654 DEUTSCHE HELDENEPIK in TIROL. Konig Laurin Und Dietrich Von Bern in Der Dichtung Des Mittelaiters
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654 DEUTSCHE HELDENEPIK IN TIROL. Konig Laurin und Dietrich von Bern in der Dichtung des MittelaIters. Beitrage der Neustifter Ta gung 1977 des Sudtiroler Kulturinstitutes. In Zusammenarbeit mit Karl H. Vigl hrsg. von E. Kuhebacher. - Bozen: Athesia 1979. 5IOS., 21 Abb. (= Schriftenreihe des Sudtiroler Kulturinstitutes. Bd. 7.) Zu diesem wohlausgestatteten Band darf man Beitrager wie Heraus geber begJiickwunschen: Letztere verzichteten darauf, die Konzentration auf Sudtirol rig ide zu handhaben, und erstere sorgten durch die Vielfalt der angebotenen Themen dafOr, daB kaum ein Bereich moderner Helden epikforschung unbehandelt blieb. 1m Zentrum steht - dies bewirkt die no tige thematische Geschlossenheit I - die aventiurenhafte Dietrichepik (die teilweise in Subtirol entstanden ist), doch wurden andere Bereiche (z.B. historische Dietrichepik, Biterolf und Dietleib) nicht vernachlassigt. Die methodische wie inhaltliche Spannweite des Bandes wird schon bei der beiden Arbeiten deutlich, denen Offentliche Vortrage zugrunde liegen: K. Ruhs Beitrag (S. 15-31) der, ausgehend vom Anhang des StraBburger Heldenbuches, die zentrale Frage nach den Verstandnisperspektiven dieser Literatur im Spatmittelalter und unserer Gegenwart ("Fremdheit" der Heldendichtung) angeht, und W. Hoffmanns Forschungsbericht zur deutschen Heldenepik in Tirol (S. 32-67), der nahezu alIe Aspekte der ubrigen Arbeiten anspricht. Nur zwei Autoren liefern TeiIinterpretationen einzelner Werke: W. Haug, dessen Beitrag uber "Struktur und Welt" in 'Dietrichs Flucht' und 'Rabenschlacht' (S. 116-134) unser Verstandnis dieser - meist negativ beurteilten - Werke ein groBes Stuck voranbringt (Stichworte: Vergeb lichkeit des sich in sinn loser Hyperbolik erschopfenden Heroischen gegenuber dem durch Ermrich in die Welt gekommenen Bosen, Verho fischung des hunnischen Exils, Leid als Erfahrung, die zwischenmensch lich bewaltigt werden muB, Dietrichs privates Schicksal als Dominante der 'Rabenschlacht'). - F.V. Spechtler (S. 253-274) versteht 'Biterolfund Dietleib' als "Dichtung uber Heldendichtung", die die stilistischen Mittel des Romans der Zeit verwendet habe und erwagt, das Werk vor dem Hintergrund des reichen literarischen Lebens der Steiermark als "stei rischen Heldenroman" zu verstehen. Eine Reihe von Beitragen liefert "Realien": O. Pausch (S. 192-211) schlagt eine neue Lokalisierung und Datierung der Laurinhandschrift K vor (in Venedig, Schreibstube [?] des Georg von Nurnberg, Anfang des 15. 1h.s); H. Putz (S. 224-230) eine Neudatierung des zweiten Teils der 'Virginal' (auf 1254-1259). H. Weinachts niilzliche Ausfiihrungen (S. 466- 489) bieten ein volIstandiges Titelverzeichnis der auf Hans Ried bezug lichen Archivalien mit Regesten der Stucke, die in der Literatur noch nicht beriicksichtigt wurden. - Zu den "Realien" lassen sich auch die- I. Nur A. Massers Aufsatz (Wege der Darbietung und der zeitgenossischen Rezeption hofischer Literatur, S. 382-406) fiigt sich nicht recht ein. G. Rydls schriftstellerischer Laurin-Versuch (S. 490-507) hatte wegbleiben sollen. 655 herausragenden - Arbeiten zur musikalischen Realisation der Helden epik zahlen: Sowohl W. Lipphardts (S. 275-299) AusfUhrungen tiber "Epische Liedweisen des Mittelalters in schriftlicher Uberlieferung" (besonders wichtig fUr die Nibelungen-Strophe), als auch H. Brunners (S. 300-328) Aufsatz "Strukturprobleme der Epenmelodien" (Uberblick tiber den Bestand, Fragen der gegenseitigen Beziehungen und der histo rischen Entwicklung) werden ktinftig zur Grundlagenliteratur tiber dieses;. Thema gehoren. GroBen Raum nehmen Arbeiten iiber Fragen der Struktur, der Gat tung und der literarhistorischen Erfassung von Heldendichtung ein: 1.Heinzle (S. 172-191) sieht im 'Laurin' eine "schematische Kombination vorgepragter ... ErzahlmodeIle", die "strukturelle Offenheit der Fabel" bietet die Moglichkeit, die "Sinngebung"des Textes verschiedenartig zu akzentuieren"; jede so entstehende Fassung ist fUr die Literaturgeschichte von Interesse als "Spannungstrager", nicht als einmal fixiertes "Origi nalwerk". - Am Beispiel des 'Buches von Bern' zeigt V. Schupp (S. 68- 94) in seinem weit ausgreifenden Aufsatz (auch Artusepik und Chanson de geste sind einbezogen) die Schwierigkeiten literarhistorischer Erfas sung der Heldenepik auf; wichtig vor allem der Hinweis auf den Funktionswandel der Texte (vom historisch Geglaubten zur Fiktion) und die Moglichkeiten einer strukturalistischen Beschreibung. Wie schwierig der Gattungsbegriff bei heldenepischen Texten zu handhaben ist, mach en H. Rupp (S. 231-252) an hand des 'Ortnil' und G. Steer (S. 101-115) durch Auseinandersetzung mit dem Begriff der "Fassung" deutlich: Der 'Ort nil' erscheint als Produkt einer - gattungsunabhangig verlaufenen - Mischung von "Traditionellem und Modernem "; die sich in verschiede nen "Fassungen" manifestierende diskontinuierliche, nicht genealogische Texttradierung ist nicht an die Gattung, sondern an Wirkungsweise und Funktion der Texte gebunden. - Mit der Gattungsproblematik eng verbunden ist die Frage nach dem Verhaltnis Heldenepik-hofische Epik: M. Zips (S. 135-171) interpretiert Dietrichs Aventiure-Fahrten als "Grenzbereich" spatheroischer mhd. Heldendichtung; H. Piitz (S. 211- 223) geht der Verarbeitung heldenepischer Einfltisse im spathofischen Epos nach; auch Heinzle, Spechtler, Schupp und Ruh gehen auf diesen Aspekt ein. Einen letzten wichtigen Komplex stellen die Arbeiten zur literarischen und kiinstlerischen Verarbeitung der Heldendichtung dar: B. Boesch (S. 329-354) behandelt das Nachleben der Heldensage in Wittenwilers 'Ring' (und sieht diesen durch jene, aber auch durch Zeitgeschichte und Brauchtum wesentlich bestimmt), W.M. Bauer (S. 355-381) untersucht Heldenepik im Fastnachtsspiel des 16. lh.s (dazu auch Hoffmann). Auf Darstellungen heldenepischer Stoffe in der bildenden Kunstl weisen 2. Siehe dazu die Abb. 1-3: Innsbrucker Maximilianstumba, 4-8, 13: Lichtenberger Fresken, 14-20: Runkelsteiner Fresken. Die nicht immer befriedigende Qualitiit der Abbildungen ist vor aHem durch den schlechten Erhaltungszustand der Fresken bedingt. .