Erweiterte Landesverteidigung als Gebot der Zeit

Autor(en): [s.n.]

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Der Fourier : offizielles Organ des Schweizerischen Fourier- Verbandes und des Verbandes Schweizerischer Fouriergehilfen

Band (Jahr): 66 (1993)

Heft 2

PDF erstellt am: 28.09.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-519773

Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber.

Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind.

Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch

http://www.e-periodica.ch Zur strategischen Lage 3

Erweiterte Landesverteidigung als Gebot der Zeit gen Staates; es befinde sich in einer Mittellage und sei von be- freundeten Staaten, Verbündeten Der Heeresinspekteur der vor Zürcher Offizieren und Kooperationspartnern umge- ben und damit nicht mehr An der Generalversammlung der Offiziersgeseilschaft des Kantons un- mittelbar bedroht. Zürich (KOG) hat Helge Hansen, Inspekteur des Dennoch bleibe nicht frei Heeres der Bundeswehr, die vielfältigen Aufgaben von Streitkräften man von Risiken, die sich aus Konflikten in in einem neuen sicherheitspolitischen Umfeld analysiert. Seiner den der ehema- Ansicht nach muss in Zukunft von einem erweiterten Landesvertei- Nachfolgestaaten ligen Sowjetunion und an den digungsbegriff ausgegangen werden. Der Präsident der KOG kriti- Flanken der atlantischen Allianz sierte seinerseits die indifferente Haltung vieler Politiker gegenüber und auf das militärischen Fragen. ergeben Bündnisge- biet übergreifen könnten, irrationa- lität und eine nahezu unbegrenzte Lz. Mit einer knappen Beurteilung ten in einer Zeit der Umwälzung» ' Risikobereitschaft seien die Merk- der radikal veränderten sicher- vor der KOG im Zürcher Kongress- male solcher Konflikte, zu deren heitspolitisch-strategischen Lage haus ein. Deutschland liege heute Eindämmung die Abschreckung in Mitteleuropa leitete der Inspek- nicht mehr, wie dies in der Zeit nach klassischem Muster nichts teur des Heeres der Bundeswehr, des kalten Krieges der Fall gewe- mehr beitragen könne. Nuklear- Generalleutnant Helge Hansen, sen sei, in der Reichweite eines waffen blieben aber für die NATO sein Referat «Reform von Streitkräf- zur strategischen Offensive fähi- von existentieller Bedeutung, da in Zukunft damit gerechnet wer- den müsse, dass Staaten ohne Heereskunde Risikobewusstsein in den Besitz von Massenvernichtungswaffen Die Armee kennt heute folgende Grade: gelangen werden. Nach Ansicht - Soldat Hansens geht es unter - Gefreiter den gegenwärtigen Umständen - Unteroffiziere: Korporal, Wachtmeister nicht um die Sicherheit in Europa, - Höhere Unteroffiziere: Fourier, Feldweibel, Adjutant-Unteroffizier sondern um die Frage der Sicher- - Subalternoffiziere: , Oberleutnant (Zugführer) heit um Europa. - (Einheitskommandant) - Stabsoffiziere: Major (Bataillons- oder Abteilungskommandant) Wirtschaftliche Stabilisierung (Regimentskommandant) Osteuropas als sicherheitspoliti- Höhere Stabsoffiziere: Brigadier (Kommandant einer Brigade oder - sehe Aufgabe Territorialzone) Divisionär (Kommandant einer Division oder Territorialzone) Die indirekten Auswirkungen von Korpskommandant (Kommandant eines Armeekorps oder der Konflikten an der östlichen Peri- Flieger-, und Fliegerabwehrtruppen, Generalstabschef oder Ausbil- pherie seien bereits heute spürbar, dungschef) beispielsweise in Flüchtlingsbewe- General (Oberbefehlshaber der Armee) gungen aus Krisen- und Kriegsge- bieten. In den Augen des deut- In die militärischen Ausgaben teilen sich Bund und Kantone mit aus- sehen Generals sind bei einer Aus- gesprochenem Schwergewicht beim Bund. Dieser organisiert, weitung von Bürgerkriegen auf bewaffnet und bildet das eidgenössische Heer aus, ernennt dessen dem Territorium der ehemaligen Offiziere und verfügt in Zeiten der Gefahr über die ganze Wehrkraft Sowjetunion Dimensionen zu er- des Landes. Die Kantone stellen die kantonalen Einheiten (Kompani- warten, die das .Gesellschaftsge- en und Bataillone der Infanterie), bekleiden und rüsten sie auf Bun- füge der westlichen industrienatio- deskosten aus und brevetieren ihre Offiziere. nen ernsthaft gefährdeten. Der wirtschaftlichen Stabilisierung Ost- (Quelle: «Die Schweizer Armee heute» von L.F. Carrel) europas komme deshalb ein emi- nentef sicherheitspolitischer Stel-

Der Fourier 2/93 4 Zur strategischen Lage

lenwert zu. Nur wirtschaftlich star- schaffenden Operationen im Rah- kan zeige. Es gelte mit Schwerge- ke Industriestaaten seien zudem in men der UNO sei je länger, desto wicht rasch verfügbare Krisenreak- der Lage, der Dritten Welt Unter- weniger möglich. Die Einsätze im tionskräfte auch für Blauhelm- Stützung zu leihen; gelinge dies Irak, auf dem Balkan und in Sorna- Operationen bereitzustellen; auf nicht, so sei die Gefahr gross, dass lia zeigten deutlich, dass sich die schwere Verbände, Hansen be- alle im Chaos versänken. beiden Einsatzarten gegenseitig zeichnete sie als Hauptverteidi- Um politisch Einfluss nehmen zu ergänzten, ja sogar bedingten. Oft gungskräfte, müsse notfalls wohl können - damit knüpfte General sei humanitäre Hilfe erst möglich, zurückgegriffen werden können, Hansen an eine Überlegung des wenn vorgängig friedensschaffen- doch sei ihre Präsenz zu reduzie- Generalsekretärs der Westeuropäi- de Einsätze stattgefunden hätten. ren. sehen Union, Willem van Ekelen, Angesichts begrenzter Ressourcen Damit sei aber auch die Zeit ein- in Zürich, an - sei ein glaubwür- stellt sich nach den Ausführungen heitlich ausgerüsteter Streitkräfte diges militärisches Instrumentari- General Hansens indessen die Fra- vorbei. Das Heer der Zukunft sei um unerlässlich. Dieses ist aber, so ge nach den optimalen Organisa- ein «Heer der Vielfalt», das heisse sagte der Heeresinspekteur, auf tionsformen, um die grosse Band- eine Streitmacht von unterschied- die veränderten Konfliktmuster zu- breite zwischen humanitären und lieh ausgerüsteten Truppenteilen zuschneiden. Im vorgängigen Ge- militärischen Einsätzen abdecken mit unterschiedlichen Einsatzkon- spräch mit Medienvertretern hatte zu können. Da die UNO damit auf zepten. Für General Hansen ist die Hansen keine Zweifel darüber auf- die Dauer überfordert ist, sind vor- Multinationalität eine der haupt- kommen lassen, dass vor dem handene Strukturen wie NATO, sächlichen Voraussetzungen für veränderten sicherheitspoi itischen WEU, EG, KSZE und UNO in koor- die optimale Nutzung zunehmend Hintergrund Modelle, die (wie diniertem Zusammenspiel zu nut- knapper finanzieller und materiel- etwa auch die deutsche Heeres- zen. In diesem Zusammenhang 1er Ressourcen; es könnten nicht struktur 5) noch zur Zeit der misst Hansen multinationalen Or- mehr alle alles aus eigener Kraft Supermachtrivalität konzipiert wor- ganisationsformen einen hohen machen. Selbst grosse Nationen den sind, grundsätzlich überdacht Stellenwert zu. Er verschwieg da- wie die Vereinigten Staaten seien und angepasst werden müssen; bei auch Probleme nicht, die sich nicht mehr in der Lage, allein zu mit kosmetischen Operationen aus einer unterschiedlichen Inter- agieren. Multinationale Streitkräf- komme man dabei aber nicht ans essenlage der NATO-Partner erge- testrukturen sind seiner Ansicht Ziel. ben, und erwähnte in diesem Zu- nach aber auch unter den Stich- sammenhang das Eurokorps. Für Worten von Toleranz, Solidarität General Hansen ist klar, dass es und Integrationsbereitschaft von keine Alternative zur transatlanti- einem Wert, der weit über den Krisen an Ort und Stelle sehen Abstützung geben darf; in militärischen Bereich hinausreicht. bekämpfen Frage komme nur eine Ergänzung Anschliessend unterstrich General Unter diesen Vorzeichen müsse es vorhandener Strukturen, keines- Hansen die Bedeutung der gesell- das Ziel sein, Konflikte dort zu falls aber eine Duplizierung. schaftlichen Verankerung der Lan- beenden, wo sie entstehen, und desverteidigung. Linter diesem nicht zuzuwarten, bis sie sich auf Vorzeichen könne eine reine das eigene Territorium ausgedehnt Berufstruppe für Deutschland kei- Für hätten. Wer sich allein auf die vielfältige Streitkräfte ne Lösung sein. Hingegen sei eine nationale Verteidigung beschränte, Für die zeitgemässe Organisation Kombinations von Berufs- und klammere wesentliche Aspekte von Streitkräften sei unter ande- Zeitsoldaten mit einem dem aus seinen Sicnerheitsvorkehrun- rem ausschlaggebend, dass Krisen schweizerischen Milizsystem ver- gen aus. Landesverteidigung sei nicht, wie dies früher der Fall gleichbaren Modell denkbar, auf mehr als früher erweiterte Landes- gewesen sei, als Übergang zum absehbare Zeit aber utopisch. Am Verteidigung, in Europa selbst, Krieg zu betrachten seien, sondern Ende seiner von den in grosser aber auch ausserhalb Europa. So eigene Ziele verfolgten. Das Kri- Zahl anwesenden Offizieren mit haben Entwicklungshilfe und senmanagement stehe im Vorder- anhaltendem Applaus aufgenom- Streitkräfteeinsatz nach Ansicht grund, ohne dass deshalb die Ver- menen Ausführungen gab General Hansens kongruent zu sein. Auch teidigungsfähigkeit für den ungün- Hansen zu verstehen, dass die eine Unterscheidung zwischen stigsten Fall preisgegeben werden Gemeinsamkeit für die Europäer friedenserhaltenden und friedens- dürfe, wie der Krieg auf dem Bai- das Gebot der Stunde sei.

Der Fourier 2/93 Zur strategischen Lage

Militärische Indifferenz von Poli- ten wehrpolitischen Standortbe- Heuberger zum entschlossenen tikern Stimmung die Teilnahmslosigkeit Kampf gegen die Bestrebungen Im geschäftlichen Teil der General- vieler Politiker gegenüber Landes- zur Schwächung der Armee auf. hatte der Präsident scharf kriti- Versammlung verteidigungsfragen Aus NZZ vom Montag, 11. Januar 1993 der KOG, Major i Gst Günter Heu- siert. Mit Blick auf die kommen- (mit freundlicher Genehmigung zur berger, in einer pointiert formulier- den Armeeabstimmungen rief Veröffentlichung in «Der Fourier»)

Personen

Wechsel tätig war. Seit Beginn 1989 ist er bestimmt. Langenberger wird Vizedirektor und Leiter Zentrale Nachfolger von Brigadier Peter Dienste der KMV. Deschwanden, der Ende br. Nach 16 jähren Mitgliedschaft von Jahr unter Verdankung seines Enga- verlässt Oberst Urs Meier infolge Franz Arnold, 1941, von gements von der Aufgabe ent- Amtszeitbeschränkung die Mili- Eschenbach LU und LU, Triengen bunden wird. tärische Unfallverhütungskommis- wird Vizedirektor und Leiter des emd. Der 60 Jahre alte Brigadier sion (MUVK). Während zwölf Jah- Bereichs KMV-Betriebe. Er arbeitet Langenberger, von La Scheulte BE ren als deren Präsident, hat er die seit 1979 als Leiter des KMV-Elek- und Romanel-sur-Morges VD, ist Unfallprävention in der Armee tronikbetriebs Emmen. von Instruktionsoffizier gefördert und ihr zum heutigen pensionierter und zuletzt Stellvertreter des Stellenwert verholfen. Richard Gasser, 1935, von war Rüderswil BE, Vizedirektor Direktors des Bundesamts für Luft- Zum Nachfolger als Präsident der wird und Leiter des Bereichs Technik. Er MUVK wurde Hptm Beat Brändli schutztruppen. Der koordiniert im gewählt. Brändli ist Chef Admini- ist zurzeit als Direktor der Armee- Fürsorgechef Nebenamt die sozialen stration Strassenverkehr im Bun- motorfahrzeugparks innerhalb der Tätigkeiten KMV der desamt für Transporttruppen und tätig. zugunsten Armeeangehörigen und deren Familien. Sodann för- war sechs Jahre Sekretär der Kom- Huber, 1939, Zürich Harry von dert er die Zusammenarbeit zwi- mission. Während vier Jahren iei- und Krummenau SG, wird Chef sehen militärischen und zuvielen tete er die Geschäftsstelle Militäri- der Betrieb im Bereich Abteilung Behörden sowie kirchlichen und sehe Unfallverhütung. KMV-Betriebe. Derzeit ist Chef er privaten Institutionen. Dafür steht Betriebssektion bei der Direk- der ihm die Zentralstelle für Soldaten- tion der Armeemotorfahrzeug- fürsorge (Bundesamt für Adjutan- parks. Kriegsmaterial- tur) zur Verfügung. Er ist aus- Verwaltung Hans Knobel, 1936, von Bet- führendes Organ des Stiftungsra- schwanden GL, wird Chef der tes der SNS. emd. Der Bundesrat hat bei der Abteilung Planung und Informatik. Kriegsmaterialverwaltung (KMV) Gegenwärtig ist er Chef der Sek- bei auf den 1. Januar 1993 verschie- tion Planung und Organisation Erstmals eine Frau der KMV. dene Ernennungen vorgenom- bei der men. Sie sind Folge der neuen Militärjustiz Organisationsstruktur der KMV, JvW. Auf den 1. Januar 1993 wur- die ebenfalls auf Anfang 1993 in Neuer Fürsorgechef de erstmals eine Angehörige des Kraft tritt, und ziehen keine neuen Militärischen Frauendienstes (MFD) Stellen nach sich. Im Einvernehmen mit dem Stif- zur Militärjustiz versetzt. Haupt- Jean-Claude Richard, 1940, von tungsrat der Schweizerischen mann Renata Trottmann, von Cressier NE, wird Stellvertretender Nationalspende für die Soldaten Beruf juristin, ist neu im Divisions- Direktor und Leiter -des Bereichs und deren Familien (SNS) hat das gericht 8 als Gerichtsschreiberin Zentrale Dienste. Er trat 1969 bei EMD Brigadier Jean Langenber- tätig. Frau Trottmann kommandier- der KMV in den Bundesdienst ein, ger per 1. Januar 1993 zum te bislang eine Sanitäts-Transport- wo er in verschiedenen Funktionen neuen Fürsorgechef der Armee Kompanie MFD.

Der Fourier 2/93