Die Gestaltung Der Europäischen Union: Das Europäische Parlament Und Die Institutionelle Reform 1979-1989
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Die Gestaltung der Union: Das Europäischen Parlament und die institutionelleEuropäische Reform 1979-1989 Geschichtsreihe des Europäischen Parlaments STUDIE EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Wolfram Kaiser PE 630.271 – November 2018 DE Die Gestaltung der Europäischen Union: Das Europäische Parlament und die institutionelle Reform 1979-1989 Wolfram Kaiser Auf der Grundlage zahlreicher seit kurzem zugänglicher Archivquellen werden in dieser Studie die politischen Maßnahmen untersucht, die das Europäische Parlament im Hinblick auf die institutionelle Reform der Europäischen Gemeinschaften von 1979 bis 1989 ergriff. Sie demonstriert, wie das Parlament bei der Konstitutionalisierung der heutigen Europäischen Union wichtige Funktionen erfüllte. Diese Funktionen beinhalteten die Festlegung verschiedener Kriterien für wirksame und demokratische Staatsführung, die Ausarbeitung von Rechtsbegriffen wie der Subsidiarität und sie drängten die Mitgliedstaaten, einer stärkeren institutionellen Vertiefung zuzustimmen, sowie dem Parlament im Rahmen der Einheitlichen Europäischen Akte und des Maastricht- Vertrages mehr Befugnisse einzuräumen. EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments AUTOR Diese Studie wurde von Professor Dr. Wolfram Kaiser von der Universität von Portsmouth, Vereinigtes Königreich, auf Wunsch der Dienststelle „Historisches Archiv“ des Direktorats Bibliothek der Generaldirektion Parlamentarischer Forschungsdienst (EPRS) des Generalsekretariats des Europäischen Parlaments verfasst. DANKSAGUNGEN Der Verfasser dankt Christian Salm für seine hilfreichen Kommentare zu früheren Entwürfen dieser Studie und Etienne Deschamps für seine Unterstützung bei der Suche nach geeignetem Bildmaterial zu diesem Text. VERANTWORTLICHER BEAMTER: Christian Salm, Referat Historisches Archiv Um Kontakt mit der herausgebenden Stelle aufzunehmen, senden Sie bitte eine E-Mail an Historical- [email protected] SPRACHFASSUNGEN Original: EN Übersetzungen: DE, FR Redaktionsschluss: September 2018. HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND URHEBERRECHTSSCHUTZ Dieses Dokument wurde für die Mitglieder und Bediensteten des Europäischen Parlaments erarbeitet und soll ihnen als Hintergrundmaterial für ihre parlamentarische Arbeit dienen. Die Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments liegt ausschließlich bei dessen Verfasser/n. Die darin vertretenen Auffassungen entsprechen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe gestattet, sofern das Europäische Parlament vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird. Brüssel, © Europäische Union, 2018. Bildnachweise: Europäische Union – Audiovisuelles Archiv des Europäischen Parlaments. PE 630.271 ISBN: 978-92-846-6433-7 DOI:10.2861/267157 QA-04-18-957-DE-N [email protected] http://www.eprs.ep.parl.union.eu (Intranet) https://www.europarl.europa.eu/thinktank/de/home.html (Internet) http://epthinktank.eu (Blog) Die Gestaltung der Europäischen Union: Das Europäische Parlament und die institutionelle Reform 1979-1989 Zusammenfassung In dieser Studie werden die politischen Maßnahmen untersucht, die das Europäische Parlament im Hinblick auf die institutionelle Reform der Europäischen Gemeinschaften von 1979 bis 1989 ergriff. Dazu werden zeitgenössische Literatur, Dokumente des Europäischen Parlaments (EP) und Medienberichte, aber auch in großem Umfang primäre Quellen aus den Archiven des EP, der Europäischen Kommission, des Rates und der Fraktionen, einschließlich der Sozial- und Christdemokraten und der Liberalen, sowie Interviews mit Zeitzeugen herangezogen. In der Studie wird dargelegt, wie das EP versuchte, seine begrenzten Befugnisse zu nutzen, um der Kommission und dem Rat verfahrensrechtliche Zugeständnisse abzuringen. Es wurde jedoch schnell klar, dass die Politik, institutionelle Regeln und Praktiken im Rahmen des EWG-Vertrags „in kleinen Schritten“ zu ändern, unzureichend war, um die größere Vision des EP von einer Gemeinschaft mit viel effizienteren und demokratischeren Entscheidungsstrukturen zu erreichen. Die im EP geführte Debatte über die institutionelle Reform war in mehrerlei Hinsicht von Bedeutung. Intern bewirkte sie die rasche Professionalisierung der Arbeit der Fraktionen und Ausschüsse. Zudem wurde durch sie der Zusammenhalt der großen Fraktionen gestärkt, die nicht den Eindruck erwecken wollten, sie seien sich über die Zukunft der EG nicht einig. Das EP und die Fraktionen erkannten überdies, in welchem Maße EG-Angelegenheiten zu innenpolitischen Themen wurden und die Notwendigkeit, institutionelle Forderungen mit der politischen Integration zu verknüpfen, um grundlegende Reformen zu erreichen. Der konstitutionelle Aktivismus des EP wirkte sich auch in Form der entstehen interinstitutionellen Beziehungen in der EG auf die externen Dynamiken aus. Sie betrafen die Beziehungen zu den nationalen Parlamenten, die Notwendigkeit der Kommission zu demonstrieren, wie stark ihre eigene institutionelle Legitimität vom EP abhing und die häufig angespannten Beziehungen zu den Mitgliedstaaten. Der Aktivismus des EP wirkte sich auch auf den Konstitutionalisierungsprozess der EG als solchen aus. Der Entwurf des Vertrages über die Europäische Union von 1984 stärkte die bestehende Denkrichtung und schuf ideelle Pfadabhängigkeiten. Der Entwurf des Vertrages zur Gründung der Europäischen Union sah zudem konstitutionelle Neuerungen vor, etwa die Möglichkeit, Sanktionen gegen Mitgliedstaaten zu verhängen, die dauerhaft Beitrittsbedingungen wie Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit verletzen – eine konstitutionelle Idee, die letztendlich in das Rahmenwerk des EU- Vertrages Eingang fand. Durch weitreichende Vernetzung und seinen Diskurs des „Demokratiedefizits“ konnte das EP die einzelstaatlichen Regierungen aktiv rhetorisch in die Falle locken und sie zwingen zuzugestehen, dass sich die institutionellen Strukturen und Verfahren der EG stark von den etablierten parlamentarischen Systemen und Verfahren in den Mitgliedstaaten unterschieden – eine Strategie, die erheblich zu den Vertragsänderungen in der Einheitlichen Europäischen Akte und dem Maastricht-Vertrag beitrug. I EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments II Die Gestaltung der Europäischen Union: Das Europäische Parlament und die institutionelle Reform 1979-1989 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung _____________________________________________________________________ 1 2. Gestaltung konstitutioneller Ideen und Diskurs in den Europäischen Gemeinschaften __10 Kapitel 1: Europäische verfassungsgebende Versammlung? Zum Bericht Spinelli, 1979-1982 ___ 10 Kapitel 2: Ausgestaltung der Konstitutionalisierung: der Entwurf des Vertrages über die Europäische Union 1982-1984 ______________________________________________________ 27 Kapitel 3: Mit der Geduld am Ende: Zur Einheitlichen Europäischen Akte und darüber hinaus, 1984- 1989 __________________________________________________________________________ 42 3. Interne Dynamik: Akteure im Europäischen Parlament ______________________________60 Kapitel 1: Was für eine „Finalité Politique“? Fraktionen drängen auf konstitutionelle Reform ____ 60 Kapitel 2: Verfassungsbildung: Spinelli und der Institutionelle Ausschuss ___________________ 72 4. Externe Dynamik: Das Europäische Parlament als Zentralinstitut _____________________81 Kapitel 1: Welche Art Beziehung? Arbeiten mit nationalen Parteien und Parlamenten _________ 81 Kapitel 2: „Ein Vorwand, um nichts zu tun”? Zusammenarbeit und Wettbewerb mit der Kommission ______________________________________________________________________________ 89 Kapitel 3: Gefahr eines Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten: Arbeit gegen zurückhaltende Mitgliedstaaten _________________________________________________________________ 96 5. Schlussfolgerung ____________________________________________________________ 103 Interviews _____________________________________________________________________ 108 Archive _______________________________________________________________________ 109 Bibliografie ____________________________________________________________________ 110 III EPRS | Wissenschaftlicher Dienst des Europäischen Parlaments Abkürzungen CD-Fraktion Christlich-demokratische Fraktion CDU Christlich Demokratische Union COSAC Konferenz der Ausschüsse für Unionsangelegenheiten der Parlamente der Europäischen Union CSU Christlich-Soziale Union DC Democrazia Cristiana DTEU Entwurf des Vertrages über die Europäische Union EDG Europäische Demokratische Gruppe EEA Die Einheitliche Europäische Akte EFTA Europäische Freihandelsassoziation EG Europäische Gemeinschaften/Gemeinschaft EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl ELD Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas EuGH Europäischer Gerichtshof EP Europäisches Parlament EPG Europäische Politische Gemeinschaft EPZ Europäische Politische Zusammenarbeit EU Europäische Union EVG Europäische Verteidigungsgemeinschaft EVP Europäische Volkspartei EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWS Europäisches Währungssystem GAP Gemeinsame Agrarpolitik MdEP Mitglied des Europäischen Parlaments PS Parti Socialiste RK Regierungskonferenz IV Die Gestaltung der Europäischen Union: Das Europäische Parlament und die institutionelle Reform 1979-1989 1. Einleitung Institutionen spielen eine Rolle. Sie sind politisch nicht neutral. In Demokratien beeinflussen sie, wie Macht und Ressourcen in einer Gesellschaft verteilt werden. Sie „beeinflussen Wahrnehmungen, Strukturen, Informationskanäle,