Sie sollten die Hörer über die auf acht Minuten. öffentliche Meinung in den USA zu wichtigen Anfang 1941 beschloß die BBC, die Tele­ politischen Ereignissen informieren. gramme durch Tonaufnahmen zu ersetzen. Am 27. Januar 1940 übermittelte der Vertre­ Mann war, wie sich herausstellte, der geborene ter der BBC in New York, Felix Greene, tele­ Radiosprecher, da er über eine ausgezeichnete grafisch nach London eine Liste in Amerika le­ Mikrofonstimme verfügte. Als Mann Mitte Marz bender deutschsprachiger Persönlichkeiten, vor­ seinen Wohnsitz ins kalifornisehe Pacific Pali­ nehmlich Emigranten, die geeignet erschienen, sades verlegte, schienen diese Plane zunächst in einem Nachrichtenkommentar über amerika­ gefährdet, da Kurzwellenübertragungen von Kali­ nische Belange zu berichten. ln dieser Liste, die fornien nach London zu teuer und störanfällig u.a. die Journalisten Alexander Woolcot und waren. Man entschied daher, seine Sendungen Sinclair Lewis, die Schauspielerinnen Marlene von nun an in den CBS-Studios in Hollywood Dietrich und Greta Garbo, den Dirigenten Leo­ aufzunehmen und die Schallplatten, sogenannte pold Stokowski und den Physiker Albert Einstein »master-discs«, per Luftpost nach New York zu nennt, findet sich auch der Name von Thomas schicken, von wo aus sie nach England übertra• Mann. gen werden sollten. Im Herbst nahm die BBC Kontakt mit Mann Zwischen März 1941 und Mai 1944 fanden auf, der zu dieser Zeit am Joseph-Roman arbei­ seine Sendungen mehr oder weniger allmonat­ tete. Am 19. Oktober 1940 fuhr Mann von sei­ lich statt. Eine zweite Serie folgte in unregel­ nem Wohnort in Princeton in das New Yorker mäßigen Abstanden zwischen Januar und Mai Büro der BBC und kam mit Gerald Cock, damals 1945. Mann hielt darüber hinaus einige Sonder­ Leiter der BBC-Vertretung in Nordamerika, über• ansprachen, so im April 1942 zum Jahrestag des ein, einen etwa 500 Wörter langen Nachrichten­ deutschen Luftangriffs auf Coventry, und sprach kommentar zu liefern, der nach London telegra­ einleitende Worte zu Musiksendungen über Bach fiert und dort von einem Sprecher vorgelesen und Beethoven. Teilweise wurden dieselben werden sollte. Falls das Ergebnis befriedigend Sendungen im Laufe von zwei oder drei Tagen ausfallen würde, ergäbe sich die Möglichkeit, all­ mehrmals wiederholt. Da die BBC davon über• monatlich ein solches Telegramm zu schicken. zeugt war, mit Mann eine Persönlichkeit von Manns erste Ansprache wurde am 1. November größter historischer Bedeutung engagiert zu nach London übermittelt und dort für »perfectly haben, wurden ab 1942 jeweils zwei Kopien von usable« befunden. Mann spricht von der »Gele­ Manns Tonplatten in London angefertigt. Das genheit, die die englische Behörde mir bietet, Tonarchiv der BBC besitzt jedoch nur noch we­ euch von Zeit zu Zeit über das zu berichten, was nige Aufnahmen auf einem 1973 zusammen­ ich hier sehe, in Amerika, dem großen und freien gestellten Tonband, das auf damals vernichteten Land, in dem ich eine Heimstatt gefunden älteren Materialien basiert. habe«. Mit Manns Übersiedlung nach Kalifornien än• Dieser und die beiden folgenden nach Lon­ derte sich auch die Meinung der BBC von des­ don telegrafierten Texte, die den Auftakt der sen Tätigkeit beim Deutschen Dienst. Angesichts Radioserie »Deutsche Hörer!« bilden, sind in der der wachsenden probritischen Stimmung in den Tat Kommentare zu amerikanischen Nachrich­ Vereinigten Staaten versprach sich die britische ten. ln der ersten Ansprache befaßt sich Mann Rundfunkgesellschaft von Nachrichtenkommen­ mit einem Leitartikel der Zeitschrift >Life< über taren amerikanischer Journalisten eine größere den deutschen Angriff auf die Niederlande. Im propagandistische Wirkung als von einem, wenn 134 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

auch berühmten Emigranten. Von Mann wurden Sprechweise bitten. Tatsachlich außerte sich nun keine Beitrage zur Tagespolitik mehr erwar­ Mann in spateren Sendungen nicht mehr derart tet, er sollte vielmehr als Repräsentant des unverhohlen. (wahren) deutschen Geistes sprechen. Dieser Im August 1944 wurde das Programm des neuen Auffassung entsprachen Manns Texte Deutschen Dienstes im Rahmen der alliierten vom Marz, April und Mai 1941. Sie sind nicht Kriegsführung erweitert; es wurde jetzt ununter­ mehr aus amerikanischer, sondern aus deut­ brochen von 18.00 bis 23.00 Uhr ausgestrahlt. scher Perspektive verfaßt und dem Inhalt nach Bei Kriegsende wandte sich die BBC auch an die abstrakter, philosophischer. Mann wendet sich deutsche Bevölkerung in den besetzten Gebie­ dem schlechten Charakter der Nationalsoziali­ ten. An diese Hörer adressierte Mann seine sten zu, analysiert die Person Hitters und pro­ Sendung vom 31. Januar 1945 und stellt darin phezeit in warnenden Worten das heraufzie­ das Verhalten der alliierten Truppen dem der SS hende Unheil. gegenüber. Seine letzte »Message« steht im Entgegen den Absichten der BBC griff Mann gedruckten Text unter dem Datum 10. Mai 1945. Mitte 1941 jedoch erneut tagespolitische The­ ln dieser Sendung vergleicht er die in London men auf und verschob eigens die Fertigstellung und Amerika stattfindenden Feiern mit der der Juni-Sendung, um eine aktuelle Radiorede Stunde des Jahres Null. ln Deutschland, so er­ Roosevelts zitieren zu können. Außerdem befaßt klart er, sei »die Macht ( ... ) verspielt« und er sich darin mit dem Entschluß der Vereinigten schließt mit den Worten: »Deutsch war es einmal Staaten, samtliehe Konsulate im Deutschen und mag es wieder werden, der Macht Achtung, Reich zu schließen, und kritisiert die Appease­ Bewunderung abzugewinnen durch den mensch­ ment-Politik von Charles Lindbergh. Die darauf­ lichen Beitrag, den freien Geist.« folgende Sendung behandelt den Eintritt der Stefan Niessen Sowjetunion in den Krieg. Im August nutzte der Leiter des BOras fOr Auslandsverbindungen bei 1 Vgl. J.F Slattery: Thomas Mann und die B.B.C. der BBC, Cyril Conner, einen Aufenthalt von Die Bedingungen ihrer Zusammenarbeit 1940- Erika Mann in London, um Mann vermittels sei­ 1945. ln: Thomas Mann Jahrbuch 5 (1992), S. ner Tochter in einem Telegramm behutsam na­ 142-170. hezulegen, zu dem unverbindlicheren Stil der Ansprachen vom FrOhjahr zurückzukehren. 1942 tauchten neue Spannungen auf. Mann neigte dazu, die ihm zugestandenen acht Sen­ »Deutsche Selbst- und Fremdbilder in deminuten zu überziehen. Im deutschen Pro­ den Medien von BRD und DDR« gramm herrschte jedoch Zeitdruck. Schwerer ins Ein zeit- und medienhistorisches Projekt Gewicht fiel der zunehmend beleidigende Tonfall des Adolf-Grimme-lnstituts seiner Sendungen. Oie Nazis werden nun als »mörderische Provinzler«, ihre Führung als Die historische Medienforschung in Deutschland »fluchbeladene Schinderbande« bezeichnet und hat - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die Hitler als »fanatischer Idiot« (Sendungen vom staatliche Spaltung des Landes seit 1949 nach­ Oktober und November 1942). Bei der BBC hielt vollzogen. Sie hat sich zumeist einem der beiden man derartige Ausfalle für ungeschickt und eine Staaten und seinen Medien zugewandt: Arbeiten objektivere Ausdrucksweise fOr zweckmäßiger. Ober die westdeutsche oder die ostdeutsche Die Hoffnung, Manns Tonfall wOrde sich von Mediengeschichte bildeten den »Normalfall« der selbst mäßigen, erfüllte sich jedoch nicht. ln der historischen Medienforschung in der Bundesre­ Dezember-Ansprache und einer Sondersendung publik Deutschland wie in der DDR. Diese Per­ vom Januar 1943 aus Anlaß des zehnten spektive drangte sich unter der Erfahrung der Jahrestages des Nationalsozialismus ist der un­ Zweistaatlichkeit förmlich auf. Inhaltsanalytisch erwünschte Ton noch unOberhörbarer. Oie Na­ vergleichende Studien (etwa der Vergleich der zis, einst »die dreist abenteuernden Konjunktur­ Nachrichtensendungen »Tagesschau« und »Ak­ ritter der Zeit«, gelten ihm nun als »Mordgesin­ tuelle Kamera« und ihrer KSZE-Berichterstattung del« und »blutige Schmierentruppe«. Dabei ver­ von Wilfried Scharf oder Ober »Deutschland­ nimmt der Hörer hinter Manns vornehm-selbst­ bilder im Fersehen« von Antony John Goss und gewisser Sprechweise einen akustischen Neben­ Petra S. Hartmann-Laugs blieben selten. Un­ text, aus dem Herablassung und Hohn spricht. denkbar war der Vergleich, erst recht die Gleich­ Als Lindley Fraser, Nachrichtenkommentator und setzung der Strukturen, in denen die Medien nach dem Krieg Leiter des Deutschen Dienstes funktionierten oder der politischen Leistungen, bei der BBC, die Sendung zur Kenntnis genom­ welche die Medien in beiden deutschen Gesell­ men hatte, griff er ein und telegrafierte nach New schaften erbrachten. Oie östliche Einbettung in York, man möge Mann um eine sachlichere SEO-gelenkte Kommandostrukturen stand der Schwarzes Brett 135 pluralistischen, föderal organisierten (gleichwohl Unterricht für die Probleme des medialen Zu­ bisweilen entsetzlich parteinahen) Rundfunkord­ sammenwachsens. nung auf der westlichen Seite diametral entge­ Zwei erganzende Hefte enthalten eine »Ein­ gen. führung in das Medienpaket«, liefern Erfahrungs­ Mit der Wiedervereinigung, mit der überwun• berichte aus der Bildungsarbeit, besonders über denen staatlichen Spaltung Deutschlands ver­ ostdeutsch-westdeutsche Seminare und Begeg­ dient eine andere Perspektive starkere Beach­ nungen, und dokumentieren fünf »Medienhistori­ tung: den wechselseitigen Bezügen, den Fixie­ sche Hearings« des AGI in Berlin, Leipzig und rungen der Medienmacher auf beiden Seiten der Mari. ln den Hearings erinnerten Journalisten deutsch-deutschen Grenze, aber auch ihren bei­ und Künstler aus beiden deutschen Staaten - derseitigen Ausblendungen nachzugehen. Die­ mal trotzig, mal selbstkritisch- an ihre Arbeitsbe­ ser Fragestellung war das Ende 1991 begon­ dingungen und -zwange sowie ihre früheren nene und im April 1994 abgeschlossene Projekt Aussagen über das jeweils andere Deutschland. des Adolf-Grimme-lnstituts (AGI) in Mari gewid­ Mehrere Register enthalten sowohl Informatio­ met. Sein Titel: »Deutsche Selbst- und Fremd­ nen Ober einzelne Journalisten als auch über bilder in den Medien von BRD und DDR« . Ge­ Hörfunk- und Fernsehsendungen sowie Spiel­ fördert vom Bundesministerium für Bildung und filme . Wissenschaft als ein Modellprojekt der politi­ Jn der Heftreihe geht es vorrangig um jenen schen Bildung und der Erwachsenenbildung, Blick auf die Mediengeschichte, der den meisten enthalten die Produkte des Projekts zahlreiche Rezipienten eigen ist. Sie beschreiben nicht oder für die Rundfunkgeschichte bedeutsame Be­ nur marginal die Medienstrukturen, die Organi­ funde. sations- und Verwaltungsgeschichte der Medien - so entscheidend diese, gerade in der DDR, für Zeitschriftenreihe die Inhalte von Presse, Rundfunk und Fernsehen waren. Von heute, aus der Sicht des staatlich Ergebnisse des Projektes sind eine zehnteilige vereinigten Deutschlands, drangt sich indessen Zeitschriftenreihe sowie eine fünfteilige Fern­ genau diese rezipientenorientierte Perspektive sehreihe unter dem Titel »Medien in der DDR«, auf. Kaum ein politisches Ereignis, kaum eine die der >Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg< gesellschaftliche Entwicklung in einem der bei­ (Potsdam) produziert und im Marz 1994 ausge­ den Staaten, die nicht in ostdeutschen und in strahlt hat; das AGI fungierte als Koproduzent. westdeutschen Medien ausführlich behandelt Die Konzentration auf die DDR-Medienge­ worden ware. Was wahrend der 50er Jahre die schichte lag nahe, weil im Vorgangerprojekt Medien in der DDR als »Schaffung der Grund­ »Mediengeschichte als Geschichte der Bundes­ lagen des Sozialismus« frenetisch begrüßten, fir­ republik Deutschland« die westdeutsche Fern­ mierte in der bundesdeutschen Optik als »Russi­ sehhistorie anhand von vier Biographien (darun­ fizierung« oder, mit Blick auf die Landwirtschaft ter Loriot und Horst Stern) zum Thema gemacht zwischen Eibe und Oder, als »Zwangskollektivie­ worden war. rung« . Seide Staaten integrierten sich im Laufe Die Hefte sind an »Merkdaten« der deutsch­ ihres ersten Jahrzehnts in Militarblöcke und Wirt­ deutschen Nachkriegsgeschichte orientiert: etwa schaftsgemeinschaften. 1949 als Datum der »doppelten Staatsgrün• Die Medien in der Bundesrepublik taugen dung«, 1952 als Datum der beginnenden Inte­ rOckblickend bestens als Quelle für den Streit um gration beider Staaten in militarische Blöcke und die zunehmende Westbindung. Die Medien in Wirtschaftsgemeinschaften, 1961 als Datum des der DDR gaben sich schon damals einheitlich: Mauerbaus; 1972 steht für die Unterzeichnung Sie diffamierten die Westbindung der BRD als des Grundlagenvertrags zwischen beiden deut­ Vertiefung der deutschen Spaltung und rühmten schen Staaten und die Entspannungspolitik, das statt dessen die Freundschaft zur Sowjetunion Jahr 1987 mit dem Staatsbesuch Erich Honek­ wie auch den entstehenden Warschauer Pakt. kers an Rhein und Saar markiert die scheinbare Auch die Berichterstattung über Aufrüstung und Endgültigkeit der deutschen Teilung; ein weiteres Friedensbewegung zu Beginn der 80er Jahre Heft, »1994: Aufregende Einheit«, bilanziert folgte dieser Rollenverteilung: Streit um die Gelingen und Mißlingen der mehr als dreijahri­ »Nachrüstung« (bei vorherrschender Zustim­ gen deutschen Einheit. Die organisatorischen mung) im Westen, einheitliche Rechtfertigung und inhaltlichen Veranderungen der Medien der Rüstungsanstrengungen des Warschauer werden darin pars pro toto für die widersprüchli• Pakts bei gleichzeitiger massiver Kritik an der chen gesellschaftlichen und sozialen Entwick­ NATO im Osten. lungen gelesen. So bietet beispielsweise die Zwangsvereinigung von >RIAS< und >DS Kultur< zum >Deutschlandradio< Berlin anschaulichen 136 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Rundfunkhistorische Themen sellschaft verborgen. Wie wir alle seit 1990, bis­ weilen schmerzlich, erfahren ... Einige rundfunkhistorisch belangvolle Themen aus der Heftreihe seien kurz vorgestellt: Kari­ Fernsehreihe Heinz Mosgraber erinnert an die Landessender in der Sowjetischen Besatzungszone, jenes Die fünfteilige Fernsehreihe behandelt Genres, Stück Rundfunkföderalismus also, das mit der an die viele Menschen, keineswegs nur DDR­ Einsetzung des Staatlichen Rundfunkkomitees in Bürger, zurückdenken. Das »BRD-Bild in der Ost-Berlin 1952 endgültig zerschlagen wurde DDR« ist Gegenstand der ersten Folge: Infor­ (und das in der rundfunkhistorischen Forschung mations- und Verleumdungsjournalismus aus der weder der BRD noch der DDR bisher die gebüh• »Aktuellen Kamera« und dem »Schwarzen Ka­ rende Aufmerksamkeit fand) . Silvia Müller re­ nal«. Die zweite Sendung, betitelt »Die Revue­ kapituliert die Erfahrungen unbotmäßiger Jour­ treppe«, ist der großen Samstagabend-Unter­ nalisten, die sich in den 50er Jahren nicht dem haltung im DDR-Fernsehen gewidmet. Der dritte Kurs der SED unterwerfen wollten. Diese Jour­ Beitrag gilt den Jugendmedien östlich der Eibe; nalisten bezahlten ihre Standfestigkeit mit Be­ das Radioprogramm »DT 64« und seit Septem­ rufsverbot oder wechselten den Arbeitsplatz, ber 1989 - »Elf 99« - im Fernsehen erlangten bevorzugt von Ost-Berlin nach West-Berlin. auch eine gewisse westdeutsche Berühmtheit. Hans Bohrmann denkt an seine Jugendjahre als Dem Anspruch und der Wirklichkeit des »Lese­ Radiohörer in Berlin zurück: Die mediale Kon­ landes DDR« gilt der vierte Film, vor allem also kurrenz zwischen Ost und West tobte nirgendwo dem so unterschiedlichen Stellenwert der Litera­ härter als in der noch mauerlosen Stadt. Freilich tur für Volk und SED-Führung. Der fünfte Beitrag wurde dieser »Wettkampf der Rundfunksyste­ untersucht die Kriminalserie » Polizeiruf 11 0« und me« nicht nur auf dem Gebiet der Information, gewinnt aus der Analyse der Reihe Einblicke in sondern vor allem durch das attraktivere Unter­ den DDR-Alltag. So sehr die fünf Filme die DDR­ haltungsangebat entschieden. Michael Jansen Medien zum Thema haben, so sehr illustrieren beschreibt die frühen Schwierigkeiten der ARD sie doch zugleich den Abwehrkampf des Fernse­ bei punktuellen Programmkooperationen mit hens in Berlin-Adlershof gegen westliche Einflüs• dem DDR-Hörfunk. se und die Auseinandersetzung mit ihnen. Der Die eher traurigen Produktionsbedingungen Abwehrkampf gegen Beatmusik und Jugendkul­ des Kari-Eduard von Schnitzler und seines tur in den 60er Jahren begünstigte die Einfüh• »Schwarzen Kanals« rekonstruiert Norbert Frei rung spezifischer Jugendsendungen in Hörfunk aus den Akten. Er zeigt zugleich, wie Schnitzler und Fernsehen. Der »Polizeiruf« ging nicht zufäl• (und mit ihm die gesamten DDR-Medien) auf lig wenige Monate nach dem ersten NDR-»Tat­ »den Westen« fixiert waren. Den Anfängen der ort« auf Sendung. Zuschauerforschung in der DDR und der ZDF­ Sendereihe »Drüben« gelten Aufsätze von Chri­ Resonanz sta Seifert und Volker Herres. Das Profil des >Deutschlandfunks< vor und während der Ent­ Die Resonanz auf das Projekt des AGI ist un­ spannungspolitik untersucht Frank Capellan. einheitlich; sie bietet sämtliche Meinungen, die Den Programmaustausch zwischen bundes­ ohnehin (besonders über die Einschätzung der deutschem und ostdeutschem Fernsehen wäh• DDR-Vergangenheit) kursieren. Das kann wohl rend der 70er Jahre stellt Woo-Seung Lee dar. nicht anders sein in Zeiten, da das angemessene Wilfried Scharf beschreibt »das Proporzgemäl• DDR-Bild ebenso wie die innerdeutsche Ent­ de«, jene widersprüchlichen DDR-Bilder, die das spannungspolitik zwischen Parteien und Journa­ ZDF im wöchentlichen Wechsel seiner Sende­ listen gleichermaßen kontrovers diskutiert wird . reihen »Kennzeichen D« und »ZDF Magazin« Die Pole der Diskussion sind schnell benannt: Ober viele Jahre hinweg verbreitete. Einem zen­ Manch westdeutscher Kritiker moniert, daß ein­ tralen Anliegen des Projektes geht Kurt Rolf stige SED-Mitglieder, ehemalige DDR-Journali­ Hesse nach: der Frage, aus welchen Quellen sten überhaupt zu Wort kommen. ln den Augen dieser Kritiker hat der »real existierende Sozialis­ sich die Vorstellungen der Menschen in der DDR über die Bundesrepublik speisten. Trotz umfang­ mus« so sehr versagt, daß sie ein westliches Ur­ reicher Informationen über -.den Westen« aus teilsmonopol Ober die DDR-Geschichte verlan­ Hörfunk und Fernsehen (vor allem RIAS und gen. Manch ostdeutscher Kritiker indes beklagt, SFB), durch westdeutsche Verwandte und am Adolf-Grimme-lnstitut (dem Medieninstitut Freunde sowie - insbesondere bei Rentnern - des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V.) durch eigene Westreisen blieb vielen Menschen sei lediglich ein weiteres DDR-Diffamierungspro­ offenbar eine tiefere Einsicht in das Funktionie­ jekt aus westlicher Sicht tätig gewesen. Und ren der westdeutsch-marktwirtschaftliehen Ge- manchmal muß man den Eindruck gewinnen, auf diese Weise reagierten Kritiker beleidigt, die bis Schwarzes Brett 137 vor nicht allzu langer Zeit ihrerseits, über das dien-Professionalität in enger Verbindung mit der Deutungsmonopol (nämlich in den Medien der Mehrmedien-Mobilität der Unterhaltungskünst• DDR) verfügten und heute ihrer einstigen Defini­ lerinnen und -künstler. Zum stofflichen gehört tionsmacht nachtrauern. Entscheidender Punkt der personelle Medientransfer, durch den Perso­ in der politischen Auseinandersetzung: Dürfen nen eine Unternehmerische Identität ( corporate Bundesrepublik und DDR überhaupt verglichen identity) erlangen. Das öffentliche Rufschema werden, oder muß man die ostdeutsche Gesell­ kennt jenen personellen Medientransfer als schaft (und mit ihr das Mediensystem) nicht viel­ »Star-System«. Diese Thesen für eine kommu­ mehr als radikales Gegenbild zum westdeut­ nikationsgeschichtliche Komparatistik können an schen Staat begreifen. dieser Stelle zwar nicht analytisch überprüft, sie Wenn es um Strukturen und Funktionen der sollen aber we ni g ~h:r ·.s anhand einer bio­ Medien für die jeweilige Gesellschaft geht, so graphischen Skizze illustriert -werden. stechen in der Tat die unüberbrückbaren Ge­ Dinah Share, Sängerin, Schallplatten-Star, gensätze ins Auge, genannt sei nur die lndienst­ Filmschauspielerin und Moderatorin von Musik­ nahme aller Medien für die Staatspartei SED und Talkshows in Hörfunk und Fernsehen, ist am oder die Zuständigkeit des DDR-Innenministeri­ 24. Februar 1994, wenige Tage vor ihrem 77. ums für Inhalte und Drehbedingungen der Krimi­ Geburtstag, in Beverly Hills, California, gestor­ serie »Polizeiruf 11 0« . Wenn es freilich um die ben. Ihre melodiöse Singstimme (honey-tipped Einbettung der Medien in den Alltag, um ihre brand of Southern charm) klang manchen allzu (eben auch in der DDR vorhandenen) vielfältigen gefühlvoll, aber sie war ihr Hauptschlüssel zu Leistungen für Hörer und Zuschauer geht, dann einem anhaltenden, über Jahrzehnte fast un­ sollten Vergleiche (nicht Gleichsetzungen!) kei­ bestrittenen Publikumserfolg. ln den Jahresum­ nesfalls pauschal denunziert werden. Statt des­ fragen einer Filmzeitschrift stand sie von 1941 sen sollte sich die Kommunikationsforschung bis 1962 an der obersten Stelle der Be­ den widersprüchlichen Einstellungen der DDR­ liebtheitsskala für Sängerinnen (»Motion Picture Bürger zu den ostdeutschen Medien zuwenden. Daily -Fame's Annual Poil«). Einerseits galten diese weithin als unglaubwür• Als Frances (Fanny) Rose Share am 1. März dig, andererseits goutierten dieselben Rezipien­ 1917 in Winchester, Tennessee, geboren, wuchs ten zu Millionen unterhaltende Sendungen und sie in Nashville auf, wo ihr Vater Teilhaber eines regionale Hörfunkmagazine (deren Abwicklung Warenhauses war. Nach einer Kinderlähmung in der jüngsten Vergangenheit sie durchaus be­ behielt sie eine leichte Behinderung ihres klagten). Auch die westliche Medienforschung rechten Beins zurück, doch umso entschiedener hat in den vergangenen Jahrzehnten - dort, wo ließ sie sich ihre Stimme ausbilden und trat noch sie sich überhaupt mit der DDR abgab - bevor­ in Nashville als Sängerin in einer Radioshow auf. zugt den publizistischen Bereich des DDR-Me­ ln New York nahm sie einen neuen Vornamen diensystems traktiert, dabei jedoch andere, vor­ an; »Dinah« war der Titel eines Schlagers, den nehmlich populäre Bereiche, wie die Unterhal­ die Sängerin Ethel Waters (1900-1977) bekannt tung oder in der DDR produzierte Serien, ver­ gemacht hatte. Ihren ersten Vertrag bekam sie nachlässigt. von Leo Reisman (1903-1961), der sie in seine Die zehn Hefte (65.- DM) und die fünf Vi­ Big Band holte. Auch mit dem Orchester Xavier deocassetten (85.- DM) können bestellt werden Cugat machte sie mehrere Schallplatten. Ihre beim Adolf-Grimme-lnstitut, Eduard Weitsch­ Karriere als Rundfunksängerin begann 1938 bei Weg 25, 45768 Mari, Tel. : 02365-91890, Fax: der New Yorker Rundfunkgesellschaft WNEW. 02365-918989. Das gesamte Medienpaket ko­ Von dort gelang ihr noch im selben Jahr der stet 150.- DM. Sprung zur NBC. Für das Label der NBC-Mutter­ Ralf Geserick!Petra Schmitz gesellschaft, RCA Victor, unterschrieb sie 1940 einen Plattenvertrag. Dann begegnete sie Eddie Cantor (d.i. lsidor lskevitch, 1892-1964), einem Rundfunkproduzenten, der Schlagertalente wie Dinah Shore (1917- 1994) Deanna Durbin, Eddie Fisher, Bobby Breen und Medientransfer - Medienmobilität nun auch Dinah Share entdeckte und in seiner Musikshow »Time to Smile« (Sponsor: Pabst Die vergleichende Kommunikationsforschung in Blue Ribbon Beer} holte. Ab 1943 hatte Dinah Europa hat einen für die Publizistik in den USA Share ihre eigene Musikshow (Sponsor: General charakteristischen Gesichtspunkt noch längst Foods). Im gleichen Jahr 1943 brachte Warner nicht in seiner grundsätzlichen Bedeutung für die Bros. den Film »Thank Your Lucky Stars« her­ Qualität der Medienprodukte, für die Medien­ aus, in dem sie sich neben zahlreichen anderen veranstaltung »Programm (Sendung, Sende­ Stars selbst darstellen konnte. 1944 kamen reihe)« verstanden, das Moment der Mehrme- gleich drei Filme mit ihr in die Kinos; drei weitere 138 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) sollten in den Jahren 1946, 1947 und 1951 Filmegraphie folgen. Ihr Debüt im neuen Rundfunkmedium Fern­ 1943 Thank Your Lucky Stars, Wamer, Regie: sehen hatte Dinah Shore - wie Dean Martin und David Butler Jerry Lewis, Bob Hope und Eddie Fisher, Lena 1944 Follow the Boys, Universal, Regie: Edward E. Horne und viele andere - in der CBS-Show Sutherland »Toast of the Town« des heute schon Iegenda­ 1944 Up in Arms, RKO, Regie: Elliott Nugent 1944 Belle ofthe Yukon, MGM, Regie: William A. ren Edward Vincent Sullivan (1902-1974). Oie Seiter »Ed Sullivan Show«, wie sie spater hieß, lief von 1946 Till the Clouds Roll By, MGM, Regie: Richard 1948 bis 1971 jeden Sonntagabend als ein­ Whorf sfündige Veranstaltung. Die Branche wußte: »To 1947 Fun and Fancy Free, Walt Disney Studio, play Sullivan is to make headlines«. Das Rezept Regie: Charles P. Boyle wirkte. Am 27. November 1951 erschien das 1951 Aaron Slick from Punkin' Crick, Paramount, NBC-Programm »The Dinah Shore Show« Regie: Claude inyon (Sponsor: Chevrolet) zum ersten Mal auf dem Bildschirm. Sechs Jahre trat sie zweimal wö• Televideographie chentlich mit ihrer 15-Minuten-Show auf. Im Ok­ tober 1956 nahm NBC noch eine monatliche The Dinah Share Show Sondersendung (ein »Special« mit dem Titel NBC, 27.11.1951 -18.7.1957 »The Oinah Share Chevy Show«) ins Programm. Musikunterhaltungsshow Nach dem Auslaufen ihrer Viertelstunden-Show dienstags und donnerstags, 19.30-19.45, live im Herbst 1957 gab man ihr wöchentlich eine The Dinah Shore Chevy Show Stunde für ihre Chevy-Show. Nun konnte sie ihre NBC, 5.10.1956-12.5.1963 Auftritte wirkungsvoller gestalten, Spitzenstars Musikunterhaltungsshow als Gaste einladen und vorproduzierte Musik­ monatlich freitags, 22.00-23.00 Uhr und Shownummern einspielen. Der Werbe­ wöchentlich Sonntags, 21.00-22.00 Uhr spruch unter ihrer Erkennungsmelodie reimte wöchentlich freitags, 21.30-22.30 Uhr sich: »See the USA in your Chevrolet!« Am wöchentlich sonntags, 22.00-23.00 Uhr Schluß jeder Sendung warteten das Studiopubli­ kum und die Zuschauer auf ihren ausdrucksvol­ Dinah's Place len Abschiedskuß. NBC, 3.8.1970-26.7.1974 Dinah Shore erhielt als Sangerin und als Talkshow 30 Minuten Show-Star zahlreiche Preise, darunter je einmal den Peabody- und den Sylvana-Preis sowie ins­ Dinah gesamt sechsmal den Emmy-Preis, 1954 und NBC, syndicated 1974 1955 neben Perry Corno, 1957 neben Jack Musikunterhaltungsshow Benny. 60 bzw. 90 Minuten Inzwischen verkauften sich ihre Schallplatten vorzüglich. Für den Titel: -.Yes, my darling Dinah and Her New Best Friends daughter« gab es ihre erste von insgesamt neun CBS, 6.6.1976-31.7.1976 Goldenen Schallplatten. Titel wie »Blues in the Sommerunterhaltungsshow Night«, »Shoo Fly Pie«, »Dein' what comes na­ wöchentlich samstags, 22.00-23.00 Uhr tur'ly« und Al Jolsons »Anniversary Song« er­ reichten die Spitzen der Charts. Mit ihrem Re­ Winfried B. Lerg pertoire trat sie nach dem Auslaufen ihrer Mu­ sikshow haufig in Clubveranstaltungen auf. Erst 1970 gab ihr NBC eine Talkshow mit gleichblei­ benden Gasten. Ihre letzte Chance bekam sie Ausstellung 70 Jahre Rundfunk von CBS: Im Sommer 1976 mit einer wöchentli• in Leipzig chen Samstagabendunterhaltung. 40 Jahre DDR-Rundfunk nur eine Dinah Shore war seit 1943 in zweiter Ehe mit Randerscheinung dem Film- und Fernsehschauspieler George Montgomery (geboren 1916) verheiratet. ln den Am 1. Marz 1924 nahm der Rundfunk in Leipzig 70er Jahren verfolgten die Medien atemlos ihre seinen Sendebetrieb auf. Daran und an die 70- Romanze mit Burt Reynolds, ganz wie in den jahrige sachsische Rundfunkgeschichte hat eine guten alten »Radio Oays« oder in dem eben Ausstellung im StadtgeschichtlichenMuseum in auch in deutsch erschienenen Melodram »Radio Leipzig erinnert.1 Mitveranstalter war der >Mittel­ Romance« von Garrison Keillor (München 1994). deutsche Rundfunk< (MOR), der die Exposition zur Werbung und für eine Reihe von Publikums- Schwarzes Brett 139

Veranstaltungen nutzte. Am MDR-Stand machte Quellennachweise über die Herkunft der Aus­ ein Videofilm dem Besucher eindringlich klar, stellungsstücke fehlten nahezu völlig. Eine von daß der MDR als lichter Endpunkt der 70jahrigen Hanna und Hagen Pfau erarbeitete Broschüre Entwicklung die Erfüllung aller sachsischen zur Geschichte der technischen Rundfunkent­ Hörer- und Zuschauertraume ist. Die Leipziger wicklung, die nicht als Katalog gelten kann, weist Sammler Hanna und Hagen Pfau, Initiatoren der auf Privatsammler, Leipziger Institutionen und Ausstellung, steuerten zahlreiche Exponate aus Archive hin, nicht jedoch auf das Deutsche ihrer Sammlung historischer Rundfunk- und Pho­ Rundfunkarchiv, aus dessen Frankfurter Stand­ nogerale bei, die sie interessierten Besuchern ort zahlreiche Fotodokumente stammten und in auch in ihrer Funktionsweise vorführten. Erfreuli­ dessen Berliner Standort sich zahlreiche Belege cherweise wurde der alltagliehe Gebrauchszu­ für 40 Jahre DDR-Rundfunk in Leipzig hatten sammenhang des Radios vor allem in seiner finden lassen. Frühzeit recht anschaulich dargestellt. lngrid Pietrzynski Das Ausstellungsmotto »70 Jahre Rundfunk in Leipzig« enthob die Gestalter allerdings of­ 1 Vgl. Ausstellung zur Geschichte des Rundfunks in fensichtlich eines inhaltlichen und thematischen Leipzig. ln: Mitteilungen StRuG Jg. 20 (1994), H. Konzepts, das eine Auseinandersetzung mit der 1, S. 57. regionalen Geschichte eines Massenmediums ermöglicht hatte, das in den politischen, kulturel­ len und sozialen Entwicklungen und Konflikten unseres Jahrhunderts eine wesentliche Rolle 70 Jahre >Süddeutscher Rundfunk< gespielt hat. Den breitesten Raum nahmen die Ausstellung zu seiner Geschichte Exponate ein, die die technische Entwicklung widerspiegeln, vornehmlich der nostalgische Anlaßlieh des 70jahrigen Jubilaums des Blick auf die Radio-Gründerjahre der Weimarer >Süddeutschen Rundfunks< (SDR) am 11. Mai Republik mit ihrem Radiobastlerboom und ihren 1994 eröffnete der Intendant des SDR, Hermann vielfaltigen technischen Neuerungen. Die politi­ Fünfgeld, im Stuttgarter Funkhaus an der sche Entwicklung auch des Rundfunks in der Neckarstraße eine Ausstellung zur Rundfunkge­ NS-Zeit wurde in kurzen Statements abgehan­ schichte. Die Erinnerung an den Beginn des delt, die Zeit nach 1945, immerhin fast zwei Drit­ Programmbetriebs der >Süddeutschen Rundfunk tel der mottogebenden 70 Jahre, war mit einer AG< gab den Anstoß für diese gemeinsam von dürren Chronik und nur wenigen Exponaten ver­ der Technischen Direktion und dem Historischen treten. Wie zu hören war, konnten sich die Ge­ Archiv in Zusammenarbeit mit der Öffentlich• stalter gerade für die Darstellung der DDR-Zeit keitsarbeit geplanten und gestalteten Ausstel­ nicht recht einigen. So zog man sich auf Fotos, lung. Sie wird bis Ende Juli noch im Stuttgarter einige persönliche Dokumente und Nachweise Funkhaus zu sehen sein und anschließend bis unverfanglicher Programmelemente des DDR­ Anfang 1995 in verschiedenen Stadten im Sen­ Senders Leipzig zurück, die weder zu einer kriti­ degebiet des SDR. schen Auseinandersetzung mit dem DDR­ Auf acht Schautafeln mit Fotos und Texter­ Rundfunk und seiner regionalen Programmge­ lauterungen und in sieben Vitrinen mit rundfunk­ staltung anregen noch die relativ hohen Hörer• technischen Geraten werden 70 Jahre Rund­ quoten erklaren konnten, die der Sender Leipzig funkgeschichte in Stuttgart und im deutschen u.a. mit seinen alltagsbegleitenden, viele Hörer Südwesten dokumentiert. Auf den Fotowanden einbeziehenden Sendeaktivitaten und Unterhal­ werden neben den historischen Standorten vor tungsprogrammen erreichte. Einen gewissen allem Produktions- und Senderaume, die Ent­ Raum nahm noch die Entwicklung der z.T. welt­ wicklung der Empfangsgerate (vom Detektor bekannten Leipziger Rundfunkklangkörper ein, zum Walkman) und damit auch der Rezeptions­ deren Ausbau und genremaßig breitgefacherte bedingungen erlautert. Sie geben Anhaltspunkte Profliierung zu DDR-Zeiten und deren für die vielgestaltigen Voraussetzungen des »Abschmelzung« im wiedervereinigten Deutsch­ Wandels in den Hörfunk- und Fernsehprogram­ land sich dem uneingeweihten Betrachter aller­ men. Gerate aus der technischen Sammlung des dings nicht unbedingt erschloß. Darüber hinaus SDR veranschaulichen die Verandarungen im fanden weder die Phase selbstbestimmten, Bereich der Rundfunkempfanger. Außerdem selbstbewußten, wenngleich nicht konfliktfreien wird durch weitere Exponate wie Mikrophone, Radiomachens bei Sachsenradio 1990/91 und Magnetophone, Regler und Fernsehkameras ihre große Resonanz bei den sachsischen Hö• eindrucksvoll die Verbesserung und Miniaturisie­ rern noch die wieder stark politisch dominierte rung der Aufnahme- und Produktionstechnik do­ MDR-Gründungszeit 1991 eine auch nur anna­ kumentiert. Die Zusammenhänge zwischen hernd adaquate Berücksichtigung. 140 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Technik und Programm können in den erlautern­ Das Verlagswesen und der den Texten leider nur angedeutet werden. Buchhandel 1945-1949 ln überarbeiteter und um einige Dokumente Prof. Dr. Reinhard Wittmann aus den 80er Jahren erweiterter Form ist die Moderation 1984 herausgekommene Tondokumentation zur Dietrich Schwarzkopf Progarmmgeschichte des SDR ebenfalls aus Anlaß des Jubilaums als Doppel-CD neu aufge­ 15.45 Uhr »Verwertung« der Buch- bzw. Literatur­ legt worden, Oie Zusammenstellung bietet mit produktion in den Programmen des mehr als 50 Einzelbeitragen aus Politik, Kultur, Nachkriegsrundfunks Unterhaltung und Musik Einblicke in 70 Jahre Programmarbeit des >Süddeutschen Rund­ - Bayerischer Rundfunk Hans-Uirich Wagner funks<. Gegen Einsendung eines Verrechnungs­ - Hessischer Rundfunk schecks kann sie zum Preis von DM 25.- bei der PD Dr. Heiner Boehncke SDR-Werbung GmbH, Postfach 10 60 40, 70049 - Nordwestdeutscher Rundfunk Stuttgart bezogen werden. Prof. Dr. Reinhold Viehoff EL - Südwestfunk Markus Nix - Sowjetische Besatzungszone Prof. Dr. Wolfgang Mühi-Benninghaus Buch, Buchhandel und Rundfunk Moderation (1945- 1949) Dr. Edgar Lersch Tagung im Literaturarchiv Marbach/N. 20.00 Uhr Gespräch mit Zeitzeugen

»Buch, Buchhandel und Rundfunk 1945 bis - Prof. Dr. Peter Kehm (1946/47 1949« heißt eine Tagung, die die Historischen Literarische Abteilung von Radio Kommissionen des Börsenvereins des Deut­ Stuttgart, 1949-84 Programmdirektor schen Buchhandels und der ARD in Verbindung des Süddeutschen Rundfunks) mit dem Deutschen Rundfunkarchiv am 15. und -Prof. Dr. Heinz Friedrich (Rundfunkre­ 16. November 1994 im Deutschen Literaturar­ dakteur und Programmdirektor von chiv in Marbach am Neckar veranstalten. Im Mit­ Radio Bremen, 1961-1990 Leiter des Deutschen Taschenbuchverlags) telpunkt der Fachvortrage und Gesprache mit Zeitzeugen steht der Stellenwert des Rundfunks Moderation für die Entwicklung der Buchkultur in der unmit­ Dr. Martin LOdke telbaren Nachkriegszeit in allen vier Besat­ zungszonen. Eine gleichzeitig gezeigte und vom Hessischen Rundfunk übernommene Ausstel­ Mittwoch, 16. November 1994 lung veranschaulicht an Hand ausgewahlter 9.00 Uhr Buch- und Literaturpolitik der Text- und Bilddokumente eine Zeit, in der dem Besatzungsmächte Rundfunk eine große Bedeutung für die Litera­ turvermittlung zukam. - Kurt-Desch-Verlag und amerikani­ sche Besatzungsmacht in Bayern Dr. Bernd Gruschka Dienstag, 15. November 1994 - Sowjetische Besatzungszone Dr. Siegtried Lokatis 11 .00 Uhr Begrüßung Dr.Uirich Ott 10.00 Uhr Literaturvermittlung und Dr. WuJt D. von Lucius Literaturrezeption durch das Buch Diebich Schwarzkopf - in den Westzonen 11 .30 Uhr Politische, soziale und kulturelle Dr. Edda Ziegler Ausgangsbedingungen der - in d~ Sowjetsehen Besatzungszone Nachkriegszeit Prof-kir. Ursula Heukenkamp )._ - in den Zeitschriften Prof. Dr. Axel Schildt Dr. Bemhard Fischer

14.00 Uhr Der Wiederaufbau des Rundfunks in Moderation den vier Besatzungszonen 1945-1949 Prof. Dr. Reinhard Wittmann Prof. Dr. Arnulf Kutsch Schwarzes Brett 141

11.00 Uhr Quellenüberlieferung zu Verlagswesen Veranstalter doch auch um Beiträge zum Hör• und Literatur im Rundfunk funk und Fernsehen in anderen europäischen Ländern bemühen. Vorschläge (Titel und Zu­ - Tondokumente sammenfassung in 10 Zeilen) werden an fol­ Jutta Weismüller - Manuskripte und Korrespondenzen gende Anschrift erbeten: I.F.P./Gehra, 92 rue Dr. Edgar Lersch d'Assas, 75002 Paris. Auskunft erteilt außerdem: - Verlagsarchive Comite d'Histoire de Ia Television 4 rue de N.N. I'Europe, 94366 Bry sur Mame Cede~. ' MR Moderation Dr. Joachim-Felix Leonhard

12.00 Uhr Schlußdiskussion Erste gemeinsame Jahrestagung Anmeldeunterlagen sind erhaltlieh bei der Ge­ von IASA und FIAT schäftsführung der Historischen Kommission der ARD, Dr. Edgar lersch, Süddeutscher Rund­ ln der Zeit vom 3. bis zum 8. September 1994 funk, Postfach 106040, 70049 Stuttgart, Tel.: findet im Internationalen Bildungs-eentrum Bo­ 0711/9293233, Fax: 0711/9293270. gensee in Bernau bei Berlin zum ersten Mal eine gemeinsame Jahrestagung der Internationalen Vereinigung der Schallarchive (IASA) und der Internationalen Vereinigung der Fernseharchive Der Rundfunk und die (FIAT/IFTA) statt. Das Deutsche Rundfunkar­ Europaidee der UER chiv, vertreten durch den Vorstand Dr. Joachim­ Rundfunkhistorische Tagung Felix leonhard, ist von beiden Vereinigungen mit der Koordination innerhalb des Nationalen Orga­ Die beiden französischen Vereine für Rund­ nisationskomitees beauftragt worden, in dem funkgeschichte, das »Comite d'Histoire de Ia Frank Rainer Huck (Saarländischer Rundfunk, Radio« und das »Comite d'Histoire de Ia Televi­ Saarbrücken) und Wolfgang Hempel (Südwest• sion«, planen für den 3. Februar 1995 in funk, Baden-Baden) von nationaler Seite aus die Maastricht ein gemeinsames Kolloquium über IASA bzw. FIAT vertreten. »La Radio-Television et l'idee europeenne de ln einer Zeit, in der über Digitalisierung und I'UER«. Die Veranstalter haben ihre Einladung Massenspeicher intensiv diskutiert und die Si­ mit der Ausschreibung von Textbeiträgen zu cherung audiovisueller Quellen als Kulturerbe folgenden Arbeitsbereichen verbunden: keineswegs in allen Ländern als Kulturauftrag 1. Die Bedeutung von Hörfunk und Fernse­ angesehen wird, ist der Informationsaustausch hen für die Europaidee: UER - Europe I und RTL auch zwischen Schall- und Fernseharchivaren als europäischer Rundfunk? - Rundfunkpläne dringend geboten. Im Mittelpunkt der Tagung der EG - Der europäische Programmaustausch - stehen deswegen methodische Fragen des Europa in den Hörfunk- und Fernsehnachrichten Sammelns, Erschließens, der Nutzung und der - Nutzung von Kabel und Satelliten in Europa. Erhaltung audiovisueller Quellen. Außerdem wird 2. Probleme der Umsetzung der Europaidee zum ersten Mal der FIATIIFTA Television Archi­ in Hörfunk und Fernsehen: Europäische Ge­ ves Award für die beste mit Archivmaterial pro­ meinschaftsprogramme - Europäische Kopro­ duzierte internationale Fernsehsendung über• duktionen - Die internationalen Hörfunk- und reicht; die Preisverleihung wird durch den Mini­ Fernsehgesellschaften, ihre Programme und ihre ster für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Hörer und Zuschauer - Grenzüberschreitendes Landes Brandenburg, Hinrich Enderlein, erfol­ Fernsehen - TV5 und ARTE - Der Rundfunk gen. Motor oder Bremse der Europaidee? ' Nähere Informationen zum vorläufigen Pro­ Im Arbeitsbereich 1 sollen in erster Linie Fra­ gramm sowie Anmeldeunterlagen sind zu be­ gen der Programmplanung und der Programm­ ziehen bei: Deutsches Rundfunkarchiv Anke produktion, im Arbeitsbereich 2 vor allem Pro­ leenings, Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am gramminhalte, der Hörfunk- und Fernsehemp­ Main, Telefon: (069) 15687150, Fax: (069) fang sowie Fragen der Wirkung behandelt wer­ 15687100, sowie Deutsches Rundfunkarchiv den. Standort Berlin, Klaus Teige, Rudower Chaus~ Technische Probleme sollen im Rahmen der see 3, 12489 Berlin, Telefon: (030) 67764113, Tagung nur kurz angesprochen werden. Obwohl Fax: (030) 67764100. es im Kolloquium vor allem um den französi• Al schen Rundfunk gehen wird, wollen sich die Bibliographie

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Zum Abschied von Otto Klinkhammer vom Saar­ Winter, Gundolf, Martina Dobbe, Christoph Schreier. ländischen Rundfunk, dort seit 1964 Abteilungsleiter, Geschichte der Kunstsendung im Fernsehen der Hauptabteilungsleiter, Chefredakteur und Hörfunkdi• Bundesrepublik Deutschland. ln: Das Fernsehen und rektor. die Künste. München 1994. S. 67-135. Schmidt, Hartwig. Willy weiß, was wir sehen wollen. Zur Sache Fernsehen. Die Medienkritik der Volks­ Seit 40 Jahren steht der kölsche Volksschauspieler hochschulen. 30 Jahre Adolf-Grimme-Preis - 20 Jahre Willy Millowitsch vor den Kameras des WOR. ln: Adolf-Grimme-lnstitut des DW. ln: Volkshochschule. WDR print. 1994. Nr. 213. S. 5. Jg. 45. 1993. H. 6. S. 4-31. Schmutzer, Klaus. Ein Künstlerverband emanzipiert Rudolf Lang sich. Der Film- und Fernsehverband zwischen An­ spruch und Realität. ln: Medien der Ex-DDR in der Wende. (Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft Jg. 32. 1991. Bd. 40) S. 70-80. Schneider, lrmela. Ein Weg zur Alltäglichkeit. Spiel­ filme im Fernsehprogramm. ln: Das Fernsehen und die Künste. München. 1994. S. 227-301. Siebenhaar, Hans-Peter. Europäisches Fernsehen. Mehrsprachiges, grenzüberschreitendes Fernsehen als Instrument des Einigungsprozesses? ln: Rundfunk und Fernsehen. Jg. 42. 1994. H. 1. S. 49-59. Seit über 20 Jahren diskutieren Europa-Politiker die Möglichkeiten eines europäischen Fernsehens. Der Beitrag untersucht die bisherigen Versuche eines mehrsprachigen Fernsehens als Instrument der europäischen Integration. Stiehler, Hans-Jörg. »ELF 99« - vor der Wende für die Zukunft konzipiert? ln: Medien der Ex-DDR in der Wende. (Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft. Jg. 32. 1991 . Bd. 40) S. 114-141. Streeter, Thomas. Selling the air: property and the politics of US commercial broadcasting. ln: Media, culture & society. Vol. 16. 1994. Nr.1. S. 91-116. Zur Entwicklung der Regulierung des kommerziel­ len Rundfunks in den USA unter dem Aspekt des Eigentums. Süssmuth, Rita. Entdecken, gestalten, verändern ... Rede zum Jubiläum »20 Jahre Adolf-Grimme-lnsti­ tut«. ln: Agenda. 1994. H. 12. S. 38-39. Tscholakow, Radomir. Die neue Rundfunkordnung in Bulgarien. ln: Medienkontinent Europa. (Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft. Jg. 34. 1993. Bd. 45) s. 29-37. Ulrich, Andreas. Rundfunkforschung in Österreich. Eine Bestandsaufnahme von Versäumnissen und Er­ folgen. ln: Medien & Zeit. Jg. 8. 1993. H. 4. S. 31-33. Walitsch, Herwig. »Neue Positionen zur Kommuni­ kationsgeschichte«. Grundlagen, Synopsen und Kon­ sequenzen. ln: Medien & Zeit. Jg. 8. 1993. H. 3. S. 1- 37. Synopsen und Kommentar der Rundfrage »Neue Positionen zur Kommunikationsgeschichte«. (Medien & Zeit. Jg. 27. 1992. H. 2, H. 3) Walter Först. ln: Geschichte im Westen. Jg. 8. 1993. H. 2. S. 135-145. Walter Först (1920-1993). [Nekrolog]. Rudolf Morsey: Das Land und seine Geschichte. Walter Först zum 65. Geburtstag am 20. Dezember 1985. Klaus Pabst: Bibliographie Walter Först. Besprechungen

August Soppe teiligte: Die >Südwestdeutsche Rundfunk-Zeitung< Rundfunk in Frankfurt am Main 1923 - 1926. (S .R.Z.) erschien erstmals am 3. Oktober 1925. Alles Zur Organisations-, Programm- und in allem, so resümiert Soppe, verlief die Gründungs• Rezeptionsgeschichte eines neuen Mediums. geschichte des Frankfurter Rundfunks relativ kompli­ Mit einem Nachwort von Jörg Jochen Bems kationslos, und dank einer geschickten Einbindung (= Rundfunkstudien, Bd. 5). der Stadt Frankfurt in die Rundfunk;:lktivitäten gelang München u.a.: K.G. Saur 1993, 500 Seiten. es Schleußner, Schüller und Flesch, alle noch unter 30 Jahre, mit »Verve, organisatorischem Geschick Den »eigentlichen Kern des Vennittlungsprozesses« und Einfallsreichtum ( ...) den Rundfunk in den Rah­ (S . 12), das Programm der ersten beK!en Sendejahre men kommunaler Wirtschaftspolitik einzupassen und des Frankfurter Rundfunks, wollte August Soppe in ihrem Unternehmen dadurch öffentliche Unterstüt• den Vordergrund seiner Darstellung rücken.. Voran­ zung und Reputation zu sichern« (S. 54). gestellt hat er cfJeSer programmgeschichtlichen Unter­ Im Kapitel »Rezeptionsgeschichte des Rund­ suchung ein Vorwort, das über die Absichten seiner funks« skizziert Soppe zunächst die vorbereitende Arbeit Auskunft gibt, nämlich »Rundfunkgeschichte Öffentlichkeitsarbeit der Rundfunkbeteiligten, die mit als einen besonderen Strang innerhalb eines leben­ Einführungsvorträgen, Werbevorführungen und einer digen gesellschaftlichen Beziehungsgeflechts zu gezielten Pressearbeit an der Erfolgsgeschichte des begreifen und darzustellen« (S. 12). Ferner erschien Frankfurter Rundfunks mitwirkten. Als überaus er­ ihm die »Betonung von prozessualen Zusammen­ folgreiche PR-Maßnahme erwies sich z. B. ein »Ra­ hängen«, die Erhellung von »Wechselwirkungen« diotag« auf der Frankfurter Frühjahrsmesse 1924. Die wichtig. ln seiner Darstellung hat Soppe der Radio-Vorführungen in Frankfurter »In-Lokalitäten«, »strukturierten Ausbreitung der Fülle - bislang weit­ wie man heute wohl sagen würde, lassen laut Soppe gehend unbekannten - Materials de[n] Vorzug gege­ den Schluß zu, daß anders als »der Film, der rund ben ( .. .) vor einer fundierten Theoretisierung des ein Jahrzehnt brauchte, um sich von seinen an­ Innovationsprozesses Rundfunk« (S. 15). Die Be­ rüchigen Anfängen auf Jahrmärkten zu lösen und als schäftigung gerade mit dem Frankfurter Rundfunk anerkanntes Kunst- und Informationsmedium zu eta­ erschien Soppe besonders reizvoll, »weil in seiner blieren, ( ... ) das Radio gleich auf den mittleren Rän• Programmarbeit die Spezifika des neuen Mediums gen der kulturellen Wertskala Platz nehmen« konnte stark reflektiert wurden und weil er sich in den An­ (S. 78). fangsjahren durch ein besonders innovationsreiches Aus der Erkenntnis heraus, daß »die Tagespresse und auch liberales Programm auszeichnete« (S. 15f.). für die Etablierung des Rundfunks ungemein wichtig Vor der Auseinandersetzung mit dem Programm war«, unternimmt Soppe einen immens arbeitsauf­ erläutert Soppe zunächst die deutsche Rundfunkor­ wendigen Versuch der Darstellung des »Zusammen­ ganisation im allgemeinen und schließlich den Grün• hangs von Rundfunk und Tagespresse« (S . 82), in­ derkreis des Rundfunks in Frankfurt. ln diesem spielte dem er die Rundfunkberichterstattung von sechs der technisch interessierte Unternehmersohn Carl Frankfurter Zeitungen erfaßt und analysiert und die Adolf Schleußner die dominierende Rolle. Ihn, wie die Zeitungen in historischen Porträtskizzen vorstellt (S. anderen Gründerväter, etwa seinen Schwager Wil­ 84 ff.). Als Resultat der Auswertung kann der Autor helm Schüller, bewogen hauptsächlich kommerzielle bei allen Unterschieden im Detail »ein durchweg Interessen, sich an der Gründung der >Südwest• freundliches, wenn nicht sogar euphorisches Verhält• deutschen Rundfunkdienst AG< (Süwrag) am 7. De­ nis der Zeitungen zum neuen Medium erkennen. Die­ zember 1923 zu beteiligen. Im Gründerkreis des ser Befund widerspricht der in der Rundfunk-Ge­ Frankfurter Rundfunks fand anfangs die im weitesten schichtsschreibung gängigen These, daß die Zeitun­ Sinne publizistische Dimension des »multidimensio­ gen das aufkommende Medium als Konkurrenz ge­ nalen Phänomen[s]« Rundfunk noch das geringste In­ fürchtet oder sich >beinahe klaglos< damit abgefun­ teresse (S. 35). den hätten« (S. 125). Wirtschaftlich erwies sich, so Soppe, die >SOw­ Anschließend kommt Soppe zu seinem eigentli­ rag<, die am 1. April 1924 ihren Programmbetrieb chen Thema, dem Programm des Frankfurter Rund­ aufnahm, erstaunlich schnell als erfolgreich, aufgrund funks von April 1924 bis April 1926. Zunächst be­ »explosionsartig steigender Gebühreneinnahmen« schreibt er die Rahmenbedingungen, unter denen die (S . 20). Jedes Jahr konnte unter den Anteilseignern Programmverantwortlichen arbeiteten, die vielfältigen, eine 10%-Dividende ausgeschültet werden; pro­ etwa urheberrechtliehen Fragen, mit denen sie sich grammverantwol11iche Mitarbeiter, z. 8 . der künstle• täglich neu auseinanderzusetzen hatten, die techni­ rische Leiter Hans Aesch, wurden über eine schen Probleme beim Sendebetrieb und die rechtli­ Tantieme am wirtschaftlichen Erfolg des Mediums chen Fragen, die sich ergaben, als der Rundfunk das beteiligt. Als Vehikel für die Popularisierung und Ver­ Studio verließ, um musikalische Darbietungen aus marktung des Rundfunks gründeten die organisie­ dem nur wenige Meter vom Sender entfernten Opern­ renden Kräfte der >Süwrag< die >Rundfunk-Organi­ haus zu übertragen. sations mbH (Orga)<, die sich um Nebengeschäfte Nur etwas mehr als eine Handvoll festangestellter kümmerte, Textbücher und Partituren herausgab und Mitarbeiter kümmerte sich um Produktion und Orga­ sich schließlich auch an der Gründung einer neuen, nisation des Programms. Zu den bereits erwähnten unterhaltend aufgemachten Programmzeitschrift be- Schleußner, Flesch und Schüller gehörte auch Karl Besprechungen 149

Block, der die am 25. Januar 1925 eröffnete Bespre­ gramm dominierten, sollten von Herbst 1924 an chungsstelle Kassel leitete und dort ein »politisch, Wortprogramme das Sendeschema prägen. Fast formal und inhaltlich konservativ« akzentuiertes Pro­ alles, auch die Musikprogramme wurden live produ­ gramm gestaltete (S. 249). Dank guter Beziehungen ziert, die Radioleute der ersten Stunde kamen fast zur Familie Schleußner arbeiteten auch der spätere ohne Tonträger aus (S. 226). Als neue Qualität ihrer Prokurist und Werbeleiter Heinz Schulte-Bäuming• Programmarbeit erkannten die Programmacher rasch haus sowie der Sprecher und erste Hörerliebling, der die »Übertragung akustischer Vorgänge, ( ...) die sich Schauspieler Otto Walter Studtmann, beim Frankfur­ in der Weit abspielen« (S. 228). Aus dieser zunächst ter Rundfunk. Mitte 1924 wurde Ernst Schoen »erster kommentarlosen Übernahme akustischer Kulissen künstlerischer Assistent«, der neben Flesch zur zen­ außerhalb des Studios entwickelten sich später sol­ tralen Figur für die Gestaltung des Gesamtpro­ che Übertragungen wie die »Bilder von der Main-Re­ gramms avancierte. Deshalb hat Soppe diesen bei­ gatta«, bei der es dann am 25. Juni 1925 zu einer er­ den unterschiedlichen Temperamenten ausführliche sten Sportreportage durch Paul Laven gekommen ist. biographische Skizzen gewidmet. War das »Wunder­ Für das Ende des Untersuchungszeitraumes (März kind« Hans Flesch »der Mann der großen Linien, der 1926) stellt Soppe fest, daß sich »Übertragungen vielseitig interessierte und organisatorisch wie ge­ sowohl aus Frankfurter Institutionen wie aus anderen schäftlich geschickte Konzeptor der Programmgestal­ Städten sowie Sportübertragungen als feste Bestand­ tung« - auch im Verständnis der Öffentlichkeit -. so teile des Programmangebots etabliert« hatten (S. war Schoen der umfassend gebildete Praktiker der 234), und »insgesamt dürfte feststehen, daß auch Programmgestaltung, der »in der Stille am Ausbau schon in den Anfangsjahren das Programm aktueller dieser Organisation mit einer Intensität arbeitete, die war und flexibler reagierte, als bisher angenommen ebenso groß war wie seine Anonymität« (S. 164). Die wurde« (S . 239). Dies war nicht unwichti g für die abgesehen von ihren Anfängen in Frankfurt recht weitere Entwicklung des Mediums und führte dazu, unterschiedlich verlaufenden Rundfunkkarrieren en­ daß sich der Rundfunk »zunehmend von den anfäng• deten 1932/1933. Flesch wurde nach der nationalso­ lichen Vorbildern wie Konzert- und Bildungswesen zialistischen Machtübernahme kurzzeitig inhaftiert löste und genuine Möglichkeiten des Mediums stärker und gilt seit Kriegsende als vermißt Schoen ging in in den Vordergrund stellte« (S. 241 ). die Emigration und starb - nach Deutschland zurück• Als besonderes Spezifikum des Frankfurter Rund­ gekehrt- weitgehend in Vergessenheit geraten, 1960. funks markiert Soppe die Sendereihen von rundfunk­ Es ist eines der Verdienste Soppes, die vielfältigen fremden Organisationen und Institutionen, etwa die Beziehungen Schoens zu Komponisten und Intellek­ »Stunde der Frankfurter Zeitung«, die zur festen Ein­ tuellen seiner Zeit, seine zahlreichen Äußerungen zur richtung im Programm wurde, ebenso wie die Programmarbeit und sein Medienverständnis »Stunde des Frankfurter Bundes für Volksbildung« erstmals umfassend gewürdigt und ihm damit den und Nachrichten und Vorträge der Industrie- und angemessenen rundfunkgeschichtlichen Platz neben Handelskammer Frankfurt (S. 251 ff.). Genauso rasch dem schillemden Flesch zugewiesen zu haben. wie die ersten Beteiligungssendungen, z.B. »Hörer• Nach dem anregenden Ausflug durch die biswei­ Hitparaden« und Wunschkonzerte, ins Programm ka­ len recht komplizierten konzeptionellen Gedanken­ men (S. 258), entwickelten sich auch Formen des gänge Schoens und Fleschs, die »so weittragend« Programmsponsorings z. B. beim Rätselfunk, die sind, »daß sie auch in heutigen Auseinandersetzun­ Soppe als Indiz für »ein in der privatwirtschaftliehen gen argumentativ verwendet werden können« (S. Organisationsform der Programmproduktion gründe• 164), macht sich Soppe daran, auf mehr als 200 Sei­ ndes Überlappen konzeptioneller und kommerzieller ten Entwicklung und Struktur des Programmangebots Programmüberlegungen« wertet (S . 261). Mit dem anhand der von ihm erhobenen 10 000 Einzel­ Erfolg der ersten Mitmachsendungen sahen die Pro­ sendungen darzustellen, zu analysieren und zu be­ grammverantwortlichen den auch »heute nicht unbe­ werten. Eine schier unüberschaubare Datenfülle hatte kannten Konflikt zwischen einer auf geistige Beweg­ der Autor dabei zu bewältigen, weshalb er für sich zu­ lichkeit der Hörer abzielenden Programmkonzeption recht beanspruchen kann, »wissenschaftliches Neu­ und einem auf Massenakzeptanz und kommerziellen land« betreten zu haben mit seinem »empirisch fun­ Erfolg angelegten Programmangebot« (S. 264). dierte[n] Versuch, ein Gesamtprogramm Ober einen Im Kapitel »Das Profil des Rundfunkprogramms« längeren Zeitraum zu erfassen und auszuwerten«, analysiert Soppe inhaltlich und formal die sechs Pro­ um so den »immanenten Strukturen des jeweiligen grammbareiche »Zeitfunk«, »Servicesendungen«, historischen Programms empirisch nachzuspüren« »Vortragswesen«, »Zielgruppensendungen«, »Litera­ (S. 204). rische Bildung« und »Musikalische Bildung«. Hervor­ Zu den zeitlichen Strukturen des Programms im zuheben ist dabei der Befund für den Programmbe­ allgemeinen hält Soppe zunächst fest, daß die Pro­ reich Musik, »daß die Berücksichtigung selten ge­ grammverantwortlichen, die für ihre Arbeit kaum spielter und insbesondere moderner Musik im Frank­ Vorbilder hatten, ihren Schwerpunkt zunächst auf die furter Rundfunk bei weitem das übertraf, was auf die­ quotenstarke Abendsendung, im allgemeinen zu­ sem Gebiet in den Konzertsälen zu hören war« (S. nächst ein »Radiokonzertprogramm« (S. 211) legten, 367) und so schließlich »auf def Grundlage eines flo­ die Tageseinteilung, die zeitliche Systematik an ihren rierenden Musiklebens der Großstadt Frankfurt ein eigenen Alltagserfahrungen orientierten und ein Wo­ maßstabsetzendes musikalisches Bildungspro­ chenschema entwickelten, das sich vorrangig am gramm« entstand (S . 369). Gerade in diesem Kapitel Lebensrhythmus der Hörer orientierte (S. 214). Nach­ konnte August Soppe seine intime Kenntnis der dem anfänglich Musiksendungen, getragen nicht Frankfurter Lokal- und Kulturgeschichte besonders zuletzt vom Bildungsanspruch der Macher, das Pro- gewinnbringend für den Leser einsetzen. Mit dem 150 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Kapitel »Literarische Bildung« bricht die Arbeit ab: samte Bandbreite der publizistisch-propagandisti­ August Soppe starb am 5. August 1988 achtunddrei­ schen Maßnahmen der deutschen Politik gegenüber ßigjährig an Krebs. Er konnte seine Pläne nicht mehr Polen aus. Im Rückgriff auf den Slogan von Polen als verwirklichen, weitere Programmbereiche noch dar­ dem »öffentlichen Feind« Deutschlands und Stereo­ zustellen und die »Rezeptionsgeschichte unter Ein­ typen wie »Polnische Wirtschaft« zeichnet er in einem fluß der veröffentlichten Auseinandersetzung mit dem systematisch angelegten Teil die Struktur und Funk­ Programm« fortzuschreiben (S. 17). tion der Publizistik nach und schildert die Zusammen­ ln einem einfühlsamen Nachwort würdigt sein arbeit von privaten und staatlichen Trägern der öffent• Doktorvater und Herausgeber der Arbeit Jörg Jochen lichen Kommunikation gegenüber Polen - von den Berns den »pionierhaft selbsttätigen Zug« des For­ Ostverbänden bis zum Auswärtigen Amt. Der chrono­ schungsprojekts, das sich durch »wissenschaftliche logische Teil befaßt sich in einer Reihe von Fallstu­ Phantasie« und »methodologische Beweglichkeit« dien einerseits mit dem deutsch-polnischen Konflikt­ auszeichne und durch das »außerordentlich reiche potential der Weimarer Republik, und wie die Publizi­ Quellenreservoir«, das August Soppe erschlossen hat stik damit umgegangen ist, und andererseits mit den (S. 438). Darüber hinaus wertet Berns die Arbeit als zaghaften Versuchen, die Publizistik für eine deutsch­ großangelegten Versuch, »einer Verengung des For­ polnische Annäherung zu nutzen. Einige wenige Sei­ schungsobjekts und damit auch der Forschungsme­ ten werden in diesem Zusammenhang auch dem thodik entgegenzuwirken« (S. 439). deutsch-polnischen Verhältnis von der nationalsoziali­ All dem kann bei der Einschätzung der »unge­ stischen Machtübernahme 1933 bis zum Beginn des mein anregenden« Studie nur uneingeschränkt zuge­ Zweiten Weltkriegs 1939 gewidmet. stimmt werden (S. 443). Skeptisch muß hingegen die Eine Fallstudie thematisiert »die Rolle des Rund­ von Berns geäußerte Hoffnung bewertet werden, daß funks für die deutsch-polnischen Beziehungen (1927- Soppes »Hinweise auf bislang übersehene oder 1934)«, für die der Autor nicht nur deutsche Quellen unterschätzte Quellen weitere Erschließungsversu• im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in che« (S. 439) auslösen werden. Allzusehr haben sich Bonn, im Bundesarchiv in Koblenz sowie in den sei­ doch inzwischen die Forschungsinteressen der Rund­ nerzeitigen Zentralen Staatsarchiven der DDR in funkgeschichte auf andere Bereiche verlagert. Wer Potsdam und in Merseburg, sondern auch im Archiv sich dann doch an Folgeforschungen macht, wird das der neuen Akten in Warschau ausgewertet hat. Auf­ Personen- und Institutionenregister zu würdigen wis- grund dieses ungedruckten Materials, ergänzt um sen. Zeitungsberichte, ist Fischer in der Lage, »die Bedeu­ Frank Biermann, Münster/Westf. tung dieses publizistischen Mediums für die deutsch­ polnischen Beziehungen« herauszuarbeiten. Danach hat offenbar die Eröffnung des Sendebetriebs von Gleiwitz am 15. November 1925 zu keinerlei polni­ Peter Fischer schen Reaktionen geführt - ganz im Gegensatz zum Die deutsche Publizistik als Faktor der Sendebeginn von Kattewitz am 4. Dezember 1927, deutsch-polnischen Beziehungen 1919-1939. mit dem sich sogar das Reichskabinett befaßte. Ohne (= Studien der Forschungsstelle Ostmitteleuropa an überhaupt eine Kattowitzer Sendung vernommen zu der Universität Dortmund, Bd. 7). haben, beschlossen die Reichsminister eine Verstär• Wiesbaden: Otto Harrasowitz 1991,287 Seiten. kung des Senders Gleiwitz und eine über ihn zu be­ treibende deutsche Gegenpropaganda. Bis hin zu Daß das noch junge Medium Rundfunk in den den beiden deutsch-polnischen Rundfunkabkommen deutsch-polnischen Beziehungen in den Jahren vom von 1931 und 1934 und dem fingierten Überfall polni­ Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg bereits eine Rolle scher Soldaten auf den Sender Gleiwitz 1939, der spielte, war schon lange bekannt.1 Hauptsächlich Hitler den propagandistischen Anlaß zum Beginn des festgemacht am Atherkrieg zwischen den nur wenige Krieges gegen Polen lieferte, verfolgt Fischer die Kilometer voneinander entfernt stehenden Sendem in Rundfunkthematik, für die er auch einzelne Sendun­ Gleiwitz auf deutscher und in Kattewitz auf polnischer gen und die Übertragungen von Politikeransprachen Seite, fügte sich der Rundfunk nahtlos in die publizi­ bei Feiern zur Erinnerung an die Volksabstimmung in stischen Kampagnen zwischen Deutschland und Po­ Oberschlesien von 1921 heranzieht. len ein, die auch über die anderen Medien wie Zeit­ Um einige Aspekte hätte er das Rundfunkkapitel schriften und Zeitungen, Filme und Plakate ausgetra­ bereichern können, hätte er auch die einschlägigen gen wurden. Dabei ging es auf polnischer Seite um Bestände des Wojewodschaftsarchivs in Oppeln die Behauptung der durch den Versailler Vertrag ge­ herangezogen.2 So findet sich in diesem Archiv bei­ zogenen deutsch-polnischen Grenze und auf seilen spielsweise das Gegenstück zu den auf Anfang 1930 Deutschlands um eine Revision genau meser Oemar~ zu datierenden polnischen Bemühungen, deutsche kationslinie. Außerdem fühlten sich die deutschen Radiosendungen systematisch abzuhören, - aller­ Medien für die auf etwa eine MiHion zu beziffernde dings schon für Ende 1927: Am 28. Dezember 1927 deutsche Minderheit auf polnischem Boden, vor allem forderte der Oppelner Oberpräsident die obersten in Oberschlesien, aber auch im sogenannten »Korri­ politischen und polizeilichen Instanzen seines Ein­ dor«, dem Landstrich zwischen Pommern und Danzig zugsbereichs auf, ihm über den Kattowitzer Rund­ bzw. Ostpreußen, verantwortlich, da sie dieser in ih­ funksender zu berichten, der »zum Teil in sehr stark rem »Volkstumskampf« gegen die polnische Fremd­ polnisch-nationalem Sinne propagandistische Darbie­ herrschaft den Rücken stärken wollten. tungen bringen« soll. ln seiner Antwort kommt der Po­ Peter Fischer breitet in seinem, aus einer Münste• lizeipräsident von Gleiwitz am 7. Februar 1928 freilich raner Dissertation hervorgegangenen Buch die ge- zu einem ganz anderen Ergebnis als Reichskabinett Besprechungen 151 und preußischer Oberpräsident »Eine systematische den nationalsozialistischen Propagandaverlautbarun­ polnische oder deutschfeindliche Propaganda durch gen. den Kattowitzer Radiosender ist bisher nicht beob­ Fast 100 Mal zwischen dem 21. Dezember 1940 achtet worden.« Oieses Abhörergebnis hinderte die und dem 1. Mai 1945 strahlte die BBC Hirnschals Reichspost aber nicht daran, am 30. März 1928 einen Briefe an seine »teure Amalia, vielgeliebtes Weib« auf 5 kW verstärkten Sender in Gleiwitz und damit aus. ln ihrer vertraulichen Form waren sie besonders den drittstärksten Sender in Deutschland überhaupt geeignet, die Hörer anzusprechen, die sich so als Teil in Dienst zu stellen. Damit schien zum 10 kW starken einer geheimen Verschwörung fühlen konnten. Oie Sender in Kattowitz die »Waffengleichheit« einiger­ nationalsozialistische Propaganda als Lüge zu ent­ maßen wieder hergestellt. Der Ätherkrieg konnte nun­ larven, war die Botschaft der wohlstrukturierten Lek­ mehr richtig beginnen! tionen, die - auf Unterhaltsamkeit bedacht - eine Ansgar Diller, Frankfurt am Main möglichst breite Wirkung zu erzielen suchten. Obwohl die Texte für die verschiedenen Buchveröffentlichun• Vgl. Heinz Pohle: Der Rundfunk als Instrument gen leicht überarbeitet worden sind, haben sie nichts der Politik. Zur Geschichte des deutschen Rund­ von ihrer ursprünglichen Aussagekraft eingebüßt. funks von 1923/38 (= Wissenschaftliche Schrif­ Durch ihre Lektüre läßt sich auch heute noch nach­ tenreihe für Rundfunk und Fernsehen, Bd. 1). vollziehen, warum Hirnschals Auslassungen nach Harnburg 1955, S. 377ff. Vgl. auch: Ansgar Oiller: dem Zeugnis der Generationen, die den Zweiten Im Geist der Zusammenarbeit und des guten Ein­ Weltkrieg erlebten, »in jenen schweren Tagen( ... ) im­ vernehmens. Vor 50 Jahren: Das erste deutsch­ mer eine Freude« bereitete. Den Krieg haben Rund­ polnische Rundfunkabkommen. ln: FUNK-Korre­ funkprogramme ausländischer Sender offensichtlich spondenz Nr. 15, 8. April1981, S. 3 ff. leichter erträglich gemacht, sie haben ihn aber mit Si­ cherheit um keinen einzigen Tag verkürzt. 2 Vgl. Wojewodschaftsarchiv Oppeln: Preußisches Ansgar Diller, Frankfurt am Main Oberpräsidium Oppeln 260 (Polnischer Rundfunk, 1927 - 1928), 261 (Polnischer Rundfunk, 1931 - 1937), 18 (Reichszentrale für Heimatdienst, 1929 - 1930), 19 (Reichszentrale für Heimatdienst, Dietmar Pertsch 1930 - 1932), 296 (Polnische Propaganda und JOdische Lebenswelten in Spielfilmen ihre Gegenwirkungen, 1929 - 1930), 34 (Erinne­ und Fernsehspielen. rungsfeiern an die oberschlesische Abstimmung, Filme zur Geschichte der Juden von ihren 1924 - 1930). Vgl. auch Zentrales Staatsarchiv Anfängen bis zur Emanzipation 1871 (= Medien in der DDR II Merseburg Qetzt Staatsarchiv Preußi• Forschung und Unterricht, Serie A, Bd. 35). scher Kulturbesitz Berlin) Rep 76 Ve. (Preußi• Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1992, 272 Seiten. sches Kultusministerium) 91 Störungen der Sen­ der in den östlichen Grenzgebieten durch außer• Von mehr als 37 000 deutschen und ausländischen deutsche Sender, bes. durch den Rundfunk in Spielfilmen und Fernsehspielen, die seit 1945 »auf Polen 1927-1934. dem Territorium der heutigen Bundesrepublik Deutschland« (S. 1)- aufgrundder dazu aufgeführten Fußnoten muß angenommen werden, daß der Autor sich ausschließlich auf die alten Bundesländer be­ Robert Lucas zieht - vorgeführt oder ausgestrahlt wurden, befassen Die Briefe des Gefreiten Hirnschal sich gut 500 mit Figuren des Judentums. Der bei BBC-Radio-Satiren 1940 - 1945. Hrsg. von weitem größte Teil thematisiert den Holocaust, den Uwe Naumann (= Antifaschistische Literatur Versuch zur- in der nationalsozialistischen Termino­ und Exilliteratur- Studien und Texte, Bd. 11). logie - »Endlösung der Judenfrage«. Doch Oietmar Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1994, Pertsch beschränkt sich in seinem Buch aus zweierlei 272 Seiten. Gründen auf die Zeitspanne von der Antike bis zur formalen Emanzipation der Juden in Mitteleuropa Nach 1945 und 1984 werden nunmehr zum dritten 1871, blendet also deutsches Kaiserreich, Weimarer Mal die satirischen Texte von Robert Lucas, die die­ Republik und die Zeit des Nationalsozialismus be­ ser im Zweiten Weltkrieg für den deutschsprachigen wußt aus: Zum einen gebot allein schon die For­ Dienst des britischen Rundfunks verfaßt hat, in Buch­ schungsökonomie eine Beschränkung, zum anderen form vorgelegt. Kaum eine der Sendereihen der BBC wollte sich der Autor gezielt mit den Judendarstellun­ erlangte eine derartige Popularität unter der einige gen in Filmen und Fernsehspielen aus jenen Ge­ Millionen zählenden Gemeinde von Deutschen im schichtsepochen befassen, »die im nationalsozialisti­ Dritten Reich, die trotz strengen Verbots ausländische schen Propagandafilm wegen ihres ausgeprägten Sender hörten, als die Briefe des Gefreiten Adolf Antisemitismus eine verhängnisvolle Rolle gespielt HirnschaL Oie von Lucas, einem früheren Wiener haben.« (S. 2) Kabarettisten, der seit 1938 für die BBC arbeitete, Sieht Pertsch die Judendarstellungen zur Zeit des erfundene Kunstfigur des einfältigen, führergläubigen Alten und des Neuen Testaments, mit denen er sich Landsers schildert seiner Frau in Zwieselsdorf den in seinem Einleitungsteil befaßt, geprägt »vom nicht allgemeinen Kriegsverlauf, angereichert mit persön• wahrgenommenen Juden«, so will er den mehrere lichen Erlebnissen an der Front, Berichten über die Kapitel umfassenden Hauptteil als Beschreibung des Stimmung seiner Kameraden sowie Kommentaren zu »Wegs aus dem Ghetto« verstanden wissen. ln die­ ser Beziehung hatten allerdings die Filme und Fern- 152 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) sehspiele, die das Mittelalter thematisierten, nur we­ wenig Nennenswertes geschehen. Dem wird nun ab­ nig zu bieten. Auch die frühe Neuzeit, festgemacht an geholfen. etlichen Produktionen über Martin Luther, blendeten Sibylle Bolik, der es »gleichermaßen problema­ das Thema »Reformation, Luther und die Juden« tisch und unbefriedigend« schien, sich »selektiv« auf eher aus. Golem-Filme, Produktionen über den Hof­ »einzelne ( ... ) Autoren, Phasen oder Genres« zu be­ faktor Joseph Süß Oppenheimer - durch den natio­ schränken (S. 21), wählt »ein historisch-chronolo­ nalsozialistischen Hetzfilm »Jud Süß« von Veit Harlan gisches Vorgehen« (S. 24). Orientiert an »stofflich­ zur traurigen Beruhmtheit gelangt, aber auch durch thematische[n] Schwerpunkte[n]« gilt das Interesse ein Dokumentarspiel des Nachkriegsfernsehens zur der Autorin »den Veränderungen in der dramatisch­ Aufarbeitung der Geschichte genutzt -. Fernsehspiele publizistischen Behandlung der jeweiligen Themen­ über Ferdinand Lassalle, Jaques Offenbach, Heinrich komplexe« sowie den »in jeder Entwicklungsphase Heine oder die Auswirkungen der Revolution von dominanten Strukturmerkmate[n]« (S. 24). Bolik un­ 1848 auf die Lebensbedingungen der Juden in terscheidet vier großangelegte Kapitel und bestätigt Deutschland machen deutlich, welche Hindernisse somit die bislang aufgestellten Periodisierungen. der jüdischen Emanzipation im Wege standen. Einer knapp 20seitigen Darstellung der »Entwick­ Ausgewählte Fotodokumente, in den Text einge­ lungsphase« (S. 34) des Hörspiels in der Sowjeti­ streute, leider nicht durch ein eigenes Verzeichnis schen Besatzungszone, folgt auf 40 Seiten die erschlossene Tabellen, ein Literaturverzeichnis und »Dauerkrise des Hörspiels in den 50er Jahren« (S . ein Register der erwähnten Film- und Fernsehproduk­ 51f.). Diese Hörspielarbeit wird geprägt von der For­ tionen ergänzen ein Buch, das seinem Untersu­ malismus-Realismus-Kontroverse innerhalb der DDR chungsziel gerecht wird, nämlich der Fragestellung, und dem Ätherkrieg mit dem »Klassenfeind« im welche Bilder von Juden und Deutschen, von Juden Westen von 1950 bis 1957/58. Schrittweise überwin• und Christen gezeichnet werden. det daraufhin das »Hörspiel in der DDR« seinen Tief­ Ansgar Diller, Frankfurt am Main punkt in der sogenannten »Übergangsphase« vom Ende der 50er Jahre bis 1970; hinter der Kapitelüber• schrift »Zwischen Didaktik und Probtemerörterung« steht bei Bolik das ambivalente Verhältnis von »di­ daktischem Hörspieltypus« und neuem »affirmativen Sibylle Bolik Problemhörspiel« (S. 85-158). Schließlich rundet die Das Hörspiel in der DDR. »zweite Halbzeit« des DDR-Hörspiels von 1970 bis Themen und Tendenzen(= Forschungen zur 1989 die Analyse ab, die unter den Stichworten »Ex­ Literatur- und Kulturgeschichte, Bd. 43). pansion-Differenzierung-Stagnation« mit fast 150 Sei­ Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang 1994, 372 Seiten. ten auch einen angemessen breiten Raum einnimmt. Der Germanistin gelingt es in jedem der vier Kapi­ Der Mut der Verfasserin ist erstaunlich. Denn hinter tel, sehr präzise die Entwicklung des Hörspielschaf• dem knappen und unprätentiösen Titel verbirgt sich fens aufzuzeigen. Durchgängig sind die Ergebnisse ein Anspruch, der ebenso umfassend wie hoch gegrif­ an die Iiteratur- und medienpolitischen Direktiven fen erscheinen muß. Will diese 1993 in Köln ange­ sowie an den Stand der hörspielästhetischen Diskus­ nommene und jetzt im Druck erschienene Disserta­ sion rückgebunden. Anschaulich und nachvollziehbar tion doch nicht weniger sein als »eine historisch­ wird die DDR-Hörspielgeschichte vor allem durch den kritische Bestandsaufnahme der Hörspielarbeit in der Wechsel zwischen Überblick und konkreten Beispie­ DDR« (S. 21). Unmittelbar stellt sich die Frage, ob len, zwischen summierenden Aussagen und »Kurz­ oder inwieweit solche großen Themenstellungen analysen« (S . 69), in denen Bolik einzelne Produktio­ überhaupt von einer Person in den Griff zu bekom­ nen in ihrer Repräsentativität aufzeigt. men sind. Ist der einzelne Forscher und besonders Über die äußerst materialreiche Entwicklungsge­ der Doktorand nicht vielmehr auf ein klar und eng um­ schichte des »Hörspiels in der DDR« hinaus stellt rissenes Aufgabengebiet festzulegen? Große Auf­ sich die Frage, welches Gesamturteil Sibylle Bolik merksamkeit verdient daher dieser Versuch, das mitt­ über ihren Untersuchungsgegenstand fällt. »Resü• lerweile historisch abgeschlossene Kapitel der ost­ mee« (S. 294-297) nennt sich dieser Punkt, der nicht deutschen Hörspielgeschichte überblicken zu wollen. - wie sonst bei wissenschaftlichen Arbeiten - als Zu­ Die Ausgangsbedingungen für ein solches Thema sammenfassung fungiert, sondern eher als kurze waren alles andere als günstig. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Stichwort vom soge­ Literatur über das DDR-Hörspiel ist nicht umfangreich nannten »Janusgesicht«. Peter Gugisch, seit 1969 für und wird oft von den polemischen Prämissen der 20 Jahre Leiter der Hörspielabteilung bzw. der Haupt­ deutsch-deutschen Auseinandersetzung geprägt. Die abteilung Funkdramatik, hatte diese Formel geprägt, ideologische Gebundenheit der Ost-Wissenschaftler als er in einem zweiteiligen Essay das DDR-Hörspiel erklärt sich daraus ebenso, wie sie viele der abwer­ retrospektiv aus seiner Sicht Revue passieren ließ.2 tenden Urteile aus der Sicht des Westens bedingt. Bolik verschärft nun diese Rede, wenn sie bilanziert: Das sogenannte »Schwitzke-Verdikt« beispielsweise, »kein stets dienstbereites Sprachrohr, aber fürwahr wonach Hörspielarbeit unter totalitären Bedingungen keine treibende oppositionelle Kraft« (S. 295). Ihr generell nicht möglich sei1, ist sicher noch bekannt. wichtigster Hauptvorwurf ist dabei die »künstlerische Außer den immer neuen Arbeiten von Peter Gugisch Anpassung« (S. 296), womit Bolik zu umreißen ver­ einerseits und den Untersuchungen von Stefan Bodo sucht, daß das DDR-Hörspiel seit den 70er Jahren zu Würffel andererseits ist auf dem Hörspiel-Gebiet - im sehr die Rolle der Gebrauchsdramatik und die Funk­ Gegensatz zu so manch anderem »DDR-Thema« - tionen einer problemorientierten Publizistik übernom• men hat (S . 295f.). Der Chance des möglichen Frei- Besprechungen 153 raums im Kunst- und Fiktionsvorteil habe man sich - Darstellung von Schweickerts bislang verschollen so Bolik - zu schnell und bereitwillig begeben. Eine geglaubter Erstfassung des »Hackenberger«­ These, die sicherlich zu Diskussionen Anlaß geben Hörspiels in: StRuG Mitteilungen Jg. 19 (1993), H. wird! Denn ob die angemahnte »ästhetisch-provokati• 4, S. 205-207. ve Energie« (S. 296) sich im Rundfunkprogramm je hätte überhaupt durchsetzen können, mag bezweifelt werden. Sieht man von einem an dieser Stelle noch kri­ Heinz Niemann tisch einzuwendenden Punkt ab, wird man Boliks Meinungsforschung in der DDR. Arbeit vor allem abschließend würdigen müssen Die geheimen Berichte des Instituts für durch einen expliziten Verweis auf die weitere Be­ Meinungsforschung an das Politbüro der SED. schäftigung mit dem DDR-Hörspiel, die sich aus Köln: Bund-Verlag 1993, 408 Seiten. dieser Darstellung erst ergibt. Die Nachfrage zielt auf eine Auskunft zu dem unpublizierten Material: Bei Über ein Jahrzehnt, zwischen 1964 und 1979, wurde welchen Archiven wurde angefragt und welche Dra­ in der DDR empirische Meinungsforschung betrieben, maturgen, Regisseure und Autoren wurden inter­ gab es einen öffentlich als >Institut für Meinungsfor­ viewt? Bolik macht hierüber keine Angaben. Gerade schung der DDR< firmierenden Bereich in der SED­ im Bereich des Archivmaterials zeigte sich nämlich Akadernie für Gesellschaftswissenschaften, der - schon unmittelbar nach dem redaktionellen Abschluß direkt dem SED-PolitbOro unterstellt - den engsten der Dissertation, daß seither neue aufschlußreiche Machtzirkel mit Informationen über Stimmungen und Quellen ans Tageslicht zu fördern sind.3 Meinungen der DDR-Bevölkerung versorgte. Gegrün• Das Verdienst der vorliegenden Arbeit als sehr det nach dem 1963 eingeleiteten wissenschaftlich­ fundierter Gesamtdarstellung liegt in der Tatsache technischen Modemisierungsversuch der DDR­ begründet, daß erst diese »Bestandsaufnahme« Gesellschaft, führte das Institut jährlich bis zu zehn gezieltes (Weiter-)Fragen ermöglicht. Einige solcher Befragungen durch, deren Ergebnisse in mehr als Möglichkeiten haben ihren Ausgangspunkt sogar 200 »geheime« Umfrage-Berichte einflossen. Anders unmittelbar in Boliks Hörspielgeschichte, beispiels­ als die üblichen, oft schöngefärbten »Parteiinforma­ weise wenn sie im Fußnotenapparat eine These zur tionen« oder das damals noch nicht so breit ausge­ Rolle der Hörspielkritik in der DDR aufstellt (S. 132, baute Stasi-Informantensystem beruhten diese Be­ Anm. 212). Hier wäre eine systematische Darstellung richte auf Daten, die mit Methoden der empirischen sicher sehr aufschlußreich. Andere Themenfelder wie Sozialforschung erhoben worden waren. Das zu­ eine Zusammenfassung von Zensurfällen kristallisie­ nächst vom ehemaligen Innenminister ren sich bei der Lektüre heraus. Eine Sammlung von und später von der Parteiarbeiterin Helene Berg ge­ Untersuchungen zu einzelnen Autoren und ihrem leitete Institut beschäftigte fast 20 Fachkräfte und ver­ Hörspielwerk sowie von Porträts der Programmacher fügte über ein DDR-weites Netz mit mehr als 2400 erweist sich weiterhin als Desiderat. Die Einbettung in Interviewern. 1979 wurde das Institut mit der offiziel­ den großen hörspielgeschichtlichen Kontext wäre len Begründung, es habe seine Aufgabe erfüllt, ge­ nunmehr gewährleistet. Das Kapitel der ostdeutschen schlossen und sein Archiv vernichtet. Hörspielgeschichte ist zwar abgeschlossen, aber die Heinz Niemann, bis 1992 im Institut für Politik­ Forschung sollte jetzt erst richtig beginnen. Boliks wissenschaft der Humboldt-Universität tätig, hat im Untersuchung »Das Hörspiel in der DDR« ist die SED-Parteiarchiv in der Stiftung Archiv der Parteien Grundlage dafür. und Massenorganisationen der DDR 183 Berichte Hans-Uirich Wagner, Samberg des Instituts für Meinungsforschung in den Beständen verschiedener ZK-Fachabteilungen gefunden. ln die­ 1 Vgl. Heinz Schwitzke: Das Hörspiel. Dramaturgie ser Quellenedition dokumentiert er davon 15 Berich­ und Geschichte. Köln - Berlin: Kiepenheuer & Wit­ te mit Befragungsergebnissen vornehmlich zu innen­ sch 1963, S. 107. - Ihm folgte beispielsweise fast und außenpolitischen sowie wirtschaftlichen Themen gleichlautend Wemer Klose: »Im autoritär von auf Ober 300 Seiten, ergänzt durch eine Darstellung Partei und Staat beherrschten Sowjetsystem gab zur Geschichte des Instituts. Seine Interpretation der es deshalb ebensowenig ein literarisches Hörspiel Daten fügt er bei. wie in den faschistischen Staaten« (W.K.: Didaktik Der Klappentext bezeichnet das Buch als »wis­ des Hörspiels. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 1974, senschaftliche Sensation«, nicht nur weil die s. 34). Institutsunterlagen bisher als vernichtet galten, son­ dern auch weil die Berichte »für den genannten Zeit­ 2 Vgl. Peter und Renate Gugisch: Hörspiel in der raum das einzige harte Datenmaterial darstellen, auf DDR. Deutschlandfunk. Sendung vom 11 . und das sich die historische und sozialwissenschaftliche 18.7.1992. Forschung über die DDR stützen kann«. Dies stimmt 3 Vgl. beispielsweise das Dokument über Joachim nur zum Teil. Nach der Verteufelung der Soziologie Walthers zensiertes Hörspiel »Infarkt« aus der als »bürgerliche Scheinwissenschaft« in den 50er >Stiftung Archiv der Parteien und Massenorgani­ Jahren etablierten sich von Mitte der 60er Jahre an in sationen der DDR im Bundesarchiv<. Abgedruckt der DDR zahlreiche soziologische Forschungsstellen in: Heide Riedel (Hrsg.): Mit uns zieht die neue im Universitäts- und Wissenschaftsbereich, in staatli­ Zeit... 40 Jahre DDR-Medien. Berlin 1993, S. 69- chen Einrichtungen, in der Wirtschaft und auch in den 71 . - Zur Tonträger-Erschließung im Schallarchiv Medien, deren zunehmend professionell erhobene des Deutschen Rundfunkarchivs Berlin, vgl. die Daten nicht alle vernichtet sein dürften. Jedoch waren alle von soziologischen Institutionen, auch vom 154 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Institut für Meinungsforschung, erhobenen Daten im Bevölkerung hatte sich in den 60er Jahren auf einen besten Fall für begrenzte Bereiche (Bezirk, Kreis, gesellschaftlichen, auch deutsch-deutschen Status Betrieb, Schule) repräsentativ. DDR-repräsentativ quo eingestellt, die SED konnte sich auf eine gewisse forschten nur das (heute noch existierende) Institut »Legitimierung qua Massenloyalität« stützen. Diese für Marktforschung in Leipzig und die beiden soziolo­ Interpretation will Niemann nicht nur als Beitrag zur gischen Forschungsabteilungen bei DDR-Hörfunk differenzierteren »historischen und sozialwissen­ und -Fernsehen, 1 deren landesweite Untersuchungen schaftliehen Rekonstruktion der untergegangenen wiederum ihren eng begrenzten Forschungsgegen­ Wertelandschaft in der DDR«, sondern explizit auch stand nicht verlassen konnten. Diese methodische zur gegenwärtigen Unrechtsstaat-Diskussion verstan­ Einschränkung bei der Bewertung der von Niemann den wissen, die angesichts der momentan oft verein­ vorgestellten Daten erschließt sich dem Leser nur in­ fachenden und klischeehaften Behandlung der DDR­ direkt. Geschichte nicht nur in den populären Medien wohl Das vom Herausgeber konstatierte »lebhafte bis berechtigt erscheint. schrille Medienecho«2 auf das Buch bezieht sich lngrid Pietrzynski, Berlin jedoch mehr auf die angezweifelte Glaubwürdigkeit der Ergebnisse infolge der Befragungsumstände, Untersuchungsgegenstand der beiden For­ wenn z.B. »Mitglieder der Betriebsparteiorganisatio­ schungsabteilungen waren Medienverhalten und nen die Fragebogen übergaben und sie nach dem -erwartungen der DDR-Bürger. Die entsprechen­ Ausfüllen« wenn auch »mit versiegelten Urnen wieder den Unterlagen befinden sich heute im Deutschen abholten«, also auf die Wahrung der Anonymität. Rundfunkarchiv Berlin. Vgl. hierzu auch: Christa Dennoch bieten die vorgelegten und vermutlich auch Seifert: Begehrte Zahlen. Der Beginn der Zu­ die übrigen Berichte eine Fülle von sozial und regio­ schauerforschung im Deutschen Femsehfunk, in: nal differenzierten Daten zum Meinungsbild der DDR­ 1965: Warten auf den Frühling. Unsere Medien­ Bürger zu innen- und vor allem deutschlandpo­ Unsere Republik, Teil 2, Heft 4, Mari 1993, S. 25- litischen Themen und Ereignissen im zeitlichen Um­ 27 und Lieselotte Mühlberg: Hörerforschung des feld vornehmlich der 60er Jahre, die je nach Sicht­ DDR-Rundfunks, in: Heide Riedel: Mit uns zieht weise auch den Medienhistoriker überraschen oder die neue Zeit ... 40 Jahre DDR-Medien, Berlin bestätigen können: Meinungsgleichschaltung mit na­ 1993, S. 173-180. hezu 1OO%iger Zustimmung zu den von der SED po­ 2 Heinz Niemann: Objektive Meinungsforschung un­ stulierten Thesen wurde jedenfalls nicht nachgewie­ ter Ulbricht? Von der Mehrheit anerkannt, erfüllte sen, jedoch liegen entsprechende Daten auch nicht die SED das Minimalkriterium jeglicher Legitima­ unter 50%. Das betrifft beispielsweise auch Aussagen tion. ln: Neues Deutschland v. 5./6.2.1994. zur Glaubwürdigkeit der Massenmedien, zum Me­ dienverhalten und zur - politisch immer brisanten - Wahl des Senders. 1967, wenige Jahre nach derbe­ rüchtigten Antennnenstürmerei in der FDJ-Aktion Wolfgang Haible »Ochsenkopf«, erbrachte eine offene Frage nach be­ Schwierigkeiten mit der Massenkultur. vorzugten Sendestationen unter Jugendlichen 59% Zur kulturtheoretischen Diskussion der für westliche und 52% für DDR-Sender, wobei schon Massenunterhaltung in der DDR seit den damals Sowohl-als-auch-Hören gang und gäbe war. siebziger Jahren(= Hochschulschriften, Bd. 1). Auffällig ist der Wandel in der Gestaltung der Fra­ Mainz: Decaton Verlag 1993, 192 Seiten. gen, die in den 70er Jahren zunehmend ideologisch stark beeinflußte Suggestivfragen waren. Niemann Die vorliegende theoretische Studie stellt sich die beschreibt in diesem Zusammenhang zunehmende Aufgabe, die Beziehung von Massenkultur und Un­ Eingriffe von ZK-Abteilungsleitem und Politbüromit• terhaltung unter den spezifischen Bedingungen der gliedern in die Fragebogengestaltung. ln den 60er DDR herauszuarbeiten. Mit Recht weist der Autor in Jahren hatte man noch oft Fragen verwendet, die, der Einleitung darauf hin, daß »die in der DDR mit ähnlich wie bei westdeutschen Umfragen, Vergleiche Medien befaßten Wissenschaftlerinnen ( ... ) in be­ ermöglichten. Das Datenmaterial wurde damals in stimmter Kontinuität zur Arbeiterbewegung und ins­ Tabellenform, mit kurzen Interpretations-Kommenta­ besondere zu ihrem kommunistischen Flügel stan­ ren versehen, vorgestellt. ln den 70er Jahren domi­ den« (S. 10). Er verzichtet allerdings darauf, diese nieren Prosatexte, in denen die Daten mehr oder und andere Thesen zu beweisen. Dazu gehört auch weniger zur Illustration der empfohlenen Interpretati­ die Feststellung, daß der genannte Personenkreis on dienen. »ähnliche >Probleme< mit medial verbreiteter Mas­ Leider gibt der Herausgeber keinen thematischen senkultur wie einige, freilich tonangebende Vertreter Überblick über die in allen aufgefundenen Berichten westlicher, bürgerlicher Werte« hatte. enthaltenen Daten, so daß für den interessiel1en ln einem Oberblick referiert Haible wissenschaftli­ Historiker trotz dieser Auswahl das Queftenstudium che Beiträge, die überwiegend in Berlin arbeitende vor Ort unumgänglich bleibt. Niemann bereitet eine und lehrende Wissenschaftler in den 70er, 80er und weitere Publikation mit Umfrage-Berichten zur politi­ frühen 90er Jahren publizierten, und hebt die ver­ schen Kultur und Alltagskultur vor, mit der er Daten schiedenen Argumente und Positionen hervor, die über die »vermutete Dichotomie von Alltagskul­ sich in den 70er und 80er Jahren herausgebildet hat­ tur/Lebenswelt und politischem System« vorstellen ten. Dazu zählten vor allem die Problematisierung will. Seine Dokumentenauswahl im vorliegenden des Kulturbegriffs, die Auseinandersetzungen um die Band ist vermutlich seiner Interpretation der Daten Inhalte und Funktionen von Unterhaltung in der so- untergeordnet. Diese lautet: Die Mehrheit der DDR- Besprechungen 155 zialistischen bzw. kapitalistischen Gesellschaft, die Medien - Künste - Kommunikation (= Beiträge zur Diskussionen um die Lebensweise sowie die Rolle Film- und Fernsehwissenschaft, Bd. 41). Berlin der Massenmedien und hier insbesondere der Pop­ 1991 . musik im Sozialismus. Es ist ein Verdienst des Au­ tors, daß er die Adressaten der jeweiligen Artikel, die in der DDR üblicherweise nicht genannt wurden, rich­ tig zuordnet und so dem Leser beim Nachvollzug und Peter Zimmermann (Hrsg.) der Personalisierung des Meinungsstreites hilft. Zu­ Femseh-Dokumentarismus. gleich sind theoretische Entwicklungen innerhalb be­ Bilanz und Perspektiven (GLOSE UP: Schriften aus stimmter Institute für den Außenstehenden auf diese dem Haus des Dokumentarfilms, Bd. 1). Weise besser zu verstehen. Dies hervorzuheben ist München: Ölschläger, 1992. 367 Seiten. wichtig, weil die verschiedenen Positionen nie grund­ sätzlich differierten und so die z.T. inhaltlich sehr nah Das Haus des Dokumentarfilms Stuttgart veranstal­ beieinander liegenden Aussagen in ihrer Verschie­ tete im Herbst 1991 in Zusammenarbeit mit dem denheit erkennbar werden. Schließlich kommt es der Teilprojekt »Dokumentarfilm« des Sonderforschungs­ besseren Lesbarkeit des Buches zugute, daß Haible bereichs der Deutschen Forschungsgemeinschaft auf viele Leerformeln, die eine Reihe der zitierten (DFG) »Bildschirmmedien« in Siegen und Marburg Aufsätze enthalten, verzichtet, ohne dabei die Texte eine Tagung unter dem Thema »Femseh-Dokumen­ bzw. Aussagen zu verfälschen. tarismus: Bilanz und Perspektiven«. Der gleichlauten­ Das eigentliche Problem dieses Buches ist die de Tagungsband, herausgegeben von Peter Zimmer­ inhaltliche Enge der ausgewerteten Diskussionen. Da mann, dokumentiert die Vorträge und Podiumsdiskus­ Querverweise fehlen, vermittelt der Autor den Ein­ sionen von Filmemachern, Journalisten, Kritikern und druck, die von ihm vorgelegte Studie decke das Medienwissenschaftlern und vereint zudem ergän• Thema völlig oder weitgehend ab. Dies ist aber bei zende Beiträge. weitem nicht der Fall. So fehlt zum einen eine ge­ Der erste Teil widmet sich den »Anfängen des nauere Bestimmung der Ergebnisse erster Diskus­ dokumentarischen Fernsehens«. Nach dem Zusam­ sionen, die Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre menbruch des Dritten Reichs kam den dokumentari­ in der DDR stattgefunden haben. Als Konsequenz schen Genres im Rahmen der Entnazifizierung und dieser ersten Annäherungen wurde z.B. die Teilneh­ der Reeducation eine besondere Aufgabe zu (Peter merforschung für den Hörfunk eingeführt. Die ermit­ Zimmermann). Es wird vorgeschlagen, den Begrff telten Daten waren, etwa im Unterschied zum Fern­ >Dokumentarfilm< durch den des >nonfictionfilm< zu sehen, auch zu DDR-Zeiten nutzbar. Dieses Defizit ersetzen, bringt >nonfiction< doch besser zum Aus­ korrespondiert mit einem weiteren: Die vom Autor druck, daß »in einem solchen Film nichts erfunden ist ausgewählten Publikationen werden fast ausschließ• und die Menschen authentisch sind« (Erwin Leiser). lich unter dem Gesichtspunkt einer im weiteren Sinn Einen wichtigen Anfang nahm der Dokumentarfilm des Wortes philosophischen Annäherung an die Mitte der 50er Jahre mit der »Stuttgarter Schule« . Problematik untersucht. Die wenigen zugänglichen Ihre Protagonisten, die u.a. von 1957 bis 1973 für die soziologischen Untersuchungen werden zwar in der Reihe »Zeichen der Zeit« (SDR) verantwortlich ausführlichen Bibliographie genannt, aber im Text zeichneten, brachen mit dem »tradierten Dokumen­ selbst kaum problematisiert. Ebenso peripher wird die tarfilm«. Ihre aufklärerische Arbeit firmierte unter der Tatsache behandelt, daß Massenkultur und Unterhal­ »Parole: Entmythologisierung« (Dieter Ertel). Von der tung auch Kategorien in der ideologischen Auseinan­ Reihe »Zeichen der Zeit« gingen wichtige Impulse für dersetzung mit dem Westen waren und es auch viel­ den kritischen Fernsehdokumentarismus aus (Jürgen fach bis zum Ende der DDR blieben. K. Müller). Die »Hamburger Schule« (NWDR, NDR) Auffallend ist, daß der Autor sich nur auf jene setzte in den 50er Jahren mit der >entfesselten Diskussionen stützt, die sich unmittelbar auf Proble­ Kamera< und dem >Pilotton< neue filmtechnische me der 70er und 80er Jahre in der DDR beziehen. und -ästhetische Maßstäbe (Carsten Diercks). Im Auf diese Weise entsteht über weite Strecken ein Rückblick stellen sowohl »Stuttgarter« als auch sehr kleinkariertes und einseitiges Bild, das jede Hi­ »Hamburger Schule« für das damalige Fernsehen storizität vermissen läßt. Zugleich scheint es, als wäre eine »geradezu ideale Kombination von Weitblick und die Kenntnis französischer Theorien der Postmodeme Nachdenklichkeit« dar (Rüdiger Proske). Peter von bzw. englischer und amerikanischer Diskussionen, Zahns »Bilder aus der neuen Welt« (NWOR, NDR) die im Umkreis der »cultural studies« stattfanden, in von 1955 bis 1960 zeugen von dem Einfluß des der DDR nicht vorhanden gewesen bzw. habe das amerikanischen Fernsehjournalismus auf den Denken dort nicht beeinflußt. Eine Reihe der in der deutschen (Peter von Zahn). ln den ersten Jahr­ zweiten Hälfte der 80er Jahre entstandenen Disser­ zehnten des Fernsehens gab es immer wieder ethi­ tationen und Aufsätze, etwa der von Joachim sche Diskussionen über den Dokumentarfilm. Die Fiebach,1 besagen jedoch das Gegenteil. Auf Grund Ausstrahlung der tödlichen Polizeischüsse auf den der unübersehbaren Defizite ist der Wert der Studie Studenten Benno Ohnesorg während des Schahbe­ für den Nachvollzug des theoretischen Denkens in suchs (»Polizeistaatsbesuch«, SDR 1967) löste z.B. der DDR über Phänomene der Massenkultur nur von eine Debatte darüber aus, welche Bilder das Fernse­ sehr beschränktem Aussagewert. hen zeigen darf und welche nicht (Roman Brodmann, Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin Herwig Sander). Der zweite Teil hat den »Stil- und Tendenzwandel Vgl. Joachim Fiebach: Kommunikation und Thea­ von journalistischen zu dokumentamimischen For­ ter. Diskurse zur Situation im 20. Jahrhundert. ln: men« zum Gegenstand. Der Dokumentarfilm ist durch 156 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) eine Ausdifferenzierung in eine Vielfalt von eigen­ forderung dar. Ausgehend vom Verständnis, daß ständigen Subgenres charakterisiert. Die von 1964 an Fernsehen zur heutigen Kultur gehört, möchte LA verwandten Techniken des amerikanischen >Direct SEPT unabhängigen Produzenten die Möglichkeit ge­ Cinema<, beispielsweise der Abbau narrativer Kon­ ben, auf dem Markt Fuß zu fassen (Thierry Garrel). ventionen oder der Einsatz der fragmentarischen Der abschließende Teil fokussiert »Aspekte der Wirkung der Großaufnahme, veränderten den Do­ Forschung und Vermittlung«. Das Dokumentarfilm­ kumentarfilm. Der Zuschauer sollte in die Situation projekt des DFG-Sonderforschungsbereichs »Bild­ des »Mit-Erlebens« versetzt werden (Klaus Wilden­ schirmmedien« setzt sich mit der Theorie, der Ge­ hahn). Die ZDF-Sendereihe »betrifft: fernsehen«, die schichte und mit historisch relevanten Präsentations• von 1974 an bis Mitte der 80er Jahre ausgestrahlt formen sowie mit wichtigen Werken des Fernseh­ wurde, zeichnete sich durch einen medienpädagogi• Dokumentarfilms auseinander (Heinz-B. Heller). Das schen Ansatz aus. Der Redaktion war daran gelegen, Haus des Dokumentarfilms will in einer Mittlerrolle kritisch über die Wirkungen des Mediums Fernsehen zwischen Rundfunkarchiven und Wissenschaft fun­ zu berichten und den Zuschauer »mitsprachefähiger« gieren (Anita Raith). zu machen (Helmut Greulich). ln den »Personenbe­ Der Band »Fernseh-Dokumentarismus« leistet schreibungen« galt der Blick der Kamera den Lebens­ einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der über umständen eines einzelnen Menschen - im Bewußt• 40jährigen Geschichte des Dokumentarfilms im Fern­ sein, daß der Dokumentarfilmer als »Anteilnehmen­ sehen der Bundesrepublik Deutschland. Die Gesamt­ der« nicht die Wirklichkeit einfängt, sondern manipu­ konzeption mit einer Auswahl an sowohl kompetenten liert (Georg S. Troller). Im Mittelpunkt von dokumenta­ als auch prominenten Autoren aus den Bereichen rischen Filmen, z.B. der ZDF-Sendereihe »Lebenser­ Dokumentarfilm, Kritik, Journalismus und Wissen­ fahrungen«, stand der >einfache< sprechende schaft erweist sich als gelungen. Der Argumentati­ Mensch. Die Bedeutung des gesprochenen Wortes onsgestus der Beiträge ist wesentlich durch die sollte herausgestellt werden (Hans-D. Grabe). Im hi­ pragmatische Perspektive der Filmautoren bzw. storischen Rückblick werden insbesondere Hans-Die­ Fernsehjournalisten geprägt. Diese berichten als ter Grabe und Georg-Steran Troller aufgrund ihrer Zeitzeugen anschaulich über die Anfänge und den Pioniertaten, ihrer publizistischen Zivilcourage und Werdegang des Fernseh-Dokumentarfilms. Darüber ihrer filmsprachlichen Fähigkeiten gewürdigt (Klaus hinaus vermitteln sie einen Eindruck von den Pro­ Schreyer). Als Beispiel für ein genre- und grenzüber• duktionsbedingungen, den künstlerischen Aktivitäten schreitendes dokumentarfilmisches Verständnis ist und dem ästhetischen Selbstverständnis des Doku­ die Reihe »Das Kleine Fernsehspiel« zu nennen. ln mentarfernsehens. ln ihrer Gesamtheit umreißen die diesem Rahmen strahlten das ZDF seit 1972 unab­ Beiträge die Konturen des weit ausdifferenzierten hängige Produktionen jedweder Couleur ohne redak­ Spektrums des Dokumentarfilms in essayistische, tionelle Bevormundung aus (Eckart Stein). investigative und halbdokumentarische Formen und Der dritte Teil eröffnet einen Blick auf »neue Formate. Ferner explizieren sie anhand von Beispie­ Trends und Perspektiven«. Die veränderten Bedin­ len die filmtechnischen bzw. -ästhetischen Einflüsse gungen der dualen Fernsehordnung weisen darauf u.a. von >Direct Cinema<, >Uncontrolled Camera< hin, daß die >offenen< Formen des Fernsehspiels im und >Cinema Verite<. Die Kritiker weisen zu Recht Gegensatz zu den >geschlossenen< ein hinreichen­ darauf hin, daß der Dokumentarfilm, lange Jahre eine des Innovationspotential in sich tragen, um eine Zu­ Domäne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. im kunft zu haben (Heinrich Breloer). Die Oberwiegende teilderegulierten Fernsehmarkt zunehmend unter dem Anzahl der Nachwuchsdokumentarfilmer (z.B. der Diktat des Gesamtprogrammkontextes und der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin wen­ Programmkonkurrenz mit den kommerziellen Pro­ den sich vom journalistischen Dokumentarismus ab grammanbietern steht. Gegenwärtige Entwicklungen und versuchen, ihre subjektiven Ansichten, Wahr­ und Tendenzen bei den privat-rechtlichen Rundfunk­ nehmungen und Gefühle im Film zum Ausdruck zu veranstaltern und freien Produktionsfirmen werden - bringen. Die Folge ist ein »komplizierter Dokumenta­ abgesehen von den Paradebeispielen wie Alexander rismus« (Thomas Koebner). Die ARD-Produktion Kluge und weiteren dctp-Produktionen - nicht erfaßt. »Die Abschöpfer« von 1991 steht exemplarisch für Alles in allem sind mit dem Band elementare Arbeiten die langwierigen juristischen Auseinandersetzungen, und Zeugnisse zum Fernseh-Dokumentarismus die die Thematisierung eines brisanten Stoffes nach vorgelegt worden. Auf dieser Grundlage können und sich ziehen kann (Gero Gemballa). Der Film pran­ sollten weitere systematische und historische Studien gerte das suspekte Geschäftsgebaren eines großen aufbauen. Klinikkonzerns an. Insgesamt betrachtet. haben do­ Christian Filk, Siegen kumentarische Genres einen schweren Stand im teilderegulierten Rundfunkmarkt Der Dokumentarfilm wandert zusehends ins •Ghettoc der Kulturkanäle und des Abonnementfemsehens. Daran vermag auch Franz Dröge I Gerd G. Kopper das Engagement »vereinzelter unverdrossener För• Der Medien-Prozeß. derer« in den öffentlich-rechtlichen Anstalten nichts Zur Struktur innerer Errungenschaften der zu ändern (Cornelia Bolesch). Der deutsch-französi• bürgerlichen Gesellschaft. sche Kulturkanal ARTE gewinnt »aus dem Wechsel­ Opladen: Westdeutscher Verlag, 1991 . 286 Seiten. verhältnis zwischen kulturellem und gesellschaftli­ chem Leben seine programmliehe Kraft und Attraktivi­ Historiographische Untersuchungen stehen seit län­ tät« (Klaus R. Wegner). Für den französischen Sen­ gerer Zeit im Schatten der kommunikations- und der LA SEPT stellt der Dokumentarfilm eine Heraus- medienwissenschaftlichen Forschungspraxis. Der Besprechungen 157

Bremer Kommunikationswissenschaftler Franz Dröge Jahrhundert habe sich ein »dualer Charakter« der und der Dortmunder Medienwissenschaftler Gerd G. Medien herausgebildet: Zum einen seien die Medien Kopper haben mit ihrem Buch »Der Medien-Prozeß« in die gesellschaftliche Entwicklung eingebunden, eine grundlegende medienhistorische Arbeit vorge­ zum anderen seien sie selbst Promoter gesellschaft­ legt. Sie rekonstruieren die Genese der Massenme­ licher Veränderungen. Die modernen Informations­ dien von der Durchsatzung des Buchdrucks bis zum und Kommunikationsmedien seien als »strukturieren­ modernen Massenmediensystem hinsichtlich der de Momente« in alle Sektoren der Gesellschaft einge­ technischen, sozial-ökonomsehen und politischen drungen. Ihre Funktion sei »die Vereinheitlichung von Komplexität. gesellschaftlichem Sinn«. ln der Einleitung und im Vorwort skizzieren die Im zweiten Kapitel »Ein- und Ausgrenzung von Autoren ihren Theorieansatz und ihr Untersuchungs­ Interessen als Funktion publizistischer Systement­ programm: Den im Zentrum stehenden Begriff wicklung« analysieren Dröge und Kopper die histori­ >Medienprozeß< verwenden Dröge und Kopper in sche Systemdynamik der öffentlichen Kommunikation einem doppelten Sinne: Zum einen verstehen sie vor dem Hintergrund ihrer steuernden Parameter. Die darunter die Fokussierung der »Gesetzmäßigkeiten« Technik wird als ein wichtiger Parameter zur Steue­ der gesellschaftlichen Entwicklung sowie ihrer Fakto­ rung der Systemevolution angesehen. »Sie [die Tech­ ren und zum anderen den Wirkungszusammenhang, nik; C.F.] trägt die formalisierende und distributive in dem die Medien selbst »Gegenstand und Hervor­ Rationalität der kommunikativen Vergesellschaftung« bringungsmuster von Gesellschaft« geworden sind. (S. 87). Jedoch werde Technik nicht von sich aus in Die Evolution des Mediensystems beschreiben die Anwendung gebracht, sondern ihr liege ein spezifi­ Autoren auf vier Entwicklungsebenen sowohl histo­ sches ökonomisches Interesse zugunde Während risch als auch systematisch: 1. Rationalisierung (im das >Erwerbsinteresse im 17. Jahrhundert, der Früh• Sinne Max Webers) als die dominierende Eigenlogik phase der Presse, auf die Aufrechterhaltung der des Geschichtsverlaufs; 2. technische Innovationen »standesgemäßen« Lebensweise abgezielt habe, sei und Ausdifferenzierungen im Mediensystem (z.B. im 18. Jahrhundert das Erwerbsinteresse zu einer Radio und Fernsehen); 3. produktive und soziale »kapitalistischen Gesinnung« mutiert. Seit Beginn der Formgebungen von technischen Basisinnovationen Industrieproduktion stehe auch die technologische (z.B. der qualitative Fortschritt von der Röhre zum Entwicklung im Mediensektor unter dem Primat des Transistor) und 4. Handlungen empirischer Subjekte Profitinteresses. Mit der Expansion der Medien­ (z.B. Marktkonkurrenz). Konkretere Ausführungen zu industrie trete ein dritter Steuerungsparameter in den den Entwicklungsebenen schließen sich in den weite­ Vordergrund: die Kommunikationspolitik. Diese neh­ ren Kapiteln an. ln ihrer Darstellung greifen Dröge me im Konflikt zwischen den nicht fixierbaren politi­ und Kopper auf jüngere Grundpositionen der Kriti­ schen Allgemeininteressen einerseits und den höchst schen Theorie (u .a. von Herbert J. Schiller und Dallas effektiven Partikularinteressen andererseits durch die W. Smythe) zurück. Androhung oder durch den Vollzug von Interventio­ Im ersten Kapitel »Kommunikationstechnologie nen die heutige »Form der Krisenregulierung« wahr. und gesellschaftliche Entwicklung« wird die These Der Systemkontext dieser Steuerungsparameter vertreten, daß die Konstituierung der bürgerlichen stelle die gesellschaftliche Evolution und Reproduk­ Gesellschaft soziale und technologische Entwicklun­ tion der bürgerlichen Gesellschaft dar: »Das Zusam­ gen mit sich gegenseitig stützenden Strukturen her­ menwirken der Parameter bestimmt in jedem gegebe­ vorgebracht habe. Soziale und technische Konsti­ nen Zeitpunkt der Systemgeschichte die spezifische tutionsmodi seien zu einer »ununterscheidbaren Ein­ Qualität des publizistischen Vermittlungszusammen­ heit« verschmolzen. Seide seien Produkte menschli­ hangs« (S. 145). Im weiteren Fortgang entwickeln die cher Intentionen und Interessen. Eine historische Autoren die komplexe These, »daß die Verselbständi• Analyse zeige, »von den ihn [den technischen Pro­ gunQ ideeller Interessen und ihre Konfiguration in zeß; C.F.] tragenden Interessen gehen soziale Be­ >Weltanschauungen< ein Verallgemeinerungs- und stimmungsmomente der Gesellschaft in die Technik Transformationsmechanismus ist, der nicht nur einen ein, determinieren ihre Form und gesellschaftliche Eigenlauf darstellt, sondern nach dessen Modell auch Funktionsweise, die ihrerseits wieder den Gebrauch materielle Interessen ins Allgemeine eines politisch­ und damit die sozialorganisatorischen Programmati­ ideologischen Substrates transformiert werden« (S. ken formen« (S. 39). Diese Interessen seien, sofern 149). sie sich historisch realisiert und in technologischen Im abschließenden Kapitel »Zur Theorie der Sy­ Infrastrukturen manifestiert hätten, prägend für »alle stemalternativen« wird analysiert, an welchen Punk­ funktionalen Bestimmungen« massenmedialer oder ten andere Entwicklungsansätze greifen könnten. Es sinnvermittelnder Systeme. Die westlichen Industrie­ gebe nur dann eine Alternative zum vorherrschenden gesellschaften seien bislang durch »Kapitalinteres­ Gesamtmediensystem, wenn eine systemkonstituie­ sen« dominiert worden. Ein Blick in die Frühgeschich• rende »soziale Bewegung« in der Lage sei, evoluti­ te der Presse zeige, daß die Ökonomie auf die Eigen­ onswirksam andere Steuerungsparameter zu univer­ produktion von Nachfrage gesetzt habe. Das Frühsta• salisieren. Alternative mediale Entwicklungschancen dium der periodischen Presse sei variantenreich hin­ für einzelne Medienangebote (z.B. >taz<) bestünden sichtlich des Nachfrage- und Rezeptionsverhaltens nur dann, wenn diese systemextern konkurrierten. gewesen. Dieses habe sich nachhaltig im Zuge Mittelfristig könnten diese nur wählen zwischen sukzessiver lnstitutionalisierung und Standardisierung Untergang oder Integration. der Produktion seit dem 18. Jahrhundert verändert. Dröge und Kopper gelingt es, die Evolution des Die Produkte seien differenzierter geworden, jedoch Mediensystems auf der Folie einer abstrakten Ent­ ohne die Nutzerdetinitien zu modifizieren. Im 19. wicklungslogik nachzuzeichnen. Mittels des umsichtig 158 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) konturierten Prozeßbegriffs zum einen und mittels der kationauf Satelliten. Mit INTELSAT wurde 1964 das Unterscheidung von diskriminierenden Entwicklungs­ erste internationale Satellitenkonsortium gegründet. ebenen zum anderen vermögen die Autoren zweierlei Der Ostblock blieb diesem Zusammenschluß fern und zu zeigen: 1. Die Evolution des Mediensystems ist gründete das INTERSPUTNIK-System, das aber weit nicht isoliert, sondern im Funktions- bzw. Wirkungs­ weniger Bedeutung erlangen sollte. Die 70er Jahre kontext aller Bereiche der Gesellschaft zu betrachten. wurden in der ITU vom Nord-Süd-Konflikt dominiert. 2. Ein verschärftes Augenmerk ist auf die das Me­ Die Entwicklungsländer hatten inzwischen eine Zwei­ diensystem dominierenden politisch-ideologischen drittelmehrheit erreicht und drängten vehement auf und ökonomischen Programmatiken zu werfen. Denn­ Durchsetzung ihrer Interessen. Gleichzeitig unterlag noch erübrigt die Vergehensweise von Dröge und seit Mitte der 70er Jahre die Entwicklung der Tele­ Kopper keine detailgenaue Mediengeschichtsschrei­ kommunikation einem tiefgehenden technischen und bung. An manchen Stellen reduzieren sie großzügig ökonomischen Wandel, ausgelöst durch den historische Komplexität. Des weiteren fehlt der Arbeit praktischen Einsatz der Mikroelektronik. Allein auf eine analytische Kategorie - z.B. der systemtheoreti­ dem Gebiet der Übertragungstechnik gab es riesige sche Sinnbegriff - als Konvergenzpunkt der Steue­ Kapazitätszuwächse für Telefongespräche und Rund­ rungsparameter im Mediensystem. Davon abgesehen funkprogramme. stellt das Untersuchungsinstrumentarium eine Alter­ Das Bemerkenswerte an der aktuellen Entwick­ native zum Gros der objektivistischer Kausalanalytik lung ist aber die Integration vormals unterschiedlicher verhafteten medien- bzw. kommunikationswissen­ Techniken in ein System. Hier wird auf ISDN schaftliehen Theorien dar. Die prononciert vorgetra­ hingewiesen, durch das die bestehenden separaten gene Relevanz ihres Ansatzes für die empirische For­ Dienste zu einem einzigen digitalen Fernmeldenetz schung müssen Dröge und Kopper allerdings noch zusammengeführt werden. Telekommunikation und beweisen. Datenverarbeitung verschmelzen zur modernen Da­ Christian Filk, Siegen tenkommunikation. Zu den bekannten »Basisdien­ sten« Telefon und Telex gibt es inzwischen eine kaum noch zu überschauende Zahl neuer Text-, Daten- und lnformationsdienste, nicht zu vergessen AndreasTegge TV, digitaler Hörfunk und Video. Da die moderne Die Internationale Telekommunikations-Union. Telekommunikation seit den 80er Jahren in der Organisation und Funktion einer Weltorganisation »lnformationsgesellschaft« nahezu alle Bereiche von im Wandel. Wirtschaft und Gesellschaft durchdringt, mußte die Baden-Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft 1994, ITU die Medien stärker in ihre Arbeiten einbeziehen. 373 Seiten. Dies bedeutet, daß sie sich von der rein technokrati­ schen Aufgabenstellung verstärkt auch politischen Das Buch entstand im Rahmen des Forschungspro­ und ökonomischen Aspekten der Telekommunikation jekts »Wirtschaftsrecht der internationalen Telekom­ öffnete. Als Reaktion auf die veränderten Rahmen­ munikation« im Max-Pianck-lnstitut für ausländisches bedingungen und die neuen Herausforderungen hat und internationales Privatrecht in Hamburg. Die die ITU ihre Regulierungskonzepte und ihre Arbeits­ »International Telecommunication Union« (ITU) - weise zwischen 1988 und 1992 grundlegend modifi­ gegründet 1932 - ist eine der ältesten internationalen ziert und auf einer außerordentlichen Konferenz der Organisationen überhaupt. Das überkommene Sy­ Regierungsbevollmächtigten 1992 in Genf verab­ stem steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Gründe schiedet. Satzung und Konvention sind Anfang 1994 dafür sind neue Verbreitungs- und Reproduktions­ in Kraft getreten. techniken, die wiederum Maßnahmen der Wirt­ Die Erarbeitung von Regelungen für den interna­ schafts- und Kommunikationspolitik ausgelöst haben tionalen Funkverkehr ist neben der Standardisierung und weiterhin bewirken. Durch eine Zuwendung der (Normung) die wichtigste Funktion der ITU. Diese Volkswagen-Stiftung wurde die Untersuchung ermög• Aufgaben wurden bis 1992 von den regionalen und licht. weltweiten Funkverwaltungskonferenzen sowie dem Die ITU faßte in ihrem Gründungsjahr mehrere bis CCIR (Internationaler beratender Ausschuß für den dahin getrennt agierende internationale Aktivitäten Funkdienst) und dem IFBR (Internationales Amt zur zusammen, und zwar für Telefon, Telegraphie und Frequenzregistrierung) wahrgenommen. Unzurei­ Funk. Ein umfassender Weltnachrichtenvertrag trat chende Koordinierung zwischen diesen Organen war 1932 an die Stelle der in ihren GrundzOgen seit 1875 es vor allem, die 1992 zu einer umfassenden Neu­ (St. Petersburger Welttelegraphenvertrag) bzw. seit strukturierung des Funksektors in der ITU geführt hat. 1906 (Bertiner Wellfw1kvertrag) kaum veränderten Die Aufgaben des Funksektors bestehen haupt­ Vereinbarungen, deren Regelungen z.T. auch heute sächlich darin, eine optimale Nutzung des Funkfre­ noch Bestandteil des internationalen Funkrechts sind. quenzspektrums für alle Funkdienste einschließlich Im Rahmen der ITU kam es nach dem Zweiten des Satellitenfunks sicherzustellen. Weltkrieg 1947 zu einer Funkverwaltungskonferenz in Die Standardisierungsarbeit der ITU erstreckt sich Atlantic City, um den Wiederaufbau des Weltkom­ auch auf den Rundfunksektor. Gerade die Bemühun• munikationsnetzes zu betreiben. Doch die Ergebnisse gen um einheitliche Fernsehnormen hat die Arbeit der blieben - trotz euphorischer Aufbruchstimmung - aller­ ITU bekannt gemacht. Die wirtschaftlichen Vorteile dings, wie die nächsten Jahre zeigten, weit hinter den eines einheitlichen TV-Weltstandards liegen auf der Erwartungen zurück. Der Kalte Krieg lähmte die inter­ Hand. Sie erwiesen sich jedoch in den 60er Jahren nationalen Verhandlungen auch bei der ITU. ln den als nicht ausreichend, um sich gegen die politischen 60er Jahren begann die Verlagerung der Kommuni- Hindernisse durchzusetzen. So sah sich die ITU ge- Besprechungen 159 zwungen, die drei Fernsehsysteme NTSC, PAL und Christa Hempei-Küter SECAM gleichberechtigt zu empfehlen. Der Beschluß Die KPD-Presse in den Westzonen führte dazu, daß sich bis heute drei inkompatible TV­ von 1945 bis 1956. Systeme und weitere 16 Varianten dieser Systeme Historische Einführung, Bibliographie und weltweit etabliert haben. Jetzt gäbe es die Chance, Standortverzeichnis (= Hamburger Beiträge für das hochauflösende Fernsehen (HDTV) eine zur Germanistik, Bd. 17). weltweite Normung zu beschließen. Doch obwohl die Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang 1993, 466 Seiten. technische Entwicklung keineswegs ab9eschlossen und eine politische Einigung noch möglich ist, droht Vor 1933 gab die Kommunistische Partei Deutsch­ auch in diesem Fall ein ökonomisch wünschenswerter lands (KPD) bis zu 34 Tageszeitungen, außerdem Weltstandard an politischen und wirtschaftspoliti­ Wochenzeitungen, Funktionärs-, Orts- und Betriebs­ schen Interessen zu scheitern. blätter heraus. 1945 knüpfte sie nach dem Ende der Die Zuteilung von Frequenzen durch die ITU er­ nationalsozialistischen Diktatur, der alle ihre Print­ folgt nach einem einfachen Registrierungsverfahren. medien zum Opfer gefallen waren, an ihre einstige Die ITU prüft, ob die Anmeldung mit dem Frequenz­ Tradition wieder an. Für das Jahr 1950 resümiert bereichsplan und mit den anderen Bestimmungen der Christa Hempei-Küter: »Fünf Jahre nach der Zulas­ Verordnung Funk übereinstimmt und ob durch die sung der ersten Parteizeitungen und ein knappes neue Station Überlagerungen mit bereits bestehen­ Jahr nach Aufhebung der Lizenzpflicht zeigte die den Sendestationen zu erwarten sind. Liegen keine Presse der KPD bereits wieder jene Vielfalt und Brei­ Bedenken vor und sind keine Einsprüche anderer te, die während der Jahre der Weimarer Republik für Staaten eingegangen, wird die Anmeldung in die sie typisch gewesen war. ln diesen fünf Jahren hatte Internationale Frequenzhauptkartei der ITU eingetra­ die KPD eine breitgefächerte, auflagenstarke Presse gen. Wenn sich aber Parteien nicht einigen können, entwickelt, die, streng zentralistisch ausgerichtet, dem ist die ITU machtlos. Die Bedeutung der Kartei wird Apparat der Partei unterstand und nahezu lückenlos eingeschränkt durch die Tatsache, daß 20 Prozent alle verschiedenen Zielgruppen und möglichen aller weltweiten Funkstationen militärisch genutzt Bündnispartner der Partei umfaßte« (S. 27). werden und von dieser gar nicht erfaßt sind. Schät• ln ihrem kursorischen Überblick über die Entwick­ zungsweise 20 Prozent der Eintragungen sind zudem lung des KPD-Pressewesens beschäftigt sich die fehlerhaft, weil viele Staaten Frequenzänderungen Verfasserin mit dem Zentralorgan »Freies Volk«, dem der ITU gar nicht melden. So wird nicht ausge­ sie eine ähnliche Rolle beimißt wie der »Roten schlossen, daß von Mitte der 90er Jahre an Untersu­ Fahne« zuzeiten der Weimarer Republik, den Lan­ chungen auf Frequenzverträglichkeit nur noch auf des- und Wochen(end)zeitungen, den zentralen und besonderen Antrag vorgenommen werden. regionalen Betriebszeitungen und theoretischen Or­ Die ITU hat bisher nur die technischen Voraus­ ganen, aber auch den Zielgruppenblättern und Pres­ setzungen für eine globale Kommunikation geschaf­ sediensten. Es folgen Kapitel über den Presseappa­ fen . Ein Grundrecht auf einen freien und ungehinder­ rat, die wirtschaftlichen Grundlagen unter Einschluß ten grenzüberschreitenden Funkverkehr garantiert der aus SBZ und später DDR gewährten finanziellen das !TU-Recht nicht. So konnte die ITU die sattsam Hilfen, Werbung und Vertrieb, Behinderungen und bekannten, bewußt herbeigeführten Funkstörungen Verbote sowie die Volkskorrespondentenbewegung. und andere Einschränkungen des freien Informati­ Den weitaus größten Platz nimmt die Bibliographie onsflusses nicht unterbinden. ein, in der Hinweise u.a. zur Erscheinungsweise, Li­ Dennoch ist die ITU vielfach als eine der effektiv­ zenz und Lizenzträger, Erscheinungszeitraum, Verlag sten Weltorganisationen bezeichnet worden. Ihr größ• und Redaktion zu finden sind - systematisch geordnet tes Verdienst wurde darin gesehen, daß durch die nach den Kriterien, die die Verfasserin auch für den Kooperation der Staaten und der Fernmeldeindustrie beschreibenden Teilgewählt hat. der reibungslose Betrieb und die Weiterentwicklung Ein nützliches, mit Umsicht und Fleiß erstelltes des öffentlichen WeiHermeldenetzes gefördert wor­ Handbuch liegt vor, das sich kaum auf Vorarbeiten den ist. Die ITU ist seit 1949 in das System der UN stützen konnte und das an frühere einschlägige integriert. Die Beziehungen zwischen den beiden Or­ Arbeiten von Christa Hempei-Küter anknüpft.1 Sein ganisationen sind in einem völkerrechtlichen Ab­ Informationswert wird durch verschiedene Übersich• kommen geregelt. Die Organisation hat sich seit 1988 ten nachhaltig unterstützt: durch eine Liste der Ver­ nur zögerlich den veränderten Rahmenbedingungen bote, Titel- sowie Personenregister, außerdem durch in der Telekommunikation angepaßt. Das überrascht getrennte Ortsindizes zu den Tages- und Wo­ nicht angesichts der allgemeinen Trägheit weltweiter chen(end)zeitungen und den Betriebs-, Orts- und Organisationen. Der Handlungsspielraum der ITU Stadtteilblättern. Zwei weitere Übersichten hätten wird auch in Zukunft durch die Souveränitätsansprü• indessen den Gebrauchswert noch gesteigert: ein che der Mitgliedsstaaten begrenzt werden. Verzeichnis der ausgewerteten Archive und Archiva­ Dem Verfasser ist es gelungen, einen umfassen­ lien, zumal die Verfasserin in größerem Umfang un­ den Überblick über Entstehen, Entwicklung und Wir­ gedrucktes Material herangezogen hat, und ein Ver­ ken der ITU zu vermitteln. Der Gebrauchswert des zeichnis der benutzten Literatur. Buches wird durch einige nützliche Übersichten wie Ansgar Diller, Frankfurt am Main Abkürzungs- sowie ausführliches Literaturverzeichnis, Liste der Mitgliedsstaaten und einen Anhang mit Vgl. Christa Hempei-Küter: Die Tages- und Wo­ graphischen Daten gesteigert. chenpresse der KPD im deutschen Reich 1918 bis Reinhard Schneider, Krailling 1933. Mit einem Titelverzeichnis und einem Per­ sonenregister. ln: Internationale wissenschaftliche 160 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Korrespondenz zur Geschichte der deutschen ist und damit eine Zuordnung nicht möglich war. Arbeiterbewegung Jg. 23 (1987), H. 1, S. 27-82. Geschuldet ist dies offenbar der Tatsache, daß den Bearbeitern laut Literaturverzeichnis zwar eine ßeihe von Dokumentationen, Bibliographien, Bestandsüber• sichten vorlagen, die die Einordnung der Quellen er­ Quellen zur deutschen politischen leichterten, aber offenbar nicht das Handbuch von Emigration 1933 - 1945. Conrad Pütter über die Rundfunkaktivitäten im Exil. 1 Inventar von Nachlässen, nichtstaatlichen Akten und So ist der Benutzer zur zumindest kursorischen Sammlungen in Archiven und Bibliotheken der Lektüre gezwungen, will er nicht riskieren, daß ihm für Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. im Auftrag der sein Thema Relevantes entgeht. Dabei sind einige Herbert und Elsbeth Weichmann Stiftung. Entdeckungen zu machen, die insbesondere die Exil­ München u.a.: K.G. Saur 1994, 368 Seiten. forschung der DDR in keinem allzu positiven Licht erscheinen lassen, da ein Großteil der im Inventar Ein vorzügliches und vielfältige Überraschungen ent­ nachgewiesenen Nachlässe in der Stiftung Archiv der haltendes Nachschlagewerk ist anzuzeigen: eine Parteien und Massenorganisationen der DDR im Übersicht über die in den bundesdeutschen Archiven Bundesarchiv Berlin, dem früheren Zentralen Partei­ und Bibliotheken vorhandenen Quellen zur deutschen archiv der SED, vorhanden ist. Und die Bestände politischen Emigration in der Zeit des Dritten Reiches. dieses Archivs wollen die Autoren der Reihe »Kunst Um es sofort festzuhalten: Das Inventar wird künftig und Kultur im antifaschistischen Exil 1933 - 1945« zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel für diejenigen ausgewertet haben. Jedenfalls bedanken sie sich im werden, die sich mit den Rundfunkaktivitäten der Band über »Exil in der UdSSR« bei ihm für »Hilfe und deutschen Emigranten von 1933 bis 1945, aber auch Unterstützung« (1. Auflage 1979)2 bzw. rühmen sich mit der Zeit danach befassen werden. Knapp 40 der »gründlichen Überarbeitung bisheriger Textteile Akten von Exilorganisationen und Sammlungen zur [und der] Auswertung neuen Quellenmaterials« (2 . Geschichte der politischen Emigration - neben der Auflage 1989).3 Wäre das wirklich der Fall gewesen, Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) mit dann hätte das Kapitel »Zur Tätigkeit deutscher ihrem Historischen Archiv sowie dem Vorstand der Schriftsteller und Künstler am Moskauer Rundfunk Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade) (1935-1945)« sich nicht (fast ausschließlich) auf eine mit seinen Akten auch parteiübergreifende Organisa­ 1971 geschriebene Dissertation stützen dürfen.4 Neu tionen wie der Deutsche PEN-Ciub im Exil, der Pari­ an diesem Kapitel ist in der zweiten Auflage einzig ser Verband deutscher Journalisten in der Emigration der nicht belegte Hinweis, das Archiv des Moskauer oder die Sammlung von Thomas Mann - und mehr als Rundfunks sei im Herbst 1941, als die faschistischen 300 Nachlässe - darunter die von Walter Ulbricht und Truppen vor Moskau standen, aus Sicherheitsgrün• Wilhelm Pieck, Willy Brandt und Herbert Wehner, den vernichtet worden. 5 Diese Passage suggeriert, Ernst Reuter und Joseph Wirth, Otto Braun und den Emigranten habe nur diese Rundfunkeinrichtung Philipp Scheidemann, aber auch von Walter Benja­ zur Verfügung gestanden - und wenn es dieses Ar­ min, Bert Brecht und Erika Mann - werden nachge­ chiv nicht mehr gibt, so kann auch nichts überarbeitet wiesen. werden. Die Eintragungen folgen einem einheitlichen Doch allein der Blick in das Quelleninventar zur Schema: Nach einer Kurzchronik der Organisation Emigration aus dem Dritten Reich zeigt, wie umfang­ bzw. Person mit ihren wichtigsten Tätigkeiten und reich gerade die Unterlagen sind, die Auskunft über Stationen in der Emigration werden der und gele­ die Rundfunkaktivitäten der Emigration in der So­ gentlich die Standort/e der ihr zuzuordnenden Quel­ wjetunion geben. An erster Stelle ist wohl die Akten­ len angegeben sowie deren Umfang, Zeitraum, Er­ überlieferung der Exii-KPD zu nennen mit Material zur schließungs- und Ordnungszustand genannt; den Rundfunkpropaganda für die Zeit 1937 bis 1939 und Abschluß bilden unterschiedlich ausführliche Be­ die Jahre 1941 und 1942; hierin befinden sich Sen­ standsbeschreibungen, in denen vor allem die per­ demanuskripte, Sendepläne, Abhörberichte aus sönlichen und institutionellen Korrespondenzpartner Deutschland, Hörerbriefe und Denkschriften (S. 11f.). erwähnt werden, aber auch eigene Texte, Material­ Zu nennen sind auch die Nachlässe von Wilhelm sammlungen und Dokumentationen. Pieck, KPD-Vorsitzender und Mitglied der obersten Quellen zum Rundfunk sind im Index der Institu­ Komintemführung, mit Protokollen von Redaktions­ tionen und Organisationen, und zwar unter dem/den sitzungen von >Radio Moskau< (bzw. »lno-Radio«) Begriff/en »Rundfunksender und -programme« nach­ und dem >Deutschen Volkssender< (S. 210), von gewiesen mit Einzeleintragungen wie »Deutscher Walter Ulbricht, KPD-Vertreter bei der Komintern, mit Freiheitssender (29,8)«, »Deutscher Volkssender Texten von Radioansprachen (S. 259), von Wilhelm Moskau«, »Sender der Europäischen Revolution«, Florin, Chefredakteur des >Deutschen Volkssenders<, »Voice of America«. Doch leider erschließt sich durch mit Manuskripten für Rundfunkbeiträge (S. 119), von dieses Verzeichnis nur etwa ein Drittel der im Inventar Anton Ackermann, Chefredakteur des »Senders des tatsächlich nachgewiesenen rundfunkrelevanten Nationalkomitees Freies Deutschland« (NKFD), mit Quellen. Das ist damit zu erklären, daß einige einem Erinnerungbericht an seine Rundfunktätigkeit »Rundfunksender und -programme« schlicht im Index in der Sowjetunion und Sendemanuskripte für den vergessen worden sind, wie die >British Broadcasting März 1944 (S. 60f.). Corporation< (BBC) und der >Süddeutsche Rund­ Das Inventar führt aber auch zu den Überliefe• funk< (SDR). oder daß in den Beschreibungen von rungen in anderen Archiven, z.B. zum Institut für Zeit­ Akten und Nachlässen unpräzise nur von Rund­ geschichte in München mit dem Nachlaß des Journa­ funkmanuskripten bzw. von Rundfunktexten die Rede listen Konrad Heiden mit Texten zur SDR-Sendereihe Besprechungen 161

»Streiflichter aus Amerika« von 1952 bis 1959 (S. verfaßt, der bis zur Sendeaufnahme der Westdeut­ 139), zum Archiv der Sozialen Demokratie in Bonn schen Funkstunde am 10. Oktober 1924 in Münster mit Unterlagen des SPD-Politikers Heinz Kühn, aus zurückgeht, den Einfluß von Post, Reichs- und Län• dem seine Kontakte zur BBC hervorgehen (S. 167), derregierungen während der Weimarer Republik auf zur Akademie der Künste in Berlin (Ost) mit der diesen Rundfunk schildert und seine faktische Ein­ schriftlichen Hinterlassenschaft von Alfred Kurella, stellung während des Zweiten Weltkriegs, als die Köl• Referent bei der Komintern und Redaktionsmitglied ner Sendetürme abgeschaltet wurden und das Kölner der Zeitung des NKFD, in der sich auch Notizen für Funkhaus nur noch als Abspielstation für die Berichte Rundfunksendungen des NKFD befinden (S . 169), der Propagandakompanien diente. Först erinnert oder zum Bundesarchiv in Koblenz mit dem Nachlaß daran, daß Rundfunksendungen nach 1945 für Nord­ des Journalisten und zeitweiligen BBC-Mitarbeiters rhein-Westfalen zunächst vom Nordwestdeutschen Bernhard Menne (S. 191). Vereinzelt weisen die Ein­ Rundfunk in Harnburg kamen und daß aus Prestige­ tragungen bei den Personen auch auf überlieferte gründen das Land 1954 eine eigene öffentlich-recht• Tonbänder und Schallplatten hin, die eine wichtige liche Rundfunkanstalt, den Westdeutschen Rundfunk Ergänzung zu den schriftlichen Quellen darstellen. (WDR), gründete. Der WDR bekam bis 1993 fünf Hör• Es gibt also nunmehr die besten Voraussetzungen funkwellen und ein drittes Fernsehprogramm mit zeit­ für eine zweite Runde zur Erforschung der deutsch­ weiligen regionalen Aufsplittungen und ist maßgeblich sprachigen Rundfunkaktivitäten aus dem Exil - dieses an den Gemeinschaftsprogrammen Erstes Deutsches Mal mit dem Schwerpunkt Sowjetunion, zumal auch Fernsehen der ARD, am Frühstücksfernsehen von die Quellen in Moskau zugänglich sind. ARD und ZDF, am deutsch-französischen Kulturkanal Ansgar Diller, Frankfurt am Main ARTE und - damals noch - am ARD-Satellitenkanal Eins plus (inzwischen ARD/ORF/SRG/ZDF-Satelliten­ Vgl. Conrad Pütter: Rundfunk gegen das »Dritte kanal 3Sat) beteiligt. Zum Schluß geht Först noch auf Reich«. Deutschsprachige Rundfunkaktivitäten im die Privatfunkregelungen des Landes ein, die als Be­ Exil 1933 - 1945. Ein Handbuch. Erarbeitet im sonderheit eine Trennung zwischen Sendung und Auftrag des Deutschen Rundfunkarchivs. Mün• Betrieb vorsieht. Zur Vollständigkeit von Försts knap­ chen u.a. 1986. pem, aber aussagekräftigen Überblick hätte ein Hin­ weis gehört, daß die Redaktion des RTL-Fernsehpro­ 2 Klaus Jarmatz: Vorbemerkung. ln: Exil in der gramms - wie der WDR - ihren Sitz in Köln hat eben­ UdSSR. Leipzig 1979, S. 12. so wie die Deutsche Welle und - bis 1993 - auch der 3 Sirnone Barck und Klaus Jarmatz: Vorbemerkung Deutschlandfunk. zur zweiten Auflage. ln: ln Exil in der UdSSR. 2 Während die Geschichte der Presse bis ins Bde. Leipzig 1989, S. 14. 15./16. Jahrhundert zurück von Kurt Koszyk behan­ delt wird, ist dem Film bedauerlicherweise kein eige­ 4 Es handelt sich um Wladimir Ostrogorski: Der ner Beitrag gewidmet, wenn er auch indirekt über das deutschsprachige Dienst des Moskauer Rund­ Stichwort »Westdeutsche Kurzfilmtage Oberhausen« funks im Kampf gegen den Faschismus in eine entsprechende Würdigung erfährt. Einen guten Deutschland. Diss. Leipzig 1971 . Überblick über die Medien bzw. die kulturellen Berei­ 5 Barck und Jarmatz (wie Anm. 3), S. 355. che mit Mediennähe bzw. -relevanz bietet im übrigen das Stichwort »Kulturförderung«, in dem alle aufge­ führt sind und außerdem darauf verwiesen wird, ob sie das Lexikon einer eigenen Behandlung für würdig Nordrhein-Westfalen befunden hat. Landesgeschichte im Lexikon Es soll noch darauf hingewiesen werden, daß (= Veröffentlichungen der staatlichen Archive des jeder Abschnitt weiterführende Literaturhinweise ent­ Landes Nordrhein-Westfalen, Reihe C: Quellen und hält, daß es eine Auswahlbibliographie zur Ge­ Forschungen, Bd. 31). schichte Nordrhein-Westfalens gibt, ein Verzeichnis Düsseldorf: Patmos Verlag 1993, 504 Seiten. der gut 130 Mitarbeiter an diesem Lexikon, einen Nachweis der Abbildungen, aber leider kein Perso­ Obwohl das Land Nordrhein-Westfalen erst 1946 ge­ nen- und kein lnstitutionenverzeichnis. Diese wären gründet wurde, hat es natürlich in seinen verschie­ um so dringender gewesen, als es die erklärte Ab­ denen Regionen eine lange Vorgeschichte, die das sicht von Herausgebern und Redaktion gewesen ist, vorliegende Nachschlagewerk in mehr als 170 ein­ »Entwicklungen, Strukturen und Ereignisse im histo­ zelnen Beiträgen ebenso behandelt wie die eigentli­ rischen Panorama besonders hervorzuheben und che Geschichte des bevölkerungsreichsten deutschen ihnen gegenüber die Institutionen- sowie die Perso­ Bundeslandes. Nach Angabe von Herausgebern und nengeschichte in den Hintergrund zu rücken.« Redaktion ist das inhaltliche Spektrum nach elf Ansgar Diller, Frankfurt am Main Themenschwerpunkten gegliedert worden, wozu u.a. die allgemeine politische Geschichte, Verfassung, Verwaltung und Recht, Wirtschaft und Verkehr, aber auch Kirchen und Religionsgemeinschaften, Bildung und Wissenschaft sowie die Kultur gehören. Auch die Medien - wenn auch nicht alle - sind mit eigenen Artikeln vertreten. So hat Walter Först einen Beitrag über den Rundfunk in Nordrhein-Westfalen