eine Neigung desselben ermöglicht. Die wie bei der „Rondella“ schräg angeschnittene, asymme- trische Glockenform des Reflektors wurde cha- Das Kunstwerk des Monats Juni 2019 rakteristisch für Dells Entwürfe. Christian Dell (Entwurf), Tischleuchte „Rondella“, 1928–1931 Mit seiner Entlassung nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten endete Dells Lehrtätig- keit an der Frankfurter Kunstschule 1933 jäh. Die Metallwerkstatt wurde mit Verweis auf eine zu geringe Schülerzahl geschlossen und Dell zog sich nach Bad Wiessee am Tegernsee zurück. Um 1937 Kaiser idell Nr. 6556 scheiterte Gropius mit seinen Versuchen, den Nachdem seine Tätigkeit als Silberschmied ehemaligen Kollegen zur Emigration in die Verei- geruht hatte, wandte sich Dell um 1942 bis zu nigten Staaten zu bewegen. Dell hatte seit 1934 seinem Tode erneut diesem Metier zu. Zwischen als freier Mitarbeiter für die Firma Gebr. Kaiser & 1948 und 1955 etwa führte er mit seinem Sohn Co. in Neheim-Hüsten Arbeits- und Zweckleuch- in das Geschäft „Gerätekunst und ten gestaltet. Insbesondere die Leuchtenserie Schmuck“. An seine früheren Erfolge konnte er „idell“ verhalf der Neheimer Leuchtenfabrik zu indes nicht mehr anknüpfen. Der Entwurf der hohem Ansehen, bestimmte in der Folge das Tischleuchte „Rondella“ stand am Beginn der gesamte Kaiser-Sortiment und gilt heute als die sicherlich produktivsten und innovativsten Jahre bedeutendste Modellreihe Dells.11 Die „Kaiser idell Christian Dells in . Sie zählt zu den Nr. 6556“ etwa prägte als eines der erfolgreichs- Designklassikern der Leuchtengestaltung des 20. ten deutschen Designprodukte über Jahrzehnte Jahrhunderts, die in ihrer Klarheit, Funktionalität das Bild deutscher Bürostuben. Die konstruktiven und fertigungstechnischen Umsetzbarkeit rich- Komponenten der „idell“-Leuchten ließen sich tungsweisend waren. nach dem Prinzip eines Baukastens variabel zu- sammenfügen und zweckgerichtet optimierten.

Titelbild: Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Sven Adelaide Textabbildungen: Beate Alice Hofmann: Christian Dell. Silberschmied und Leuchtengestalter im 20. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Stadt Hanau, Hanau 1996, Abb. 1; 41; Klaus Weber (Hrsg.): Die Metallwerkstatt am , Ausst.-Kat. Bauhaus-Archiv Museum für Gestaltung Berlin, Berlin 1992 (2005), S. 208, Nr. 158

11 Klaus Struve/Peter M. Kleine (Hrsg.): Idee Christian Dell. Einfache, zweckmäßige Arbeitsleuchten aus Neheim, Arnsberg 1995.

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Schloss - Augusteum - Prinzenpalais Christian Dell (1893–1974), Entwurf Dell machte sich am Bauhaus zunächst als Silber- Rondella Beleuchtungskörperfabrik GmbH, Oberursel/Frankfurt a. M., Herstellung schmied verdient, beschäftigte sich ab 1923 aber Tischleuchte „Rondella“, 1928–1931 ebenfalls mit der Gestaltung von Beleuchtungs- Standrohr/Leuchtenarm: Messingrohr, vernickelt; Reflektor: Kupferblech; Sockel: Stahl- körpern. Für die Ausstattung des Versuchshauses „Am Horn“ mangelte es seiner Werkstatt zwar an platte, abgedeckt mit brüniertem Kupferblech (Kabel und Stecker 2011 erneuert) Arbeitsmitteln und Erfahrung, dennoch brachte Höhe max. 54 cm (variabel) Dell die benötigten Leuchten mit seinen Schülern aus dem Nachlass Walter Müller-Wulkow, 1991 Carl Jakob Jucker und Gyula Pap zur Vollendung.8 Inv. 20.525 Portrait Christian Dell, um 1928, Den Umzug des Weimarer Bauhauses nach Dessau Frankfurt am Main vollzog Dell nicht mit. Stattdessen übernahm er Katrin Hippel dem Gebiet der industriellen Leuchtengestaltung. die Leitung der Metallwerkstatt an der Frankfurter Eine künstlerisch-handwerkliche Orientierung Kunstschule. bescheinigte Dell im „Die neue elektr. Tischlampe ‚RONDELLA‘ (…) det mit einem neigbaren Kippgelenk, an dem der Christian Dells erfolgte früh. Der 1893 in Offenbach Arbeitszeugnis hinsichtlich seiner Verdienste in Vollkommen blendungsfrei. Vielseitig verstellbar. Leuchtenkopf mit paraboloidem, abgeschrägtem am Main geborene Sohn eines Schlossers absolvier- , er habe „mit unermüdlicher Energie die Mit automatischer Klemmvorrichtung. Sachliche Reflektor befestigt ist. te zwischen 1907 und 1911 in Hanau eine Lehre als Werkstatt aus kleinen Anfängen zur Blüte ge- Bauart. Höchste Qualitätsarbeit. Eine praktische Die Vorzüge der innovativen Klemmvorrichtung Silberschmied und besuchte parallel Kurse an der bracht, trotz der außerordentlich wirtschaftlichen Leuchte für Architekten, Ingenieure, Zeichner, wurden 1930 in der Zeitschrift „Licht und Lampe“ Königlichen Zeichenakademie Hanau.6 Nach einjäh- 1 Schwierigkeiten, die sich diesem Aufbau entgegen- Kaufleute und Beamte.“ Mit diesen Eigen- wie folgt beschrieben: „Ein leichter Druck nach riger Anstellung in einer Dresdner Silberwarenfabrik stellten.“9 schaften wurde die Tischleuchte „Rondella“ des oben, unten oder seitwärts genügt, den Lam- studierte Dell 1913 bei Henry van de Velde an der In seiner kleinen, auf Beleuchtung ausgerichte- Gestalters Christian Dell in der Zeitschrift „Das penarm mit dem scheinwerferartigen Reflektor Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule ten Frankfurter Werkstatt stand Dell eine bessere Neue Frankfurt“ seit 1928 beworben. Auch in der dahin zu bringen, wo das Licht benötigt wird. Das in Weimar. Seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst Ausstattung zur Verfügung10 und er trug neben der Werkbund-Publikation „Licht und Beleuchtung“ lästige Festschrauben fällt hierbei vollkommen folgten Anstellungen in München und Berlin, 1920 handwerklichen nun auch die künstlerische Verant- und im ersten Blatt des „Frankfurter Registers“ fort, da die Klemmmuffe infolge ihrer eigenartigen aber kehrte er an die Zeichenakademie in Hanau 3 wortung. Weit intensiver als zuvor widmete er sich wurde zeitgleich aufwendig für die Bekanntma- Konstruktion sich automatisch festklemmt.“ zurück. Im April 1922 nahm Dell schließlich die 2 in den folgenden Jahren der Gestaltung innovativer chung der „Rondella“-Serie gesorgt, die bis heute In der Serie „Rondella“, in deren Bezeichnung der Tätigkeit als Werkmeister der „Silber- und Kupfer- Leuchten für die Serienproduktion. In die ergiebige zu den Inkunabeln moderner Leuchtengestaltung Gestalter Dell selbstbewusst seinen eigenen Na- schmiede“ am Bauhaus in Weimar auf. Frankfurter Zeit fällt auch die Entwurfsleistung der zählt. Der Name ihres Gestalters Christian Dell men einbrachte, wurde neben der beschriebenen Die Werkstätten dort wurden künstlerisch und „Rondella“-Modelle. Diese und weitere Entwürfe ist heute kaum präsent, obwohl dieser immerhin Tischleuchte auch eine Standleuchte angeboten, handwerklich geleitet, wofür jeweils ein Form- und erlangten insbesondere im Zusammenhang mit den drei Jahre lang die handwerkliche Leitung der darüber hinaus existierten auf spezielle Arbeits- ein Werkmeister angestellt waren. Die Rahmen- 4 Musterbauten des „Neuen Frankfurt“ weitreichen- Metallwerkstatt des Staatlichen Bauhauses in plätze ausgerichtete Sonderausführungen. 1929 bedingungen für Dells Stellenantritt in der Me- de Anerkennung. Zu ihnen zählt beispielsweise die Weimar innehatte. László Moholy-Nagy, der be- wurden unter der Bezeichnung „Rondella-Polo“ tallwerkstatt erwiesen sich aufgrund personeller an den „Rondella“-Typ anknüpfende „Dell-Lampe rühmte Formmeister an seiner Seite, und die er- außerdem drei Modelle mit nun eingliedrigem Umbrüche als problematisch. Neben Unstimmig- Type K“, bei der ein in der Höhe verstellbares folgreichen Schüler Marianne Brandt und Wilhelm geschwungenem Leuchtenarm angeboten, bei keiten zur inhaltlichen Ausrichtung war auch die Drehgelenk am gebogenen Leuchtenarm nunmehr Wagenfeld überstrahlten ihn nachhaltig. denen ein Kugelgelenk am Fuß eine zusätzliche längere Vakanz der handwerklichen Leitung zum 5 Die Gestaltung der Tischleuchte „Rondella“ Beweglichkeit des Arms ermöglichte. Herstel- Zankapfel zwischen dem Bauhaus-Direktor Walter wird von Funktionalität und schlichter Eleganz ler aller Leuchten war die „Fabrik für Beleuch- Gropius und dem damaligen Formmeister Johannes bestimmt. Von einer flach-runden, mit Kupfer- tungstypen Vogel & Co.“, nunmehr als „Rondella Itten geworden.7 Im Januar 1922, kurz vor Dells An- blech abgedeckten Stahlplatte geht ein zierliches Beleuchtungskörperfabrik GmbH“ bekannt. Eine kunft, legte Itten seine Funktion als Formmeister Standrohr ab, an dem eine zweite Röhre mit recht- einfache Ausführung als Schreibtischleuchte nieder. Zunächst übernahmen Paul Klee und Oskar winkliger Biegung als Leuchtenarm montiert ist. „Polo-Populär“ wurde ab 1931 vom Frankfurter Schlemmer kommissarisch die künstlerische Leitung Dieser Arm lässt sich variabel in der Höhe fixieren Leuchtenhersteller Bünte & Remmler produziert. der Metallwerkstatt, bevor László Moholy-Nagy im und um die Achse des Standrohres drehen. Er en- Die „Rondella“-Serie gilt als erster Erfolg Dells auf April 1923 als neuer Formmeister an Dells Seite trat. Dell-Lampe Type K

1 Werbeanzeige „Rondella“, in: „Das Neue Frankfurt“, 1928, Nr. 3, zit. nach: Klaus Weber: „Sachliche Bauart. Höchste Qualitätsarbeit“. Christian Dell als Lehrer, Silberschmied und Gestalter, 6 Hierzu u. im Folgenden: Christian Dell, Lebenslauf v. 1922, Archiv Handwerkskammer Erfurt, vgl: Ronny Schüler: Die Handwerksmeister am Staatlichen Bauhaus Weimar, Weimar 2013, S. 76. in: Ders. (Hrsg.): Die Metallwerkstatt am Bauhaus, Ausst.-Kat. Bauhaus-Archiv Museum für Gestaltung Berlin, Berlin 1992 (2005), S. 61. 7 Johannes Itten an Walter Gropius, Brief v. 4.1.1922, zit. nach: Klaus Weber, „Vom Weinkrug zur Leuchte“. Die Metallwerkstatt am Bauhaus, in: Ders. 1992, S. 14; Itten an Gropius, Brief v. 10.1.1922, 2 Ebd. siehe Willy Rotzler (Hrsg.), Johannes Itten. Werke und Schriften, Zürich 1978, S. 73. 3 „Licht und Lampe, Zeitschrift für Beleuchtungsaufgaben“, 1930, Nr. 2, S. 97, zit. nach: Beate Alice Hofmann: Christian Dell. Silberschmied und Leuchtengestalter im 20. Jahrhundert, 8 Weber 1992, S. 58. Ausst.-Kat. Stadt Hanau, Hanau 1996, S. 28 9 Walter Gropius an Christian Dell, Arbeitszeugnis v. 27.3.1925, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Staatliches Bauhaus Weimar Nr. 114, Bl. 77r, zit. nach Repro: Schüler 2013, S. 78 4 Weber 1992, S. 62 (Abb.). 10 Hofmann 1996, S. 13. 5 „Das Neue Frankfurt“, 1929, Nr. 5, S. 101.