ii Vorwort

Download von www.bahnsys.uni-wuppertal.de bzw. www.oevts.uni-wuppertal.de für Studien- und sonstige nichtkommerzielle Zwecke (Stand 2011) u.a. zur Vertiefung der Inhalte aus der Vorlesung Bahnsystemtechnik 1 des LuFG Bahnsystemtechnik. Vorwort i

Vorwort

Liebe Studentinnen und Studenten, mit dem Umdruck zur Lehrveranstaltung „Bahnverkehr“ hoffe ich Sie mit der Vermittlung von Eisenbahn - Know-how für ein interessiertes Studium des Systems „Bahn“ anzusprechen. Die Lehrveranstaltung „Bahnverkehr“ baut auf diesem Umdruck auf und vermittelt Ihnen eine strukturierte Einführung in den umfangreichen Lehr- stoff; hier werden die Kapitelinhalte mit Ausrichtung auf die Fachprüfung „Öffentliche und Individuelle Verkehrssysteme“ auf das Wesentliche be- schränkt und gezielt herausgestellt sowie in Übungen klausurorientiert erste Einblicke in die Anwendung der zahlreichen Regelwerke gegeben. Natürlich kann für Studenten, die die Lehrveranstaltung nicht besuchen, das vorliegende Vorlesungsskript als inhaltliche Hilfestellung für die Be- arbeitung des Aufgabenteils „Bahnverkehr“ in der Fachprüfung dienen. Meine Erfahrung zeigt hier jedoch, dass ohne regelmäßigen Besuch der Lehrveranstaltung der Lernaufwand insgesamt höher und das Ergebnis in der Fachprüfung in der Regel allenfalls „zufriedenstellend“ ist. Bei der Skripterstellung konnte mit dem Werner-Ingenieur-Text (ISBN 3- 8041-1612-4) „Bahnwesen: Planung, Bau und Betrieb von Eisenbahnen, S-, U-, Stadt- und Straßenbahnen“ (5. Auflage) von Univ.-Prof. em. Dr. Ing. Joachim Fiedler auf wertvolle Anregungen bei der Vermittlung von fachlichen Zusammenhängen zurückgegriffen werden. Herr Fiedler war bis 1994 Ordinarius für Öffentliche Verkehrs- und Transportsysteme an unserer Universität. Darüber hinaus findet der interessierte Studierende weiterführende Hin- weise zum Kapitel „Trassierung“ in dem Teubner-Studienskript (ISBN 3- 519-20113-5) „Bahnbau“ von Prof. Dr.-Ing. Volker Matthews, Nürnberg und in dem „Handbuch Ingenieurgeodäsie/Eisenbahnbau“ (ISBN 3- 87907-297-3) von Prof. Dr. sc. techn. Gerhard Müller, Dresden.

Der Umdruck ist nur für Studienzwecke zu verwenden. Auch bei sorgfäl- tiger Prüfung schleicht sich manchmal der Fehlerteufel in den Text. Hin- weise nehme ich gerne auf.

Oberingenieur Dr.-Ing. Volker Deutsch

Download von www.bahnsys.uni-wuppertal.de bzw. www.oevts.uni- wuppertal.de für Studien- und sonstige nichtkommerzielle Zwecke (Stand 2011) u.a. zur Vertiefung der Inhalte aus der Vorlesung Bahnsystemtechnik 1 des LuFG Bahnsystemtechnik. ii

Inhalt iii

Inhalt

Vorwort ...... i

Inhalt ...... iii

Abbildungen...... vi

Tabellen ...... x

Quellen...... xii

Gesetze und Regelwerke...... xiii

1 Historische Entwicklung der Eisenbahnen...... 1.1

2 Rechtsgrundlagen ...... 2.1 2.1 Die Bahnstrukturreform...... 2.1 2.2 Eisenbahnneuordnungsgesetz ...... 2.2 2.2.1 Bundeseisenbahnvermögen ...... 2.3 2.2.2 Deutsche Bahn Aktiengesellschaft ...... 2.3 2.2.3 Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes...... 2.6 2.2.4 Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs ...... 2.6 2.2.5 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)...... 2.7 2.3 Nichtbundeseigene Eisenbahnen ...... 2.10 2.4 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung...... 2.11 2.5 Druckschriften und Module der DB AG...... 2.13 2.6 Straßenbahnen in der Gesetzgebung...... 2.14 2.7 Gesetzliche Grundlagen im Überblick...... 2.17

3 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.1 3.1 Spurgeführte Systeme ...... 3.1 3.2 Spurweite ...... 3.2 3.2.1 Normalspur ...... 3.2 3.2.2 Breit- und Schmalspur ...... 3.3 3.2.3 Fahrzeuge für verschiedenen Spurweiten ...... 3.4 3.2.4 Gleise für verschiedenen Spurweiten ...... 3.5 3.3 Fahrzeugbegrenzung...... 3.6 3.4 Regellichtraum ...... 3.8 3.5 Gleisabstände ...... 3.11 3.5.1 Gleisabstände auf der freien Strecke...... 3.11 3.5.2 Gleisabstände im Bahnhof...... 3.14 3.6 Fahrbahn-Querschnitte für Vollbahnen...... 3.15 3.7 Fahrbahn-Querschnitte für Straßenbahnen...... 3.17 iv Inhalt

4 Trassierung...... 4.1 4.1 Geltungsbereich, Vorschriften, Grenzwerte...... 4.1 4.2 Formelzeichen und ihre Bedeutung...... 4.3 4.3 Entwurfs- und Fahrgeschwindigkeit...... 4.5 4.4 Längsneigung und Neigungswechsel...... 4.7 4.5 Gleisbogen...... 4.10 4.5.1 Überhöhung und Seitenbeschleunigung ...... 4.11 4.5.2 Ausgleichende Überhöhung...... 4.12 4.5.3 Nicht ausgeglichene Seitenbeschleunigung...... 4.14 4.5.4 Überhöhungsfehlbetrag...... 4.15 4.5.5 Zulässige Überhöhung...... 4.16 4.5.6 Mindestüberhöhung ...... 4.17 4.5.7 Regelüberhöhung...... 4.18 4.5.8 Richtwerte für Radius und Überhöhung ...... 4.19 4.6 Überhöhungsrampen ...... 4.20 4.7 Übergangsbogen ...... 4.22 4.8 Zwischengerade...... 4.26 4.9 Gleisverziehungen ...... 4.27 4.10 Bogenabhängige Wagenkastensteuerung ...... 4.29

5 Oberbau ...... 5.1 5.1 Zusammenwirken von Rad und Schiene...... 5.1 5.2 Anforderungen an den Oberbau ...... 5.4 5.3 Bestandteile des Bahnkörpers...... 5.5 5.4 Schienen ...... 5.7 5.5 Schwellen...... 5.10 5.6 Schienenbefestigung ...... 5.13 5.7 Sonderbauteile...... 5.16 5.8 Bettung...... 5.19 5.9 Feste Fahrbahn...... 5.21 5.10 Oberbau für Stadt- und Straßenbahnen ...... 5.24 5.10.1 Straßenbündige Bahnkörper ...... 5.24 5.10.2 Rasengleis ...... 5.27

6 Weichen und Kreuzungen...... 6.1 6.1 Definitionen und Begriffe ...... 6.1 6.2 Darstellungsweise...... 6.2 6.3 Weichenbauteile ...... 6.3 6.4 Bauarten ...... 6.8 6.4.1 Einfache Weiche ...... 6.9 6.4.2 Bogenweichen...... 6.11 6.4.3 Doppelweichen...... 6.12 6.4.4 Kreuzungen...... 6.13 6.4.5 Kreuzungsweichen...... 6.14 6.5 Betriebliche und planerische Aspekte ...... 6.15 Inhalt v

6.5.1 Befahren von Weichen ...... 6.15 6.5.2 Anordnung von Weichen ...... 6.18 6.5.3 Weichenfolgen...... 6.19 6.5.4 Gleiswechsel...... 6.20

7 Sicherung des Bahnbetriebes ...... 7.1 7.1 Abstandshaltung ...... 7.2 7.1.1 Fahren auf Sicht ...... 7.2 7.1.2 Fahren im Zeitabstand...... 7.2 7.1.3 Fahren im Raumabstand ...... 7.3 7.1.4 Gegenfahrschutz ...... 7.7 7.2 Fahrwegsicherung...... 7.8 7.2.1 Flankenschutzeinrichtungen ...... 7.9 7.2.2 Sicherheitsabstände ...... 7.10 7.3 Signale ...... 7.12 7.3.1 Hauptsignale...... 7.13 7.3.2 Vorsignale...... 7.15 7.3.3 Kombinationssignale...... 7.17 7.3.4 Geschwindigkeitsanzeiger (Zs 3)...... 7.19 7.4 Zugbeeinflussung...... 7.20 7.4.1 Sicherheitsfahrschaltung ...... 7.20 7.4.2 Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB)...... 7.21 7.4.3 Geschwindigkeitsüberwachung Neigetechnik (GNT)...... 7.23 7.4.4 Linienförmige Zugbeeinflussung (LZB)...... 7.23 7.4.5 European Train Control System (ETCS)...... 7.24

8 Bahnhofsanlagen...... 8.1 8.1 Einteilung von Bahnhofsanlagen ...... 8.1 8.1.1 Definitionen...... 8.1 8.1.2 Aufgaben von Bahnhofsanlagen...... 8.1 8.1.3 Bahnhofsformen ...... 8.2 8.2 Gleisarten und Gleisplangestaltung ...... 8.5 8.3 Anlagen für den Personenverkehr ...... 8.7 8.3.1 Bahnsteiganordnung...... 8.7 8.3.2 Bahnsteigabmessungen ...... 8.12 8.3.3 Bahnsteigzugänge...... 8.16

vi Abbildungen

Abbildungen

Abb. 1.1 Hochgeschwindigkeitszug ICE 3...... 1.6 Abb. 2.1 Die drei Stufen der Bahnstrukturreform ...... 2.2 Abb. 3.1 Spurweite, Spurmaß, Spurspiel und Stützweite,...... ii Abb. 3.2 Bezugslinie G1 (Maße in mm) ...... 3.6 Abb. 3.3 Bezugslinie G2 (Maße in mm) ...... 3.7 Abb. 3.4 Fortsetzung Bezugslinie G1 und G2...... 3.7 Abb. 3.5 Lichtraumprofil GC (Maße in mm, DS 800.0130)...... 3.9 Abb. 3.6 S-Bahn-Lichtraumprofil bei Radien r ≥ 250 m...... 3.10 Abb. 3.7 Gleisabstand bei Gleiswechselbetrieb...... 3.13 Abb. 3.8 Zweigleisiger S-Bahn-Streckenquerschnitt auf Erdkörper ...... 3.15 Abb. 3.9 Zweigleisiger Streckenquerschnitt auf Erdkörper mit v ≤ 160 km/h ... 3.16 Abb. 3.10 Zweigleisiger Streckenquerschnitt auf Erdkörper mit v ≤ 200 km/h . 3.16 Abb. 3.11 Zweigleisiger Streckenquerschnitt auf Erdkörper mit v > 200 km/h . 3.16 Abb. 3.12 Querschnittsabmessungen für Straßenbahnstrecken...... 3.18 Abb. 3.13 Durch Aufpflasterung hervorgehobener Bahnkörper ...... 3.18 Abb. 3.14 Straßenbahn auf besonderem Bahnkörper in Straßenmitte ...... 3.18 Abb. 3.15 Straßenbündiger Bahnkörper im Fußgängerzonenbereich...... 3.19 Abb. 3.16 Abmessungen eines hochflurigen Stadtbahnwagens (B-Wagen).... 3.19 Abb. 3.17 Abmessungen eines Niederflur-Gelenktriebwagens (MGT 6 D) ...... 3.19 Abb. 4.1 Längsneigung...... 4.7 Abb. 4.2 Stadtbahn-Tunnelrampe mit Längsneigung von 40‰ ...... 4.9 Abb. 4.3 Kräfte bei der Bogenfahrt...... 4.11 Abb. 4.4 Kraftvektoren bei ausgeglichener Seitenbeschleunigung ...... 4.12 Abb. 4.5 Zug auf überhöhtem Gleis ...... 4.19 Abb. 4.6 Gerade Überhöhungsrampe...... 4.20 Abb. 4.7 Planungswerte für Überhöhungsrampen ...... 4.21 Abb. 4.8 Seitenbeschleunigung ...... 4.22 Abb. 4.9 Krümmungsbild Gerade – Kreisbogen – Gerade...... 4.22 Abb. 4.10 Krümmungsbilder und Überhöhungsfehlbeträge ...... 4.23

Abb. 4.11 Ermessensgrenzwerte für ∆uf bei Anordnung von Übergangsbogen 4.24 Abb. 4.12 Krümmungsbild eines Übergangsbogens...... 4.24 Abb. 4.13 Gerade / Bogen ...... ii Abb. 4.14 Korbbogen...... ii Abb. 4.15 Gegenbogen...... 4.25 Abb. 4.16 Krümmungsbild einer Gleisverziehung ...... 4.27 Abb. 4.17 einseitige Gleisverziehung mit Zwischengerade...... ii Abb. 4.18 beidseitige Gleisverziehung mit Zwischengerade...... ii Abb. 4.19 einseitige Gleisverziehung bei einer Stadtbahn...... 4.28 Abb. 4.20 Neigezug BR 612 der DB AG ...... 4.30 Abbildungen vii

Abb. 5.1 Sinuslauf des Radsatzes...... 5.1 Abb. 5.2 Begriffe zur Spurführung bei Nahverkehrsbahnen ...... 5.2 Abb. 5.3 Vollrad und bereiftes Rad (EBO, Anlage 6)...... 5.2 Abb. 5.4 Radsatzstellung im Gleisbogen...... 5.3 Abb. 5.5 Bahnkörper nach der Richtlinie (Ril) 820.1020 der DB AG...... 5.5 Abb. 5.6 Bestandteile des Schotteroberbaus nach DS 836...... 5.5 Abb. 5.7 Form und Hauptabmessungen gängiger Breitfußschienen ...... 5.7 Abb. 5.8 Rillenschiene Ri 60 und Phönix-Profil Ph 37a...... 5.8 Abb. 5.9 Schienenstoß auf Holzschwellen, Oberbau K ...... 5.8 Abb. 5.10 verschweißter Schienenstoß auf Betonschwellen ...... 5.9 Abb. 5.11 Gusseiserne Schienen mit Einzelstützen, um 1800 ...... 5.10 Abb. 5.12 Gleisrost mit Querschwellen...... 5.10 Abb. 5.13 Betonschwelle B 70...... 5.12 Abb. 5.14 Gleisrost mit Y-Stahlschwellen...... 5.12 Abb. 5.15 Oberbau W...... 5.13 Abb. 5.16 Oberbau K...... 5.14 Abb. 5.17 Schutzschienen...... 5.16 Abb. 5.18 Leitschiene ...... 5.16 Abb. 5.19 Schienenauszug...... 5.17 Abb. 5.20 Bremsprellbock ...... 5.18 Abb. 5.21 Bettungsquerschnitt einer zwei- bzw. eingleisigen Strecke...... 5.19 Abb. 5.22 Bettungsreinigungsmaschine und Gleisstopfmaschine ...... 5.20 Abb. 5.23 Hochleistungs-Bettungsreinigungs- und Aushubmaschine ...... 5.20 Abb. 5.24 Betonieren der Fahrbahnplatte eines ausgerichteten Gleisrostes....5.22 Abb. 5.25 Feste Fahrbahn auf Asphalttragschicht...... 5.22 Abb. 5.26 Aufbau einer Festen Fahrbahn auf Asphalttragschicht...... 5.23 Abb. 5.27 Betonlängsbalkengleis auf Stadtbahnstrecke...... 5.23 Abb. 5.28 Straßenbündiger Bahnkörper mit Holzschwellen ...... 5.24 Abb. 5.29 Straßenbündiger Bahnkörper auf Tragschicht...... 5.24 Abb. 5.30 Gleiseinbau auf Zweiblockschwellen und Ortbeton-Tragplatte...... 5.25 Abb. 5.31 Ausgerichteter Gleisrost mit seitlichem Kammerfüllkörper ...... 5.25 Abb. 5.32 Ausgerichteter Gleisrost auf Tragplatte...... 5.26 Abb. 5.33 Rasengleis in Bremen, Gleis mit tiefliegendem Rasen...... 5.27 Abb. 5.34: Rasengleis in , Gleis mit hochliegendem Rasen...... 5.27 Abb. 6.1 Fahrkantenbild einer Weiche...... 6.2 Abb. 6.2 Linienbild einer Weiche ...... 6.2 Abb. 6.3 Weichenbauteile einer einfachen Weiche (EW) ...... 6.3 Abb. 6.4 Ansicht einer einfache Weiche...... 6.3 Abb. 6.5 Querschnitt durch Weichenzunge und Backenschiene ...... 6.4 Abb. 6.6 Herzstück und Flügelschiene ...... 6.5 Abb. 6.7 Radlenker...... 6.6 Abb. 6.8 Weichenendteil mit Herzstück und Radlenker...... 6.6 Abb. 6.9 Weiche mit beweglichem Herzstück...... 6.7 Abb. 6.10 EW mit geradem Herzstück und mit Bogenherzstück ...... 6.9 viii Abbildungen

Abb. 6.11 Innen- und Außenbogenweiche...... 6.11 Abb. 6.12 Einseitige und zweiseitige Doppelweiche ...... 6.12 Abb. 6.13 Fahrkartenbild einer Kreuzung ...... 6.13 Abb. 6.14 EKW mit innenliegender Zungenvorrichtung ...... 6.14 Abb. 6.15 EKW mit außenliegender Zungenvorrichtung...... 6.14 Abb. 6.16 Linienbild einer DKW mit innenliegender Zungenvorrichtung ...... 6.14 Abb. 6.17 Lage des Grenzzeichens...... 6.16 Abb. 6.18 Weichenfolgen mit Zwischengeraden...... 6.19 Abb. 6.19 Weichenfolge ohne Zwischengerade...... 6.19 Abb. 6.20 Weichenanschluss Weichenanfang an Weichenende ...... 6.20 Abb. 6.21 Gleiswechsel (EW mit Bogenherzstück)...... 6.21 Abb. 6.22 Weichenkreuz und aufgelöste Kreuzung im Vergleich ...... 6.21 Abb. 6.23 Weichenkreuz...... 6.22 Abb. 6.24 Doppelte Gleisverbindung mit aufgelöster Kreuzung...... 6.22 Abb. 6.25 Weichenstraße mit und ohne Kreuzung...... 6.22 Abb. 7.1 Fahren auf Sicht nach BOStrab...... 7.2 Abb. 7.2 Betriebsgefährdung durch Folgefahrt ...... 7.3 Abb. 7.3 Fahren im Raumabstand, Blocksystem ...... 7.4 Abb. 7.4 Gleisstromkreis in einem unbesetzten Gleis...... 7.6 Abb. 7.5 Gleisstromkreis in einem besetzten Gleis...... 7.6 Abb. 7.6 Isolierstoß...... 7.6 Abb. 7.7Achszähler...... 7.7 Abb. 7.8 Betriebsgefährdung durch Gegenfahrt...... 7.7 Abb. 7.9 Betriebsgefährdung durch Flankenfahrt...... 7.8 Abb. 7.10 Anordnung einer Schutzweiche ...... 7.9 Abb. 7.11 Darstellung einer Gleissperre im Lageplan...... 7.9 Abb. 7.12 Funktion eines isolierten Streckenschutzabschnittes ...... 7.9 Abb. 7.13 Gefahrpunktabstände ...... 7.10 Abb. 7.14 Durchrutschweg...... 7.11 Abb. 7.15 Signal Hp 0 – Halt...... 7.13 Abb. 7.16 Signal Hp 1 – Fahrt...... 7.14 Abb. 7.17 Formsignale: Hauptsignal Hp 1, Vorsignal Vr 0 ...... 7.14 Abb. 7.18 Signal Hp 2 – Langsamfahrt (i.d.R. 40 km/h)...... 7.15 Abb. 7.19 Signal Vr 0 - Halt erwarten...... 7.16 Abb. 7.20 Signal Vr 1 - Fahrt erwarten...... 7.16 Abb. 7.21 Signal Vr 2 - Langsamfahrt erwarten ...... 7.17 Abb. 7.22 Kombinationssignal...... 7.18 Abb. 7.23 Kombinationssignal mit Zs 3...... 7.18 Abb. 7.24 Signal Zs 3...... 7.19 Abb. 7.25 Signal Zs 3v...... 7.19 Abb. 7.26 PZB 90-Bremskurve für einen Reisezug...... 7.21 Abb. 7.27 PZB-Magnet ...... 7.22 Abb. 8.1 Bahnhöfe nach Lage im Streckennetz...... 8.2 Abb. 8.2 Gleisplan eines Knotenbahnhofes (Freiburg Hbf)...... 8.2 Abbildungen ix

Abb. 8.3 Bahnhöfe nach Lage des Bahnhofsgebäudes...... 8.3 Abb. 8.4 Kopfbahnhöfe in London ...... 8.4 Abb. 8.5 Gleisanlagen eines Durchgangsbahnhofes...... 8.5 Abb. 8.6 Kehrgleisanlage ...... 8.6 Abb. 8.7 Kennzeichnung von Gleisen im Lageplan ...... 8.6 Abb. 8.8 Länge eines Gleises...... 8.6 Abb. 8.9 Mittelbahnsteig ...... 8.8 Abb. 8.10 Zweigleisiger Haltepunkt mit zwei Außenbahnsteigen ...... 8.8 Abb. 8.11 Außenbahnsteig als Hausbahnsteig...... 8.8 Abb. 8.12 Außenbahnsteig mit Busverknüpfung...... 8.8 Abb. 8.13 Außenbahnsteige mit Busverknüpfung...... 8.9 Abb. 8.14 Querbahnsteig und Zungenbahnsteig im Kopfbahnhof ...... 8.9 Abb. 8.15 Inselbahnsteig mit integriertem Zungenbahnsteig...... 8.9 Abb. 8.16 Zwischenbahnsteig...... 8.10 Abb. 8.17 Zwischenbahnsteig mit höhengleichem Zugang ...... 8.10 Abb. 8.18 Bahnsteiglänge bei Durchgangsbahnhöfen (DS 800 05) ...... 8.12 Abb. 8.19 Bahnsteiglänge bei Kopfbahnhöfen (DS 800 05) ...... 8.12 Abb. 8.20 Bahnsteigbreite bei Außenbahnsteigen...... 8.13 Abb. 8.21 Bahnsteigbreite bei Inselbahnsteigen...... 8.13 Abb. 8.22 Inselbahnsteig mit Treppe am Bahnsteigende ...... 8.14 Abb. 8.23 Inselbahnsteig mit Treppe in Bahnsteigmitte...... 8.14 Abb. 8.24 Durch Bahnübergang erschlossene Außenbahnsteige ...... 8.16 x Tabellen

Tabellen

Tab. 2.1 Kennzahlen der DB AG (Stand 2009)...... 2.5 Tab. 2.2 Allgemeines Eisenbahngesetz...... 2.9 Tab. 2.3 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung...... 2.12 Tab. 2.4 Ausgewählte Unterscheidungskriterien städtischer Bahnen ...... 2.16 Tab. 2.5 Gegenüberstellung der Regelwerke für Eisen- und Straßenbahnen.. 2.17 Tab. 2.6 Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelwerke ...... 2.18 Tab. 3.1 Aufgabenzuordnung bei der Rad-Schiene-Technik ...... 3.1 Tab. 3.2 Spurweiten in Gleisbögen nach EBO § 5...... 3.3 Tab. 3.3 Mindestgleisabstand zwischen Streckengleisen (EBO § 10) ...... 3.12 Tab. 3.4 Wichtige Gleisabstände zwischen Streckengleisen ...... 3.13 Tab. 3.5 Gefahrenbereichsmaße der DB AG...... 3.14 Tab. 3.6 Gleisabstände in Bahnhöfen (Auswahl)...... 3.14 Tab. 3.7 Abmessungen von Fahrbahn-Querschnitten in der Geraden...... 3.16 Tab. 3.8 Abmessungen des Gleisbettes ...... 3.17 Tab. 4.1 Werte-Differenzierung der Trassierungselemente ...... 4.2 Tab. 4.2 Abkürzungen und ihre Bedeutung ...... 4.4 Tab. 4.3 Seitenbeschleunigung und entsprechender Überhöhungsfehlbetrag 4.15

Tab. 4.4 Zulässiger Überhöhungsfehlbetrag u f (mm) in Gleisen...... 4.15 Tab. 4.5 Empfohlene Richtwerte für Radius r [m] und Überhöhung u [mm ] .... 4.19 Tab. 5.1 Oberbauanforderungen...... 5.4 Tab. 5.2 Übersicht gängiger Schienenformen...... 5.8 Tab. 5.3 Merkmale verschiedener Schwellentypen...... 5.11 Tab. 5.4 Zusammenstellung von Schwellenabmessungen ...... 5.12 Tab. 5.5 Merkmale der Festen Fahrbahn...... 5.21 Tab. 6.1 Begriffe der Weichengeometrie ...... 6.1 Tab. 6.2 Stellphasen eines Weichenumstellvorgangs...... 6.5 Tab. 6.3 Bauarten von Weichen, Kreuzungen und Kreuzungsweichen ...... 6.8 Tab. 6.4 Weichenbezeichnung...... 6.9 Tab. 6.5 Abmessungen einfacher Weichen mit geradem Herzstück...... 6.10 Tab. 6.6 Abmessungen einfacher Weichen mit Bogenherzstück...... 6.10 Tab. 6.7 Berechnung des Zweiggleisradius bei Bogenweichen...... 6.11 Tab. 6.8 Minimalradien für Bogenweichen (nach DS 800)...... 6.12 Tab. 6.9 Abmessungen der symmetrischen Außenbogenweiche der DB AG.. 6.12 Tab. 6.10 Abmessungen von Kreuzungen nach DB AG-Norm ...... 6.13

Tab. 6.11 Zulässiger Überhöhungsfehlbetrag u f ( mm) in Weichen...... 6.17 Tab. 6.12 Abzweiggeschwindigkeiten einfacher Weichen ...... 6.18 Tab. 8.1 Aufgaben von Bahnhofsanlagen...... 8.1 Tab. 8.2 Gegenüberstellung Außen- und Inselbahnsteig...... 8.11 Tab. 8.3 Maße für die Bemessung von Bahnsteigen ...... 8.13 Tabellen xi

Tab. 8.4 Mindestbreite für Inselbahnsteige...... 8.15 Tab. 8.5 Bahnsteigkanten im Netz der DB AG ...... 8.15 xii Quellen

Quellen

Abbott, J. (Hrsg.): Jane’s World Railways Janes Information Group Limited: 37. Auflage, Coulsdon, Surrey 1995. Adler, G. u.a.: Lexikon der Eisenbahn Transpress: 8. Auflage, 1990. Bätzold / Fiebig: Elektrische Lokomotiven deutscher Eisenbahnen Transpress: 1. Auflage, Berlin 1984 Berg, G. u. Henker, H.: Weichen Transpress: Berlin 1978. Bundesministerium für Verkehr: Verkehr in Zahlen Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrwesen, 26. Jahrgang, Köln 1997. Fiedler, J.: Bahnwesen Werner: 5. Auflage, München 2005. Freise, R.: Taschenbuch der Eisenbahngesetze Hestra: Darmstadt 11. Auflage 1996. Führer, G.: Gleiskonstruktionen Transpress: 1. Auflage, Berlin 1987. Matthews, V.: Bahnbau Teubner Studienskripten: Stuttgart 1996. Müller, G. u.a.: Handbuch Ingenieurgeodäsie - Eisenbahnbau Wichmann: Heidelberg 2000. Pichlmaier, R.: Der Bundesbahn-Oberbau Eisenbahn-Fachverlag: 2. Auflage, Heidelberg/Mainz 1981. Rossberg, R.R.: Geschichte der Eisenbahn Siegloch Service Edition: Künzelsau 1977. Schleife, W. u.a.: Metros der Welt – Geschichte, Technik, Betrieb Transpress: 2. Auflage, Berlin 1992. Schefold, U.: 150 Jahre Eisenbahn in Deutschland Südwest: München 1985. Schlüter, K.: Unterhaltung und Erneuerung des Oberbaus Josef Keller: Starnberg 1974. Gesetze und Regelwerke xiii

Gesetze und Regelwerke

Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) vom 27. Dezember 1993 Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes vom 27. De- zember 1993 Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (Re- gionalisierungsgesetz) vom 27. Dezember 1993 Gesetz über die Gründung einer Deutschen Bahn Aktiengesellschaft – Deutsche Bahn Gründungsgesetz (DBGrG) vom 27. Dezember 1993 Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftver- unreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) vom 14. Mai 1990 Eisenbahn – Bau- und Betriebsordnung (EBO) vom 8. Mai 1967 in der Fassung vom 27. Dezember 1993 Eisenbahn – Signalordnung (ESO) vom 7. Oktober 1959 in der Fassung vom 1. August 1994 Eisenbahn – Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbahnen (EBOA) Sechzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions- schutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung – 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990 Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) vom 11. Dezember 1987 Ril 301: Signalbuch DS 800: Bahnanlagen entwerfen mit den Teilheften 800 01 Allgemeine Grundlagen 800 02 Neubaustrecken 800 03 S-Bahnen 800 04 Rangierbahnhöfe 800 06 Güterverkehrsanlagen 800 09 Bahnhofsvorplätze und P+R-Anlagen DS 804 Vorschrift für Eisenbahnbrücken und sonstige Ingenieurbauwerke DS 809 Baumaßnahmen bestellen, planen und durchführen DS 815 Bahnübergänge entwerfen und instandhalten DS 820 Oberbaurichtlinien für Regelspurbahnen DS 820 01 Ergänzungsbestimmungen zu den Oberbaurichtlinien DS 836 Vorschrift für Erdbauwerke DS 889 Richtlinien für Planung und Bau von Signalanlagen Akustik 07: Anweisung zur Erstellung schalltechnischer Untersuchungen für Verkehrslärm – Luftschall – (DB-AG) xiv Gesetze und Regelwerke

Schall 03: Richtlinien zur Berechnung der Schallimmissionen von Schie- nenwegen (DB-AG) Richtlinien für die digitale Bewertung geometrischer Oberbauzustände (DB-AG) Richtlinien für die Trassierung von Bahnen nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab-Trassierungs- richtlinien VDV) Oberbau-Richtlinien und Oberbau-Zusatzrichtlinien des VDV für den BO- Strab-Bereich (OR/ORZ Entwurf 1995) Oberbau-Richtlinien für nichtbundeseigene Eisenbahnen (Obri-NE) Regelweichen für nicht bundeseigene Eisenbahnen (Regelweichen-NE)

Historische Entwicklung der Eisenbahnen 1.1

1 Historische Entwicklung der Eisenbahnen

vor 1800 Die Entwicklung der Technik hin zur Eisenbahn vollzog sich langsam und in kleinsten Schritten. Zahlreiche nach den verschiedensten Systemen spurgeführte Fahrzeuge waren, vor allem im Bergbau, in Betrieb. Alle diese Stre- cken waren jedoch kurz, nicht vernetzt oder vereinheit- licht und dienten allein dem Güterverkehr. Zum Antrieb diente die Muskelkraft von Tieren und Menschen, im Ge- fälle wurde der Hangabtrieb genutzt. 1815 Großbritannien: George Stephenson entwickelt die „lo- comotive steam engine“, die bewegliche Dampfmaschi- ne. 1825 Mit der 35 km langen Strecke Stockton – Darlington in Nordengland ging die erste Eisenbahn im heutigen Sinne mit Personenbeförderung in Betrieb. 1828 – 1832 Zwischen Linz und Budweis wird eine ca. 190 km lange Pferdebahnstrecke erbaut. ab 1830 In zahlreichen Ländern wird der Bau von Eisenbahnen aufgenommen, Vorreiter sind England und die USA. 1830 Die Strecke Liverpool – Manchester wird eröffnet. Sie ist das Vorbild für die meisten Eisenbahnbauten der nächs- ten Jahrzehnte. Die Strecke ist zweigleisig mit großen Kurvenradien und geringen Längsneigungen trassiert, erstmals wird die heutige Normalspur von 1435 mm ver- wendet. 1833 Friedrich List entwirft ein Eisenbahnsystem, welches nach einheitlichen Vorgaben die damaligen deutschen Länder erschließen und verbinden soll. 1835 Die erste lokomotivbetriebene Eisenbahn Deutschlands nimmt zwischen Nürnberg und Fürth den Betrieb auf. 2 Dennoch werden in den nächsten Jahren ca. /3 der Fahrten mit Pferdkraft durchgeführt. 1837 – 1839 Die erste Fernstrecke Deutschlands von Leipzig nach Dresden geht in Betrieb. 1841 Das Teilstück Erkrath – Vohwinkel der Düsseldorf- Elberfelder Eisenbahn geht in Betrieb. Die Steilrampe Erkrath – Hochdahl wurde bis 1926 mittels Seilzug über- wunden. Dieses Verfahren wurde bei zahlreichen Bahn- strecken jener Zeit genutzt. 1846 Der Verband der Preußischen Eisenbahnen wird gegrün- det. Dieser gilt als Vorläufer des späteren UIC. Im inter- nationalen Eisenbahnverband UIC sind heute weltweit fast alle Eisenbahnen organisiert.

1.2 His torische Entwicklung der Eisenbahnen

um 1850 Ein normaler Reisezug fährt mit 40 bis 45 km/h, die höl- zernen Wagen sind i.d.R. ungebremst, nur „Bremswa- gen“ verfügen über eine vor Ort zu bedienende Hand- bremse. 1854 In Österreich wird die Semmeringbahn eröffnet. Sie gilt als die erste Gebirgsbahn der Welt und kam ohne Seil- zugabschnitte aus. Sie steht bis heute in Betrieb und gilt als Weltkulturerbe. 1862 – 1869 In den USA wird die erste Transkontinentalbahn erbaut. Die Durchquerung von Wüsten und Hochgebirgen setzt neue Maßstäbe im Eisenbahnbau. 1863 In London nimmt die Metropolitan Railway den Betrieb auf. Sie gilt als erste U-Bahn der Welt. In den ersten Jahrzehnten wurde diese Strecke mit Dampfzügen be- dient. 1866 Werner Siemens entwickelt das dynamo-elektrische Prinzip, die Grundlage zur Entwicklung elektrischer Moto- ren. ab 1871 Im neu gegründeten Deutschen Reich bestehen ca. 21.000 km Eisenbahnstrecken. Der Eisenbahnbau schreitet weiter fort, es kommt jedoch nicht zur Gründung einer reichsweit agierenden Staatsbahn. Die Eisenbah- nen bleiben in Verwaltung der einzelnen Länder. ab 1872 Durgehende und selbsttätige Bremsen kommen in Gebrauch. Damit lassen sich alle Wagen eines Zuges von der Lokomotive aus bremsen. Dies erhöht das Bremsvermögen der Züge und erlaubt höhere Ge- schwindigkeiten als bisher. Dennoch bleiben Handbrem- sen, besonders im Güterverkehr, noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein üblich. 1875 Die erste Fassung der Eisenbahn-Signalordnung (ESO) tritt in Kraft. Damit wurde die Vereinheitlichung des Sig- nalwesens in Deutschland begonnen. Vorher legte jede Bahngesellschaft ihre eigenen Signalbilder und deren Bedeutungen fest. 1879 Werner Siemens stellt die erste elektrische Lokomotive der Welt vor. 1889 Reichelt entwickelt den Fahrdraht und den Bügelstrom- abnehmer. 1890 In London nimmt die City & South London Railway den Betrieb auf. Dies ist die erste elektrische U-Bahn der Welt. 1895 In Baltimore (USA) wird eine unterirdische Bahnstrecke elektrifiziert. Dies ist der erste elektrische Betrieb auf ei- ner Vollbahn weltweit. 1900 Das Eisenbahnnetz hat weltweit eine erhebliche Ausdeh- nung erreicht: USA: 305.000 km Russland 55.000 km Deutschland 50.000 km Großbritannien 35.000 km Australien 23.000 km Historische Entwicklung der Eisenbahnen 1.3

Afrika 20.000 km Spanien 15.000 km In Deutschland ist der Bau der Hauptbahnen weitgehend abgeschlossen. Zur Feinerschließung werden nun ver- mehrt Neben- und Kleinbahnen gebaut. 1903 Zwischen Berlin, Potsdamer Bahnhof und Lichtenrade wird der Vorortverkehr probeweise auf elektrischen An- trieb umgestellt. Gleichzeitig finden verschiedene Versu- che zur elektrischen Zugförderung statt. Zu dieser Zeit wird im allgemeinen Gleichstrom niedriger Spannung verwendet, Wechselstrom höherer Spannung stellt die Technik noch vor erhebliche Probleme. 1903 Auf der Militärbahn Marienfelde – Zossen bei Berlin wird von Versuchstriebwagen für Dreiphasenwechselstrom mit 210 km/h ein neuer Weltrekord aufgestellt. 1907 Auf der Hamburger Vorortbahn wird der elektrische Be- trieb mit Wechselstrom aufgenommen. Dieser wird 1955 zugunsten des Gleichstrombetriebes aufgegeben. 1911 Die Strecke Dessau – Bitterfeld wird auf elektrischen Betrieb mit 10 kV, 15 Hz Wechselstrom umgestellt. Dies soll der Beginn der Fernbahnelektrifizierung in Deutsch- land werden, den zügigen Weiterbau stoppt jedoch der 1. Weltkrieg. 1913 Die Bahnen von Bayern, Preußen und Baden vereinba- ren als Stromsystem für den zukünftigen elektrischen 2 Zugbetrieb 15 kV, 16 /3 Hz Einphasenwechselstrom mit einpoliger Fahrleitung in 6 m Höhe über Schienenober- kante anzuwenden. Dieser Vereinbarung schließen sich die Staatsbahnen Schwedens, Norwegens, Österreichs und der Schweiz an. An diese Übereinkunft halten sich die betreffenden Bahnen bis heute. 1920 Die wird gegründet. ab 1920 Die Fernbahnelektrifizierung wird wieder aufgenommen. Es entstehen zunächst vier getrennte Netze in Schlesien, Mitteldeutschland, Bayern/Württemberg und Baden. ab 1928 Nach diversen Versuchen wird die vollständige Elektrifi- zierung der Berliner Vorortstrecken mit 750V Gleichstrom begonnen und somit die S-Bahn eingeführt. 1933 Zwischen Berlin und Hamburg gehen die ersten dieselge- triebenen Schnelltriebwagen in den Verkehr. Kurz darauf werden ähnliche Verkehre weltweit auf zahlreichen Stre- cken, besonders in den USA, Deutschland und den Nie- derlanden aufgenommen. 1934 Mit der Indusi I34 kommt in Deutschland erstmals eine taugliche punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) zur An- wendung. In den folgenden Jahren wird dieses System flächendeckend eingeführt und kontinuierlich fortentwi- ckelt. Die heutige Version PZB90 wird nach wie vor in Deutschland und Österreich verwendet. 1934 Zwischen Bologna und Florenz wird eine besondere Schnellfahrstrecke für bis zu 180 km/h Höchstgeschwin- digkeit eingeweiht. Dies war die erste Hochgeschwindig- keitsstrecke weltweit, erfüllt jedoch heute nicht mehr die Bedingungen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr. 1.4 Historische Entwicklung der Eisenbahnen

1939 Das Berliner S-Bahn-Netz ist weitgehend fertiggestellt und gilt zu jener Zeit weltweit als vorbildlich. Dieser Zu- stand währt jedoch nur kurze Zeit. Das Netz wird wäh- rend des 2. Weltkrieges zu großen Teilen zerstört. 1945 Als Folge des 2. Weltkrieges liegt der Eisenbahnverkehr in weiten Teilen Europas still. Allein auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik sind über 4300 km Gleis, 16500 Weichen, 1900 Stellwerke, 6700 Blockeinrichtungen, 60 Tunnel und 3100 Brücken zerstört oder unbrauchbar. 1946 Im Bereich der sowjetischen Besatzungszone müssen alle Anlagen des elektrischen Bahnbetriebs als Reparati- onsleistung abgebaut werden, ausgenommen ist die S- Bahn Berlin. 1949 In der Bundesrepublik Deutschland wird die Deutsche Bundesbahn (DB) gegründet. In der DDR wird der Name Deutsche Reichsbahn (DR) aus juristischen Gründen beibehalten. ab 1950 Die DB beginnt mit einem großangelegten Elektrifizie- rungsprogramm ihrer Bahnstrecken. Bis 1980 werden ca. 10.000 km Strecke auf elektrischen Betrieb umge- stellt. ab 1952 Die DB beschafft die ersten Prototypen der elektrischen Einheits-Lokomotiven. Bis 1985 werden über 2.300 die- ser Lokomotiven in verschiedenen Baureihen gebaut. 1955 Die DR nimmt den elektrischen Betrieb mit Wechselstrom wieder auf. 1958 Als erstes europäisches Land beenden die Niederlande den Betrieb mit Dampflokomotiven. 1959 Die DB beschafft zum letzten Mal neue Dampflokomoti- ven. 1964 In Japan geht die weltweit erste moderne Hochge- schwindigkeitsstrecke in Betrieb. Die 515 km lange Stre- cke zwischen Tokio und Osaka wurde völlig neu gebaut und weist die bis dahin in Japan ungebräuchliche euro- päische Normalspur von 1435 mm auf. Die Höchstge- schwindigkeit liegt zunächst bei 220 km/h. In den Folge- jahren wird ein landesweites Hochgeschwindigkeitsnetz erstellt. 1965 Erstmals werden in Deutschland 200 km/h mit Fahrgäs- ten gefahren. 1965 Als neues Zugbeeinflussungssystem wird die Linienför- mige Zugbeeinflussung (LZB) zusätzlich zur PZB ange- wendet. Damit werden Fahrgeschwindigkeiten von mehr als 160 km/h auf den entsprechend ausgerüsteten Stre- cken möglich. 1967 Auf der Strecke Ratingen Ost – Düsseldorf – D-Garath nimmt die DB den S-Bahn-Verkehr mit Wechselstrom auf. Es folgen die S-Bahn-Netze um München (1972), Stuttgart und am Main (beide 1978). 1971 Die DB nimmt den InterCity-Verkehr (IC) auf. Es verkeh- ren zunächst vier Linien zweistündlich ausschließlich mit Wagen der 1. Klasse. Damit beginnt in Deutschland die Einführung eines vertakteten Fernverkehrs. Historische Entwicklung der Eisenbahnen 1.5

1971 In den USA wird der Schienenfernverkehr durch die staatliche Gesellschaft Amtrak übernommen. Durch den Niedergang der US-Eisenbahnen drohte ansonsten die völlige Einstellung des Fernverkehrs. Dennoch werden zahlreiche Strecken aufgegeben und es bleiben weniger als 100 Zugpaare, die oftmals nicht täglich fahren. Dies kann als Tiefpunkt des nordamerikanischen Eisenbahn- verkehrs angesehen werden. 1977 Die DB beendet den Dampfbetrieb in Westdeutschland. 1979 Das IC-Netz wird auf stündliche Zugfolge verdichtet, die Züge führen nun auch die 2. Klasse. 1981 In Frankreich wird die erste Schnellfahrstrecke für den TGV eröffnet. Damit beginnt der Hochgeschwindigkeits- verkehr in Europa. 1984 Die Transrapid-Versuchsstrecke im Emsland wird in Be- trieb genommen. 1988 Die DR beendet den Dampfbetrieb auf den ostdeutschen Regelspurstrecken. Einige Schmalspurstrecken werden vor allem als Touristenattraktion weiterhin mit Dampflo- komotiven betrieben. 1991 Auf den kurz zuvor eröffneten Neubaustrecken der DB wird der ICE-Verkehr aufgenommen. Die Züge der Bau- reihe 401 (ICE1) fahren zunächst auf der Linie Hamburg – Kassel – Frankfurt – Stuttgart – München. Seither gin- gen weitere Neu- und Ausbaustrecken in Betrieb. 1994 Das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens tritt zu Beginn des Jahres in Kraft. Es wird die Deutsche Bahn AG (DBAG) gegründet, in welcher die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn aufgehen. Gleichzeitig wird als technische Aufsicht das Eisenbahn- Bundesamt (EBA) ins Leben gerufen. 1994 Der Eurotunnel wird eröffnet. Die Züge zwischen und London fahren in Frankreich bereits über Schnell- fahrstrecken, auf britischer Seite müssen noch bis 2007 Altstrecken genutzt werden. 1996 Der Nahverkehr wird regionalisiert. Die Verantwortung für den öffentlichen Personenverkehr auf der Schiene (SPNV) übernehmen die Länder, welche vom Bund Geld dafür erhalten. Einige Länder (z.B. NRW) delegieren die Verantwortung an Zweckverbände. 1997 Mit der vollständigen Eröffnung der Schnellfahrstrecke Paris – Brüssel wird erstmals ein internationaler Hochge- schwindigkeitsverkehr aufgenommen. Das Netz wurde mittlerweile nach London, Amsterdam und Köln erweitert. 1999 Die einzelnen Geschäftsbereiche der DBAG werden als eigene Aktiengesellschaften eingetragen. Seither hat sich deren Struktur mehrfach verändert. 2001 In China wird mit dem Bau einer rund 30 km langen Transrapidstrecke begonnen. Seit der Betriebsaufnahme 2004 ist dies die weltweit einzige Strecke dieser Art im Fahrgastbetrieb. 2002 Die Schnellfahrstrecke Köln – Rhein/Main geht in Betrieb. Erstmals werden in Deutschland 300 km/h Höchstge- schwindigkeit erzielt. 1.6 Historische Entwicklung der Eisenbahnen

2003 – 2009 In China werden in dichter Folge rund 3.500 km Schnell- fahrstrecken im herkömmlichen Rad/Schiene-System in Betrieb genommen. Der Ausbau dauert an, das Netz soll in den nächsten Jahren um mehrere tausend Kilometer wachsen. 2007 Der Lötschberg-Basistunnel in der Schweiz wird in Be- trieb genommen. Dieser 34,6 km lange Tunnel erübrigt für einen Teil des Nord-Süd-Verkehrs durch die Alpen ei- ne langsame und energiezehrende Fahrt über eine Ge- birgsbahn.

Abb. 1.1 Hochgeschwindigkeitszug ICE 3. Der Triebzug mit 8000 KW An- triebsleistung ist bis 330 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen und kann Steigungen von 40 Promille bewältigen.

Rechtsgrundlagen 2.1

2 Rechtsgrundlagen

2.1 Die Bahnstrukturreform

Die Europäische Union (EU) hat 1991 mit der Richtlinie 91/440 sowohl die Unabhängigkeit der Bahnunternehmen in den Mitgliedsländern gefor- dert als auch die Trennung zwischen dem Betrieb und der Infrastruktur. Das heißt, Fahrweg und Züge sollten von unterschiedlichen Unterneh- men betrieben werden. Außerdem müssen die Eisenbahnunternehmen von politischen Einflüssen frei bleiben. In der Bundesrepublik Deutschland war jahrzehntelang die Deutsche Bundesbahn (DB) fast alleiniges Eisenbahnunternehmen, andere Eisen- bahnunternehmen hatten lediglich regionale Ausdehnung. Die DB ent- stand formell 1949, de facto 1951 durch den Zusammenschluss der bis dahin in der amerikanisch-britischen und in der französischen Besat- zungszone getrennt verwalteten Teile der Deutschen Reichsbahn und wurde nach Artikel 87 Grundgesetz in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Mit der Wiedervereinigung 1990 wurde die Deutsche Reichsbahn der DDR ebenso wie vorher bereits die Deutsche Bundesbahn zu einem Sondervermögen der Bundesrepublik Deutschland. In den Verordnungen der EU wurde nun verlangt, die Eisenbahnunter- nehmen von allen Verpflichtungen des Öffentlichen Dienstes zu befreien, sie also zu privatisieren: Die fusionierten Staatseisenbahnen hatten sich der Bahnstrukturreform zu stellen.

Die wesentlichen Merkmale der Bahnstrukturreform sind: • Schaffung der Deutschen Bahn AG durch den Zusammenschluss der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn zum Bun- deseisenbahnvermögen. • Trennung staatlicher und unternehmerischer Aufgaben (Eisenbahn- strukturunternehmen, Eisenbahnverkehrsunternehmen). • Übertragung der Gestaltung und Finanzierung des schienengebun- denen Personennahverkehrs (SPNV) per Regionalisierungsgesetz auf die Bundesländer.

2.2 Rechtsgrundlagen

2.2 Eisenbahnneuordnungsgesetz

Die notwendige Umsetzung der Vorgaben der Europäischen Union (EU) – insbesondere der Richtlinie 91/440 – begünstigte die Bahnstrukturre- form, die mit dem Eisenbahnneuordnungsgesetz (ENeuOG) vom 27.12.93 als formeller Rechtsakt schließlich eingeleitet worden ist.

Das ENeuOG ist ein Artikelgesetz. Jeder Artikel enthält ein Gesetz. Es sind dies u.a.: Art 1: Gesetz zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundesei- senbahnen Art 2: Gesetz über die Gründung einer Deutschen Bahn Aktiengesell- schaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz-DBGrG) Art 3: Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes Art.4: Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahver- kehrs (Regionalisierungsgesetz) Art 5: Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) Aus der Trennung staatlicher und unternehmerischer Aufgaben resultie- ren zum einen die Gründungen des Bundeseisenbahnvermögens (Ab- schnitt 2.2.1) und des Eisenbahn-Bundesamtes (Abschnitt 2.2.3) sowie zum anderen die Eintragung der Deutschen Bahn AG ins Handelsregister Berlin mit 4,2 Mrd. DM Stammkapital.

Deutsche Bundesbahn Deutsche Reichsbahn Vorratsvermögen

(BRD) (DDR + Berlin) Berlin (West)

Bundeseisenbahnvermögen

unternehmerischer Bereich öffentlicher Bereich

- Fahrweg (Bau, Betrieb, Unterhaltung) - Hoheitliche Aufgaben - Transport - Personalverwaltung - Verwandte Geschäftstätigkeiten - Schuldenverwaltung

Deutsche Bahn AG Eisenbahnbundesamt Bundeseisenbahnvermögen (Restsondervermögen) - umfasst verschiedene - hoheitliche Aufgaben Geschäftsbereiche (soweit nicht durch - Schuldenverwaltung Bundesminister für Verkehr - Personalverwaltung wahrgenommen) - Finanzierungsabwicklung (Fahrweg)

Operative Unternehmensbereiche der DB AG (Holding)

Personen- Personen- Güterverkehr Fahrweg Dienstleister verkehr bahnhöfe

DB DB Reise & DB Station & DB Cargo AG DB Netz AG Energie, Touristik AG Service AG Fuhrpark, Projekt Bau, Services, DB Regio AG Railion GmbH Systems, Telematik

Abb. 2.1 Die drei Stufen der Bahnstrukturreform auf Seiten der DB AG (Unternehmensbereiche der DB AG im Jahr 2000) Rechtsgrundlag en 2.3

2.2.1 Bundeseisenbahnvermögen Die beiden nicht rechtsfähigen Sondervermögen „Deutsche Bundesbahn“ und „Deutsche Reichsbahn“ werden zum „Bundeseisenbahnvermögen“ gemäß Art. 1 zusammengeführt. Das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) ist eine zum 1. Januar 1994 – dem Start der Bahnstrukturreform – errich- tete Bundesbehörde. Es ist in zwei Bereiche gegliedert: In einen unter- nehmerischen und in einen Verwaltungsbereich. Der unternehmerische Bereich wird von der „Deutschen Bahn Aktiengesellschaft“ wahrgenom- men, der Verwaltungsbereich des Bundeseisenbahnvermögens ist als Bundesbehörde Bestandteil des öffentlichen Dienstes. Zu den Aufgaben des BEV zählt vor allem die Betreuung von 1998 noch rd. 90 000 Beamten, die der Deutschen Bahn AG (DB AG) zugewiesen oder beurlaubt sind, und der rund 8 000 Mitarbeiter, die im Rahmen von Dienstleistungsüberlassungsverträgen bei zahlreichen privaten Gesell- schaften beschäftigt sind. Dazu kommt die Versorgung der rd. 240 000 Ruhestandsbeamten und Hinterbliebenen. Allgemeine Aufgaben des BEV sind: • Erhaltung und betriebswirtschaftliche Weiterführung der betrieblichen Sozial- und Selbsthilfeeinrichtungen • Verwertung der nicht mehr benötigten Immobilien der DB AG • Kredit- und Schuldenmanagement, das heißt Tilgung der Altschulden der DB und DR durch Umschuldung, Nettokreditaufnahme, Mittel aus dem Haushalt und Verkauf von Liegenschaften

2.2.2 Deutsche Bahn Aktiengesellschaft Das Gesetz über die Gründung einer Deutschen Bahn Aktiengesellschaft (Deutsche Bahn Gründungsgesetz – DBGrG) regelt die Gründung der Deutsche Bahn AG (DB AG), die Überleitung der Mitarbeiter der Vorgän- gerinstitutionen in die DB AG sowie Organisation, Wirtschaftsführung und –prüfung der DB AG. Der unternehmerische Bereich des Bundeseisenbahnvermögens – Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen und Betreiben der Eisen- bahninfrastruktur – wird nach dem ENeuOG durch die DB AG wahrge- nommen. Alle für die Erfüllung dieser Aufgabe notwendigen Liegenschaf- ten sowie sonstige Vermögen werden der DB AG aus dem Bundeseisen- bahnvermögen übertragen. In der ersten Stufe wurden dazu zunächst vier organisatorisch und rech- nerisch getrennte Geschäftsbereiche (Personennahverkehr, Personen- fernverkehr, Güterverkehr, Fahrweg) gegründet. Die oben erwähnten Vermögenswerte sind diesen Bereichen zugeordnet. Seit dem 1.6.1999 bestanden – als 3. Stufe der Bahnstrukturreform – fünf operative Geschäftsbereiche zur Angebotserstellung im Verkehrsbereich: DB Reise & Touristik AG (Personenverkehr), DB Regio AG (Personenverkehr), DB Cargo AG (Güter), DB Netz AG (Fahrweg), DB Station & Service AG (Personenbahnhöfe).

2.4 Rechtsgrundlagen

Die den Verkehr abwickelnden Gesellschaften DB Reise & Touristik AG, DB Regio AG, DB Cargo AG sowie private Anbieter haben an die den Fahrweg betreibende DB Netz AG Nutzungsentgelte zu entrichten. Ein Nutzungsmonopol gibt es dabei nicht. Näheres regelt die Eisenbahninfra- strukturbenutzungsverordnung. Danach hat jedes – auch ausländische – Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) ein Recht auf diskriminierungs- freien Zugang zu den Fahrwegen, was den Grundsätzen der EU- Richtlinie 91/440 vom 29.7.1991 entspricht. Der zunächst für das Jahr 2006 geplante Börsengang der Bahn ist bis auf unbestimmte Zeit verschoben. Ein Grund hierfür sind die schlechten fi- nanziellen Rahmenbedingungen. Ein weiterer Grund ist die politisch um- strittene Absicht der Bahn, als Konzern ohne organisatorische Trennung von der DB Netz AG an die Börse zu gehen. Weitere Restrukturierungen führten bis Ende 2010 zu einer differenzierte- ren Konzernstruktur, welche sich in folgende Geschäftsfelder einteilt: DB Bahn Fernverkehr, DB Bahn Regio, DB Schenker Logistics, DB Schenker Rail, DB Netze Fahrweg, DB Netze Personenbahnhöfe, DB Netze Energie, DB Dienstleistungen, Sonstige Beteiligungen. Die jeweils aktuelle Konzernstruktur ist unter www.deutschebahn.com „Geschäftsfelder“ abrufbar.

Eine Auswahl verschiedener Betriebsdaten der Deutschen Bahn AG (mit dem Logistikunternehmen Stinnes) ist im Folgenden aufgeführt (Stand Ende 2009):

Rollendes Material Infrastruktur Lokomotiven 5.600* Streckennetz (in Kilometer) 33.721 ICE-Triebzüge 196* Personenbahnhöfe 5.707 Triebwagen 8.783* Stellwerke 5.609* Reisezugwagen 10.820* davon elektronisch 501* Sitzplätze (in Tsd.) 1.444* Weichen und Kreuzungen 67.157 Güterwagen 169.331* Brücken 26.912 Callbikes 4.400* Tunnel 787 DB Carsharing, Fahrzeuge 1.100* Tunnellänge (in Kilometer) 445* Busse 12.696* Bahnübergänge 23.508* davon technisch gesichert 11.810* Personenverkehr Zugfahrten pro Tag 26.906 Personen-km Fernverkehr in Mio 31.619* Zugreisende in Mio. 1.908 Personen-km Nahverkehr in Mio 37.915* Busreisende in Mio. 800 Sitzplätze pro Tag in Mio. 1,44* Güterverkehr auf der Schiene: Luftfracht (in Tonnen) 1.032 Zugfahrten pro Tag 4.739 Seefracht (in TEU) 1.424 Beförderte Güter in Mio. Tonnen 341

Die mit * gekennzeichneten Werte beziehen sich auf das Jahr 2003. Diese Werte werden in den aktuel- len Kennzahlen der DB AG nicht mehr explizit ausgewiesen. Die aktuellen Werte können i. A. als leicht geringer abgeschätzt werden. Rechtsgrundlagen 2.5

Tab. 2.1 Kennzahlen der DB AG (Stand 2009) 2.6 Rechtsgrundlagen

2.2.3 Gesetz über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes Die ehemalige DB hatte als Behörde hoheitliche Aufgaben wahrzuneh- men, z.B. die Planfeststellung (s. Kap. 3.2). Derartige Aufgaben nimmt jetzt das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) wahr. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) ist eine zum 1.1.1994 errichtete, selb- ständige Bundesoberbehörde für die hoheitlichen Aufgaben des Bundes im Eisenbahnbereich, zugeordnet dem Bundesministerium für Verkehr. Das EBA ist gemäß § 3 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsver- waltung des Bundes vom 27.12.1993 Aufsichts- und Genehmigungsbe- hörde über die Eisenbahnen des Bundes und über Eisenbahnverkehrs- unternehmen mit Sitz im Ausland für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufsicht über nichtbundeseigene Eisenbahnen, die originär den Bundesländern obliegt, nimmt das EBA auf Antrag eines Landes nach dessen Weisung und auf dessen Rechnung wahr. Gegen- wärtig haben 13 Bundesländer hiervon Gebrauch gemacht und das EBA mit der Landeseisenbahnaufsicht beauftragt. Das EBA ist weiterhin Planfeststellungsbehörde für den Bau neuer oder die Änderung bestehender Eisenbahnbetriebsanlagen. Ferner prüft das EBA bei Investitionen des Bundes in die Eisenbahninfrastruktur die Ver- wendung dieser Mittel durch die Deutsche Bahn AG. Das EBA ist zu- ständig für die fachliche Untersuchung von Störungen im Eisenbahnbe- trieb. Das EBA ist eine einstufige Behörde mit der Zentrale in Bonn und 15 Außenstellen. Es wird von einem Präsidenten geleitet. Bundesweit be- schäftigt das EBA ca. 1.300 Mitarbeiter.

2.2.4 Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs Die Verkehrsnachfrage im (weitgehend kommunalen) Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr wird als öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) be- zeichnet, wenn die Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt. Früher war es Aufgabe der Deutschen Bundesbahn, den (regionalen) Schienenpersonennahverkehr (SPNV) als Teil des „ÖPNV auf der Schie- ne“ zu planen, zu betreiben und die daraus resultierenden wirtschaftli- chen Folgen zu tragen. Der Bund erstattete einen Teil des aus dem ÖPNV resultierenden Defizits. Das Regionalisierungsgesetz definiert die Sicherstellung einer ausrei- chenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im ÖPNV als eine Aufgabe der Daseinsfürsorge. Als Regionalisierung wird die Zu- sammenführung von Planung, Organisation und Finanzierung des ÖPNV bezeichnet. Die organisatorische Durchführung dieser Vorgaben ist nun- mehr Aufgabe der Bundesländer. Diese erhalten dafür vom Bund zweck- gebundene Zuwendungen aus dem Mineralölsteueraufkommen. 2008 belief sich diese Summe auf 6,675 Milliarden Euro. Diese Summe wird nach einem festgeschriebenen Verteilungsschlüssel vergeben. Einige Länder haben Nahverkehrsgesetze erlassen oder landeseigene Eisenbahngesellschaften gegründet, die eine Nachfrage nach Schienen- verkehrsleistungen planen (Fahrpläne) und diese Leistungen öffentlich ausschreiben. DB AG und Privatbahnen bewerben sich durch Abgabe von Angeboten um den Zuschlag für die Betriebsabwicklung. An das Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind Gebühren für die Fahrwegbe- nutzung zu zahlen. Rechtsgrundlagen 2.7

2.2.5 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) Das Gesetz definiert Begriffe wie Eisenbahnen und öffentlichen Eisen- bahnverkehr und gibt verbindliche Regeln für das Betreiben – aber auch für die Stilllegung – von Eisenbahnen des Bundes und für nichtbundesei- gene Eisenbahnen vor. Es enthält Regelungen über Eisenbahnaufsicht, Betriebsgenehmigungsmodalitäten, Beförderungspflicht, Tarife, Planfest- stellung sowie Enteignung für Eisenbahnvorhaben. Aus der Sicht des Bahnbaus liegt der Schwerpunkt des Gesetzes in der Regulierung der Planfeststellung und Plangenehmigung. Das AEG definiert in § 1 seiner Fassung vom 29.3.1951 den „Begriff der Eisenbahn“: • Eisenbahnen im Sinne dieses Gesetzes sind Schienenbahnen mit Ausnahme der Straßenbahnen und der nach ihrer Bau- und Be- triebsweise ähnlichen Bahnen, der Bergbahnen und sonstiger Bah- nen besonderer Bauart. • Die beteiligten obersten Landesverkehrsbehörden entscheiden, so- weit es sich nicht um bundeseigene Schienenbahnen handelt, in Zweifelsfällen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, ob und inwieweit eine Bahn zu den Eisenbahnen zu rechnen ist. Die Aufsicht können die Landesregierungen ganz oder teilweise dem Eisenbahnbundesamt oder einer anderen öffentlichen oder privaten Ein- richtung übertragen. Im Übrigen können die Landesbehörden Rechtsver- ordnungen erlassen.

Von diesem Recht gemäß § 5 AEG haben die Bundesländer Baden- Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nord- rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein Gebrauch gemacht und Landeseisenbahngesetze (LEG) erlassen. In den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sind Landeseisenbahngesetze in Bearbeitung. In § 18 AEG werden Planfeststellung und Plangenehmigung zur rechtli- chen Sicherung von Baumaßnahmen zur Erstellung oder Veränderung von Betriebsanlagen der Eisenbahnen geregelt. Im Rahmen der Plan- feststellung bzw. Plangenehmigung werden alle durch das Bauvorhaben berührten öffentlich-rechtlichen Belange zwischen dem Vorhabenträger und dem von der Maßnahme Betroffenen öffentlich-rechtlich gestaltet. Hierbei wird zwischen Planfeststellung und Plangenehmigung unter- schieden: • Eine Planfeststellung wird erforderlich, wenn Schienenwege von Eisenbahnen einschließlich der für den Betrieb notwendigen Anlagen und der Bahnstromfernleitungen gebaut oder geändert werden sollen und die Rechte anderer beeinträchtigt werden. Werden Anlagen Drit- ter als Folge einer Planung der DB AG verändert, so werden diese Baumaßnahmen ebenfalls nach AEG festgestellt. Das Planfeststel- lungsverfahren erfordert zwingend die Anhörung der Betroffenen durch die Einleitungsbehörde. Die Planfeststellung ersetzt alle nach den Rechtsvorschriften notwendigen öffentlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Zustimmungen. Durch sie werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Verkehrsträger und den durch die Baumaßnahme Betroffenen rechtsgültig geregelt. Bau- leitpläne können eine Planfeststellung nicht ersetzen. 2.8 Rechtsgrundlagen

• Die Plangenehmigung betrifft die gleichen Baumaßnahmen wie die Planfeststellung. Sie kann erteilt werden, wenn Rechte anderer durch die geplante Baumaßnahme nicht beeinträchtigt werden oder sich die Betroffenen mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums einverstanden erklärt haben. Hier findet keine Anhörung statt. Planfeststellung und Plangenehmigung gehen in ihrer rechtlichen Wir- kung noch über die Bindungskraft eines Bebauungsplans hinaus. Ein Planfeststellungsverfahren der Betriebsanlagen für Nichtbundeseigene Bahnen (Abschnitt 2.2.3) erfolgt nach den Landeseisenbahngesetzen, für U- und Straßenbahnen erfolgt es nach § 28 ff Personenbeförderungsge- setz. Darüber hinaus gibt es Planfeststellungen nach: • Abfallbeseitigungsgesetz, • Bundesfernstraßengesetz, • Bundeswasserstraßengesetz, • Flurbereinigungsgesetz, • Luftverkehrsgesetz, • Wasserhaushaltsgesetz. Durch § 26 AEG wird das Bundesministerium für Verkehr ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen für öffentliche Eisen- bahnen zu erlassen hinsichtlich der Anforderungen an den Bau, die Aus- rüstung und die Betriebsweise der Bahnen. Folgende Rechtsverordnun- gen sind von Bedeutung: • Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), • Eisenbahn-Signalordnung (ESO). Rechtsgrundlagen 2.9

• Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG), Auswahl § Titel Inhalt 1 Anwendungsbereich Gültigkeit für alle Eisenbahnen 2 Begriffsbestimmungen Eisenbahnen: öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen (Beförderung von Personen und Gütern auf einer Eisenbahn- infrastruktur) erbringen oder eine Eisenbahninfrastruktur betreiben (Bau, Betrieb, Sicherung und Unterhalt von Schie- nenwegen) Schienenpersonennahverkehr: Stadt-, Vorort- und Regional- verkehr, im Regelfall mit einer Reiseweite von weniger als 50 km bzw. einer Reisedauer unter einer Stunde 3 Öffentlicher Eisenbahnverkehrsunternehmen, die jedermann nach ihrer Eisenbahnverkehr Zweckbindung benutzen darf Eisenbahninfrastrukturunternehmen, deren Schienenwege von jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen nach ihrer Zweckbindung benutzt werden dürfen 4 Sicherheitsvorschriften Verpflichtung der Betriebssicherheit 5 Eisenbahnaufsicht Aufsicht und Genehmigungen (auch in Hinsicht auf Tarife) • Nichtbundeseigene Eisenbahnen: Länder • Bundeseisenbahnen: Eisenbahn-Bundesamt (EBA) 6 Erteilung und Verweigerung Genehmigungen für das Erbringen einer Eisenbahnverkehrs- der Genehmigung leistung oder den Betrieb einer Eisenbahninfrastruktur 7 Widerruf der Genehmigung 8 Geschäftsführung der Bedingungen, unter denen Eisenbahnverkehrsunternehmen Eisenbahnen oder -infrastrukturunternehmen in öffentlicher Hand sein dürfen 9 Getrennte Rechnungsführung Finanzielle Trennung Fahrweg / Betrieb 10 Beförderungspflicht Gilt für alle öffentlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen, sofern die Beförderungsbedingungen eingehalten werden 11 Stilllegung von Eisenbahn- Beantragung und Genehmigung notwendig infrastruktureinrichtungen 12 Tarife Die Tarifhoheit liegt beim Bund bzw. bei den Ländern 13 Anschluss an andere Eisen- Jedes Eisenbahninfrastrukturunternehmen hat normalerweise bahnen anderen Unternehmen den Anschluss zu gestatten 14 Zugang zur Eisenbahninfra- Ist grundsätzlich allen geeigneten Eisenbahnverkehrsunter- struktur nehmen zu gestatten 15 Gemeinwirtschaftliche Leis- Auferlegung durch den Bund bzw. die Länder tungen Erbringung durch Eisenbahnverkehrsunternehmen kann ausgeschrieben werden 16 Ausgleich betriebsfremder Aufwendungen, die Eisenbahnen aus sozialen Gründen Aufwendungen entstehen (z.B. höhere Rentenzahlungen) müssen ausgegli- chen werden 17 Vorarbeiten Recht der Durchführung von Planungen (z.B. Vermessungen) 18 Planfeststellung, Plangeneh- nach 18.1: Im Regelfall Planfeststellungsverfahren beim Bau migung oder Umbau von Bahnanlagen nach 18.2: Plangenehmigungsverfahren, wenn alle Betroffe- nen (Privatpersonen und Träger öffentlicher Belange) schrift- lich ihr Einverständnis erklären nach 18.3: Weder Planfeststellung noch Plangenehmigung bei Vorhaben unwesentlicher Bedeutung, die die Rechte Anderer nicht beeinflussen 19 Veränderungssperre, Vor- Zur Nutzung vorgesehene Grundstücke dürfen nach der kaufsrecht Auslegung der Planfeststellung nicht mehr Wert steigernd verändert werden 20 Planfeststellungsverfahren Ablauf des Planfeststellungsverfahrens 21 Vorzeitige Besitzeinweisung Voraussetzungen zu Enteignungen 22 Enteignung 23 Überwachung Auskunftspflicht gegenüber der zuständigen Behörde 24 Eisenbahnstatistik Durch statistisches Bundesamt, Auskunftspflicht der Eisen- bahnen 25 Besetzungszeiten von Ar- Eigenverantwortung der Eisenbahnen unter Berücksichtigung beitsplätzen des Betriebsverfassungsgesetzes 26 Rechtsverordnungen Das Bundesministerium für Verkehr erlässt Rechtsverord- 27 Allg. Verwaltungsvorschriften nungen über den Bau, Betrieb und Verkehr von Eisenbahnen 28 Ordnungswidrigkeiten Bei Verstoß gegen Regelungen des AEG 29 Zuständigkeit für die Verfol- gung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten Tab. 2.2 Allgemeines Eisenbahngesetz 2.10 Rechtsgrundlagen

2.3 Nichtbundeseigene Eisenbahnen

Ohne Bedeutung ist das ENeuOG für Nichtbundeseigene Eisenbahnen (NE): Hierunter versteht man die nicht im Eigentum des Bundes stehen- den und nicht dem Konzern der Deutschen Bahn AG zugehörigen Eisen- bahnen des öffentlichen Verkehrs und des nichtöffentlichen Verkehrs (Hafeneisenbahnen, Werkseisenbahnen, Anschlussgleise). 2006 gab es in der BRD zahlreiche nichtbundeseigene Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs. Diese verfügten über ein Netz von rund 7.200 km Betriebsstreckenlänge. Der überwiegende Teil der Strecken wird aus- schließlich im Güterverkehr betrieben. Zu den NE des nichtöffentlichen Verkehrs zählten auch Hafeneisenbah- nen mit quasi-öffentlicher Verkehrsfunktion sowie Werkseisenbahnen, die auch Eisenbahnverkehrsunternehmen sind. Zu den NE des nichtöffentli- chen Verkehrs zählen außerdem ca. 5.000 Gleisanschlüsse (einschließ- lich bundeseigener Anlagen). Diese Eisenbahninfrastruktur wird von der DB AG bzw. den vorgenannten NE mitbedient. Insgesamt sind 2010 in Deutschland 402 Eisenbahnverkehrsunterneh- men (inkl. DB AG und Tochterunternehmen) registriert.

Rechtsgrundlagen 2.11

2.4 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung

Die derzeit gültige EBO stammt aus dem Jahr 1967 und wurde mehrfach durch Verordnungen und Gesetze, zuletzt durch das Eisenbahnneuord- nungsgesetz vom 27.12.1993, geändert. Sie ist in sieben Abschnitte ge- gliedert und für den Bahnbauenden und den Betreiber gleichermaßen von großer Bedeutung. Die Eisenbahnen werden in Haupt- und Nebenbahnen eingeteilt. Haupt- bahnen weisen einen höheren Ausbaustand als Nebenbahnen auf. Ne- benbahnen sind einfacher trassiert und dürfen nur mit einer Höchstge- schwindigkeit von 80 km/h (Ausnahmen: 100 km/h) befahren werden. Die Vorschriften in der EBO sind zum Teil für Haupt- und Nebenbahnen ge- trennt dargestellt, unter bestimmten Vorgaben darf die Sicherungstechnik auf Nebenbahnen vereinfacht ausgeführt werden. Im Wesentlichen enthält die EBO Mindestanforderungen und definiert zulässige Grenzen. So ist z.B. gewährleistet, dass ein Gleis mit zulässi- ger Spurweite einen Radsatz mit Mindestmaßen zuverlässig und be- triebssicher trägt. Gleiches muss gewährleistet sein, wenn ein Radsatz mit zulässigen Maßen ein Gleis mit Mindestspurweite befährt. Hier stellt die EBO die technische Einheit zwischen Gleis und Radsatz sicher. Soweit die EBO für Bahnanlagen und Fahrzeuge keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, müssen diese nach § 2 den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Dabei handelt es sich vor allem um Druckschriften (Abschnitt 2.2.3) sowie um DIN-Normen, VDV-Schriften (VDV: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) und weiteren technischen Regelwer- ken. Für NE-Bahnen haben die meisten Bundesländer die Verordnung über den Bau und Betrieb von Anschlussbahnen (BOA) erlassen. Im Saarland und in Bayern gilt hingegen die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbahnen (EBOA). 2.12 Rechtsgrundlagen

Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), Auswahl § Titel Inhalt Erster Abschnitt: Allgemeines 1 Geltungsbereich Anwendung auf alle regelspurigen Eisenbahnen Einteilung der Strecken in Haupt- und Nebenbahnen 2 Allgemeine Anforderungen Sicherheit und Ordnung, Befolgung der anerkannten Regeln der Technik 3 Ausnahmen, Genehmigungen Erteilung durch das Bundesministerium für Verkehr, Eisenbahnbundesamt, Länderbehörden Zweiter Abschnitt: Bahnanlagen 4 Begriffserklärungen Definitionen von Bahnanlagen 5 Spurweite Definition und Grundmaße 6 Gleisbogen Mindestmaße, Überhöhung 7 Gleisneigung Höchstmaße 8 Belastbarkeit des Oberbaus und der Bauwerke 9 Regellichtraum Definition und Grundmaße 10 Gleisabstand Mindestmaße 11 Bahnübergänge Zulässigkeit, technische Ausrüstung und Sicherung 12 Höhengleiche Kreuzungen von Zulässigkeit Schienenbahnen 13 Bahnsteige, Rampen Mindestabmessungen, Bahnsteighöhe 14 Signale und Weichen Sicherungsprinzipien 15 Streckenblock und Zugbeeinflus- Notwendigkeit sung 16 Fernmeldeanlagen 17 Untersuchen und Überwachen der Bahnanlagen Dritter Abschnitt: Fahrzeuge 18 Einteilung, Begriffserklärung Regelfahrzeuge und Nebenfahrzeuge Triebfahrzeuge und Wagen 19 Radsatzlasten und Fahrzeugge- Zulässigkeit wichte 21 Räder und Radsätze zulässige Maße 22 Begrenzung der Fahrzeuge Bezugslinien 23 Bremsen Ausrüstungsanforderungen 24 Zug- und Stoßeinrichtungen Ausrüstungsanforderungen 25 Freie Räume und Bauteile an den Mindestmaße und Anforderungen Fahrzeugenden 28 Ausrüstung und Anschriften Ausrüstungsanforderungen der Fahrzeuge 32 Abnahme und Untersuchung der Notwendigkeit Fahrzeuge Vierter Abschnitt: Bahnbetrieb 34 Begriff, Art und Länge der Züge Definitionen der Zugarten 35 Bremsen der Züge zulässige Bremswege 36 Zusammenstellen der Züge Anforderungen an die Züge bzgl. Zusammenstellung und Gewicht 37 Ausrüsten der Züge mit Mitteln Notwendigkeit zur ersten Hilfeleistung 38 Fahrordnung Rechtsfahrgebot und dessen Ausnahmen 39 Zugfolge „Die Folge der Züge wird durch Zugfolgestellen, die Reihenfolge durch Zugmeldestellen geregelt“ 40 Fahrgeschwindigkeit zulässige Geschwindigkeiten 42 Rangieren, Hemmschuhe Bedingungen für Rangieren. Höchstmaß für Hemm- schuhe 43 Sichern stillstehender Fahrzeuge Notwendigkeit Fünfter Abschnitt: Personal 47 Betriebsbeamte Definition und Aufgabenfelder 48 Anforderungen an Betriebsbeam- physische Voraussetzungen an Betriebsbeamte te Sechster Abschnitt: Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet der Bahnanlagen 63 Verhalten auf dem Gebiet der Sicherheitsbestimmungen Bahnanlagen 64 Beschädigen der Bahn und Verbot solcher Handlungen, Auflistung von Ord- betriebsstörende Handlungen nungswidrigkeiten Tab. 2.3 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung Rechtsgrundlagen 2.13

2.5 Druckschriften und Module der DB AG

Für die eigene Dienstdurchführung hat die DB AG selbst eine Vielzahl innerdienstlicher Vorschriften herausgegeben, die sog. Druckschriften (DS). Nach der Bahnstrukturreform wurden viele dieser Druckschriften neu verfasst, überarbeitet und den neuen Konzernstrukturen angepasst. Die Druckschriften (DS) sind nun Bestandteil der bautechnischen Regel- werke der DB AG. Die bautechnischen Regelwerke der DB AG sind im Rahmen anderer bautechnischer Regeln auf die Belange der DB AG spezifiziert. Die An- wendbarkeit dieser Regelwerke der DB AG außerhalb der DB AG ist vom Anwender zu prüfen und zu verantworten. Für den Bau- und Betriebs- dienst sind folgende Richtlinien von Interesse (Auswahl): • DS 301 Signalbuch • DS 408 Fahrdienstvorschriften • DS 800 Bahnanlagen entwerfen, mit mehreren Teilheften in mo- dularer Form: - Allgemeine Entwurfsgrundlagen - S-Bahnen - Neubaustrecken - Rangierbahnhöfe - Personenverkehrsanlagen - Bahnhofsvorplätze, P+R • DS 804 Eisenbahnbrücken und sonst. Ingenieurbauwerke • DS 815 Bahnübergänge entwerfen und instandhalten • DS 820 Oberbaurichtlinien • DS 853 Eisenbahntunnel planen, bauen und instandhalten 2.14 Rechtsgrundlagen

2.6 Straßenbahnen in der Gesetzgebung

In Deutschland besteht im Schienenverkehr eine strikte rechtliche Tren- nung zwischen Eisenbahnen und Straßenbahnen . Beide Bereiche ha- ben jeweils eigene, voneinander unabhängige Regelwerke. Die Eintei- lung erfolgt in der Literatur meist in Bahnen, die nach EBO (Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung) oder BOStrab (Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen) betrieben werden. Das Gegenstück zum AEG ist für Hoch- und U-Bahnen, Stadt- und Stra- ßenbahnen, Schwebebahn, Kabinenbahnen und Busse das Personenbe- förderungsgesetz (PBefG) vom 27.12.93. Darin heißt es in § 8 : „Öffentli- cher Personennahverkehr ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen in Linienverkehren, wenn diese die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr (Mehrzahl der Reisen unter 50 km oder einer Stunde Dauer) befriedigen." Weitere Merkmale sind die Be- triebs- und Beförderungspflicht. Unter Berufung auf § 57 PBefG hat der Bundesminister für Verkehr die Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab) erlassen. Die BOStrab stellt das Gegenstück zur EBO für Straßenbahnen dar und be- inhaltet als Schwerpunkt die Gewährleistung der Betriebssicherheit. Die Anwendungsbereiche sind auszugsweise in folgende Abschnitte unter- teilt: • Allgemeines • Betriebsleitung • Betriebsbedienstete • Betriebsanlagen • Fahrzeuge • Betrieb • Verfahrensvorschriften

In Punkten, für die die BOStrab keine ausdrücklichen Vorschriften ent- hält, regelt § 2 das weitere Vorgehen: „Betriebsanlagen und Fahrzeuge müssen so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Diese Anforde- rungen gelten als erfüllt, wenn Betriebsanlagen und Fahrzeuge nach den Vorschriften dieser Verordnung, nach den von der Technischen Auf- sichtsbehörde und von der Genehmigungsbehörde getroffenen Anord- nungen sowie nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ge- baut sind und betrieben werden.“ Die Genehmigungsbehörden stellen die Regierungspräsidenten und Be- zirksregierungen dar, die Technischen Aufsichtsbehörden (TAB) werden von den Landesregierungen eingesetzt. Bei den anerkannten Regeln der Technik handelt es sich in erster Linie um Richtlinien, die zwingend eingehalten werden müssen, sofern auf besondere Nachweise verzichtet werden soll. Beispielhaft seien hier ge- nannt: • Richtlinien für die Trassierung von Bahnen nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab- Trassierungsrichtlinien) • Vorläufige Richtlinien für die Bemessung des lichten Raumes von Bahnen nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Stra- ßenbahnen (BOStrab-Lichtraum-Richtlinien) Des Weiteren gelten als anerkannte Regeln der Technik beispielsweise auch DIN- bzw. Euronormen (DIN EN), VDE-Bestimmungen (VDE: Ver- Rechtsgrundlagen 2.15

band Deutscher Elektrotechniker), VDV-Schriften und Unfallverhütungs- vorschriften. 2.16 Rechtsgrundla gen

Straßen- Stadt- Stadtschnellbahnen bahnen bahnen U-Bahnen S-Bahnen

Rechtsgrundlage PBefG / BOStrab AEG / EBO zwischen Stadt und Verkehrsaufgabe innerstädtischer Verkehr Region Teilnahme am öffentli- chen Straßenverkehr Regelfall Ausnahme nein nein nach StVO bevorrechtig- i.d.R. be- kreuzungs- linienreine Trasse; ter Fahrweg sonderer freie Trasse im Außenbereich Bahnkörper angestrebt oder unab- auch Nutzung von hängiger Eisenbahntrassen im Bahnkörper Mischbetrieb Betrieb Taktfahrplan mit kurzen Taktintervallen

Tab. 2.4 Ausgewählte Unterscheidungskriterien städtischer Bahnen

Straßenbahnen im Sinne der BOStrab umfassen auch Stadt- und U- Bahnen sowie städtische Bahnen besonderer Bauart (z.B. die Wupperta- ler Schwebebahn). Die juristische Zusammenfassung von Straßen- und U-Bahnen liegt in der Historie begründet, da in Deutschland Stadt- und U-Bahnsysteme oft aus vorher bestehenden Straßenbahnnetzen heraus entwickelt wurden. Außerdem dienen alle diese Systeme städtischen Verkehrsbedürfnissen und weisen daher gegenüber regulären Eisenbah- nen signifikante Unterschiede auf, z.B. geringere Geschwindigkeiten, Mitnutzung öffentlicher Räume, engere Trassierungen, dichtere Zugfol- gezeiten und engere Stationsabstände. S-Bahnen sind Eisenbahnen. In der historischen Entwicklung sind S- Bahnen aus dem allgemeinen Eisenbahnverkehr hervorgegangen, der Übergang ist fließend. Es wird Eisenbahninfrastruktur, verbreitet im Mischbetrieb mit anderen Zügen, genutzt. In vielen Fällen wird ein eigene Infrastruktur für die S-Bahn angestrebt: demzufolge werden einzelne Gleise für die S-Bahn reserviert, können und dürfen jedoch durchaus von anderen Zügen genutzt werden. Eine Übersicht städtischer Bahnsysteme ist in Tab. 2.4 dargestellt. Übergänge von Bahnsystemen sowohl auf Eisenbahnstrecken (nach EBO) als auch auf Straßenbahnstrecken (nach BOStrab) werden nur vereinzelt durchgeführt. Bekannt geworden ist das so genannte „Karlsru- her Modell“: Dort wurden die regionalen Eisenbahnstrecken mit den in- nerstädtischen Straßenbahnstrecken verbunden, damit umsteigefreie Verbindungen aus dem Umland bis ins Stadtzentrum angeboten werden können. Die eingesetzten Fahrzeuge entsprechen sowohl den Forderun- gen von BOStrab und StVO als auch der EBO. Nachdem der Erfolg des Angebotes einer umsteigefreien Verbindung zwischen Region und Innen- stadt alle Erwartungen übertraf, gewinnt die Idee der Verknüpfung von unterschiedlichen Bahnsystemen an Bedeutung. Rechtsgrundlagen 2.17

2.7 Gesetzliche Grundlagen im Überblick

Bei dem Betrieb von Bahnsystemen sind folgende rechtliche Grundlagen von Bedeutung:

GG Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (23.5.1949/5.11.1995) DBGrG Deutsche Bahn Gründungsgesetz (27.12.93) AEG Allgemeines Eisenbahngesetz (27.12.93) RegG Gesetz zur Regionalisierung des ÖPNV (Regionalisie- rungsgesetz) (27.12.93) PBefG Personenbeförderungsgesetz (8.8.90/27.12.93) EBO Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (8.5.67/27.12.93) EBOA Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbah- nen (3.3.83 Bayern; 25.9.85 Saarland) BOA Verordnung über den Bau und Betrieb von Anschluss- bahnen (andere Bundesländer) ESBO Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Schmalspur- bahnen (25.2.72) ESO Eisenbahn-Signalordnung (7.10.59/1.8.94) EVO Eisenbahn-Verkehrsordnung (8.9.38/27.12.93) BOStrab Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbah- nen (1965/11.12.87) LEG Landeseisenbahngesetze (aller Bundesländer mit Aus- nahme von Hamburg)

Eisenbahn Straßenbahn AEG PBefG Allgemeines Eisenbahngesetz Personenbeförderungsgesetz

EBO 1 BOStrab Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung Bau- und Betriebsordnung für Stra- ßenbahnen ESO 1 StVO² Eisenbahn-Signalordnung Straßenverkehrsordnung EVO 1 Eisenbahn-Verkehrsordnung Baurichtlinien der DB AG (DS) Baurichtlinien für Bahnen nach Baurichtlinien nichtbundeseigener BOStrab Eisenbahnen 1 spezielle Verordnungen für nicht öffentliche Bahnen ² nur für Bahnen, die am öffentlichen Verkehr teilnehmen Tab. 2.5 Gegenüberstellung der Regelwerke für Eisen- und Straßenbahnen 2.18 Rechtsgrundlagen

Güter- und Personenverkehr Personenverkehr

nicht öffentlich öffentlich

Eisenbahnen Fahrzeuge nehmen am Stra- ßenverkehr nicht bundeseigen bundeseigen

NE-Unternehmen DB AG nicht teil teil

Werksbahnen, Regionalbahnen, Fernbahnen, Hoch- und Unter- Straßenbahnen Industriebahnen, Nahverkehrs- Regionalbahnen, grundbahnen, Hafenbahnen, bahnen, einige Nahverkehrsbahnen, Bahnen bes. Anschlussbahnen Industriebahnen, S-Bahnen Bauart Hafenbahnen Stadtbahnen GG und AEG PBefG ÖPNV-Gesetze der Länder LEG DBGrG

Regionalisierungsgesetz BOA EBOA EBO und ESBO BOStrab BOStrab und ESO und EVO Straßenver- kehrsordnung (StVO)

Tab. 2.6 Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelwerke

Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.1

3 Spurweite, Fahrraumbegren- zung und Gleisabstände

3.1 Spurgeführte Systeme

Die Verkehrsträger sind in spurgeführte und freie Systeme zu unterteilen. Zu den mechanisch spurgeführten Systemen zählen alle Bahnen. Dabei überwiegen insbesondere bei Nah- und Fernverkehrsbahnen die auf der Rad-Schiene-Technik beruhenden Reibungsbahnen (Adhäsionsbahnen) bei weitem. Bei dieser Spurführungstechnik übernehmen Rad und Schie- ne das Abstützen des Fahrzeuges (Tragen), gewährleisten durch den Formschluss zwischen Rad und Schiene das Weiterleiten seitlicher Be- schleunigungskräfte vom Fahrzeug auf den Fahrweg (Führen) und über- tragen Brems- und Antriebskräfte (Antreiben, Tab. 3.1).

Tragen: Abstützung des Fahrzeuggewichtes Führen: Spurhaltung der Fahrzeuge Antreiben: Übertragung der zur Bewegung notwendigen Kräfte

Tab. 3.1 Aufgabenzuordnung bei der Rad-Schiene-Technik

Schienenbahnen sind aufgrund der geringen Rollreibung zwischen Rad und Schiene im Vergleich zu gummibereiften Straßenfahrzeugen besser geeignet, große Lasten mit geringem Energieaufwand zu befördern. Im Hinblick auf die räumliche Anpassungsfähigkeit an die Verkehrsnachfra- ge sind Schienenbahnen durch den Aufwand der Verkehrsanlagen we- sentlich eingeschränkter als der individuelle Straßenverkehr. Mit her- kömmlicher Rad-Schiene-Technik können nur geringe Neigungen bis ca. 4 % ohne erhebliche betriebliche Einschränkungen bewältigt werden. Größere Neigungen sind in Einzelfällen befahrbar, senken jedoch die maximale Zuglast und erfordern besonders traktionsstarke Triebfahrzeu- ge und leistungsfähige Bremsen. Extreme Steigungen können nur mit anderen Antriebstechniken, wie Zahnrad- oder Seilbahnen überwunden werden. Durch die Spurführung können mehrere Fahrzeuge zu langen Zügen zusammengekuppelt werden und im Vergleich zu handgelenkten Syste- men mit geringem Personalaufwand betrieben werden. Darüber hinaus kann die Transportleistung auf kleinen Verkehrsflächen erbracht werden, und es wird durch die Spurführung ein hohes Maß an Sicherheit erreicht. 3.2 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

3.2 Spurweite

Der Begriff der Spurweite ( Fehler! Ungültiger Eigenverweis auf Text- marke. ) wird definiert als der kleinste Abstand der inneren Schienenköp- fe im Bereich von 0 bis 14 mm (bei Normal- und Breitspurbahnen) bzw. 0 bis 10 mm (bei Schmalspurbahnen) unter der Schienenoberkante. Unter- schieden wird zwischen Normalspur (1435 mm), Breitspur (> 1435 mm) und Schmalspur (< 1435 mm). Der Begriff Regelspur bezeichnet die in einem Land vorherrschende bzw. für die Hauptlinien des Landes relevan- te Spurweite. Als Stützweite wird der Abstand der Schienenmitten bezeichnet.

Lauffläche

Spurkranz

Fahrkante

Spurspiel d Spurmaß S m Spurweite S

Stützweite s w

Spurspiel d = S - S m Abb. 3.1 Spurweite, Spurmaß, Spurspiel und Stützweite, schematische Dar- stellung Schienen werden im Abstand der Spurweite verlegt. Abweichend dazu bezeichnet das Spurmaß den Abstand zweier definierter Punkte am Übergang von der Hohlkehle zum Spurkranz der Räder eines Radsatzes. Die Differenz zwischen Spurweite und Spurmaß ist das Spurspiel , dies bezeichnet also den Wert, um den sich ein auf der Schiene stehender Radsatz in Querrichtung verschieben kann. Zur Vermeidung von Zwängungen zwischen dem Spurkranz und der Schiene ist das Spurspiel unerlässlich, es bestimmt außerdem das Maß der Schienenkopfabnutzung und damit den Unterhaltungsaufwand. Im Netz der DB AG kommen folgende Maße zur Anwendung: • Spurweite s: 1435 mm (Normalspur)

• Spurmaß s m: 1410 bis 1426 mm

• Spurspiel δ: 9 bis 25 mm (s - s m)

• Stützweite s w: 1500 mm

3.2.1 Normalspur Weltweit am weitesten verbreitet ist die Normalspur. Das Maß der Spur- weite beträgt 1435 mm, daraus ergibt sich eine Stützweite von 1500 mm. Dieses Maß gilt seit dem Berner Abkommen von 1886 als europäische Regelspur. Die weltweite Verbreitung der 1435 mm-Spurweite und ihr Status als Normalspur lässt sich dadurch erklären, dass während der Anfangszeit des Eisenbahnwesens des 19. Jahrhunderts alle Lokomotiven von George Stephensons Lokomotivfabrik gefertigt und in verschiedene Län- Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.3

der Europas sowie in die vereinigten Staaten exportiert wurden. Dadurch wurde dieses Maß für den Streckenbau vorgegeben, da einerseits die betreffenden Staaten noch nicht über die Fähigkeiten verfügten, selber Lokomotiven zu bauen, und andererseits Stephenson auf dem Maß einer Spurweite von 1435 mm bestand. In Deutschland gelten für alle nach der EBO betriebenen Bahnen laut folgende Grenzmaße der Spurweite für die Ausführung von Normalspur- gleisanlagen (EBO § 5, Anlage 6): • Mindestmaß: 1430 mm • Höchstmaß: 1465 mm für Hauptgleise 1470 mm für Nebengleise In sehr engen Gleisbögen muss die Spurweite abhängig vom Kurven- halbmesser vergrößert werden, damit Zwängungen vermieden werden können. Hier gelten deshalb abweichend folgende Mindestwerte für die Spurweite:

Bogenradien [m] minimale Spurweite [mm] unter 175 bis 150 1435 unter 150 bis 125 1440 unter 125 bis 100 1445

Tab. 3.2 Spurweiten in Gleisbögen nach EBO § 5

3.2.2 Breit- und Schmalspur Gründe für die Wahl einer größeren Spurweite finden sich in der Verbes- serung des Fahrkomforts sowie in der Vergrößerung des Fassungsver- mögens. In Europa setzte sich aus Gründen einer flexiblen und länderübergreifen- den Betriebsführung die Normalspur durch. Neben der Verwirklichung des Netzgedankens ist darüber hinaus eine einheitliche Spurweite Grundlage einer normierten und damit kostengünstigen Serienanferti- gung von Bahnmitteln. Lediglich an der Peripherie Europas sind auch heute noch nennenswerte Breitspurnetze anzutreffen, einerseits in Irland (1600 mm) und andererseits auf der iberischen Halbinsel; dort beträgt das Maß der Regelspur 1676 mm („kastilische Breitspur“). Ebenfalls ver- breitet ist die kastilische Breitspur in Lateinamerika und auf dem indi- schen Subkontinent. Das weltweit am weitesten verbreitete Breitspurmaß ist die russische Breitspur mit 1520 (früher 1524) mm, welche in allen Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR sowie in Finnland Anwendung findet. Bemer- kenswert ist die bis 1892 von der britischen Great Western Railway ge- nutzte Breitspur von 2140 mm. Im Südwesten Englands wurde ein um- fangreiches Netz in dieser Spurweite erbaut, welches auch die erste Strecke der Londoner U-Bahn umfasste. Die leistungsfähigere Breitspur konnte sich jedoch gegenüber der weit verbreiteten Normalspur nicht durchsetzen, so dass diese Strecken an das übrige Netz angepasst wur- den. Bei neuen und in sich geschlossenen Bahnsystemen kann die Spurweite losgelöst vom bestehenden Eisenbahnnetz der Umgebung gewählt wer- den. Daher gibt es auch neuere Anwendungsbeispiele, wo aus Komfort- gründen abweichende, breitere Spurweiten verwendet wurden. Bekannt in dieser Hinsicht ist das „Bay Area Rapid Transit“-System (BART) in San Francisco, eine Stadtschnellbahn auf 1676 mm-Spur. 3.4 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

Gründe für den Bau schmalspuriger Bahnen waren dagegen in erster Linie eine kostengünstigere Bauweise, bei der sämtliche Trassierungspa- rameter abgemindert wurden, insbesondere Lichtraumprofil, Achsdrücke und Kurvenradien. In Europa wurden zahlreiche Anschluss- und Klein- bahnen, die keine überregionalen Verkehrsbeziehungen abdeckten, in Schmalspur gebaut. Verbreitung fand hier vor allem die Meterspur sowie Maße um 750 mm, vereinzelt wurden auch Spurweiten von 900 mm und 1100 mm gewählt. Heute bestehen in Europa wie bei den Breitspurbah- nen nur noch an der Peripherie (Spanien, Griechenland) und in den Schweizer Alpen größere zusammenhängende Schmalspurnetze. Besondere Bedeutung hat die Schmalspur bis heute vor allem in Stra- ßenbahnnetzen, besonders verbreitet ist dort die Meterspur. Neben dem preiswerteren Gleisbau begünstigte auch die mögliche Streckenführung durch enge Straßen die Wahl der Schmalspur. Außerdem wurde bei zahl- reichen Kleinbahnkonzessionen, aus denen häufig Straßenbahnbetriebe hervorgingen, die Schmalspur vorgeschrieben, um Konkurrenz zur Staatsbahn zur unterbinden. Umspurungen bestehender Schmalspurbahnen auf die betreffende Re- gelspur waren und sind eher selten. Straßenbahn- bzw. Stadtbahnbetrie- be, die ihr Netz zumindest teilweise auf Normalspur umgebaut haben, finden sich im mittleren Ruhrgebiet (Essen, Bochum, Mülheim/Ruhr), vollständig auf Normalspur umgestellt wurden die Netze in Duisburg, Chemnitz und Stuttgart. Beachtenswert ist in dieser Hinsicht das Stuttgarter Stadtbahnnetz. Seit 1985 wurde dieses Netz kontinuierlich von Meterspur auf Normalspur umgestellt und zur Stadtbahn ausgebaut. Dazu wurden fast alle Strecken neu trassiert und mit Dreischienengleis für beide Spurweiten versehen. In der Folge wurde für mehrere Jahre ein Mischbetrieb (Linienweise) durch- geführt. 2007 wurde die letzte Schmalspurlinie eingestellt.

3.2.3 Fahrzeuge für verschiedenen Spurweiten Prinzipiell gibt es vier Möglichkeiten für „spurweitenübergreifenden“ Ver- kehr. In Europa kommen alle vier zur Anwendung. • Umladen der Güter bzw. Umsteigen der Fahrgäste • Weitertransport der Waggons auf Untergestellen • Auswechseln der Drehgestelle der Waggons • automatische Umspurung der Fahrzeuge

Anwendung findet der Weitertransport der Waggons auf Untergestellen („Rollböcke“) normalerweise für den Weitertransport einzelner Güterwa- gen auf in der Regel kürzeren Anschlussbahnen mit abweichender, meist schmalerer Spurweite. Zu beachten ist die Profilfreiheit, da Abweichun- gen zum vorgegebenen Lichtraumprofil auftreten können. Außerdem gelten Einschränkungen in Länge und Gewicht der beförderten Waggons, oft können nur zweiachsige Fahrzeuge befördert werden. Auf der Seite der Infrastruktur ist lediglich eine Vorrichtung erforderlich, die es ermög- licht, zu transportierende Fahrzeuge auf die Rollböcke zu schieben. In Deutschland ist diese Betriebsform kaum noch vorzufinden. Bei größeren zurückzulegenden Entfernungen kann eine Umspurung der Waggons durch Austausch der Drehgestelle wirtschaftlich sein. Hierzu sind jedoch entsprechende Anlagen notwendig. Die Wagenkästen der umzuspurenden Fahrzeuge müssen zunächst angehoben werden, an- schließend können die Drehgestelle ausgetauscht und die Wagenkästen wieder abgesenkt werden. Spurweite, Fa hrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.5

Anwendungsbeispiele sind die französisch-spanische Grenze (Bahnhöfe Irun / Hendaye sowie Port Bou / Cérbére, Wechsel von 1435 mm auf 1676 mm), die schwedisch-finnische Grenze (Haparanda, Wechsel von 1435 mm auf 1520 mm) sowie diverse Stationen an der Grenze der ehemaligen Sowjetunion. Dieses Verfahren ist jedoch aufwändig und zeitraubend. Darüber hinaus müssen an den Übergangsstellen jeweils ausreichend Wechseldrehgestelle für die umzuspurenden Wagen vor- gehalten werden. Bei einer automatischen Umspurung sind besondere Fahrzeuge notwen- dig, die eine schnelle, sichere und wirtschaftliche Spurmaß-Anpassung der Radsätze ermöglichen. Verwirklichung findet diese Möglichkeit bei- spielsweise bei zahlreichen Fahrzeugen der spanischen Eisenbahnen (RENFE), welche einerseits für den grenzüberschreitenden Verkehr nach Frankreich und andererseits für den Verkehr auf der normalspurigen Schnellbahnstrecke Madrid - Sevilla mit anschließendem Übergang auf das spanische Breitspurnetz eingesetzt werden. Die Umspurung ist voll- ständig mechanisiert und wird mittels Durchfahren einer Umspuranlage, in der alle Radsätze zunächst von der Achse gelöst, dann neu justiert und schließlich wieder auf der Achse fixiert werden, durchgeführt. Der Vorgang findet im Schritttempo statt und dauert, abhängig von der Zahl der Achsen des Zuges, nur wenige Minuten. Spurwechselradsätze für Triebfahrzeuge sind noch in der Betriebserprobung. Auch hier entspricht die Spurwechsel-Mechanik der bewährten Technik der Talgo-Züge. Ein ähnliches Verfahren soll zukünftig auch in Japan zum Übergang von Zü- gen aus dem schmalspurigen Altnetz auf die normalspurigen Hochge- schwindigkeitsstrecken genutzt werden.

3.2.4 Gleise für verschiedenen Spurweiten Sollen Gleisanlagen von Fahrzeugen verschiedener Spurweiten befahren werden, so müssen diese mit Fahrschienen für beide Spurweiten ausges- tattet werden. Häufig kann eine Fahrschiene gemeinsam genutzt werden. Auf der anderen Gleisseite werden dann zwei parallele Schienen im Ab- stand der entsprechenden Spurweiten verlegt. Auf diese Weise entsteht ein Dreischienengleis Unter bestimmten Bedingungen kann es auch notwendig werden jeder Spurweite zwei besondere Schienenpaare zuzuordnen, so kommen Vier- schienengleise zur Anwendung. Die Gleise der verschiedenen Spurwei- ten sind in diesem Fall meist „ineinander“ verlegt. Die Bauart von Mehrschienengleisen ist jeweils verschieden und den konkreten Anforderungen angepasst. Weichen und Gleiskreuzungen in Mehrschienenbauart erfordern einen hohen Bau- und Unterhaltungsauf- wand und sind in jedem Fall Einzelanfertigungen. 3.6 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

3.3 Fahrzeugbegrenzung

Die auf Gleismitte und Schienenoberkante bezogene äußere Begrenzung der Höhen- und Breitenabmessungen der Schienenfahrzeuge wird Fahr- zeugbegrenzung genannt. Diese Fahrzeugbegrenzung ist erforderlich, da an beiden Seiten und über dem Gleis nur ein beschränkter lichter Raum freigehalten wird. Nach der früher verwendeten statischen Methode durfte die Fahrzeugbe- grenzungslinie von keinem Fahrzeugteil einschließlich der Ladung bei Stillstand des Fahrzeugs im geraden Gleis überschritten werden. Die Tatsache, dass es in der Vergangenheit bei mehreren europäischen Bahnverwaltungen zu Berührungen zwischen den Fahrzeugen und festen Anlagen gekommen ist, obgleich sowohl die Fahrzeugbegrenzung als auch die Lichtraumprofile eingehalten wurden, veranlasste den Internati- onalen Eisenbahnverband UIC, ein neues Verfahren zu entwickeln. Da- nach werden Fahrzeugbegrenzungslinien nicht mehr wie bisher von ste- henden, sondern vom sich bewegenden Fahrzeug ausgehend ermittelt. Die für die Einschränkungsberechnung verwendete kinematische Be- trachtungsweise nach UIC-Kodex 505 berücksichtigt nun zusätzlich die quasistatische Seitenneigung aus ungleichmäßiger Setzung der Tragfe- der, dem Querspiel zwischen Fahrzeugaufbau und den Radsätzen sowie den veränderten Fahrzeughöhen infolge ungleichmäßiger Abnutzung der Radsätze im Gegensatz zur früher verwendeten statischen Methode. Die gültigen Fahrzeuggrenzlinien, die unter dynamischen Einwirkungen nicht überschritten werden dürfen, sind in der EBO Anlage 7 und 8 aufge- führt: • G1 für Fahrzeuge, die auch im grenzüberschreitenden Verkehr ein- gesetzt werden (Abb. 3.2), • G2 für Fahrzeuge, die nicht im grenzüberschreitenden Verkehr ein- gesetzt werden (Abb. 3.3).

Abb. 3.2 Bezugslinie G1 (Maße in mm)

Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.7

Abb. 3.3 Bezugslinie G2 (Maße in mm)

Abb. 3.4 Fortsetzung Bezugslinie G1 und G2 für die unteren Teile der Fahr- zeuge ausgenommen besetzte Personenwagen (Maße in mm) Wird die Fahrzeugbegrenzung in Ausnahmefällen überschritten, so kann eine Beförderung als so genannte „Lademaßüberschreitung“ (Lü) durch- geführt werden, sofern nicht z.B. bauliche Gründe dagegen sprechen. In diesen Fällen deklariert man solche Fahrzeuge als Lü-Wagen, die einer besonderen fahrdienstlichen Behandlung unterliegen. Auch unter den Gesichtspunkten eines besseren Komforts in Fahrzeugen des Fernschnellverkehrs einerseits und günstigerer Ein-/Ausstiegsver- hältnisse bei S-Bahnen (verringerter Abstand zwischen Bahnsteigkanten und Fahrzeugen) andererseits sind Überschreitungen der Maße zulässig. Wichtigstes Maß insbesondere bei S-Bahnen ist hierbei die Fahrzeug- breite, da sie vor allem bei quer zur Fahrtrichtung angeordneten Sitzplät- zen deren Anzahl unter Wahrung ausreichender Gangbreiten bestimmt. Für geschlossene Systeme (z.B. U-Bahnen) können andere Überlegun- gen zu speziellen Maßvorgaben führen. Das gilt im Übrigen auch für den Mischbetrieb nach BOStrab und EBO (z.B. Karlsruhe). Für Fahrzeuge, die am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen (Straßen und Stadtbahnen), legt die BOStrab in § 34 nur folgende Fahrzeugab- messungen verbindlich fest und zwar bis zur Höhe von 3,40 m eine größte Breite von 2,65 m, über 3,40 m eine größte Breite von 2,25 m, zulässige Höhe des abgezogenen Stromabnehmers 4,00 m. 3.8 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

3.4 Regellichtraum

Der Regellichtraum ist der zu jedem Gleis gehörende Raum, der für die Durchfahrt der Fahrzeuge unter dynamischen Einwirkungen auf das Fahrzeug (Fahrzeugbegrenzung), bei unregelmäßiger Gleislage (Wech- selwirkung Fahrzeug/Gleis) sowie einschließlich einer Berücksichtigung von Betriebseinwirkungen und eines Sicherheitszuschlages freizuhalten ist und dem ungehinderten und gefahrlosen Bewegen der Fahrzeuge dient. Es gilt:

Fahrzeugbegrenzung + Wechselwirkung Fahrzeug/Gleis + Sicherheitszuschlag + Raum für betriebliche Zwecke + Raum für bauliche Zwecke = Regellichtraum

Unter Wechselwirkungen Fahrzeug/Gleis versteht man u.a. Verschiebun- gen infolge der Stellung eines Fahrzeugs im Gleisbogen unter Berück- sichtigung der Spurweite des Gleises, Verschiebungen aus quasistati- scher Seitenneigung, die sich beim Stand eines Fahrzeugs in einem Gleis mit Überhöhung ergibt, zufallsbedingte Verschiebungen aus Gleis- lageunregelmäßigkeiten sowie Schwingungen infolge Wechselwirkungen zwischen Fahrzeug und Gleis. In den Lichtraumprofildarstellungen werden Fahrzeugbegrenzung, Wech- selwirkung Fahrzeug/Gleis, betriebliche Faktoren sowie der Sicherheits- zuschlag berücksichtigt. Der von der Grenzlinie umschlossene Regellicht- raum kann teilweise durch zusätzliche Räume für bauliche Zwecke (in den Lichtraumprofilen als Raum (A) und (B) gekennzeichnet) nach einer Sicherheitsprüfung in Anspruch genommen werden. Die Umgrenzung des lichten Raumes bestimmt u.a. • den erforderlichen Abstand benachbarter Gleise,

• den Abstand fester Gegenstände vom nächstgelegenen Gleis,

• die Mindesthöhe der Unterkante von Überführungsbauwerken über Schienenoberkante,

• die Querschnittsabmessungen von Tunneln. Im Netz der Deutschen Bahn AG findet man: • Regellichtraum nach EBO,

• erweiterten Regellichtraum nach EBO

• Lichtraumprofil GA, GB sowie GC nach UIC (DS 800.0130),

• Sonderlichträume (z.B. EBOA). Bei umfassenden Umbauten an vorhandenen Strecken und bei Neubau- strecken muss das Lichtraumprofil GC (Abb. 3.5) hergestellt werden, bei sonstigen Baumaßnahmen ist es anzustreben. Es wurde nach der in den UIC-Merkblättern 505-4 und 506 geregelten kinematischen Berech- nungsweise entwickelt und enthält Reserven für die Hebung des Ober- baus durch Instandhaltungsmaßnahmen und einen Zuschlag von 25 mm Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.9

für die Ausrundung von Neigungswechseln mit einem Ausrundungsradius von r a = 2000 m. Darüber hinaus sind zwei weitere Begrenzungslinien GA und GB definiert worden, die für Ausbaumaßnahmen im internationalen Bereich ange- wendet werden sollen. Die Untersuchungen des DB AG-Streckennetzes haben ergeben, dass die Grenzlinie GA überall eingehalten worden ist, wenige Engstellen für GB bestehen und GC weitgehend mit dem erwei- terten Regellichtraum nach EBO übereinstimmt, also nach und nach rea- lisiert werden kann. Für die Beseitigung kinematischer Engstellen kommen in Frage: • betriebliche Maßnahmen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen)

• bauliche Maßnahmen (z.B. veränderte Überhöhungen, Vergrößerung der Gleisabstände)

• Unterhaltungsmaßnahmen (z.B. Begrenzung der Oberbautoleranzen)

(A) Zwischen Streckengleisen und durchgehenden Hauptgleisen darf dieser Raum für die Streckenausrüstung genutzt werden. (B) Raum für bauliche Anlagen, wie z.B. Bahnsteige, Rampen, Rangiereinrichtungen, Signalanlagen. Die jeweiligen Einbaumaße sind in den entsprechenden Baurichtlinien angegeben. Bei Bauarbeiten dürfen auch andere Gegenstände hineinragen (z.B. Baugerüste, Baugeräte, Baustoffe), wenn die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen sind. Diese können z.B. das Vorhandensein der jeweiligen Grenzlinie für fes- te Anlagen (=Mindestlichtraum), der Ausschluss von Lü-Sendungen und das Herab- setzen der Geschwindigkeiten sein. Abb. 3.5 Lichtraumprofil GC (Maße in mm, DS 800.0130)

Der S-Bahn-Planung allgemein legt die DB AG das in Abb. 3.6 dargestell- te Lichtraumprofil zugrunde. Werden S-Bahn-Strecken jedoch im Misch- verkehr befahren, so ist auf das gewöhnliche Profil GC auszuweichen. Für die in sich geschlossenen Gleichstrom-S-Bahnsysteme in Berlin und Hamburg (mit Stromschiene) gelten Sonderprofile. 3.10 Spurweite, Fahr raumbegrenzung und Gleisabstände

(A) zwischen Streckengleisen und durchgehenden Hauptgleisen darf dieser Raum für die Streckenausrüstung genutzt werden. (B) Raum für bauliche Anlagen, wie z.B. Bahnsteige, Rampen, Rangiereinrichtungen, Signalanlagen. Die jeweiligen Einbaumaße sind in den entsprechenden Baurichtlinien angegeben. Bei Bauarbeiten dürfen auch andere Gegenstände hineinragen (z.B. Bau- gerüste, Baugeräte, Baustoffe), wenn die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getrof- fen sind. Diese können z.B. das Vorhandensein der jeweiligen Grenzlinie für feste Anla- gen (=Mindestlichtraum), der Ausschluss von Lü-Sendungen und das Herabsetzen der Geschwindigkeiten sein. 1) In Tunneln und in unmittelbar angrenzenden Einschnittsbereichen, sofern besondere Fluchtwege vorhanden sind. Abb. 3.6 S-Bahn-Lichtraumprofil bei Radien r ≥≥≥ 250 m (Maße in mm, DS 800)

Unberücksichtigt ist in den bisher dargestellten Querschnittsprofilen der Regellichtraum bei Oberleitung: Auf elektrifizierten bzw. zur Elektrifizie- rung vorgesehenen Strecken wird eine Regelhöhe von 6,15 m über SO für die Oberleitung bei allen Neubauten und umfassenden Umbauten freigehalten. Die Mindesthöhe, die keinesfalls unterschritten werden soll-

te, beträgt 5,65 m (v e ≤ 200 km/h) über SO. Bei Bahnübergängen ist auf 6,50 m zu erhöhen. Stadtschnell- und Stadtbahnen haben schon deshalb andere Lichträume, weil sie größere Bahnsteighöhen (0,85 bis 0,95 m) und niedrigere Fahr- zeuge (z.B. U-Bahn) besitzen. Für die Berechnung von Profilerweiterun- gen in Kurven werden abhängig von den Konstruktionsmerkmalen der Fahrzeuge (Drehzapfenabstand, Fahrzeuglänge und Fahrzeugbreite) unterschiedliche Maße angegeben. Die BOStrab legt im Gegensatz zu früheren Ausgaben keine Lichträume mehr fest und führt dazu in § 18 (2) nur allgemein aus: „Die Umgrenzung des lichten Raumes sowie die lichtraumtechnisch maßgebenden Merk- male der Fahrzeuge und des Gleises müssen so aufeinander abgestimmt sein, dass es in keinem zulässigen Betriebszustand zu gefährdenden Berührungen zwischen Fahrzeugen und Gegenständen sowie zwischen Fahrzeugen auf benachbarten Gleisen kommen kann.“ Nähere Einzelhei- ten hierzu regeln die BOStrab-Lichtraumrichtlinien. Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.11

3.5 Gleisabstände

Wichtige Hauptmaße für die Dimensionierung von Gleisanlagen leiten sich aus den Maßen der Lichtraumumgrenzungslinie ab. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Abstandsmaße von unmittelbar nebeneinander liegenden Gleisen. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit für die Durchfüh- rung der betrieblichen und verkehrlichen Behandlung von Zügen bzw. Eisenbahnwagen und aus Gründen einer guten Flächenausnutzung wer- den mehrgleisige Bahnhofsanlagen und Strecken grundsätzlich mit paral- leler Führung der Gleisachsen zueinander ausgebildet. Dabei werden weitgehend minimale Gleisabstände gewählt. Es gilt: Der Gleisabstand e [m] ist ein horizontales Abstandsmaß von Gleismitte zu Gleismitte. Auch andere Abstandsmaße zu baulichen Anlagen oder Einrichtungen in Gleisnähe werden stets auf die Gleismitte bezogen. Zwischen zwei be- nachbarten Gleisen kann der Gleisabstand beeinflusst werden durch • die Lichtraumprofile unter Berücksichtigung etwaiger Überhöhungen in Gleisbogen, • verschiedene Einbauten (Masten, Stützen, Zugsicherungseinrichtun- gen, Bahnsteige) und • geschwindigkeitsabhängige Sicherheitsräume (Gefahrenbereiche).

Bei hohen Geschwindigkeiten wirken sich zudem die aerodynamischen Vorgänge gravierend auf die Querschnittsgestaltung aus. In allen Fällen ist jedoch die Einhaltung des Regellichtraums zu gewährleisten.

3.5.1 Gleisabstände auf der freien Strecke Der Mindestgleisabstand gemäß EBO wird durch Addition der halben Breitenmaße der maßgeblichen Grenzlinien bestimmt. Für einige Radien ist er in der Tab. 3.3 angegeben. Die Werte gelten auf der freien Strecke im bestehenden Netz. 3.12 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

Radius Mindestgleisabstand bei einer Geschwindigkeit von [[[km/h ]]] [[[m]]]

160 140 120 100 80 70 60 50 40

2 100 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 1 600 3.54 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 1 300 3.58 3.53 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 1 100 3.61 3.56 3.51 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 950 3.59 3.53 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 850 3.61 3.55 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 700 3.59 3.53 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 600 3.62 3.55 3.50 3.50 3.50 3.50 3.50 500 3.59 3.52 3.50 3.50 3.50 3.50 450 3.61 3.54 3.50 3.50 3.50 3.50 400 3.55 3.52 3.50 3.50 3.50 300 3.61 3.56 3.52 3.50 3.50 250 3.60 3.55 3.51 3.50 225 3.63 3.58 3.56 200 3.71 3.66 3.62 180 3.80 3.74 3.69

Zwischenwerte dürfen geradlinig eingeschaltet werden Tab. 3.3 Mindestgleisabstand zwischen Streckengleisen (EBO § 10)

Auf der freien Strecke sind bei Neu- und Ausbaumaßnahmen in der Ge- rade und im Bogen mit r > 250 m folgende Mindestgleisabstände zu ge- währleisten:

• für Ausbaustrecken mit v max < 200 km/h Mindestgleisabstand mit e min = 4,00 m

• für Neubaustrecken mit v max < 300 km/h Mindestgleisabstand mit e min = 4,50 m

• für S-Bahn-Strecken mit v max < 120 km/h Mindestgleisabstand mit e min = 3,80 m Beim Ausbau vorhandener Strecken kann der Gleisabstand von 4,00 m bei einer Entwurfsgeschwindigkeit bis zu 230 km/h beibehalten werden, falls die erhöhte Geschwindigkeit ausschließlich durch Züge mit aerody- namisch günstigen Eigenschaften (wie der ICE) gefahren wird. Sind für einen Gleiswechselbetrieb zwischen den Streckengleisen Signa- le aufzustellen, ist das Abstandsmaß auf 4,60 m zu vergrößern, sofern nicht auf baulich aufwendige Signalbrücken zurückgegriffen werden soll. Der Mindestwert beträgt 4,50 m, wenn eine genaue Einmessung der Signale garantiert wird. Bei S-Bahnen ist eine weitere Reduzierung mög- lich, falls das kleinere Lichtraumprofil zur Anwendung kommt. Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.13

10

SO SO 50 50

e=4600

Abb. 3.7 Gleisabstand bei Gleiswechselbetrieb (Lichtraumprofil GC) Bei der Bemessung des Gleisabstandes bei Gleisen mit Überhöhung oder der Bemessung des freizuhaltenden Raumes unter Überführungs- bauwerken oder im Bereich von Kunstbauten (z.B. Widerlager, Schall- schutzwände) stehen bei der DB AG Regelzeichnungen zur Verfügung. Für NE-Bahnen sind die Gleisabstände in den Verordnungen der Länder (EBOA) vorgeschrieben. Allgemein beträgt hier der Regelabstand für Neubauten von Regelspurbahnen 4,00 m. Es gibt auch hier viele Sonder- regelungen, die den Verordnungen des jeweiligen Bundeslandes ent- nommen werden können.

Abstand Quelle Bestehende Anlagen 3,50 m EBO § 10 (1) Umfassende Um- und 4,00 m Mindestabstand Neubauten EBO § 10 (2) S-Bahn 3,80 m EBO § 10 (2) Neubaustrecken ve = 300 km/h Schotterbett 4,70 m DS 800.0130 Feste Fahrbahn 4,50 m DS 800.0130 ve =200 km/h 4,50 m DS 800.0130 Gleiswechselbetrieb / Signale 4,50 m DS 800.0130 zwischen den Gleisen

Zwischen Streckengleispaar und drittem Gleis v ≤160 km/h 5,80 m DS 800.0130 160 < v ≤ 200 km/h 6,80 m v > 200 km/h 8,00 m

Tab. 3.4 Wichtige Gleisabstände zwischen Streckengleisen 3.14 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

3.5.2 Gleisabstände im Bahnhof In Bahnhöfen wird der Streckengleisabstand als nicht ausreichend ange- sehen. Stattdessen wählt man ein Mindestmaß von 4,50 m, sofern diese Verbreiterung nicht mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein sollte. Bei einer Signalmastbreite von 0,10 m und ohne Bautoleranz ist so das Aufstellen von Signalen an jeder Stelle möglich. Bei mehreren nebeneinander liegenden Gleisen müssen darüber hinaus Zwischenwege angelegt werden. Dies ist nötig, um im Gleisbereich Be- schäftigten die gefahrlose Ausübung ihres Dienstes zu ermöglichen. Zwi- schenwege oder Sicherheitsräume werden nach jedem zweiten Gleis vorgehalten, soweit keine Mastgassen angeordnet sind. An beiden Au- ßenseiten des Streckenquerschnittes kommen ebenso große Randwege hinzu. Dabei wird eine Breite von 0,8 m als Breitenmaß einer Person zugrunde gelegt. Bahnbeschäftigte halten sich bei folgenden Aufgaben im Gleisbereich auf: • Rangierleiter zum Kuppeln von Fahrzeugen • Wagenmeister zum Untersuchen von Fahrzeugen/Durchführen der Bremsprobe • Wagenreinigungspersonal zum Erreichen der Fahrzeuge in der Ab- stellanlage • Triebfahrzeugführer zum Erreichen ihrer Fahrzeuge, die nicht am Bahnsteig stehen • Gleisbauarbeiter, die bei Vorbeifahrt eines Zuges aus dem Gleisbe- reich treten. Zum gefahrlosen Aufenthalt wird ein Mindestabstand des Menschen von bewegten Fahrzeugteilen definiert. Bezugspunkt ist wiederum die Gleis- achse. Die Mindestabstände werden im Einzelnen in den Richtlinien der Eisenbahnunternehmen festgesetzt. Höchstgeschwindigkeit Mindestabstand Fernbahn > 160 km/h 3,00 m ≤ 160 km/h 2,50 m S-Bahn ≤ 120 km/h 2,30 m Bahnhofsgleise = 50 km/h 2,00 m < 40 km/h 1,85 m

Tab. 3.5 Gefahrenbereichsmaße der DB AG

Abstand Quelle Mindestabstand 4,00 m EBO § 10 Mindestabstand bei Neubau- 4,50 m EBO § 10 ten Signale zwischen den Glei- 4,50 m DS 800.0130 sen Zwischen Bahnhofsgleispaar und drittem Gleis: - zwischen Hauptgleisen 5,80 m DS 800.0130 - zwischen Nebengleisen 4,50 m DS 800.0130

Tab. 3.6 Gleisabstände in Bahnhöfen (Auswahl) Müssen Masten für die Elektrifizierung aufgestellt werden, so können diese im Schutzraum angeordnet werden. Die Mastgasse beeinträchtigt die Schutzfunktion des Bewegungsraums für Personen nicht, da bei Zug- fahrten rechtzeitig Schutz neben den Einbauten gefunden werden kann. Spurweite, Fahrraumb egrenzung und Gleisabstände 3.15

3.6 Fahrbahn-Querschnitte für Vollbahnen

Die aus dem vorhergehenden Abschnitt bekannten Gleisabstände und Abstandsmaße von bewegten Fahrzeugteilen sind in Regelzeichnungen für Streckenquerschnitte auf Erdkörpern im Anhang der DS 800.0130 aufgeführt. Die gängigen Regelquerschnitte sind im Folgenden auszugs- weise dargestellt:

1) Betonschwelle mit l = 2,40 m oder Holzschwelle mit l = 2.60 m 2) gewährleistet ausreichende Fußraumbreite im Sicherheitsraum 3) Die Planumsbreite gilt für beide Schwellenarten. 4) Schotterbreite vor Schwellenkopf 5) Fahrbahnhöhe ohne Maßstab, Maße in m

Abb. 3.8 Zweigleisiger S-Bahn-Streckenquerschnitt auf Erdkörper

3.16 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

Abb. 3.9 Zweigleisiger Streckenquerschnitt auf Erdkörper mit v ≤≤≤ 160 km/h

Abb. 3.10 Zweigleisiger Streckenquerschnitt auf Erdkörper mit 160 km/h < v ≤≤≤ 200 km/h

Abb. 3.11 Zweigleisiger Streckenquerschnitt auf Erdkörper mit v > 200 km/h

Geschwindig- Gleis- Mindestabstand von beidseitiger Rand- Gesamt- keitsbereich abstand bewegten Fahrzeug- weg/Gehspur- breite des ve[km/h] [m] teilen [m] breite [m] Planums [m] ≤ 120 1) 3,80 2,40 2) 0,80 10,20 ≤ 160 4,00 2,50 0,80 10,60 > 160 4,00 3,00 0,80 11,60 > 200 4,50 3,00 0,80 12,10 1) S-Bahn-Strecke 2) erweitert zur Gewährleistung einer ausreichenden Fußraumbreite im Sicherheitsraum Tab. 3.7 Abmessungen von Fahrbahn-Querschnitten in der Geraden

Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.17

vmax ≤≤≤120 km/h vmax ≤≤≤160 km/h vmax ≤≤≤200 km/h vmax >>>200 km/h

Schienenhöhe (UIC 60) 0,17 m 0,19 m 0,22 m 0,24 m Schwellenhöhe Schwelle B 58 Schwelle B 70 Schwelle B 75 Bettungsdicke 0,30 m Regelfall 0,20 m bei schwach befahrenen Gleisen 0,35 m Σ Fahrbahnhöhe Σ 0,66 m Σ 0,69 m Σ 0,76 m

2,40 m (Beton) 2,80 m Schwellenlänge 2,60 m (Holz) 2,60 m (angestrebt)

Schotterbreite vor 0,40 m 0,50 m 0,45 m Schwellenkopf

Neigung 1 : 1,5 Schotterböschung Tab. 3.8 Abmessungen des Gleisbettes

3.7 Fahrbahn-Querschnitte für Straßenbah- nen

Standardisierte Querschnitte und Gleisabstände für Straßenbahnen im Straßenraum werden in den BOStrab-Lichtraum Richtlinien nicht vorge- schrieben und sind entsprechend den jeweilig eingesetzten Fahrzeugen und eventuellen Sicherheitszuschlägen streckenbezogen zu bemessen. Bei Gleisbögen im Verkehrsraum öffentlicher Straßen ist entsprechend der BOStrab zu berücksichtigen, dass der Lichtraumbedarf wegen der bogengeometrischen Fahrzeug-Ausragung auf jeder Seite um höchstens 0,65 m größer sein darf als der Lichtraum in der Geraden. Die „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen“ (RASt 06) gibt ergän- zend Grundmaße für Verkehrsräume von Straßen- und Stadtbahnen an, allerdings sind diese Angaben auf maximale Wagenbreite von 2,65 m bezogen. Die Wagenbreite gängiger straßenabhängiger Bahntypen schwankt in Deutschland zwischen 2,20 m und 2,65 m (Höchstmaß nach § 34 (3) BOStrab). Letzteres Maß ist insbesondere in den Stadtbahnnet- zen anzutreffen. Bestehende, historisch gewachsene Straßenbahnnetze lassen einen Einsatz derart breiter Fahrzeuge jedoch meistens nicht zu, hier kommen oft 2,30 oder 2,40 m breite Fahrzeuge zum Einsatz. Die Grundmaße der RASt 06 ermöglichen bei der Vorplanung von Schienen- wegen in angebauten Siedlungsbereichen eine grobe Abschätzung des Verkehrsflächenbedarfs. Besonderes Augenmerk ist auf die Integration von Schienenwegen in städtischen Siedlungsräumen zu legen.

3.18 Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände

Abb. 3.12 Querschnittsabmessungen für Straßenbahnstrecken (RASt 06); Grundmaße für Verkehrsräume und lichte Räume von Straßenbahnen mit maximaler Fahrzeugbreite (W = 2,65 m) Bei Bahnen, die im Straßenraum verkehren, sind zwei Fälle besonders zu unterscheiden: Beim straßenbündigen Bahnkörper sind die Gleise in die Straßenfahr- bahn bzw. den Gehweg eingebettet. Beim besonderen Bahnkörper erhält die Straßenbahn innerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes ihre eigene Verkehrsfläche, welche vom übrigen Verkehr durch Bordsteine, Leitplanken, Bäume u.ä. getrennt ist. Straßenbündige Bahnkörper können durch Aufpflasterungen, Schräg- bordsteine oder Markierungen von der sonstigen Fahrbahn abgesetzt werden. Sie bleiben so für Straßenfahrzeuge und insbesondere Ret- tungsfahrzeuge in Ausnahmefällen befahrbar.

Abb. 3.13 Durch Aufpflasterung hervorgehobener Bahnkörper

Abb. 3.14 Straßenbahn auf besonderem Bahnkörper in Straßenmitte Spurweite, Fahrraumbegrenzung und Gleisabstände 3.19

Bei der finanziellen Förderung von neuen Straßenbahnstrecken wird im Regelfall ein besonderer Bahnkörper oder zumindest ein abgesetzter straßenbündiger Bahnkörper vorausgesetzt. Eingleisige Straßenbahn- strecken für den Zweirichtungsbetrieb sind nur sehr bedingt förderfähig.

Abb. 3.15 Straßenbündiger Bahnkörper im Fußgängerzonenbereich

Abb. 3.16 Abmessungen eines hochflurigen Stadtbahnwagens (B-Wagen)

Abb. 3.17 Abmessungen eines Niederflur-Gelenktriebwagens (MGT 6 D)

Trassierung 4.1

4 Trassierung

Unter Trassierungsparameter seien im weitesten Sinne alle die Parame- ter verstanden, die die Trassenführung beeinflussen. Sie können geomet- rischer, bautechnischer oder betrieblicher Art sein.

4.1 Geltungsbereich, Vorschriften, Grenzwer- te

Die nachfolgenden Ausführungen gelten für die Planung aller Gleisanla- gen mit Entwurfsgeschwindigkeiten v e ≤ 300 km/h im Bereich der freien Strecke und von Bahnhöfen für Maßnahmen an vorhandenen Strecken, Aus- und Neubaustrecken sowie S-Bahn-Strecken. Ausbaustrecken (ABS) sind hierbei vorhandene Eisenbahnlinien, die für eine höhere Geschwindigkeit ausgebaut werden. Die angestrebte Ge- schwindigkeit liegt bei 200 bis 250 km/h. Neubaustrecken (NBS) für den Hochgeschwindigkeitsverkehr sind neue Eisenbahnlinien, die zur Ergänzung des vorhandenen Eisenbahnnetzes gebaut und für Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h ausgelegt werden. Die Aus- und Neubaustrecken zählen zu den Hochgeschwindig- keitsstrecken und sind Bestandteil des nationalen bzw. europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Weiterhin werden auch Neubaustrecken für niedrigere Geschwindigkeiten angelegt, diese dienen häufig dem Ausbau von S-Bahn-Netzen. Die Linienführung der Gleise in Grund- und Aufriss wird durch Trassie- rungselemente bestimmt. Im Grundriss gibt es drei Trassierungselemen- te: die Gerade, den Kreis und als Verbindungselement zwischen diesen beiden den Übergangsbogen. Im Aufriss wird die Gradiente bei konstan- ter Neigung als Gerade ausgebildet. Neigungswechsel werden ohne Übergang mit Kreisbögen ausgerundet. Für Trassierungselemente sind in den Bau- und Betriebsordnungen (z.B. EBO, BOStrab) Grenzwerte als zulässige Mindest- und Höchstwerte festgelegt. Diese Grenzwerte bein- halten Sicherheitsreserven. Ein Abweichen von den Grenzwerten bedingt nicht zwangsläufig eine Betriebsgefahr. Der Planung einer verbesserten Linienführung oder zum Bau neuer Stre- cken liegt immer ein für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Trasse prognostiziertes Betriebsprogramm zugrunde. Vom Besteller sind in der Regel hierbei folgende Parameter anzugeben: • Zugarten (Reisezüge, Güterzüge), • Mischbetrieb oder artreiner Betrieb, • Reisezug- und Güterzugbelastung (t/Tag) sowie Zuglängen, • Einsatz von Zügen mit Neigetechnik, • Art und Lage der Betriebsstellen, • Leit- und Sicherungstechnik, • Energieversorgung, • Entwurfsgeschwindigkeit für Reise- und Güterzüge, • zulässige Längsneigung, 4.2 Trassierung

• Maßgaben zur Trassenführung und • zu berücksichtigende Entwicklungen. Grundlage des Planungsprozesses der Linienführung sind vorwiegend die Richtlinien der Deutschen Bahn AG. Der Planungsauftrag ist so um- zusetzen, dass beim vorgesehenen Betriebsprogramm ein günstiges wirtschaftliches Verhältnis zwischen dem fahrdynamischen Verhalten der Züge, den Baukosten (einschl. Grunderwerb), den Betriebs- und Erhal- tungskosten erreicht wird. Bei der Wahl der Trassierungselemente ist dabei zu berücksichtigen, dass sich für die Linienführung einer Trasse eine Vielzahl alternativer Lösungsmöglichkeiten ergibt. Diese müssen letztlich im Rahmen einer Nutzen-Kosten-Analyse untersucht und bewertet werden. Die Werte der einzelnen Trassierungselemente lassen sich hinsichtlich des Fahrkomforts sowie einer wirtschaftlichen Herstellung und Instand- haltung differenzieren. In der Tab. 4.1 sind die im Bahnbau verwendeten Arten von Trassierungswerten zusammengestellt.

Zustimmungswert

Ausnahmewert Genehmigungsbereich Ermessensbereich Ermessensgrenzwert

Regelwert

Herstellungsgrenzwert

Tab. 4.1 Werte-Differenzierung der Trassierungselemente

Werte unterhalb des Herstellungsgrenzwertes werden baulich nicht um- gesetzt. Bei der Wahl von Werten im Bereich zwischen Regelwerten und Herstellungsgrenzwert sind bei üblichen Randbedingungen keine größe- ren Nachteile hinsichtlich Fahrkomfort, Herstellungs- und Instandhal- tungsaufwand zu erwarten. Die Regelwerte stellen eine wirtschaftliche Trassierung sicher und spiegeln die wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen wider. Es ist anzustreben, mit diesen Regelwer- ten zu arbeiten. Soweit Werte zwischen dem Regelwert und dem Ermessensgrenzwert gewählt werden, sind diese zu begründen und zu dokumentieren. Es ist zu beachten, dass bei der Anwendung von Grenzwerten der Aufwand für die Unterhaltung steigt. Die Werte des Genehmigungsbereiches dürfen angewendet werden, wenn damit Sprungkosten beispielsweise durch den Wegfall von aufwen- digen Ingenieurbauwerken oder Geschwindigkeitseinbrüche vermieden werden können. Zu beachten ist hierbei, dass der Genehmigungsbereich nur mit Zustimmung der Zentrale des Verkehrsunternehmens (Zustim- mungsbereich) bzw. über die Zulassung einer Ausnahme von den Vor- schriften der EBO (Ausnahmewert) durch das Eisenbahn-Bundesamt in Anspruch genommen werden darf. Trassierung 4.3

4.2 Formelzeichen und ihre Bedeutung

Für Trassierungselemente und Bemessungsgrößen sind Abkürzungen eingeführt. Diese werden sowohl in den Formeln für die Berechnung der Elemente als auch zu ihrer Kennzeichnung in Plänen angewandt. Nach- folgend wesentliche Abkürzungen und ihre Bedeutung:

Zeichen Bedeutung des Formelzeichens Einheit 2 aR Seitenbeschleunigung m/s BA Bogenanfang BE Bogenende e Gleisabstand m ΙΙΙ Längsneigung ‰ k Krümmung des Gleisbogens (1000/r = k) 1 la Länge der Ausrundung bei Kuppen und Wannen m lg Länge einer Zwischengerade m lR Länge der Überhöhungsrampe m lRB Länge der Überhöhungsrampe nach Bloss m lRS Länge der S-förmigen Überhöhungsrampe m

UR Übergangsbogenlänge, gerade Krümmungslänge m

URB Übergangsbogenlänge, S-förmige Krümmung m

URS Übergangsbogenlänge nach Bloss m ldSch Abk. letzte durchgehende Schwelle (Weichenbereich) max Vorsatz für Höchstwert min Vorsatz für Mindestwert 1:m Neigung der Überhöhungsrampe NL Nutzbare Gleislänge m 1:n Neigung der Weichentangente oA ohne Ausrundung ra Ausrundungshalbmesser der Neigungswechsel m r Gleisbogenradius m ro Radius des Zweiggleises (Weichengrundform) m rs Radius des Stammgleises einer Bogenweiche m rz Radius des Zweiggleises einer Bogenweiche m reg Vorsatz für Regelwert RA Rampenanfang RE Rampenende sw Stützweite (Abstand der Schienenkopfmitten) mm u Überhöhung der Außenschiene mm uo Ausgleichende Überhöhung mm uf Überhöhungsfehlbetrag mm uu Überhöhungsüberschuss mm UA Übergangsbogenanfang UE Übergangsbogenende ve Entwurfsgeschwindigkeit km/h vo Bogendurchfahrtsgeschwindigkeit mit ∆aR = 0 km/h WA Weichenanfang WE Weichenende WTS Schnittpunkt der Weichentangenten zul Vorsatz für zulässigen Wert (Ermessensgrenzwert) 4.4 Trassierung

Tab. 4.2 Abkürzungen und ihre Bedeutung Trassierung 4.5

4.3 Entwurfs- und Fahrgeschwindigkeit

Bei der Ausbau- und Neubauplanung wird begrifflich zwischen der Aus- baugeschwindigkeit und der Entwurfsgeschwindigkeit unterschieden: Ausbaugeschwindigkeit ist diejenige Geschwindigkeit, für die ein be- stehender Streckenabschnitt ausgebaut oder umgebaut werden soll. Entwurfsgeschwindigkeit ist diejenige Geschwindigkeit, die zum Zeit- punkt der Planung dem Entwurf einer neuen Eisenbahnanlage zugrunde gelegt wird. Als angestrebte Richtwerte für den Bereich der Deutschen Bahn AG können gelten: • Neubaustrecken 300 km/h, mindestens 250 km/h, • Ausbaustrecken 200 km/h bis 250 km/h, • reine Güterzugstrecken 120 km/h. Sinngemäß gelten für • S-Bahnen 120 km/h, • U-Bahnen 80 km/h, • Straßenbahnen bis zu 70 km/h bei unabhängigem Bahnkörper. Wenn die nach den vorgenannten Geschwindigkeiten bemessenen Tras- sierungselemente in der Örtlichkeit wegen zu berücksichtigender Zwangspunkte nicht eingebaut werden können, ist eine entsprechend niedrigere Entwurfsgeschwindigkeit v e zu wählen. Diese ist auf einen durch 10 teilbaren Wert abzurunden. Gleiches gilt, wenn die fahrzeugsei- tigen und sicherungstechnischen Anforderungen gemäß § 40 EBO nicht den angestrebten Richtwerten genügen. Die zulässige Geschwindig- keit, mit der ein Zug auf einem Streckenabschnitt höchstens fahren darf, ist dann an Stelle der Entwurfs- bzw. Ausbaugeschwindigkeit einzuset- zen. Die zulässige Geschwindigkeit der Fahrzeuge ist neben den Tras- sierungsverhältnissen im Einzelnen abhängig von • der Bauart der einzelnen Fahrzeuge, • der Art und Länge der Züge (§ 34), • den Bremsverhältnissen (§ 35) und • den betrieblichen und sicherungstechnischen Verhältnissen. Maßgeblich hängt die zulässige Geschwindigkeit von der Bremsanlage des Zuges und dem Vorhandensein einer Zugbeeinflussung ab. Die zu- lässige Geschwindigkeit für durchgehend gebremste Reisezüge beträgt in Deutschland auf Hauptbahnen maximal 160 km/h, sofern die Strecke und das führende Fahrzeug mit einer Zugbeeinflussung ausgerüstet sind, welche den Zug selbsttätig zum Halten bringen kann (PZB). Ist keine Zugbeeinflussung vorhanden, ist die Geschwindigkeit auf 100 km/h be- grenzt (EBO § 40). Sind die Strecke und das führende Fahrzeug mit einer Zugbeeinflussung ausgerüstet, durch die ein Zug selbständig zum Halten gebracht und außerdem geführt werden kann (z.B. LZB), sind Geschwin- digkeiten über 160 km/h zulässig (derzeit bis 300 km/h). Für Versuchszüge, dies können auch planmäßig verkehrende Züge sein, kann eine höhere Geschwindigkeit genehmigt werden. Auf Nebenbahnen beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h. Wenn teilweise Bedingungen für Hauptbahnen erfüllt sind, darf mit 100 km/h gefahren werden. Durchgehend gebremste Güterzüge dürfen auf Hauptbahnen 120 km/h fahren, wenn eine wirksame Zugbeeinflussung vorhanden ist, ansonsten 4.6 Trassierung

100 km/h. Für Schnellgüterzüge ist bei entsprechender fahrzeugtechni- scher Auslegung die Höchstgeschwindigkeit mit 160 km/h festgelegt. Trassierung 4.7

4.4 Längsneigung und Neigungswechsel

Beim Straßenbau werden die Neigungen in % angegeben. Die Eigenhei- ten des Rad-Schiene-Systems und der Wunsch, große Lasten mit mög- lichst gleichmäßiger Geschwindigkeit befördern zu können, führen bei der Trassierung von Bahnen gegenüber der Straßenplanung zu geringeren Neigungen. Deshalb ist oftmals auch außerhalb des Flachlandes eine gestreckte Linienführung gewählt worden, bei Neutrassierungen sind bedeutende Ingenieurbauten notwendig. Die Längsneigung Ι wird in Promille [‰], also der Höhendifferenz je 1000 m der in der Horizontale projizierten Strecke, ausgedrückt. In nicht- technischen Publikationen wird häufig auch eine Beschreibung der Nei- gung in Prozent [%] verwendet. In Regelquerschnitten werden Neigun- gen als Verhältnis von 1 Meter Steigung (Gegenkathete) zu n Meter der Horizontalen (Ankathete) - also 1 : m - bezeichnet.

‰ h 1 [m] ∆ ∆ h [m]

1000 [m] m [m]

Abb. 4.1 Längsneigung ΙΙΙ Nach § 7 EBO soll die Längsneigung auf freier Strecke bei Neubauten für Hauptbahnen 12,5 ‰ und für Nebenbahnen 40,0 ‰ nicht überschreiten. Bei reinem S-Bahn-Betrieb dürfen auch Hauptbahnen bis 40 ‰ geneigt sein. Damit sind im Bereich von Überwerfungsbauwerken und Tunnel- rampen kurze Entwicklungslängen möglich. Auch Hochgeschwindigkeitstrassen können nach sorgfältiger Prüfung mit 40 ‰ trassiert werden. Eine derartige Neigung hat zur Folge, dass auch entsprechende Fahrzeuge eingesetzt werden müssen, die diese Stei- gung bzw. dieses Gefälle fahrdynamisch beherrschen können, d.h. die Anzahl der angetriebenen Achsen muss größer sein als üblich. Zudem wird das Prinzip der Schwungfahrt angestrebt. Güterzugverkehr ist auf derartigen Trassen ausgeschlossen. In Tunneln soll die Gradiente aus Gründen der Entwässerung und Entlüf- tung bis zu Tunnellängen von 1000 m mindestens 2 ‰ und von über 1000 m mindestens 4 ‰ längsgeneigt sein. Es ist darauf zu achten, dass die Gradiente dachförmig mit unterschiedlicher Höhenlage der Portale oder rampenförmig mit einseitiger Längsneigung geplant wird. Bei Neubauten soll die Längsneigung von Bahnhofsgleisen 2,5 ‰ nicht überschreiten (§ 7 EBO), da abgestellte Wagen sich bei über 2,5 ‰ Nei- gung selbständig in Bewegung setzen können. Deshalb ist in Gleisen, in denen regelmäßig Wagen abgestellt werden, eine Neigung von 1,67 ‰ anzustreben. Haltepunkte und Haltestellen könnten mit steileren Nei- gungen angelegt werden, da hier keine Fahrzeuge abgestellt werden. Bei reinem S-Bahn-Betrieb ist die Neigung der Bahnsteiggleise an Halte- punkten auf 12,5 ‰ begrenzt. Es sollten in jedem Einzelfall bei Längs- neigungen Ι ≥ 1,67‰ die betrieblichen Vorgänge analysiert werden. Im Geltungsbereich der BOStrab wird als Richtwert Ι ≤ 40 ‰ empfohlen. Größere Neigungen bzw. Trassierungen an der Haftreibungsgrenze sind infolge Anpassungen an die jeweiligen Straßenverhältnisse nicht immer zu vermeiden und erfordern eine sorgfältige Berücksichtigung bei der 4.8 Trassierung

Auslegung von Antrieben und Bremsen der auf diesem Streckenabschnitt regelmäßig eingesetzten Fahrzeuge (§ 17 (5) BOStrab). Trassierung 4.9

Starke Längsneigungen, insbesondere mit kleinen Bogenhalbmessern, sollten grundsätzlich vermieden werden, da sie zu hohem Energie- verbrauch und zumeist zu Leistungsminderungen führen. Straßenbahnen und U-Bahnen sollen nach den BOStrab-Trassierungsrichtlinien im Hal- testellenbereich und in Abstellanlagen keine Längsneigung aufweisen, jedoch sind in Ausnahmefällen Längsneigungen bis zul Ι = 40 ‰ zuläs- sig. Änderungen in der Längsneigung von mehr als 1 ‰ sind auszurunden. Neigungsunterschiede kleiner 1 ‰ werden in den Plänen mit „oA“ (ohne Ausrundung) gekennzeichnet. Neigungswechsel in Überhöhungsrampen sollen aus fahrdynamischen Gründen vermieden werden. Nach den Richtlinien der DB AG beträgt (unter fahrdynamischen Erwägungen) der 2 • Regelwert der Ausrundung: reg r a = 0,4 ⋅ve [m, km/h], 2 • Mindestausrundung: min r a = 0,25 ⋅ve [m, km/h].

Ausrundungshalbmesser von r a < 2000 m dürfen nicht hergestellt wer- den, die Herstellungsobergrenze für r a liegt bei 30.000 m. Allgemein soll die Länge des Ausrundungsbogens l a > 20 m sein. Die BOStrab-Trassierungsrichtlinien schreiben die gleichen, obenge- nannten geschwindigkeitsabhängigen Ausrundungshalbmesser vor. Die Mindestausrundungshalbmesser min r a betragen jedoch 1000 m bzw. im Ausnahmefall 625 m bei zul v = 50 km/h. Aus Komfortgründen empfiehlt es sich wegen eines besseren Fahrkomforts, die Mindestwerte nicht aus- zunutzen und grundsätzlich mit vollbahnähnlichen Ausrundungshalbmes- sern r a ≥ 2000 m zu planen. Zu beachten ist, dass geringere Ausrundungshalbmesser bei starken Neigungswechseln die Sichtweiten einschränken können, so dass nach BOStrab in Tunneln Wiederholungssignale oder beim Fahren auf Sicht Geschwindigkeitsbeschränkungen erforderlich werden. Für Ausrun- dungshalbmesser in Weichenbereichen sind größtmögliche Maße anzu- streben. Liegen Weichen in Ausrundungsbereichen unter 1000 m, so ist zu prüfen, ob die Zungenspitzen sicher aufliegen.

Abb. 4.2 Stadtbahn-Tunnelrampe mit Längsneigung von 40‰ 4.10 Trassierung

4.5 Gleisbogen

Die Krümmungsverhältnisse einer Strecke beeinflussen neben der Längsneigung und der Signaltechnik die zulässige Streckenhöchstge- schwindigkeit und damit die Fahrzeiten am meisten. Deshalb kommt der Gestaltung der Gleisbogen eine ganz besondere Bedeutung zu. Ziel ist es, eine Linienführung zu finden, die es den Zügen gestattet, eine mög- lichst hohe, über weite Strecken konstante Geschwindigkeit zu fahren. Geschwindigkeitsbestimmende Einflussfaktoren im Gleisbogen sind da- bei: • fahrdynamische Bedingungen (u. a. Kippgrenze), • Lagesicherheit von Gütern, Komfort der Reisenden (Komfortgrenze), • bautechnische Beanspruchbarkeit des Oberbaus in Querrichtung, • Art der eingesetzten Fahrzeuge und • betriebliche und energiewirtschaftliche Überlegungen. Die in Gleisbogen nach außen gerichteten Fliehkräfte und deren Be- schleunigungen lassen sich ganz oder zum Teil durch Gleisüberhöhun- gen (Anhebung der bogenäußeren Schiene) kompensieren, und zwar in Abhängigkeit von der akzeptierten, auf den Reisenden bzw. die Ladung verbleibenden Seitenbeschleunigung, vom jeweiligen Gleisbogenradius und der angesetzten Geschwindigkeit. Durch die Ausgestaltung einer Gleisüberhöhung kann die zulässige Geschwindigkeit im Vergleich zu einem nicht überhöhten Gleisbogen bei gleichem Radius erhöht werden. Die EBO erhebt in § 6 folgende Forderungen hinsichtlich der Gestaltung von Gleisbögen: • Der Bogenradius in durchgehenden Hauptgleisen soll bei Neubauten mindestens 300 m (bei Hauptbahnen) bzw. 180 m (bei Nebenbah- nen) betragen. • Die Richtung durchgehender Hauptgleise soll sich nur stetig ändern, um einen plötzlichen Querruck zu vermeiden. Erforderlichenfalls sind Übergangsbögen anzulegen. • In den Bögen der durchgehenden Hauptgleise muss in der Regel die bogenäußere Schiene höher liegen als die innere. Diese konstruktive Überhöhung ist in Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Ober- baus sowie der Bauart der Fahrzeuge festzulegen. • Jede Änderung der Überhöhung ist durch eine Überhöhungsrampe zu vermitteln, deren Neigung nicht größer sein darf als 1:400 (Haupt- bahn) bzw. 1:300 (Nebenbahn). Aufgrund der Abfolge zahlreicher Zwangspunkte in städtischen Sied- lungsräumen ist es in U-Bahn- und Straßenbahnnetzen oft schwierig, erstrebenswerte große Halbmesser der Gleisbögen einzuhalten. Dort bedarf es einer besonders sorgfältigen Abgleichung mit der geplanten Streckenhöchstgeschwindigkeit und der noch akzeptablen Seitenbe- schleunigung. Einsparungen der Erstinvestitionskosten durch die Wahl enger, wartungsintensiver Gleisbögen, die in der Regel zudem eine dau- erhafte Langsamfahrstelle darstellen, müssen den betrieblichen Folge- kosten gegenübergestellt werden. Nach den BOStrab-Trassierungsrichtlinien soll der Mindesthalbmesser in Gleisbögen bei unabhängigen Bahnkörpern nicht kleiner als 240 m sein. Dieser Wert kann bei straßenbündigen und besonderen Bahnkörpern innerhalb bebauter Gebiete aufgrund der u.U. beengten baulichen Gege- benheiten normalerweise nicht eingehalten werden. Trassierung 4.11

Bei solchen Bahnen sind in historisch gewachsenen Liniennetzen Radien von 25 m und kleiner üblich, bei Neubauten gibt die BOStrab als Mini- malwert 25 m an.

4.5.1 Überhöhung und Seitenbeschleunigung Bei der Bogenfahrt wirkt auf Fahrzeug, Insassen und Güter die Fliehkraft: m ⋅ v 2 F = r m [kg] Fahrzeugmasse v [m/s] Geschwindigkeit r [m] Bogenradius Der Gleichung ist zu entnehmen, dass die Fliehkraft bei steigender Ge- schwindigkeit mit dem Quadrat der Geschwindigkeit wächst und linear mit kleineren Halbmessern zunimmt. Sie wird im Rad-Schiene-System über den Spurkranz in die Schiene eingeleitet und ist zu begrenzen, weil • die Kraftübertragung in die Schiene über den Spurkranz im Anlauf- punkt erfolgt. Wird die Fliehkraft im Verhältnis zur Gewichtskraft zu groß, kann es zur Entgleisung kommen. • die Seitenkraft Lageverschiebungen des Gleises bewirken kann. Die Wiederherstellung der Soll-Lage des Gleises erfordert Unterhal- tungsaufwand. • die Seitenbeschleunigung, die auch auf Reisende und transportierte Güter wirkt, aus Komfortgründen und aus Gründen der Ladungssi- cherheit gering gehalten werden soll. In Gleisbögen wird in der Regel zur Verminderung der Fliehkraft eine Querneigung eingebaut. Das Maß, um das die Oberkante des äußeren Schienenkopfes höher liegt als die Oberkante des inneren Schienenkop- fes, heißt Überhöhung u [mm]. Sie wird im Allgemeinen durch Höherle- gen der bogenäußeren Schiene hergestellt. Die zulässige Geschwindig- keit kann im Vergleich zu einem nicht überhöhten Gleisbogen erhöht werden, da nun die parallel zur Gleisebene verlaufende Fliehkraftkompo- nente F ⋅cos α um die entgegen gerichtete Eigengewichtskomponente G⋅sin α, die beide im Schwerpunkt des Fahrzeugs angreifen, verringert wird.

Abb. 4.3 Kräfte bei der Bogenfahrt Die Größe der senkrecht zur vertikalen Fahrzeugachse gerichteten Kom- ponenten der Fliehkraft und Erdbeschleunigung ist von der jeweils einge- bauten Überhöhung u abhängig. 4.12 Trassierung

4.5.2 Ausgleichende Überhöhung Wenn Überhöhung, Geschwindigkeit und Radius so aufeinander abge- stimmt sind, dass die Resultierende aus der Flieh- und Gewichtskraft F und G in der Fahrzeugachse liegt, wird diese Überhöhung als ausglei- chende Überhöhung u o bezeichnet. Die senkrecht zur Fahrzeugachse verlaufenden Komponenten F ⋅cos α und G ⋅sin α sind in diesem Sonderfall betragsmäßig gleich groß. Die Seitenbeschleunigung ist in diesem Fall

genau ∆aR = 0, die Gewichtskraft G ⋅cos α in der Fahrzeugachse ist um den Fliehkraftanteil F ⋅sin α leicht erhöht.

G*sin ααα

G*cos ααα G

Fahrzeugachse F*cos ααα F*sin ααα

u0 F a ρ ρ −G ⋅sin α = F ⋅cos α Abb. 4.4 Kraftvektoren bei ausgeglichener Seitenbeschleunigung Soll die Seitenbeschleunigung bei einer vorgegebenen Geschwindigkeit Null sein, lässt sich die Überhöhung u 0 wie folgt berechnen: cos ⋅α m ⋅ v 2 F ⋅ cos α = r und G ⋅ sin α = sin α ⋅ m ⋅ g Nach dem Herauskürzen der Masse erhält man entsprechend der Abb.3.4 folgende Gleichung: cos ⋅α v 2 = g ⋅ sin α r Daraus folgt: v 2 ⋅ cos α v 2 r = = g ⋅sin α g ⋅ tan α

Für kleine Winkel α ist es nun mit genügender Genauigkeit zulässig tan α ≈ sin α zu setzen. Folgende Herleitung soll dies verdeutlichen. Bei Normalspur mit der Stützweite s w = 1500 mm gilt: u u sin α = = sw 1500 Trassierung 4.13

Aufgrund der Richtwerte von u ≤ 180 mm (unter Betriebsbedingungen) und u ≤ 160 mm (als Planungswert) wird der Neigungswinkel aus der Überhöhung höchstens u 180 mm sin α = = = 12,0 sw 1500 mm und α bleibt immer kleiner als 6,892 °.Der Fehler beim Gleichsetzen von sin α = tan α ist also vernachlässigbar klein. Somit gilt für kleine Winkel: u u tan α ≈ sin α = = sw 1500 Dies in die obenstehende Gleichung eingesetzt ergibt: v 2 ⋅ cos α v 2 v 2 v 2 ⋅1500 r = = = = g ⋅ sin α g ⋅ tan α g ⋅ sin α g ⋅ u Die Geschwindigkeit wird bei Schienenverkehrssystemen allgemein in km/h angegeben. Für diese Dimension wird v 2 ⋅1500 8,11 ⋅ v 2 r = = 6,3 2 ⋅ 81,9 ⋅u u Mit einer gewählten Entwurfsgeschwindigkeit und einem vorgegebenen Radius lässt sich die ausgleichende Überhöhung wie folgt berechnen: 8,11 ⋅ v 2 u = 0 r mit v [km/h] Geschwindigkeit r [m] Radius u [mm] Überhöhung Allgemein sind Radius und Überhöhung örtlich vorgegeben und nur lang- fristig veränderbare Größen. Eine ausgleichende Überhöhung u o ist, wenn der Radius r und die Überhöhung u örtlich eingebaut sind, exakt nur für eine bestimmte Geschwindigkeit v 0 vorhanden. Züge gleicher Gattung, z.B. S-Bahnen, fahren auf gleichen Streckenab- schnitten im Allgemeinen gleiche Geschwindigkeiten. Derartige Strecken – z.B. S-Bahnstrecken oder Güterzugbahnen (artreiner Verkehr) – kön- nen mit der ausgleichenden Überhöhung u o trassiert werden. Der Regel- fall ist aber der, dass bei einem nicht artreinen Betrieb eine Überhöhung nicht für eine bestimmte Geschwindigkeit v o gesucht wird, vielmehr wird eine ausgewogene Überhöhung für einen Geschwindigkeitsbereich ober- halb und unterhalb der überwiegend gefahrenen mittleren Geschwindig- keit gesucht. 4.14 Trassierung

4.5.3 Nicht ausgeglichene Seitenbeschleunigung

Es gilt: Für eine bestimmte Geschwindigkeit v 0 und eine bestimmte Über- höhung u 0 (ausgleichende Überhöhung) sind die beiden Kraftkomponen- ten gleich groß und heben sich deshalb auf (siehe Abb. 4.4). Dabei steht die Resultierende aus F und G rechtwinklig zur Gleisebene. Bei einer von v0 abweichenden Geschwindigkeit liegt die Resultierende nicht mehr in der Fahrzeugachse:

• Bei Geschwindigkeiten v kleiner als v 0 (z.B. von Güterzügen) bleibt eine Kraftkomponente infolge des Überhöhungsüberschusses u u zur Bogeninnenseite hin wirksam und bewirkt bei der Durchfahrt langsa- mer Fahrzeuge Hangabtriebskräfte. Ein berechneter Seitenbeschleu-

nigungsfehlbetrag ∆ar erhält ein negatives Vorzeichen.

• Bei Geschwindigkeiten größer als v 0 (z.B. von schnellfahrenden Rei- sezügen) besteht zur Bogenaußenseite gegenüber der ausgleichen- den Überhöhung u 0 ein Überhöhungsfehlbetrag u f, es wirkt ein freier (positiver) Seitenbeschleunigungsüberschuss ∆aR.

Die Seitenbeschleunigung ∆aR lässt sich bei von v 0 abweichenden Ge- schwindigkeiten wie folgt berechnen: v 2 ⋅ cos α ∆a = − g ⋅sin α R r v [km/h] Geschwindigkeit r [m] Radius g [m/s 2] Erdbeschleunigung u Für kleine Winkel wird cos α ≈ 1 und sin α ≈ . Damit ergibt sich: 1500 v 2 81,9 ⋅u ∆a = − R r ⋅ 6,3 2 1500 bzw. v 2 u ∆a = − R 96,12 ⋅ r 153

v [km/h] Geschwindigkeit r [m] Radius u [mm] Überhöhung

Die zuvor dargelegte Gleichung der ausgleichenden Überhöhung u 0 ist ein Sonderfall mit der Randbedingung ∆aR = 0. In der obenstehenden Gleichung ist der in seiner Größe noch unbekannte Seitenbeschleuni-

gungsüberschuss ∆aR erst in Abhängigkeit der im Gleisbogen gefahrenen Geschwindigkeit v zu ermitteln. Der Planwert des Radius und die ent- sprechend einzubauende Überhöhung sind hierbei bekannt. Trassierung 4.15

4.5.4 Überhöhungsfehlbetrag

Der Überhöhungsfehlbetrag u f [mm ] ist ein einheitenangepasstes Äquiva- 2 lent des Seitenbeschleunigungsüberschusses ∆aR [m/s ] und erlaubt ein einfaches Einsetzen in die gängigen Gleichungen ohne weitere Umrech- nung der Einheiten. Der Zusammenhang zwischen Überhöhung und Sei- tenbeschleunigung wird in Tab. 4.3 verdeutlicht:

∆∆∆ a R Beispiel Spezielle Gleichung (1) 0 Neubau-Stadtbahn 8,11 ⋅v² uf = 0 [mm] u = 0 r (2) 0,65 m/s² bisheriger Regelfall 8,11 ⋅ v² Eisenbahn min u = −100 r uf = 100 [mm] (3) 0,85 m/s² Regelfall nach EBO 8,11 ⋅v² uf = 130 [mm] min u = −130 r (4) 1,0 m/s² Grenzfall nach EBO 8,11 ⋅v² und BOStrab min u = −150 uf = 150 [mm] r Tab. 4.3 Seitenbeschleunigung und entsprechender Überhöhungsfehlbetrag Der Reisende erwartet heute vom Verkehrsunternehmen einen hohen Fahrkomfort. Als eines der Bequemlichkeitskriterien gilt ein nicht zu hoher

Seitenbeschleunigungsüberschuss ∆aR, der 0,65 m/s² (u f = 100 mm) bzw. den im Zusammenhang mit der Novellierung der EBO im Jahr 1992 er- höhten Wert ∆aR = 0,85 m/s² (u f = 130 mm) nicht überschreiten soll. Bei ausschließlichem Reisezugverkehr gilt in Abhängigkeit von der Beschaf- fenheit des Oberbaus und der Bauart der Fahrzeuge, dass die Horizon- talbeschleunigung zul u f = 150 mm (also ∆aR = 1,0 m/s²) nicht überschrit- ten werden darf. Diese Sonderregelung darf aber nur bei Radien größer 650 m und außerhalb von Zwangspunkten angewendet werden (§ 40 EBO). Zwangspunkte sind Übergänge zwischen verschiedenen Fahr- bahnbettungen sowie befestigte Bahnübergänge.

Der Subtrahend u f in den obenstehenden Gleichungen der Tab. 4.3 ent- spricht der Größe eines akzeptierten Seitenbeschleunigungsüberschus- ses ∆aR. Verlangt man, dass bei gleicher Geschwindigkeit v der Über- schuss an Seitenbeschleunigung ∆ar = 0 wird, so entfällt der Subtrahend, und die Überhöhung u entspricht wie in der ersten Zeile der obenstehen- den Tabelle der ausgleichenden Überhöhung u o. Der üblicherweise anzusetzende Ermessensgrenzwert bei nicht artrei- nem Verkehr beträgt zul u f = 130 mm. Die Grenzwerte gelten auch für Straßenbahnen. In Weichen, Kreuzungen und bei Schienenauszügen gelten geschwindigkeitsabhängig gesonderte Überhöhungsfehlbeträge.

Die zugelassenen Werte für den Überhöhungsfehlbetrag u f sind im Fol- genden nochmals tabellarisch gegenübergestellt (DS 800):

Betriebsart Überhöhungsfehlbetrag u f (mm) für r<650m r≥≥≥650m Güterzüge ≤130 ≤130 Reisezüge ≤130 ≤150

Tab. 4.4 Zulässiger Überhöhungsfehlbetrag u f (mm) in Gleisen 4.16 Trassie rung

4.5.5 Zulässige Überhöhung Die zulässige Überhöhung zul u, d.h. die größte im Gleisbogen eingebau- te Überhöhung, darf in Abhängigkeit der Beschaffenheit des Oberbaus, der Bauart der Fahrzeuge sowie der Ladung und deren Sicherung unter Einbeziehung der sich im Betrieb einstellenden Abweichungen 180 mm nicht überschreiten (§ 6 EBO). Überhöhungen sollen nur bis 160 mm geplant werden, Überhöhungen kleiner 20 mm werden nicht eingebaut. In Weichen und an Bahnsteigen soll die Überhöhung nach Möglichkeit u ≤ 100 mm betragen. Zwischenwerte der Überhöhungen sollen auf eine durch fünf teilbare Zahl gerundet werden. Bei Neubaustrecken beträgt die zulässige Überhöhung: in Gleisen mit Schotterbett: zul u = 160 mm in Gleisen mit fester Fahrbahn: zul u = 170 mm Bei dem Oberbau Feste Fahrbahn könnte auf NBS - im Zusammenspiel mit einer maximal zulässig einzubauenden Überhöhung von zul u = 170 mm und insbesondere bei einer vollen Ausnutzung des Über- höhungsfehlbetrages zul u f = 150 mm - der für eine Geschwindigkeit von 250 km/h erforderliche Bogenradius von gewöhnlich 4500 m auf etwa 2500 m reduziert werden, ohne dass nach derzeitigem theoretischen Kenntnisstand ein Anstieg des Instandhaltungsaufwandes befürchtet werden muss. Falls sich mittelfristig herausstellt, dass die Unterhaltung unter diesen Bedingungen zu aufwendig wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die zulässige Geschwindigkeit um 10 bis 20 km/h herabge- setzt werden muss. Die Überhöhung soll in Gleisen mit gemischtem Betrieb bei Geschwin- digkeiten v > 160 km/h und in Gleisen mit Güterverkehr > 60 000 t/Tag nicht größer als 120 mm sein, um den Oberbauverschleiß durch die Auf- nahme der Hangabtriebskräfte bei der Durchfahrt langsamer Güterzüge in Grenzen zu halten. Bei Radien r < 300 m darf die Überhöhung bei Neu- und Umbauten nicht größer geplant werden als: zul u = (r - 50)/1,5 [mm,m]. Die maximale Überhöhung in Weichen beträgt zul u = 120 mm. An Bahnsteigen darf die Überhöhung zul u nicht größer als 100 mm sein, damit • Fahrgäste nicht in schräg stehende Wagen ein- und aussteigen müs- sen, • die Gefahr des Anlaufens an die Bahnsteigkante (Innenbogen) aus- geschlossen werden kann und • die Spaltbreite zwischen Fahrzeug und Bahnsteigkante im Außenbo- gen gering bleibt. Trassierung 4.17

4.5.6 Mindestüberhöhung Wenn Fahrzeuge schneller fahren, als bei der Berechnung der ausglei- chenden Überhöhung u 0 unterstellt wurde, dann wird die freie Seitenbe- schleunigung ∆aR und damit der Überhöhungsfehlbetrag u f mit zuneh- mender Geschwindigkeit größer. Die vor Ort einzubauende Mindestüber- höhung min u, die mindestens in Abhängigkeit des vorgegebenen Radius und der Entwurfsgeschwindigkeit in den Gleisbogen als Querneigung einzubauen ist, erhält der Planer bei Anwendung des maximal zulässigen Überhöhungsfehlbetrages zul u f:

= − min u u0 zul u f bzw. mit der entsprechenden Gleichung für u 0 : ⋅ = 8,11 v² − min u zul u f r

Der Gleichung „Ausgleichende Überhöhung u 0“ wird also als Subtrahend der Ermessensgrenzwert des Seitenbeschleunigungsüberschusses ∆aR , bzw. um eine einheitenangepasste Rechnungsweise zu ermöglichen, der

Ermessensgrenzwert des Überhöhungsfehlbetrages uf in [mm ] beigefügt (vgl. Tab. 4.3). Entsprechend der maximal zulässig einzubauenden Überhöhung u und zuzüglich der maximal zulässigen Seitenbeschleunigung ∆aR (also dem daraus abgeleiteten maximal zulässigen Überhöhungsfehlbetrag u f) lässt sich der Mindestradius eines Gleisbogens oder die Höchstgeschwindig- keit im Gleisbogen durch Umstellen obiger Gleichung berechnen: 8,11 ⋅ v 2 min r = e + zul u zul u f für den kleinsten Radius im Gleisbogen bzw. r max v = ⋅ (zul u + zul u ) 8,11 f für die höchste Geschwindigkeit bei der Durchfahrt eines Gleisbogens. Angestrebt wird, den erhaltenen unteren Grenzwert einer minimal einzu- bauenden Überhöhung eines Gleisbogens min u aus Rücksicht auf die dann auf Reisende wirkende maximal zulässige Seitenbeschleunigung ebenso wenig zu wählen, wie den oberen Grenzwert u o, hier mit Rück- sicht auf den Erhalt einer guten Gleislage bei langsamen Güterverkehr. Vielmehr sollte eine ausgewogene, in etwa einem mittleren Wert entspre- chende Überhöhung beim Einbau vorgezogen werden: die Regelüberhö- hung reg u. 4.18 Trassierung

4.5.7 Regelüberhöhung Die Trassierung soll mit Regelwerten erfolgen. Die Regelüberhöhung reg u gibt in etwa den Mittelwert zwischen der Mindestüberhöhung min u und der zulässigen Überhöhung zul u an. 8,11 ⋅ v ² v ² reg u = 6,0 ⋅u = 6,0 ⋅ e = 1,7 ⋅ e 0 r r

Hierbei verbleibt rechnerisch ein ∆aR von maximal 0,39 m/s². (In Wirklich- keit sind die ∆aR–Werte um 30 bis 50 % höher als errechnet, weil sich der federnd aufgehängte Wagenkasten bei der Bogenfahrt nach außen neigt und dadurch der wirksame Neigungswinkel α kleiner wird.) Bei Gleisbögen in Bahnhöfen und in Streckenabschnitten, in denen Züge häufig halten oder in denen nur wenige Züge die örtlich zulässige Ge- schwindigkeit erreichen, sollte die Überhöhung zwischen der Mindest- überhöhung min u und der Regelüberhöhung reg u gewählt werden: ≤ ≤ min u u gew reg u In Streckenabschnitten, in denen fast alle Züge mit annähernd gleicher Geschwindigkeit fahren (artreiner Betrieb), sollte die Überhöhung zwi- schen der Regelüberhöhung reg u und der ausgleichenden Überhöhung u0 gewählt werden: ≤ ≤ reg u ugew u0 Stoßen in einem Bogen zwei verschiedene Radien direkt aneinander, dann wird dieser als Korbbogen bezeichnet. Wenn die Regelüberhöhung in den einzelnen Bogenteilen nicht wesentlich voneinander abweicht, soll in Korbbögen eine gleichmäßige Überhöhung angewendet werden, um Unterhaltungsarbeiten zu vereinfachen. Trassierung 4.19

4.5.8 Richtwerte für Radius und Überhöhung In der folgenden Abbildung sind einige Richtwerte für Radius und Über- höhung in Abhängigkeit der Entwurfsgeschwindigkeit dargestellt, die bei einem Trassierungsvorentwurf hilfreich sind.

Entwurfs- Strecken mit Personen- und Güterzugverkehr mit tägl. Personenzug- geschwin Gesamtlast d. Güterzüge verkehr digkeit v e incl. Güterzüge > 60 000 t/Tg 30 000 bis <30 000 t/Tag bis 10 000 t/Tag 60 000 t/Tag

100 km/h r = 600 u = 120 120 km/h r = 850 u = 120 140 km/h r = 1300 r = 1150 u = 100 u = 120 160 km/h r = 1850 r = 1700 r = 1500 u = 80 u = 100 u = 120 200 km/h r =3400 r = 3000 r = 2600 r = 2400 u = 60 u = 80 u= 100 u = 120

Tab. 4.5 Empfohlene Richtwerte für Radius r [[[m]]] und Überhöhung u [[[mm ]]] Bei der obenstehenden Darstellung der Richtwerte wird auch die Ge- samtlast im Güterzugverkehr berücksichtigt. Hangabtriebskräfte, die bei langsamen Güterzügen in den Bereichen einer für hohe Geschwindigkei- ten ausgelegten Überhöhung entstehen, sollen so auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben, um Unterhaltungsarbeiten der Gleislage zu minimie- ren und Ladungssicherheit zu gewährleisten. Bei der Bemessung ver- schiedener Trassierungsgrößen entsprechend den vorstehend aufgeführ- ten Gleichungen der DS 800.0110 der Deutschen Bahn AG findet aller- dings die Gesamtlast im Güterzugverkehr keine unmittelbare Berücksich- tigung.

Abb. 4.5 Zug auf überhöhtem Gleis

4.20 Trassierung

4.6 Überhöhungsrampen

Überhöhungen werden durch Anheben der bogenäußeren Schiene her- gestellt. Der Bereich von u = 0 bis zum Erreichen der vorgesehenen Überhöhung wird als Überhöhungsrampe bezeichnet. Der Punkt mit der kleinsten Überhöhung ist der Rampenanfang (RA), der mit der größten Überhöhung ist das Rampenende (RE).

U0 X u ; u f

uf

u0 u

ux 1:m

lRU = l RA= UA RE=UE m= (1000*lR )/u

Abb. 4.6 Gerade Überhöhungsrampe Die in Abb. 4.6 dargestellte Rampe vermittelt den Übergang von der Überhöhung 0 bis zur Überhöhung u durch eine linear steigende Gerade. Die Überhöhung wächst proportional zur Entfernung x. u u 1 = x = = tan α lR x m Nach EBO § 6 muss jede Änderung der Überhöhung durch eine Überhö- hungsrampe vermittelt werden. Diese kann im Längsschnitt gerade oder geschwungen gestaltet sein. Die gerade Rampe ist hierbei die Regelausführung. Bei den seltenen Anwendungsfällen einer geschwungenen Rampe unterscheidet man zwischen einer S-förmig geschwungenen Rampe und der Rampenform nach Bloss. Geschwungene Rampen werden nur hergestellt, wenn ein Übergangsbo- gen mit vergleichbarer Krümmungslinie vorhanden ist. Die S-förmig ge- schwungene Rampe oder die Rampenform nach Bloss dürfen darüber hinaus nur bei höheren Geschwindigkeiten und bei Überhöhungen von mehr als 40 mm ausgeführt werden, wenn eine gerade Rampe nicht mit Werten des Ermessensbereichs hergestellt werden kann. Überhöhungsrampen und Übergangsbogen müssen immer gemeinsam betrachtet werden. Der Verlauf der Überhöhung muss mit dem Krüm- mungsverlauf übereinstimmen. Rampe und Übergangsbogen sind gleich lang herzustellen, d.h. bei allen Bahnen sollen RA und RE mit Anfang (UA) und Ende (UE) des Übergangsbogens zusammenfallen. Die Länge wird hierbei in der Regel von der Rampenlänge bestimmt. Folgen zwei Überhöhungsrampen aufeinander, so ist aus fahrdynami- schen Gründen zwischen beiden Rampen ein Abschnitt mit gleichblei- bender Überhöhung (oder bei Gegenbögen ohne Überhöhung) mit einer

Mindestlänge von L Z,min = 0,1 ⋅ve einzurichten. Trassierung 4.21

Planungswerte für Längen und Neigungen der Überhöhungsrampen gerade Rampe geschwungene Rampe (Regelanwendung) S-förmig Bloss Herstellungsgrenze

1:m = 1:3000 1:m M = 1:1500 1:m M = 1:1500 Regelwert ∆u ∆u ∆u l = 10 ⋅ v ⋅ l = 10 ⋅ v ⋅ l = 5,7 ⋅ v R e 1000 RS e 1000 RB e 1000

1:m ≤ 1:600 1:m M ≤ 1:600 1:m M ≤ 1:600 Ermessensgrenzwert ∆u ∆u ∆u l = 8 ⋅ v ⋅ l = 8 ⋅ v ⋅ l = 6 ⋅ v R e 1000 RS e 1000 RB e 1000

1:m ≤ 1:400 1:m M ≤ 1:400 1:m M ≤ 1:400

Abb. 4.7 Planungswerte für Überhöhungsrampen 4.22 Trassierung

4.7 Übergangsbogen

Angenommen, ein Gleisbogen schließt unmittelbar an eine Gerade an, und ein Fahrzeug befährt diese Strecke. Ein solcher Verlauf der Seiten- beschleunigung ist in Abb. 4.8 dargestellt. Theoretisch ist die Seitenbe- schleunigung im Bogenanfang (BA) in voller Größe vorhanden. Die Sei- tenbeschleunigung pro Zeiteinheit ohne Ansatz einer eingebauten Über- höhung wird als Seitenruck bezeichnet und beträgt: v² a = R r Dabei ist die Geschwindigkeit eine veränderbare Größe, der Ruck wird also maßgebend von der Geschwindigkeit beeinflusst. Der Wert 1/r wird als Krümmung k [-] bezeichnet. Die Krümmung wird im Maßstab k = 1000/r dargestellt. Der Verlauf der Krümmung und der Sei- tenbeschleunigung ist ähnlich. Wird der Radius unmittelbar verändert, entsteht ein Krümmungssprung ∆k (Abb. 4.9). Im Gegensatz zum Seiten- ruck ist der Krümmungssprung eine geometrische, geschwindigkeits- unabhängige Größe.

aR Gerade Kreisbogen Gerade

2 aR [m/s ]

BA BE Weg Abb. 4.8 Seitenbeschleunigung

k Gerade Kreisbogen Gerade

k = 1000/r

BA BE Weg Abb. 4.9 Krümmungsbild Gerade – Kreisbogen – Gerade Der Krümmungssprung ∆k ist in Abb. 4.9 dargestellt. Er kann vermieden werden, wenn ein Übergangsbogen eingelegt wird, dessen geometrische Form eine langsame Zunahme der Krümmung gewährleistet. Bei einer derartigen Trassierung ist kein Ruck vorhanden. Betrachtet man die möglichen Varianten, wo Überhöhungen zum Einsatz kommen können, so ergeben sich: • Übergang Gerade / Kreisbogen • Korbbogen als Bogen / Bogen gleichgerichtet • Gegenbogen als Bogen / Bogen ungleich gerichtet Trassierung 4.23

Grundriss Krümmungsbild Überhöhungsfehlbetrag geschwindigkeitsabhängig

∆Duff D∆kk r2 r1 =

Gerade und Bogen folgen unmittelbar aufeinander

∆Duuf1f1 Dk ∆k Du ∆u ∆uf f r2 Duf2f2

r 1 Zwei Bögen mit entgegenge- setzter Krümmung folgen unmittelbar aufeinander

Duf1 Du Du ∆uf2f2 ∆uf1 ∆uf f r r D∆kk 1 2

Zwei Bögen mit gleichgerich- teter Krümmung (r 1≠r2) folgen unmittelbar aufeinander

Abb. 4.10 Krümmungsbilder und Überhöhungsfehlbeträge

Im Krümmungsbild wird ein Rechtsbogen oberhalb, ein Linksbogen un- terhalb der Grundlinie aufgetragen. Die Bogenrichtung versteht sich im Sinne der fortlaufenden Kilometrierung der Strecke. Beim Durchfahren der in Abb. 4.10 dargestellten Trassierungsbeispiele ändert sich der Überhöhungsfehlbetrag in jedem Trassierungselement. Für jeweils zwei aufeinander folgende Trassierungselemente kann der Unterschied der

Überhöhungsfehlbeträge ∆uf berechnet werden. Dieser Unterschied der Überhöhungsfehlbeträge ∆uf ist Kriterium für die Anordnung von Über- gangsbögen.

Übersteigt ∆uf bei v ≤ 200 km/h den Wert ∆uf = 40 mm bzw. bei

v > 200 km/h den Wert ∆uf = 20 mm, so soll im Allgemeinen aus Komfortgründen der Übergang mittels Über- gangsbogen ausgeführt werden. Nach Möglichkeit ist hierbei als Über- gangsbogen eine Klothoide aufgrund der konstanten Krümmungszunah- me zu verwenden. Der Unterschied der Überhöhungsfehlbeträge ∆uf berechnet sich zu: 8,11 ⋅ v ² ∆ = − = e − u f u f 1 u f 2 mit u f 1 u1 r1 und 8,11 ⋅ v ² = e − u f 2 r2 4.24 Trassierung

Aus Gründen der Betriebssicherheit und der Oberbauunterhaltung sind in

jedem Fall die in der Abb. 4.11 aufgeführten Grenzwerte von ∆uf in Ab-

Duf [mm]

110

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300

v e [km/h]

hängigkeit der Entwurfsgeschwindigkeit v e nicht zu überschreiten.

Abb. 4.11 Ermessensgrenzwerte für ∆∆∆uf bei Anordnung von Übergangsbogen

Bei einem als Klothoide ausgebildeten Übergangsbogen mit gerader Krümmungslinie (entsprechend einer konstanten Krümmungszunahme) verläuft die Krümmung linear von null bis zur Krümmung des anschlie- ßenden Kreisbogens. Der Punkt mit der kleinsten Krümmung wird als Übergangsbogenanfang (UA) bezeichnet, der mit der größten Krümmung als Übergangsbogenende (UE)

UE

k= 1000/r

k= 0 UA

lu Abb. 4.12 Krümmungsbild eines Übergangsbogens mit gerader Krüm- mungslinie Trassierung 4.25

Einem Übergangsbogen mit geschwungener Krümmungslinie (S-förmig, Bloss) ist als Ausnahmekonstruktion eine geschwungene Rampe zuzu- ordnen. Grundsätzlich sind S-förmige Übergangsbögen oder Übergangs- bögen nach Bloss nur zugelassen, wenn Übergangsbögen mit gerader Krümmungslinie nicht mit dem Regelwert für Länge und Neigungen der Überhöhungsrampen hergestellt werden können. Der Übergangsbogen soll mit der Überhöhungsrampe zusammenfallen (UA = RA, UE = RE). Beide Elemente sind also gleich lang zu wählen. Im Allgemeinen ist hierbei die Rampenlänge maßgebend. Für die verschie- denen Formen der Übergangsbögen sind Mindestlängen festgelegt.

Für die Mindestlänge l u,min eines Übergangsbogens in der Regelausfüh- rung mit gerader Krümmungslinie gilt folgende Berechnungsvorschrift: 4 ⋅ v ⋅ ∆u l = f u min, 1000

6 ⋅ v ⋅ ∆u l = f Analog dazu u min, 1000 für einen Übergangsbogen mit S-förmiger Krümmungslinie und 5,4 ⋅ v ⋅ ∆u l = f u min. 1000 für einen Übergangsbogen mit Krümmungslinie nach Bloss. Durch die Verwendung der Übergangsbögen entstehen für die Fälle Ge- rade / Bogen, Korbbogen und Gegenbogen folgende Krümmungsbilder:

UE RE

∆ u f UA uf2 RA

u = 0 f1 lu

Abb. 4.13 Gerade / Bogen

UE RE

∆ uf UA RA uf2

uf1

lu Abb. 4.14 Korbbogen

UE RE

∆ uf UA UA RA RA

∆ uf

l u lu UE

0,4*v e RE Abb. 4.15 Gegenbogen 4.26 Trassierung

4.8 Zwischengerade

Wie in Abb. 4.15 dargestellt, werden bei Gegenbögen zwei getrennte Übergangsbögen mit gerader Krümmungslinie gefordert, wobei zwischen beiden UA eine Zwischengerade einzuhalten ist, da der Wechsel von Trassierungselementen zu Unstetigkeitsstellen im Gleis führt. Es ent- stehen im Fahrzeug Schwingungen, deren Abklingzeit etwa 1,5 bis 2 Sekunden beträgt. Die Trassierung soll nun derart erfolgen, dass sich die Fahrzeugschwin- gungen aus mehreren Unstetigkeitsstellen nicht aufaddieren. In Abhän- gigkeit von der Entwurfsgeschwindigkeit ist folglich die Länge einzelner Trassierungselemente so zu bemessen, dass diese von den Fahrzeugen ausreichend lange befahren werden.

Die Zwischengerade l g zwischen zwei getrennten Übergangsbögen ist entsprechend mit einer Mindestlänge wie folgt zu planen: = ⋅ lg 4,0 ve

ve [km/h] Entwurfsgeschwindigkeit Falls unvermittelte Krümmungswechsel beispielsweise in Weichenver-

bindungen benötigt werden, so ist der Wert ∆uf durch eine geeignete Wahl der Zwischengerade klein zu halten. Dabei gelten für Geraden zwi- schen Weichenbögen besondere Richtwerte: = ⋅ ≤ lg min, 1,0 v bei v 70 km/h, mindestens 6,0 m und

= ⋅ < ≤ lg min, 15,0 v bei 70 km/h v 130 km/h.

Trassierung 4.27

Gleisverziehungen

Eine Gleisverziehung ist eine Richtungsänderung von parallel verlaufen- den Gleisen, um deren Gleisabstand zu ändern. Die Veränderung des Gleisabstandes wird mit dem Verziehungsmaß ∆e [m] bezeichnet. Gleis- verziehungen sollen, soweit es die Linienführung zulässt, im Bereich von Gleisbogen hergestellt werden, um Geschwindigkeitsbeschränkungen und Unstetigkeiten des Gleisverlaufes zu vermeiden. Unterschieden wird in a) Gleisverziehungen mit kleinen Verziehungsmaßen ∆e ≤ 2 m und b) Gleisverziehungen mit größeren Verziehungsmaßen ∆e > 2 m.

Kleine Verziehungen sind ohne Überhöhung und ohne Übergangsbogen zu planen mit v ² • einem Radius r ≥ e [m, km/h] 2 • ≥ ⋅ einer Zwischengerade zwischen beiden Bögen lg 4,0 ve und

• einem Gesamtmaß der Verzie- hung = ⋅⋅ ∆ + - l ,eVZ 4 r e l g ² - bei einseitiger Gleisverzie- hung von bzw. - bei beidseitiger Gleisverzie-

k

+ k Weg -k

lg

lvz = ⋅⋅ ∆ + hung l ,bVZ 2 r e l g ² .

Abb. 4.16 Krümmungsbild einer Gleisverziehung Abb. 4.17 einseitige Gleisverziehung mit Zwischengerade Abb. 4.18 beidseitige Gleisverziehung mit Zwischengerade Gleisverziehungen mit größeren Verziehungsmaßen als 2 m werden mittels Gegenbogen mit Übergangsbogen, Überhöhung und Zwischenge- rade ausgeführt. ∆e = e2-e1

∆e = ∆e1+∆e2

∆e = e2-e1 D∆e11

e1 e2 D∆ee D∆ee22 e2

e1

De= D e+1 D e 2 De= e -e De=2 e2 -e1 1 4.28 Trassierung

Abb. 4.19 einseitige Gleisverziehung bei einer Stadtbahn

Trassierung 4.29

4.9 Bogenabhängige Wagenkastensteuerung

Wie bereits dargestellt beträgt der zulässige Planungswert für den Über- höhungsfehlbetrag gemäß EBO 150 mm, weil man dem Fahrgast keine Seitenbeschleunigung von mehr als 1 m/s² zumuten will. In einem Gleis- bogen wird durch diese Vorgabe einem Fahrzeug eine Höchstgeschwin- digkeit zugeordnet, bei der sichergestellt ist, dass auf die Reisenden kei- ne komfortmindernde Seitenbeschleunigung wirkt. Darüber hinaus kann eine Erhöhung der Geschwindigkeit im Gleisbogen ohne Änderung der streckenseitigen Geometrie (eingebaute Überhöhung oder Radius) durch ergänzende Anpassung fahrzeugseitiger Komponen- ten erfolgen. So kann bei Fahrzeugen die Fahrzeugachse des Wagen- kastens zur jeweiligen Bogeninnenseite geneigt werden, um den zusätz- lichen Überhöhungsfehlbetrag zu kompensieren. Auch wenn demnach die Seitenbeschleunigung trotz einer erhöhten Gleisbogengeschwindigkeit durch eine Neigung der Fahrzeugachse auf ein für die Reisenden komfortables Maß beschränkt bleibt, kann die Ge- schwindigkeit nicht ohne weiteres gesteigert werden, da die Fliehkraft = ⋅ = ⋅ F m ar m v /² r eine wesentliche Größe für die Oberbaubelastung und eine sichere Spur- führung ist. Deshalb ist es notwendig, die Masse des Fahrzeugs durch Leichtbauweise zu verringern, um die Fliehkraft bei erhöhter Geschwin- digkeit nicht zu vergrößern. Eine Erhöhung der Gleisbogengeschwindig- keit erfordert also neben einer Neigetechnik auch die Verwendung mas- sereduzierter Drehgestelle und Wagenkästen, da eine erhöhte Oberbau- belastung durch eine erhöhte Fliehkraft weitestgehend ausgeschlossen werden sollte. Fahrzeuge mit Neigetechnik, auch „NeiTech“-Züge genannt, erfüllen die vorgenannten Konstruktionsvorgaben. Eine aktive Wagenkastensteue- rung kompensiert bis zu 150 mm Überhöhungsfehlbetrag, und die Leicht- bauweise der Fahrzeuge gewährleistet, dass der Oberbau nur eine un- wesentlich größere Beanspruchung aufzunehmen hat. Für Fahrzeuge mit Neigetechnik ist die Zulassung einer Ausnahme von den Vorschriften der EBO § 40 (7) erforderlich. Bei Gleisbögen ohne Zwangspunkte darf den Planungen ein gesamter

Überhöhungsfehlbetrag von u f ≤ 300 mm, bei Gleisbögen mit Weichen oder Zwangspunkten von u f ≤ 150 mm zugrunde gelegt werden. Die Wagenkastenneigung wird über Veränderungen der Seitenbeschleu- nigung gesteuert. Sie muss Übergangsbogenanfang und –ende erkennen und darauf aktiv reagieren, sie muss aber auch Gleislagefehler erkennen und die daraus resultierenden Horizontalbeschleunigungen ignorieren – die Firma FIAT hat diese Technik als erste serienmäßig bei der Fahr- zeugentwicklung „Pendolino“ eingeführt.

4.30 Trassierung

Die Geschwindigkeit von „NeiTech“-Zügen beträgt etwa das 1,3-fache der konventionellen Fahrzeuge in einem Gleisbogen. Fahrzeuge mit Fliehkraftausgleich erzielen im Schnitt eine Fahrzeitreduzierung von 15 %.

Abb. 4.20 Neigezug BR 612 der DB AG

Oberbau 5.1

5 Oberbau

5.1 Zusammenwirken von Rad und Schiene

Schienenkopf und Radreifen sind in ihrer Ausgestaltung aufeinander abgestimmt, wobei die Führung aufgrund des Spurspiels in gewissen Grenzen ‚frei‘ ist. Die Schienen erhalten (außer konstruktiv bedingt in Weichen und Kreuzungen) bei der DB AG jeweils eine Querneigung von 1:40 nach innen, um in der Geraden einen Fahrzeuglauf möglichst nah der Gleisachse zu erreichen. Die Lauffläche der Räder muss dement- sprechend konisch geformt sein. Auswirkung der konischen Formgebung der Radreifen ist in Verbindung mit dem Spurspiel ein sinusförmiger Lauf eines Schienenfahrzeugs in der Geraden, d.h. das Fahrzeug pendelt quer zur Fahrtrichtung.

Abb. 5.1 Sinuslauf des Radsatzes

In Abb. 5.1 ist ein stark vereinfachtes Modell zur Erläuterung des Sinus- laufes dargestellt. Wenn man die Lauffläche der beiden dargestellten Radreifen gedanklich verlängert, entstehen zwei aneinander liegende Kegel. Läuft das Rad nicht genau zentrisch im Gleis, so ergeben sich an den Rädern unterschiedlich große Abrollradien. Da die Achse starr ist, entsteht dadurch eine ausgleichende Bogenfahrt mit der Folge, dass der Radsatz zur Seite auspendelt, wobei sich die Abrollradien ständig verän- dern. Auf gerader Strecke und bei fehlerfreiem Schienenweg sollte dies einen selbstkorrigierenden wellenförmigen Lauf des Radsatzes in der Gleismitte ergeben, theoretisch sogar ohne Beihilfe des Spurkranzes, welcher erst für die Ablenkung in der Kurve oder in Weichen unentbehr- lich ist. Abweichend von Abb. 5.1 ist bei dem in der Praxis verwendeten Rad- Schiene-System die Schiene leicht nach innen geneigt und die Form von Schienenkopf und Radreifen in ihren Rundungen gut abgestimmt (ko- nisch geformte Radreifen). Diese Profilformen bewirken Rückstellkräfte zur Gleismitte ohne Spurkranzanlauf und ohne starken Wellenlauf, der insbesondere für hohe Geschwindigkeiten untragbar wäre. Bei Nahver- kehrsbahnen wird seit Anfang der neunziger Jahre zur zwängungsfreien,

5.2 Oberbau

aufstoßlosen Spurführung der Fahrwerke die Vignol- oder Rillenschiene (5.4) ebenfalls leicht geneigt eingebaut und eine verschleißoptimierte Rad-/Schienen-Profilkombination verwendet.

Abb. 5.2 Begriffe zur Spurführung bei Nahverkehrsbahnen

Die Laufflächen der Räder und der Schiene nutzen sich im Betrieb ab und müssen periodisch reprofiliert und beim Erreichen der Verschleiß- grenze erneuert werden. Zu diesem Zweck wird der auf der Felge warm aufgeschrumpfte Radreifen nach mehrmaligem Abdrehen ausgewech- selt. Die zulässige radiale Bandagenabnutzung beträgt meistens bis zu 25 mm. Auch Vollräder ohne auswechselbaren Radreifen werden häufig verwendet. Sie lassen eine größere Abnutzung zu. Das Grundprinzip heutiger Radprofilformen wird in Abb. 5.3 wiedergegeben.

Abb. 5.3 Vollrad und bereiftes Rad (EBO, Anlage 6)

Zweiachswagen oder Drehgestelle mit starren Achsen durchlaufen einen Gleisbogen polygonal, bis der Spurkranz des vorderen Außenrades an der bogenäußeren Schiene anläuft. Häufig kommt es, besonders bei großen Achsabständen, vor, dass dabei der vordere Radsatz an der Au- ßenschiene, der hintere Radsatz an der Innenschiene anläuft. Man spricht dann vom Spießgang. Stärke und Häufigkeit des Spurkranzanlau- fes im Bogen sind davon abhängig, wie sehr die Achse des Radsatzes von der Radialstellung abweicht. Die Folge eines Spurkranzanlaufes bei einer steifen Radsatzführung ist ein erhöhter Bogenwiderstand bzw. ein erhöhter Rad/Schiene-Verschleiß auf kurvenreichen Strecken, der sich außerdem beim Reisenden durch laute Fahrgeräusche (Dröhnen, Rüt- teln) unangenehm bemerkbar macht.

Oberbau 5.3

Abb. 5.4 Radsatzstellung im Gleisbogen

Ein idealer Bogenlauf ist gegeben, wenn • Einstellbedingung • Abrollbedingung und • Profilbedingung erfüllt sind. Die Einstellbedingung sagt aus, dass eine geringstmögliche Winkeldiffe- renz Radreifen/Schiene im Bogenlauf anzustreben ist. Idealerweise sollte der Anlaufwinkel Null sein, welches einer radialen Radsatzführung ent- spricht (Abb. 5.4). Die Abrollbedingung fordert, dass ein Rad auf dem Schienenkopf abrollt und nicht gleitet. Dies wird auch in Gleisbögen durch die konisch geform- ten Laufflächen der Radreifen sichergestellt (vgl. Sinuslauf). Im Gleisbo- gen bewegt sich das Fahrzeug und damit der Radsatz zur bogenäußeren Schiene hin. Damit rollt der bogenäußere Radsatz auf einem größeren Durchmesser ab als der bogeninnere Radsatz. Dadurch werden die un- terschiedlichen zurückzulegenden Wegstrecken beider Radsätze bei gleicher Umdrehungsgeschwindigkeit kompensiert. Lediglich in sehr engen Gleisbögen oder bei zu niedriger Fahrgeschwindigkeit in überhöh- ten Gleisbögen kann die Abrollbedingung nicht sichergestellt werden. In diesen Fällen kommt es zum Gleiten eines Radsatzes auf dem Schie- nenkopf und damit zu stark erhöhtem Verschleiß und Geräuschentwick- lung. Die Profilbedingungen, d.h. eine abgestimmte Schienen/Radprofilkontur, die den Kontakt zwischen Spurkranz und Schiene unter ungünstigen geometrischen und kinematischen Umständen vermeidet, entsprechen heutigen Spurführungen.

5.4 Oberbau

5.2 Anforderungen an den Oberbau

In seiner Eigenschaft als Fahrbahn für Schienenfahrzeuge dient der Oberbau • der sicheren Führung von Schienenfahrzeugen und • der gleichmäßigen Ableitung der durch Schienenfahrzeuge erzeug- ten dynamischen und statischen Belastungen in den Untergrund. Zusätzlich sind die Kriterien Wirtschaftlichkeit, Wartungsfreundlichkeit und elektrische Leitfähigkeit zu erfüllen.

Lagestabilität des Gleises in horizontaler Lastabtragung und vertikaler Richtung

Kraftschlüssige Verbindung zwischen Schiene und Schwelle zur Gewährleistung

einer ausreichenden Rahmensteifigkeit

Elastizität zur Aufnahme von Vertikalstö- Sichere Führung ßen und geringe Rollreibung

Stetige und kraftschlüssige Führung

Dimensionierung in Abstimmung auf die Fahrgeschwindigkeit und Achslast

Wirtschaftlichkeit

Wiederverwendbarkeit einzelner Bauteile

Einfache Konstruktion mit wenigen, uni- versell einsetzbaren Bauteilen (Baukastenprinzip)

Regulierbarkeit von Spurweite und Wartungsfreundlichkeit Gleislage

Möglichkeit des einfachen und schnellen Austausches einzelner Bauteile oder der kompletten Gleiskonstruktion

Möglichkeit der Schaffung von Gleis- Elektrische Leitfähigkeit stromkreisen für die Sicherungstechnik

Rückleitung (Masse) für Fahrstrom

Tab. 5.1 Oberbauanforderungen

Oberbau 5.5

5.3 Bestandteile des Bahnkörpers

Bahnkörper ist ein Sammelbegriff für Oberbau, Erdkörper und Unter- grund. Der Bahnkörper ist so auszubilden, dass alle von Eisenbahnfahr- zeugen auftretenden Krafteinwirkungen sicher aufgenommen werden und das Oberflächenwasser rasch abgeführt wird. Im eisenbahntechnischen Sinne besteht der Bahnkörper gemäß Abb. 5.5 aus:

• dem Oberbau: Schienen, Befestigungsmittel und dem sonsti- gen Zubehör (Isolierstoffe, Wanderschutzmittel usw.), Schwellen, Bettung (Abb.4.6) • dem Erdkörper: Planum, verdichtete oder verbesserte Damm- schüttungen • dem Untergrund: verdichteter oder verbesserter Untergrund, Übergangsschichten

Abb. 5.5 Bahnkörper nach der Richtlinie (Ril) 820.1020 der DB AG

Die Bettungsschicht wird meist als Schotterbettung ausgeführt. Bei der Oberbauausbildung einer Festen Fahrbahn wird das Schotterbett durch eine lastverteilende Tragplatte aus Beton oder Asphalt ersetzt. Auf dieser Platte werden die Schienen elastisch gelagert.

Gleis

Schienen- Schienen Querschwellen befestigung

Bettung

Schotterbettung

Abb. 5.6 Bestandteile des Schotteroberbaus nach DS 836

5.6 Oberbau

Unter oberbautechnischen Gesichtspunkten ist bei der DB AG abwei- chend zu einer Einteilung der Gleise in Haupt- und Nebengleise (Haupt- gleise dienen planmäßigen Zugfahrten, Nebengleise nur Rangierfahrten) eine Klassifizierung in Gleise erster, zweiter und dritter Ordnung verbrei- tet. Diese Einteilung berücksichtigt die Belastung der Gleise und damit deren Anforderungen an die Ausgestaltung des Oberbaus sowie die zeit- liche Folge von Wartungsintervallen:

• Gleise 1. Ordnung: starker Betrieb, hohe Fahrgeschwindigkeiten, große Achsdrücke, • Gleise 2. Ordnung: mittlerer Betrieb, geringe Fahrgeschwindigkei- ten, ohne Rücksicht auf Achsdrücke, • Gleise 3. Ordnung: alle übrigen Gleise.

Oberbau 5.7

5.4 Schienen

Die Schienen dienen als wesentlicher Bestandteil des Oberbaus sowohl der Führung der Schienenfahrzeuge als auch der unmittelbaren Lastauf- nahme. Sie erfahren im Betrieb eine hohe dynamische vertikale und hori- zontale Belastung. Die Vertikalkräfte können bis über 200 kN pro Rad betragen. Die Querhorizontalkräfte können ähnliche Belastungswerte durch die Fliehkraft bei Bogenfahrten oder durch die Seitenwindbean- spruchung eines Zuges erreichen. Schienen werden daher aus hochwer- tigem Stahl hergestellt und müssen folgende Ansprüche erfüllen: • Zugfestigkeit von 880 bis 1200 N/mm²; • hohe Biegesteifigkeit; • Schweißbarkeit; • Unempfindlichkeit gegenüber Sprödbruch; • hoher Verschleißwiderstand und • hohe Elastizität bei geringer Plastizität. In der Frühzeit des Bahnwesens wurden gusseiserne Schienen verwen- det, welche jedoch nicht die gewünschte Festigkeit bieten konnten. Auch das Schienenprofil – ursprünglich als flaches Rechteckprofil ausgebildet – erfuhr im Laufe der Zeit Veränderungen. Heute ist ausschließlich die Breitfußschiene nach Stevens – auch Vignolschiene genannt – anzu- treffen. Ihr Querschnitt ist in die Bestandteile Schienenkopf , Schienen- steg und Schienenfuß unterteilt. Breitfußschienen können vielseitig ein- gesetzt werden, abgestimmt auf die Belastung werden jedoch unter- schiedliche Querschnitte verwendet. In Deutschland sind im Eisenbahn- betrieb vorwiegend drei Profile anzutreffen, bezeichnet mit S 49, S 54 und UIC 60. Der Zahlenwert der Bezeichnung steht hierbei für das Me- tergewicht der Schienen in [kg/m]. UIC 60-Schienen stellen eine europä- isch einheitliche Schienenform dar und werden vor allem auf hoch be- lasteten Hauptstrecken sowie Schnellfahrstrecken verwendet.

S 49 S 54 UIC 60

72 67 67

172 149 154 14 16 16,5

125 125 150 Abb. 5.7 Form und Hauptabmessungen in [mm] gängiger Breitfußschienen

Eine Sonderform der Breitfußschiene stellt die Rillenschiene (Ri) für Straßenbahnen oder das Phönix-Profil (Ph) für Anschlussbahnen dar. Verlegt wird die Rillenschiene so, dass Schienenkopf und Straßenober- fläche möglichst bündig aneinander anschließen und keine Unebenheiten entstehen. Ein freies Abrollen der führenden Spurkränze wird durch eine rillenförmige Vertiefung, welche aufgrund ihrer geringen Abmessungen

5.8 Oberbau

von Straßenfahrzeugen problemlos überfahren werden kann, gewährleis- tet.

Abb. 5.8 Rillenschiene Ri 60 und Phönix-Profil Ph 37a Da Straßen- und Stadtbahnen wegen der Sicherheit des Straßenverkehrs und der hierdurch begrenzten Rillenweite kleinere Spurkränze als Eisen- bahnfahrzeuge besitzen, sind unterschiedliche Ausgestaltungen der Rille (Breite und Tiefe) je nach der Art der Spurkränze eingesetzter Fahrzeuge erforderlich. Damit sind die verschiedenen Typen der Rillenschiene im Gegensatz zur normalen Breitfußschiene nicht uneingeschränkt einsetz- bar. Gängige Schienenprofile, die genau auf die Radprofile der eingesetzten Schienenfahrzeuge abgestimmt sein müssen, werden in der folgenden Tabelle noch einmal zusammengestellt.

Bezeichnung Einsatzgebiete S 41 Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper S 49 U-Bahnen, Stadtbahnen, Neben- und Anschlussbahnen S 54, UIC 60 DB AG – Netz S 64 Bahnen im Braunkohletagebau Ri 59 N, Ri 60 N Straßen- und Stadtbahnen im Straßenraum Ph 37, Ph 37a Anschlussbahnen im Straßenraum

Tab. 5.2 Übersicht gängiger Schienenformen

Schienen werden heute normalerweise in einer Länge von 18, 30 oder 60 m hergestellt, die für die Eisenbahn bereits im Werk zu 120 oder 180 m langen Stücken verschweißt werden. In der Frühzeit wurden die Enden, die so genannten Schienenstöße , überhaupt nicht miteinander verbunden, später dann miteinander verschraubt. Heute sind in Mitteleu- ropa fast überall auf großen Längen durchgängig verschweißte Schienen anzutreffen, wodurch der Fahrkomfort beträchtlich gesteigert werden konnte. Schienenstöße sind nur noch in seltenen Fällen anzutreffen. Le- diglich für die Belange der Eisenbahnsicherungstechnik (Schaffung von Gleisstromkreisen) werden Isolierstöße zur elektrischen Trennung von Gleisabschnitten eingebaut.

Abb. 5.9 Schienenstoß auf Holzschwellen, Oberbau K

Oberbau 5.9

Durch die Verschweißung können die Schienen die jahreszeitlich beding- ten Temperaturschwankungen nicht mehr durch Ausdehnung in die Schienenstöße kompensieren. Eine fest eingespannte S 54 – Schiene erfährt beispielsweise durch Erwärmung um 1°C eine Längskraftbean- spruchung von über 15 kN. Bei extremen Schienentemperaturen können so z.B. in einem Gleis mit UIC 60-Schienen bei –25°C Zugkräfte von rund 1900 kN oder bei +65°C Druckkräfte von über 1600 kN, in Weichen sogar über 2000 kN, auftre- ten. Die Belastungen aus der Temperaturdifferenz müssen bei der Be- messung der Einschotterung des Gleisrostes berücksichtigt werden. Hohe Zugspannungen verursachen im Winter vermehrt Schienenbrüche an spröden Schienenstellen. Hohe Druckspannungen – vornehmlich im Frühsommer – führen ausgelöst durch Erschütterungen des dahinfahren- den Zuges zu Gleislagefehlern oder im Extremfall zu Gleisverwerfungen. Umso mehr müssen geschweißte Schienenstränge regelmäßig über- wacht werden, vor allem in Gleisabschnitten mit Neigungswechseln, in Bögen unter 800 m, auf Strecken häufigen Bremsens und stark wech- selnder Schienenwärme (z.B. vor Tunneleinfahrten) und in Zeiten außer- gewöhnlicher Hitze oder Kälte.

Abb. 5.10 verschweißter Schienenstoß auf Betonschwellen

5.10 Oberbau

5.5 Schwellen

Schwellen dienen in Verbindung mit der Bettung folgenden Funktionen: • Herstellung der Rahmensteifigkeit, • Sicherstellung eines ausreichenden Längs- und Querverschiebewi- derstandes des Gleises und • Übertragung und Verteilung der in die Schiene eingeleiteten Kräfte auf die Bettung bzw. den Untergrund durch Schaffung einer genü- gend großen Auflagerfläche. Hierbei sind auch Längs- und Querkräfte in den Schienen zu berücksich- tigen, welche aus Temperaturschwankungen sowie Brems- und Be- schleunigungskräften entstehen. Die ursprünglich eingesetzten Einzelstützen aus Stein oder Stahl konnten diese Bedingungen nicht erfüllen, woraufhin sich im Bahnbau schnell die Unterschwellung durchsetzte. Grundsätzlich zu unterscheiden sind hier- bei Längsschwellen in Gleislängsrichtung in Kombination mit einzelnen Querverbindungen und Querschwellen quer zur Gleislängsrichtung. Da die Querschwellen eine genauere Fixierung von Höhenlage und Spurwei- te sowie eine flächenhaftere Lastabtragung ermöglichen, haben sie sich gegenüber den Längsschwellen durchsetzen können.

Abb. 5.11 Gusseiserne Schienen mit Einzelstützen, um 1800

Abb. 5.12 Gleisrost mit Querschwellen

Oberbau 5.11

Schwellen können aus verschiedenen Materialien hergestellt werden:

Holz Stahl Beton

Vorteile hohe Lagestabilität längs und quer zum Gleis durch hohe Lagestabilität längs Verzahnung bzw. Reibung zwischen Schwelle und und quer zum Gleis durch Schotterbettung. Stahlschwellen herkömmlicher Bau- großes Gewicht art sind trogförmig, d.h. unten offen hohe Elastizität, damit geringere Bauhöhe als unempfindlich gegenüber Abschwächung von bei Holz- oder Beton- Umwelteinflüssen Schlagwirkungen, Scho- schwellen nung von Befestigungs- exakte Spurhaltung über nahezu unbegrenzte mitteln und Bettung sowie die gesamte Lebensdau- Rohstoffverfügbarkeit Schalldämmung er geringe Masse, damit Verringerung der Schie- Schienenbefestigung Erleichterung des Um- nenbefestigungsmittel mittels weniger Kleinei- und Einbaus gegenüber der Holz- sen möglich schwelle

Aufarbeitung möglich niedrige Herstellungskos- ten Nachteile Notwendigkeit der Im- Korrosionsschäden in Schienen müssen mittels prägnierung zur Verlän- Gebieten mit chemischer Dübeln befestigt werden, gerung der Lebensdauer Industrie welche die Stabilität und Beeinflussung der Gleisgeometrie durch Verwerfun- Lebensdauer der Schwel- gen (gilt nicht für Stahlschwellen neuer Bauart) len vermindern teurer Rohstoff Gefahr der Beschädigung bei Entgleisungen begrenzte Rohstoffverfügbarkeit keine Aufarbeitung mög- lich Schienenbefestigung Erschwernisse bei der infolge des großen Ge- erfordert viele Einzelteile Instandhaltung und wichtes nur maschinelle (‚Oberbau K‘) Gleisverlegung Verlegung möglich Einsatz auf Schotter einsetzbar, als Y-Schwelle bevorzugt auf Schotter und Fester nicht auf Fester Fahrbahn auf Fester Fahrbahn Fahrbahn einsetzbar heute vorwiegend in engen Gleisbögen, auf Stahlbrücken, in Weichen (mit abnehmender Ten- denz) und in Sonderkon- struktionen (z.B. Gleis- bremsen) Verwendeter Rohstoff teerölimprägnierte Hart- S-förmig gebogene Breit- vorgespannter Spannbe- hölzer: Buche, Eiche, bei flanschträger IB100S-1 ton B 60 geringerer Belastung aus St37.2 auch Weichhölzer

Tab. 5.3 Merkmale verschiedener Schwellentypen

5.12 Oberbau

Die Abmessungen der verschiedenen Typen unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander, lediglich bei Stahlschwellen ist eine etwas gerin- gere Bauhöhe möglich, was im Einzelfall von Bedeutung sein kann (z.B. auf Kunstbauten). Neben den in der Tabelle dargestellten Standardma- ßen gibt es auch Kurz- und Langschwellen, die vorwiegend in Weichen eingesetzt werden.

Holz Stahl Beton (K)Sw7 Y B 70 Länge [m] 2,60 2,60 2,30 2,60

Breite o [m] 0,16 0,135 0,14/0,30 0,171

Breite u [m] 0,26 0,272 0,14/0,30 0,30 Höhe [m] 0,16 0,10 0,095 0,235 Gewicht [kg] 100 37 20,8 kg/m 304 Lebensdauer 20-40 Jahre 40-45 Jahre vsl. ca. 60 Jahre

Tab. 5.4 Zusammenstellung von Schwellenabmessungen

Abb. 5.13 Betonschwelle B 70

Abb. 5.14 Gleisrost mit Y-Stahlschwellen Der Schwellenabstand richtet sich nach Art und Belastung des jeweiligen Gleises. Bei der DB AG beträgt er • 60 bzw. 63 cm in Gleisen 1. Ordnung sowie sonstigen Durchfahrglei- sen auf Hauptbahnen, • 67 cm in Gleisen 2. Ordnung, • 70 cm in Gleisen 3. Ordnung und • >100 cm auf Baugleisen. Durch nah beieinander liegende Schwellen kann in Verbindung mit einer großen Einschotterung der Flächendruck auf das Planum verringert wer- den, somit sind bei wenig tragfähigem Untergrund die angegebenen Ma- ße ggf. zu reduzieren.

Oberbau 5.13

5.6 Schienenbefestigung

Zur Verbindung von Schiene und Schwelle bzw. Auflager dienen die Schienenbefestigungsmittel . Diese sollen bei hoher Haltbarkeit die Schiene in ihrer Lage fixieren, leicht austauschbar und vielseitig einsetz- bar sein. Zur Erreichung der notwendigen Rahmensteifigkeit des Gleis- rostes muss die Verbindung so gestaltet werden, dass Verdrehungen und Bewegungen der Schiene in Längsrichtung nicht möglich sind. Dies wird durch hohe Anpressdrücke von mindestens 210 kN auf den Schienenfuß sichergestellt. Zusätzlich erfordert die dynamische Zugbelastung eine gewisse Elastizität zwischen Schiene und Schwelle, welche durch den Einbau von elastischen Zwischenlagen erreicht wird. Einzelbestandteile der Schienenbefestigung werden als Kleineisen bezeichnet.

Abb. 5.15 Oberbau W

5.14 Oberbau

(1) Schiene (5) Klemmplatte (2) Holzschwelle (6) Hakenschraube (3) Rippenunterlagsplatte (7) Federring (4) Zwischenlage (8) Schwellenschraube

Abb. 5.16 Oberbau K

Oberbau 5.15

Bei der DB AG werden vorwiegend zwei Oberbaubauformen verwendet, die sich durch die Ausführung der Schienenbefestigung und die Art der Schwelle unterscheiden: Der Oberbau K (Reichsbahnoberbau) kommt auf Holz- und Stahlschwellen zum Einsatz, der Oberbau W auf Beton- schwellen. Vorteil des letzteren ist eine Minimierung der Anzahl notwen- diger Kleineisen, welche sich aber in einer geringeren Rahmensteifigkeit niederschlägt. Durch das höhere Gewicht von Betonschwellen kann die- ser Nachteil ausgeglichen werden – das Gewicht wiederum bedingt aber Erschwernisse bei der Verlegung. Durch die Mechanisierung und Auto- matisierung der Gleisverlegung konnte sich der Oberbau W aber als Re- geloberbau durchsetzen. Andere, teils veraltete, Oberbauformen sind im Gleisnetz noch vereinzelt vorzufinden, werden bei Neuanlagen jedoch nicht mehr oder nur in Aus- nahmefällen verwendet. Darüber hinaus kommen zahlreiche verschiede- ne Sonder- und Mischformen zum Einsatz, welche teilweise die Eigen- schaften der erwähnten Oberbauformen miteinander vereinen.

5.16 Oberbau

5.7 Sonderbauteile

Sonderbauteile des Oberbaus sind u.a. Schutzschienen, Leitschienen, Gleisabschlüsse und Schienenauszüge. Schutzschienen an der Innenseite der Fahrschiene werden überall dort eingebaut, wo eine besondere Sicherheit gegen Entgleisungen erforder- lich ist, beispielsweise auf Brücken oder in Tunneln mit Mittelstützen, die nicht für Anpralllasten dimensioniert sind. Sie bewirken eine zusätzliche Führung der Spurkränze an deren Innenseite. Zusätzlich können sie als Fangvorrichtung dienen, um entgleiste Fahrzeuge ausreichend kontrol- liert in der Spur zu halten, bis diese zum Stehen gekommen sind. Schutzschienen bewirken darüber hinaus eine größere Versteifung des Gleises. Werden sie ausschließlich zu diesem Zweck verwendet, so kön- nen sie auch an der Schienenaußenseite angeordnet werden.

Schutzschiene zur Versteifung des Gleises Schutzschiene als Entgleisungsschutz Abb. 5.17 Schutzschienen

Leitschienen werden bei der Eisenbahn in sehr engen Bögen mit einem Radius von weniger als 300 m eingebaut. Hierdurch soll ein ständiges Auflaufen des bogenäußeren Radsatzes auf die bogenäußere Schiene - und damit eine sehr schnelle Abnutzung dieser Schiene durch die alleini- ge Aufnahme der Führungskraft – verhindert werden. Eine eingebaute Leitschiene führt in engen Bögen ergänzend die innere Radflanke des bogeninneren Radsatzes. Im Nahverkehr mit vielfach engen Bögen unter 50 m findet eine differen- zierte Betrachtung statt: Die Berührung der Leitschiene durch den Spur- kranzrücken entlastet das Außenrad und steigert dessen Entgleisungs- neigung. Daher wird bei der Stadtbahn und U-Bahn nur die Schutzschie- nenfunktion ausgenutzt (keine Berührung im Regelfall).

Abb. 5.18 Leitschiene

Oberbau 5.17

Temperaturbedingte Ausdehnungen von Eisenbahnbrücken werden durch den Einbau von Schienenauszügen (Dilatationsvorrichtungen) kompensiert, die eine freie Längenänderung des Bauwerks ohne Verfor- mung der darauf liegenden Schiene ermöglichen.

Abb. 5.19 Schienenauszug

Gleisabschlüsse (Prellböcke) werden in stumpf endenden Gleisen ver- wendet und sollen verhindern, dass Fahrzeuge über das Gleisende hin- aus fahren. Grundsätzlich werden feste und bremsende Gleisabschlüsse unterschieden. Feste Gleisabschlüsse können keine kinetische Energie aufnehmen; bei einem Anprall besteht so die Gefahr, dass erhebliche Schäden am Fahrzeug und am Gleisabschluss entstehen. Bremsende Gleisabschlüsse besitzen dagegen stoßverzehrende Elemente, so dass mit niedriger Geschwindigkeit anprallende Fahrzeuge weitgehend unbe- schädigt zum Stehen gebracht werden können.

5.18 Oberbau

Abb. 5.20 Bremsprellbock

Oberbau 5.19

5.8 Bettung

Im Eisenbahnbau hat sich der Schotteroberbau als die am weitesten verbreitete Oberbauform durchgesetzt – die DB AG verwendet ihn im allgemeinen mit dem Oberbau W (Betonschwellen) und je nach Stre- ckenbelastung mit dem Schienenprofil S 54 oder UIC 60, in Nebenglei- sen auch mit dem Schienenprofil S 49. Bei Stadtschnell-, Stadt- und Straßenbahnen auf eigenem Bahnkörper ist der Schotteroberbau eben- falls sehr weit verbreitet, hier kommen aufgrund der niedrigen Achslasten und Fahrgeschwindigkeiten geringer dimensionierte Schienenprofile (S 41 oder S 49) zum Einsatz. Die Unterlage des Gleises wird durch die Bettung hergestellt, welche die dynamischen und statischen Belastungen aus den Schwellen aufnimmt und in den Untergrund weiterleitet. Als Bettungsmaterial kommt im Regel- fall gebrochener Schotter (Steinschlag) zum Einsatz, der durch sein heterogenes Gefüge genügend Hohlräume zur Abführung von Oberflä- chenwasser aufweist, die Verdunstung von Restfeuchte im Schotter und auf dem Planum in ausreichendem Maße zulässt und außerdem bei der Wahl von Hartsteinschotter durch seine Scharfkantigkeit sehr gute Ver- zahnungseigenschaften und damit eine hohe Lagestabilität besitzt. Unter einer Radlast ermöglicht die Schotterbettung eine Einfederung, die im geraden Gleis je nach Schienenprofil, Schwellenteilung und Unter- grund normalerweise zwischen 0,5 und 3 mm liegt. Durch die Einfede- rung wird die Radkraft auf mehrere Schwellen verteilt (Durchlaufträger- wirkung) und eine Abminderung von Vertikalstößen erreicht. Bettungsquerschnitte sind je nach Gleisbelastung, Geschwindigkeit, Lage in Kurve oder Gerade und örtlichen Gegebenheiten definiert. Zu beach- ten sind die Notwendigkeit einer Aufschotterung vor den Schwellenköp- fen, damit der Gleiskörper bei Temperaturschwankungen nicht seitwärts ausbricht, und die Aufschotterung der Schwellenzwischenräume. Hier übernimmt der verdichtete Schotter die Funktion der fehlenden Schräg- verstrebung im statisch verschieblichen Gleisrahmen.

Abb. 5.21 Bettungsquerschnitt einer zwei- bzw. eingleisigen Strecke Durch Lageverschiebung der einzelnen Schotterkörner ergeben sich im Laufe der Zeit gewisse Unebenheiten und Lageungenauigkeiten im Schotterbett, die durch so genanntes Stopfen ausgeglichen werden müs-

5.20 Oberbau

sen. Weitere Notwendigkeiten zur periodischen Durcharbeitung bzw. zum teilweisen Austausch des Schotters ergeben sich dadurch, dass sich mit zunehmender Betriebszeit die Hohlräume mit Schmutz zusetzen und somit die Entwässerung nicht mehr gewährleistet ist. Hohe Zugbelastung (vor allem auf Hochgeschwindigkeitsstrecken) und auch insbesondere Vegetation im Schotterbett führen zu einer Spren- gung der einzelnen Schotterkörner, womit die Stabilitätseigenschaften der Bettung langsam nachlassen. Im Einzelfall kann dadurch die Not- wendigkeit einer Auswechslung des gesamten Schotters entstehen. Ein wirkungsvoller Schutz der Bettung vor Pflanzenbewuchs ist zur Errei- chung einer langen Lebensdauer deshalb äußerst wichtig, steht aber bei der Verwendung von Herbiziden im Widerspruch zum Grundwasser- schutz. Zur Stopfung, zur Reinigung und zum Austausch von Schotter gibt es verschiedene Arbeitsverfahren und Geräte – sowohl handbetriebene Stopfmaschinen für kleinere Arbeiten als auch fahrbare Stopfmaschinen zur Durcharbeitung längerer Streckenabschnitte. Daneben werden be- sondere Geräte für Stopfarbeiten in Weichenbereichen bereitgehalten.

Abb. 5.22 Bettungsreinigungsmaschine und Gleisstopfmaschine Neben dem Schotterbett erfordert auch der Gleiskörper eine regelmäßige Unterhaltung. Schienen, Schwellen und Befestigungsmittel müssen von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden. Hierzu kommen verschiedenste Ne- benfahrzeuge zum Einsatz, vom Kranwagen zum Auswechseln einzelner Gleisjoche bis zum Umbauzug, mit dem eine schnelle und weitgehend automatisierte Erneuerung längerer Gleisabschnitte möglich ist. Werden hierbei nur Schienen oder Schwellen ausgetauscht, so wird von einer Schienen- bzw. Schwellenerneuerung gesprochen; ein vollständiger Aus- tausch von Schienen, Schwellen und Bettung wird dagegen als Gleis- erneuerung bezeichnet. Die ausgebauten Stoffe finden meist noch in Nebengleisen Verwendung (Stufenwirtschaft).

Abb. 5.23 Hochleistungs-Bettungsreinigungs- und Aushubmaschine

Oberbau 5.21

5.9 Feste Fahrbahn

Neben Schwellen auf Schotterbettung kommen im Eisenbahnbau zu- nehmend auch Tragplatten zum Einsatz. Diese Oberbauform wird als Feste Fahrbahn (FF) oder auch schotterloser Oberbau bezeichnet. Hierunter wird ein Oberbau verstanden, bei dem der Schotter durch ein anderes Material wie z.B. Beton oder Asphalt ersetzt wird. Im Gegensatz zum Schotteroberbau weist die Feste Fahrbahn keine oder nur geringe Verformungen auf. Zur Verschleißminderung wird eine mit dem Schotter- bett vergleichbare elastische Schienenlagerung durch entsprechende Zwischenlagen unter dem Schienenfuß erreicht. Die Feste Fahrbahn besteht aus einer lastverteilenden Tragplatte aus Beton oder Asphalt, auf der die Schienen elastisch gelagert werden. Da- bei werden als Bindeglied zwischen Platte und Schiene in der Regel wei- terhin Querschwellen (Beton- oder Y-Stahlschwellen) verwendet, es gibt jedoch auch Systeme mit Längsschwellen oder in der Tragplatte enthal- tenen Einzelstützpunkten. Gegenüber dem herkömmlichen Schotterober- bau besitzt die Feste Fahrbahn folgende Merkmale:

Vorteile Nachteile hohe Stabilität und genaue Gleislage großer Aufwand bei Lageänderung über einen langen Zeitraum annähernd wartungsfrei, damit keine hoher Reparaturaufwand bei Beschädi- nächtlichen Betriebspausen notwendig gungen (z.B. durch Entgleisungen) keine Hochwirbelung von Schotter höhere Luftschallemissionen Möglichkeit einer größeren Überhö- Untergrund muss tragfähig sein und hung, keine Formveränderung durch darf sich nur in engen Grenzen setzen Überhöhungsüberschuss geringere Bauhöhe, damit kostenspa- optischer Eindruck nicht zufrieden- rende Querschnittsreduzierung in Tun- stellend neln hoher Fahrkomfort keine Erprobung im Dauereinsatz keine Vegetation, damit kein Herbizid- höhere Baukosten (30 bis 40% mehr einsatz als beim Schotteroberbau) bessere Eignung für den Hochge- Einzelteile nicht wiederverwendbar oder schwindigkeitsverkehr austauschbar

Tab. 5.5 Merkmale der Festen Fahrbahn Unterschieden wird zwischen monolithischen und aufgelagerten Syste- men. Bei monolithischen Systemen besteht ein integraler Verbund zwi- schen Tragplatte und Gleis: Ein vorgefertigter Gleisrost, bestehend aus gebrauchsüblichen Schienen und Spannbetonschwellen, wird auf einer mit Gleitschalung erstellten Betontragplatte zunächst in seiner Lage aus- gerichtet und dann einbetoniert oder eingerüttelt.

5.22 Oberbau

Abb. 5.24 Betonieren der Fahrbahnplatte eines ausgerichteten Gleisrostes

Aufgelagerte Systeme bestehen dagegen aus einer Asphalttragschicht, auf der der Gleisrost mittels seitlicher Befestigung oder mit Dübeln befes- tigt wird.

Abb. 5.25 Feste Fahrbahn auf Asphalttragschicht

Oberbau 5.23

Abb. 5.26 Aufbau einer Festen Fahrbahn auf Asphalttragschicht im Querschnitt

Abb. 5.27 Betonlängsbalkengleis auf Stadtbahnstrecke

Angewendet wird die Feste Fahrbahn hauptsächlich auf Schnellfahrstre- cken, wo der konventionelle Schotteroberbau keine zufriedenstellende Eignung zeigt. Ebenfalls verbreitet ist sie bei Hoch- und Untergrundbah- nen, da hier einerseits bereits eine Auflagerfläche (Tragdecke bzw. Tun- nelsohle) vorhanden ist und andererseits durch Gewichtsersparnis bzw. geringere Bauhöhe die Baukosten gesenkt werden können. Eine weiter- gehende Verwendung scheiterte bisher an den auf freier Strecke hohen Kosten und der nur mit großem Aufwand veränderbaren Gleislage.

5.24 Oberbau

5.10 Oberbau für Stadt- und Straßenbahnen

Bei herkömmlichen Stadt- und Straßenbahnen auf unabhängigem Gleis- körper wird in der Regel ein an die geringeren Radlasten und Fahrge- schwindigkeiten angepasster eisenbahnähnlicher Schotteroberbau ver- wendet. Auf Tunnelstrecken werden bei der Verwendung von Festen Fahrbahnen zur Minderung von Schall- und Schwingungsemissionen elastische Schienenlagerungen verwendet. Weiterhin haben bei diesen Bahnsystemen noch zwei andere Formen des Oberbaus größere Bedeu- tung: Der Straßenbündige Bahnkörper und das Rasengleis .

5.10.1 Straßenbündige Bahnkörper Bei einem straßenbündigen Bahnkörper werden die Gleisroste, bei- spielsweise bestehend aus Holzschwellen mit darauf montierten Rillen- schienen, auf eine Tragschicht aus Schotter aufgesetzt und nach dem Ausrichten mit Beton vergossen. Die Oberfläche erhält schließlich eine Deckschicht aus Gussasphalt (Abb. 5.28).

Abb. 5.28 Straßenbündiger Bahnkörper mit Holzschwellen

Bei dem straßenbündigen Bahnkörper auf einer Tragschicht wird auf eine Anwendung von Schwellen verzichtet. Hierbei werden die Schienen, de- ren Spurweite durch querverlaufende Spurstangen gesichert wird, direkt auf eine bituminöse Tragschicht oder eine Betonplatte elastisch aufgela- gert und mit Beton vergossen (Abb. 5.29).

Abb. 5.29 Straßenbündiger Bahnkörper auf Tragschicht

Oberbau 5.25

Noch in der Bewährung stehen Schwimmende Bahnkörper: Je nach Aus- führungsform des Oberbaus ergeben sich bei der Durchführung eines straßenbündigen Bahnkörpers durch einen bebauten Bereich auch schall- und schwingungstechnische Probleme. Bei der Durchquerung von Wohn- und Innenstadtbereichen erzeugen die vorbeifahrenden Straßen- bahnfahrzeuge Erschütterungen, die sich negativ auf die Bausubstanz auswirken und von Anwohnern als störend empfunden werden. Abhilfe für das Erschütterungsproblem bringt eine schwingungsentkop- pelte Gleisbefestigung, entweder durch zusätzliche Lager zwischen Schiene und Tragsystem oder zwischen Tragsystem und Unterbau. Wichtig ist hierbei, durch einen platten- oder längsbalkenförmigen Unter- bau mit möglichst großer Masse eine große schwingungsdämpfende Wirkung zu erzielen.

Abb. 5.30 Gleiseinbau auf Zweiblockschwellen und Ortbeton-Tragplatte Die technische Vielfalt einer schall- und schwingungsarmen Schienenla- gerung ist im oberirdischen Schienennahverkehr sehr groß, da es keinen verbindlichen Regeloberbau gibt. Im Innenstadtbereich von Strasbourg dienen beispielsweise ca. 65 cm lange Betonfertigteile mit einem eingegossenen Winkelstahl als Zwei- blockschwellen (in Frankreich auch bei der Eisenbahn üblich). Der Win- kelstahl erleichtert den Transport und das Ausrichten der Gleise vor Ort. Der Schienenfuß wird auf den Zweiblockschwellen zur Schwingungsmin- derung auf einer elastischen Zwischenlage gelagert (Abb. 5.30). Der auf der durchlaufenden massiven Ortbeton-Tragplatte ausgerichtete Gleisrost wird abschließend mit Füllbeton vergossen. Zuvor werden die Rillenschienen im Stegbereich wie in Abb. 5.31 dargestellt mit einem Kammerfüllkörper aus Polyurethan umhüllt, um eine seitliche Schwin- gungsübertragung zu verhindern. Gleichzeitig werden auch die vagabun- dierenden Ströme ausgeschlossen.

Abb. 5.31 Ausgerichteter Gleisrost mit seitlichem Kammerfüllkörper vor dem Verschrauben, mit Befestigungsbolzen Der Arbeitsablauf eines Gleiseinbaus stellt sich hierbei wie folgt dar:

5.26 Oberbau

• Erstellen der Zweiblockschwellen im Betonwerk (Öffnungen für die Befestigungsbolzen werden vorgesehen und der Winkelstahl einge- gossen) • nach der Fertigstellung der Ortbeton-Tragplatte Transport der Zwei- blockschwellen zur Baustelle • Verlegen und Ausrichten der Zweiblockschwellen • Verlegen und Befestigen der angelieferten Schienen auf dem elasti- schen Zwischenlager, hierbei ist auf die elektrische Isolation an den Befestigungsmitteln zu achten • Ausrichten der Schiene und Anbringen der Kammerfüllkörper • Vergießen des ausgerichteten Gleisrostes mit Füllbeton • Aufpflasterung oder Asphaltdeckschicht als Oberbauabschluss • Fugenvergussmasse zwischen Rillenschiene und Deckschicht ein- bringen Als wirtschaftlicher Straßenbahnoberbau mit ausreichender Emissions- minderung gilt die Bauart mit einer kontinuierlich elastisch aufgelagerten Schiene (KES) auf einer Tragplatte. So wird beispielsweise in Saarbrü- cken auf den Einsatz von Betonfertigteilen und Zwischenlager verzichtet (Abb. 5.32). Bei dieser schall- und schwingungsarmen Oberbauvariante wird das ausgerichtete Gleis über einen maschinell eingebrachten Polyurethan- Unterguss direkt auf der Ortbeton-Tragplatte kontinuierlich elastisch ge- lagert. Nach dem Anbringen seitlicher Kammerfüllkörper wird auch hier der Gleisrost mit Füllbeton vergossen und mit einer schienenoberkanten- bündigen Deckschicht dauerhaft gegenüber Oberflächenwasser versie- gelt.

Abb. 5.32 Ausgerichteter Gleisrost auf Tragplatte vor dem Vergießen mit Füllbeton

Oberbau 5.27

5.10.2 Rasengleis Auf unabhängigen und besonderen Bahnkörpern hat aufgrund ökologi- scher und gestalterischer Erwägungen das Rasengleis eine weite Verbreitung gefunden. Grundsätzlich lassen sich hierbei folgende Aus- führungsformen unterscheiden: • Ri- oder S-Profil auf Betonblockschwellen • Ri- oder S-Profil auf Längsbalken • Ri-Profil auf wasserdurchlässiger Betontragplatte Je nach Ausführungsform ist dabei zu unterscheiden, ob die Oberkante des Bewuchses mit der Schienenoberkante (Ri-Profil mit hochliegendem Rasen) oder der Oberkante der Gleislagerung (S-Profil mit tiefliegendem Rasen, Abb. 5.33) abschließt. Zur Verringerung des Instandhaltungsauf- wandes geht man neben der Aussaat von langsam- und niedrigwachsen- den Rasensorten auch dazu über, (Re-)Naturierungen mit Moosen und Sukkulenten auszuführen.

Abb. 5.33 Rasengleis in Bremen, Gleis mit tiefliegendem Rasen Vorteile eines Rasengleises sind die Geräuschdämmung, Minimierung von Versiegelungseffekten, Vermeidung von Staubaufwirbelungen, Kom- pensation von innerstädtischen Grünflächendefiziten sowie die optisch angenehme Wirkung in bebauten Räumen. Als Nachteil stehen dem Ra- sengleis erhöhte Bau- und Instandhaltungskosten entgegen.

Abb. 5.34: Rasengleis in Strasbourg, Gleis mit hochliegendem Rasen

Weichen und Kreuzungen 6.1

6 Weichen und Kreuzungen

6.1 Definitionen und Begriffe

Unter Weichen werden Oberbaukonstruktionen verstanden, die einem Schienenfahrzeug den Übergang von einem Gleis in ein anderes ohne Fahrtunterbrechung ermöglichen. Schneiden sich zwei Gleise höhen- gleich, so werden Kreuzungen verwendet. Bei Kreuzungsweichen sind neben den kreuzenden Gleisverbindungen auch abzweigende Fahrten von einem Kreuzungsgleis auf das andere möglich. Weitere Elemente für Gleisverbindungen sind Drehscheiben und Schie- bebühnen . Im Gegensatz zur Weiche ist hierbei jedoch bei Benutzung eine Fahrtunterbrechung nötig. Hinsichtlich der Typisierung von Weichen und Kreuzungen gibt es stan- dardisierte Grundformen , aus denen andere Weichenarten (z.B. Bogen- und Kreuzungsweichen) abgeleitet werden können. Damit soll die Ver- wendung einheitlicher Bauteile und die leichtere Austauschbarkeit von Weichen ermöglicht werden. Maße der Grundformen von DB AG- Weichen finden sich in der Richtlinie „Netzinfrastruktur Technik entwer- fen; Weichen und Kreuzungen“ (DS 800.0120). Für nichtbundeseigene Eisenbahnen gilt hingegen die davon abweichende Richtlinie „Regelwei- chen NE“, welche auf die besonderen Ansprüche (z.B. engere Radien) regionaler Nebenbahnen abgestimmt ist. Straßenbahnweichen mit Ril- lenschienen sind in herstellereigenen standardisierten Grundformen lie- ferbar. In der folgenden Tabelle werden gängige Begriffe der Weichengeometrie zusammengestellt:

Stammgleis gerades Gleis bei einfachen Weichen, bei Bogenweichen schwächer gekrümmtes Gleis Zweiggleis abzweigendes Gleis WTS Weichentangentenschnittpunkt (Schnittpunkt der Tangente des Zweiggleisbogens mit der Stammgleis- achse) α Weichenwinkel im Weichentangentenschnittpunkt tan α Weichenneigung Tangens des Weichenwinkels: tan α = 1:n (Große Winkel ergeben steile, kleine Winkel flache Neigungen) WA Weichenanfang (Betrachtet wird hierbei die Fahrtrichtung bei Verzweigungsmöglichkeit) WE Weichenende Tab. 6.1 Begriffe der Weichengeometrie

6.2 Weichen und Kreuzungen

6.2 Darstellungsweise

Bei der Darstellung einer Weiche oder Kreuzung im Grundriss wird zwi- schen Fahrkantenbild und Linienbild unterschieden. Das Fahrkantenbild stellt alle Fahrkanten und die zur Spurführung not- wendigen Bauteile dar.

Abb. 6.1 Fahrkantenbild einer Weiche

Im Linienbild hingegen werden lediglich • die Achse des geraden Gleises, • die Tangente am Ende des gekrümmten Gleises, • der Weichenanfang (Strich senkrecht zur Gleisachse) und der • Weichentangentenschnittpunkt (Kreis) gekennzeichnet. Die Weichenenden des Stamm- und Zweiggleises sowie der Weichen- tangentenschnittpunkt werden miteinander verbunden. Dadurch entsteht das Weichendreieck, welches bei fernbedienten Weichen schwarz aus- gefüllt und bei ortsbedienten Weichen unter 95° zu Stammgleisachse schraffiert ist.

WE

WA WTS WE

Abb. 6.2 Linienbild einer Weiche

Für den Einbau von Weichen und Kreuzungen sind zusätzlich folgende Planunterlagen zu erstellen: • Weichenskizze: Angaben über geometrische Maße der Weiche und Einbauort • Weichenverlegeplan: Werkseitige Vorgaben über die Einzelteile der Weiche und deren Montage • Weichenabsteckplan und Weichenvermarkungsplan: Dokumentation der Lage und Höhe der Weiche im Gleisbogen

Weichen und Kreuzungen 6.3

6.3 Weichenbauteile

Die einzelnen Bauteile einer einfachen Weiche (EW) sind in der folgen- den Abbildung zusammengestellt. Alle Ausführungen gelten sinngemäß auch für andere Weichenarten.

Abb. 6.3 Weichenbauteile einer einfachen Weiche (EW)

Abb. 6.4 Ansicht einer einfache Weiche

6.4 Weichen und Kreuzungen

Die bewegliche Weichenzunge (Abb.6.3, Weichenbauteil 1) ermöglicht die Einstellung eines Fahrweges (geradeaus oder abzweigend) und si- chert dessen ununterbrochenen Fahrkantenverlauf im Verzweigungsbe- reich. Der Anfang der Weichenzunge wird als Zungenspitze, das Ende als Zungenwurzel bezeichnet.

Abb. 6.5 Querschnitt durch Weichenzunge und Backenschiene

Bei einem geometrisch möglichst exakten Bogenverlauf beginnt der Zweiggleisbogen einer Weiche am Weichenanfang. Dort müsste eine im vorderen Bereich äußerst spitz bemessene Zunge an der Backenschie- ne (Abb. 6.3, 2) anliegen. Dies ist konstruktiv nicht zu verwirklichen, weil derartige Teile in Kürze ausbrechen würden. Stattdessen verläuft die Zungenspitze zunächst unterhalb des Schienenkopfes der Backenschie- ne (unterschlagene Zunge) und übernimmt in diesem Bereich nur die horizontale Führung der Spurkränze eines Fahrzeuges (Abb. 6.5). Die Vertikallasten hingegen werden über die Laufflächen der Räder auf die Backenschiene übertragen. Erst langsam wird die Zunge breiter und schiebt sich unter der Backenschiene hervor und kann bei etwa 35 mm Zungenkopfbreite die Gesamtlast aufnehmen. Hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit der Zunge wird unterschieden zwischen: • Gelenkzungen (Gz) mit einem Gelenk in der Zungenwurzel (nicht mehr gebräuchlich), • Federzungen (Fz) mit geschwächtem Profil in der Zungenwurzel und • Federschienenzungen (Fsch), die bis in den Zwischenschienenteil (Abb. 6.3, 3) geführt werden und einen geschwächten Schienenfuß besitzen. Federzungen und Federschienenzungen sind verformbar und können in die gewünschte Stellung federn. Bei der Federschienenzunge ist der Schienenfuß im Bereich der Zwischenschiene (Abb. 6.3, 3) etwa auf der Länge von drei Schwellenabständen geringfügig abgefräst, um so die Steifigkeit in horizontaler Richtung zu verringern.

Weichen und Kreuzungen 6.5

Durch den Weichenantrieb und die an diesen angeschlossene Zungen- verbindungsstange wird die Zungenvorrichtung in die beiden möglichen Weichenstellungen gebracht. Der Umstellvorgang vollzieht sich in folgen- den Schritten:

Stellphasenbeginn anliegende Zunge abliegende Zunge

Entriegelung Weichenverschluss wird wird um etwa 6 cm zur gelöst Backenschiene bewegt Umstellvorgang wird ca. 10 cm von der wird ca. 10 cm an die Backenschiene entfernt Backenschiene herange- führt Verriegelung wird bis zur vollen Öffnung Weichenverschluss wird um weitere 6 cm von der hergestellt Backenschiene entfernt

Stellphasenende abliegende Zunge anliegende Zunge

Tab. 6.2 Stellphasen eines Weichenumstellvorgangs Im Bereich der Zungenspitze gelegen, stellt der Spitzenverschluss ein unverschiebliches Anliegen der Weichenzunge an die Backenschiene sicher. Damit wird eine einwandfreie Führung der Spurkränze bei der Weichendurchfahrt eines Fahrzeuges sichergestellt, und es wird verhin- dert, dass sich die Zungenvorrichtung unter rollendem Rad öffnet oder verstellt. Weichen mit Zweiggleisradien r 0 > 500 m erhalten wegen ihrer großen Längenausdehnung oft bis zu acht zusätzliche Verschlüsse. Es existieren zahlreiche Bauarten des Spitzenverschlusses. Weit verbrei- tet in Europa sind Klammerspitzen-, Klinken und Stützverschluss. In Deutschland wird meist der Klammerspitzenverschluss verwendet. Dieser kann Längenänderungen der Schienen (z.B. durch Hitze) gut verarbeiten, ist wartungsarm und kann weitgehend unbeschadet aufgefahren werden. Als Fahrschiene (Abb. 6.3, 4) wird die außen liegende Schiene des ein- gestellten Fahrtverlaufes, welche keine Fahrkantenunterbrechung auf- weist, bezeichnet.

Abb. 6.6 Herzstück und Flügelschiene

Das Herzstück (Abb. 6.3, 5) liegt im Schnittpunkt der inneren Schienen des Stamm- und Zweiggleises einer Weiche. In diesem Punkt kommt es zu einer kurzen Fahrkantenunterbrechung, der Herzstücklücke. Da die Führung eines Schienenfahrzeuges im Herzstück nicht durch die Spur- kranzstirnfläche gesichert werden kann, ist dem Herzstück gegenüber der Radlenker (Abb. 6.3, 6) angeordnet. Dieser verhindert ein Abirren der Radsätze durch beidseitige Führung des an der Fahrschiene laufen- den Spurkranzes und ein mögliches Anlaufen an die Herzstückspitze.

6.6 Weichen und Kreuzungen

Abb. 6.7 Radlenker

Abb. 6.8 Weichenendteil mit Herzstück und Radlenker Aufgrund einer leichten Absenkung des vorderen Bereiches der Herz- stückspitze wechselt die Lastbeanspruchung durch den Radsatz nur all- mählich von der abgeknickten Flügelschiene (Abb. 6.6) zur voll ausgebil- deten Herzstückspitze. Bei Rillenschienenweichen der Straßenbahn, die keine Flügelschienen besitzen, wird das Herzstück ebenfalls durch die Radsatzlast nicht beansprucht. Hier wird eine Beschädigung der Herz- stückspitze aufgrund Anschlagen der Räder durch das Ausbilden einer Flachrille vermieden, auf der der Spurkranz eines Rades abrollt. Das Schließen der Herzstücklücke, d.h. das wechselseitige Einrichten einer ununterbrochenen Fahrkante im Verzweigungsbereich, ist mit ei- nem hohen Konstruktionsaufwand verbunden. Daher werden bewegliche Herzstückspitzen nur bei flachen Weichenneigungen (bedingt eine lange Herzstücklücke) im Hochgeschwindigkeitsverkehr eingesetzt. Beim Ein- satz einer beweglichen Herzstückspitze sind keine Radlenker erforder- lich.

Weichen und Kreuzungen 6.7

Abb. 6.9 Weiche mit beweglichem Herzstück (mit mittig liegendem Linienlei- ter für den automatischen Betrieb und seitlicher Stromschiene)

Die Unterschwellung einer Weiche erfolgt am Weichenbeginn üblicher- weise mit 2,60 m langen Schwellen. Bis zum Weichenende kann die Schwellenlänge in Schritten von 10 cm bis zu einem Maß von 4,70 m anwachsen. Nach der letzten durchgehenden Schwelle (ldSch) unter beiden sich verzweigenden Gleisen werden Kurzschwellen (2,20 m bis 2,50 m) verwendet, bis der Gleisabstand zwischen Stamm- und Zweig- gleis wieder 2,60 m lange Regelschwellen zulässt.

6.8 Weichen und Kreuzungen

6.4 Bauarten

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über gebräuchliche Bauarten von Weichen, Kreuzungen und Kreuzungsweichen:

Weichen EW Einfache Weiche

DW Doppelweiche

IBW Innenbogenweiche

ABW Außenbogenweiche

Kreuzungen Kr Kreuzung

BKr Bogenkreuzung

Kreuzungsweichen EKW Einfache Kreuzungsweiche

DKW Doppelte Kreuzungsweiche

EIBKW Einfache Innenbogen- kreuzungsweiche

EABKW Einfache Außenbogen- kreuzungsweiche

DBKW Doppelte Bogen- kreuzungsweiche

Tab. 6.3 Bauarten von Weichen, Kreuzungen und Kreuzungsweichen

Weichen und Kreuzungen 6.9

Die Bezeichnung einer Weiche erfolgt einheitlich durch Verwendung von Parametern, welche in festgelegter Reihenfolge angegeben werden:

Weichenart EW, IBW, ABW, DKW usw. Schienenform 49, 54, 60 Zweiggleisradius Angabe in [m] Weichenneigung z.B. 1:9, 1:12, 1:14 Abzweigrichtung Richtung des Zweiggleises in Fahrtrichtung Weichenanfang → Weichenende l (links), r (rechts) Zungenart Gz, Fz, Fsch Schwellenart St (Stahl), H (Holz), B (Beton) Herzstück nur bei beweglichen Herzstücken gb (gelenkig beweglich), fb (federnd beweglich) Tab. 6.4 Weichenbezeichnung

Daraus ergibt sich dann z.B. EW 54 - 190 - 1:9 - r - Fsch - St - fb Aus dieser Bezeichnung gehen die wesentlichen oberbautechnischen und betrieblichen Weichenmerkmale hervor. Zusätzlich wird in Lageplä- nen häufig noch die Weichennummer dargestellt, bei Bogenweichen ist noch der Stamm- und Zweiggleisradius anzugeben.

6.4.1 Einfache Weiche Die einfache Weiche (EW) besteht aus einem geraden Stammgleis und einem gekrümmten Zweiggleis mit dem Radius r 0, somit sind zwei Fahrt- möglichkeiten vorhanden (gerade/gekrümmt). Einfache Weichen werden nach der Form des Herzstücks unterschieden. Wenn der Zweiggleisbogen vor dem Herzstück endet, werden gerade Herzstücke verwendet. Bei bis zum Weichenende gekrümmten Zweig- gleisen müssen hingegen Bogenherzstücke, die entsprechend dem Ra- dius des Zweiggleises gekrümmt sind, eingebaut werden.

Abb. 6.10 EW mit geradem Herzstück und mit Bogenherzstück

Die Grundformen einfacher Weichen sind ihren geometrischen Merkma- len entsprechend tabelliert. Bei der DB AG sind Zweiggleisradien von r0 = 190 m, 215 m, 300 m, 500 m, 760 m, 1200 m und 2500 m üblich. Für hohe Geschwindigkeiten auch im abzweigenden Gleisstrang gibt es ein- fache Weichen, deren Zweiggleis in Klothoidenform oder als Korbbogen ausgebildet ist.

6.10 Weichen und Kreuzungen

Im Folgenden sind geometrische Maße einiger einfacher Weichen nach DB AG-Norm zusammengestellt.

Einfache Weichen mit geradem Herzstück (Auswahl)

s: Abstand der letzten durchgehenden Schwelle vom Weichenende (x): Ende des Zweiggleisbogens

EW lt [m] b [m] d [m] lW [m] c [m] s [m] α [°] 49 - 190 - 1:9 10,523 16,614 6,091 27,138 1,8376 4,01 6,3402 49 - 300 - 1:14 10,700 24,537 13,836 35,238 1,7493 6,55 4,0856 49 - 500 - 1:14 17,834 24,536 6,7022 42,371 1,7491 6,60 4,0856 49 - 760 - 1:18,5 20,525 32,408 11,883 52,934 1,7499 9,21 3,0941 Tab. 6.5 Abmessungen einfacher Weichen mit geradem Herzstück

Einfache Weichen mit Bogenherzstück (Auswahl)

s: Abstand der letzten durchgehenden Schwelle vom Weichenende

EW lt [m] lW [m] c [m] s [m] α [°] 49 - 300 - 1:9 16,6155 33,2310 1,8377 4,01 6,3402 49 - 500 - 1:12 20,7973 41,5946 1,7286 6,55 4,7636 49 - 760 - 1:14 27,1083 54,2166 1,9326 6,60 4,0856 49 - 1200 - 1:18,5 32,4088 64,8176 1,7499 9,21 3,0941 Tab. 6.6 Abmessungen einfacher Weichen mit Bogenherzstück

Bei nichtbundeseigenen Bahnen werden auch Weichen mit Zweig- gleisradien von r 0 = 140 m und steileren Neigungen verwendet, die in räumlich beengten Gleisanlagen, z.B. Industrie- und Hafenbahnen zum Einsatz kommen. Weichen mit noch engeren Zweiggleisradien sollten im Eisenbahnbetrieb wegen des zu großen Verschleißes an Rad und Schie- ne bei Neuanlagen nicht eingebaut werden. Rillenschienenweichen für Straßenbahnen zum Einbau in gepflasterte oder asphaltierte Verkehrsflächen weisen üblicherweise kleine Bogenra- dien und steile Weichenneigungen auf, da Straßenbahnstrecken i.a. an die Linienführung vorhandener Straßen angepasst werden müssen. Die Verwendung von ähnlich großen Radien wie im Eisenbahnbetrieb ist daher bei Abzweigungen meistens nicht möglich. Gebräuchlich sind Halbmesser von r 0 = 25 m, 50 m, 100 m und 150 m. Dies entspricht Wei- chenneigungen zwischen 1:2,6615 und 1:9.

Wei chen und Kreuzungen 6.11

6.4.2 Bogenweichen

Bogenweichen besitzen ein gekrümmtes Stammgleis (Radius r s) und ein gekrümmtes Zweiggleis (Radius r z). Sie werden aus einfachen Weichen abgeleitet und entstehen durch Biegung aus der dazugehörigen Wei- chengrundform. Damit bleiben der Weichenwinkel und die entsprechende Weichenneigung der Weichengrundform erhalten. Die entstehenden Längenänderungen werden in den Zwischenschienen vorgenommen. Unterschieden wird zwischen Innenbogenweichen (IBW, zwei gleich- sinnig gekrümmte Gleise) sowie Außenbogenweichen (ABW, zwei ent- gegengesetzt gekrümmte Gleise). Abb. 6.11 Innen- und Außenbogenweiche

Im Fahrkanten- und Linien- bild gibt es bei der Darstel- lung einer Bogenweiche im Gegensatz zur einfachen

Weiche folgende Unter- schiede: Der Verlauf der Gleise wird gekrümmt und nicht als Tangente wiedergegeben und der Weichenanfang durch einen Kreis gekennzeich- net. Mit dem Zweiggleisradius der Weichengrundform und dem gewählten Radius des Hauptfahrweges lässt sich der Radius des abzweigenden Gleises ermitteln:

Innenbogenweiche rs Hauptfahrweg schwächer gekrümmt 1000 1000 1000 rz = + r r r z s 0 Innenbogenweiche rs Hauptfahrweg stärker gekrümmt

rz 1000 1000 1000 = − rs r z r0

Außenbogenweiche Hauptfahrweg schwächer gekrümmt rs 1000 1000 1000 = − rz rz r0 r s

rs Außenbogenweiche Hauptfahrweg stärker gekrümmt r 1000 1000 1000 z = − r r r s0 z r0 = Radius des Zweiggleises der Weichengrundform rs = Radius des Stammgleises (schwächer gekrümmtes Gleis) der Bogenweiche rz = Radius des Zweiggleises (stärker gekrümmtes Gleis) der Bogenweiche Tab. 6.7 Berechnung des Zweiggleisradius bei Bogenweichen

6.12 Weichen und Kreuzungen

Folgende Radien dürfen hierbei nicht unterschritten werden: Radius der kleinster zugehöriger Weichengrundform Zweiggleisradius r z [m] Stammgleisradius r s [m] 190 175 2220 300 175 420 500 200 333 760 300 500 1200 442 700 2500 941 1510 Tab. 6.8 Minimalradien für Bogenweichen (nach DS 800) In der Regel besitzen Bogenweichen eine konstante Krümmung. Ver- wendet werden aber auch Parabelweichen mit veränderlicher Krümmung für den Einbau in Übergangsbögen. Neben den aus einfachen Weichen hergestellten Bogenweichen gibt es auch genormte symmetrische Außenbogenweichen, die in beiden Strän- gen den gleichen Radius aufweisen.

Symmetrische Außenbogenweiche

ABW lt [m] lW [m] c [m] α [°] 49 - 215 - 1:4,8 11,0497 22,0994 2,2656 11,7683 Tab. 6.9 Abmessungen der symmetrischen Außenbogenweiche der DB AG

6.4.3 Doppelweichen Doppelweichen bestehen aus zwei ineinander geschobenen einfachen Weichen und besitzen somit ein Stammgleis und zwei Zweiggleise. Es gibt Einseitige Doppelweichen (EinsDW, zwei in die gleiche Richtung gekrümmte Zweiggleise) und Zweiseitige Doppelweichen (DW, zwei in entgegengesetzte Richtung gekrümmte Zweiggleise).

Abb. 6.12 Einseitige und zweiseitige Doppelweiche Da der Anfang des hinteren Abzweiges bereits im Zwischenschienenteil des ersten Abzweiges liegt, erhalten Doppelweichen drei Herzstücke und die zugehörigen Flügelschienen und Radlenker. Diese Konstruktion führt zu einem unruhigen Fahrzeuglauf sowie zu einem hohen Unterhaltungs- aufwand. Doppelweichen sollen daher nur in Ausnahmefällen eingebaut werden.

Weichen und Kreuzungen 6.13

6.4.4 Kreuzungen Kreuzungen (Kr) dienen nicht der Verbindung, sondern dem höhenglei- chen Kreuzen zweier Gleise. Somit bestehen zwei Fahrtmöglichkeiten.

Abb. 6.13 Fahrkartenbild einer Kreuzung

Regelkreuzungen haben eine Neigung von 1:9. Daneben wird unter- schieden zwischen Flachkreuzungen mit flacherer (z.B. 1:14) und Steil- kreuzungen mit stärkerer Neigung. Die Schienen einer Kreuzung schneiden sich an vier Stellen. Daher sind auch vier Herzstücke erforderlich, wobei bei spitzwinkligen Schnitten einfache Herzstücke und bei stumpfwinkligen Schnitten Doppelherzstü- cke angeordnet werden. Die Länge des führungslosen Bereiches des Doppelherzstückes richtet sich nach der Kreuzungsneigung und wird mit flacher Neigung größer. Flachkreuzungen erhalten daher bewegliche Doppelherzstückspitzen. Neben den Kreuzungsgrundformen mit zwei geraden Gleisen kommen selten auch Bogenkreuzungen (BKr) zum Einbau. Bogenkreuzungen im Eisenbahnbetrieb erhalten in beiden Strängen den gleichen Radius (min- destens 450 m), sollen aber nicht aus Flachkreuzungen hergestellt wer- den. Analog zu einfachen Weichen sind gängige Kreuzungen in ihren Maßen tabelliert:

Kreuzungen (Auswahl)

s: Abstand der letzten durchgehenden Schwelle vom Weichenende

Kreuzung lt [m] lKr [m] c [m] s [m] α [°] 49 - 1:9 16,6150 33,2300 1,8376 4,00 6,3402 49 - 1:7,5 18,5120 37,0240 2,4520 - 7,5946 49 - 1:14 24,5370 49,0740 1,7493 6,57 4,0856 Tab. 6.10 Abmessungen von Kreuzungen nach DB AG-Norm

6.14 Weichen und Kreuzungen

6.4.5 Kreuzungsweichen Kreuzungsweichen (KW) sind Kreuzungen, bei denen durch den Einbau von Zungenvorrichtungen auch Verbindungen zwischen den sich kreu- zenden Gleisen hergestellt werden. Unterschieden wird zwischen Einfa- chen Kreuzungsweichen (EKW), abgeleitet daraus einfache Bogen- kreuzungsweichen (Innenbogenkreuzungsweiche, EIBKW sowie Außen- bogenkreuzungsweichen, EABKW), und Doppelten Kreuzungsweichen (DKW), abgeleitet daraus doppelte Bogenkreuzungsweichen (DBKW). Hierbei erlauben die einfachen Kreuzungsweichen eine abzweigende und zwei kreuzende Fahrtmöglichkeiten, die doppelten Kreuzungsweichen darüber hinaus eine vierte, ebenfalls abzweigende Fahrtmöglichkeit.

Abb. 6.14 EKW mit innenliegender Zungenvorrichtung

Die Zungenvorrichtung liegt je nach Radius des abzweigenden Gleis- stranges entweder innerhalb oder außerhalb des Kreuzungsbereiches. Bei außerhalb liegenden Zungen (Abb. 6.15) sind größere Radien und damit höhere Geschwindigkeiten möglich, die Konstruktion wird aller- dings sehr aufwendig.

Abb. 6.15 EKW mit außenliegender Zungenvorrichtung

Das Linienbild von Kreuzungsweichen entspricht der Darstellung von Kreuzungen. Zusätzlich werden die abzweigenden Fahrtmöglichkeiten durch Linien herausgestellt (Abb. 6.16). Bei Neubauten sollen Kreuzungsweichen ebenso wie Doppelweichen nicht mehr verwendet werden, da die Herstellung und Unterhaltung sehr kostenintensiv ist.

Abb. 6.16 Linienbild einer DKW mit innenliegender Zungenvorrichtung

Weichen und Kreuzungen 6.15

6.5 Betriebliche und planerische Aspekte

6.5.1 Befahren von Weichen Hinsichtlich des Befahrens von Weichen wird unterschieden: • Spitz befahrene Weiche: Weichenanfang → Weichenende • Stumpf befahrene Weiche: Weichenende → Weichenanfang Unter dem Auffahren einer Weiche wird das stumpfe Befahren einer Weiche in falscher Stellung verstanden. Der Klammerspitzenverschluss stellt dabei sicher, dass die Weichenzungen entriegelt und durch den Anpressdruck des an die abliegende Weichenzunge anlaufenden Rades umgestellt werden können. Dies beugt einer Entgleisungsgefahr vor, welche beim Anlaufen eines Rades in den Winkel zwischen anliegender Weichenzunge und Backenschienen bestünde. Das Auffahren einer nicht dafür ausgelegten Weiche ist eine Betriebsstö- rung, da hierdurch Teile des Spitzenverschlusses beschädigt werden können. Ausnahmen sind häufig in Straßenbahnnetzen zu finden, wo im Regelbetrieb stumpf befahrene Weichen betriebssicher aufgefahren wer- den können. Auf Nebenstrecken sind Rückfallweichen verbreitet, die sich nach dem Auffahren jeweils selbsttätig wieder in die Ursprungsstel- lung zurückstellen. Auffahrbare Weichen führen zu verringerten Betriebs- kosten, da keine Weichenantriebe benötigt werden und der Stellvorgang mit dem dazu notwendigen Personal entfällt. Die Stelle des Gleisachsabstandes von 3,50 m zweier zusammenlaufen- der Gleise einer Weiche, Kreuzung oder Kreuzungsweiche wird durch das Grenzzeichen , einen rot-weißen Pflock zwischen den Gleisen, mar- kiert. Im Lageplan wird das Grenzzeichen durch eine Verbindungslinie senkrecht zur Winkelhalbierenden mit einem mittigen Punkt gekenn- zeichnet. Bis zum Grenzzeichen können die anschließenden Gleise mit Fahrzeugen profilüberschneidungsfrei ohne gegenseitige Gefährdung besetzt werden. Die Lage des Grenzzeichens lässt sich näherungsweise folgendermaßen ermitteln:

6.16 Weichen und Kreuzungen

Abb. 6.17 Lage des Grenzzeichens

Weichen und Kreuzungen 6.17

Die zulässige Geschwindigkeit im Stammgleis einer Weiche sollte im Regelfall der an dieser Stelle zugelassenen Streckenhöchstgeschwindig- keit entsprechen. Hierbei ist zu beachten, dass DB AG-Weichen mit ei- nem Zweiggleisradius von r 0 = 190 m und weniger auch im Stammgleis nur mit einer zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h befahren werden dürfen. Die Beschränkung der zulässigen Geschwindigkeit erklärt sich aus einer Spurerweiterung infolge des engen Radius, die dann auch im Stammgleis vorliegt. Nur mit aufwendigen Korbbogen- oder Klothoidenweichen lassen sich sowohl im Stammgleis als auch im abzweigenden Strang Geschwindig- keiten von bis zu 200 km/h erreichen. Im Hochgeschwindigkeitsverkehr über 200 km/h dürfen allerdings keine Fahrkantenunterbrechungen auf- treten. Daher sind in diesem Fall nur Weichen mit beweglichen Herzstü- cken zulässig. Die zulässige Durchfahrgeschwindigkeit im Zweiggleis hängt vom Bo- genhalbmesser und einer möglichen Überhöhung der Weichenkonstruk- tion ab. Zu unterscheiden sind hier zwei Grundfälle: • Ein kleiner Halbmesser und eine steile Neigung des Zweiggleises erlauben nur geringere Fahrgeschwindigkeiten, jedoch eine relativ kurze Entwicklungslänge l e. Dadurch wird eine platzsparende Gleis- plangestaltung möglich, was insbesondere in Bahnhofs- und Rangier- bereichen vorteilhaft ist. • Ein großer Halbmesser und eine flache Neigung erlauben eine höhere Fahrgeschwindigkeit im Zweiggleis, was vor allem im Zugfahrbereich der freien Strecke, beispielsweise an Abzweig- oder Überleitstellen, erwünscht ist. Die Entwicklungslänge l e wird jedoch größer. Bei einer einfachen Weiche wird im Regelfall eine nicht vorhandene kon- struktive Überhöhung (u = 0 mm) angesetzt. Bei Bogenweichen ist bei der Berechnung zulässiger Geschwindigkeiten zu beachten, dass der ursprüngliche Gleisbogen in der Regel überhöht ist und diese Überhö- hung auch innerhalb der Weiche fortgeführt wird. Hierbei gilt der Grund- satz, konstruktive Überhöhungen mit einem Maximalmaß von u = 100 mm einzubauen. Für den zulässigen Überhöhungsfehlbetrag gelten in Abhängigkeit von der Ausführung der Weiche sowie der Höchstgeschwindigkeit nach DS 800 01 folgende Werte:

Kriterium v in km/h

ve ≤≤≤120 120

Tab. 6.11 Zulässiger Überhöhungsfehlbetrag u f ( mm) in Weichen

6.18 Weichen und Kreuzungen

Bei einfachen Weichen kann vereinfachend der zulässige Überhöhungs- fehlbetrag mit u f = 100 mm angesetzt werden. In die Standardformel für die Errechnung der maximal zulässigen Geschwindigkeit im Gleisbogen ⋅ + r() u u f v = max 11, 8

eingesetzt, ergibt sich folgende Formel zur Bestimmung von zulässigen Geschwindigkeiten bei Fahrten durch das Zweiggleis mit dem Radius r einer einfachen Weiche: = ⋅ vmax 2, 91 r Für die wichtigsten Zweiggleishalbmesser können damit die zugehörigen Abzweiggeschwindigkeiten tabelliert werden. Da durch die im Eisen- bahnwesen verwendeten Signale nur durch Zehn teilbare Geschwindig- keiten angezeigt werden können, werden die rechnerischen Größen ent- sprechend abgerundet.

Zweiggleishalbmesser vmax im Zweiggleis 190 m 40 km/h 215 m 40 km/h 300 m 50 km/h 500 m 60 km/h 760 m 80 km/h 1200 m 100 km/h Korbbogen / Klothoide bis zu 200 km/h Tab. 6.12 Abzweiggeschwindigkeiten einfacher Weichen

6.5.2 Anordnung von Weichen Gründe zum Einbau von Weichen finden sich einerseits • in Bahnhöfen zum Bilden und Auflösen von Zügen, zur Bedienung von Zusatzanlagen, zum Kreuzen und Überholen von Zügen sowie ande- rerseits • auf freier Strecke an Abzweig- oder Überleitstellen und zur Bedienung von Anschlussbahnen. Bei der Anordnung von Weichen sowie der Wahl der Weichenart sind vor allem geometrische Gesichtspunkte (angestrebte Entwicklungslänge l e und vorhandener Gleisabstand e) sowie die auf die betrieblichen Erfor- dernisse abgestimmten Geschwindigkeiten im Stamm- und Zweiggleis zu beachten. Ein ruhiger Fahrverlauf in durchgehenden Hauptgleisen wird erreicht, wenn auf eine stetige Linienführung geachtet wird und Gegenkrümmun- gen vermieden werden. Es ist vorteilhaft, wenn benachbarte Weichen so verlegt werden, dass sie unabhängig voneinander ausgewechselt werden können. Allgemein soll die Anzahl der Weichen auf das betrieblich notwendige Maß beschränkt werden und standardisierte einfache Weichen verwendet werden.

Weichen und Kreuzungen 6.19

6.5.3 Weichenfolgen Weichenfolgen liegen dann vor, wenn auf einem Gleis in kurzem Ab- stand zwei oder mehrere Weichen hintereinander angeordnet werden. Bei Weichen, die mit den Weichenanfängen gegeneinander verlegt sind, werden folgende Fälle unterschieden: • Bilden die Zweiggleise zusammen einen Gegenbogen (Abb. 6.18, Teil a), so ist eine Zwischengerade einzubauen. Die Länge dieser Zwischengerade l g beträgt = ⋅ ∧ = lg0, 1 v min l g 6 m

• Wenn eine Weiche mit dem Weichenanfang (Abb. 6.18, b) oder Wei- chenende (Abb. 6.18, c) an einen gegensinnig gekrümmten Gleisbo- gen stößt, ist gleichermaßen zu verfahren. • Wenn die Zweiggleise gleichsinnig gekrümmt sind, dürfen die Wei- chenanfänge aneinander stoßen (Abb. 6.19). Bei Anordnung von elektrischen Trennstößen, die zur Gleisfreimeldung benötigt werden, muss der Minimalabstand min l g in allen Fällen auf 7 m heraufgesetzt werden.

lg (a)

lg (b)

(c)

l g Abb. 6.18 Weichenfolgen mit Zwischengeraden

WA = WA

Abb. 6.19 Weichenfolge ohne Zwischengerade

6.20 Weichen und Kreuzunge n

Bei aufeinander folgenden Weichen in gleicher Richtung ist ergänzend zu beachten, dass die Zungenvorrichtung der Folgeweiche nicht auf den durchgehenden Schwellen der vorhergehenden Weiche und möglichst auf ungekürzten Regelschwellen zu liegen kommt. Dies ist dann gege- ben, wenn der Gleisabstand zum Zweiggleis der ersten Weiche am Wei- chenanfang der zweiten Weiche mindestens 2, 60 2, 20 m+0, 10 m + m = 2, 50 m 2 2 beträgt (halbe Weichenschwelle + Schotter zwischen Schwellenköpfen + halbe gekürzte Gleisschwelle). Der Anschlusspunkt lässt sich abhängig von der Weichenneigung näherungsweise folgendermaßen bestimmen:

Abb. 6.20 Weichenanschluss Weichenanfang an Weichenende

Soll die Entwicklungslänge minimiert werden, so ist in Ausnahmefällen auch der Anschluss des Weichenanfangs unmittelbar an das Weichen- ende der vorhergehenden Weiche möglich.

6.5.4 Gleiswechsel Ein einfacher Gleiswechsel entsteht, wenn zwei parallel laufende Gleise durch zwei Weichen miteinander verbunden werden. Bei der Wahl der geeigneten Weichen ist • die betrieblich erforderliche Geschwindigkeit im Zweiggleis,

• die zur Verfügung stehende Entwicklungslänge l e (Länge der Gleis- verbindung vom Weichenanfang der ersten Weiche bis zum Wei- chenanfang der zweiten Weiche) sowie • der i.d.R. vorhandene Gleisabstand e von Bedeutung. Maßgebend ist entweder eine angestrebte hohe Ge- schwindigkeit im Zweiggleis oder eine möglichst kurze Entwicklungslän- ge. Hierbei gilt: Je kürzer die Entwicklungslänge le, desto kleiner die mög- liche Geschwindigkeit im Zweiggleis. Es ist zu berücksichtigen, dass Gleisverbindungen aus Weichen mit steiler Neigung (z.B. 1:9) einen größeren Gleisabstand erfordern als solche mit Weichen flacher Neigung (z.B. 1:18,5). Da innerhalb eines Gleiswechsels ein Gegenbogen auftritt, ist zwischen den beiden Weichenenden der Zweiggleise eine Zwischengerade vorzu- sehen, um einen ruhigen Fahrverlauf zu gewährleisten. Die Länge l g die- ser Zwischengerade richtet sich nach der Geschwindigkeit und beträgt mindestens: ≤ = ⋅ ∧ = für v 70 km/h: lg0, 1 v min l g 6 m ≤ = ⋅ für 70 km/h < v 130 km/h: lg 0 15, v Weichen mit geradem Herzstück besitzen bereits einen geraden Zweig- gleisabschnitt d (siehe Tab. 6.5), der auf die Länge der erforderlichen Zwischengerade anrechenbar ist.

Weichen und Kreuzungen 6.21

l WE t WA

lg lt WE lt e

α WA lt

le

Abb. 6.21 Gleiswechsel (EW mit Bogenherzstück)

Die Berechnung eines einfachen Gleiswechsels zweier gerader Gleise mit gegebenem Gleisabstand e und zwei gleichen einfachen Weichen in symmetrischer Anordnung kann folgendermaßen durchgeführt werden: • Vorgabe: möglichst kurze Entwicklungslänge oder möglichst hohe Abzweiggeschwindigkeit • Wahl einer geeigneten Weiche • Bestimmung der zulässigen Geschwindigkeit im Zweiggleisbogen

• Bestimmung der erforderlichen Länge der Zwischengerade l g e l = −2 ⋅ l gsin α t

• Vergleich der errechneten Länge l g mit den zulässigen Werten

• Bestimmung der Entwicklungslänge l e = + ⋅ ⋅ α + ⋅ le( l g2 l t )cos 2 l t

Doppelte Gleiswechsel bestehen aus zwei aufeinanderfolgenden einfa- chen Gleiswechseln. Sie können als Weichenkreuz oder als aufgelöste bzw. versteckte Kreuzung ausgebildet werden. Das Weichenkreuz be- nötigt eine geringere Entwicklungslänge, ist aber erst bei Gleisabständen von e ≥ 4,50 m realisierbar. Da bei diesem Gleisabstand aufgrund der räumlichen Enge außerdem die Kreuzung in die Weichen mit einbezogen werden muss und nicht an die Weichenenden anschließen kann, sollen Weichenkreuze nach Möglichkeit beim Neueinbau vermieden werden.

Abb. 6.22 Weichenkreuz und aufgelöste Kreuzung im Vergleich

6.22 Weichen und Kreuzungen

Abb. 6.23 Weichenkreuz

Abb. 6.24 Doppelte Gleisverbindung mit aufgelöster Kreuzung

Eine Weichenstraße bezeichnet eine Folge mehrerer Gleiswechsel, wobei zumindest drei Gleise miteinander verbunden werden. Sie finden sich in den Gleisvorfeldern von Bahnhöfen. Durch die Verwendung von Weichen mit steiler Neigung oder im Extremfall durch den Einbau von Kreuzungsweichen kann eine geringe Längenentwicklung erreicht wer- den, die im Bahnhofsbereich häufig erwünscht ist.

Abb. 6.25 Weichenstraße mit und ohne Kreuzung

Sicherung des Bahnbetriebes 7.1

7 Sicherung des Bahnbetriebes

Die Sicherheit im Schienenverkehr baut auf zwei Faktoren auf:

Sicherheit der Fahrzeuge und Betriebssicherheit mit den Fahrzeugen der baulichen Anlagen + auf den baulichen Anlagen

Schienenfahrzeuge weisen aus dem Blickwinkel der Verkehrssicherheit gegenüber Straßenfahrzeugen als systemtypische Merkmale • eine größere Masse und damit eine größere kinetische Energie, • ungünstige Reibungsverhältnisse (Stahlrad / Stahlschiene im Ver- gleich zu Gummirad / Straße) sowie • eine Spurführung auf, die zu aufwendigen sicherungstechnischen Vorrichtungen und Anla- gen führen. Es ergeben sich in Hinsicht auf die Sicherung des Bahnbe- triebes zwei grundsätzliche Feststellungen: • Unfälle bergen immer ein hohes Verletzungsrisiko der Reisenden. Aus diesem Grund laufen die Bestrebungen im Schienenverkehr dahin, Unfälle nach menschlichem Ermessen auszuschließen und nicht de- ren Folgen zu minimieren. • Durch die Spurführung von Schienenfahrzeugen ist die Richtung der Fahrzeugbewegung vorgegeben; ein Ausweichen ist nicht möglich. Dies führt dazu, dass die Verantwortlichkeit für die Sicherheit nicht al- lein beim Fahrzeugführer liegt. Vielmehr ist ein gesicherter Fahrweg über Stellwerkseinrichtungen und andere Betriebsstellen zu garantie- ren. Die Zielsetzung der Eisenbahnsicherungstechnik liegt in der Gefahrenmi- nimierung bei Folgefahrten und Gegenfahrten sowie dem Ausschluss einer Gefährdung der Betriebssicherheit durch • Flankenfahrt, • Weichenumstellung unter einem fahrenden Zug, • Kollision mit anderen Verkehrsmitteln sowie • Überschreiten der zulässigen Geschwindigkeit.

Die Aufgaben der Eisenbahnsicherungstechnik lassen sich damit verein- fachend auf die Aufgaben: • Abstandshaltung der Züge sowie • Fahrwegsicherung

begrenzen.

7.2 Sicherung des Bahnbetriebes

7.1 Abstandshaltung

7.1.1 Fahren auf Sicht Das Fahren auf Sicht ist die älteste Form der Abstandshaltung im Schie- nenverkehr. Auf den ersten Eisenbahnstrecken war ein sicherer Be- triebsablauf aufgrund der geringen Fahrgeschwindigkeiten und der gro- ßen Zugfolgeabstände hinreichend gewährleistet. Durch das gestiegene Geschwindigkeitsniveau im heutigen Bahnverkehr kann jedoch die Grundforderung der Verkehrstechnik Sichtweite ≥ Bremsweg nicht mehr erfüllt werden. Ausschließlich Straßenbahnen mit einer Geschwindigkeit von weniger als 70 km/h dürfen (außerhalb von Tunneln) auf Sicht fahren. In der BOStrab wird dies in § 49 präzisiert: „Ein Zug darf einem anderen nur in einem solchen Abstand folgen, dass er auch bei ungünstigsten Betriebsverhält- nissen, insbesondere bei unvermutetem Halten des vorausfahrenden Zuges, rechtzeitig zum Halten gebracht werden kann.“ Straßenbahnen erhalten neben den Betriebsbremsen besondere zusätz- liche Bremsen für den Gefahrenfall (Magnetschienenbremse), um die notwendigen hohen Bremsverzögerungen, die sich auch aus der Teil- nahme am allgemeinen Straßenverkehr ergeben, erreichen zu können.

Abstand ≥ Bremsweg Abb. 7.1 Fahren auf Sicht nach BOStrab Im Eisenbahnbetrieb gilt nach EBO § 39 das Prinzip des „Fahrens im Raumabstand“. Ausnahmen sind nur bei • Rangierfahrten und • Betriebsstörungen gestattet, hierbei darf die Geschwindigkeit auf Sicht fahrender Züge höchstens 25 km/h bzw. 40 km/h betragen.

7.1.2 Fahren im Zeitabstand Als früheste Form der Zugsicherung kam das Fahren im Zeitabstand zur Anwendung. Diesem Verfahren liegt die Annahme zugrunde, dass ein Zug die Strecke bis zur nächsten Betriebsstelle in der im Fahrplan vorge- sehenen Zeit zuzüglich einer bestimmten Toleranz durchfährt. Ein Zug durfte in einen Streckenabschnitt erst eine bestimmte Zeitspanne nach dem vorausfahrenden Zug einfahren. Diese Zeitspanne war abhän- gig von der Beschaffenheit und Fahrgeschwindigkeit der Züge und sollte so Geschwindigkeitsunterschiede berücksichtigen. Beispielsweise war der Abstand eines Schnellzuges nach einem Güterzug größer bemessen als umgekehrt, da nur im ersten Fall die Gefahr des Auffahrens auf den langsameren Zug gesehen wurde. Diese Gefahr bestand auch bei au- ßerplanmäßigen Halten von Zügen Dieses Sicherungssystem ist äußerst rudimentär und beinhaltete keiner- lei technische Sicherung. Die Sicherheit des Betriebs wurde allein durch die Umsicht und Zuverlässigkeit des Betriebspersonals gewährleistet. Erschwerend hinzu kam die oft mangelhafte Kommunikation zwischen

Sicherung des Bahnbetriebes 7.3

den Betriebsstellen, welche in der Anfangszeit lediglich auf optischen Telegrafen (sofern Sichtverbindung bestand) oder Boten beruhte. Dieser Mangel wurde erst durch die Entwicklung elektrischer Telegrafen beho- ben. Trotz des Fahrens im Zeitabstand kam es zu zahlreichen Unfällen, so- dass dieses System, nachdem die technischen Voraussetzungen ge- schaffen waren, schnell durch das Fahren im Raumabstand abgelöst wurde.

7.1.3 Fahren im Raumabstand Im Eisenbahnverkehr kann aufgrund der höheren Geschwindigkeiten und der größeren Lasten nicht mehr davon ausgegangen werden, dass ein Zug vor einem stehenden Hindernis noch rechtzeitig zum Halten ge- bracht werden kann, daher sind Folgefahrten auszuschließen, d. h. es ist strikt zu unterbinden, dass ein Zug einem Vorausfahrenden ohne weite- res folgt. Er darf erst in einen Streckenabschnitt eingelassen werden, wenn sich kein weiterer Zug darin aufhält.

Abb. 7.2 Betriebsgefährdung durch Folgefahrt

Hierzu wird eine Strecke in räumliche Abschnitte unterteilt, in der sich maximal nur ein Zug befinden darf. Ein solcher Zugfolgeabschnitt wird durch ortsfeste Zugfolgestellen begrenzt. Erst wenn ein Zug eine Zugfolgeabschnitt vollständig verlassen hat und unter Deckung der zurückliegenden Zugfolgestelle steht, d. h. wenn das zurückliegende Hauptsignal Halt zeigt, darf ein weiterer Zug in diese Zug- folgeabschnitt einfahren. Somit wird gewährleistet, dass ein Zug spätes- tens an einem Halt zeigenden Signal gestellt wird und somit nicht auf einen langsameren oder haltenden Zug auffährt. Man spricht dabei vom Fahren im Raumabstand, umgesetzt durch das sogenannte Blocksystem (englisch: to block = sperren, verschließen). Dies stellt heute die gängige Betriebssicherung im Eisenbahnverkehr dar und ist auch bei Stadtbahnen anzutreffen. Zugfolgestellen der Eisenbahn sind auf herkömmlichen Strecken mit Signalen ausgestattet, durch welche dem Fahrzeugführer übermittelt wird, ob in den folgenden Streckenabschnitt eingefahren werden darf oder nicht. Eine Zugfolgestelle kann eine Blockstelle (einzige Aufgabe: Deckung einer Zugfahrt vor einer Folgefahrt), des Weiteren aber auch • Bahnhof, • Abzweigstelle (Übergangsmöglichkeit von einer Strecke auf eine an- dere), • Überleitstelle (Übergangsmöglichkeit von einem Gleis einer mehrglei- sigen Strecke auf ein anderes) oder • Deckungsstelle (Bahnanlagen der freien Strecke zur Sicherung des Zugverkehrs an beweglichen Brücken, höhengleichen Kreuzungen mit anderen Schienenstrecken u.ä.) mit den entsprechenden Signalisierungseinrichtungen sein.

7.4 Sicherung des Bahnbetriebes

Eine Zugfolgestelle, in der auch die Reihenfolge von Zügen geändert werden kann, wird als Zugmeldestelle bezeichnet. Hierunter fallen Bahnhöfe, Überleitstellen und Abzweigstellen. Unter Berücksichtigung des langen Bremsweges von Schienenfahrzeu- gen können Hauptsignale in der Regel nicht rechtzeitig vom Fahrzeug- führer erkannt werden. Aus diesem Grunde wird ihre Stellung durch Vor- signale angekündigt. Der Abstand zwischen Vor- und zugehörigem Hauptsignal beträgt nach EBO § 35 im Regelfall • 700 m auf Haupt- und Nebenbahnen und • 1000 m auf Hauptbahnen, wobei sich das genaue Maß unter Berücksichtigung der Streckenlängs- neigung und der Fahrgeschwindigkeit ergibt. Der Abstand zwischen Vor- und zugehörigem Hauptsignal sollte auf einer Strecke einheitlich gewählt werden. Die Länge des Streckenblockes richtet sich nach der gewünschten Stre- ckenleistungsfähigkeit, sie darf aber jeweils den Abstand zwischen Vor- und Hauptsignal nicht unterschreiten. Das Fahren im Raumabstand nach dem Blocksystem wird in der Abb. 7.3 vereinfacht dargestellt: a) A B C

1 2 Fahrt Fahrt b) A B C

1 2 Halt Fahrt c) A B C

1 2 Halt Fahrt d) A B C

1 2 Halt Fahrt e) A B C

1 2 Fahrt Halt f) A B C

1 2

Halt Halt A, B, C: Streckenblock 1, 2: Blocksignale / Blockstellen Abb. 7.3 Fahren im Raumabstand, Blocksystem

Sicherung des Bahnbetriebes 7.5

Ein Zug nähert sich dem Hauptsignal 1. Der Streckenabschnitt B ist frei, Signal 1 kann „Fahrt“ zeigen (Abb. 7.3 a). Der Zug fährt in den Streckenabschnitt B ein. Nachdem er das Signal 1 passiert hat, wird dieses auf „Halt“ gestellt. Dieses und alle anderen in diesen Streckenabschnitt führenden Signale werden in der Haltstellung verschlossen, d. h. weitere Zugfahrten in den Streckenabschnitt B kön- nen nicht zugelassen werden. Ist der Streckenabschnitt C frei, so kann das Signal 2 auf „Fahrt“ gestellt werden (Abb. 7.3, b). Ein weiterer Zug nähert sich im Streckenabschnitt A dem Signal 1 (Abb. 7.3, c). Der zweite Zug muss vor dem Signal 1 warten, da der erste Zug den Streckenabschnitt B noch nicht verlassen hat (Abb. 7.3, d). Der erste Zug hat das Signal 2 passiert und damit den Streckenabschnitt B vollständig geräumt. Signal 2 wird auf „Halt“ gestellt (Abb. 7.3, e). Damit kann das Signal 1 wieder auf „Fahrt“ gestellt werden. Signal 1 wird in die Fahrtstellung gebracht, der zweite Zug darf in den Streckenab- schnitt B einfahren. Zug 1 wird nun durch das Signal 2 gedeckt (Abb. 7.3, f). Auf freier Strecke ergeben sich zusammengefasst für die Sicherung von Zugfahrten unter Verwendung des Blocksystems folgende Strecken- blockbedingungen : Ein Ausfahr- oder Blocksignal darf sich erst dann auf Fahrt stellen lassen, wenn • der folgende Blockabschnitt und • die an ihn anschließende Schutzstrecke frei (siehe Kapitel 7.2.2) so- wie • der vorausfahrende Zug durch ein Hauptsignal gedeckt ist. Zur Ausführung des Blocksystems und der Kontrolle der Streckenblock- bedingungen kommen zwei Verfahren zum Einsatz: Der • elektrische Streckenblock (Handblock) und der • selbsttätige Streckenblock. Beim elektrischen Streckenblock werden handgestellte Signale verwen- det, jede Blockstelle ist mit einem Blockwärter besetzt. Die Verständigung der Blockwärter untereinander erfolgt über Fernmeldeleitungen. Dadurch ist der elektrische Streckenblock einerseits sehr personalintensiv und andererseits auch anfällig für menschliche Fehlerquellen. Heutzutage wird vorrangig der selbsttätige Streckenblock verwendet. Hierbei erfolgt die Sperrung und Freigabe der Streckenblöcke durch die Züge selbst. Um das Passieren eines Zuges an einer Blockstelle erfas- sen zu können, werden • Gleisstromkreise • Tonfrequenzgleisstromkreise und • Achszähler

eingesetzt. Ein Gleisstromkreis wird gebildet durch einen elektrisch isolierten Gleis- abschnitt. An einem Ende wird eine niederfrequente elektrische Span- nung zwischen den beiden Schienen angelegt und am anderen Ende durch ein Motorrelais abgegriffen. Ist der Gleisabschnitt frei, so liegt auch

7.6 Sicherung des Bahnbetriebes

am Ende eine Spannung an, das Relais zieht an und die Stellwerkstech- nik erkennt das Gleis als frei. Ist das Gleis besetzt, fließt der Strom über die Achsen ab (sogenannter „Achsnebenschluss“), damit sind die Schie- nen am Ende des Gleisabschnittes spannungslos, das Relais fällt ab und meldet das Gleis an das Stellwerk als besetzt.

Isolierstoß Isolierstoß

Relais Spannungsquelle

Abb. 7.4 Gleisstromkreis in einem unbesetzten Gleis, Stromkreis ist ge- schlossen

Radsatz

Abb. 7.5 Gleisstromkreis in einem besetzten Gleis, Strom fließt über die Radsätze des Zuges ab (Nebenschluss), keine Spannung an der Auswerte- einrichtung

Abb. 7.6 Isolierstoß

Sicherung des Bahnbetri ebes 7.7

Bei Tonfrequenz-Gleisstromkreisen werden hochfrequente Spannun- gen eingesetzt (Frequenzen im Hörbereich, daher der Name „Ton“- frequenz). Hier kann auf eine galvanische Isolierung verzichtet werden, da benachbarte Gleisstromkreise mit unterschiedlichen Frequenzen ar- beiten und Einflüsse in einigen hundert Metern Entfernung zum Einspei- sepunkt bedingt durch die elektrische Kapazität der Schienen keine Wir- kung mehr zeigen. Besonders auf freier Strecke verbreitet sind Achszähler , die magnetisch die Achsen erfassen und zählen, welche eine Blockstelle passieren. Die Zählergebnisse werden selbsttätig miteinander verglichen. Haben ebenso viele Achsen den Streckenabschnitt verlassen wie zuvor eingefahren sind, wird dieser als frei erkannt.

Abb. 7.7Achszähler

7.1.4 Gegenfahrschutz Auf Streckengleisen, die planmäßig in beiden Richtungen befahren wer- den, sind darüber hinausgehende Sicherungseinrichtungen vorhanden, die verhindern, dass sich zwei Züge auf demselben Gleis entgegenfahren (Gegenfahrt). Hierzu ist der abzulassende Zug dem Fahrdienstleiter der benachbarten Zugmeldestelle anzubieten, der diesen annehmen oder abweisen kann (Zugmeldegespräch). Außerdem wird technisch sichergestellt, dass von zwei benachbarten Zugmeldestellen nur eine jene Signale bedienen kann, welche auf die gemeinsame Strecke führen. Die Signale der anderen liegen unter Ver- schluss. Soll ein Zug die Strecke in der anderen Richtung befahren, gibt nach erfolgtem Zugmeldegespräch der Fahrdienstleiter, der zuletzt einen Zug in die Strecke abgelassen hat, die Erlaubnis ab, dabei kommen die eige- nen Signale unter Verschluss, während jetzt die Signale der anderen Zugmeldestelle bedienbar werden. Die Erlaubnisabgabe ist nur möglich, wenn kein Zug unterwegs ist; dies ist technisch abgesichert.

Abb. 7.8 Betriebsgefährdung durch Gegenfahrt

7.8 Sicherung des Bahnbetriebes

7.2 Fahrwegsicherung

In Bahnhöfen bestehen für die Zug- und Rangierfahrten verschiedene Fahrtmöglichkeiten, die Fahrwege . Diese können sich untereinander auch kreuzen oder berühren. Ein festgelegter und signaltechnisch gesi- cherter Fahrweg wird als Fahrstraße bezeichnet. Grundsätzlich sind in Bahnhöfen alle Zugfahrten (im Gegensatz zu den Rangierfahrten) technisch zu sichern. Aus diesem Grund muss gewähr- leistet sein, dass • ein Signal erst dann in Fahrtstellung gebracht werden kann, wenn alle für die entsprechende Zugfahrt notwendigen Weichen richtig gestellt und verschlossen sind (Abhängigkeit zwischen Weichen und Signa- len), • die gleichzeitige Fahrtstellung von Signalen für einander gefährdende (feindliche) Fahrstraßen ausgeschlossen ist (Abhängigkeit zwischen Signalen), • Zugfahrten nicht durch Rangierfahrten auf Nachbargleisen gefährdet werden können (Schutz vor Flankenfahrten) und • jedes in Fahrtstellung gebrachte Signal für nur eine Zugfahrt gilt und anschließend wieder auf „Halt“ gestellt wird.

Abb. 7.9 Betriebsgefährdung durch Flankenfahrt

Diese Abhängigkeit zwischen Signalen, Weichen und Flankenschutz- einrichtungen einer Fahrstraße wird als Signalabhängigkeit bezeichnet. Wird die Signalabhängigkeit aufgrund von Fehlfunktionen einzelner Ele- mente der Fahrstraße aufgehoben, entsteht ein Betriebszustand, der ein geringeres Sicherungsniveau aufweist. Bei der Freigabe einer Fahrstraße entsteht folgender Handlungsablauf: Zunächst wird durch Hinsehen des Stellwerkspersonals oder technisch über Gleisfreimeldeeinrichtungen geprüft, ob die Fahrstraße frei von Fahrzeugen ist. Sofern außerdem gesichert ist, dass nicht gleichzeitig feindliche Fahrstraßen freigegeben sind, kann anschließend der Fahrweg eingestellt werden. Dafür werden alle Weichen und Flankenschutzeinrich- tungen in die richtige Lage gebracht. Nach der Festlegung des Fahrwe- ges, der so genannten Bildung der Fahrstraße, werden die betreffenden Weichen und Flankenschutzeinrichtungen in ihrer Lage verschlossen und es kann das Signal in Fahrtstellung gestellt werden. Die Fahrwegsicherung wird gewährleistet durch • Flankenschutzeinrichtungen, • Sicherheitsabständen vor bzw. hinter Hauptsignalen sowie • Weichensicherungen (Weichenverschlüsse u.a.).

Sicherung des Bahnbetriebes 7.9

7.2.1 Flankenschutzeinrichtungen Flankenschutzeinrichtungen sollen gewährleisten, dass Zugfahrten nicht durch Fahrzeuge auf Nachbargleisen (Zug-/Rangierfahrten oder unbeab- sichtigt ins Rollen geratene Wagen) gefährdet werden können. Dafür müssen alle Weichenverbindungen zwischen dem für die Zugfahrt be- nutzten Gleis und den Nachbargleisen gesichert sein. Zur Anwendung kommen hierfür Schutzweichen, Gleissperren, Streckenschutzabschnitte und Sperrsignale. Schutzweichen stellen die sicherste Möglichkeit der Fahrwegsicherung dar. Ihre Funktionsweise soll durch Abb. 7.10 veranschaulicht werden:

Zug B Schutzweiche

Zug A Gleis 2 Zug A

Gleis 1 Abb. 7.10 Anordnung einer Schutzweiche

Zug B wartet auf Gleis 2 und soll durch Zug A überholt werden. Dieser erhält Einfahrt nach Gleis 1, sobald sichergestellt ist, dass Zug B nicht in seinen Fahrweg geraten kann. Zu diesem Zweck wird die Schutzweiche in Geradeausstellung gebracht. Sollte sich Zug B nun unbeabsichtigt in Bewegung setzen, so wird er durch die Schutzweiche auf das folgende Stumpfgleis und nicht in den Fahrweg von Zug A geleitet. Gleissperren sind prinzipiell mit Schutzweichen zu vergleichen. Sie füh- ren im geschlossenen Zustand jedoch dazu, dass ins Rollen geratene Fahrzeuge zum Entgleisen gebracht werden und so nicht in das zu schützende Gleis weiterfahren können. Die Richtung des Entgleisens, die Auswurfrichtung, kann dabei vorgegeben werden. Sie wird im Lageplan durch einen Pfeil gekennzeichnet. Gleissperren kommen nur auf Abstell- oder Rangiergleisen zum Einsatz und nicht auf Gleisen, die Zugfahrten dienen.

Abb. 7.11 Darstellung einer Gleissperre im Lageplan

Isolierte Streckenschutzabschnitte dienen der Feststellung, ob ein Zug vollständig in ein Überholgleis eingefahren ist. Im unten dargestellten Beispiel muss der nach Gleis 2 einfahrende Zug B zunächst den Stre- ckenschutzabschnitt vollständig räumen. Erst dann kann die Einfahrwei- che wieder umgestellt und das Einfahrsignal für Zug A nach Gleis 1 in Fahrtstellung gebracht werden.

isolierter Streckenschutzabschnitt:

Zug B

Zug A Gleis 2

Gleis 1 Abb. 7.12 Funktion eines isolierten Streckenschutzabschnittes

7.10 Sicherung des Bahnbetriebes

7.2.2 Sicherheitsabstände Um die Auswirkungen von Bremsungenauigkeiten im Zugverkehr gering zu halten, müssen hinter jedem Signal Sicherheitsabstände freigehalten werden. Damit soll verhindert werden, dass es beim Überfahren von Halt zeigenden Signalen unmittelbar zu Betriebsgefährdungen kommt. Die im Folgenden angegebenen Werte sind Richtwerte und können örtlich diffe- rieren. Hinter Blocksignalen auf freier Strecke ist eine Schutzstrecke von 200 m freizuhalten. In Bahnhöfen sind Gefahrpunktabstände und Durchrutsch- wege anzuordnen. Der Gefahrpunktabstand (GPA) ist der Abschnitt zwischen einem Hauptsignal einer Bahnhofseinfahrt und der ersten Stelle, an der durch unzulässig am Hauptsignal vorbeifahrende Züge eine Gefährdung auftre- ten kann. Der Gefahrpunktabstand beträgt 100 m zwischen Hauptsignal und einer spitz befahrenen Weiche (Abb. 7.13, a) und 200 m zwischen Hauptsignal und • dem Grenzzeichen einer stumpf befahrenen Weiche (Abb. 7.13, b), • dem Zugschluss eines am Halteplatz stehenden Zuges (Abb. 7.13, c), • einer Ra 10-Tafel, welche anzeigt, dass über diese Tafel hinaus nicht rangiert werden darf (Abb. 7.13, d).

a) 100 m

b) 200 m

c) 200 m

d) 200 m

Abb. 7.13 Gefahrpunktabstände

Sicherung des Bahnbetriebes 7.11

Hinter Signalen der Bahnhofsausfahrt liegt der Durchrutschweg . Seine Länge ist abhängig von der Einfahrgeschwindigkeit und beträgt • 0 m bei Einfahrgeschwindigkeiten von 30 km/h und darunter, • 50 m bei Einfahrgeschwindigkeiten von höchstens 40 km/h und • 100 m bei Einfahrgeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h. • 200 m bei höheren Einfahrgeschwindigkeiten Die Funktion des Durchrutschweges kann auch durch Schutzweichen sichergestellt werden. Durchrutschweg

Abb. 7.14 Durchrutschweg

7.12 Sicherung des Bahnbetriebes

7.3 Signale

Signale dienen der optischen und akustischen Übermittlung von Informa- tionen. Grundlage für die Ausführung der Signalsysteme deutscher Ei- senbahnen ist die EBO und die Eisenbahn-Signalordnung (ESO), für U-, Stadt- und Straßenbahnen die BOStrab. Eine konkrete Definition der bei der DB AG verwendeten Signale erfolgt in der DS 301 (Signalbuch). Dort werden insgesamt alle Signalarten aufgeführt und deren Signalbilder sowie Signalbegriffe erläutert. Optische Signale werden in Deutschland regulär rechts neben oder über dem Gleis angeordnet, für welches sie bestimmt sind. Davon ausge- nommen sind die linken Gleise zweigleisiger Strecken, wo die Signale regulär links aufgestellt werden. Weitere Ausnahmen sind vor Ort durch das Signal Ne 4 – Schachbretttafel gekennzeichnet und in den Unterla- gen des Betriebspersonals vermerkt. Akustische Signale dienen meist dem Rangierbetrieb und kommen bei Zugfahren nur in geringem Maße zur Anwendung. Im Erscheinungsbild unterscheiden sich die verwendeten Signale grund- sätzlich in Licht- und Formsignale. Diese bilden im Wesentlichen diesel- ben die Signalbegriffe ab, es kommen jedoch unterschiedliche Signalbil- der zur Anwendung. Signalbegriffe bezeichnen die Bedeutung eines Signals für die Betriebs- abwicklung; Signalbilder hingegen die äußere Form des jeweiligen Sig- nals (z. B. Signal Ts 1, Signalbegriff: „Nachschieben einstellen“, Signal- bild: „Um 90° nach rechts umgelegtes weißes T auf schwarzer Rechteck- scheibe“). Grundsätzlich gibt ein Lichtsignal einen Signalbegriff durch das Auf- leuchten verschiedenfarbiger Lichtpunkte, ein Formsignal durch Verän- derung seiner Kontur durch bewegliche Bauteile wider. Darüber hinaus existieren Lichtsignale, welche ein Signalbild durch verschiedene Anord- nung gleichfarbiger Lichtpunkte abbilden (verbreitet in den USA: Position- Light Signal), solche Signale sind in Deutschland als Haupt- oder Vorsig- nale jedoch nicht gebräuchlich. In der Systematik der Signalbegriffe muss eine grundsätzliche Unter- scheidung zwischen Wegesignalisierung und Geschwindigkeitssignalisie- rung getroffen werden. In der Frühzeit der Eisenbahn war allein die Wegesignalisierung üblich: ein Signal gab die Fahrrichtung an, die jeweils zulässige Höchstge- schwindigkeit musste dem Triebfahrzeugführer bekannt sein. In späterer Zeit wurde dies durch die Geschwindigkeitssignalisierung abgelöst, welche die zulässige Höchstgeschwindigkeit für den anschließenden Gleisabschnitt anzeigt. In der Praxis werden heute meist verschiedene Merkmale beider Syste- matiken vermischt. In Deutschland kommt seit 1935 fast ausschließlich die Geschwindigkeitssignalisierung zur Anwendung, welche mit Einfüh- rung des Kombinations-Signalsystems (KS-System) seit 1993 konse- quent weiterverfolgt wurde. Der folgende Abschnitt beschränkt sich auf die Haupt-, Vor- und Kombi- nationssignale der DB AG, die Ausführungen gelten sinngemäß auch für Bahnen nach BOStrab.

Sicherung des Bahnbetriebes 7.13

7.3.1 Hauptsignale Hauptsignale (Hp) zeigen an, ob in den folgenden Gleisabschnitt einge- fahren werden darf. Sie werden als Einfahr-, Zwischen- und Ausfahrsig- nale in Bahnhöfen, als Blocksignale sowie als Deckungssignale vor be- sonderen Gefahrstellen eingesetzt. Hauptsignale zeigen die Signalbegriffe • Hp 0 - Halt, • Hp 1 - Fahrt und ggf. auch • Hp 2 – Langsamfahrt (i.d.R. 40 km/h).

rot

rot

Lichtsignal Formsignal Tag und Nacht Tag Nacht Ein oder zwei rote Lichter Der (obere) Signalflügel Ein rotes Licht zeigt waagerecht nach rechts

Abb. 7.15 Signal Hp 0 – Halt

7.14 Sicherung des Bahnbetriebes

grün grün

Lichtsignal Formsignal Tag und Nacht Tag Nacht Ein grünes Licht Der (obere) Signalflügel Ein grünes Licht zeigt im Winkel von 45° nach rechts oben

Abb. 7.16 Signal Hp 1 – Fahrt

Abb. 7.17 Formsignale: Hauptsignal Hp 1, Vorsignal Vr 0

Sicherung des Bahnbetriebes 7.15

grün grün

gelb

gelb

Lichtsignal Formsignal Tag und Nacht Tag Nacht Ein grünes und senkrecht Beide Signalflügel zeigen Ein grünes und senkrecht darunter ein gelbes Licht diagonal nach rechts oben darunter ein gelbes Licht

Abb. 7.18 Signal Hp 2 – Langsamfahrt (i.d.R. 40 km/h)

7.3.2 Vorsignale Vorsignale (Vr) dienen der Ankündigung von Hauptsignalen. Durch ihre Aufstellung wird gewährleistet, dass ein Bremsvorgang rechtzeitig be- gonnen werden kann. Entsprechend den Hauptsignalen können Vorsignale die Signalbilder • Vr 0 - Halt erwarten, • Vr 1 - Fahrt erwarten und • Vr 2 - Langsamfahrt erwarten (i.d.R. 40 km/h) anzeigen. Der Aufstellort der Vorsignale richtet sich nach dem zugehörigen Haupt- signal. Im Regelfall darf der Abstand des Vorsignals zum Hauptsignal 1000m auf Haupt- und 700m auf Nebenbahnen nicht unterschreiten. Bei kurzen Blockabschnitten können Vorsignale auch mit dem vorherigen Hauptsignal an einem Mast befestigt werden. Das Vorsignal befindet sich in diesem Fall unter dem Hauptsignal. Auf Nebenbahnen mit einer Streckenhöchstgeschwindigkeit von weniger als 60 km/h müssen keine Vorsignale aufgestellt werden. U- und Stadtbahnen verwenden aufgrund meistens recht kurzer Blockab- schnitte in der Regel keine Vorsignale. Haltzeigende Hauptsignale wer- den oft durch ein gelbes Signal (Langsamfahrt) am vorhergehenden Hauptsignal angekündigt. Vorsignale arbeiten immer synchron mit den zugehörigen Hauptsignalen und kündigen den betreffenden Signalbegriff an.

7.1 6 Sicherung des Bahnbetriebes

gelb

gelb gelb

gelb

Lichtsignal Formsignal Tag und Nacht Tag Nacht Zwei nach rechts steigende Senkrecht stehende Signal- Zwei nach rechts gelbe Lichter scheibe; Signalflügel weist, steigende gelbe Lichter sofern vorhanden, senkrecht nach unten

Abb. 7.19 Signal Vr 0 - Halt erwarten

grün

grün grün grün

Lichtsignal Formsignal Tag und Nacht Tag Nacht Zwei nach rechts steigen- In die Waagerechte gekippte Zwei nach rechts stei- de grüne Lichter Signalscheibe; Signalflügel gende grüne Lichter weist, sofern vorhanden, senk- recht nach unten

Abb. 7.20 Signal Vr 1 - Fahrt erwarten

Sicherung des Bahnbetriebes 7.17

grün

gelb

grün gelb

Lichtsignal Formsignal Tag und Nacht Tag Nacht Gelbes und nach rechts Senkrecht stehende Signal- Gelbes und nach rechts steigend ein grünes Licht scheibe; Signalflügel weist steigend ein grünes Licht Im Bereich der ehemaligen schräg nach rechts unten Im Bereich der ehemali- Deutschen Reichsbahn gen Deutschen Reichs- können die farbigen Lich- bahn können die farbigen ter vertauscht sein. Lichter vertauscht sein.

Abb. 7.21 Signal Vr 2 - Langsamfahrt erwarten

7.3.3 Kombinationssignale Das bisher verwendete und aus den Formsignalen entwickelte System der Haupt- und Vorsignale (H/V-System) benötigen relativ große Anzahl an Einzelsignalen und damit auch sehr viele Signallichter. Aus diesem Grund wurden die Kombinationssignale (KS) entwickelt, welche je nach örtlichen Gegebenheiten die Funktion eines Hauptsignals, eines Vorsig- nals oder eines kombinierten Haupt- und Vorsignals (Mehrabschnittssig- nal) übernehmen können. Kombinationssignale sollen bei Neuplanungen bevorzugt zum Einsatz kommen. Zu den Kombinationssignalen existieren ausschließlich Licht- signale. Die bisherige Unterscheidung in Fahrt und Langsamfahrt wurde zuguns- ten einer konsequenten Geschwindigkeitssignalisierung aufgegeben. Jede von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit der Strecke abweichen- de Geschwindigkeit wird durch Geschwindigkeitsanzeiger (Zs 3) ange- zeigt oder angekündigt (Zs 3v).

7.18 Sicherung des Bahnbetriebes

grün grün gelb blinkend

Ks 1 – Fahrt Ks 2 - Halt erwarten Ein grünes Licht Ein grünes Blinklicht Ein gelbes Licht Fahrt mit Höchstgeschwin- Fahrt mit Höchstgeschwin- Fahrt mit Höchstgeschwin- digkeit der Strecke digkeit der Strecke digkeit der Strecke + Zs 3: Fahrt mit angezeig- + Zs 3: Fahrt mit angezeig- + Zs 3: Fahrt mit angezeig- ter Höchstgeschwindigkeit ter Höchstgeschwindigkeit ter Höchstgeschwindigkeit + Zs 3v: angezeigte Ge- Halt am nächsten Signal schwindigkeit am nächsten erwarten. Signal erwarten

Abb. 7.22 Kombinationssignal

Abb. 7.23 Kombinationssignal mit Zs 3

Sicherung des Bahnbetriebes 7.19

7.3.4 Geschwindigkeitsanzeiger (Zs 3) Geschwindigkeitsanzeiger geben die höchste zulässige Geschwindigkeit im anschließenden Weichenbereich an. Diese Geschwindigkeit in km/h entspricht dem Zehnfachen der angezeigten Kennziffer. Geschwindigkeitsanzeiger können sowohl alleine als auch im Zusam- menhang mit einem Hauptsignal gezeigt werden. Wird ein Geschwindig- keitsanzeiger gemeinsam mit einem Hauptsignal gezeigt, so gilt die durch den Geschwindigkeitsanzeiger angegebene Höchstgeschwindigkeit. Die angegebene Geschwindigkeit darf bis zum • nächsten Hauptsignal, • einem weiteren Zs 3 im Fahrweg, • einem Endesignal Zs 10 oder • dem Ende des anschließenden Weichenbereichs nicht überschritten werden.

I.d.R. zeigt die Spitze des Dreiecks nach unten. Die andere Bauform soll nur bei begrenztem Raum oder zusam- men mit Hauptsignalen verwendet werden. In der Praxis werden beide Bauformen verwendet.

Abb. 7.24 Signal Zs 3: Die durch die Kennziffer angezeigte Geschwindigkeit darf vom Signal ab im anschließenden Weichenbereich nicht überschritten werden Befindet sich ein Zs 3 an einem Hauptsignal, werden die Kennziffern 1 bis 6 zusammen mit dem Signalbegriff Hp 2 gezeigt. Höhere Kennziffern werden zusammen mit dem Signalbegriff Hp 1 gezeigt. Die Kennziffern 1 und 2 können auf eine Fahrstraße in ein besonders kurzes oder besetztes Gleis, die Kennziffer 3 auf eine Fahrstraße mit fehlendem Durchrutschweg oder in ein Stumpfgleis hinweisen. Geschwindigkeitsanzeiger werden durch einen Geschwindigkeitsvoran- zeiger (Zs 3v) angekündigt. Wird Zs 3 zusammen mit einem Hauptsignal gezeigt, so wird das zugehörige Zs 3v in der Regel am jeweiligen Vorsig- nal gezeigt.

gelb

Abb. 7.25 Signal Zs 3v: Geschwindigkeitsanzeiger (Zs 3) erwarten Geschwindigkeitsanzeiger und Geschwindigkeitsvoranzeiger können auch als Lichtsignale ausgeführt werden. In diesem Fall wird eine weiße (Zs 3) oder gelbe (Zs 3v) Leuchtziffer auf schwarzem Grund gezeigt.

7.20 Sicherung des Bahnbetriebes

7.4 Zugbeeinflussung

Alle bisher behandelten Abhängigkeiten zwischen Weichen, Signalen und Gleissperren stellen noch nicht sicher, dass der Triebfahrzeugführer die ihm Halt gebietenden Signale auch tatsächlich beachtet. Gründe können sein: schlechte Sicht, mangelnde Streckenkenntnis, Signalverwechslun- gen, Unachtsamkeit und Unwohlsein. Aus diesen Gründen wurde die Zugbeeinflussung entwickelt. Ihre Aufga- be besteht darin, Züge im Gefahrenfall selbsttätig zum Halten zu bringen oder aber auch Züge automatisch zu führen. Grundsätzlich sind folgende Arten der Zugbeeinflussung zu unterschei- den: • Sicherheitsfahrschaltung, • Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB, früher Induktive Zugsicherung Indusi) • Linienförmige Zugbeeinflussung (LZB) und • European Train Control System (ETCS). Gängig ist der Zugbahnfunk zur Verständigung zwischen Triebfahrzeug- führer und Fahrdienstleiter; städtische Bahnsysteme verfügen in der Re- gel ebenfalls über Funkverbindungen zur Leitstelle. Diese Systeme wer- den in Hinsicht auf die Zugsicherung aber nur als Rückfallebene benutzt. In der Vorbereitung befindet sich zurzeit das europaweit einheitlich defi- nierte Zugbeeinflussungssystem ETCS. Dieses soll einen wirtschaftlichen grenzüberschreitenden Betrieb mitunter bei Verzicht auf ortsfeste Signal- technik ermöglichen. In der EBO sind grundsätzliche Vorschriften zur Zugbeeinflussung in § 15 festgelegt: • Strecken, die mit mehr als 100 km/h befahren werden, müssen mit einer Zugbeeinflussung ausgerüstet sein, durch die ein Zug selbsttätig zum Halten gebracht werden kann, • Strecken, die mit mehr als 160 km/h befahren werden, müssen mit einer Zugbeeinflussung ausgerüstet sein, durch die ein Zug selbsttätig zum Halten gebracht und außerdem geführt werden kann. In der BOStrab besagt § 38, dass Personenfahrzeuge eine Sicherheits- fahrschaltung haben müssen, die bei Ausfall des Fahrzeugführers eine Bremsung bis zum Stillstand bewirkt.

7.4.1 Sicherheitsfahrschaltung Die Sicherheitsfahrschaltung (SIFA) überwacht die Diensttauglichkeit des Triebfahrzeugführers: Dieser muss während der Fahrt in regelmäßigen Abständen (bei der DB AG ca. 30 s) den Fußtaster kurzzeitig loslassen. Erfolgt die Bedienung nicht oder wird die Taste gedrückt gehalten, so ertönt nach einer festgelegten Zeit oder einer festgelegten Strecke ein akustischer Warnton. Bleibt die Reaktion weiterhin aus, wird eine Schnellbremsung eingeleitet.

Sicherung des Bahnbetriebes 7.21

7.4.2 Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) Zur Beachtung haltzeigender Signale wird im Eisenbahnbetrieb auf Hauptstrecken vorwiegend die induktive Zugsicherung (Indusi) ver- wendet. Hierbei ist jeweils seitlich des Schienenprofils auf den Schwel- lenköpfen ein sogenannter Gleismagnet angebracht. Die Fahrzeuge be- sitzen Fahrzeugmagnete, Frequenzgeneratoren und Auswerteeinrichtun- gen. Wird ein Gleismagnet überfahren, wirkt dieser durch elektromagne- tische Resonanz auf den Fahrzeugmagneten ein. Durch unterschiedliche Frequenzen ist die Weitergabe verschiedener Informationen möglich. Bei der DB AG werden im Regelfall vor jedem Hauptsignal drei Gleismagne- ten mit Frequenzen von 1000, 500 und 2000 Hz angeordnet. Betrieblich wird bei Haltstellung des Signals folgendermaßen verfahren: • Am Vorsignal befindet sich der 1000 Hz-Magnet . Der Triebfahrzeug- führer muss nun innerhalb von 4 s die Wachsamkeitstaste betätigen. Zusätzlich wird eine Geschwindigkeitskontrolle aktiviert. Abhängig von der Zuggattung darf der Zug nach einer vorgegebenen Zeitspan- ne eine festgelegte Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten. Damit soll die ordnungsgemäße Einleitung des Bremsvorgangs überprüft werden. Werden die Vorgaben nicht befolgt, erfolgt unverzüglich die Einleitung einer Zwangsbremsung. • Im Abstand von 450 m bis 150 m (je nach Lage des maßgeblichen Gefahrpunktes) vor dem haltzeigenden Hauptsignal erfolgt die 500- Hz-Beeinflussung . Die Fahrgeschwindigkeit darf die abhängig von der Zuggattung vorgegebene Geschwindigkeit nicht überschreiten. Andernfalls wird eine Zwangsbremsung eingeleite. Auch ein weiteres Absenken der Geschwindigkeit innerhalb der nächsten 155 m wird überwacht. • Der 2000 Hz-Magnet befindet sich unmittelbar am Hauptsignal und bewirkt eine sofortige Zwangsbremsung. • Zeigt das zugehörige Hauptsignal Hp 1 oder Zs 1, so sind die Mag- neten abgeschaltet, es findet keine Zugbeeinflussung statt. Der Zug kann die Signale ohne Geschwindigkeitsreduzierung passieren.

180 km/h 160

140

120 1000 Hz

100 500 Hz

80 2000 Hz

60 1000 Hz restriktiv

40 500 Hz restriktiv

20 überwachte Geschwindigkeit 0 1000 800 600 400 200 0 Entfernung zum Hauptsignal [m]

Abb. 7.26 PZB 90-Bremskurve für einen Reisezug

7.22 Sicherung des Bahnbetriebes

Durch die selbsttätige Zugbeeinflussung wird gewährleistet, dass ein Zug • bei Nichtbeachtung eines haltzeigenden Vorsignals sowie • bei zu geringer Bremsverzögerung zumindest im Bereich der Schutzstrecke bzw. des Gefahrpunktabstandes hinter dem Hauptsignal zum Stehen kommt. Folgende Situationen haben sich dennoch als betriebsgefährdend erwie- sen: • Der Triebfahrzeugführer bedient zwar am Vorsignal die Wachsam- keitstaste, bremst jedoch nicht ab. • Der Zug hält zwischen Vor- und Hauptsignal an (z.B. zur Bedienung eines Haltepunktes), fährt dann wieder los und beschleunigt bis zum Hauptsignal. Er „unterfährt“ dabei alle Magnete, d. h. die jeweilige Überwachungsgeschwindigkeit wird nicht überschritten, der Zug je- doch weiter beschleunigt. In beiden Fällen kommt der Zug nicht im Gefahrpunktabstand zum Ste- hen. Daher wurde die ursprüngliche Indusi um eine kontinuierliche Ge- schwindigkeitsüberwachung (I60R) und schließlich um die restriktive Überwachung nach dem Anhalten (PZB90) ergänzt. Hält der Zug inner- halb der Beeinflussungsstrecke an, schaltet sich die PZB in den so ge- nannten restriktiven Modus , d. h. nach der Wiederanfahrt wird der Zug auf die Einhaltung geringerer Geschwindigkeiten überwacht, bis die noch zu überwachende Distanz abgefahren ist (s. gestrichelte Linien in Abb. 7.26).

Abb. 7.27 PZB-Magnet Kurz vor Beginn eines Abschnitts, der nur mit herabgesetzter Geschwin- digkeit befahren werden darf, liegen i. d. R. sogenannte Geschwindig- keitsprüfabschnitte . Diese werden durch den fahrzeugseitigen PZB- Prüfmagneten angestoßen. Für eine bestimmte Zeit ist dann ein 2000- Hz-Gleismagnet „scharf“, sprich wirksam wie sonst nur am Standort eines „Halt“ zeigenden Signals. Hält der Zug die zulässige Höchstgeschwindig- keit ein, hat sich der Gleismagnet vor dem Passieren wieder abgeschal- tet; zu schnell fahrende Züge werden jedoch zwangsgebremst.

Sicherung des Bahnbetriebes 7.23

7.4.3 Geschwindigkeitsüberwachung Neigetechnik (GNT) Um die Geschwindigkeiten auch auf kurvenreichen Altstrecken erhöhen zu können, setzen die Bahnen Neigezüge ein, die einen Teil der Flieh- kräfte durch ein Neigen der Wagenkästen kompensieren. Solche Züge dürfen den Großteil dieser Strecke schneller fahren. Da aber die PZB- Einrichtung die herkömmlichen Geschwindigkeiten überwacht, sind die betreffenden Strecken mit einer separaten Geschwindigkeitsüberwa- chung ausgerüstet. Über Balisen werden die zulässigen Höchstge- schwindigkeiten für den folgenden Streckenabschnitt übertragen, die vom Fahrzeuggerät überwacht werden. Zudem schalten spezielle Balisen im Bereich von Geschwindigkeitsprüfabschnitten die PZB- Fahrzeugausrüstung kurzzeitig ab, sofern die Neigetechnik aktiv ist. Balisen sind ins Gleis montierte Informationsträger, die ihre Daten an ein Lesegerät am darüber fahrenden Zug übermitteln. Die Funktionsweise entspricht dem eines Transponders, die berührungslos ausgelesen wer- den.

7.4.4 Linienförmige Zugbeeinflussung (LZB) Das Prinzip der linienförmigen Zugbeeinflussung ist der kontinuierliche Austausch von Informationen zwischen der Strecke und dem Fahrzeug. Diese Informationen betreffen • den Standort des Zuges • die zulässige Höchstgeschwindigkeit, • die Bremseigenschaften des Zuges selbst, • die Entfernung zu einer Absenkung der zulässigen Höchstgeschwin- digkeit. Auf der Basis dieser Informationen ist es möglich, für jeden Zug die je- weils optimale Geschwindigkeit zu berechnen und diese direkt im Führer- stand zu signalisieren (Führerraumsignalisierung). Weiterhin wird auch sofort die Einhaltung dieser Vorgaben überprüft, ggf. können entspre- chende Maßnahmen (Zwangsabbremsung, automatische Geschwindig- keitsanpassung) durchgeführt werden. Strecken, die mit mehr als 160 km/h befahren werden, müssen bei der DB AG mit LZB oder demnächst ETCS versehen sein. Die Übertragung der Informationen erfolgt über einen Linienleiter, einem Kabel zwischen den Schienen. Theoretisch kann bei der Anwendung von LZB völlig auf ortsfeste Signale verzichtet werden. Blockabschnitte werden durch die Elektronik simuliert und durch fiktive Blocksignale (so genannte LZB-Tafeln) begrenzt. Als Rückfallebene steht auf mit LZB betriebenen Strecken jedoch in der Re- gel auch konventionelle Signaltechnik zur Verfügung. Diese wird auch dann benötigt, wenn nicht mit LZB ausgerüstete Züge die Strecke befah- ren sollen. Im Allgemeinen werden aber aus Kostengründen nicht alle fiktiven Blockabschnitte konventionell signalisiert. Dies bedeutet, dass bei Störungen oder bei der Durchfahrt von nicht LZB-tauglichen Zügen die Streckenleistungsfähigkeit vermindert wird. Fahrzeuge, die mit der Automatischen Fahr- und Bremssteuerung (AFB) ausgerüstet sind, können unter LZB-Führung selbsttätig fahren. Die Rolle des Triebfahrzeugführers reduziert sich dann auf die des Überwachers. Er muss seine Diensttauglichkeit aber weiterhin ständig der SIFA „mittei- len“.

7.24 Sicheru ng des Bahnbetriebes

7.4.4.1 Computer Integrated Railroading Durch die Möglichkeit, grundsätzlich auf ortsfeste Signale zu verzichten, lässt sich die LZB nicht nur zur Erhöhung der zulässigen Höchstge- schwindigkeit, sondern auch zur Erhöhung der Streckenkapazität einset- zen. Hinzu kommt, dass die Führungsgrößen, also die Daten, die dem Triebfahrzeugführer im Führerstand angezeigt werden, in den Rechnern der LZB-Zentralen generiert und „von außen“ zum Fahrzeug übermittelt werden, was die Umsetzung dieses Vorhabens erleichtert. Zum ersten Mal wurde dies auf der hoch belasteten Rheintalbahn Offen- burg – Basel umgesetzt. Hierbei musste infrastrukturseitig eine neue LZB-Hard- und -Software-Architektur entwickelt und auch die fahrzeug- seitigen Geräte angepasst werden. Das System wird CIR-ELKE genannt. Um die Zugfolgezeiten erheblich zu verkürzen, sind folgende Maßnah- men erforderlich: • Harmonisierung der Geschwindigkeiten sowie Koordinierung der Brems- und Überholvorgänge. • Hochleistungsblock (HBL): Der Abstand zwischen zwei Hauptsignalen (nicht unter 1000 m, Ganzblock) kann durch so genannte Teilblöcke feingeteilt werden. D. h. ein Zug mit entsprechender Ausrüstung kann einem vorausfahrenden schon folgen, bevor er unter der Deckung des folgenden Signals ist. Die Sicherstellung des Fahrens im Raumab- stand übernimmt hierbei die CIR-ELKE. Bei der Münchner S-Bahn sind die Teilblöcke mitunter nur 50 m lang, so dass ein Folgezug be- reits langsam an den Bahnsteig vorrücken kann, während der voraus- fahrende Zug noch ausfährt. Das Hauptsignal darf hierbei nicht auf „Fahrt“ gestellt werden (s. o.); um aber dennoch nicht an einem „Halt“ zeigenden Signal vorbeifahren zu müssen, werden die ortsfesten Sig- nale für einen LZB-geführten Zug dunkel geschaltet. • Eine fahrstraßenbedingte Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit (wegen einer Weiche in Abzweigstellung) gilt unter CIR-ELKE nicht für die gesamte Ein- bzw. Ausfahrt, sondern nur für die betreffende Wei- che selbst – davor und dahinter darf schneller gefahren werden. CIR-ELKE ermöglicht eine Erhöhung der Streckenkapazität um bis zu 40%.

7.4.5 European Train Control System (ETCS) Während Mehrsystemlokomotiven und -züge bereits in der Lage sind, unter allen in Kontinentaleuropa üblichen Stromsystemen zu fahren und Zugfunkgeräte softwaremäßig für jedes Funknetz tauglich gemacht wer- den können, scheitert ein problemloser grenzüberschreitender Eisen- bahnverkehr dennoch an den unterschiedlichen Zugsicherungssystemen, die dazumal fast von jedem Land in Eigenregie entwickelt worden sind. Dazu kommt, dass diese technisch überholt sind und in manchen Län- dern dringend durch ein zeitgemäßes System ersetzt werden müssen. Ein europaweit einheitlicher Standard soll die Nachfolge der nationalen Systeme antreten und damit auch den grenzüberschreitenden Verkehr vereinfachen. Unter dem Namen „European Train Control System“ (ETCS) ist eine Technik entwickelt worden, die Informationen elektro- nisch über Balisen im Gleis übermittelt.

Sicherung des Bahnbetriebes 7.25

Es gibt drei Funktionsweisen, die sich unterteilen lassen in: • Level 1: Der Zug fährt signalgeführt, d. h. der Triebfahrzeugführer richtet sich nach ortsfesten Signalen. Balisen übermitteln Informatio- nen zur zulässigen Streckenhöchstgeschwindigkeit sowie zur Stellung der folgenden Signale. Die ETCS-Fahrzeugausrüstung überwacht den Triebfahrzeugführer. Die Wirkungsweise entspricht je nach Umfang der übermittelten Informationen in etwa jener der PZB oder mit Abstri- chen der LZB (keine lückenlos kontinuierliche Übertragung). • Level 2: Der Zug bekommt die Führungsgrößen kontinuierlich per Funk übermittelt. Balisen im Gleis dienen der Ortung des Zuges. Es kann auf ortsfeste Signale verzichtet werden. Damit entspricht diese Funktion je nach Ausbaugrad in etwa der LZB mit und ohne CIR- ELKE. • Level 3: Es wird vollständig auf Gleisfreimeldeeinrichtungen verzich- tet. ETCS ortet den Zug und übermittelt nachfahrenden Zügen ent- sprechende Fahrerlaubnisse. Man spricht dabei vom „Fahren auf elektronische Sicht“, da ähnlich der Straßenbahn im absoluten Bremswegabstand gefahren wird, dies wird hier jedoch elektronisch bewerkstelligt. Problem hierbei ist, dass der Zug kontinuierlich auf Vollständigkeit überwacht werden muss, was besonders im Güterver- kehr wegen der freizügigen Verwendung von Waggons äußerst schwierig sicherzustellen ist. Daher dürfte Level 3 auf Hauptbahnen erst in ferner Zukunft Einzug halten. Lediglich auf isoliert zu betrei- benden Nebenbahnen wäre eine im technischen Aufwand reduzierte Variante eine Alternative. In Deutschland wurde ETCS Level 2 zwischen Leipzig und Berlin getes- tet. Geplant ist der Einsatz in naher Zukunft auf folgenden Strecken: • Ludwigshafen – Saarbrücken im Zuge der Route Paris – Ostfrankreich – Süddeutschland • Nürnberg – Ingolstadt – München (ETCS bei Neu- bzw. Ausbau be- reits vorbereitet) • Nürnberg – Halle/Leipzig (derzeit im Bau befindlich) • Oberhausen – Emmerich – niederländische Grenze im Zuge des so genannten Korridors A Rotterdam – Genua Die Schweiz verwendet ETCS Level 2 bereits standardmäßig für Neu- baustrecken wie Mattstetten – Rothrist und dem Lötschberg-Basistunnel, da ein Hochleistungs- und Hochgeschwindigkeitszugbeeinflussungssys- tem ähnlich der deutschen LZB in der Schweiz bislang nicht existierte. Aber auch außerhalb Europas findet ETCS Verwendung, so in Indien, China, Saudi-Arabien und Neuseeland. Ein wesentlicher Punkt bei der Einführung des Systems ist die Umstel- lung von den nationalen Zugsicherungssystemen zum ETCS, der soge- nannten Migration. Dies wird von Land zu Land und wahrscheinlich auch von Strecke zu Strecke unterschiedlich durch fahrzeug- oder streckensei- tige Doppelausrüstung geschehen.

Bahnhofsanlagen 8.1

8 Bahnhofsanlagen

8.1 Einteilung von Bahnhofsanlagen

8.1.1 Definitionen In § 4 EBO wird definiert: • Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen, • Haltepunkte sind Bahnanlagen ohne Weiche, wo Züge planmäßig halten, beginnen oder enden dürfen, und In der BOStrab werden im Gegensatz zur EBO keine begrifflichen Unter- teilungen durchgeführt, hier ist lediglich der Begriff Haltestelle gebräuch- lich. Dieser wird sowohl bei Straßenbahnen als auch bei unabhängig geführten Bahnen (z.B. U-Bahnen) verwendet. Haltestellen mit Weichen werden auch als Stellwerkshaltestellen bezeichnet. Als Bahnhofskopf werden die Ein- und Ausfahrbereiche eines Bahnho- fes verstanden, bei Personenbahnhöfen also der Abschnitt zwischen freier Strecke und Bahnsteig. Im Bereich des Bahnhofskopfes werden in der Regel die verschiedenen Gleise und Strecken miteinander verknüpft. Die Grenze zwischen Bahnhof und freier Strecke wird gemäß EBO § 4 durch das Einfahrsignal festgelegt.

8.1.2 Aufgaben von Bahnhofsanlagen Bahnhöfe lassen sich nach betrieblichen und verkehrlichen Gesichts- punkten einteilen. Im Regelfall ist aber eine eindeutige Trennung der Aufgabenbereiche nicht möglich.

Bahnhof mit betrieblichen Aufgaben Bahnhof mit verkehrlichen Aufgaben Abstellung, Überholung, Bildung, Kontaktstelle zwischen Nutzer und Umstellen und Auflösen von Zügen, Betreiber; Zugang zum Schienen- Instandhaltung von Fahrzeugen netz

• Abstellbahnhöfe • Personenbahnhöfe • Rangierbahnhöfe • Ortsgüterbahnhöfe • Bahnbetriebswerke • Hafenbahnhöfe • Stromsystemwechselbahnhöfe • Industriebahnhöfe • Spurwechselbahnhöfe • Containerbahnhöfe

Tab. 8.1 Aufgaben von Bahnhofsanlagen

8.2 Bahnhofsanlagen

8.1.3 Bahnhofsformen Der Standort von Bahnhöfen richtet sich aus verkehrlicher Sicht nach dem Fahrgastaufkommen und damit nach der Siedlungs- und Industrie- struktur. Neben den strukturpolitischen Erwägungen können auch kom- munalpolitische Fragen eine entscheidende Rolle bei einer Standortwahl spielen. Bahnhöfe mit betrieblichen Aufgaben sollten an günstigen Stellen im Netz, beispielsweise an Knoten- oder Endpunkten liegen. Vielfach maß- gebend ist die Betrachtung, ob der große Flächenbedarf bereitgestellt werden kann. Nach der Lage im Streckennetz werden folgende Bahnhofsformen an- hand ihrer Funktion unterschieden • Endbahnhöfe (Abb. 8.1, a) als Endpunkt für eine oder mehrere Stre- cken (z.B. Kaarster See, Iserlohn), • Durchgangsbahnhöfe (Abb. 8.1, b) im Verlauf einer Strecke (z.B. Wuppertal-Unterbarmen), • Anschlussbahnhöfe (Abb. 8.1, c), wo an eine durchgehende Strecke eine endende Zweigstrecke anschließt; Züge von der Zweigstrecke gehen im Regelbetrieb nicht auf die durchgehende Strecke über (z.B. Wesel), • Trennungsbahnhöfe (Abb. 8.1, d), wo sich eine Strecke in zwei Äste verzweigt, durchgehende Züge sind hierbei auf beiden Ästen üblich (z.B. Wuppertal-Oberbarmen), • Berührungsbahnhöfe (Abb. 8.1, e) am Berührungspunkt zweier Strecken (z.B. Montabaur), • Kreuzungsbahnhöfe (Abb. 8.1, f) am Kreuzungspunkt zweier Stre- cken (z.B. Solingen Hbf) und • Knotenbahnhöfe (Abb. 8.1, g), wo zwei oder mehr Strecken zusam- menlaufen und miteinander verknüpft werden (z.B. Düsseldorf Hbf).

a) b) c) d) e) f) g) Abb. 8.1 Bahnhöfe nach Lage im Streckennetz

Abb. 8.2 Gleisplan eines Knotenbahnhofes (Freiburg Hbf)

Bahnhofsanlagen 8.3

Bahnhöfe können zudem nach der Lage des Bahnhofsgebäudes bzw. nach der Anordnung und Ausprägung der Gleisanlagen unterschieden werden. Diese richtet sich nach den betrieblichen Notwendigkeiten und erlaubt folgende Unterscheidungen: • Kopfbahnhöfe (Abb. 8.3, a) werden häufig als Endbahnhöfe ange- legt, deren Gleise im Bahnhof enden. Diese Bahnhöfe haben i. d. R. nur einen Bahnhofskopf. Die Bahnsteige sind meist als Zungenbahn- steige ausgebildet und durch einen Querbahnsteig verbunden. Alle Züge müssen in solchen Bahnhöfen die Fahrtrichtung ändern (z. B. Frankfurt/M Hbf, München Hbf). In jüngerer Zeit sind Kopfbahnhöfe häufig durch den Rückbau von Bahnstrecken aus Durchgangsbahnhöfen entstanden. Die Gleisanla- gen dieser Bahnhöfe entsprechen meist denen eines Durchgangs- bahnhofs, werden jedoch funktional als Kopfbahnhof genutzt (z. B. Altenkirchen). Darüber hinaus werden verschiedene Durchgangsbahnhöfe aufgrund ihrer Lage im Streckennetz vorwiegend als Kopfbahnhöfe genutzt. In diesem Fall besteht die Möglichkeit zu durgehenden Zugfahren, je- doch enden die meisten Züge im Bahnhof oder ändern dort die Fahrt- richtung (z. B. Rostock Hbf). • Inselbahnhöfe (Abb. 8.3, b), bei denen das Gebäude zwischen den Gleisen bzw. zwischen den Bahnhofsteilen zweier Strecken steht. Die Gleisanlagen beider Bahnhofsteile sind in den Bahnhofsköpfen mit- einander verbunden (z. B. Neuss Hbf). Dabei müssen nicht beide Bahnhofsteile über Bahnsteige für den Per- sonenverkehr verfügen (z. B. Opladen). • Keilbahnhöfe (Abb. 8.3, c), bei denen das Bahnhofsgebäude zwi- schen zwei Strecken steht, diese aber nur auf einer Seite miteinander verbunden sind und häufig bei Trennungsbahnhöfen zu finden sind (z.B. Wuppertal-Vohwinkel). • Turmbahnhöfe (Abb. 8.3, d). Hier kreuzen sich zwei Strecken in ver- schiedenen Ebenen (oft annähernd im rechten Winkel), so dass eine Verbindung zwischen den Strecken nur über Verbindungskurven au- ßerhalb des Bahnhofes möglich ist (z.B. Osnabrück Hbf).

a) b) c) d) Abb. 8.3 Bahnhöfe nach Lage des Bahnhofsgebäudes

8.4 Bahnhofsanlagen

Des Weiteren gibt es in der Praxis zahlreiche Mischformen von Bahn- hofsanlagen. Diese sind immer den örtlichen Anforderungen angepasst. Die häufig sehr alten Bahnhofsanlagen wurden über die Jahre hinweg mehrfach den geänderten Anforderungen angepasst und dementspre- chend umgebaut, erweitert oder verkleinert. Herausragendes Beispiel eines Bahnhofs, welcher Merkmale verschiedener Bahnhofstypen mitein- ander kombiniert, ist der Dresdener Hauptbahnhof, welcher einen mitti- gen Kopfbahnhofsteil und zwei seitliche Durchgangbahnhofsteile auf- weist.

Abb. 8.4 Kopfbahnhöfe in London

Bahnhofsanlagen 8.5

8.2 Gleisarten und Gleisplangestaltung

In Bahnhöfen wird zwischen Haupt- und Nebengleisen unterschieden: Hauptgleise dienen sowohl planmäßigen Zugfahrten als auch Rangier- fahrten. Sie werden entsprechend ihrer Fahrtrichtung durch Hauptsignale gedeckt. Zu den Hauptgleisen zählen: • Durchgehende Hauptgleise als Fortsetzung der Streckengleise, auf ihnen soll eine Durchfahrt mit der vollen Streckengeschwindigkeit möglich sein ( • • Abb. 8.5 Gleis 1 und 2), • Hauptpersonenzuggleise, meist auch für Güterzüge (3, 5), • Verkehrs- und Betriebsüberholgleise für Überholungen mit bzw. ohne Bahnhofsbedienung (3-6) sowie • Ein- und Ausfahrgleise für Güterzüge (6).

Fabrik 11 10

9a 9

8

7 7a 6 6a 5

1 2

3 4 Abb. 8.5 Gleisanlagen eines Durchgangsbahnhofes (Beispiel)

Nebengleise werden nur durch Rangierfahrten bedient. Zu unterschei- den sind u.a. (

Abb. 8.5): • Wartegleise, auf denen Lokomotiven, einzelne Wagen oder ganze Züge für kurze Zeit abgestellt werden können (6a), • Ausziehgleise für die Umstellung von Wagen/Zügen von einem Ne- bengleis in ein anderes ohne Inanspruchnahme der Hauptgleise (7a), • Sammel- oder Aufstellgleise zur Sortierung von Güterwagen bzw. zur Umstellung, Auflösung und Bildung von Güterzügen (7, 8), • Verkehrs- oder Durchlaufgleise für Rangierfahrten mit dem Verbot des Abstellens von Fahrzeugen (9), • Abstellgleise zum längeren Abstellen von Wagen (9a), • Anschlussgleise zur Verbindung des Bahnhofes mit privaten Gleisan- lagen oder Ladegleisen (10), • Ladegleise zum Be- und Entladen von Güterwagen (11), • Umfahrgleise an Endbahnhöfen zum Umsetzen von Lokomotiven vom einen Zugende an das andere und • Kehrgleise, die bei Stadtschnellbahnen dem Richtungswechsel und der kurzen Abstellung von Zügen an Endpunkten dienen (Abb. 8.6).

8.6 Bahnhofsanlagen

Abstell - bzw. Kehrgleise

Abb. 8.6 Kehrgleisanlage Im Lageplan werden Hauptgleise durch 0,6 mm und Nebengleise durch 0,2 mm breite Striche dargestellt. Fahrtrichtungen werden durch Pfeile gekennzeichnet, wobei hier auch nach Art der auf den jeweiligen Gleisen verkehrenden Zügen differenziert wird: → Reise- oder Reise- und Güterzüge →→ nur Güterzüge →→→ Rangier- und Lokomotivfahrten →•− S-Bahnen → Durchfahrten Abb. 8.7 Kennzeichnung von Gleisen im Lageplan

Als Baulänge wird die geometrische Gesamtlänge des Gleises ohne Weichen bezeichnet. Die Nutzlänge (NL) ergibt sich aus der Länge eines Gleises zwischen den Begrenzungspunkten (Grenzzeichen der Weichen bzw. Gleisab- schlüsse). Bei der Ermittlung der Nutzlänge sind Abzüge für • ungenaues Halten (mindestens 5 m; bei Neubauten 10 m), • einen günstigen Blickwinkel auf den Signalstandort, • isolierte Streckenschutzabschnitte, • Durchrutschwege und Gefahrenpunktabstände (siehe 7.2.2 ) sowie • Gleissperren zu berücksichtigen. Um die größte mögliche Wagenzuglänge für das betreffende Gleis zu erhalten, muss von der Nutzlänge die Länge der Triebfahrzeuge abgezo- gen werden (20 m je Tfz) .

Isolierstoß Hauptsignal Baulänge Nutzlänge Wagenzuglänge Abb. 8.8 Länge eines Gleises

Die Bemessung von Hauptgleisen erfolgt nun unter Berücksichtigung der längsten auf diesem Gleis verkehrenden Züge. Bei Nebengleisen ist die maximale Anzahl gleichzeitig abgestellter Wagen bzw. Lokomotiven maßgeblich. Maßgebliches Kriterium bei der Gestaltung des Gleisplanes ist neben den Nutzlängen der Gleise die Leistungsfähigkeit eines Bahnhofes. Diese wird vor allem dadurch bestimmt, wie viele Zugfahrten sich gleichzeitig ohne gegenseitige Behinderung abwickeln lassen. Sie hängt somit von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Gleise und der zueinander nicht in Abhängigkeit stehenden Fahrstraßen ab. Kreuzende Fahrwege können

Bahnhofsanlagen 8.7

durch die Anlage von Überwerfungsbauwerken (Über- oder Unterführun- gen) vermieden werden. 8.3 Anlagen für den Personenverkehr

Regelwerk für den Bau von Anlagen für den Personenverkehr ist bei der DB AG die DS 800 05 „Bahnanlagen entwerfen - Personenverkehrsanla- gen“. Zu den Anlagen des Personenverkehrs zählen danach: • Bahnsteige • Empfangsgebäude • Anlagen für den Gepäck-, Kleingut- und Postverkehr • Zugangsanlagen • Verkaufseinrichtungen • Anlagen für Autoreisezüge • Überdachungen • Bahnhofsvorplätze • Abstellanlagen Anlagen für den Personenverkehr sind in erster Linie Verkehrsanlagen und müssen den bahnbetrieblichen Anforderungen genügen. Besonderes Augenmerk ist auf eine Vernetzung der Verkehrsmittel des Umweltver- bundes zu einem kombinierten Verkehr (Wechsel der Fortbewegungsal- ternativen zu Fuß, per Rad, Bus, Bahn) zu richten. Eine umweltverträgli- che Verkehrsmittelwahl wird durch bequeme und kurze Umsteigewege im Bereich der Zugangsanlage gefördert. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass Bahnreisende mit dem eigenen Kraftfahrzeug kommen, gebracht oder abgeholt werden. Anlagen für den Personenverkehr sind zeitweiliger (und unfreiwilliger) Aufenthaltsort wartender Fahrgäste. Durch eine angemessene architek- tonische Gestaltung und eine merkantile Nutzung lässt sich hier die Att- raktivität des Verkehrsmittels Bahn beträchtlich verbessern. Das Fahrgastaufkommen einer Bahnanlage wird von der Siedlungsstruk- tur, der Erreichbarkeit und der Qualität des Beförderungsangebotes (An- zahl der Linienverbindungen, Häufigkeit, Pünktlichkeit, Schnelligkeit) beeinflusst. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf Bahnsteige und Zu- gangsanlagen.

8.3.1 Bahnsteiganordnung Bahnsteiganlagen sind so auszubilden, dass • ein sicheres Ein- und Aussteigen möglich wird, • sich möglichst kurze Wege für die Fahrgäste ergeben und • der bauliche Aufwand auf das Fahrgastaufkommen abgestimmt ist.

Nach Möglichkeit sollten sie in der Gerade liegen, da ansonsten der Ein- stieg der Reisenden vom Zugführer nur schwer beobachtet werden kann und der Spalt zwischen Bahnsteigkante und Einstieg durch schräg ste- hende Wagen vergrößert wird. Im Interesse einer stetigen Linienführung der durchgehenden Hauptgleise dürfen Bögen zugelassen werden, die aber bei der DB AG mit nicht mehr als u = 100 mm überhöht werden dürfen.

8.8 Bahnhofsanlagen

Nach der Lage werden Bahnsteige eingeteilt in • Mittelbahnsteige, • Außen- bzw. Seitenbahnsteige, • Zungenbahnsteige, • Querbahnsteige und • Zwischenbahnsteige.

Mittelbahnsteige liegen zwischen zwei Gleisen und besitzen auf jeder Seite eine Bahnsteigkante (Abb. 8.9).

Abb. 8.9 Mittelbahnsteig

Außenbahnsteige besitzen nur eine Bahnsteigkante und weisen nur auf einer Seite ein Gleis auf (Abb. 8.10). Die andere Seite kann für ebenerdi- ge Zugänge oder auch für die Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln (Abb. 8.12, Abb. 8.13) benutzt werden. Hausbahnsteige sind Außen- bahnsteige, die baulich mit einem Empfangsgebäude verbunden sind (Abb. 8.11).

Abb. 8.10 Zweigleisiger Haltepunkt mit zwei Außenbahnsteigen

Abb. 8.11 Außenbahnsteig als Hausbahnsteig

Abb. 8.12 Außenbahnsteig mit Busverknüpfung

Bahnhofsanlagen 8.9

Abb. 8.13 Außenbahnsteige mit Busverknüpfung

Zungenbahnsteige und Querbahnsteige sind in Kopfbahnhöfen anzu- treffen. Der Querbahnsteig liegt in der Regel parallel zum Bahnhofsge- bäude und im rechten Winkel zu den Gleisachsen, die Zungenbahnsteige sind an den Querbahnsteig anschließende Mittel- oder Seitenbahnsteige. Dadurch können alle Gleise ohne Treppen über den gleislosen Quer- bahnsteig erreicht werden (Abb. 8.14).

Bahnhofsgebäude Querbahnsteig Zungenbahnsteige

Abb. 8.14 Querbahnsteig und Zungenbahnsteig im Kopfbahnhof

Zungenbahnsteige können auch in Verbindung mit anderen Bahnsteig- formen auftreten, beispielsweise als Ergänzung zu einem Inselbahnsteig (Abb. 8.15).

Zungenbahnsteig

Abb. 8.15 Inselbahnsteig mit integriertem Zungenbahnsteig Zwischenbahnsteige (Abb. 8.16) kommen in Kombination mit einem Außenbahnsteig vor und ermöglichen die Anbindung eines weiteren Glei- ses. Der Zugang zum Zwischenbahnsteig muss bei jeder Zugfahrt auf dem ersten Gleis für Fahrgäste gesperrt werden. Dies geschieht übli-

8.10 Bahnhofsanlagen

cherweise durch eine technische Sicherung ähnlich einem Bahnübergang (z. B. Neanderthal) oder durch die örtliche Aufsicht (z. B. Altenbeken). In Einzelfällen kann das Sicherungsprinzip auch umgekehrt werden, dann werden die Gleisübergänge erst freigegeben, wenn das zu überquerende Gleis für Zugfahrten gesperrt wurde. Zwischenbahnsteige dürfen daher bei der DB AG nicht mehr neu gebaut werden. Vorhandene Anlagen sollen durch andere Bahnsteigformen er- setzt werden.

Hausbahnsteig Zwischenbahnsteig

Abb. 8.16 Zwischenbahnsteig

Abb. 8.17 Zwischenbahnsteig mit höhengleichem Zugang Bei Neubauten kommen üblicherweise Außen- oder Inselbahnsteige zur Anwendung. Entscheidend für die jeweilige Wahl sind bautechnische, betriebliche, verkehrsplanerische und wirtschaftliche Vorgaben, die sich aus dem Einzelfall heraus ergeben und hinsichtlich des Nutzen-Kosten Aufwands gewichtet werden müssen. In Tab. 7.2 werden grundsätzliche Merkmale von Außen- und Inselbahnsteigen gegenübergestellt. Fahr- zeugkonstruktiv ist zu beachten, dass ein Wechsel zwischen Außen- und Inselbahnsteig im Verlauf einer Linienbedienung bei den eingesetzten Schienenfahrzeugen Türöffnungen auf beiden Seiten des Wagenkastens erfordert.

Außenbahnsteig Inselbahnsteig

Bahnhofsanlagen 8.11

Bahnsteigfläche Einzelbemessung Überschneidung des Flächenbedarfes möglich Mindestmaß Bahnsteigbreite größer 3 m mit Treppe am Bahnsteig- ende größer 6 m Einbauten (Fahrplan, Uhren usw.) doppelt einfach Ausnutzung der Einbauten nach Lastrichtung gleichmäßig Spätere Bahnsteigverlängerung möglich aufwendig Gleisverziehung nicht notwendig notwendig

Tab. 8.2 Gegenüberstellung Außen- und Inselbahnsteig

Ergänzend ist insbesondere die Lage der Bahnsteiganlage im Tunnel, im Einschnitt, auf einem Damm oder ebenerdig von Bedeutung. Je nach Anordnung der Bahnsteige sind hierbei unterschiedlichste Ausbildungen der notwendigen Zugangsanlagen möglich. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit ist zu bedenken, dass Personen- unter- oder überführungen, Aufzüge einschließlich der Folgekosten sowie nachträglich einzubauende Gleisverziehungen den größten Kostenfaktor bei ebenerdigen Bahnsteiganlagen ausmachen.

8.12 Bahnhofsanlagen

8.3.2 Bahnsteigabmessungen Die Länge eines Bahnsteiges wird nach der größten Länge der planmä- ßig am Bahnsteig haltenden Züge bestimmt. Sie ergibt sich aus Anzahl und Länge der zum Einsatz kommenden Fahrzeuge. Die Länge der Rei- sezugwagen bei der DB AG beträgt 26,40 m. Zusätzlich muss • eine Reserve für Bremsungenauigkeiten (5 m), • vor Hauptsignalen ein Zuschlag für Signalsicht (5 m), • eventuell die Länge eines Triebfahrzeuges (20 m) sowie • bei Kopfbahnhöfen die Baulänge des Prellbocks berücksichtigt werden.

Reserve für Bremsungenauigkeit kürzeste Baulänge

nutzbare Bahnsteiglänge

Länge Triebfahrzeug Reserve für Bremsungenauigkeit Abstand vor Signal Abb. 8.18 Bahnsteiglänge bei Durchgangsbahnhöfen (DS 800 05)

kürzeste Baulänge

nutzbare Bahnsteiglänge

Länge Triebfahrzeug Reserve für Bremsungenauigkeit Baulänge Prellbock Abstand vor Signal Abb. 8.19 Bahnsteiglänge bei Kopfbahnhöfen (DS 800 05)

Bahnhofsanlagen 8.13

Die Bahnsteigbreite richtet sich nach dem zu erwartenden Fahrgastauf- kommen und der zugelassenen Geschwindigkeit durchfahrender Züge. Während die BOStrab nur grobe Richtwerte angibt (mindestens 2 m, bei Bahnsteigen im Straßenraum 1,50 m), werden bei der DB AG in der DS 800 05 genaue Vorgaben gemacht. Entscheidend für die Bemessung der Bahnsteigbreite sind dabei folgende Werte:

a: Abstand von bewegten Fahrzeugteilen (Bezug auf die Gleisachse) a = 2,50 m für Durchfahrtgeschwindigkeiten v ≤ 160 km/h a = 3,00 m für Durchfahrtgeschwindigkeiten 160 km/h < v ≤ 200 km/h aB: Abstand der Bahnsteigkante von der Gleismitte aB = 1,60 m (näherungsweise, abhängig vom Kantenstein) Anzahl n der gewünschten Gehspurbreiten jeweils 0,80 m (bei Stadtschnell-, Stadt- und Straßenbahnen 0,70 m) * bW: Breite der Treppenwange bW = 0,30 m (näherungsweise)

* Bei einer Treppe in Bahnsteigmitte ist eine Standspurbreite von 0,50 m zu ergänzen.

Tab. 8.3 Maße für die Bemessung von Bahnsteigen

Aus der Differenz a - a B ergibt sich die Sicherheitszone eines Bahnstei- ges. Diese darf bei der Bemessung nicht den Gehspurbreiten zugeschla- gen werden. Passieren Züge mit mehr als 160 km/h den Bahnsteig, so ist die Sicherheitszone gem. § 13 (3) EBO mit einer weißen Markierung von der Wartezone abzutrennen. Bei Geschwindigkeiten über 200 km/h sind Vorkehrungen zu treffen, dass sich keine Reisenden im Gefahrenbereich auf dem Bahnsteig aufhalten.

Sicherheitszone

b n * 0,80

aB a

Abb. 8.20 Bahnsteigbreite bei Außenbahnsteigen

aB a

b n * 0,80

aB a

Abb. 8.21 Bahnsteigbreite bei Inselbahnsteigen

Die Breite eines Bahnsteiges ergibt sich durch die Addition der Breite der notwendigen Sicherheitszonen mit der Anzahl der gewünschten Geh- spurbreiten. Hierbei müssen mindestens zwei Gehspurbreiten, eine pro Richtung, angesetzt werden.

8.14 Bahnhofsanlagen

Feste Einbauten auf dem Bahnsteig (z.B. Treppen) müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Zwischen festen Einbauten und der Sicherheits- zone sind hier abweichend 1,30 m, entsprechend einer Geh- und einer Standspurbreite (0,80 m und 0,50 m) freizuhalten. Damit beträgt entspre- chend Abb. 8.20 die Bahnsteigbreite b eines Außenbahnsteiges mit n Gehspuren ohne Einbauten in [m]: = − + ⋅ ≥ b a aB n 80,0 (mit n 2) Nach Abb. 8.21 bestimmt sich die minimale Breite eines Inselbahnsteiges in [m] aus: = ⋅ − + ⋅ ≥ b (2 a aB ) n 80,0 (mit n 2) Sind Treppen und Unterführungen zur Bahnsteigerschließung erforder- lich, soll deren Breite ein Mehrfaches des Gehspurmaßes von 0,80 m betragen, wobei als Mindestwert 2,40 m anzusetzen ist. Die Dicke der Treppenwange beträgt jeweils 0,30 m. Bei Inselbahnsteigen ist es entscheidend, ob Treppen am Bahnsteigende oder in der Bahnsteigmitte angeordnet werden sollen. Liegt die Treppe am Bahnsteigende, so ist lediglich zu beachten, dass die Treppenwange außerhalb des maßgeblichen Lichtraumprofils angeordnet wird. Wird die Treppe allerdings in Bahnsteigmitte angelegt, sind auf jeder Seite eine Geh- und eine Standspur zu berücksichtigen. Im Regelfall sollen die Längsachsen von Treppe und Bahnsteig zusammenfallen.

aB a

b 2,40 + 0,30 + 0,30

a a B Abb. 8.22 Inselbahnsteig mit Treppe am Bahnsteigende

a aB

0,50 + 0,80

2,40 + 0,30 + 0,30 b

0,50 + 0,80

aB a Abb. 8.23 Inselbahnsteig mit Treppe in Bahnsteigmitte

Bahnhofsanlagen 8.15

Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgende Mindestbreiten für In- selbahnsteige:

Bahnsteig Mindestbreite Inselbahnsteig ohne Treppe, Geschwindigkeit durchfahrender Züge ≤ 160km/h 2 * (2,50 - 1,60) + 1,60 = 3,40 m Inselbahnsteig ohne Treppe, höhengleiche Gleisquerung Geschwindigkeit durchfahrender Züge > 160km/h unzulässig Inselbahnsteig mit Treppe am Bahnsteigende Geschwindigkeit durchfahrender Züge ≤ 160km/h 2 * (2,50 - 1,60) + 3,00 = 4,80 m Inselbahnsteig mit Treppe am Bahnsteigende Geschwindigkeit durchfahrender Züge > 160km/h 2 * (3,00 - 1,60) + 3,00 = 5,80 m Inselbahnsteig mit Treppe in Bahnsteigmitte Geschwindigkeit durchfahrender Züge ≤ 160km/h 2 * (2,50 - 1,60) + 5,60 = 7,40 m Inselbahnsteig mit Treppe in Bahnsteigmitte Geschwindigkeit durchfahrender Züge > 160km/h 2 * (3,00 - 1,60) + 5,60 = 8,40 m Tab. 8.4 Mindestbreite für Inselbahnsteige

Bei hoch frequentierten Stationen kann die Bahnsteigbreite auch nach dem Fahrgastaufkommen berechnet werden, wobei die in Tab. 7.4 aufge- führten Mindestmaße eingehalten werden müssen: n A b = P+ e +n ⋅ b l ⋅ d l BS

Personen Einbauten Sicherheitsbereich Hierbei bedeuten: b [m] Bahnsteigbreite nP [Personen] höchste zu erwartende Belegung des Bahnsteiges l [m] nutzbare Bahnsteiglänge d [Personen / m²] Personenverkehrsdichte, kann mit 0,67 angesetzt werden Ae [m²] Summe der Flächen für Einbauten und Treppen nB [1] Anzahl der Bahnsteigkanten bS [m] Breite des Sicherheitsstreifens an der Gleisseite: a - a B

Unter dem Aspekt eines bequemen und zügigen Ein- und Ausstiegs ste- hen Bahnsteighöhe und Wagenbodenhöhe der Fahrzeuge in unmittel- barer Abhängigkeit voneinander. Bei der DB AG sind im Neubau folgen- de Bahnsteighöhen (gemessen ab Schienenoberkante) gebräuchlich: • 38 cm Regionalverkehr • 55 cm Regionalverkehr • 76 cm Regelhöhe; Fern-/Hauptstrecken, einzelne Nebenstrecken • 96 cm S-Bahn Höhere oder niedrigere Bahnsteighöhen sind nach EBO § 3 bei Neubau- ten nicht mehr zulässig. Im Netz der DB AG sind aber immer noch eine sehr große Anzahl von Bahnsteigen mit einer Höhe von nur 20 cm oder noch weniger anzutreffen. Lediglich an wichtigen Bahnhöfen sind inzwi- schen meist Bahnsteige mit einer Höhe von 76 cm vorhanden.

Gesamtanzahl der Bahnsteigkanten bei der DB AG ca. 16.000 davon Bahnsteighöhe < 38 cm 53 % Bahnsteighöhe 38 cm – 55 cm 31 % Bahnsteighöhe 76 cm 12 % Bahnsteighöhe 96 cm 4 % Tab. 8.5 Bahnsteigkanten im Netz der DB AG

8.16 Bahnhofsanlagen

Die Wagenbodenhöhe der Mehrzahl der derzeit im Fernverkehr einge- setzten Fahrzeuge beträgt rund 120 cm, so dass zum Einstieg vom 76 cm-Bahnsteig aus zwei Stufen notwendig sind. Durch die Weiterent- wicklungen im Bereich des Fahrzeugbaus stehen inzwischen aber Regi- onaltriebwagen mit Achsfahrwerken und durchgehenden Wagenboden- höhen von ca. 80 cm sowie Mittelflurfahrzeuge mit Wagenbodenhöhen von unter 60 cm im Einstiegsbereich zur Verfügung. Stadtschnellbahnen sollten zur Gewährleistung eines schnellen Fahr- gastwechsels annähernd höhengleiche Einstiege aufweisen. Hier sind Wagenbodenhöhen von meist etwa einem Meter und Bahnsteighöhen von 90 cm und mehr üblich. Bei Bahnen, die abschnittsweise im Straßen- raum verkehren, führen solche Hochbahnsteige allerdings zu städtebauli- chen Gestaltungsproblemen. Durch die Einführung der Niederflurtechno- logie weisen neuere Stadt- und Straßenbahnen daher in der Regel Bahn- steige mit einer Höhe von rund 20 cm bei entsprechend niedrigen Wa- genbodenhöhen auf.

8.3.3 Bahnsteigzugänge Bahnsteigzugänge können schienengleich mit Zugängen über die Gleis- anlagen oder niveaufrei mittels Unter- oder Überführungen hergestellt werden. Dem Sicherheitsvorteil niveaufreier Zugänge stehen größere Herstellungskosten sowie die Notwendigkeit der Überwindung eines Hö- henunterschiedes entgegen. Zudem sind besonders Unterführungen häufig soziale Konfliktpunkte und anfällig für Vandalismus. Die Art der Ausführung eines Bahnsteigzuganges hat daher in Hinsicht auf die Att- raktivität der Gesamtanlage eine herausragende Bedeutung und sollte im Einzelfall immer sehr sorgfältig durchdacht werden. Schienengleiche Bahnsteigzugänge waren im Eisenbahn- und Stadt- schnellbahnbereich bei Neubauten lange Zeit nicht genehmigungsfähig. In der jüngeren Vergangenheit werden jedoch auf Nebenbahnen und beim Stadtbahnbau unter Berücksichtigung des niedrigen Geschwindig- keitsniveaus vor und nach einem Haltepunkt wieder verstärkt Bahnsteige mit Zugängen über die Gleisanlagen errichtet.

Abb. 8.24 Durch Bahnübergang erschlossene Außenbahnsteige

Falls örtlich bereits öffentliche Bahnübergänge bestehen, empfiehlt sich eine Integration der schienengleichen Bahnsteigzugänge in diese Anla- gen (Abb. 7.20). Bei der Verwendung von Außenbahnsteigen an zwei- gleisigen Strecken ist im Interesse kurzer Schrankenschließzeiten eine versetzte Anordnung der Bahnsteige vorteilhaft, damit ein Zug vor sei- nem Halt zunächst den Bahnübergang passieren kann. Unter- oder Überführungen für Personen, die auch dem öffentlichen Verkehr dienen, müssen nach den „Richtlinien für Anlagen des Fußgän- gerverkehrs“ bemessen werden. Abmessungen von ausschließlich dem Eisenbahnbetrieb dienenden Einrichtungen ergeben sich dagegen aus der DS 800 05. Hierauf beziehen sich die folgenden Ausführungen.

Bahnhofsanlagen 8.17

Die Mindestbreite von Unter- und Überführungen für Fußgänger kann nach folgender Formel bemessen werden: n b = P + 0 80, m v ⋅d ⋅ t hierbei bedeuten b [m] Breite der Unter- oder Überführung nP [Personen] Anzahl der Fahrgäste eines Pulks v [m/s] Gehgeschwindigkeit bei leicht behindertem Gehen: 1,0 d [Personen / m²] Verkehrsstromdichte, kann mit 1,0 angesetzt werden t [s] Bahnsteigräumzeit 0,8 [m] schwächer belastete Gegenrichtung Das gewählte Maß soll darüber hinaus ein Mehrfaches des Gehspurma- ßes von 0,80 m, mindestens jedoch 2,40 m betragen. Lange Fußgängerunterführungen, d.h. solche, deren Länge mehr als das Zehnfache der Breite beträgt, weisen oft eine ‘Schlauchwirkung’ auf. Die- ser Effekt kann durch gegliederte Wandflächen sowie Treppenaufgänge und Lichtbänder vermindert werden. Die lichte Höhe einer Fußgängerunterführung darf 2,50 m nicht unter- schreiten. Dabei ist zu beachten, dass Zusatzeinrichtungen wie Leuchten oder Lautsprecher mit ihrer Unterkante mindestens in 2,25 m Höhe und empfindliche Zusatzeinrichtungen wie z.B. Uhren oder Zuganzeiger zum Schutz vor Vandalismus in mindestens 2,80 m Höhe anzubringen sind. Feste Treppen sind so anzulegen, dass für die Fahrgäste eine möglichst geringe Wegstrecke entsteht. Die Stufen sind senkrecht zur Lauflinie anzuordnen. Die nutzbare Treppenbreite soll wiederum ein Mehrfaches des Gehspur- maßes von 0,80 m und mindestens 2,40 m betragen. Sie ist nach der Spitzenbelastung zu dimensionieren, eventuell vorhandene Fahrtreppen und Aufzüge dürfen nicht mitgerechnet werden. Der Breitenbedarf für Handläufe und Treppenwange ist bei den Bauplanungen zusätzlich zu berücksichtigen: n b = P + 0 80, m Tn v ⋅d ⋅ t hierbei bedeuten bTn [m] nutzbare Breite der Treppe nP [Personen] Anzahl der Fahrgäste eines Pulks v [m/s] Gehgeschwindigkeit: aufwärts 0,65; abwärts 0,80 d [Personen / m²] Verkehrsstromdichte, kann mit 1,0 angesetzt werden t [s] Bahnsteigräumzeit, Richtwert: 120 bis 180 0,8 [m] schwächer belastete Gegenrichtung

Das Steigungsverhältnis einer Treppe ergibt sich aus der Schrittmaßregel zu 2h + b = 59 bis 65 cm mit • h = Stufenhöhe: 14 - 19 cm und • b = Auftrittsbreite: 26 - 37 cm. Übliche Maße sind h : b = 16 : 32, bei Verwendung von Fahrradschiebe- spuren 13 : 37. Höhenunterschiede von weniger als 3 Stufenhöhen sollen nach Möglich- keit durch Rampen ausgeglichen werden. Bei Treppen mit mehr als 12 bis 16 Stufen sind Zwischenpodeste anzuordnen. Hierbei sollten alle Treppenabschnitte die gleiche Stufenzahl aufweisen.

8.18 Bahnhofsanlagen

Anzustreben ist eine behindertengerechte Erschließung der Bahnsteige, welche auch alten Menschen sowie Personen mit Gepäck, Kinderwagen, Fahrrädern o.ä. entgegen kommt (barrierefreies Bauen). Sofern es die örtlichen Verhältnisse gestatten, können Bahnsteigzugänge durch Rampen hergestellt werden. Rampen sollen mit nicht mehr als 6 %, in Ausnahmefällen mit 13 % geneigt sein und nach je 6 m Rampen- länge ein Podest von ca. 1,50 m Länge erhalten. Die Breite soll mindes- tens 2,40 m betragen. Fehlt der Raum zur Anlage einer Rampe, so kann die Zugänglichkeit auch durch Aufzüge verbessert werden. Stark belastete Stationen erhal- ten darüber hinaus Fahrtreppen oder Fahrsteige.

Download von www.bahnsys.uni-wuppertal.de bzw. www.oevts.uni- wuppertal.de für Studien- und sonstige nichtkommerzielle Zwecke (Stand 2011) u.a. zur Vertiefung der Inhalte aus der Vorlesung Bahnsystemtechnik 1 des LuFG Bahnsystemtechnik.