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n i z a g a M

n i E Liebe Leserinnen und Leser,

im Jahr 2019 feiert Deutschland 100 Jahre und wir fast vier Jahrzehnte TEcnoLuMEn. 140 Jahre Tradition – eine Vergan - genheit voller Geschichten, die wir Ihnen erzählen wollen. Die Wagenfeld-Leuchte ist ohne Eine davon beginnt 1919 in . Zweifel eine dieser zeitlosen gründete das Designikonen und seit fast 40 Jahren Staatliche Bauhaus, eine Schule, is t sie ganz sicher das bekannteste in der Kunst und Handwerk Werkstück unseres Hauses. auf einzigartige Weise zusammen - Das ist unsere Geschichte. geführt wurden. Interdisziplinär, Weshalb TEcnoLuMEn autorisierter weltoffen und experimentierfreudig. Hersteller dieser Leuchte ist, wer ob Architektur, Möbel, Foto- das Bremer unternehmen gegründet grafie, Silberwaren – Meister und hat, welche Designleuchten wir Studierende des Bauhaus schufen neben diesem und anderen Klassi - viele Klassiker. kern außerdem im Sortiment haben und welche Philosophie wir bei TEcnoLuMEn verfolgen, all das möchten wir Ihnen auf den folgen - den Seiten unseres Magazins erzählen. Weil Zukunft Vergangenes und Gegenwärtiges braucht. und das Heute ohne Geschichten nicht möglich ist. Wir freuen uns sehr, Ihnen die erste Ausgabe unseres TEcnoLuMEn Magazins TL1 vorstellen zu können 4 und wünschen Ihnen eine interes - Die Idee des Bauhaus sante und erkenntnisreiche Lektüre. 6 Die TEcnoLuMEn Geschichte carsten Hotzan 8 Interview mit Walter Schnepel Geschäftsführer 12 Alles Handarbeit 14 Designikone im Licht der Kunst 16 „Junge Designer“ r e n g e i l F m i h c a o J

Die von Wilhelm Wagenfeld 1924 entworfene und im Staatlichen Bauhaus Weimar hergestellte Metallversion der „Bauhaus-Leuchte“. Herbert Bayer „Eine solche Resonanz kann man nicht Max Bill

Laszlo Moholy-nagy mit organisation erreichen und nicht mit Propaganda. Marianne Brandt nur eine Idee hat die Kraft, sich so weit zu verbreiten.“ Die umfassende Ausbildung einer neuen Generation Hin Bredendieck kompetenter und engagierter Gestalter, mit dem Ziel, den Alltag Marcel Breuer zu revolutionieren und eine neue, bessere Welt zu gestalten, Emil Bartoschek

Heinrich Brocksieper war der Kern der Bauhaus-Idee.

Alma Buscher Walter Gropius entwickelte dafür die Bauhaus-Lehre. Die traditio - Erich consemüller Walter Gropius (1883 –1969) Hannes Meyer (1889 –1954) Ludwig Mies van der Rohe (1886 –1969) nelle akademische Lehre wurde christian Dell aufgehoben und durch ein plura- listisches Bildungskonzept ersetzt, Friedl Dicker-Brandeis das die individuelle Entfaltung Erich Dieckmann gestalterischer Talente und schöpferische Methoden förderte. Alfred Ehrhardt r r r h Die akademischen Zugangs- e e e i t m m S ö ö

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e t y T. Lux Feininger y bedingungen wurden aufgehoben: l l l l l i i a W W W

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r r r Jeder begabte junge Mensch e e e m m Werner Graeff m ö ö ö R R R

sollte am Bauhaus studieren y y y l l l l l l i i i W W W

k k Emil Bert Hartwig k e e e können – unabhängig von Schul- h h h t t t o o o t t t o o o h h h abschluss, Staatszugehörigkeit P P P

, , Josef Hartwig , B B B M M M oder Geschlecht. S S S

, , , k k k e e e h h h t t Fritz t o o o i i i b b b l l l i i i b b b t t t s s s Herzstück der Gestalterausbildung n n n u u u K K otto Hofmann K

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k k k waren die Bauhaus-Werkstätten, p p p b b Martin Jahn b in denen die Bereiche Lehre und Praxis nicht getrennt voneinander carl Jacob Jucker So kurz das Bestehen, so vielfältig sein Konzept. betrachtet wurden. unter der Ida Kerkovius Das Bauhaus, gegründet 1919, war nicht nur experimentier - Leitung von László Moholy-nagy Das Bauhaus war und ist so viel - Gruppenbild in der Metallwerkstatt brachte das „Laboratorium für schichtig und heterogen, dass sich am Bauhaus in Weimar, um 1924. Josef Knau Vorne: Gerhard Vallentin, Laszlo Design“ Entwürfe wie die Bauhaus- ein einheitlicher Stil nicht ableiten freudige Schule mit einer großen Bandbreite an Moholy-nagy, Wilhelm Wagenfeld und Kurt Kranz Leuchte von Wilhelm Wagenfeld lässt. und das macht es auch otto Rittweger Hinten: Marianne Brandt, und das Teekännchen von Marianne heute noch so interessant und christian Dell, Josef Knau, Max Krajewski Emil Lange Ausbildungsangeboten im Bereich Kunst und Handwerk. Bran dt hervor, die auch heute aktuell. Die demokratische Idee, und die Arme von Hans Przyrembel Jean Leppien Die Idee wirkte auch in die gesellschaftlichen und noch ikonenhafte Gebrauchsge - die demonstrative offenheit genstände sind. und Modernität und die zeitlose Adolf Meyer kulturellen Bereiche des Lebens hinein, vereinigte eine Aktualität der „Bauhaus-Klassiker“ Wera Meyer-Waldeck illustriert das gesellschaftliche Selbstverständnis. Gropius‘ Leit- Farkas Molnár Vielzahl unterschiedlicher Stimmen und wandelte gedanke des Gesamtkunstwerkes Heinrich neuy sich mit jedem seiner Direktoren zu etwas neuem. durch die Zusammenarbeit von Kunst und Handwerk ist damit Gyula Pap wieder in den Vordergrund ge- Das Bauhaus. Ein Manifest. Die von Der Schweizer Architekt Hannes Heinrich Pëus treten. Werkstücke wie die Bau - Walter Gropius formulierte Philo- Meyer, bereits 1927 Leiter der haus-Leuchte sind heute Symbol Hans Przyrembel sophie umfasste ursprünglich vor Baulehre am Bauhaus und Verfech - für eben jene Weltoffenheit und allem den Menschen als Ganzes: ter des Funktionalismus, setzte Lilly Reich Vielfalt, die das Bauhaus in Weimar Künstlerische, wissenschaftliche dem Gesamtkunstwerk das Team - 1919 zum Ausgangspunkt einer und technische Fragen wurden mit work entgegen – statt „Kunst und Epoche machte. neuen Lebensformen und kunst- Technik“ hieß es nun „Volksbedarf Karl Peter Röhl pädagogischen Konzepten ver- statt Luxus“. Sperrholz, Stahl und Hinnerk Scheper bunden. nicht weniger als die Aluminium hielten Einzug, es ging Ausbildung einer neuen Gestalter- um das Praktische, Stühle sollte oskar Schlemmer Generation sollte die Schule er- man zusammenklappen können und carl Schneiders möglichen. Die Arbeit in den Werk - Schränke mobil sein. Das Bauhaus-Logo, 1922 entworfen stätten, der umgang mit unter - Lotte Stam-Beese von oskar Schlemmer schiedlichen Materialien, geleitet nach zwei Jahren nur folgte der Gunta Stölzl und geprägt von bekannten Künst - dritte und letzte Direktor Ludwig lern wie Gerhard Marcks, Paul Mies van der Rohe. Sein Fokus lag Elsa Thiemann Klee und oskar Schlemmer ist bis auf der Funktion der Schule, der Das nach den Entwürfen von Henry van de Velde errichtete Wolfgang Tümpel heute pädagogisches Konzept in Produktionsvertrieb wurde auf- Ateliergebäude des Bauhauses Weimar. 1925 erfolgte der umzug nach Dessau. Gestaltungs- und Architekturschulen. gegeben, der Vorkurs gestrichen, Wilhelm Wagenfeld das Augenmerk auf die Architektur r e

Fritz Winter Doch nicht Gropius allein prägte gelenkt. m ö R

y l l das, was wir heute als „bauhaus- i W

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typisch“ bezeichnen. Die klare Von Gropius pädagogischer Idee m ö R

y l l Formensprache, der vom amerikani - und Meyers sozialem Anspruch i W

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schen Architekten Louis Sullivan wandelte sich das Bauhaus zur t o t o h P

übernommene Leitsatz „form Schule der vorbildlichen Architektur , B M S

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follows function“, die Verbindung – und das alles innerhalb von nur k e h t o i b

industrieller Produktionsprozesse vierzehn Jahren. l i b t s n

mit handwerklich-gestalterischer u K

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k k p p b Kreativität ist Vermächtnis auch b 4 5 seiner nachfolger. ob Leuchten, Silberwaren, Türbeschläge oder Drehschalter, im Vordergrund steht stets ein „Es ist dieser symbolische charakter, hoher Qualitätsanspruch. In Deutschland mit handwerklicher der mich wohl am meisten Sorgfalt, aus hochwertigen Materialien, originalgetreu und an der Wagenfeld-Leuchte fasziniert.“ mit der gleichen Hingabe und Begeisterung wie vor mittlerweile Walter Schnepel fast 40 Jahren hergestellt.

Die WA 24 ist eine Tischleuchte, 1920 entworfen, bestechend in der Reduktion auf ihre grundlegenden Elemente, elegant, funktional, unkompliziert, zeitlos und unbe- stritten mittlerweile eines der bekanntesten Bauhaus-objekte. Walter Schnepel entdeckte sie bei einem seiner vielen Besuche in Wilhelm Wagenfelds Atelier, Manches im Leben kommt unverhofft. und manchmal wo sie stand, verstaubte und keinen Hersteller hatte. Warum nur ließ er wird aus etwas vermeintlich nebensächlichem etwas sie nicht produzieren? Wagenfeld antwortete: „Dann machen Sie es Großes. Als Walter Schnepel 1976 auf frühe Holzschnitte „Als endlich alles fertig war, doch!“ und Walter Schnepel machte. des Künstlers Wilhelm Wagenfeld stieß, wusste er wollten die deutschen Möbelhäuser Eine nicht ganz einfache Aufgabe, gehörte die Herstellung von noch nichts von einer Leuchte, die den Grundstein seines die Leuchte nicht verkaufen – Leuchten bisher doch nicht zu seinen Tätigkeiten. Durchsetzungs - unternehmens TEcnoLuMEn legen sollte. und so mussten wir sie selbst ver- wille hingegen schon. unzuver- Er schaltete Anzeigen im Kunst- vom Zoll unbemerkt, die Wilhelm- lässige Lieferanten, uninteressierte magazin ART, platzierte sie bei Wagenfeld-Leuchte in Einzelteilen markten und vertreiben, Möbelhäuser – nichts konnte den ScHÖnER WoHnEn. Innerhalb an DDR-Museen. Ihre und andere Kunstsammler davon abbringen, von nur drei Wochen war sie ausver - Werkstücke wie beispielsweise was eigentlich nicht Teil unseres die Leuchte zu verkaufen. Technische kauft. Ein vielversprechender Start. die Stehlampe BST 23 des ungarn Veränderungen waren notwendig, 1980 gründete Walter Schnepel Gyula Pap oder die Deckenleuchte ursprünglichen Plans war.“ Kabel und Fassungen hatten sich TEcnoLuMEn und startete HP 28 von Hans Przyrembel sind Walter Schnepel im Laufe der Jahrzehnte verändert, die serienmäßige Produktion. mittlerweile Sammlerstücke. Details mussten angepasst, jede Veränderung von Wilhelm Wagen - Heute ist TEcnoLuMEn einer und es blieb nicht bei Leuchten feld freigegeben werden. 250 Stück der bekanntesten Hersteller allein. Das 2002 gegründete wurden schließlich produziert. und für originale aus der Bauhaus-Zeit. Schwesterunternehmen TEcno - niemand interessierte sich dafür. Der Erstauflage der WA 24 folgten LInE bietet Tür- und Fenster- verschiedene Versionen sowie beschläge, Schalter und ergänzen - Kooperationen mit anderen Künst- des Zubehör – entworfen von lerinnen und Künstlern des Bau- Wilhelm Wagenfeld, Walter Gropius hauses. nicht immer war es einfach, und anderen Bauhaus-Designern. einen Kontakt herzustellen. Mit Diese Variante der im selben Jahr Marianne Brandt etwa, in ost - ent standenen Metall-Tischleuchte hat einen deutschland zu Hause, war nur ein Glasfuß und einen Glasstab, in dem ein vernickeltes 10-mm-Rohr die Zuleitung indirekter Austausch möglich. führt. Zur Konstruktion lagen eine alte Walter Schnepel sicherte sich trotz Zeichnung und eine original-Leuchte vor, alledem die Rechte an ihren sodass genau die Maße und Proportionen Arbeiten – und schickte als Dank, bei der neufertigung eingehalten werden konnten. 6 7 „ohne Kunst könnte ich nicht leben. Ich muss sie um mich haben. Warum, kann ich nicht erklären.“ Walter Schnepel

Walter Schnepel gründete 1980 Sie sind über die Kunst zum Bauhaus gekommen. Als Kunst- Sie haben mal gesagt: „Kunst, Design und Musik sind Medien Findet sich das Bauhaus in Ihrem Unternehmen wieder? Kopien und Fälschungen sind ein Thema, welches Sie seit Ende die Bremer Leuchtenmanufaktur sammler haben Sie mit Bildern der Klassischen Moderne zur Kommunikation, keine Sprache, die man logisch erlernen oder der 1980er-Jahre begleitet. Ist es noch immer ein Ärgernis? TEcnoLuMEn. Im Interview begonnen und später vor allem Fluxus-Werke erstanden – welche gar übersetzen kann.“ Steht die Idee des Bauhauses mit seiner Schwer zu sagen. Einige Mitarbeiter haben verstanden, was redet er unter anderem von der Idee Parallelen sehen Sie zwischen Bauhaus und Fluxus? Forderung „form follows function“ dem entgegen, fordert genau unsere Werkstücke ausmacht. und es wird auf jeden Fall sichtbar Die Situation hat sich nicht verbessert, sondern ist durch die des Bauhaus, einem spontanen eben diese intellektuelle Auseinandersetzung? über Einrichtung und Produkte. Das Bauhaus ist spürbar, wenn Möglichkeiten des Internets noch komplexer geworden. Es ist Besuch bei Wilhelm Wagenfeld und Das ist schwierig. Ich würde sagen, streichen Sie die Frage, denn man es möchte. Bei „Jungen Designern“ entscheiden wir aus schwierig, dem einen Riegel vorzuschieben. In anderen Ländern dem Reiz, Dinge selbst zu gestalten. man kann nicht alles erklären. Im Allgemeinen kennen wir immer Ja und nein. Schon von den Bauhaus-Formgebern wurden dem Bauch heraus, ob wir ihre Entwürfe in unser Programm auf - gelten andere gesetzliche Rahmenbedingungen. Da kann Walter Schnepel, unternehmensgründer von nur diesen geometrischen Stil des Bauhauses, das aber ist gar Artefakte von unbekannten Handwerkern wie z. B. Gebrauchs- nehmen. Wir haben die gesamte Kollektion immer vor Augen. man nur auf das Gespür der Menschen hoffen, dass sie original TEcnoLuMEn. nicht das Ganze. Denn im Bauhaus waren auch Expressionisten gegenstände der bäuerlichen Kultur geschätzt. Auch diese und so passen sich die neuen Entwürfe stimmig in das Bestehende und Plagiat auseinanderhalten können. dabei. nehmen Sie beispielsweise Paul Klee, wo ließe sich der Gegenstände entsprechen der Forderung „form follows function“ ein. einsortieren? Wir messen die Schule immer an den Ergebnissen ohne intellektuellen Anspruch. Veränderungen gab es im technischen Bereich: Die gute alte in der Architektur und dem Design. Zusammen mit der Kunst Kunst ist für mich ein Kommunikationsmittel, welches sich Nicht Bauhaus, sondern durch Holzschnitte wurden Sie 1976 Glühlampe wurde durch effizientere LED-Leuchtmittel ersetzt. muss man das jedoch anders betrachten. Da finden sich Künstler, nicht übersetzen lässt. Kunst muss man ganzheitlich aufnehmen, auf Wilhelm Wagenfeld aufmerksam. Was begeisterte Sie damals Was hat sich hierdurch für die Leuchten verändert? die ganz anders gearbeitet haben, expressionistisch, fast surreal. mit emotionaler Intelligenz. Als ich noch etwas jünger war, an diesen Bildern? Selbst ein Gyula Pap arbeitete später expressionistisch. arbeitete ich für TEcnoLuMEn im Außendienst. Immer wenn mir Im Design der Bauhaus-Leuchten hat sich nichts geändert. Die Bildenden Künstler am Bauhaus haben nicht nur abstrakt, ein Plagiat gezeigt wurde, sagte ich: Stellen Sie unsere Leuchte Diese expressionistischen Holzschnitte entdeckte ich durch Bei neuen Entwürfen werden die aktuellen technischen Möglich - gegenstandslos oder wie die Engländer sagen „hard edge“ daneben. Wenn Ihr Kunde es sieht und begreift, dann kauft Zufall in einem Worpsweder Archiv. Zunächst war ich überrascht, keiten in das Design eingebunden. gearbeitet. Lediglich Kandinski und Moholy malten konsequent er unsere Leuchte, sieht er es nicht, dann soll er mit dem Plagiat weil ich nur Wilhelm Wagenfelds spätere Arbeiten und seine ungegenständlich. In einer Schweizer Ausstellung zum Surrealis - glücklich werden. Das hat funktioniert. Erklären lässt es sich Entwürfe für Lindner kannte. Ich besuchte ihn daraufhin spontan in Apropos Veränderungen: Mit Blick auf aktuelles Design mus entdeckte ich neulich Paul Klee und Hans Arp. Es gibt nicht. Es geht um Proportionen, um etwas Abstraktes – das muss Stuttgart und wir unterhielten uns lange, wobei er die frühen und Einrichtungsstil, passt die Wagenfeld-Leuchte in heutige erstaunliche Verbindungen. man spüren. Man muss es gar nicht mal wissen, was stimmt oder Holzschnitte als „Jugendsünde“ abtat. Ich kann nur bemerken: eine Wohnzimmer? Bauhaus und Fluxus gemeinsam ist der Gedanke, weg zu kommen nicht stimmt. Auch zwischen den Werkstücken des Bauhauses gekonnte „Jugendsünde“. Er selbst hatte ebenfalls noch ein von der Dekoration. Sucht man nach einer konkreten Verbindung, gibt es unbedeutende Entwürfe, obwohl sie den vermeintlichen paar. Einige habe ich schließlich erstanden, denn für mich gehören In gut eingerichtete Wohnungen passt sie immer. obwohl könnte man die intellektuelle Spiritualität als eine solche nennen. Regeln folgen. Deutlich wird es insbesondere an jenen kleinen sie zum Gesamtwerk Wilhelm Wagenfelds. Einrichtungstrends heute meines Erachtens künstlich hergestellt Zum Beginn der Bauhaus-Schule gab es parallel in Zürich die Goldschmiedearbeiten. Marianne Brandt ist für mich eine große werden. Zurzeit muss es teuer sein, aber schäbig aussehen – DADA-Bewegung, die natürlich ihren Einfluss auf die Künstler am Künstlerin in diesem Bereich. Sie hat Dinge entworfen, die, Die Herstellung und der Vertrieb der Wa24 war zu Beginn kein absurd. Bei aktueller Kunst ist es ebenso. Vieles ist sehr Bauhaus hatte. Fluxus wiederum hat seine Wurzeln in der DADA- denke ich, sehr emotional sind. natürlich gibt es Erklärungen zu Leichtes. Material ging zu Bruch oder war unbrauchbar, kein angestrengt. Was ich mit großem Bedauern beobachte, ist, dass es Kunst. Es entstand aus der konkreten sowie der abstrakten Poesie. den Werkstücken, zum verwendeten Material, zur Form, aber Möbelhaus hatte Interesse an diesem kühlen Design. Die bereits immer weniger Einrichtungshäuser gibt. Die Menschen kaufen Fluxus ist trotzdem kein Bauhaus-nachfahre, allerdings genauso diese Erklärungen erfolgten sicherlich hinterher. produzierten 250 Stück haben Sie trotzdem verkauft – innerhalb mittlerweile im Internet. weit gestreut, denn es gibt expressionistische, teils literarische von drei Wochen. Waren Sie immer vom Erfolg überzeugt? Werke. Kurt Schwitters, wenn Sie wollen sogar christian Morgen - Bauhaus war eine Schule und vermittelte neben dem Gestalte- Mit Ihrem Unternehmen TECNOLUMEN verkaufen Sie nicht stern, und das Bauhaus, alles ist so eng miteinander verzahnt, rischen auch eine bestimmte Idee, die Welt zu betrachten. Ja. Dazu eine Anekdote: In einem Telefonat mit meiner damals nur die berühmte Wilhelm-Wagenfeld-Leuchte, Sie selbst dass sich die Frage im Grunde nicht eindeutig beantworten lässt. Ist Bauhaus für Sie eine Art Lebensphilosophie, deren Geist sich noch in Schweden lebenden Frau, fragte ich nach der Adresse des haben Lampen entworfen – was reizt Sie daran, Dinge selbst zu und doch gibt es einen kleinen Hinweis auf die Zusammenhänge, heute noch vermitteln lässt? Kunstgewerbemuseums in Göteborg, um dort ein Prospektblatt gestalten? einen Künstler, der das Ganze von den 1920er-Jahren bis zum hinzusenden. Ich war überzeugt, dass dieses Museum eine Fluxus immer getragen hat: Marcel Duchamp. Er hat viel konkrete Einigen schon, ja. Es ist schwer zu sagen, weil es Grauzonen sind. Leuchte kaufen würde. und tatsächlich bekam ich nach wenigen In unserer Kollektion fehlte damals etwas und wir wollten das Kunst gemacht, aber auch surrealistische. Insofern ist Bauhaus Viele schätzen das Bauhaus-Design, besitzen eine Wagenfeld- Tagen den Auftrag für eine Leuchte vom Röhsska-Museum in Angebot breiter aufstellen, daher der Entwurf der Leuchten und Fluxus für mich gar nicht so weit voneinander entfernt. Leuchte und sind entsprechend eingerichtet. Laufe ich in Budapest Göteborg . Selbstverständlich gehört zu einem solchen Projekt die mit Stoffschirmen. Wir h ätten natürlich jemanden beauftragen durc h die Antiquitätenläden, dann ist jeder eckige Schrank Überzeugung, dass dieses ein Erfolg werden wird. können. Durch das Selbstentwerfen aber konnten wir bereits dort dem Bauhaus zugeordnet, obwohl allein das „Eckige“ Vorhandenes verwenden. Manche Designer haben keine Vor- überhaupt nichts aussagt. und doch wissen die wenigsten, dass stellung von der Technik und wissen daher nicht, was möglich ist. Bauhaus eine Schule war. Es gibt hervorragende, von ungarischen Zudem hat es mich gereizt, das durch die intensive Beschäftigung Bauhaus-Architekten entworfene Gebäude, einen ganzen mit den Bauhausentwürfen Gelernte anzuwenden und etwas Straßenzug in Budapest, die napraforgó utca (Sonneblumen - Eigenes zu gestalten. Gestaltung hat etwas mit Emotionen zu tun. straße). und wenn man den Goldenen Schnitt anwendet, kann man nichts Diese entstand etwas später als Bauhaus, in den frühen 1940er- falsch machen. Jahren etwa. Wie diese Gebäude aber renoviert wurden, ent - spricht nicht dem Geiste des Bauhaus. Heute hat das Bauhaus für viele eine Vorbildfunktion. Man muss es nicht genauso machen, aber man kann daran lernen. Schematisch aber lässt es sich nicht lernen, man muss es spüren. Richtige Regeln gab es ohnehin nicht. Dieter Rams beispiels- weise lernte nicht am Bauhaus, hat aber dessen Geist erfasst. Seine Entwürfe kamen aus dem Gedanken des Bauhaus.

8 9 10 11 Als Wilhelm Wagenfeld seine Tischleuchte in der Bauhauswerkstatt einer Aufgaben- stellung Moholy-nagys folgend entwarf, war die Vorgabe eindeutig: Herauskommen sollte ein Industrieprodukt, also maschinell in Serie produzierbar. und tatsächlich entsprechen Material und Formsprache der Vorstellung des Maschinenzeitalters. Allein die Herstellungs-Realität war eine andere. In konzentrierter, kunstfertiger und aufwändiger Handarbeit wurde die WA 24 als Mini-Serie für die Leipziger Herbstmesse 1924 produziert. und das ist auch heute noch so.

Was Wilhelm Wagenfeld als schmerzlichen Widerspruch wahr - genommen haben mag, ist mittlerweile Ausdruck für höchste Wertigkeit und Langlebigkeit. Die Grundmaterialien sind wie damals Glas und Metall, und in der von Tecnolumen 1980 heraus- gebrachten Reedition wurden lediglich minimale Veränderungen am originalentwurf vorgenommen. Diese waren in Abstimmung mit Wilhelm Wagenfeld zum einen der populären Geschmacks- präferenz geschuldet zum anderen aber insbesondere aufgrund der sich sich stetig verändernden Technik notwendig geworden. So wurde der Radius des Stand- fußes verringert, die Plattenstärke reduziert und die Glaskuppel um ein Weniges erhöht.

Möglich wurde damit die um- setzung der Grundidee Walter Gropius: die Massenproduktion unter Einhaltung gestalterischer Prinzipien. Sicher, ein Massen- Das Verständnis von nachhaltigkeit Stillstand bedeutet die traditionelle, produkt ist die Bauhaus-Leuchte hat sich bei TEcnoLuMEn auf handwerkliche Fertigung indes damit noch immer nicht. Kann natürliche und pragmatische Weise selbstverständlich nicht. Sehr sie nicht sein, denn als Hersteller entwickelt. Kurze Transportwege sensibel und mit großer Acht- legt TEcnoLuMEn höchsten auf der einen und eine heraus- samkeit wird auf technische neuer- Wert auf verlässliche Qualität und ragende Qualität der Einzelteile von ungen im Leuchtmittelmarkt nachhaltigkeit. Produziert werden Herstellern, mit denen das unter - reagiert. Immer mit dem Ziel vor die Einzelteile größtenteils in nehmen schon seit vielen Jahren Augen, die eigenen Designleuchten Europa und vor allem in Deutsch - zusammenarbeitet sowie die sorg - im bestmöglichen Licht erstrahlen land. Zusammengebaut werden fältige Montage der fertigen Leuchte zu lassen. die Leuchten mit großer Sorgfalt auf der anderen Seite, stehen für in Bremen. Globalisierte Strukturen Substanz und Perfektion. vermeidet das unternehmen – und ist dennoch international „All unsere Designleuchten sind renommiert. nummeriert und VDE-zertifiziert. Damit bürgen wir für die Echt- heit und die Sicherheit unserer langlebigen Produkte.“, so carsten Hotzan, Geschäftsführer von TEcnoLuMEn, und weiter: „Darüber hinaus können wir unseren Kunden, im Gegensatz zu anderen Leuchtenanbietern, eine jahrzehnte- lange Verfügbarkeit von pass- genauen Ersatzteilen garantieren.“

12 13 „Die kann man nicht besser machen“, stellte Dieter Roth fest, als Walter Schnepel ihm eine WA 24 überreichte, „… aber eine Lampe kann man immer gebrauchen.“ 1995 war das.

Worum also ging es Walter suchende nähe oder gar Deckungs - auf eine andere, traditionsgemäß Schnepel, als er die Wa 24 an Dieter gleichheit von Kunst und Design“. eher der Kunst vorbehaltene Roth und im Laufe der kommenden und – man möchte fast sagen: Reflexionsebene ästhetischer Jahre an 31 weitere Künstlerinnen unnötig hinzuzufügen – auch nicht Betrachtung zu heben“. und Künstler verteilte? Es geht um eine Rangliste. nein, es geht Mit anderen Worten: 31 Künstlerin - nicht, wie Peter Friese klarstellt, um etwas anderes. Es geht um nen und Künstlern lieferte Walter um eine „aufs neue zu unter- die Designikone als „Gegenstand Schnepel eine Wa 24 und erhielt künstlerischen Interesses“, um die Retour je ein Kunstwerk. „Eröffnung und Erörterung eines Experimentierfeldes“, es geht darum, „mit den Mitteln der Kunst ein herausragendes Designprodukt

Jochen Fischer, o.T., 1998 Fritz Schwegler, o.T., 2000 Susanne Windelen, o.T., 1998 Aldo Mondino, Jugend-stilo, 1995

31 individuelle Auseinander- Werksammlung, ausgehend von Fritz Schwegler setzt der Wagenfeld- Weise das Leuchten der Leuchte Entstanden sind also vor allem und Dieter Roth? Er stellte seine damit einen Kontrapunkt zur zeit- Die Sammlung wurde bereits setzungen mit einem Gegenstand. einem als idealtypisch und in Leuchte auf humorvolle Art in den Mittelpunkt. Eine kunst- Werkstücke, die Grenzen und Tabus Wa 24 schließlich auf die BAR no.1., losen Qualität der Bauhaus-Leuchte. gezeigt in: Überarbeitet, kommentiert, seiner Formvollendung nicht zu eine narrenkappe auf. und Susanne geschichtliche umordnung nimmt überschreiten, die jene Gesetz- setzte ihr eine Baskenmütze Veränderung und Widerborstigkeit neues Museum Weserburg, Bremen uminterpretiert, verfremdet, mal übertreffenden Werkstück. Windelen spachtelt die perfekte Aldo Mondino vor, behängt zwei mäßigkeiten des Schönen und Funk - auf und goss rote Farbe darüber. statt Gleichheit und Perfektion. Kunstverein, Plön ironisch, mal wertschätzend, Jochen Fischer beispielsweise Glätte der Leuchte mit weißem Bauhaus-Leuchten mit Kugel- tionalen in Frage stellen und dem In seinem der steten Veränderung Vor allem aber erhält die Bau- Kiszelli Museum, Budapest mal grotesk. Innerhalb von zwanzig umflicht die Leuchte vollständig mit Kunststoffharz über, mischt schreibern und nennt sein Werk Statischen eine Dynamik gegen - unterworfenen Werk setzt er haus-Leuchte in allen ihren Über- Jahren entstand eine vielfältige Weiden, lässt die Ikone damit die Masse mit fluoriszierenden „Jugend-stilo“. Daniel Spörri überstellen – eine Idee, die vor formungen, als Folge aller Ein- Ab Juni 2019 scheinbar komplett verschwinden – Partikeln – und stellt so auf ihre hingegen löst die Lampenschirme allem auch der Fluxus-Bewegung und Übergriffe eine ihre Funktion Im „centrul de Interes“ nicht ohne ihre Erscheinung durch und deutet die Glashauben innewohnt. und Schönheit erweiternde cluj-napoca, Klausenburg, ein sinnliches Lichtspiel wieder in seiner Schwarz-Weiß-Fotografie symbolische Bedeutung, wird zum Rumänien in Erscheinung treten zu lassen. um – Lustobjekt statt Luxusgut. „objekt plus y“.

14 15 Auch zeitgenössische Leuchten „Junger Designer“ finden bei TEcnoLuMEn ihren Platz. Sie ergänzen seit jeher das Leuchtensortiment des unternehmens. Sorgfältig ausgewählt, fügen sich diese Arbeiten in das auch heute noch vom Gestaltungsgeist des Bauhauses geprägte Sortiment.

Joachim Manz Pendelleuchte „Trabant 1“

Überraschend, präzise und fast lebendig – mit seinen Leuchten schafft Joachim Manz eindringliche Lichtspiele, die die Grenzen zwischen Form und Raum auflösen. Aus Feinbeton gießt der freischaf - fende Bildhauer Leuchten wie die „Trabant 1“, die fast neugierig von oben herab zu schauen scheint. Der Bremer Künstler stellt Skulpturen in den öffentlichen Raum, baut architektonische oliver niewiadomski Miniaturen und entwirft objekte zur Bodenleuchte „Bulo XL“ Benutzung.

Durchdacht, raffiniert und immer funktional – oliver niewiadomski übersetzt Mathematisches in eine pointierte Formensprache. So auch bei der Bodenleuchte „Bulo XL“, die sich auf ihrem Sockel je nach Geschmack und Bedarf drehen lässt, Funktionalität mit ästhetischem Effekt. Der Industrial Designer und Professor für Konstruktive Geometrie entwirft Leuchten, aber auch Möbel und ganze Raumkonzepte mit minima - listischer Anmutung.

16 17 christian Schmidt Pendelleuchte „Theia”

Zeitgenössisch, dynamisch und immer offen für neues – christian Schmidt findet seine Inspiration an vielen orten. Seine Pendel - leuchte „Theia“ etwa erinnert in ihrer Seitenansicht nicht von ungefähr an Kieselsteine. Doch auch wenn es viele bedeutende Einflüsse im Gestaltungshandwerk gibt, wie etwa den Funktionalis- mus, Art déco oder die Gruppe Memphis, der Designer bleibt mit seinem unternehmen zenolicht GmbH stets dem Geiste des Bau - Lena Schlumbohm haus verpflichtet. Schreibtischleuchte „Jella“

Gradlinig, modern und hochgradig flexibel – ihre Tischleuchte „Jella“ gefiel nicht nur TEcnoLuMEn. Lena Schlumbohm gewann mit ihrer Reminiszenz an die EB 27, von Eduard-Wilfrid Buquet 1927 entworfen, gleich mehrere Design- Preise, darunter der „interior innovation award 2014“. Die aus nordrhein-Westfalen stammende Prozess- und Produktdesignerin studierte in Regensburg und Aachen.

Mathias Schifferdecker Lichtobjekt „cubelight“

Klar, reduziert und spielerisch zugleich – das „cubelight “ ist mehr Lichtobjekt denn Leuchte. Mit seinen Entwürfen orientiert sich Mathias Schifferdecker an der Bauhaus-Architektur, mag es puristisch und zeitlos. Die Verbin - dung von Technischem und Spielerischem ist ein wichtiges charakteristikum der objekte des Ingenieurs und Designers, der mit seinem aus den klassischen Materialien Glas und Edelstahl gefertigten Würfeln zur individu- ellen Gestaltung einlädt. n e m e r B

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f w e r o o e e m n T © I K i w T G 18 D F 19 1928 entwarf Wilhelm Wagenfeld den Türdrücker WD28, nach einem originalen Handmuster nahm TEcnoLInE (damals TEcnoLuMEn) 1982, gemeinsam mit Prof. Wagenfeld, die Produktion des Modells wieder auf.