Studienkreis Rundfunk und Geschichte Mitteilungen

20. Jahrgang Nr. 4 - Oktober 1994

• >Radio Oranje< (1940 - 1945)

• Leichte Musik im Radio der 50er Jahre

• 25 Jahre Studienkreis

• Tucholskys Attacken gegen den Weimarer Rundfunk

• Ende des britischen Militär-Rundfunks in Berlin

• Harald Hauser (1912- 1994)

Bibliographie

Besprechungen

Jahresregister 1994

Studienkreis Rundfunk und Geschichte e.V. Verantwortliche Vorsitzender: Helmut Drück, Berlin Redakteure· Schriftführer: Edgar Lersch, Süddeutscher Rundfunk Ansgar Diller Postfach 10 60 40, 70049 Stuttgart, Tel. 0711 / 9 29 32 33 Marianne Ravenstein Zitierweise: Mitteilungen StRuG-ISSN 0175-4351 Autoren der längeren Beiträge

Prof. Dr. Lothar Albertin, Stettiner Straße 7, 32805 Horn- Bad Meinberg 2.

Martin Bott, Rundfunkjournalist, Ferdinand-Wallbrecht-Straße 6-8, 30163 Hannover.

Dr. Jörg-Uwe Fischer, Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main - Berlin, Rudower Chaussee 3, 12489 Berlin.

Redaktionsanschrift

Dr. Ansgar Diller, Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main - Berlin, Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am Main, Tel. 069-15687212, Fax 069-15687200. Dr. Marianne Ravenstein , Institut für Publizistik der Universitat Münster, Bispinghof 9- 14, 48143 Münster, Tel. 0251-834262, Fax 0251-838394. Redaktionsbeirat Dr. Wolf Bierbach, Dr. Michael Crone, Dr. Edgar Lersch. Redaktionsassistenz: Dr. Stefan Niessen. Redaktionsschluß: 3. November 1994. Hergestellt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Rundfunkarchiv. Bitte heraustrennen und sofort abschicken! (bis 1. Dezember 1994)

An die Mitglieder des Studienkreises Rundfunk und Geschichte

Auf vielfachen Wunsch aus den Reihen der Mitglieder beabsichtigt der Studienkreis ein Mitgliederverzeichnis herauszubringen, um mit dieser Publikation die Kommunikation der Mitglieder untereinander zu erleichtern. Außerdem muß aus Kostengründen der Verteiler fiir unsere Zeitschrift rationalisiert werden, d.h. Bezieher, die in einer Institution tätig sirtd, werden grundsätzlich nur noch über diese die "Mitteilungen" erhalten. Wir bitten aus diesem Grund, den untenstehenden Fragebogen möglichst umgehend zurückzuschicken.

Der Schatzmeister Die Redaktion des Studienkreises der Mitteilungen

Frankfurt am Main, im Juni 1994

~------

Ich erkläre mich einverstanden mit der Aufnahme folgender Angaben in das Mitgliederver­ zeichnis des Studienkreises Rundfunk und Geschichte. Ebenso bin ich einverstanden mit der Zusendung der Zeitschrift an meine Dienstadresse:

Name: Vorname:

Adresse:

Telefon: Fax:

Institution:

Funktion:

Adresse:

Telefon: Fax:

Datum: Unterschrift:

Herrn Dr. Michael Crone Schatzmeister des Studienkreises Hessischer Rundfunk 60222 Frankfurt am Main Inhalt

20. Jahrgang Nr. 4 - Oktober 1994

Aufsätze Martin Bott Radio der Gegenpropaganda Der niederländische Exilsender >Radio Oranje< im Widerstand gegen die deutsche Besatzung (1940- 1945) 165

Dokumentation »Wir sollten nicht spielen, was der Hörer will. Der Hörer will im Endeffekt das, was wir spielen.« Leichte Musik im Hörfunk der 50er Jahre. Eine Diskussion in Stuttgart 1955 204

Nachrichten und Informationen

25 Jahre Studienkreis Rundfunk und Geschichte - hat es sich gelohnt? 211 Geschichte in Hörfunk und Fernsehen Kolloquium in Baden-Baden 214 Rundfunkhistorische Forschung Ein Beitrag im Jahrbuch der historischen Forschung 216 Zehnjahresregister (1985- 1994) der >Mitteilungen< Mitgliederverzeichnis 216

Schwarzes Brett Gegen Intoleranz und Zensur Kurt Tucholskys Attacken gegen den Weimarer Rundfunk 217 Moskau auf der Radioskala Im »Dritten Reich« unerwünscht 220 »Written on the Wall« Vom Ende des britischen Militär-Rundfunks in Berlin 222 Politik, Wirtschaft, Programm 70 Jahre Funkausstellung 224 Radio Schwerpunktthema in der Zeitschrift >du< 224 Harald Hauser (1912- 1994) 225 Internationale Jahrestagung von IASA und FIAT 227 Jahreshauptversammlung der IASA-Ländergruppe Deutschland I Deutschschweiz I 228 Promotionsstipendien für Arbeiten zur Rundfunk- und Mediengeschichte der DDR 228 Förderpreis Funkgeschichte 228 164 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1 994)

Bibliographie Rundfunkbezogene Hochschulschriften Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung an der Hochschule für Musik und Theater Hannover 229 Zeitschriftenlese 66 (1 .5.- 30.6.1994) 230

Besprechungen Hans Bohrmann (Hrsg.): NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit (Ansgar Diller) 232 Jürgen Heideking I Christof Mauch (Hrsg.): Geheimdienstkrieg gegen Deutschland (Ansgar Diller) 233 Jürgen von der Wense: Blumen blühen auf Befehl (Klaus Scheel) 234 Ramona Sirch: Musik in der Deutschen Welle (Thomas Münch) 235 Heribert Besch: Dichtung zwischen Vision und Wirklichkeit. Eine Analyse des Werkes von Hermann Kasack mit Tagebuchedition Helmut John I Lonny Neumann (Hrsg.): Hermann Kasack- Leben und Werk (Hans-Uirich Wagner) 236 Werner Faulstich (Hrsg.): Grundwissen Medien (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 238 Siegtried Weischenberg: Journalistik (Christian Filk) 239 Susanne Marten-Finnis: Pressesprache zwischen Stalinismus und Demokratie (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 241 Thomas Heimann: DEFA, Künstler und SED-Kulturpolitik (Wolfgang Mühi-Benninghaus) 241 Kari-Eduard von Schnitzler: Provokation (Wolf Bierbach) 243 Michael Rauhut Beat in der Grauzone. DDR-Rock 1964 bis 1972 {lngrid Pietrzynski) 244 Cari-Eugen Eberle I Hubertus Gersdorf: Der grenzüberschreitende Rundfunk im deutschen Recht ( Albrecht Hesse) 245 Das Hörspiel in der DDR. Eine Zuschrift zur Rezension in den >Mitteilungen< 2 I 3 1994 (lngrid Pietrzynski) 246

Jahresregister 1994 Martin Bott

Radio der Gegenpropaganda Der niederländische Exilsender >Radio Oranje< im Widerstand gegen die deutsche Besatzung (1940 - 1945)*

An den letzten Winter des Zweiten Weltkrieges, bracht.8 Sie hatten die vermeintlich uneinnehm­ den sogenannten »Hungerwinter«, erinnern sich bare »Festung Holland« gestürmt und der seit viele Niederländer noch heute mit Schrecken. 145 Jahren im Frieden lebenden Bevölkerung9 Nicht ohne Grund: ln diesen Monaten erreichten einen nachhaltigen Schock versetzt.10 Fünf Jah­ die Härten der deutschen Besatzung ihren re lang sollten die Knobelbecher der Besatzer furchtbaren Höhepunkt. Zehntausende verloren nun über niederländisches Straßenpflaster hal­ ihr Leben, während im Süden des Landes be­ len. Fünf Jahre, in denen sich die Deutschen ei­ reits die alliierten Befreier standen. Auch 50 Jah­ nen großen Teil der Niederländer zu erbitterten re später haben die Niederländer die Zeit unter Feinden machten. dem Hakenkreuz nicht vergessen. Um so deut­ Zu seinem Statthalter in Den Haag hatte Hit­ licher ist das Mißtrauen, mit dem sie dem wie­ ler den Osterreicher Arthur Seyss-lnquart be­ dervereinigten Deutschland begegnen; um so stellt. Dieser stramme Nationalsozialist war ihm größer ist die Sorge, in der ausländerfeindlichen schon beim Anschluß seiner Heimat an das Gewalt unserer Tage manifestiere sich zugleich Deutsche Reich behilflich gewesen und durfte das Wiedererstarken alter Kräfte. ln diesem Zu­ sich seitdem mit dem politisch bedeutungslosen sammenhang erinnern unsere Nachbarn gerne Titel eines Reichsministers ohne Geschäftsbe• an ihren eigenen, oft erfolgreichen Widerstand reich schmücken.11 Als »Reichskommissar für gegen das Hitler-Regime. Dabei berichten sie die besetzten niederländischen Gebiete«12 steu­ auch von >Radio Oranje<, jenem Rundfunksen­ erte der NS-Karrierist zunächst einen eher mo­ der, mit dem die niederländische Exilregierung in deraten Kurs. Er hatte sich vorgenommen, die den Kampf um die Befreiung des Landes Niederländer zu einer Art »SelbstnazifiZierung« fünf Jahre lang zu unterstützen versuchte. zu bewegen.13 Als dieser Versuch fehlschlug, verbot Seyss-lnquart alle politischen Parteien bis auf die »Nationaai-Socialistische Beweging« Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund (NSB) des niederländischen Faschistenführers Anten Adriaan Mussert.1 4 Nach reichsdeut­ ln den frühen Morgenstunden des 10. Mai 1940 schem Vorbild ließ er die gesamten Institutionen überschritten Hitlers Truppen völkerrechtswidrig des öffentlichen Lebens gleichschalten und löste die Westgrenze des Deutschen Reiches. Damit Tausende von Stiftungen, Vereinen und Verbän• hatte der sogenannte Westfeldzug begonnen, in den auf. Deren Aufgaben und Funktionen sollten dessen Verlauf der Diktator neben Belgien, Lu­ Massenorganisationen nach nationalsozialisti­ xemburg und Frankreich auch die britischen ln­ schem Muster Obernehmen.15 Doch das Ansin­ sein unter seine Knute zu zwingen versuchte. Als nen, den in der niederländischen Gesellschaft Aufmarschgebiet für die geplante Invasion Groß• stark verwurzelten politisch-weltanschaulichen britanniens hatte Hitler die Niederlande ausge­ Pluralismus durch völkisches Blut-und-Boden­ wählt.1 Dabei scherte es ihn nicht, daß das klei­ Denken zu ersetzen, scheiterte. Und zunehmend ne Königreich völkerrechtlich neutral und schon regte sich Widerstand. seit Jahren darum bemüht war, sich mit dem na­ Offene Kritik an der deutschen Besatzung tionalsozialistischen Deutschland zu arrangieren; hatte es erstmals im Juni 1940 gegeben, als vergessen auch seine mehrmals wiederholten zahlreiche Niederländer demonstrativ ihre Sym­ Beteuerungen, die territoriale Integrität des pathie für das ins Exil geflohene Königshaus kleinen Nachbarlandes nicht anzutasten.2 Aus bekwndeten.16 ln den Monaten darauf nutzten militärstrategischen Gründen3 und nicht zuletzt, Hunderttausende eine weitere Möglichkeit, ihrer um mit dem niederländischen Wirtschafts­ anti-deutschen und NSB-kritischen Gesinnung potential die eigene Kriegswirtschaft zu stärken,4 Ausdruck zu verleihen: sie traten der Oberpar­ hatte Hitler für den 10. Mai 1940 den Angriff be­ teilichen Sammlungsbewegung »Nederlandsche 17 fohlen.S Vier Tage später waren die Niederlande Unie« bei. Die Bewegung war von den Deut­ in seiner Gewalt.6 ln der Zwischenzeit hatten schen zunächst sogar unterstützt worden; im deutsche Bomber die Rotterdamer Altstadt in Glauben daran, hier sei endlich die »erhoffte Schutt und Asche gelegt,7 hatten deutsche Kollaborationsbewegung« entstanden.18 Doch Soldaten Tausende von Niederländern umge- schon bald hatte sich die »Unie« klar gegen eine 166 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Machtübernahme durch einheimische National­ der drohenden Deportation zu entgehen. Sie alle sozialisten gewandt und war zum Sammelbek­ brauchten Kleidung und ein Dach über dem ken regimefeindlicher Niederlander geworden. Kopf. Sie benötigten Lebensmittelkarten, um Ende Februar 1941 spitzten sich die Ereignisse nicht zu verhungern, und falsche Papiere, um bei dann zu. Zum ersten Mal unter deutscher Besat­ den haufigen Straßenkontrollen nicht aufzufallen. zung legten Beschaftigte in den Niederlanden die Um all dies kümmerten sich Tausende von Nie­ Arbeit nieder. Drei Tage lang protestierten Am­ derlandern, die in geheimen, zum Teillandesweit sterdamer Arbeiter so gegen die beginnende operierenden Organisationen tatig waren.26 Ei­ Verfolgung der niederlandischen Juden, bis die gene Falschungszentralen lieferten tauschend Deutschen den sogenannten »Februar-Streik« echte Dokumente nebst Unterschriften und blutig niederschlugen. 19 Gerade deshalb konnte Stempeln aller Art.27 Kurierdienste sorgten für er zu einer Art »Fanal für den gesamten nieder­ den Transport und die Zustellung der Post. 28 landischen Widerstand« werden,20 der im April Und dringliche Informationen konnten über das 1943 einen weiteren Höhepunkt erreichte. Hitler geheime, den Deutschen unbekannte Telefon­ hatte angewiesen, die Soldaten der niederländi• netz des Widerstandes weitergegeben werden.29 schen Armee - kurz nach dem Einmarsch aus Der Untergrund unterhielt zudem verschiedene der Kriegsgefangenschaft entlassen - seien nun Nachrichtendienste, die ab 1942 mit der Londo­ zum Arbeitseinsatz für das Deutsche Reich her­ ner Exilregierung in Verbindung standen, ge­ anzuziehen.21 Diese Nachricht, die am 29. April heime Lageberichte erstellten und sogar den 1943 in den Niederlanden bekannt wurde, führte Sicherheitsdienst der SS (SO) abhörten. 30 Ande­ zu einer Streikwelle bislang »nicht gekannten re Gruppen organisierten Fluchtrouten für alli­ Umfangs«: Streckenweise brach das Versor­ ierte Militars.31 Und 2000 Niederlander waren gungs- und Verkehrswesen zusammen, und die allein damit beschaftigt, bei Banken und Unter­ Deutschen fürchteten, die Massenstreiks könn• nehmen Geld für die Arbeit des Widerstandes ten selbst auf das benachbarte Belgien und auf einzutreiben.32 Daneben existierten eine Reihe Frankreich übergreifen.22 Schon zuvor hatten die von bewaffneten Gruppen, deren Mitglieder re­ Besatzer zunehmend nervöser auf die sich hau­ gelmaßig Anschlage auf die Besatzer und ihre fenden Akte zivilen Ungehorsams reagiert. Doch nicht weniger verhaßten einheimischen Kollabo­ nun antworteten sie mit nackter Gewalt: Seyss­ rateure verübten.33 Schließlich verfügte der Wi­ lnquart verhangte das Polizeistandrecht, und der derstand in den zahlreichen »periodisch erschei­ ihm unterstellte »Generalkommissar für das Si­ nenden Untergrund- und Widerstandspublikatio­ cherheitswesen«, der Höhere SS- und Polizei­ nen« - der sogenannten »illegalen Presse« - führer (HSSPF) Hanns Albin Rauter, wies Polizei über eine mutige und deutlich vernehmbare und Waffen-SS an, rücksichtslos von der Stimme. 34 Hunderte illegaler Blatter setzten der Schußwaffe Gebrauch zu machen. So konnten NS-Propaganda alternative Informationen ent­ die Deutschen zwar erst einmal die Ruhe wie­ gegen. Sie starkten die Hoffnung auf den Sieg derherstellen, doch zugleich motivierten sie der Alliierten und ermutigten ihre Mitbürger, sich Zehntausende bislang Unentschlossener, sich selbst im Kampf gegen das Regime zu engagie­ dem Besatzungsregime nun auch aktiv entge­ ren. genzustellen. Weitere Massenproteste - vor al­ Dieses Ziel verfolgten auch die Redakteure lem gegen die zunehmende Diskriminierung und des niederlandischen Exilsenders >Radio Oran­ Terrorisierung der jüdischen Mitbürger- blieben je<, der sich von London aus an die Bevölkerung gleichwohl aus. So sollte es den Besatzern des von den Deutschen okkupierten Landes schließlich gelingen, mit Hilfe einheimischer Poli­ wandte. Wie entstand dieser Sender der Exilre­ zeibüttel und übereifriger Bürokraten23 mehr als gierung, und in welcher Weise war er in den Ap­ 100.000 Juden aus den Niederlanden in die na­ parat der niederlandischen Gegenpropaganda tionalsozialistischen Vernichtungslager zu trans­ eingebunden? Welchen Auftrag hatte er? Und portieren.2 4 mit welchem Programm richtete er sich an seine Wer sich allerdings zum Kampf gegen die Hörerinnen und Hörer? Diesen Fragen wollen wir Besatzer und ihre Kollaborateure entschlossen im folg~nden nachgehen und dabei auch das hatte, der fand dazu in der beinahe perfekt or­ Selbstverstandnis und die tatsachliche Rolle des ganisierten Gegenwelt der niederländischen niederlandischen Exilsenders beleuchten. »lllegaliteit« (Illegalität) vielfältige Möglichkei• Schließlich gilt es zu klaren, ob und inwiefern die ten.25 So waren bis Mitte 1943 etwa 200.000 Arbeit dieses Rundfunksenders der alliierten Menschen einfach »untergetaucht«: Arbeiter, Gegenpropaganda erfolgreich gewesen ist. Studenten und Soldaten, die sich der Zwangs­ verpflichtung zum Arbeitseinsatz im Dritten Reich entziehen wollten, sowie Juden, die sich bei nie­ derländischen Familien verborgen hielten, um . Bott: Radio der Gegenpropaganda 167

Königin Wilhelmina und die ~nvermeidli~h hielt und selbst Churchill gegen­ Exilregierung in London uber von dteser Auffassung keinen Hehl mach­ te.40 Geplagt von Fluchtgedanken schlich der 70jährige de Geer Tag für Tag durch Stratton Am 13. Mai 1940 erreichte die niederländische 41 Königin Wilhelmina an Bord eines britischen House, den Londoner Sitz der Exilregierung in Torpedobootes die rettende englische Küste.35 der Nähe des Hyde Park.42 Dort schmiedete er Die Kapitulation der niederländischen Truppen eigenwillige Pläne: Aus »Sicherheitsgründen«, stand unmittelbar bevor und deren Oberbefehls­ so forderte er zunächst, solle die Regierung ih­ haber konnte für die Sicherheit der Königin nicht ren Sitz ins ferne Niederländisch-lndien (das länger garantieren. Die 60jährige Wilhelmina die heutige lndonesien) verlegen.43 Wilhelmina lehn­ Hitler »als den leibhaftigen Teufel betracht~te« te ab. Dann schlug der Ministerpräsident vor, und sich geschworen hatte, niemals lebend in umgehend mit den Deutschen in separate Frie­ seine Hände zu fallen, mußte in See stechen.36 densverhandlungen einzutreten - undenkbar Ursprünglich unterwegs in die niederländische selbst in den Augen seiner Ministerkollegen.44 Provinz Zeeland, hatten sie und ihre Begleiter Als de Geer schließlich im August mitteilte, nun aufgrund der unsicheren Lage schließlich Kurs wolle er sich erst einmal für zwei Wochen zum auf die britischen Inseln genommen. Noch am Urlaub in die Schweiz zurückziehen, war das selben Tag trafen sie in London ein. Am Morgen Maß voll. Wilhelmina zwang den Defaitisten zum darauf folgte ihnen auch das niederländische Rücktritt und ernannte den bisherigen Justizmi­ Kabinett. nister Pieter Sjoerds Gerbrandy zu seinem Elf Tage nach ihrer Ankunft wandte sich Wil­ Nachfolger.45 helmina erstmals über den Rundfunk an die Be­ Der neue Ministerpräsident, ein kleiner, völkerung ihres Königreiches, das ja nicht alleine 55jähriger Friese mit buschigem Schnurrbart und aus den Niederlanden, sondern zudem aus einer lebhaften, blauen Augen,46 hatte sich als Jurist Reihe überseeischer Kolonialgebiete bestand. ln einen ausgezeichneten Ruf erworben und galt dieser Ansprache, die am 24. Mai 1940 von der innerhalb seiner konservativen »Anti-Revolutio­ Londoner BBC ausgestrahlt wurde, sagte die nären Partei« (ARP) als fortschrittlich.47 Er war Königin den deutschen Besatzern öffentlich den zwar erst seit einem Jahr Mitglied des Kabinetts Kampf an. 37 Ihr Volk, so erklärte sie, habe dank und besaß kaum nennenswerte politische Erfah­ seines Gottvertrauens, seiner Freiheitsliebe und rung . Doch warer-wie die Königin -fest dazu seines Gerechtigkeitssinnes schon andere histo­ entschlossen, den Kampf gegen die Besatzer rische Tiefpunkte überstanden. Doch nun gehe fortzusetzen, und zugleich »heilig davon über• es um nicht weniger als »um die Bewahrung und zeugt, daß die Alliierten schließlich siegen wür• das Heil des Königreiches«. Zwei Monate später den.«48 Gerbrandy, ein gläubiger Calvinist, war eröffnete Wilhelmina mit einer weiteren kämpfe• offen und sehr direkt und dabei fähig zur Selbst­ rischen Rede die Sendungen >Radio Oranjes<. ironie; ein Zug, der ihm die Verehrung nicht nur Bislang, so erklärte die Königin am Abend des seiner engsten Mitarbeiter einbrachte. Zugleich 28. Juli 1940, hatten »weder Waffengewalt, noch stieß er mit seiner impulsiven, kämpferischen die Flammen des Scheiterhaufens, noch Armut und wenig diplomatischen Art jedoch manchen und Leid« die freiheitlichen Grundüberzeugun• vor den Kopf. Auch seine Kabinettskollegen zog gen der Niederländer jemals ins Wanken bringen er nu.r zu Rate, wenn ihm dies unumgänglich können. Man werde deshalb auch »aus dieser erschien. Der neue Ministerpräsident verab­ Prüfung gestärkt und geläutert hervorgehen«. scheute bürokratische Prozeduren und war alles Denn eines sei gewiß: Die Freiheit, die Unab­ andere als ein Organisationstalent, und schließ• hängigkeit und die territoriale Integrität des ge­ lich dauerte es eine Weile, bis er sich aus dem Schatten der von ihm tief verehrten Königin ge­ samten Reiches würden erfolgreich behauptet. 49 Dabei gründe sich das Vertrauen in den löst hatte. Dennoch -der streitbare Friese soll­ »letztendlichen Sieg unserer Sache« nicht nur te sich als »eine gute Wahl« erweisen. so Da er »auf die Macht der Waffen ( .. .), sondern ebenso sich pervorragend mit Churchill verstand, konnte auf die Einsicht, daß es heute um unsere heilig­ er die mißtrauisch gewordenen Alliierten schließ• sten Güter geht.«38 Wilhelmina machte unmiß• lich davon überzeugen, daß die niederländische Exilregierung die alliierten Kriegsanstrengungen verständlich klar, daß sie auf keinen Fall dazu 1 bereit sei, sich mit der Besatzung ihrer Heimat nach Kräften unterstützte.S Tatsächlich halfen einfach abzufinden. Hunderte von niederländischen Handelsschiffen Damit bewies die Königin einen Kampfgeist, schon seit Mitte Mai die Versorgung Großbritan• niens sicherzustellen und alliierte Truppen zu der den meisten Mitgliedern ihres Londoner Exil­ 2 kabinetts völlig abging,39 auch ihrem Minister­ befördern.5 Niederländische Piloten flogen in präsidenten Jan Dirk de Geer, der einen Korn­ Verbänden der britischen Luftwaffe, und die Ma­ promißtrieden mit dem Dritten Reich letztlich für rine unterstand faktisch alliiertem Kommando.53 168 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Doch ihr beschädigtes Ansehen konnte die Exil­ und Informationsamtes zu erreichen. Es wurde regierung erst mit Gerbrandy an der Spitze wie­ im Mai 1940 errichtet und sollte später die Be­ derherstellen.54 Dies war von zentraler Bedeu­ zeichnung »Regierungsinformationsdienst« (Re­ tung . Denn die besetzten Niederlande konnten geeringsvoorlichtingsdiensURVD)58 erhalten. Die nur mit Hilfe der Verbündeten befreit werden, neue Behörde unterstand Außenminister Eelco und ohne deren Schutz stand selbst die Zukunft van Kleffens; ihr Leiter wurde der 50jährige Jour­ der niederländischen Kolonien auf dem Spiel. An nalist Adriaan Pelt, zuvor Pressechef des Völker• dieser Einsicht sollte sich in den Londoner Jah­ bundes in Genf.S9 Am 14. Mai traf Pelt in London ren Gerbrandys politisches Handeln orientie­ ein, und noch am selben Tag begann er mit dem ren .55 Aufbau des neuen Dienstes. Dazu bediente er Der neue Ministerpräsident war davon über• sich der in London tätigen niederländischen Kor­ zeugt, daß im »Kampf um die Unabhängigkeit respondenten sowie einer Reihe von Kollegen, des Landes« neben militärischen Mitteln auch die noch in letzter Minute vor den Besatzern die Möglichkeiten der Propaganda eine wichtige hatten fliehen können. Diese Journalisten Rolle spielen würden.56 Dazu, so schrieb er im formten den Dienst rasch zu einem professio­ Juli 1940 in einem Memorandum für den Mini­ nellen Apparat, der Kontakte rund um den sterrat, nutze die Regierung schon jetzt »alle Erdball unterhielt und in London die Inhalte der materiellen Waffen; könnte sie, so würde sie niederländischen Gegenpropaganda formulier­ auch jedes geistige Mittel ergreifen. Zweifellos te.SO Deren Strategie allerdings bestimmte der zählen zu diesen Mitteln Radio und Presse. Kon­ Ministerpräsident selbst, und zwar in steter Ab­ trollierte [die Regierung] (.. . ) auch nur einen sprache mit seinen Mitarbeitern: informell und Fußbreit Boden in den Niederlanden, so würde unbürokratisch, 51 also meist perTelefonoder bei sie dort ohne zu zögern einen Sender errichten einem Gläschen Jenever, das er regelmäßig in und, falls möglich, eine Zeitung ( ... )drucken las­ einem seiner altmodisch eingerichteten Londo­ sen.« Dasselbe müsse sie nun in England tun, ner Hotelzimmer einzunehmen pflegte.62 dürfe die Bevölkerung des besetzten Landes Im Februar 1943 sandte Pelt dem Minister­ doch auf keinen Fall den Eindruck erhalten, präsidenten eine 13seitige Aufzeichnung, in der »daß da, nun ja, in London auch noch eine Re­ er das Selbstverständnis seiner Behörde wie gierung ist. Nein, sie muß wissen, daß DIE Re­ folgt schilderte: »Der Regierungsinformations­ gierung dort ist.« Dies gelte es nicht nur den dienst muß ( ... ) als eine Kriegswaffe betrachtet Niederländern klar zu machen: »Es ist von größ• werden, die den Kampf mit allen Mitteln führt, die ter Wichtigkeit, daß die Welt weiß und stets die moderne Publizistik bietet, das heißt [mit] behält: die Königlich Niederländische Regierung Presse, Radio, Foto, Film usw.«63 Mit diesen existiert.« Mitteln wolle der Dienst einerseits bekanntma­ So richtete sich die niederländische Propa­ chen, welch großen Anteil die Niederländer an ganda an drei verschiedene Adressaten. Zum der alliierten Kriegführung hatten. Er lasse des­ einen an die Bevölkerung des besetzten Landes: halb in seine Publikationen stets den Hinweis Ihr sollten die Botschaften aus London Mut und einfließen, daß die Niederlande nach wie vor ei­ Zuversicht vermitteln. Sie sollten den Menschen ne Weltmacht seien, erinnere an die »große das Gefühl geben, die Exilregierung lasse sie in Vergangenheit« des Landes und beanspruche dieser schweren Zeit nicht im Stich, und zudem eine entsprechende Rolle auch für die künftige ihre Bereitschaft zum Widerstand stimulieren. Weltordnung. Zum zweiten habe der RVD den Zweiter Empfänger waren die Alliierten: Ihnen Auftrag, die Niederländer im besetzten Gebiet zu wollte die Exilregierung mit Berichten über den ermutigen und die Verbindung zwischen Exilre­ wachsenden Widerstandswillen der Bevölkerung gierung und Bevölkerung intakt zu halten. Zu imponieren und so die »Wertschätzung« der diesem Zweck informiere man die Menschen in Verbündeten für die »niederländische Sache« der Heimat Ober die Kriegslage und die Aktivitä• steigern.57 Dritter Adressat der niederländischen ten der Regierung, vermeide ansonsten aber Propaganda waren die Deutschen: Sie mußten »alles, was nach Propaganda aussieht«. Dieses davon überzeugt werden, daß Königin und Exil­ Streben nach Objektivität dürfe natürlich nicht so regierung den Anspruch auf die Unabhängigkeit weit gehen, »daß jemals an unserem Vertrauen des Landes niemals aufgeben würden . in den siegreichen Ausgang des Krieges und die Befreiung des Landes gezweifelt werden könn• te«. So müsse man dem Feind und den Die Gegenpropaganda der »Landesverräter[n]« des NSB gegenOber publi­ Exilregierung zistisch »aggressiv« auftreten und dürfe sich nicht scheuen, die eigene sittliche Überlegenheit herauszustellen. Ihre politisch-propagandistischen Ziele suchte die Exilregierung mit Hilfe eines eigenen Presse- Bott: Radio der Gegenpropaganda 169

Knapp drei Jahre später arbeiteten allein in ten in Pretoria, Lissabon, Bern und Stockholm der Londoner Zentrale des RVD mehr als hun­ sowie die Pressechefs der Kolonialverwaltungen dert Menschen, die auf die verschiedenste (Gouvernements) in Willernstad auf Curacao Weise proniederländische Propaganda betrieben /Niederländische Antillen und Paramaribo in Su­ oder unterstützten:64 Eine eigene Nachrichten­ rinam zu den ständigen Mitarbeitern des RVD. ln abteilung sammelte Informationen über die Si­ regem Kontakt stand die Londoner Zentrale tuation in den besetzten Niederlanden und gab ferner mit dem Regierungsinformationsdienst sie an die zuständigen Regierungsstellen weiter. Niederländisch-Indiens, der nach der Besetzung Doch derartige Berichte waren zu Anfang äu• der Kolonie durch die Japaner allerdings im März ßerst knapp, und so hatte der RVD unter dem 1943 von der Hauptstadt Batavia (heute Djakar­ sozialistischen Journalisten Meijer Sluijser einen ta) nach Melbourne hatte ausweichen müssen. speziellen Radio-Abhördienst eingerichtet.65 Alle diese Büros versorgten die RVD-Zentrale Dieser zeichnete alle in London zu empfangen­ mit Nachrichten, die zusammen mit dem in Lon­ den feindlichen Radiosendungen in niederlän• don vorbereiteten Material in die Weltpresse discher Sprache auf, darunter vor allem die Pro­ lanciert werden sollten. Dazu bediente man sich gramme des von den Deutschen gleichgeschal­ der offiziell unabhängigen, in Wirklichkeit jedoch teten Hilversumer Rundfunks. Aus diesem Mate­ von der Exilregierung finanzierten72 Nachrich­ rial stellten Sluijsers Leute einen regelmäßig tenagenturen Anep in London 73 und Aneta in erscheinenden Abhörbericht zusammen, der in New York.74 Seide Agenturen verfügten über ein den ersten Monaten des Exils die mit Abstand Netz von Korrespondenten, das sich unter ande­ wichtigste Informationsquelle über die Vorgänge rem aus den Presseattaches der niederländi• im besetzten Land war;66 unverzichtbar auch für schen Auslandsvertretungen zusammensetzte. die Mitarbeiter von >Radio Oranje<. Um überprü• Dort hatte man die Meldungen der Anep/Aneta fen zu können, wie gut der Exilsender auf dem selbst abonniert und telegrafierte im Gegenzug europäischen Festland zu empfangen war, hatte Wissenswertes zurück nach London. Schließlich der RVD im portugiesischen Praia das Macas bei hatte Anep/Aneta eine Vereinbarung mit der briti­ Lissabon eine Dependance eingerichtet. Sie kon­ schen Reuter abschließen können, die es ihr trollierte regelmäßig die Empfangsqualität der ermöglichten, ihre gesammelten Informationen in Londoner Ausstrahlungen, die die Deutschen mit das Netz dieser angesehenen Weltagentur ein­ zahlreichen Störsendern zu beeinträchtigen ver­ fließen zu lassen. 75 suchten.67 Nicht immer trat der RVD nach außen hin Daneben unterhielt der RVD eine Filmabtei­ selbst in Erscheinung. Denn häufig versuchten lung, die Beiträge über niederländische Aktivitä• seine Mitarbeiter, ihre Meldungen über unab­ ten in britischen Wochenschauen unterbringen hängige bzw. offiziöse Kanäle publik zu machen. sollte.68 Außerdem sollten ihre Mitarbeiter die Nachrichten aus nicht-institutionellen Quellen, so Produktion privater Spielfilme fördern, »sofern Pelt an Gerbrandy, würden nämlich viel eher in sie der niederländischen Sache zugute« ka­ der Weltpresse veröffentlicht als solche, die of­ men.69 Es gab eine Marine-, eine Foto- und fensichtlich aus der Feder der Autoren staatli­ Ausstellungsabteilung, eine Dokumentation und cher Einrichtungen stammten_76 Immerhin ein eigenes Archiv. Darüber hinaus finanzierte schien der RVD bei allem propagandistischen Ei­ der RVD einen Vortragsreisenden, der im Jahr fer doch Wert darauf zu legen, möglichst wahr­ Hunderte von Lesungen hielt. Schließlich hatte heitsgetreu zu berichten. Schließlich, so Pelt, er noch eine Flugschriftenredaktion eingerichtet, habe die Erfahrung gelehrt, »daß objektive Infor­ die gemeinsam mit den britischen Propaganda­ mation propagandistisch eine bessere Wirkung behörden jeden Monat eine 32seitige Luftpostille hat als öffentliche Propaganda.«77 Durch eine mit dem Namen »Wervelwind« (Wirbelwind) zu­ solche Art der »Beeinflussung der großen sammenstellte. Flugzeuge der alliierten Luftwaffe Masse« sei es dem RVD immerhin gelungen, warfen das Blatt über den Niederlanden ab, und »ein für unser Land günstiges Klima« zu schaf­ zwar zwischen Mai 1942 und August 1944 in fen. Schwieriger sei es dagegen, Faktenwissen einer Auflage von jeweils 10.000 ExemplarenJO über! die Niederlande zu verbreiten. Und natür• Bei ihrer Arbeit konnte sich die Londoner lich könne der RVD auch nicht dafür garantieren, Zentrale des RVD auch auf Agenturen in Europa daß Meldungen, die er selbst für wichtig erachte, und Übersee stützen, die dort unter der Be­ tatsächlich in die internationale Presse gelang­ zeichnung » Information Bureau« ten. Letzteres trug Adriaan Pelt mehrmals den (NIB) firmierten . Dessen Vertreter warben für die Tadel Wilhelminas ein, die den Kampf ihres ver­ Sache des Königreiches in New York, San meintlichen »Heldenvolkes« in den britischen Francisco, Chicago und Boston7 1 sowie im ka­ Medien nicht ausreichend gewürdigt sah.78 Mini­ nadischen Montreal. Daneben zählten auch die sterpräsident Gerbrandy dagegen schätzte Pelts Presseattaches der niederländischen Botschaf- Fähigkeiten sehr,79 schien dessen professionell 170 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) geführter Apparat der »niederländischen Sache« tischen Ministry of Information (Mol) zur Ent­ doch gute Dienste zu leisten.80 Dies legte zu­ scheidung vor. Dort stand man der niederländi• mindest das Ergebnis einer Untersuchung briti­ schen Bitte offenbar aufgeschlossener gegen­ scher Meinungsforscher nahe, die die Nieder­ über. Nach einer Reihe von Besprechungen mit lande im April 1943 als den »weitaus populär• den Verantwortlichen beider Häuser mußte Pelt sten« Verbündeten Großbritanniens ermittelt hat­ Gerbrandy am 26. Juni dennoch mitteilen, daß ten.S1 nach wie vor alles unklar sei: »Ich habe den Ein­ druck, daß von seiten des Ministeriums alles nur Mögliche getan werden wird, um die BBC doch Die Anfänge von >Radio Oranje< noch zu einer Konzession zu bewegen. Viel Hoffnung habe ich jedoch nicht. «89 Im Juni 1940 baten Pelt und Gerbrandy die BBC, Pelt sollte angenehm überrascht werden: Am der niederländischen Exilregierung die notwen­ 1. Juli entschied das britische lnformationsmi­ dige Sendezeit für ein eigenes Rundfunkpro­ nisterium, die BBC habe den Niederländern täg• gramm einzurc':iumen.82 Zwar unterhielten die lich 15 Minuten frei zu gestaltender Sendezeit Briten mit ihrem »Dutch Service« bereits seit (»free time«) zu überlassen. Außerdem müsse zwei Monaten einen niederländischsprachigen sie ihnen alle erforderlichen technischen Einrich­ Dienst, doch strahlte der in erster Linie Welt­ tungen zu Verfügung stellen.90 Aus Sicherheits­ nachrichten aus. Er tat dies mit britischer Nüch• gründen seien die Manuskripte aller Beiträge ternheit und ohne allzu aufdringliche propagan­ allerdings 48 Stunden vor der jeweiligen Sen­ 1 distische Untertöne, und so war er schon bald dung der Zensur vorzulegen. 9 Zudem sei man zur bevorzugten Nachrichtenquelle der Bevölke• sich darOber einig, so das lnformationsministeri­ rung in den besetzten Niederlanden geworden.83 um, »daß die der niederländischen Regierung Doch Pelt und Gerbrandy wollten nicht nur in­ zugestandene Sendezeit zum Zwecke der Pro­ formieren. Sie hatten sich vorgenommen, eine paganda genutzt werden sollte und daß die nun Radiostation zu betreiben, die sich als Stimme angebotenen Möglichkeiten nicht notwendiger­ der Exilregierung an die Bevölkerung des weise als dauerhaft betrachtet werden« könn• besetzten Landes richten und der deutschen ten.92 Ähnliche Angebote machte die BBC dann Propaganda Paroli bieten sollte. Zu diesem später auch den Tschechen, Norwegern, Polen Zweck baten sie die BBC am 6. Juni offiziell um und Belgiern, doch wirkliche Freiheit in der Ge­ Sendezeit,84 und knapp zwei Wochen später staltung ihrer Programme genossen neben den schilderten sie ihre Vorstellungen in einem de­ Franzosen (>La France Libre<) allein die Nieder­ taillierten »Scheme for a Dutch Broadcast«_85 länder.93 Danach sollte sich der neue Sender dem Be­ Es war der 28. Juli 1940, als im Äther zum streben der Deutschen widersetzen, den Nieder­ ersten Mal die Worte »Hier Radio Oranje!« zu ländern ihre »moralischen« Vorstellungen und hören waren. Damit sollte der Sender der nie­ ihre politische Ideologie aufzuzwingen. Er sollte derländischen Exilregierung auch in den folgen­ sich einer möglicherweise ausbreitenden defäti• den fünf Jahren täglich seine Programme an­ stischen Stimmung entgegenwirken und propa­ kündigen.94 Bezeichnung und Losungswort des gandistische Attacken gegen Königin und Exil­ Senders hatte der Chef des Radioabhördienstes kabinett zurückschlagen. Sluijser vorgeschlagen und damit zum ersten Schon in den Niederlanden hatte sich Ger­ Mal im Londoner Exil sein enormes propagandi­ brandy mit dem Rundfunk beschäftigt86 und stisches Talent unter Beweis gestellt. Als Chef­ verfügte aus seiner Amtszeit als Vorsitzender redakteur und wichtigster Autor des schwarzen des niederländischen »Radiorates« über ausge­ Senders >De Flitspuit<95 sollte er dazu später zeichnete Beziehungen zur Chefetage der BBC. erneut Gelegenheit erhalten. >Radio Oranje< - So beauftragte das Kabinett Gerbrandy noch als dieser Name mußte die Niederländer unwillkür• Justizminister, sich um Radioangelegenheiten zu lich an ihren Nationalhelden Wilhelm von Orani­ kümmern; eine Aufgabe, für die eigentlich der für en erinnern, der im 16. Jahrhundert erfolgreich den RVD verantwortliche Außenminister van den AJfstand gegen die spanischen Besatzer Kleffens zuständig gewesen wäre. Gerbrandys angeführt und damit das niederländische Für• Engagement zum Trotz schien die BBC zunächst stenhaus begründet hatte.96 Geschickt ver­ eher abgeneigt, den Wunsch der Niederländer knüpfte der Begriff auf diese Weise eine Art nach eigener Sendezeit zu erfüllen.87 Eine Zu­ Treuegelöbnis für das Haus Oranien-Nassau mit sage, so hieß es, würde die anderen in London der indirekten Aufforderung zur Revolte gegen 97 amtierenden Exilregierungen nur ermutigen, das die Besatzer. ln nur zwei Worten enthielt er gleiche Recht für sich zu fordern. Einem solchen »zugleich ein Bekenntnis und ein Programm«.98 Ansinnen sei jedoch unmöglich nachzukom­ Chefredakteur des Regierungssenders wurde men.88 Die BBC legte die Frage darum dem bri- der 42 Jahre alte Jan Willern Lebon,99 Mitbe- Bott: Radio der Gegenpropaganda 171

gründer und langjähriger Schatzmeister der so­ >Radio Oranje< (1940- 1942) zialdemokratischen Rundfunkgesellschaft VA­ RA. 1oo Da Lebon jedoch niemals redaktionell ge­ Die Radiokommission ging bei der Programm­ arbeitet hatte, stellte ihm Pelt Ende Juni einen planung von einer täglich 15minütigen Sendezeit jungen Assistenten zur Seite: den 25jährigen aus.112 Viermal wöchentlich war darin ein Journalisten Louis de Jong, zuvor Redakteur des »Politisches Radio-Journal« vorgesehen: Der 1 Wochenblattes >De Groene Amsterdammer<.10 regelmäßige Wochenoberblick sollte die Hörer Nur wenige Tage nach der deutschen Invasion Ober die tatsächliche politische Lage informieren war de Jong mit seiner Frau - beide waren jüdi• und damit die »deutsche Version des Gesche­ schen Glaubens - aus den Niederlanden geflo­ hens« korrigieren. Im zweiten »Journal« sollte hen. Noch im letzten Augenblick hatten sie sich die Exilregierung die Möglichkeit haben, ihre gemeinsam mit den Angehörigen Sluijsers und fortdauernde Souveränität unter Beweis zu stel­ Lebans vom niederländischen Hafen ljmuiden len, während die beiden anderen Ausgaben des aus nach England absetzen können.102 Dort »Journals« sich mit jeweils aktuellen Themen fand de Jong zunächst keine Arbeit und hatte auseinanderzusetzen hatten. Die fünfte Viertel­ deshalb begonnen, sich täglich in die ausländi• stunde der Woche sollte unter der Bezeichnung schen Tageszeitungen zu vertiefen.103 Kurz dar­ »Unsere Zukunft« (»Onze toekomst«) Fragen auf entdeckte er in einem amerikanischen Blatt des »geistigen und wirtschaftlichen Wiederauf­ den Bericht eines Korrespondenten, der erst baus« nach dem Sieg Ober die Besatzer aufgrei­ wenige Tage zuvor die besetzten Niederlande fen. Ein weiterer Sendeplatz war für den besucht hatte. Oe Jong schrieb eine Zusammen­ »Gesprochenen Luftpostbrief« (»Gesproken fassung dieses Berichtes und schickte sie Pelt. mailbrief«) des in den Niederlanden schon aus Der RVD-Chef wiederum ließ sie dem Exilkabi­ Vorkriegszeiten bekannten Autors van Bovene nett zukommen, das auf diese Weise zum ersten vorgesehen, der regelmäßig aus Niederländisch• Mal seit der Invasion Informationen aus der lndien berichtete.113 Und natürlich durfte auch Heimat erhielt. So bot Pelt dem jungen Mann Musik nicht fehlen. eine Stelle beim Radio an, und de Jong sagte zu. Diese Programmvorgaben der Radiokom­ Zwar hatte er erst ein einziges Mal in seinem mission konnte >Radio Oranje< weitgehend reali­ Leben vor einem Mikrofon gesessen.104 Doch sieren. Zwar gab es kein eigentliches »Politi­ dafür interessierte er sich brennend für die inter­ sches Radio-Journal«, doch eine Reihe fester nationale Politik, arbeitete wie besessen und war Sendereihen politischer Art. So zum Beispiel die das, was wir heute wohl einen Nachrichtenjunkie von de Jong vorgetragene »Außenpolitische Wo­ nennen würden: Der studierte Historiker war chenübersicht« am Freitagabend, die der profi­ süchtig nach Fakten.105 Diese konnte er verblüf• lierte Journalist und Chefredakteur der Exil-Wo­ fend schnell kombinieren und so mit enormer chenzeitung >Vrij Nederland<, Marcus van Blan­ Geschwindigkeit politische Analysen zu Papier kenstein, verfaßte.114 Am Samstagabend rea­ bringen, wobei er bei seinen Schlüssen ein kaum gierte >Radio Oranje< mit einer eigenen Sen­ zu erschütterndes Vertrauen in die Zuverlässig• dung auf die Propagandameldungen der von den keit seiner Quellen offenbarte. 1os Deutschen gleichgeschalteten niederländischen Ende Juni 1940 zogen Lebon und de Jong in Nachrichtenagentur ANP, die in London unter ihr Büro am Sitz der Exilregierung ein. Dort be­ dem Spottnamen »Adolfs neuester Papagei« fir­ gannen sie mit der Programmplanung, während mierte.115 Und am Sonntag strahlte der Sender zahlreiche freie Mitarbeiter sich den Kopf Ober den von der Niederländisch-Indischen Rundfunk­ die ersten Beiträge zerbrachen, die man von ih­ gesellschaft NIROM 11 6 aus Batavia übermittel• nen erwartete.107 Als Verbindungsoffizier bei der ten »Luftpostbrief« aus.117 Dazu gab es seit Juli BBC war Hans Reyneke van Stuwe benannt 1941 wöchentliche Kommentare zur Situation an worden; Chefansager wurde Corno Stuyt, ein den Fronten.118 Meijer Sluijser, einer der fleißig• Beamter des Außenministeriums.108 Zuvor hatte sten Autoren des neuen Senders, bezog Stel­ eine Art Redaktionsbeirat unter der Leitung Ger­ lung zur deutschen Propaganda und stellte ab brandys die Inhalte des neuen Senders festge­ Junil1942 regelmäßig eine »Innenpolitische Wo­ legt. Dieses Gremium, dem auch Pelt und Slui­ chenübersicht« zusammen. Zu Wort meldeten jser angehörten,109 erhielt die Bezeichnung sich außerdem die Königin selbst, ihr Schwieger­ »Radiokommission« 11 o und tagte fortan regel­ sohn Prinz Bernhard und Kronprinzessin Juliana, mäßig. Bis zum Kriegsende sollte es die Orga­ die sich mit ihren kleinen Töchtern in Kanada nisation, Gestaltung und Wirkung der Radiosen­ aufhielt. Daneben gab es Ansprachen zu den un­ dungen aus dem Exil einer steten Prüfung un­ terschiedlichsten Anlässen und Themen, als de­ terziehen.111 ren Autoren Regierungschef Gerbrandy, einige seiner Minister sowie zahlreiche freie Mitarbeiter auftraten, darunter RVD-Chef Pelt und sein Kol- 172 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

lege Dirk de Man, der katholische Journalist und ten auf die NS-Propaganda und »aggressive, Gerbrandy-Intimus Piet Kasteel sowie der Direk­ satirische und ( ... )verhöhnende Ansprachen ge­ tor des Netherlands Information Bureau (NIB) in gen die Nazis und ihre Handlanger«. Dem seien New York, Slotemaker de Bruine. 31 aktuelle Reportagen und Interviews hinzuzu­ Um die Moral der Bevölkerung in den besetz­ rechnen, ferner 21 Berichte Ober die Regie­ ten Niederlanden hochzuhalten, hatte die Radio­ rungspolitik und 18 »Watergeus«-Programme. kommission auch an die Ausstrahlung von eher 17 Sendungen hätten sich mit »Verschiedenem« »optimistischen Sendungen« zu verschiedenen und zwölf mit »Besonderem« befaßt, 15 seien Themen des gesellschaftlichen Wiederaufbaus Gedenktagen und fünf dem Sport gewidmet ge­ gedacht. Doch da die Kriegslage zunächst wenig wesen. zuversichtlich stimmen mußte, schien die Zeit für Lebons Bilanz konnte natürlich keine Aus­ solche Programme noch nicht ganz reif.119 Statt kunft darOber geben, ob und inwiefern die auf­ dessen wollte >Radio Oranje< seine Hörer ab gelisteten Beiräge auch den Bedürfnissen der März 1941 mit einer Reihe für den Samstag­ Hörerinnen und Hörer entsprachen. Zweifel abend zusammengestellter Kabarettprogramme daran, daß sich die Redaktion im Londoner Exil unter dem Titel »Oe Watergeus« etwas fröhlicher ausreichend in die Lage der Menschen auf der stimmen.120 Melodien bekannter niederländi• anderen Seite des Kanals hineinversetzen konn­ scher Schlager versahen die Autoren dazu mit te, sind jedenfalls angebracht. Dies macht ins­ frechen, antideutschen Texten, vorgetragen un­ besondere das glanzvoll inszenierte Radiopro­ ter anderem von der damals 20jährigen Jetty gramm zum 61. Geburtstag Königin Wilhelminas »Jettje« Paerf.121 Die Spottlieder kamen in den deutlich. Gab >Radio Oranje< seinen Hörern Niederlanden zu erstaunlicher Popularität. So doch den Rat, im Verlauf dieser halbstündigen berichtet der SO im Juli 1941, das »Singen Sendung auf ein Zeichen von Prinz Bernhard hin deutschfeindlicher Lieder durch Schulkinder und die Nationalflagge zu hissen und daheim vor Halbwüchsige ( ... ) [lasse) auf ein verstärktes Ab­ dem Radiogerät das »Wilhelmus« anzustimmen, hören des Oranje-Senders ( ... ) schließen«.122 die niederländische Nationalhymne. Wer sich in Einige dieser Lieder, die »überall im Lande von diesem Moment außerhalb des Hauses aufhalte, der Schuljugend gesungen« wOrden, hatte der der werde - wie man aus London verlauten ließ - SO seinen Meldungen als Anlage beigefügt. sicher »die richtige Haltung anzunehmen wissen, Darin zitierte er Spottverse auf Hitler, Seyss-ln­ um seine Ehrerbietung vor der Flagge zum Aus­ quart und die Anhänger des NSB, erwähnte alle­ druck zu bringen«.127 Derartige Ratschläge hal­ rdings nicht die etwas gehobeneren kabaretti­ fen nur dem SO, konnte man doch kaum deutli­ stischen Darbietungen der »Watergeuzen«. Zu cher demonstrieren, daß man das strikte Abhör• diesen zählte beispielsweise die von Jetty Paerl verbot für ausländische Sender ignorierte. Und vorgetragene sarkastische Weise auf den Ober­ so meldete der SO dann auch im Zusammen­ raschenden Englandflug des Hitler-Stellvertre­ hang mit den »vom englischen Rundfunk( ... ) an­ ters Rudolf Hess im Mai 1941.123 Doch auch die gekündigten Vorbereitungen von Kundgebungen »leichte Kost«, so erfuhr der RVD auf Umwegen gelegentlich des Geburtstages der ehemaligen aus dem besetzten Gebiet, sei in bezug auf ihren Königin«:128 »Der verstärkte Einsatz [von] Ord­ propagandistischen Wert nicht zu unterschätzen. nungs- und Sicherheitspolizei sowie von Streifen Die Lieder, so berichtete ein aus den Niederlan­ der Wehrmacht hat wesentlich ( ... ) zur Verhin­ den emigrierter ehemaliger Hörer, worden näm• derung grösserer Demonstrationen beigetragen. lich »monatelang gesungen, gesummt und ge­ ( ... ) [Insgesamt] wurden etwa 150 Personen pfiffen, und Sie können sich nicht vorstellen, wie festgenommen, davon in allein gut es tut, einen Metzgersjungen oder irgendei­ nahezu 70 Personen wegen Hissens der Oranje­ nen Botenjungen auf dem Fahrrad in der Straße Fahne.«129 Schon zu diesem Zeitpunkt meinte die Watergeus-Lieder flöten zu hören.« 124 der SO feststellen zu können, »dass die nieder­ Im Sommer 1941 listete Lebon die ausge­ ländische Bevölkerung zwar nicht die vor allem strahlten Sendungen des nun fast zwölf Monate von der. englischen Rundfunksendern verbrei­ bestehenden Senders noch einmal auf:125 76 tete Aufforderung zu allgemeinem Widerstand; Beiträge hätten der allgemeinen Information der [sie!] wohl aber entsprechend ihrer Mentalität die Bevölkerung im besetzten Gebiet gedient, 65 Weisungen zu passivem Widerstand ( ... ) befolg­ Sendungen seien von der NIROM oder von te.« London, so wußten die Besatzer, wurde amerikanischen Radiostationen übernommen gehört. Und dies, obwohl das Programm des worden, die auch niederländischsprachige Bei­ Regierungssenders in den ersten beiden Jahren träge ausstrahlten. 126 ln derselben Zeit habe es nicht einmal als durchschnittlich bezeichnet wer­ 47 »Politische Wochenobersichten« gegeben, 46 den konnte.130 Reden von Mitgliedern des Königshauses oder Die Sendungen litten nämlich - so berichtet des Kabinettes sowie 40 »polemische« Antwor- der spätere >Radio-Oranje<-Chefredakteur Hen- Bott: Radio der Gegenpr9paganda 173 drik (»Henk«) Van den Broek - »an einer gewis­ rium, wollten »keine maßvollen Plaudereien«, sen Blutleere und einem bedenklichen Mangel sondern deutliche Worte an die Adresse der an Aktualität«. Schließlich bestanden sie aus Deutschen und der Anhänger des NSB. Zudem nichts anderem, als aus viertelstündigen Reden wollten sie mehr Nachrichten.139 Nun entsprang über zum Teil wenig interessante Themen, wa­ der bemängelte Plauderten nicht etwa fehlen­ ren zwar »manchmal gut, doch manchmal auch dem Kampfgeist oder Sprachwitz der Autoren, schlecht gesprochen, manchmal gut vorgetra­ sondern einer eineinhalb Jahre währenden Herr­ gen, doch oft langweilig. Das größte Übel war schaft des Rotstifts.140 Diese Phase hatte be­ jedoch, ( ... ) daß es sich so um Viertelstunden gonnen, als Gerbrandy seinen mißtrauischen handelte, die den Zuhörern wenig oder keine Ministerkollegen im Mai 1940 die Zuständigkeit moralische Stütze gaben.«131 Die Sendungen in allen Radioangelegenheiten hatte abringen hätten - wie Van den Broeks Nachfolger den können.141 Dabei hatte er zusichern müssen, Doolaard meint - eher einem »gesprochenen daß er jeden Beitrag vorab nicht nur selbst ge­ Staatsanzeiger« geähnelt.132 Im ganzen be­ genlesen, sondern auch de Geer, Außenminister trachtet, seien sie »todlangweilig« gewesen! van Kleffens und Wasserwirtschaftsminister Al­ Natürlich hatte >Radio Oranje< zunächst auch barda vorlegen lassen würde.142 So wollten die einiges Lob einstreichen können: Zahlreiche nie­ weniger entschlossenen Mitglieder des Kabinetts derländische Hörer in Großbritannien und in an­ verhindern, daß das Programm die Besatzer deren europäischen Ländern, in Übersee und an auch nur im entferntesten reizen könnte: Bord der Handelsschiffe hatten brieflich ihre Schließlich - so ihre Argumentation - könne man Komplimente übermittelt.133 Auch Hörer, die sich »nie wissen«, und außerdem werde man kurz zuvor noch in den besetzten Niederlanden »Deutschland in jedem Fall nach dem Kriege aufgehalten hatten, schilderten begeistert ihre wieder nötig haben«.143 Folgerichtig vermieden Eindrücke: »Kurzum, überall wird Radio Oranje es die Herren, selbst vor das Mikrofon zu tre­ gehört, und es darf ruhig festgestellt werden, ten.144 Und Interesse an ihrem ungeliebten Sen­ daß Radio Oranje derzeit absolut unverzichtbar der zeigten sie nur dann, wenn er ihnen wieder ist. Man schöpft Kraft aus Radio Oranje, und das einmal als zu scharf aufgefallen war.145 ist notwendig.« Denn: »Gutes niederländisches Diese Rotstift-Regelung zwang die Redak­ Radio brauchen die Menschen in Holland fast teure, jeden Beitrag 48 Stunden vor der geplan­ ebenso sehr wie Brot«.134 Mit der Zeit ließen die ten Ausstrahlung den vier Ministern sowie dem in London eingehenden Berichte allerings darauf britischen Ministry of Information (Mol) zur Zen­ schließen, daß die spröde Machart der Sendun­ sur vorzulegen.146 Anschließend mußte der Text gen die Hörerschaft zunehmend vergraulte. So noch zum obligatorischen militärischen »Se­ berichtete RVD-Chef Pelt sechs Monate nach curity-check« bei der BBC.147 Dieses Verfahren dem Sendestart, daß die »Äußerungen kritischer überstand kein Text unverstümmelt. Die Exzel­ Art häufiger werden und einen schärferen Cha­ lenzen beschränkten sich nämlich nicht darauf, rakter angenommen haben«. Zudem gehe man den Daumen zu heben oder zu senken; vielmehr in den Niederlanden offenbar dazu über, den unterzogen sie die vorgelegten Beiträge einer Sender nur noch bei Ansprachen der Königin, gründlichen redaktionellen Überarbeitung.148 des Ministerpräsidenten oder bei anderen ver­ Und zwar selten zu deren Vorteil. So konnte im gleichbaren Ereignissen einzuschalten.135 Kein August 1940 das Wort »Feind« nicht verwendet Wunder, mußte doch selbst Chefredakteur Le­ werden, weil de Geer es stets durch »Gegensei­ bon einräumen, »daß der Ton unserer Sendun­ te« (»Wederpartijder«) ersetzen ließ.149 Nach de gen nicht immer eben kernig und kämpferisch Geers erzwungener Demission durfte der Feind ist« und daß sie »etwas mehr Frische« gut ver­ dann zwar »Feind«, aber nicht »heimtückisch« tragen könnten.136 Sluijser erklärte knapp: »Wir genannt werden.150 Folgerichtig hatten die deut­ bringen zuviel Geschwätz«.137 Und der Chefre­ schen Fallschirmjäger die niederländischen dakteur des Dutch Service der BBC, Elston, er­ Truppen auch »nicht >hinterrücks< angegriffen, klärte spitz, die Kollegen von >Radio Oranje< füll• sondern ganz einfach nur. .. angegriffen« _151 Die ten ihre »tägliche Viertelstunde mit den willkür• Red~kteure durften den Niederländern auch lich ausgewählten Grübeleien ein paar müder nicht versichern, »daß sie siegen und die Deut­ alter Männer«.138 schen verlieren würden« _152 Schließlich »gab es ein striktes Verbot, das Wort >Motten< zu be­ nutzen«, jenes traditionelle Schimpfwort der Das Regiment des Rotstifts Niederländer für ihre deutschen Nachbarn.153 Diese Art der Sprachregelung verursachte bei Bei der Kritik an den Sendungen ging es im we­ den Autoren verständlicherweise »Aipträu­ sentlichen um zwei Punkte. Die Hörer, so Graf me«154 und wirkte sich- wie Sluijser weiß- auf van Bylandt, Generalsekretär im Außenministe- 174 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) ihre Produkte und ihre Motivation geradezu »töd• fügbar; die ersten erreichten London im Frühjahr lich« aus. 155 1942. Was >Radio Oranje< deshalb brauchte, Die umstandliehe Prozedur nahm den Re­ das waren geheime Nachrichtenverbindungen dakteuren zudem jede Möglichkeit, in kritischen ins besetzte Gebiet. Diese aber existierten nicht. Momenten schnell zu reagieren . So konnten sie Der Haager Geheimdienst GS 111 hatte es nam­ die eigentliche Stärke des Mediums gar nicht lich vollkommen versaumt, für den Fall einer nutzen. Die Folge: ein Programm, das den deutschen Invasion irgendwelche Vorkehrungen neuesten Entwicklungen ständig hinterherhinkte zu treffen.165 Und von London aus gelang es und das - schlimmer noch - den Menschen im weder dem »Centrale lnlichtingendienst« (CID) besetzten Gebiet gerade in Augenblicken höch• der niederländischen Exilregierung, 166 noch der ster Anspannung den Eindruck vermitteln mußte, Niederlandeabteilung der britischen »Special in London nehme man ihre Probleme entweder Operations Executive« (SOE)167 die entspre­ nicht wahr oder aber nicht ernst. Als in der bri­ chenden Verbindungen aufzubauen bzw. über tischen Hauptstadt beispielsweise gerade die längere Zeit instand zu halten. Es gab zwar Nachricht von den ersten Opfern des Amster­ Agenten, die sich unerkannt in den Niederlanden damer Februarstreiks eingetroffen war, strahlte aufhalten konnten, doch diese funkten nur solche >Radio Oranje< dennoch ungerührt seine lusti­ Informationen nach London, die von besonde­ gen »Watergeuzen« aus. Der Eindruck - so ist rem militarischen Interesse waren.168 So waren anzunehmen - dürfte verheerend gewesen die Redakteure >Radio Oranjes< über die Vor­ sein.156 gänge im besetzten Gebiet kaum im Bilde und Aufgrund der offensichtlichen Mangel hatten wußten nicht, was die Menschen dort dachten Pelt und Sluijser Ende 1940 versucht, das Ver­ oder fühlten. 169 Einziger Anhaltspunkt waren die fahren zu vereinfachen -ohne Erfolg.157 Mit der Auskünfte niederländischer Emigranten, die sich Zeit lehnten die Minister zwar immer weniger auf oft abenteuerliche Weise nach Großbritan• Beitrage vollstandig ab, 158 doch erst Mitte 1941, nien durchgeschlagen hatten.170 als die Zensoren begannen, sich in ihrer Tätig• Die standigen deutschen Bombenangriffe auf keit abzuwechseln, wurde das Rotstift-Regiment die britische Hauptstadt machten Lebon und de deutlich abgeschwacht.159 Der jeweils zustan­ Jong die Arbeit nicht leichter. Immer deutlicher dige Minister erhielt die Texte nun nicht mehr 48 wurde auch der Mangel an geeignetem Perso­ Stunden vor der Ausstrahlung, sondern erst am nal: Es gab weder gute Sprecher noch »Leute, Tag selbst und schließlich nur noch wenige ( .. .) die Texte schreiben konnten.«171 >Radio Stunden vor der Sendung. So konnte es ge­ Oranje< ließ deshalb im Februar 1941 Angehö• schehen, daß ein Minister die Beitrage auch rige der Exilregierung, später auch Soldaten der einmal erst nach der Ausstrahlung auf seinem »Prinses-lrene-Brigade« vor dem Mikrofon er­ Schreibtisch vorfand.160 Endgültig aufgehoben scheinen, um ihre Stimme zu testen. Vergeb­ wurde die ministerielle Vorzensur jedoch erst am lich.172 Dennoch - man konnte auch im Londo­ 23. Dezember 1941.161 Nun endlich durften die ner Exil gutes Radio machen: Das bewiesen seit Redakteure einen schärferen, ja »agitatori­ dem Sommer 1941 die Redakteure des Rund­ schen« Ton anschlagen.162 funksenders für die niederlandischen Seeleute, Bis zu diesem Zeitpunkt hatte >Radio Oranje< Radio >De BrandarisOe Brandaris< den Niederlandern ab dem 7. Dezember 1941 eine weitere Viertelstunde täglicher Sendezeit Anfang 1941 hatte Ministerpräsident Gerbrandy ein. ln diese neue Sendung, die am Morgen die BBC um Sendezeit für ein weiteres Rund­ ausgestrahlt wurde, durfte >Radio Oranje< auch funkprogramm gebeten, mit dem sich die Nieder­ Nachrichten aufnehmen. Damit konnte der Sen­ länder ~peziell an die mehr als 10.000 Seeleute der seine Hörerinnen und Hörer zumindest über ihrer Handelsflotte richten wollten.173 Diese hat­ das Weltgeschehen auf dem laufenden halten; ten sich zum Zeitpunkt des deutschen Einmar­ aktuelle Berichte aus der Heimat fehlten freilich. sches größtenteils auf hoher See oder in frem­ Zwar konnte man im Spatherbst 1940 erstmals den Häfen befunden. Seitdem hatten sie von ih­ legale niederlandische Tageszeitungen in Lon­ ren Familien keine Nachricht mehr erhalten und don erhalten.164 Doch diese Blatter waren längst sahen sich fortwahrend deutschen Angriffen aus­ gleichgeschaltet und daher nur von geringem gesetzt. Sie waren reichlich demoralisiert. Ihre Wert für eine Redaktion, die den Niederländern Schiffe hatten für die alliierte Kriegsführung je­ eine Alternative zu nazifreundlichen Schlagzeilen doch eine enorme Bedeutung,1 74 und so waren bieten wollte. Illegale Zeitungen waren nicht ver- alle Maßnahmen, die ihnen dies deutlich machen Bott: Radio der Gegenpropaganda 175 würden, »höchst erwünscht« . Aus diesem Grun­ gerne hatte der 37jahrige seine gerade erst er­ de regten der Generalsekretar der Internationa­ worbenen Erfahrungen »in der psychologischen len Transportarbeiter-Föderation (ITF), Jaap 01- Kriegsführung per Radio« nun der Londoner denbroek, 175 und ein im Mai 1940 errichtetes Exilregierung zu Verfügung gestellt. Doch Pelt Komitee niederlandischer Reeder176 die Schaf­ bot dem als ebenso ehrgeizig wie schwierig gel­ fung eines eigenen Radiosenders für die einhei­ tenden Van den Broek188 erst einmal einen mischen Seeleute an: Unter der Bedingung, daß Schreibtisch in der Londoner Zentrale der Exil­ die Station offiziell Teil des britischen Rundfunks nachrichtenagentur Anep an.189 Van den Broek sein müsse, stimmten die Briten zu. So entstand akzeptierte das Angebot und reiste mit seiner Radio >De Brandaris<, dessen Redaktion schon Familie über Spanien und Portugal in die briti­ bald in einem »leergefegten Kohlenkeller« unter sche Hauptstadt, wo er am 18. September 1940 dem Londoner Bush Hause der BBC einzog.177 eintraf. Hier profilierte er sich unter anderem Auf Vorschlag von RVD-Chef Pelt178 hatte durch seine harsche Kritik am Programm >Radio man die Station nach dem »berühmtesten nie­ Oranjes<, das er als übermaßig intellektuell, zu derlandischen Leuchtturm« auf der Nordseeinsel steif und zu wenig kampferisch betrachtete _190 Terschelling benannt. 179 Gerade den Seeleuten Diese Bemerkungen, die er in einer Denkschrift mußte dieser Name sehr vertraut vorkommen. an den RVD richtete, trugen ihm die ausgepragte Ab dem 1. Juli 1941 ging Radio >Oe Brandaris< und bleibende Abneigung des damaligen nun mit einem taglieh 15minütigen munteren und >Radio-Oranje<-Chefs Lebens ein, konnte dieser kampferischen Programm auf Sendung,180 das »doch ohne große Mühe erkennen, daß Van den in niederlandischen Exilkreisen schon bald sehr Broek hinter seinem Job her war.«191 Zunachst popular wurde.181 Ganze Schiffsbesatzungen einmal mußte sich der ehrgeizige Journalist aber übermittelten den Redakteuren ihre Glückwün• mit der >Brandaris<-Redaktion begnügen. Sein sche: entweder per Post - dann würdigten sie die engster Mitarbeiter wurde der reisende Publizist tagliehen Sendungen beispielsweise als eine Art A. den Doolaard, der zusammen mit seiner Frau »moralisches Schnapschen«182 - oder aber, in­ Erie auch schon bei den Sendungen des Pariser dem sie einfach frisch gefangenen Fisch im Stu­ >Radio Vrij Nederland< mitgewirkt hatte.192 dio ablieferten.183 Selbst die Königin ließ verlau­ Van den Broek (als »Rotterdamer«) und den ten, sie höre den Sender »Ziemlich regel­ Doolaard (unter seinem Spitznamen »Bob«) maßig«.184 Seinen Erfolg verdankte Radio >De nahmen in ihren Sendungen kein Blatt vor den Brandaris< zum einen den günstigen Rahmenbe­ Mund. Scharf attackierten sie die deutschen Be­ dingungen: Da der Sender offiziell zur BBC ge­ satzer und ihre Helfershelfer, auch wenn sie es hörte, wurde sein Programm - anders als das vermeiden wollten, ihren Beitragen »einen zu von >Radio Oranje< - nicht der zermürbenden mi­ stark propagandistischen Charakter« 193 zu ge­ nisteriellen Vorzensur unterworfen. Zudem durfte ben. Die »aufrüttelnden Ansprachen« kamen die >Brandaris<-Redaktion von Anfang an aktuel­ an, 194 und ihre geschickt arrangierten Feature­ le Nachrichten ausstrahlen. Zum anderen wur­ Sendungen wurden schließlich sogar öffentlich den die Beitrage von zwei erfahrenen Journali­ aufgeführt.195 Ihren größten Coup konnten Van sten gestaltet, die sich schnell als ausgezeich­ den Broek und den Doolaard landen, als sie ei­ nete Propagandisten für die niederlandische Sa­ ner neuen Grußsendung des Hilversumer che erweisen sollten. Rundfunks für die niederlandischen Seeleute Chefredakteur Hendrik (»Henk«) Van den buchstablieh den Wind aus den Segeln nahmen: Broek hatte bis zum Beginn des Zweiten Welt­ Sie zeichneten die Grüße einfach auf und strahl­ krieges als Korrespondent der niederlandischen ten sie in ihrem eigenen Programm aus.196 So Tageszeitung >De Telegraaf< in Paris gearbeitet. schalteten die Schiffsbesatzungen statt >Radio Nur wenige Tage nach der deutschen Invasion Hilversum< >Oe Brandaris< ein und mußten den­ war es ihm dort gelungen, unter dem Namen noch auf die Grüße ihrer Lieben nicht verzich­ >Radio Vrij Nederland< ein erstes nieder­ ten... Einfalle wie dieser ließen die Londoner landischsprachiges Exilradio aufzubauen.185 Sendungen nach Auskunft von Zeitzeugen zu Dessen Sendungen mußten schon drei Wochen einein »Lichtstrahl im schwierigen Leben« der nach dem Start am 10. Juni 1940 wieder einge­ niederlandischen Seeleute werden.197 >Radio stellt werden, weil die Deutschen nur noch we­ Oranje< dagegen geriet immer starker unter Be­ nige Kilometer von Paris entfernt waren.186 Doch schuß. schon in dieser kurzen Zeit hatte Van den Broek Nun wurde der Regierungssender wegen befriedigt feststellen können, »daß diejenigen, seiner »schlappen und abstrakten« Beitrage die nicht in der Lage waren, mit Gewehr oder nicht mehr alleine von den Niederlandern kriti­ Handgranaten umzugehen, auch in Mikrofon und siert.198 Inzwischen tauchte er sogar schon in Lautsprecher Waffen finden konnten, die in die­ den Mangelberichten (»Fault reports«) der BBC sem Krieg eine Rolle spielen würden .«187 Zu auf.199 Wenn man sich nicht sehr in acht nehme, 176 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) so warnte daraufhin der niederländische Verbin­ den Broek, so trug Kerstens im Mai 1942 dem dungsoffizier bei der obersten britischen Propa­ Kabinett vor, schien aufgrund seiner schwierigen gandabehörde Political Warfare Executive Persönlichkeit wohl eher »nicht die geeignete (PWE), Hauptmann Van Tienhoven, dann wür• Person zu sein«,209 und der ebenfalls ins Auge den die Sendungen >Radio Oranjes< wohl bald gefaßte Sekretar des Ökumenischen Rates der durch ein »Schallplattenkonzert« ersetzt.200 Eine Kirchen in Genf, Visser 't Hooft, winkte ab.210 Leserumfrage des Exilwochenblattes >Vrij Die persönlichen Animositäten der beiden Chef­ Nederland< bekräftigte die düstere Prognose, redakteure Van den Broek und Leben schienen denn wie nicht anders zu erwarten, schnitt zudem eine einvernehmliche Lösung der Pro­ >Radio Oranje< unter den vier zur Auswahl ste­ bleme nicht zuzulassen. Ein Versuch Kerstens, henden niederländischsprachigen Radiopro­ die beiden im Herbst 1942 zu einer engeren Zu­ grammen aus dem Londoner Exil mit Abstand sammenarbeit zu bewegen, hatte jedenfalls nur am schlechtesten ab; Radio >De Brandaris< je­ gegenseitige Schmähungen zur Folge: Van den doch am besten.201 Wollte die Exilregierung ihre Broek nannte Leben einen »inkompetenten Ra­ Hoffnung nicht begraben, ihr Sender könne den­ diomann«, während dieser den zweifellos eher noch zu einem wirksamen »Informations- und konservativen Kollegen als einen »Faschisten« Propagandainstrument [werden], das Niederlän• bezeichnete.211 Die Sache schien festgefahren. dern sowohl im besetzten Gebiet als auch au­ Gerbrandy, der sich zuvor gemeinsam mit Pelt ßerhalb Orientierung bietet und Beseelung zu vertraulichen Gesprächen mit der BBC getrof­ schenkt«, dann mußte sie handeln.202 Das fen hatte,212 sprach daraufhin im Oktober 1942 wußte auch Gerbrandy. das längst fällige Machtwort: Er fügte die beiden Im Februar 1942 hatte der Ministerpräsident Sender zusammen und machte Van den Broek eine Kommission eingesetzt, die Empfehlungen zum Chefredakteur. Daß es sich bei diesem ehr­ für die beste propagandistische Linie im Falle geizigen Journalisten um einen »Potentaten« einer Machtübernahme des niederländischen handelte, wußte auch Gerbrandy, doch für seine Faschistenführers Mussert formulieren sollte. Zwecke schien der Mann »ein sehr gut brauch­ Diese »Radio Propaganda Advies Commissie« barer Potentat« zu sein.213 (RPAC) wurde von Wirtschaftsminister Kerstens Mit der Fusion der beiden Sender sollten zu­ geleitet, dem Gerbrandy für einige Monate lang gleich die täglichen 15 Minuten Radio für die die Aufsicht über >Radio Oranje< anvertraut niederländischen Seeleute wegfallen. Drei Vier­ hatte.203 Ihre Mitglieder - neben Pelt, Sluijser, telstunden Rundfunk pro Tag, so erklärte Pelt van Heuten und Professor Bokhorst vom RVD vor dem >Brandaris<-Redaktionsbeirat im Okto­ waren dies Van Tienhoven von der PWE, die ber 1942, wollten die Briten der Exilregierung >Radio-Oranje<-Mitarbeiter Leben und de Jong nämlich nicht zugestehen.214 Damit sich die sowie die >Brandaris<-Redakteure Van den Vertreter der Schiffsbesatzungen nicht allzu Broek und den Doolaard204 - trafen sich wö• brüskiert fühlten, sollte >Radio Oranje< seine er­ chentlich am Sitz der Exilregierung. Doch je län• ste Sendung am Tage dafür zur selben Zeit aus­ ger die Runde tagte, desto weniger widmete sie strahlen, zu der die Seeleute bislang Radio >De sich Fragen der Propagandastrategie. Statt des­ Brandaris< hatten empfangen können: vormit­ sen rückte immer mehr die Überlegung in den tags um viertel vor elf. Außerdem sollten, wie Vordergrund, wie man die Kräfte der beiden - Van den Broek ankündigte, mindestens zwei trotz gleicher Interessen miteinander konkurrie­ Sendungen pro Woche ausschließlich den Män• renden - Sender bündeln und damit zugleich den nern auf den niederländischen Handelsschiffen Mißständen bei >Radio Oranje< abhelfen kön• gewidmet sein.215 Zudem habe ihm die Exilre­ ne.205 Im Frühjahr 1942 präsentierte Kerstens in gierung freie Hand in der künftigen Gestaltung einem 15seitigen Abschlußbericht das Ergeb­ der Sendeinhalte zugesichert. Dies wollten er nis:206 Für beide Sender müsse es künftig eine und seine Mitarbeiter nutzen, um den Hörern zentrale Leitung geben. Außerdem sollten zwei deutlich zu machen, daß der neue Sender mehr weitere Redakteure für >Radio Oranje< einge­ sei als ~in bloßes Sprachrohr der Exilregierung! stellt und das Gehalt der Radioleute dringend ih­ Und den Doolaard erklärte: »De Brandaris war rem Arbeitspensum angepaßt - also erhöht - ein kämpferischer Rundfunk für die kämpfenden werden. Darüber hinaus müsse unbedingt die als Seeleute. Das neue Radio Oranje muß ein »unentbehrlich« zu betrachtende Verbindung in kämpferischer Rundfunk für das kämpfende nie­ die besetzten Niederlande hergestellt werden, derländische Volk werden .«216 damit >Radio Oranje< endlich das bringen könne, was die Menschen am nötigsten hätten: »Fakten, Fakten und nochmals Fakten«.207 Blieb die Frage, wer das »wichtigste Propa­ gandaorgan der Regierung« leiten solle.208 Van Bott: Rapio der Gegenpropaganda 177

>Radio Oranje< (1942- 1944) übersieht«, van Blankenstein.226 Nun sollte de Jong die Kriegssituation analysieren, und diese Daß für Jan Willern Lebon in der Mannschaft des Aufgabe scheint er hervorragend gemeistert zu umgestalteten Regierungssenders kein Platz haben. Täglich berichtete er aus London von der mehr sein würde, war klar. Gekränkt zog sich der Lage an den Fronten, und einmal in der Woche gestürzte Chefredakteur zurück, bis er im März faßte er seine Beobachtungen zu einer außen• 1943 eine neue Aufgabe fand: als Sekretär der politischen Übersicht zusammen.227 Diese Sen­ »Radio-Commissie Terugkeer« (Radiokommis­ dung am Freitagabend schalteten nach eigener sion Rückkehr), die Empfehlungen für den Neu­ Auskunft selbst Hörer ein, die mit dem Regie­ aufbau des niederländischen Rundfunksystems rungssender sonst nur wenig anfangen konnten - nach dem Kriege formulieren sollte.217 Auch für weil sie dessen Berichterstattung für schönfärbe• den erst im Frühjahr 1942 eingestellten, etwas risch oder zu agitatorisch hielten.228 Gerade um eigenwilligen christlichen Fundamentalisten und sie bemühte sich de Jong, der eine übertrieben Autor Herman de Man gab es bei >Radio optimistische Kommentierung bewußt zu vermei­ Oranje< offensichtlich keine Verwendung mehr: den suchte. Was er anstrebte, war ein Ton, »der Van den Broek hatte ihm nämlich eine so »lä• das Vertrauen der Hörer auf den Sieg wach hielt, cherlich geringe Rolle zugedacht«,218 daß de ohne sie zu unüberlegtem Handeln hinzurei­ Man lieber eine Stelle als Chef der kleinen nie­ ßen.«229 Weitere Darstellungen des Kriegsge­ derländischen Radiostation auf der Karibikinsel schehens lieferten der inzwischen zum Major Curacao annahm.219 Von der ursprünglichen beförderte und mit dem Aufbau einer künftigen Redaktion des Regierungssenders gehörten Militärverwaltung beschäftigte Hendrik J. Kruls, dem neuen >Radio Oranje< nun noch Louis de und als dessen Nachfolger im Sommer 1944 Jong und Regisseur Hans Reyneke van Stuwe Oberst Sas, zur Zeit des deutschen Einmarsches an. Ihnen zur Seite standen die früheren niederländischer MilitäraHaehe in Berlin. >Brandaris<-Redakteure den Doolaard und der Lob gab es nicht nur für de Jongs Analysen, im Sommer 1942 als Nachrichtenredakteur ein­ sondern auch für die Beiträge Van den Broeks: gestellte frühere Frankreichkorrespondent Henri »Meine Hochachtung für den >Rotterdamer<, der Sandberg. George Sluizer, zuvor für Philips in gut war und bleibt und sehr geschätzt wird«, er­ Paris tätig, und der England-Emigrant Louis Tas klärte einer der niederländischen Emigranten bei komplettierten die Redaktion.220 Ergänzt durch einer Befragung durch den Geheimdienst der verschiedene freie Mitarbeiter221 und unterstützt Exilregierung.230 Andere bevorzugten dagegen von einem mehrköpfigen Redaktionssekretariat seinen Kollegen den Doolaard: »Am liebsten blieb dieses Team bis zum Ende des Krieges hörte ich die Sendungen von den Doolaard, die zusammen. Fortan, so berichtet de Jong, habe bei schlechten Nachrichten oft ermutigend wirk­ man »in perfekter Harmonie« gearbeitet,222 da ten«, schildert ein Emigrant.231 Und ein weiterer: Van den Broek jedem einzelnen den nötigen »Die Stimme von A. den Doolaard gefiel am Freiraum gelassen habe. 223 »Schlußendlich war meisten.«232 Kein Wunder: Der damals Krieg«, so den Doolaard, »und da schlossen wir 41jährige trug seine Kommentare nämlich nicht den ein oder anderen Kompromiß.«224 Nur in nur mit »ansteckender Begeisterung«,233 son­ einer Frage wollte der ambitionierte Chefredak­ dern auch mit enormer Stimmgewalt vor. »Hört teur nicht nachgeben. Van den Broek war fest man ihn heute erzählen, wie er gegen die Deut­ davon überzeugt, daß man von London aus per schen wütete«, berichtet Martin van Amerongen Radio den niederländischen Widerstand organi­ noch mehr als 40 Jahre später, »wird einem klar, sieren könne. Wer dies bestritt und wie den der Mann dürfte kaum ein Mikrofon gebraucht Doolaard vor dem Mikrofon auch einmal eigene haben, um die andere Seite der Nordsee zu er­ Unzulänglichkeiten eingestand, der mußte sich reichen.«234 Louis de Jong sollte seinen Kolle­ zumindest auf eine scharfe Auseinandersetzung gen später sogar einen »Künstler am Mikrofon« gefaßt machen.225 nennen. Der Grund: »Er war präsent.«235 Die Zunächst übernahmen die Redakteure auch Hörer konnten die Gebärden, mit denen den Elemente des früheren Programms von >Radio Doofaard seine Worte unterstrich, leider nicht Oranje<, doch bald stellte sich heraus, daß diese sehen. Dafür aber die BBC-Angestellten, von nicht mehr in das veränderte Konzept paßten. denen manche sogar ihre Arbeit unterbrochen Zwar sprachen vor dem Mikrofon auch weiterhin haben sollen, nur um zuzuschauen, wie »dieser Mitglieder des Kabinetts und des Königshauses. wilde Holländer schrie und gegen seinen unsicht­ Doch da es an den notwendigen Informationen baren Feind die Fäuste ballte«.236 mangelte, wurde die wöchentliche »Innenpoliti­ Besonders bekannt wurde in London den sche Übersicht« Sluijsers eingestellt. Außerdem Doolaards Reihe »Europa tegen de Motten«, in verzichtete die Redaktion auf eine weitere Mitar­ denen er die Aktionen des europäischen Wider­ beit des Autors der »Außenpolitischen Wochen- standes pries. Begonnen hatte er sie schon bei 178 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Radio >Oe Brandaris<; bei >Radio Oranje< setzte ( ... ) beschaftigt. Um viertel nach zwölf, halb eins, er sie fort. Daneben wandte er sich in Hunderten manchmal noch etwas spater, war die Sache zu von Beitragen gegen die von den Nationalsozia­ Papier gebracht. Ein hastiger Blick auf den Fern­ listen angestrebte »Neue Ordnung« Europas. schreiber, ( ... )dann ging es, meist im Laufschritt, Dieser widersetzte er sich mit dem stets wieder­ zum Bush House.«244 Hier, im Sitz des Europe­ holten Slogan: »Es gibt nur eine neue Ordnung - an Service der BBC, führte der Weg erst einmal die Ordnung des Widerstandes.«237 Auch Chef­ zu den Zensoren, und mit den freigegebenen redakteur Van den Broek hatte den Doolaards Manuskripten ging es dann auf dem schnellsten Beitrage inzwischen schatzengelernt, nachem er Weg ins Sendestudio. Denn pünktlich um ein Uhr sie beim Pariser Radio >Vrij Nederland< noch als mittags meldete sich >Radio Oranje< bei seinen »ZU hitzig« empfunden hatte.238 Verglichen mit Hörern. Dasselbe Ritual wiederholte sich am den eher betulichen Beitragen vieler Autoren von Nachmittag. Oe Jong erinnert sich: »War etwas >Radio Oranje<, mußten den Doolaards feurige Wichtiges ( ... ), dann folgte ein Spurt aus dem Kommentare tatsachlich geradezu »haarstrau­ Haus, ein Sprung ins Taxi - Bus dauerte zu lang bend aggressiv und extrem« wirken.239 Schließ• -, eine Fahrt zu Brown's Hotel, wo der Minister­ lich nutzte er die Sprache bewußt und entschlos­ prasident ( ... )residierte( ... ), eine schnelle Konfe­ sen als ein »Kampfmittei«.240 Dabei vereinfachte renz , eine Fahrt zurück, Gehammer auf der er in einer Weise, die ihm selbst spater einmal Schreibmaschine, ein Sprint zur Zensur - nette beinahe anstößig vorkommen sollte.241 Dabei Jungs, mit denen wir immer prima ausgekom­ schaue man namlich, so schrieb er in seinen Le­ men sind -, eine schnelle Absprache, ein Blick benserinnerungen, »wie durch Schießscharten in auf die Uhr: >Jungs, dreizehn nach acht!< - eine Richtung, und in diesem beschrankten >Henri, wie lang sind Deine Schlagzeilen?< - Blickfeld sieht man alles schwarz oder weiß. Der >War noch jemand beim Central Desk für die Deutsche war der Todfeind, der vernichtet wer­ letzten Meldungen?< - >Bob moderiert heute den mußte, und damit aus.« Die Situation schien abend, mein Text ist keine Sekunde langer als es zu rechtfertigen. ln London, so den Doolaard, vier Minuten zwanzig ( ... )!< - >Klappe!< (das sei man sich namlich keineswegs sicher gewe­ war wieder Bob).«245 Und nun war es endlich so sen, ob die Niederlander »in der Lage sein wor­ weit: »Das rote Licht leuchtet auf. ( ... ) Hinter der den, Jahr um Jahr die schrecklichen Spannun­ Scheibe hat der Regisseur die Platte aufgelegt gen eines Krieges zu ertragen, wenn sie sich mit >ln naam van Oranje, doe open de poort< . nicht davon Oberzeugten oder Oberzeugen lie­ Zehn Sekunden verstreichen, und dann gehen ßen, daß sie auf der richtigen Seite standen; im ( .. .)wieder die Worte in den Äther: >Hier ist Ra­ Kampf um eine absolut gerechte Sache.« dio Oranje, die Stimme der kampfenden Nieder­ Ihre Arbeit verrichteten Van den Broek und lande, auf 1500, 373, 285 und 261 Metern, und seine Leute unter dem glasernen Dach eines alt­ auf dem 49-, 41- und 31-Meter-Band. Guten modischen fünfstöckigen Bürogebaudes, nicht Abend, Hörer im Vaterland, in Ost und West, auf weit von der Themse.242 Dieses luftige Domizil See, oder wo auch immer auf der Welt!< Musik trug den Namen »Ciun House« und hatte gewis­ wieder hoch, und los.« Auch Ministerprasident se Nachteile, »Vor allem in den Wochen, in de­ Gerbrandy hatte es sich unterdessen vor dem nen manchmal 150 fliegende Bomben taglieh Radiogerat bequem gemacht. Er zahlte zu den Ober London hinwegbrummten«. Den Doolaard treuesten Hörern >Radio Oranjes< und soll bis ließen Hitlers »Wunderwaffen« jedoch kalt. Auch Kriegsende keine einzige Sendung verpaßt ha­ bei Luftalarm saß er an seinem Fenster; zum ben.2461n jeder Hinsicht, berichtet de Jong, habe Schutz vor Glassplittern trug er eine Gasmaske der Regierungssender Gerbrandys volle Unter­ auf dem Kopf und tippte weiter.243 Wie der Re­ stützung gehabt. 247 Lebhaftes Interesse an der daktionsalltag des kleinen Senders aussah, Arbeit des Regierungssenders zeigte auch Au­ schildert Van den Broek: »Nach Londoner Ge­ ßenminister Van Kleffens, der den Doolaard und wohnheit begann die Arbeit morgens gegen halb de Jong jeden Donnerstagnachmittag zu einer zehn. Dann mußte die Mittagssendung für ein »Tour d'horizon« empfing.248 Uhr vorbereitet werden. Auf dem - meist langen - Für ~ie nun deutlicheren Worte >Radio Oran­ Weg zur Redaktion hatten die Mitarbeiter schon jes< gab es in der niederlandischen Exilgemein­ die wichtigsten Morgenzeitungen gelesen. Im de in London nicht nur Beifall. Heftige Kritik >Ciun House< warteten dann bereits die Ober wurde insbesondere in dem von Gerbrandy nach Nacht per Telex ( ... ) eingelaufenen ellenlangen der Fusion geschaffenen neuen Redaktionsbei­ Blatter mit den Reuter-Meldungen ( .. .). Eine ra­ rat laut. Diese monatlich tagende »Commissie sche Auswahl.. . und der Autor der Mittags­ van Luisteraars« (»Hörerkommission«) sollte ab Nachrichten, meist den Doolaard, konnte mit der Oktober 1942 die »Richtlinien für die künftigen Arbeit beginnen. ( ... ) Die anderen Redakteure Programme« des Senders diskutieren und zu waren inzwischen mit ihrem Teil der Sendung diesem Zweck eine möglichst »große Anzahl von Bott: Radio der Gegenpropaganda 179

Meinungen, Interessen, Bevölkerungsgruppen« Wirklichkeit hätten sie doch gar keine Ahnung, repräsentieren.249 Eine Art Rundfunkrat also, zu was daheim eigentlich vor sich gehe. So erklärte dessen zwölf und später 16 Mitgliedern die Ver­ ein enttäuschter Emigrant vor Mitarbeitern der treter von Reedern und Seeleuten, der Exilregie­ Exilregierung in Lisabon: »Es gab sehr viel Kritik rung und der Londoner Exilgemeinde, ein oder an den Sendungen von >Radio Oranje< in den mehrere Militärpfarrer sowie - Zitat! - »eine Da­ Niederlanden, und zwar in allen Kreisen . Der me« zählten.250 Größeren Einfluß schien der Befragte ist sich klar darüber, daß es schwierig Kreis jedoch nicht gewonnen zu haben, denn ist, perfekte Sendungen zu machen, doch er seine Ratschläge drangen zu den Radiomachern meint, daß man den Fakten oft hinterherlief, und selbst kaum vor. Dafür sorgte Van den Broek, daß die Ansprachen die Schwierigkeiten in den der vor dem Gremium jeweils die Sendungen Niederlanden nicht oder zu wenig berücksichtig• des vorangegangenen Monats verantworten ten . «26~ Ein ernster Mangel - doch wie konnte mußte. ln der Redaktion - so berichtet de Jong - ihm endlich abgeholfen werden? habe Van den Broek von derartigen Sitzungen Der gleichgeschaltete Hilversumer Rundfunk, jedenfalls nie erzählt. 251 Und den Doolaard in­ der dem Regierungssender längere Zeit als teressierten solche Dinge in der Regel nicht: wichtigste Informationsquelle für das Geschehen »Wir hatten viel zu großen Streß.«252 in den Niederlanden gedient hatte, brachte ab Natürlich schalteten die Hörer >Radio Oranje< Anfang 1943 kaum noch nennenswerte Neuig­ nicht alleine - und vielleicht nicht einmal haupt­ keiten. Und die Kommentare des NSB-Propa­ sächlich - für Van den Broeks Kommentare oder gandisten Max Blokzijl ließen nur indirekte den Doolaards sogenannte »Peptalks«253 ein. Schlüsse auf die Ereignisse in der Heimat zu.261 So erklärte ein 1943 in Lissabon befragter nie­ Mehr zu erfahren war aus den in London erhältli• derländischer Emigrant: »Man setzt viel aufs chen legalen, also zensierten niederländischen Spiel, wenn man verbotene Radiosendungen Tageszeitungen. Allerdings trafen sie auf dem hört, und so erhofft man sich davon ein besseres Luftweg über Lissabon ein und waren daher im­ Verständnis und eine bessere Einsicht in das mer schon einige Tage alt.262 Nach wie vor wa­ Weltgeschehen; ohne die ewig zu dick auflie­ ren die Redakteure des Regierungssenders da­ gende Propagandaschminke. Und von allem, her auf die schon früher so schmerzlich vermiß• was mit Kriegsnachrichten im weiteren Sinne des ten geheimen Verbindungen angewiesen. Und Wortes nichts zu tun hat, fühlt man sich verulkt. nun schienen diese allmählich zu funktionieren. ( .. .)[Der] Niederländer haßt das Gefühl, mit Pro­ So waren auf dem Weg über Schweden im paganda überschüttet und geschulmeistert zu Frühjahr 1942 die ersten Untergrundzeitungen in werden ( ... ) und will trotz allem versuchen, auf London angekommen.263 Sie unterlagen jedoch dem laufenden zu sein und zu bleiben«.254 Nun strengster Geheimhaltung und waren daher min­ verstand sich >Radio Oranje< in erster Linie als destens zwei Monate alt, bis sie endlich in der Propagandainstrument der Exilregierung; als Redaktion landeten. 264 Doch hielten die Redak­ »die einzige Stimme ( .. .), mit der sie zu neun teure sie einmal in Händen, so Van den Broek, Millionen Landsleuten spricht«.255 Dennoch »verschlangen wir sie regelrecht. Sie verschaff­ schienen sich die Redakteure einig, daß auch ten uns nicht alleine Hintergrundinformationen die wichtigsten Neuigkeiten ins Programm über die Stimmung im Vaterland, sondern auch gehörten.256 So wurden als feste Rubriken nicht die Inspiration, die wir so bitter nötig hatten, da alleine die täglichen Nachrichten, sondern auch wir sie in den Ereignissen um uns herum nicht das Neueste in Schlagzeilen (die sogenannte finden konnten. «265 Im Laufe des Jahres 1942 »Nieuwsoverzicht«), eine abschließende Nach­ zitierte >Radio Oranje< häufiger aus den illegalen richtenzusammenfassung und ein regelmäßiger Blättern, und ab Oktober 1943 gab es dann Kommentar zum Tagesgeschehen eingeführt.257 schon eine spezielle illegale Presseschau.266 So Was das Weltgeschehen betraf, konnten die entstand eine Art illegaler Medienverbund, denn Redakteure kostenlos auf die Einrichtungen der umgekehrt publizierten und kommentierten die BBC zurückgreifen.258 Dazu zählten neben Untergrundzeitungen auch Beiträge von >Radio dem1939 gegründeten BBC-Monitoring Service Ora~je<. Aktuelle Meldungen aus dem besetzten insbesondere das sendereigene Korresponden­ Gebiet ließen sich aus dem bald reichlich vor­ tennetz. Nützliche Informationen erhielten die liegenden Material freilich noch immer nicht zu­ Niederländer auch von der Auslandspresseaus­ sammenstellen. Was blieb, waren Geheim­ wertung des britischen Außenministeriums und dienstquellen, und die sprudelten spärlich. Ab einschlägigen alliierten Regierungsstellen.259 September 1942 übermittelte der Geheimdienst Wesentlich schwieriger war und blieb es dage­ der Exilregierung den Radiomachern zumindest gen, Nachrichten aus dem besetzten Gebiet zu Auszüge aus Befragungsprotokollen niederlän• erhalten. Immer wieder mußten die Redakteure discher Emigranten. Bald darauf erhielt die Re­ sich deshalb den Vorwurf gefallen lassen, in daktion dann auch Berichte über die Meinungen 180 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) von Hörern aus den Niederlanden selbst.267 Ein folgte dann eine ganze Serie von Boykottaufru­ Vorschlag Van den Broeks, den Redakteuren fen gegen das von Seyss-lnquart nach deut­ auch den Zugang zu weiteren geheimen Infor­ schem Vorbild errichtete Winterhilfswerk. Diese mationen zu verschaffen, wurde im Oktober Sammelaktion, so erklarte de Jong am 16. 1942 jedoch abschlagig beschieden.268 »Un­ Oktober vor >Radio Oranje<, sei ein »Nazi-Pro­ möglich«, notierte Gerbrandys Berater Warners pagandatrick« und müsse einmütig abgelehnt an dieser Stelle des Vorschlages knapp. Erst mit werden: »Die Demonstration derer, die sich wei­ Beginn des Jahres 1943 bekamen die Redak­ gern, diesen Erpressern Geld zu geben, muß so teure dann »reichliche, vielseitige und zuverlas­ groß, so einmütig sein, daß die einzigen, die mit sige Informationen« des inzwischen neu errichte­ Winterhilfe-Ansteckern herumlaufen, NSBer ten Geheimdienstes »Bureau lnlichtingen« sind. Wer einen Anstecker der Winterhilfe tragt, (BI).269 So erhielten sie schließlich -wenn auch gibt damit zu erkennen: Ich bin ein Landes­ zeitlich verzögert - einen vermutlich recht guten verrater. «276 Einblick in die Vorgange in den besetzten Nie­ ln London hoffte man, die Niederlander wür• derlanden. Die Telegrammwechsel des BI mit den sich diese von >Radio Oranje< propagierte den verschiedenen Organisationen des nieder­ geistige »Widerstandshaltung« mehrheitlich zu­ landischen Widerstandes durften die Mitarbeiter eigen machen und auf diese Weise selbst eine des Regierungssenders allerdings erst zwei Jah­ gründliche »Zersetzung der Besatzungsherr­ respater einsehen.270 schaft« herbeiführen.277 So beschrankten sich Die Fusion der beiden Sender bewahrte sich. die Redakteure lange Zeit darauf, den Nieder­ Dabei profitierte >Radio Oranje< nicht alleine von landern eher vage eine Art abweisendes Verhal­ der nun wesentlich effizienteren Organisation der ten anzuraten,278 von entschiedenem Wider­ Rundfunksendungen aus dem Exil, sondern stand war dagegen nicht die Rede. Die Informa­ auch von der großen Wende des Zweiten Welt­ tionen aus dem besetzten Gebiet - so die Erkla­ krieges. Denn nun gab es »von den Kriegsfron­ rung - seien einfach zu sparlich, um entscheiden ten meist nur Gutes zu vermelden«.271 Und bei zu können, was man von der Bevölkerung billi­ den Hörern wuchs die Hoffnung auf eine baldige gerweise verlangen dürfe und was nicht.279 Ein alliierte Invasion, von der man sich das unwider­ entschlossenes, aktives Engagement forderten rufliche Ende der deutschen Besatzungsherr­ Gerbrandy und seine Redakteure dann erstmals schaft versprach. im Sommer 1942, als in London die immer scharferen deutschen Maßnahmen gegen die jüdischen Einwohner des Landes bekannt wur­ Propagandakampagnen den. Zuvor hatte man in der britischen Hauptstadt >Radio Oranje< wandte sich weniger gegen die lediglich den zaghaften Versuch unternommen, deutschen Besatzer, als vielmehr gegen die nie­ die deutsche Verordnung zum Tragen des Ju­ derlandischen Kollaborateure. »Tatsachlich«, so densternes vom April 1942 zu unterlaufen. Als de Jong, »die NSB war unser wichtigstes Ziel. die Besatzer dieselbe Maßnahme in Belgien Ob zu Recht oder nicht, möchte ich offen las­ angekündigt hatten, so berichtete >Radio Oran­ sen.«272 Auch Van den Broek erklart, die Sen­ je< am 1. Mai, da hatten sich zum Zeichen der dungen hatten sich vor allem gegen »NSBer und Solidantat auch zahlreiche nichljüdische Belgier Kollaborateure« gerichtet.273 So ließ die Exilre­ den Judenstern angeheftet.280 Bei dieser sehr gierung »nichts unversucht, die mit dem Feind verklausulierten Aufforderung zum zivilen Unge­ verbündeten Landsleute als ruchlose Verrater zu horsam blieb es, denn in London befürchtete brandmarken.«274 Besonders intensiv setzte sich man, daß die Mehrzahl der Niederlander einer >Radio Oranje< mit dem niederlandischen NSB­ offenen Aufforderung zum Protest gar nicht fol­ Propagandisten Max Blokzijl auseinander, der zu gen würde.281 Ende Juni meldete >Radio Oran­ beiden Seiten des Kanals als »das Symbol des je< dann überraschend- und im Unterschied zur Landesverrates« schlechthin galt.275 Doch wel­ britischßn BBC, die die entsprechende Meldung che Niederlander machten sich in den Augen der offenbar nicht weitergab -,282 in London existier­ Londoner Redakteure dieses Deliktes schuldig? ten Berichte über einen Massenmord der Nazis Auf jeden Fall diejenigen, die einer der von den an Hunderttausenden von polnischen Juden.283 Besatzern neu errichteten Organisationen beitra­ Wenige Wochen spater erfuhr Ministerprasident ten oder diese »falschen Einrichtungen« (»foute Gerbrandy, in den Niederlanden hatten die er­ instellingen«) faktisch unterstützten. So warnte sten Deportationen eingesetzt. ln dieser drama­ >Radio Oranje< in seinen ersten Kampagnen tischen Situation rief der Regierungschef die immer wieder vor dem niederlandischen Niederlander am 25. Juli offen zur Hilfe für ihre »Landstand«, dem »Volksdienst«, der »Arbeids­ jüdischen Mitbürger auf. Er vertraue darauf, so front« und der »Kultuurkamer«. Im Herbst 1941 Gerbrandy über >Radio Oranje<, daß man im be- Bott: Radio der Gegenpropaganda 181

setzten Gebiet inzwischen Mittel und Wege er­ Arbeitskräfte seinen Armeen einzuverleiben.«295 sonnen habe, »um diesen unschuldigen Men­ Deshalb verlangte der Sender schließlich auch schen ( ... ) in diesem Augenblick höchster Not von den Arbeitgebern: »Behalten Sie mit allen beizustehen«.284 Was er meinte, war klar, auch erdenklichen Mitteln so viele Ihrer Arbeiter wie wenn er es nicht wörtlich aussprach: »Helft ih­ möglich im Land!«296 nen, unterzutauchen!«285 Nachdem sich im Ok­ Entschlossene Worte richtete London nun tober auch die Königin vor dem Mikrofon ener­ auch an die 200.000 niederländischen Beamten, gisch für ihre jüdischen Mitbürger eingesetzt die es den Deutschen in den ersten Jahren der hatte,286 meldeten sich zwei Monate später die Besatzung nicht gerade schwer gemacht hatten, alliierten Regierungen gemeinsam zu Wort. in ihre Pläne zu verwirklichen. So erinnerte Ger­ ihrer Erklärung nannten sie den nationalsoziali­ brandy die Staatsdiener am 17. November 1942 stischen Völkermord erstmalig beim Namen. Die in ungewöhnlich scharfer Form an ihre eigentli­ Deutschen, so hieß es in ihrem auch von >Radio che Pflicht und verlangte von ihnen, »Ihrem Oranje< ausgestrahlten Communique, seien im Volke Schutz und Schild zu sein.« Noch deutli­ Begriff, das jüdische Volk in Europa zu vernich­ cher: »Es geht darum, ob Sie wirklich ausnahms­ ten.287 los alles getan haben, was in Ihrer Macht stand, Dennoch ergriff in London niemand die Initia­ um Ihre Landsleute zu schützen; zu schützen tive, um die Bevölkerung mit einer Rundfunk­ gegen Hunger, gegen die Verschleppung in kampagne zu einem konkretem Engagement für Kriegsfabriken, gegen Deportation, gegen Raub die von der Vernichtung bedrohten jüdischen von Hab und Gut, und Raub von Leben.«297 Als Mitbürger zu bewegen.288 Und das, obwohl die die Exilregierung dann im Februar 1943 befürch• niederländische Exilregierung von den Hitler­ ten mußte, Reichskommissar Seyss-lnquart schen Endlösungsplänen bereits zu einem Zeit­ werde die Macht an den niederländischen Fa­ punkt unterrichtet war, da eine massive Inter­ schistenführer Mussert abtreten - dieser war ge­ vention wohl noch Aussicht auf Erfolg verspro­ rade zum Kopf eines beratenden »Staatspoliti­ chen hätte.289 Weshalb sie es dennoch unter­ schen Sekretariats« ernannt worden -, forderte ließ, sich der Verschleppung und dem Mord an der Ministerpräsident sogar den »Beamten-Wi­ den niederländischen Juden beizeiten und mit­ derstand«.298 Er und seine Berater hielten es tels ihres Radiosenders zu widersetzen, ist bis nämlich durchaus für möglich, daß Mussert die heute nicht geklärt. Zweifelte man in London tat­ Wehrpflicht wieder einführen und hundertlausen­ sächlich so lange an der Glaubwürdigkeit der de junger Männer Seit' an Seit' mit Hitlers eingegangenen Berichte?290 Oder ließ man sich Armeen kämpfen lassen würde. So gehe es nun von opportunistischen politischen Rücksicht• um nicht weniger, als um die Existenz der nie­ nahmen auf den in Großbritannien wie in nieder­ derländischen Nation.299 ländischen Exilkreisen latent vorhandenen Anti­ Nur wenige Stunden, nachdem die personelle semitismus leiten?291 Eine Frage, die niederlän• Zusammensetzung des Mussert-Sekretariates dischen Geschichtsforschern noch heute Anlaß bekannt geworden war, verbot Gerbrandy den zu gründlichen Quellenstudien und kritischen Beamten, irgendwelche Anweisungen der nie­ Reflexionen bietet, 292 und die inzwischen sogar derländischen Faschisten zu befolgen. Statt des­ die früheren Redakteure >Radio Oranjes< ent­ sen hätten sie den Vorhaben der »Landesverrä• zweit.293 ter« entschlossen entgegenzuwirken. Dies gelte Immer wieder und mit zunehmendem Nach­ besonders für jene »Maßnahmen, die offensicht­ druck forderte >Radio Oranje< dagegen, die Nie­ lich das Ziel verfolgen, die deutsche Kriegsma­ derländer sollten sich dem Zwang der deutschen schine mit niederländischen Gütern oder nieder­ Besatzer zum Arbeitseinsatz im Deutschen ländischen Staatsangehörigen zu versorgen.« Reich entziehen. Daß sich dennoch Tausende Keiner, so schloß Gerbrandy in dieser Anspra­ freiwillig ins Deutsche Reich meldeten, akzep­ che vom 4. Februar 1943, könne nun noch »im tierte man in London zunächst. Schließlich werde Zweifel darüber sein, was seine Pflicht ist. Köni• ein solcher Entschluß von den Besatzern »durch gin, Regierung und Vaterland erbitten, nein ver­ wirtschaftliche Druckmittel« geradezu »erzwun­ langen Ihre entschlossene Teilnahme am Kampf gen« .294 Im Oktober 1942 hieß es dagegen, nun für die Befreiung unseres Territoriums.«300 müsse allen klar sein, »daß jeder Arbeiter, der Wie dieser Kampf an den Schreibtischen und nach Deutschland geht ( .. .), einen Soldaten an hinter den Schaltern der Behörden zu führen sei, Hitlers Fronten ersetzt.« Und damit behindere machten die Redakteure >Radio Oranjes< deut­ und verzögere er die Befreiung des Landes. lich. Jeder Beamte, so hieß es am 7. Februar Schlimmer noch, er mache sich zur Geisel in 1943, müsse sich von nun an die Frage stellen, Hitlers Hand. Denn: »Hitler wird, wenn noch »wie erledige ich meine Arbeit so schlecht wie mehr Not am Mann sein sollte, nicht davor zu­ möglich? Wie wirke ich allen Beschlüssen und rückschrecken, Niederländer und andere fremde Maßnahmen am besten und wirkungsvollsten 182 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) entgegen?«301 Solch subversives Verhalten hat­ Erfolg und sei daher nicht erwünscht: »Wenn der te mit den althergebrachten Beamtentugenden Augenblick dazu gekommen ist, wird die nieder­ wenig gemein und wurde auch nur von wenigen ländische Regierung Sie das auf überdeutliche Vorgesetzten gutgeheißen. >Radio Oranje< Weise wissen lassen.«306 Nun schien die Linie mühte sich daher vergebens, die niederländische klar: »Allgemeiner Widerstand: ja! Allgemeiner Bürokratie zur Speerspitze des passiven bewaffneter Widerstand, nein.« Denn unbe­ Widerstandes zu machen.302 Im Oktober 1943 dachtsames Handeln, so erläuterte den Doo­ mußte der Sender schließlich feststellen, die laard, könne nur »bitteres Leid« zur Folge ha­ Beamten seien so sehr ans Gehorchen gewohnt ben: »Noch ist der Augenblick nicht da für be­ und so »stolz auf eine tadellose Ausführung ihrer waffneten Widerstand!«307 Nachdem der Sender Aufgaben [gewesen], daß sie mit derselben so die Position der Exilregierung deutlich abge­ Gewissenhaftigkeit und ( ... ) Pflichterfüllung ( ... ) steckt hatte, sorgte Chefredakteur Van den die Ausplünderung unseres Landes ( ... ) organi­ Broek noch einmal für gewisse Irritationen: Jeder sieren halfen.«303 demobilisierte Soldat, so erklärte er am 12. Mai Den Kampagnen gegen die »Landesverräter« 1943 über >Radio Oranje<, habe natürlich »das und die nationalsozialistisch dominierten »fal­ Recht, im Falle seiner Verhaftung selbst zu schen Einrichtungen«, den Appellen gegen einen entscheiden, wie er sich verhält«; dies sei freiwilligen Arbeitseinsatz im Deutschen Reich Notwehr und »rechtmäßige Selbstverteidi­ und für die Behinderung des von den Besatzern gung«.308 Im besetzten Gebiet verstand man für ihre Zwecke instrumentalisierten Verwal­ diese Außerung jedoch als einen Ansporn zu tungsapparates war eines gemein: Sie forderten spontanen Gewaltakten außerhalb der organi­ von der niederländischen Bevölkerung, alldas zu sierten Illegalität. Führende Widerstandskreise unterlassen, was den Deutschen dienen könnte. ließen London deshalb wissen, Van den Broeks Ein aktives, gegen die Besatzer gerichtetes Han­ »Faustrecht-Tirade« sei unangebracht und deln verlangte >Radio Oranje< aber erst, als die zeuge nur von mangelnder Einsicht in die Reali­ sich abzeichnende Kriegswende und das immer tät.309 repressiver agierende Besatzungsregime die Be­ völkerung im Frühjahr 1943 ohnehin zu wach­ sendem Widerstand animierten. Sieg im Ätherkrieg Es gab allerdings auch Formen des Wider­ standes, die man in London nicht für opportun Für den Ausbruch der Massenstreiks vom hielt: einen Massenaufstand beispielsweise, wie April/Mai 1943 konnten die deutschen Sicher­ er im Apri11943 auszubrechen drohte.304 Zu die­ heitsbehörden den Londoner Rundfunk, und hier sem Zeitpunkt war in den Niederlanden gerade besonders >Radio Oranje<, zwar nicht direkt ver­ eine Anordnung des deutschen Wehrmachtsbe­ antwortlich machen. Doch der SD behauptete, fehlshabers Christiansen bekanntgeworden, de­ die Bevölkerung sei »durch die ausländischen ren Brisanz die Besatzer wohl gar nicht erkannt Hetzsender« zumindest »geistig auf derartige hatten. Die früheren niederländischen Soldaten, Ereignisse vorbereitet« worden. Außerdem hät• so der Befehl, müßten sich umgehend zur Rück• ten die Niederländer gerade in »diesen Tagen führung in die Kriegsgefangenschaft und zum der Anspannung (... ) in ungeahntem Masse die anschließenden Arbeitseinsatz ins Deutsche Hetzsendungen Radio Oranjes und der engli­ Reich melden. ln London befürchtete man da­ schen Sender abgehört.«310 Insbesondere die gegen, die jungen Männer könnten als Kanonen­ letzte Rede der Königin, so der SD am 4. Mai futter an den deutschen Fronten verheizt wer­ 1943, habe den »Wille[n] zum aktiven Wider­ den. Unablässig warnte >Radio Oranje< deshalb: stand ( ... ) neu bestärkt«. Im Unterschied zu den »Nicht melden. Alle Aufrufe ignorieren. Notfalls Sicherheitsbehörden, die die Bedeutung >Radio untertauchen.«305 Vier Tage später erfuhr die Oranjes< vermutlich bewußt so hoch veran­ Exilregierung, daß etwa eine Million Nieder­ schlagten, um von ihren nur mäßigen Erfolgen länder auf diesen »Anschlag auf das Leben und bei der Bekämpfung des einheimischen Wider­ die Kraft unseres Volkes«, so Van den Broek, mit stande~ abzulenken, bemühte sich der Bericht­ spontanen Arbeitsniederlegungen reagiert erstatter des Auswärtigen Amtes in Den Haag hatten. Selbst eine allgemeine Volkserhebung um eine realistischere Sicht der Dinge: »Es wäre schien nicht mehr ausgeschlossen. Gerbrandy, eine starke Überschätzung des Einflusses von der zunächst sogar mit dem Gedanken gespielt seiten der Londoner Radiopropaganda, wenn hatte, die Niederländer zu einem unbefristeten man annähme, dass darin die Hauptursache der Generalstreik aufzurufen, entschied sich Streikbewegung zu suchen sei. ( ...) Schliesslich schließlich dafür, die Situation zu entschärfen. steht fest, dass kein einziger Aufruf in London Ein bewaffneter Aufstand, so erklärte er über zum Streik aufgefordert hat ( ... ). Sofern nicht im >Radio Oranje<, verspreche gegenwärtig keinen Volke selbst der Widerstandsgeist lebte und Bott: Radio der Gegenpropaganda 183 wenn nicht durch Massnahmen in diesem Land Militärs eine weiteren Vorstoß. Diesmal wurden die Opposition geweckt würde, dann würde sie vom Generalkommissar für das Sicherheits­ keine einzige Anweisung aus London, wie zwin­ wesen, Rauter, unterstützt. 320 Grund für das gend sie auch formuliert sei, die Ursache von Verlangen der Wehrmacht war die latente Furcht Ereignissen sein können, wie man sie in den vor einer alliierten Invasion auf dem europäi• letzten Tagen erlebt hat.«311 schen Festland. Diese versuchten die Londoner Oie deutschen Störsender brachten die Sender mit einer »Kampagne der Scheininvasi­ Stimmen aus London nicht zum Schweigen. Und on« bewußt zu schüren. So spiegelten sie den das, obwohl die deutschen Funkspezialisten um Deutschen Anfang Juni 1942 vor, die befürchtete Eberhard Taubert, den Leiter der sogenannten Invasion sei nur noch eine Frage der Zeit. ln ei­ Rundfunkbetreuungsstelle (RBS) beim General­ nem am 11 . Juni 1942 auch von >Radio Oranje< kommissar zur besonderen Verwendung, sich verbreiteten offiziellen Kommunique hieß es da­ wirklich alle Mühe gaben. So konnte der Infor­ zu: »Zwischen Moskau, London und Washington mationsdienst der niederländischen Exilregie­ wurde völlige Übereinstimmung in bezug auf die rung (RVO) den Londoner Radiomachern im Dringlichkeit der Aufgabe erzielt, im Laufe des Laufe des Jahres 1942 mitteilen: »Der Feind Jahres 1942 in Europa eine zweite Front zu er­ sorgt für Abwechslung im Störungsprogramm. richten.«321 An eine solche Aktion war zu diesem Entweder man hört plätscherndes Wasser, einen Zeitpunkt überhaupt noch nicht zu denken, und fahrenden Zug, das Surren von Maschinen, oder das Ausbleiben der erhofften Invasion ernüch• man wird mit schrillen Pfeiftönen bedient.«312 terte die Bevölkerung in den besetzten Gebieten Doch die Finessen waren vergebens. Denn im dann auch spürbar. 322 Doch die deutschen Mili­ Dezember 1942 mußte Taubert eingestehen: tärs wurden zunehmend nervöser.323 Würde das »Wir müssen uns klar darüber sein, dass eine Londoner Radio der Bevölkerung in den besetz­ totale Ausschaltung der Feindpropaganda durch ten Gebieten im Falle einer Invasion konkrete den Rundfunk nicht möglich ist und dass wir Verhaltensmaßregeln erteilen, so ihre Überle• technisch an der Grenze unserer Möglichkeiten gung, werde dies die eigenen Verteidigungsan­ zur Ausschaltung angekommen sind.«313 Das strengungen möglicherweise entscheidend be­ hatte auch damit zu tun, daß immer mehr einträchtigen. Deshalb sei »die ausländische Niederländer zur Installation selbstgebauter Rundfunkpropaganda als gefährlichste[r] Gegner Rahmenantennen übergingen, die die Störungen der deutschen Besatzungsmacht« anzuse­ beim Mittelwellenempfang auf ein Minimum re­ hen.324 duzierten. Für diese Geräte, die im Volksmund Trotz ihrer zunehmenden Invasionsfurcht ge­ treffenderweise als »Moffenzeef« (Moffensieb) lang es den Militärs auch im Sommer 1942 nicht, bezeichnet wurden, kursierten nicht nur Bastel­ eine Beschlagnahme der Radiogeräte zu errei­ anleitungen,314 man konnte sie sogar kaufen.315 chen. Erst unter dem Eindruck der Massen­ Und was den Kurzwellenempfang betraf, so streiks vom ApriVMai 1943 gab Seyss-lnquart schienen die Deutschen eine der verschiedenen schließlich nach. Oie Erlaubnis für die so lange Londoner Frequenzen jeweils weniger stark zu gescheute Maßnahme holte sich der Reichs­ beeinträchtigen.316 Schließlich wollten sie die kommissar nun sogar selbst. 325 So notierte Pro­ Sendungen aus dem Exil ja auch selber abhö• pagandaminister Goebbels in seinem Tagebuch ren .317 am 9. Mai 1943: »Mir wird die Frage vorgelegt, Die deutschen Abwehrmaßnahmen gegen ob man in den Niederlanden die Rundfunkappa­ die Londoner Sender schienen nutzlos. Das rate beschlagnahmen soll. Zweifellos hat die mißfiel vor allem den in den Niederlanden sta­ englische Propaganda in den Niederlanden bei tionierten deutschen Militärs. Schon im Oktober den letzten Streiks ein entscheidendes Wort mit­ 1941 wollten sie deshalb die »Frage der Be­ gesprochen. Ich plädiere deshalb dafür, so schlagnahme von Rundfunkgeräten« anspre­ schnell wie möglich den Holländern die Rund­ chen, doch Seyss-lnquarts Generalkommissar funkapparate wegzunehmen.«326 Nur wenige zur besonderen Verwendung, Fritz Schmidt, wi­ Tag~ später ordnete Rauter dann die Einziehung dersetzte sich dem Vorhaben vehement.318 Zu­ aller »in den besetzten niederländischen Gebie­ ständig für die deutsche Propaganda in den Nie­ ten befindlichen Rundfunkempfangsanlagen, Zu­ derlanden, konnte ihm keinesfalls an einer Be­ behör- und Ersatzteile« an. Wer diesen Bestim­ schlagnahme der Empfangsgeräte gelegen sein . mungen zuwiderhandle, so die entsprechende Denn auf diese Weise wären auch die Sendun­ Verordnung vom 13. Mai 1943, der müsse mit gen des gleichgeschalteten Hilversumer Rund­ Gefängnis und Geldstrafe in unbeschränkter funks überflüssig geworden, und die Besat­ Höhe rechnen.327 Ausgenommen waren ledig­ zungsbehörden hätten ohne Not eines ihrer lich die Dienststellen der Besatzer, sowie - auf wichtigsten Propagandainstrumente aus der Antrag - die Mitglieder der NSB, der Waffen-SS Hand gegeben.319 Im Juni 1942 starteten die oder der niederländischen »Freiwilligen-Legion« 184 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

sowie niederländische Angestellte deutscher Be­ nun sogar ihr Hilversumer Propagandaradio ge­ hörden und die Besitzer von Drahtfunkanschlüs• opfert. Im Ätherkrieg sei das eine »völlige Nie­ sen.328 Somit wollte Rauter in den Niederlanden derlage«, kommentierte Chefredakteur Van den nicht weniger als eine Million Rundfunkgerate Broek am 20. Mai 1943, habe sich doch heraus­ konfiszieren lassen. Ein gewagtes Unternehmen, gestellt, daß nicht einmal die Beschlagnahme dessen Ausgang Taubert Ende 1942 wie folgt der Rundfunkgeräte die »Stimme der kämpfen• prophezeit hatte: »Bei einer Beschlagnahme der den Niederlande« zum Schweigen bringen Rundfunkgerate wäre es unwahrscheinlich, dass könne.342 Zwar hatte >Radio Oranje< im besetz­ nicht doch einige 10.000 Rundfunkempfangsge­ ten Gebiet nun weniger Hörer; doch dieses rate zurückgehalten oder von den vielen Ama­ Manko glichen »Nachrichtendienste« aus, die die teuren neu gebaut würden.«329 Und das ge­ aus London empfangenen Informationen auf­ schah. zeichneten und in Umlauf brachten.343 So konn­ Zwar lieferten die Niederländer bei den ei­ te jeder, auch wenn er die Sendungen selbst gens dazu eingerichteten Sammelstellen bis nicht mehr empfing, doch darauf rechnen, im Oktober 1943 etwa 785.000 Rundfunkempfänger Zug, in der Straßenbahn oder von den Arbeits­ ab,330 doch befanden sich darunter erstaunlich kollegen auf dem laufenden gehalten zu wer­ viele alte Modelle, und jeder zweite Apparat den.344 Teile des Programms wurden auch in funktionierte nicht mehr. 331 Zur gleichen Zeit den illegalen Zeitungen abgedruckt,345 deren hatte eine enorme Nachfrage nach Altempfan­ Anzahl und Auflage zudem sprunghaft stieg.346 gern eingesetzt, und die Deutschen registrierten So waren die Deutschen endgültig mit ihrem verwundert, »dass für alte Gerate, die kaum Versuch gescheitert, die alliierten Sender ver­ noch einen Ton von sich geben, Preise bis zu F. stummen zu lassen. 500,-332 gefordert werden«.333 Die einzige Erklä• rung: Die Niederlander hielten vorschriftswidrig einige hunderttausend Rundfunkempfänger zu­ >Radio Oranje< rück. Daraufhin verhangten die Behörden zahl­ im Hungerwinter (1944/45) reiche Terrorurteile, doch auch in den folgenden Wochen lieferten nicht mehr als 30.000 Nieder­ Im FrOhsommer 1943 nutzte die Exilregierung lander ihre Radiogerate ab. 334 So befanden sich ihren Sender erneut, um der Bevölkerung für das nach Schatzungen der niederländischen Post im weitere Leben unter dem Besatzungsregime November 1943 noch mindestens 250.000 klare Handlungsanweisungen zu erteilen: Sie Empfangsgerate illegal im Land;335 da viele Nie­ solle die Deutschen zu demoralisieren versu­ derländer aber nur Uraltempfänger oder Zweit­ chen, ihrer Kriegsmaschine so viele Arbeitskräfte gerate abgegeben hatten und da weder wie möglich vorenthalten, ihre Transportwege Schwarzhörer noch Radioamateure erfaßt wer­ behindern und ihrer Verwaltung Probleme berei­ den konnten, dürften insgesamt nicht weniger als ten - ein klarer und mit den Briten abgestimmter 400.000 Rundfunkgerate zurückgehalten worden Aufruf zur Sabotage.347 Den Sommer über er­ sein.336 Versteckt waren sie in den zahllosen schienen dann zahlreiche Angehörige der nie­ Hohlraumen der Wande und unter den Fußbö• derlandischen Streitkratte im Studio, um vor dem den der Hauser, zum Teil so raffiniert, daß sie Mikrofon von ihren Erfahrungen in den Piloten­ auch bei Durchsuchungen kaum aufzufinden wa­ kanzeln, U-Booten und Schlachtschiffen, als Fall­ ren.337 Selbst gutbürgerliche Familien ließen die schirmjager oder Angehörige von Kommando­ Rundfunkgerate in der Wand oder unter dem Einheiten zu berichten.348 ln der zweiten Jahres­ Teppich verschwinden, verbargen sie hinter Mitte wandte sich der Sender erneut gegen Treppenstiegen oder in Möbelstücken.338 Bei NSBer und Kollaborateure, 349 denen immer wie­ Philips in Eindhoven stellte die Belegschaft wah­ der eine strenge und scharfe Bestrafung nach renddessen in Sonderschichten Tausende von dem Kriege angekündigt wurde.350 Das Jahr Kleinstempfangern her, die auch in Zigarrenki­ 1944 begrüßten die Redakteure >Radio Oranjes< sten, Puderdosen und Psalmbüchern Platz fan­ dann al.ls das »Jahr der Befreiung«;351 in rascher den.339 Für die Besatzer fiel die Bilanz ernüch• Folge traten nun die Minister der Exilregierung ternd aus: »Auch die letzte zu Gebote stehende vors Mikrofon und skizzierten zuversichtlich ihre und wirkungsvollste ( ... ) Abwehrwaffe gegen die Plane für die Zeit nach dem Tage Null.352 Feindpropaganda erwies sich als stumpf ( ... ). Noch aber war es nicht so weit. Im April for­ Denn wer jetzt heimlich und unter größten Vor­ derte Gerbrandy die Niederländer erst einmal sichtsmaßregeln sein Gerät benutzen mußte, auf, die Einführung neuer Lebensmittelkarten zu hörte sicherlich nicht mehr Hilversum, sondern boykottieren, gefährdete die Maßnahme doch nur noch London.«340 Hunderttausende von Untergetauchten, die sich Aus Angst vor den »wenigen tagliehen Vier­ die Papiere kaum beschaffen konnten.353 Einen 4 telstunden aus London«3 1 hatten die Deutschen Monat später warnte der Sender die niederländi- Bott: Radio der Gegenpropaganda 185

sehen Polizisten davor, Arbeiter zum Bau von Wochen lang verboten sie den Transport von Verteidigungsanlagen zu zwingen.354 Eine Nahrungsmitteln, die im bevölkerungsreichen gleichgerichtete Warnung an die - inzwischen Westen des Landes dringend benötigt wurden. mehrheitlich NSB-freundlichen - Bürgermeister Darauf mußten die ohnehin unzureichenden Le­ folgte im August. Doch da hatte sich die Kriegs­ bensmittelrationen noch einmal um die Hälfte lage schon gründlich gewandelt, denn im Mor­ reduziert werden.362 Aufgrund der bald herr­ gengrauen des 6. Juni 1944 hatte die langer­ schenden eisigen Kalte froren Ende Dezember sehnte alliierte Invasion begonnen. Ende Juli die Kanale zu. Nun fiel auch die Binnenschiffahrt schlugen die Landungstruppen die deutschen für den Transport von Lebensmitteln aus. Die Panzerverbande in der Normandie, dreieinhalb einsetzende Hungersnot sollte schließlich 20.000 Wochen später befreiten sie Paris. Am 3. Sep­ Niederlander das Leben kosten.363 Damit hatte tember zogen sie in Brüssel ein, und schon am der Hungerwinter begonnen: »eine letzte, un­ nachsten Tag waren sie im Besitz des strate­ sagbar schwere Leidenszeit, bei der Besat­ gisch so bedeutsamen Antwerpener Hafens.355 zungsdruck und Widerstandswille« einander Die Befreiung der Niederlande schien nun unmit­ ständig steigerten.364 telbar bevorzustehen. Und tatsachlich: Noch am Auch >Radio Oranje< griff jetzt aktiv in den Abend des 4. September trat Ministerpräsident Kampf gegen die Besatzungsmacht ein . Seite an Gerbrandy vor die Mikrofone von >Radio Oranje< Seite mit der niederländischen Illegalität entwik­ und erklarte tief bewegt, Teile der alliierten Ver­ kelte sich der Sender, so sein neuer Chefredak­ bande hatten niederländischen Boden betre­ teur den Doolaard, zu einem »Hilfsmedium« des ten. 356 Kurz darauf meldete der Niederländische Widerstandes. 365 Dabei beschränkte man sich Dienst der BBC, das im Süden des Landes gele­ nicht mehr alleine auf mitfOhlende Worte und gene Breda sei befreit. Beides waren Falsch­ Appelle und rief zur fairen Verteilung der vor­ meldungen. Doch die Bevölkerung jubelte, wah­ handenen Lebensmittel oder zum Boykott krimi­ rend Zehntausende von NSBern an diesem neller Schwarzmarkthändler auf;366 vielmehr ge­ »verrückten Dienstag« (»Dolle Dinsdag«) in ei­ lang es den Redakteuren nun, die Niederlander ner »panikartigen Massenflucht« nach Deutsch­ vor bevorstehenden Razzien zu warnen, in de­ land strömten. 357 ren Verlauf die Besatzer rücksichtslos Jagd auf Eine Woche spater hatten die Alliierten das potentielle Zwangsarbeiter machten.367 Zudem niederländische Eindhoven erreicht. Das Kom­ tauchten in den Sendungen immer häufiger mando Obernahmen nun die schon im Londoner Codebotschaften auf, hinter denen sich in den Exil geschulten Militarbehörden unter General­ meisten Fallen verschlüsselte Mitteilungen an die major Kruls. Zu seinem Stab zahlte auch Van Kampfer der Widerstandsbewegung verbargen. den Broek, der als Leiter der Radioabteilung mit Diese merkwürdigen Meldungen - Jan solle sich dem Aufbau eines neuen Rundfunksenders be­ seinen Schnurrbart abrasieren lassen, hieß es gann: >Radio Herrijzend Nederland<.358 Da es da beispielsweise, oder Brombeere denke an Mitarbeitern der Eindhovener Philips-Werke ge­ wildes Wasser - konnten die verschiedensten lungen war, einen selbstgebauten Mittelwellen­ Bedeutungen haben: Mal sollten sie den Emp­ sender als angebliches RöhrenprOfgerat vor den fang wichtiger Dokumente oder die Ankunft nie­ Deutschen zu verbergen, konnte die Station derländischer Emigranten bestatigen, mal kün• schon Anfang Oktober in den Ather gehen.359 digten sie nachtliehe Waffenabwürfe an oder be­ Zuvor hatten die Alliierten versucht, den Deut­ fahlen die Ausführung bestimmter Sabotageak­ schen den entscheidenden, tödlichen Stoß zu te.368 Außerdem galten sie der Illegalität als versetzen. Über dem noch besetzten Arnheim Beweis für die Glaubwürdigkeit unbekannter, per waren deshalb am 17. September britische und Fallschirm Ober den Niederlanden abgesetzter kanadische Fallschirmjager abgesprungen, um Agenten. Da es den Deutschen jedoch Ober Mo­ dort einen BrOckenkopf für den geplanten Vor­ nate hinweg gelungen war, sich unerkannt in den marsch auf das Ruhrgebiet zu erobern.360 Die Funkverkehr mit den Londoner Geheimdiensten niederländische Exilregierung unterstützte die einzuschalten, konnten sich auf diese Weise riskante Aktion, indem sie versuchte, den deut­ auc~ Spitzel von SD und deutscher Abwehr das schen Nachschub zu behindern. Noch am selben Vertrauen der lllegalitat erschleichen. Die immer Abend rief sie die 30.000 niederlandischen Ei­ wieder ins Programm eingestreuten Codebot­ senbahner zu einem unbefristeten Streik auf.361 schaften trugen deshalb nicht selten sogar dazu Eine Woche lang fuhr in den Niederlanden kein bei, Teile des aktiven Widerstandsnetzes aufzu­ einziger Zug mehr; und nur mit Hilfe pensionier­ rollen.369 Die Londoner Redakteure traf daran ter deutscher Eisenbahner konnte der Schienen­ allerdings keine Schuld; denn aus Sicherheits­ verkehr wieder in Schwung gebracht werden. gründen erfuhren sie gar nicht, was die Parolen Dennoch ging die Schlacht bei Arnheim verloren. zu bedeuten hatten.370 Und die Deutschen revanchierten sich: Sechs 186 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Schien die Vorsicht in diesem Fall berechtigt, war die Produktion eingestellt worden, und aus so hatte den Doolaard die Geheimniskrämerei den leerstehenden Betrieben raubten die Besat­ des Nachrichtendienstes der Exilregierung noch zer, was nicht niet- und nagelfest war. Sie requi­ im Hochsommer 1944 heftig kritisiert. So schrieb rierten Zehntausende von Maschinen, Tausende er in einem vertraulichen Memorandum, das von Fahrradern, dazu Straßenbahndepots samt auch an Gerbrandy gerichtet war: »Im Augen­ Schienen und Oberleitungen, Vieh und Pferde, blick stehen uns nur die Krümel zu Verfügung, Kleidung und Decken. Um die alliierte Offensive die vom Tisch der militärischen Nachrichten fal­ zum Stehen zu bringen, hatten die Deutschen len; und wenn wir mehr bekommen, vielleicht außerdem im Herbst 1944 damit begonnen, sogar ein ganzes Brot, dann ist es meist altbak­ Teile des Landes unter Wasser zu setzen; nun ken.«371 Daß das Bureau lnlichtingen (BI) die durchkämmten sie Stadt für Stadt auf der Suche Redakteure nur ungerne Ober das Neueste aus nach arbeitsfähigen Männern, die sie zum Bau dem besetzten Gebiet informierte, hatte fOr den von Verteidigungsanlagen zwangen oder zum Sender, so den Doolaard, erhebliche negative Arbeitseinsatz ins Deutsche Reich verschlepp­ Auswirkungen: »Radio Oranje hat die ganze Be­ ten .376 Der Widerstand reagierte mit Sabotage­ satzungszeit Ober aus reinem Unwissen nicht akten. Die Deutschen antworteten mit brutalem selten Programme ausgestrahlt, die in Augen­ Terror: Die öffentliche Hinrichtung von Wider­ blicken großer Aufregung in den Niederlanden standskämpfern war an der Tagesordnung; Tau­ wie die Faust aufs Auge paßten. England-Emi­ sende anderer verschwanden in den Konzentra­ granten versichern uns mit dem größten Nach­ tionslagern.377 Seyss-lnquart und sein letztes druck, ein einziger Beweis, daß London wirklich Aufgebot - Propagandachef Schmidt war 1943 schnell informiert sei, besitze fOr das niederlän• ums Leben genommen, 378 Polizeichef Rauter dische Volk größeren Wert, als ein Monat voller wurde bei einem Anschlag im März 1945 schwer mehr oder weniger vortrefflicher, ermutigender verletzt379 - interessierte nur noch ihr eigenes Ansprachen.« Doch da man die Redaktion von Überleben. Den sieben Millionen Niederländern, wichtigen Ereignissen viel zu spät in Kenntnis mit denen sie sich in dem von Hitler zur »Fe­ setze, bekomme »das Radio der Regierung oft stung« erklärten Holland verschanzt hatten,380 wenig schmeichelnde Bemerkungen zu hören drohte unterdessen der Hungertod. 381 ( ... ),welche etwa folgendes beinhalten( ... ): >Auf Der Wut, Verzweiflung und Resignation der der anderen Seite (des Kanals) haben sie davon Menschen im besetzten Gebiet konnte >Radio mal wieder keinen blassen Dunst.<« Das änder• Oranje< nicht mehr als Worte entgegensetzen. te sich erst ab Mitte September. Zu dieser Zeit Und so versuchte der Sender, mit einer massi­ war Gerbrandy gerade auf der Suche nach ei­ ven Kampagne der Ermutigung in diesen furcht­ nem Nachfolger für den zuvor in den befreiten baren Monaten zumindest den »festen Glauben niedderländischen SOden abgereisten Van den an den Sieg lebendig zu erhalten«.382 Dabei Broek. Gerbrandys Wahl fiel auf den Doolaard. mußten die Redakteure in dieser letzten Phase Doch dieser verlangte, bevor er der Ernennung des Krieges jedoch erneut verschiedensten An­ zum Chefredakteur zustimmte, täglich den Funk­ sprüchen genügen. So hatten »kompetente Per­ verkehr des BI mit dem niederländischen Wider­ sonen« >Radio Oranje< bereits am 18. Septem­ stand einsehen zu dürfen: Gerbrandy, der den ber 1944 per Funkspruch dazu aufgefordert, Doolaard außerordentlich schätzte, stimmte nicht länger Ober erfolgreiche Sabotageakte im zu. 372 Er verstand sich mit dem neuen Chefre­ besetzten Gebiet zu berichten, denn dies bringe dakteur so gut, daß seine Ministerkollegen in die Arbeit des Widerstandes in Gefahr.383 Auch Fragen der Radiopropaganda künftig meist au­ sei es nicht ratsam, wie der Raad van Verzet ßen vor blieben: »Meldete Radio Oranje, daß die (RW) am selben Tag mitteilte, vor dem Londo­ >niederländische Regierung< etwas bekanntgab, ner Mikrofon die Meinungsunterschiede in der bedeutete das nach Auskunft gut informierter Illegalität zu kommentieren.384 Im Januar forder­ Londoner Kreise, daß Gerbrandy und den Doo­ ten Widerstandskreise dann, aufgrund der zu­ laard bei einem Glas Schnaps wieder mal ein nehmerflden »Entfremdung zwischen hungernder Ding gedreht hatten.«373 Bevölkerung sowie Regierung und FOrstenhaus« Inzwischen hatte sich die Situation der Be­ mosse >Radio Oranje< dringend »Taktik und völkerung im noch besetzten Teil der Nieder­ Ton« andern; nun könnten »weder tröstende lande weiter zugespitzt. Da die Kohlengruben noch Schimpfworte« helfen, stattdessen mosse des Landes im befreiten SOden lagen, gab es man von den energischen Bemühungen der kaum noch Brennstoff. Strom erhielten nur noch Regierung berichten, mit denen sie versuche, die Besatzer,374 auch die Gasversorgung wurde eine allgemeine Hungersnot abzuwenden.385 Im eingestellt. Wollten sie nicht erfrieren, blieb Hun­ Februar warnte dann der Justizminister mehr­ derttausenden nichts anderes Obrig, als ihre KO­ mals davor, die Namen angeblicher Gestapo­ chenfußböden zu verfeuern.375 ln den Fabriken Spitzel zu nennen, um die Bevölkerung nicht zur Bott: Radio der Gegenpropaganda 187

Selbstjustiz anzustacheln;386 und schließlich Arbeit als reisender Journalist und Schriftsteller sollte auch der Wirtschaftsminister Rücksprache wieder auf.397 Oe Jong war unterdessen nach bei allen Meldungen zu ökonomischen Themen Amsterdam zurückgekehrt, wo er die Leitung des verlangen.387 Entnervt kommentierte den Doo­ niederlandischen »Reichsinstitutes für Kriegsdo­ laard im Marz 1945: »Es scheint keinen Mittel­ kumentation« übernommen hatte.398 weg zwischen völliger Sicherheit und Propa­ ganda zu geben, so daß nur ein Ausweg möglich ist: Alles, was mit dem Widerstand zu tun hat, Vom Regierungssprachrohr 388 wird von heute an völlig totgeschwiegen.« zum Widerstandsmedium Nach einer entsprechenden Aufforderung Ger­ brandys erteilte den Doolaard seinen Redakti­ >Radio Oranje<, das man spater einmal den onskollegen dann eine Reihe einschrankender »legendaren Sender der niederlandischen Exil­ »lnstruktionen«,389 die unter anderem die An­ regierung« nennen sollte, 399 war vor allem ei­ weisung enthielten, in den Sendungen vom »Wi­ nes: ein »propagandistischer Rundfunk«.400 Also derstand« nicht einmal mehr zu sprechen. Der eine publizistische Waffe, mit der Königin und Regierungssender, so scheint es, hatte sich Kabinett in den Kampf um die besetzte Heimat vollstandig mit den Belangen der lllegalitat iden­ eingreifen, die deutsche Propaganda parieren tifiziert. und den Widerstandsgeist der Bevölkerung wek­ Kurz nachdem Louis de Jong am 4. Mai 1945 ken wollten. Mit welcher Schärfe diese Waffe die Abendsendung >Radio Oranjes< beendet treffen durfte, bestimmte die Redaktion nicht al­ hatte, begegnete er im Londoner Funkhaus ei­ lein. Stattdessen mußte sie sich bei der konkre­ nem jubelnden Kollegen. Von ihm erfuhr er, daß ten Gestaltung ihrer Beitrage solch massive Ein­ der European Service soeben die Nachricht vom griffe gefallen lassen, daß der Sender in den er­ unmittelbar bevorstehende Kriegsendende in sten beiden Jahren seines Bestehens als ein Westeuropa erhalten hatte.390 Zur selben Zeit bloßes Sprachrohr der Exilregierung bezeichnet sah sich Ministerprasident Gerbrandy in seinem werden muß; der überforderte Chefredakteur Londoner Hotel von einer Horde alliierter Journa­ Lebon und Beitrage, die auch aufgrund der un­ listen belagert, die eine Stellungnahme der nie­ günstigen Kriegslage nur wenig Erbauliches derlandischen Exilregierung erwarteten. Er enthielten, taten ein übriges, und so geriet zitierte den Doolaard zu sich, der ihm schon zu­ >Radio Oranje< schon bald in den Mittelpunkt vor öfter als Ghostwriter gedient hatte - und der heftiger Kritik. Erst als der Sender im Herbst den kleinen Mann nun weinend über seiner auf­ 1942 mit dem kampferischen Seemannsradio geschlagenen Bibel antraf.391 Unterdessen er­ >Brandaris< fusionierte und in Henk van den lebte Van den Broek in Eindhoven die Erfüllung Broek einen ebenso ambitionierten wie durch­ seines »allerkühnsten Wunschtraumes«: Nach setzungsfahigen Chefredakteur erhielt, gewann fünf Jahren Kriegsradio war er es, der den Nie­ das Programm an Profil. Dem selbstgesetzten derlandern die für den nachsten Morgen zu er­ Anspruch, Stimme des in den Niederlanden akti­ wartende Kapitulation der deutschen Armeen im 392 ven Widerstandes zu sein, konnte >Radio Oran­ Westen ankündigte. je< allerdings auch in dieser zweiten Phase sei­ Am 8. Mai 1945 begrüßte eine begeisterte nes Bestehens nicht genügen. Grund dafür war Menschenmenge die alliierten Soldaten in Am­ neben dem Mangel an zuverlassigen und schnell sterdam, und die niederlandische »Prinses­ verfügbaren Informationen aus den Niederlan­ lrene-Brigade« marschierte unter dem Jubel der den auch die unzweckmaßige Geheimniskrame­ Bevölkerung in Den Haag ein. 393 Knapp einen rei um die inzwischen funktionierenden nachrich­ Monat spater strahlte >Radio Oranje< seine letzte tendienstliehen Verbindungen ins besetzte Ge­ Sendung aus dem Londoner Exil aus. So war die biet. So konnte sich der Londoner Sender erst im »Radio-Arbeit der Kriegszeit« getan, als am 2. letzten Kriegsjahr zu einem Medium entwickeln, Juni die britische Nationalhymne verklungen das den Widerstand gegen die Besatzer nicht war. 394 Zwar hatten den Doolaard und de Jong nur yerherrlichte, sondern konkret unterstützte. dem Ministerprasidenten vorgeschlagen, >Radio Wie erfolgreich war >Radio OranjeRadio Oranje< andererseits in verschiede­ Verbindungsoffizier auf die von den Besatzern nen kritischen Situationen weit hinter seinen po­ überschwemmte Halbinsel Waleheren und half tentiellen Möglichkeiten zurückblieb, scheint bei deren Trockenlegung. Dann nahm er seine ebenso deutlich. So beklagt der britische Histori- 188 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) ker Norman Stone, daß die Londoner Sender mit derlandischen Staatswesens beim ganzen Volk einer anderen Nachrichtenpolitik vermutlich das populär.« Denn: »Sie versprach den Sieg!«407 Leben der etwa 100 000 niederländischen Juden hatten retten können; denn waren diese Ober das endgültige Ziel ihres Transportes in das Anmerkungen Konzentrationslager Vught im Bilde gewesen, hätten sie die Fahrt in den Tod wohl kaum wider­ Zusammenfassung der Diplomarbeit des Verfas­ sers »Radio der Gegenpropaganda. Niederländi• standslos angetreten.401 Doch selbst, wenn >Ra­ scher Exilrundfunk im Widerstand gegen die deut­ dio Oranje< seine Möglichkeiten der Einflußnah• sche Besatzung 1940- 1945. Entstehung, Auftrag me ausschöpfte - wie dies im Zusammenhang und Programm«, die im März 1992 am Institut für mit den Kampagnen gegen die offene Kollabora­ Kommunikationswissenschaft der Ludwig-Maximi­ tion Zehntausender von Niederlandern mit dem lians-Uniyersität München vorgelegt wurde, erwei­ Besatzungsregime402 oder das willfährige Ver­ tert um neuere Erkenntnisse, die sich insbeson­ ~alten der einheimischen Polizisten und Bürokra• dere aus den 1993 publizierten Memoiren des ten der Fall war -, blieb die erhoffte Wirkung oft niederländischen Zeithistorikers Louis de Jong aus. Vor diesem Hintergrund erscheint es beina­ ergaben. Oe Jong gehörte der Redaktion von >Radio Oranje< im Londoner Exil an. he spekulativ, Oberhaupt von einer nachweisba­ ren Wirkung der Radiosendungen aus dem Lon­ 1 Gerhard Hirschfeld: Fremdherrschaft und Kolla­ doner Exil zu sprechen. boration. Die Niederlande unter deutscher Besat­ Doch sollte man das Londoner Radio tat­ zung 1940-1945. Stuttgart 1984, S. 16. sachlich an der Frage messen, ob es die aktiven 2 Vgl. Lothar Gruchmann: Der Zweite Weltkrieg. Kollaborateure zu bekehren und die schwei­ Kriegführung und Politik. München, 9. Aufl. 1990, gende Masse auf die Seite des Widerstandes zu S. 63, und Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 13, sowie ziehen verstand? Was Bennett für den Dani­ Konrad Kwiet: Reichskommissariat Niederlande. schen Dienst der BBC feststellte, bestätigt auch Versuch und Scheitern nationalsozialistischer Neuordnung. Stuttgart 1968, S. 17. die Geschichte von >Radio Oranje< »No propa­ ganda body could ever create a resistance mo­ 3 Vgl. Gabriele Hoffmann: NS-Propaganda in den vement«.403 Bereits vorhandene Tendenzen Niederlanden. Organisation und Lenkung der zum Widerstand konnten die Londoner Rund­ Publizistik unter deutscher Besatzung 1940-1945. funksender gleichwohl effektiv unterstützen. Dies München-Pullach!Berlin 1972, S. 12. dürften unter anderem der von Zehntausenden 4 Vgl. Hoffmann (wie Anm. 3), S. 12/15, und Louis befolgte Appell zum Untertauchen im April und de Jong: Oe Bezetting. Na vijftig jaar. 's-Graven­ Mai 1943, der erfolgreiche Streikaufruf an die hage, drei Bände 1990, hier: Band 1, S. 34. Adresse der 30.000 niederländischen Eisenbah­ 5 Hitler verschob den Angriff nicht weniger als 29 ner und die in vielen Fallen lebensrettenden mal. Dennoch wußten die Niederländer von dem Warnungen vor den Razzien der Besatzer im unmittelbar bevorstehenden Einmarsch. Der ent­ Hungerwinter 1944/45 belegen. Doch der Sen­ schlossene Hitler-Gegner und Abwehroffizier der spielte nicht nur für die zum aktiven Wider­ Oberst Oster hatte ihren Berliner Militärattache, stand bereiten Kräfte eine wichtige Rolle. Das Major Sas, von den Invasionsplänen informiert. bestätigen die Ereignisse des Sommers 1943, in Zwar hatten die Niederländer daraufhin ihre dem beinahe zwei Fünftel der Besitzer eines Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt, doch sa­ hen sie - mit Ausnahme ihrer Königin Wilhelmina - Rundfunkempfängers trotz der angekündigten den bevorstehenden Auseinandersetzungen ge­ drastischen Strafen nicht auf ihr Gerat verzichten lassen entgegen. Vgl. Gruchmann (wie Anm. 2), wollten.404 Wahrend des Krieges heimlich die S. 47f., sowie Romedio dio Galeazzo Graf von Londoner Sendungen gehört zu haben, sollte Thun-Hohenstein: Der Verschwörer. General schließlich einmal als eine Frage der »nationalen Oster und die Militäropposition. München 1984, Ehre« gelten.405 Grund dafür dürften nicht zu­ hier bes. S. 193, Kwiet (wie Anm. 2), S. 26, und letzt die Rundfunkansprachen Königin Wilhelmi­ die Angaben der Militärhistoriker P. Kamphuis und nas gewesen sein. So mußte nach dem Kriege H. Amersfoort, zit. n. Het Parool vom 30. März 1990, »Duitse inval met mythen omgeven. Histo­ selbst der niederländische Kommunistenführer rici: >Nederland was paraat<«. Paul de Groot eingestehen, mit ihren Reden sei es der Monarehin gelungen, die öffentliche Mei­ 6 Vgl. Gruchmann (wie Anm. 2), S. 64. nung im besetzten Gebiet »am meisten und di­ 7 Die Bombardierung Rotterdams löste Brand­ 4 rektesten« zu beeinflussen. 06 Ihre Auftritte vor stürme aus, die das Zentrum der Stadt vollkom­ >Radio Oranje< machten die früher vollkommen men verwüsteten und etwa 800 Menschen das unnahbare majestätische Lichtgestalt - so den Leben kosteten. Vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band Doolaard - »ungeachtet ihrer törichten Vorstel­ 1, S. 25f. und Paul Hellmann: Oe stenen steppe, lungen Ober die Nachkriegsorganisation des nie- in: NRC Handelsblad, Zaterdagsbijvoegsel, vom 12. Mai 1990. Bott: Radio der Gegenpropaganda 189

8 Im Verlauf der Kämpfe starben etwa 5000 Nieder­ Nederland in oorlogstijd. Amsterdam, vier Bände länder sowie 2000 deutsche Soldaten. Zu den 1948-1955, Band 111 , S. 489-831 und Band IV, S. Opfern des Einmarsches sind auch jene 150 jüdi• 5-244, hier: Band 111, S. 491 ; dort auch eine schen Niederländer zu zählen, die aus Furcht vor umfassende Darstellung der Aktivitäten des einer bevorstehenden Deportation im Mai 1940 niederländischen Widerstandes. Selbstmord begingen. Vgl. Hoffmann (wie Anm. 26 Vgl. hierzu und im folgenden J. Buitkamp: Ge­ 3), S. 18, und Gruchmann (wie Anm. 2), S. 64. schiedenis van het verzet 1940-1945. Houten 9 Franz Petri/lvo Schöffer/Jan Juliaan Woltjer: Ge­ 1990, hier bes. S. 90-103, und de Jong (wie Anm. schichte der Niederlande. Holland, Belgien, Lu­ 4), Band 2, S. 251ft., sowie H. van Riessen: Het xemburg (Reihe »Handbuch der europäischen oderduiken. ln: Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Band Geschichte«, hrsg. von Theodor Schieder). Mün• 111, S. 689-721 . chen 1991, S. 217. 27 Vgl. Rübsaam/Lange-Wibaut: Vervalsingen. ln: 10 Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 14. Vgl. dazu auch Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Band 111, S. 740-769. Hoffmann (wie Anm. 3), S. 17, und de Jong (wie 28 Vgl. K. L. de Vries: De communicatiemiddelen van Anm. 4}, Band 1, S. 3. de illegaliteit. ln: Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Band 11 Zu Seyss-lnquarts Biographie vgl. Hirschfeld (wie 111 , S. 795-800. Anm. 1), S. 210, und Kwiet (wie Anm. 2) , S. 46- 29 Vgl. ebd., S. 800-808, und G. Hogesteeger/R. A. 48, sowie de Jong (wie Anm. 4), Band 1, S. 34f. Korving: Bellen voor de vrijheid. Illegale telefoon­ 12 Vgl. Kwiet (wie Anm. 2 ), S. 48. verbindingen in de Tweede Wereldoorlog (Hrsg. von der Stichting Het Nederlands PTT-museum). 13 Bene in einem »Lagebericht« an das Auswärtige 's-Gravenhage 1990. Amt am 16. Januar 1941 , zit. n. Kwiet (wie Anm. 2) , S. 96. 30 Vgl. Buitkamp (wie Anm. 26), S. 113-129, und de Jong (wie Anm. 4), Band 2, S. 263-290, sowie 14 Zu Mussert vgl. Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 273, Vries (wie Anm. 28), Band 111, S. 791-817. und Kwiet (wie Anm. 2), S. 72f. 31 Vgl. hierzu Jean H. Weidner: De weg naar de 15 Vgl. Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 29f. vrijheid. ln: Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Band 111, S. 16 Viele Niederländer steckten sich dazu eine Nelke 730-739. ans Revers. So wurde die Protestaktion als 32 Vgl. Steven Adolf: »Bankier van het verzet«. ln: »anjerdag« (Nelkentag) bekannt. Anlaß war der NRC Handelsblad vom 2. Mai 1990, und Gijs van Geburtstag des Schwiegersohns der Königin, des Hall: De financiering van het verzet. ln: Bolhuis deutschstämmigen Prinzen Bemhard von Lippe­ u.a. (wie Anm. 25), Band 111, S. 770-789, sowie de Biesterfeld. Die deutschen Behörden reagierten Jong (wie Anm. 4), Band 2, S. 258-260. auf die Sympathiekundgebungen unverhältnis• mäßig hart. Vgl. Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 214, 33 Vgl. Buitkamp (wie Anm. 26), S. 102-105 und S. und de Jong (wie Anm. 4), Band 1, S. 46. 142-147, und de Jong (wie Anm. 4), Band 2, S. 250-255, sowie Meulenbelt: Het gewapende ver­ 17 Vgl. Hirschfeld (wie Anm. 1}, S. 51/177, und de zet. ln: Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Band IV, S. 70- Jong (wie Anm. 4), Band 1, S. 43ft. 99. 18 Hirschfeld (wie Anm. 1), 198. 34 Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 238. Eine ausführliche 19 Vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band 1, S. 84-89 und Übersicht bieten Hans van den Heuvei!Gerard S. 93-104. Mulder: Het Vrije Woord. De illegale pers in Nederland, 1940-1945. o. 0. (NL) 1990, und Lyn­ 20 Petri u.a. (wie Anm. 10), S. 218. dia Winke: De ondergrondse pers 1940-1945. 21 Zur Geschichte des April-Mai-Streiks vgl. de Jong Veen 1989. (wie Anm. 4), Band 2, S. 227-236, und Hirschfeld 35 Für die folgende Darstellung vgl. A. den Doolaard. (wie Anm. 1), S. 115; dort auch das folgende Zitat. in seiner Einleitung zu: Wilhelmina in Londen 22 Vgl. hierzu und für die folgende Darstellung de 1940-1945: documenten en dagboeken van een Jong (wie Anm. 4), Band 2, S. 230-235. regering in ballingschap (Zusammengestellt von Gijs van der Harn). Haarlern 1981, S. 7f., und de 23 Vgl. Hirschfeld (wieAnm. 1), S. 111-115. flng (wie Anm. 4), Band 1, S. 22f. , sowie ders.: 24 Vgl. Hirschfeld: Niederlande. ln: Wolfgang Benz Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede We­ (Hrsg.): Dimension des Völkermords. Die Zahl der reldoorlog. 14 Teile, 's-Gravenhage 1969-1990, jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Mün• hier: Teil9, Londen, S. 1f. chen 1991, S. 137-165. 36 Doolaard (wie Anm. 35), S. 7. 25 Zum Begriff der Illegalität als einer Sammalbe­ 37 Diese Ansprache ist abgedruckt in: Wilhelmina, zeichnung für den im Untergrund betriebenen ak­ De Koningin sprak. Proclamaties en radiotoespra­ tiven Widerstand gegen die Besatzer und vgl. ken van H. M. Koningin Wilhelmina, 1940-1945. H.M. van Randwijk, in seiner Einleitung zu: Ders. Franeker, 2. erw. Aufl. o. J. (1985), S. 18ft; dort (Red.): De illegaliteit. ln : Bolhuis/Brandt/Rand­ auch die folgenden Zitate, S. 18. wijk/Siotemaker (Red.): Onderdrukking en verzet. 190 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

38 Wilhelmina am 28. Juli 1940 über >Radio Oranje<, 56 Gerbrandy in einem Memorandum für den Mini­ in: Wilhelmina (wie Anm. 37), S. 25. sterrat im Juli 1940, in: Rijksinstituut voor Oor­ logsdocumentatie (RvO). Collectie 235 c, Londen­ 39 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 9-11, S. 51-55 und se instellingen. Nederlanders in Londen: >Radio S. 74-78. Oranje<. (zitiert als: RvO, Coll. 235 c) Map 2 a; 40 Vgl. Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 10f., und van den dort auch die folgenden Zitate. Hervorhebung im Broek: Londen. ln: Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Original. Band IV, S. 393f. 57 Gerbrandy in einem Redekonzept anläßlich eines 41 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 52, und van den Treffens niederländischer Widerstandskämpfer Broek, (wie Anm. 40), Band IV, S. 393f. am 23. November 1946 in den Haag (»Ontwerp­ 4 toespraak Regeering en illegaliteit«), verfaßt von 2 Vgl. ebd., S. 7. Im Jahre 1943 beschäftigte die Louis de Jong. ln: RvO, Coll. 249, Doc. 11-664. Exilregierung dort, im schräg gegenüberliegenden Ayrlington Hause und in anderen Teilen der Stadt 58 Der RVD arbeitete zunächst unter der Bezeich­ fest oder zeitweise nicht weniger als 1000 Perso­ nung »Regeerings-Persdienst« (Regierungspres­ nen; vgl. de Jong (Anm. 35), S. 469. sedienst). Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 9f. 43 Doolaard (wie Anm. 35), S. 40. Vgl. dazu auch de 59 Zu Pelts Biographie vgl. Jeff P. van den Bogaert: Jong (wie Anm. 35), 66-72 und S. 78f. »De journalist als diplomaat. Bij de dood van Adriaan Pelt«. ln: NRC Handelsblad vom 23. April 44 Vgl. ebd., S. 74-79, und Doolaard (wie Anm . 35), 1981. S. 22/40. 60 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 4/9. 45 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 82-92, sowie Doolaard (wie Anm. 35), S. 40-45. - Oe Geer 61 Dies berichteten Louis de Jong und A. den Doo­ kehrte im Februar 1941 gegen den Willen der laard dem Verfasser in Gesprächen am 17. bzw. Exilregierung und zur Freude der Besatzer über 18. Januar 1992. Vgl. Henk J. van den Broek: Hier Lissabon in die Niederlande zurück. Dort setzte er Radio-Oranje. Vifj jaar radio in oorlogstijd (Mit ei­ sich öffentlich für einen Verhandlungsfrieden mit nem Vorwort von Jan Moedwil). Amsterdam 1947, dem Deutschen Reich ein; vgl. de Jong (wie Anm. S. 199. 35), S. 94-100, und Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 62 Gerbrandys Familie hielt sich während der ge­ 195. samten Besatzungszeit in den Niederlanden auf. 46 Vgl. A. den Doolaard: Het leven van een land­ Gerbrandy selbst residierte unterdessen bis loper. Amsterdam, 4. Aufl. 1979, S. 219/221. Kriegsende in »Brown's Hotel«, wo er zwei Zim­ mer im ersten Stock bewohnte. Vgl. Doolard (wie 47 Eine Biographie Gerbrandys findet sich in: W. F. Anm. 46), S. 221/272. de Gaay Fortmann: Gerbrandy. ln: Biografisch Woordenboek van Nederland. Band 1, 's-Graven­ 63 Pelt in einer Aufzeichnung (»Aanteekening«) für hage 1979, S. 195-198. Gerbrandy zu Organisation und Arbeitsweise des RVD am 19. Februar 1943, in: Algemeen Rijksar­ 48 Doolaard (wie Anm. 35), S. 47. chief (ARA) Den Haag, Tweede afdeling, Archief 49 Vgl. Doolaard (wie Anm. 46), S. 219-224, und van het Ministerie voor Algemene Oorlogvoering Gaay Fortmann (wie Anm . 47), Band 1, S. 197, van het Koninkrijk (zitiert: ARA II, AOK), Doos 28, sowie van den Broek (wie Anm . 40), Band IV, S. Map 1943; dort auch die folgenden Zitate. 395. 64 Vgl. ebenda, S. 469f. Für die folgende Darstellung 50 Doolaard (wie Anm. 35), S. 48. vgl. die Aufzeichnung Pelts für Gerbrandy am 19. Februar 1943, in (wie Anm. 63). 51 Vgl. van den Broek (wie Anm. 40), Band IV, S. 5 395. 6 Sluijser hatte sich in den Niederlanden als Chef­ redakteur und Agitator der sozialistischen Wo­ 52 Beinahe die gesamte niederländische Handels­ chenzeitung >Vrijheid, Arbeid, Brood< einen Na­ flotte hatte sich deutschem Zugriff entziehen kön• men gemacht und schon früh vor den Nazis ge­ nen. So verfügten die Niederländer incl. be­ warnt. Mit scharfer Feder ging er nun von London schlagnahmter deutscher und neuerworbener aus gegen sie vor. Zu seiner Biographie vgl. Mar­ Boote schließlich über etwa 840 Schiffe. Vgl. de tin van Amerongen: »Een gezagsgetrouwe agita­ Jong (wie Anm. 35), und L. L. von Münchning: Oe tor trgen bruin en rood. Bij de dood van Meijer koopvaardij. ln: Bolhuis u.a. (wie Anm. 25), Band Sluyser«. ln: Vrij Nederland vom 24. Februar IV, S. 429-446. 1973, und Heinz Joosten: Meijer Sluijser. unveröf• 53 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 30-36. fentlichtes Manuskript für das Woordenboek van Nederland (Hilversum 1988). 54 Vgl. ebd., S. 137. 66 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 62. 55 Vgl. ebd., S. 397f. Die wesentlichen Ziele seiner Politik schildert Gerbrandy selbst in: Ders., Eenige 67 Das geht aus den Schreiben von Professor M. hoofdpunten van het regeringsbeleid in Landen Bokhorst/RVD an Jan Willern Lebon/Radio Oranje gedurende de oorlogsjaren 1940-1945. 's-Gra­ am 30. April 1942 bzw. an Pelt im Juli 1942 her­ venhage 1946. vor. ln: Archiv des Niederländischen Außenmini• steriums (Ministerie van Buitenlandse Zaken), Bott: Radio der Gegenpropaganda 191

Londens Archief, Afdeling RVO (zitiert: BZ, Lon­ chief 1940-45 (zitiert: Justitie/Londen), Ooos 228: den/RVO), R V: Radio-coordinatie 5, Radio Oran­ R. (Radio) 2.- Das Dokument wurde in englischer je. Sprache formuliert und enthält weder Datum noch Angaben zu Verfasser oder Adressat. Es handelt 68 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 471 . sich jedoch zweifelsfrei um die Zusammenfassung 69 Pelt in einer Aufzeichnung für Gerbrandy am 19. einer gleichfalls überlieferten Gesprächsnotiz der Februar 1943, in: Pelt (wie Anm . 63) . mit dem Thema befaßten niederländischen Regie­ rungssterren (»Samenvatting der besprekingen 70 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 437f. inz. de opbouw van een Nederlandsche radio-uit­ 71 Vgl. Aufzeichnung Pelts für Gerbrandy vom 19. zending«), ebenda. Briggs, der aus dem in den Februar 1943, in: ARA II,AOK, Ooos 28, Map BBC-Archiven befindlichen Original des »Sche­ 1943. Oe Jong gibt abweichend an, Niß-Filialen me« zitiert, nennt als Datum den 19. Juni 1940 hätten sich in San Francisco, Washington und sowie als Verfasser Pelt und Gerbrandy; vgl. ders. Holland (Michigan) befunden. (wie Anm. 84), S. 266f. 72 Vg l. Aufzeichnung Pelts für Gerbrandy vom 19. 86 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 80. Vgl. ebd . für Februar 1943, in: ARA II, AOK, Ooos 28, Map die folgende Darstellung. 1943. 87 Vgl. dazu und zum folgenden Briggs (wie Anm . 73 Anep steht für »Aigemeen Nederlands Persbu­ 84), S. 266f. reau« (Allgemeines Niederländisches Pressebü• 88 Vgl. auch Memorandum Pelts an Gerbrandy vom ro). Diese Nachrichtenagentur niederländischer 26. Juni 1940 (wie Anm. 85), R. 1. Zeitungsverleger wollte sich mit der in London verwendeten Bezeichnung bewußt von der in den 89 Ebd., R. 2. Niederlanden inzwischen gleichgeschalteten, an­ 90 Briggs (wie Anm . 84), S. 267. - Der Autor vermu­ sonsten aber gleichnamigen Einrichtung »ANP« tet, das Ministry of Information (Mol) habe sich abgrenzen. aus propagandataktischen Erwägungen entschie­ 74 »Aneta« war die niederländisch-indische Nach­ den, der niederländischen Bitte zu entsprechen; richtenagentur »Aigemeen Nederlandsch-lndisch die propagandistische Wirkung der von London Telegrafie Agentschap«. ausgestrahlten Fremdsprachensendungen sei - so die dort vertretene Auffassung - doch umso stär­ 75 Vgl. Aufzeichnung Pelts für Gerbrandy vom 19. ker, je weniger die britische Regierung selbst Februar 1943, in: Algemeen Rijksarchief (wie damit in Verbindung gebracht werde. Anm. 63). 91 Vgl. das Schreiben Petersons (Mol) an Gerbrandy 76 Vgl. ebd. vom 6. August 1940 (wie Anm. 85), R. 1. 77 Pelt in einer Aufzeichnung für Gerbrandy am 19. 92 lvonne Kirkpatrick (Mol) in einem Schreiben an Februar 1943 (wie Anm . 63); dort auch die fol­ Pelt am 15. Juli 1940 (Abschrift), in dem der Ver­ genden Zitate. fasser die am selben Tage erzielten Vereinbarun­ 78 Wilhelmina, mit dieser Bezeichnung zit. n. de Jong gen beider Seiten festhält Oie Übereinkunft liegt (wie Anm. 35), S. 471. dem Schreiben Petersons bei, der Gerbrandy am 6. August 1940 auffordert, für die Einhaltung der 79 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 472. Abmachungen zu sorgen (wie Anm. 85), R. 1. 80 Oe Jong (wie Anm. 35), S. 472. 93 Vgl. Briggs (wie Anm. 84), S. 265-273, S. 460f. 81 So fällten 73 Prozent der 1500 von der britischen und S. 466-473. Gruppe »Mass Observation« Befragten nun ein 94 »Oranje« bezeichnet im Niederländischen die »günstiges« Urteil über den niederländischen Alli­ Farbe Orange und steht zugleich für das Haus ierten; im Jahr zuvor waren es nach Angaben der Oranien-Nassau, dem wie alle Monarchen des Briten erst 47 Prozent gewesen. Gerbrandy ließ Landes auch Königin Wilhelmina entstammte. - das ihm von Pelt übermittelte Ergebnis im Juni Vgl. für das Zitat BBC Londen, Hier is Londen, S. 1943 unter seinen Kabinettskollegen zirkulieren. 48, wobei die Autoren den Sendebeginn irrtümlich Vgl. Notiz (»Aanteekening«) Pelts für Gerbrandy einen Monat zu früh ansetzen. Bezüglich des tat­ vom 29. April 1943 (wie Anm. 63), samt beilie­ sächlichen Sendestartes stimmen überein Briggs gender Unterschriftenliste der Kabinettsmitglieder. (y.'ie Anm. 84), S. 268, und de Jong (wie Anm . 82 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 79f. 35), S. 79/81, sowie van den Broek (wie Anm. 61), S.47. 83 So erinnerte sich A. den Ooolaard im Gespräch mit dem Verfasser am 18. Januar 1992. 95 >Oe Flitspuit< (sinngemäß übersetzt »Der Flie­ gentod«) war Bestandteil der von Setton Delmer 84 Vgl. Asa Briggs: The history of broadcasting in the gelenkten Kette schwarzer Sender. Von Bletchley United Kingdom. Teil 111 : The war of words. Lon­ bei London strahlte er etwa ein Jahr lang unter don 1970, S. 266. strengster Geheimhaltung ein scharf gegen die Deutschen und die NSBer polemisierendes Pro­ 85 Vgl. für die folgende Darstellung »A Scheme for a gramm aus. Dabei erweckte der Sender den Ein­ Dutch Broadcast« (Durchschlag), in: ARA II, Ar­ druck, sein Standort befinde sich in den besetzten chief van het Ministerie van Justitie/Londens Ar- 192 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Niederlanden selbst; vgl. de Jong (wie Anm . 35), Chefredakteur, Marcus van Blankenstein; vgl. S. 417. Sogar der SO mußte feststellen, daß er das Einladungsschreiben Lebons an die Mitglie­ »in erheblichem Masse zur Verhetzung der Bevöl• der der Radiokommision zur Sitzung am 17. De­ kerung beiträgt. Seine Nachrichten bilden das zember 1940 (wie Anm. 85), R. 3. tägliche Gesprächsthema der Bevölkerung.« ln: 110 »Radiocommissie«. Zit. n. Pelt in seiner Denk­ Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SO schrift (»Nota«) für Gerbrandy bzgl. der »Sendun­ für die besetzten niederländischen Gebiete (BdS), gen von Radio Oranje« im Dezember 1941/ Meldungen aus den Niederlanden Nr. 57 vom 19. Januar 1942 (wie Anm. 85), R 2. August 1941, in: RvO, Archiv 78, Höherer SS- und Polizeiführer und Generalkommissar für das Si­ 111 Nicht alle in London tätigen Exil-Journalisten cherheitswesen (zitiert: RvO , Archiv 78, HSSPF), hielten die vielen Besprechungen für nützlich. So Doos 33b. - >Oe Flitspuit< mußte seine Arbeit berichtet etwa Meijer Sluijser despektierlich, in schließlich aus Mangel an aktuellen Informationen seiner Londoner Zeit habe er beim RVD wohl an aus den Niederlanden einstellen; vgl. de Jong Hunderten solcher Laberveranstaltungen (»bab­ (wie Anm. 35), S. 417. bel-festijnen«) teilnehmen müssen, in: ders., .. .daar zaten wij. lmpressies over »Londen '40- 96 Vgl. dazu H. P. H. Jansen: Prisma Kalendarium. '45« . Amsterdam o. J. (1965). Und den Doolaard Geschiedenis van de Lage Landen in jaartallen. ersetzte aus demselben Grund die zunächst Utrecht, 7. Aufl. 1988, S. 76ft., und Petri u.a. (wie täglichen Redaktionskonferenzen >Radio Oran­ Anm . 9) , S. 14ft. jes< 1944 als neuer Chefredakteur durch wö• 97 Vgl. dazu die Angaben Meijer Sluijsers, zit. n. de chentliche; so seine Auskunft im Gespräch mit Jong (wie Anm. 35), S. 80. dem Verfasser am 18. Januar 1992. 98 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 55. 112 Vgl. die »Zusammenfassung der Besprechungen bezüglich des Aufbaus einer niederländischen 99 Zur Biographie Lebons vgl. Heinz Joosten: Jan Radiosendung« (»Samenvatting der besprekin­ Willern Lebon. Noch unveröffentlichtes Manuskript gen inz. de opbouw van een Nederlandsche ra­ für das Biografisch Woordenboek van Nederland dio-uitzending«) vom Juni 1940, in (wie Anm. 85), (Hilversum 1985). R. 2; dort auch die folgenden Zitate. 100 VARA = >Vereniging van Arbeiders Radio Ama­ 113 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 344. - Die Sen­ teurs< dung war zuvor von der liberalen Rundfunkgesell­ 101 Oe Jongs Biographie findet sich in RvO, Curricu­ schaft AVRO (»Aigemeene Vereeniging Radio lum vitae Louis de Jong, unveröffentlichtes Manu­ Omroep«) ausgestrahlt worden, die wie die sozi­ skript (Amsterdam o.J.). Außerdem hat de Jong aldemokratische VARA zu den fünf »Gründungs• eine Autobiographie unter dem Titel »Herinnerin­ gesellschaften« des weltanschaulich geprägten gen I« (Amsterdam 1993) vorgelegt. Rundfunksystems der Niederlande zählte; Norbert LepszyNVichard Woyke: Belgien. Nieder­ 102 Vgl. de Jong (wie Anm. 101), S. 88ft. lande. Luxemburg. Politik-Gesellschaft-Wirt­ 103 Vgl. hierzu und zum folgenden de Jongs eigene schaft. Opladen 1985, S. 154. Darstellung in ders. (wie Anm. 35), S. 80, und in 114 Vgl.de Jong (wie Anm. 35), S. 419. Van Blan­ ders. (wie Anm. 101), S. 94ft. kenstein selbst - so erinnerte sich de Jong im Ge­ 104 Vgl. de Jong (wie Anm. 101), S. 95. spräch mit dem Verfasser am 17. Januar 1992 - habe sie unmöglich vortragen können, da die Hö• 105 Vgl. den Doolaards Rezension zu de Jongs Ko­ rer sonst wohl nach spätestens fünf Minuten das ninkrijk, Teil 9: Londen, in: NRC Handels­ Radio abgeschaltet hätten. - Zu >Vrij Nederland< blad/Zaterdagsbijvoegsel vom 20. Oktober 1979; vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 84f. Eine Biogra­ vgl. ebenda für die folgende Charakterisierung. phie van Blankensteins findet sich in J. L. Hel­ 106 Vgl. ebd. dring: Marcus van Blankenstein. ln: Biografisch Woordenboek van Nederland. Band 1, S. 52f. 107 Vgl. van den Broek (wie Anm . 61) S. 49; vgl. 115 Oe Jong (wie Anm. 101), S. 113. ebenda für die folgende Feststellung. 108 Vgl. die entsprechenden Angaben de Jongs, zit. 116 NIROM =>Nederlandsch-lndische Radio Omroep n. Enquetecommissie Regeringsbeleid 1940- Maatschappij<. Zur Arbeit dieser kolonialen 1945. Verslag houdende de uitkomsten van het Rundfunkgesellschaft vgl. van den Broek (wie onderzoek. Band 7 alb: Leiding en voorlichting Ann\. 61), S. 20f. aan ambtenaren en burgers in de bezette gebie­ 117 Die letzte Sendung van Bovenes wurde am 19. den/Het contact met en de politiek ten aanzien Oktober 1941 ausgestrahlt; vgl. hierzu das Ver­ van de verzetsbeweging in Nederland. Teil VIII : zeichnis der Sendungen >Radio Oranjes< >Radio Oranje<. hier: S. 394. (»lnventaris Radio Oranje«), in: RvO, Coll. 241 . 109 Ende 1940 gehörten dazu ferner Lebon, de Jong, 118 Verfasser war der im Kriegsministerium als der Gerbrandy-Sekretär Piet Kasteel, Pelts Mitar­ Adjudant des Ministers tätige Hauptmann Hendrik beiter Dirk de Man sowie vermutlich der Initiator J. Kruls. Nur vier Jahre später war er als General­ der niederländischsprachigen Exil-Wochenzei­ leutnant zum Chef der Militärbehörden im befrei­ tung >Vrij Nederland<, Willern Boas, und ihr ten niederländischen Süden aufgestiegen. Vgl. Bott: Rf!dio der Gegenpropaganda 193

de Jong (wie Anm. 35), S. 1377-1388. - Kom­ 129 BdS, Meldungen aus den Niederlanden Nr. 59 mentare zum Seekrieg lieferte Leutnant zur See vom 2. September 1941, in: RvO, Archiv 78, HS­ Post Uiterweer. Vgl. hierzu und zum folgenden SPF, Doos 33b; dort auch das folgende Zitat. das Verzeichnis der Sendungen von >Radio 130 Vgl. de Jong (wie Anm . 35), S. 420. Oranje<, in: RvO, Coll. 241 . 131 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 48. 119 Zusammenfassung der Besprechungen bzgl. einer niederländischen Radiosendung vom Juni 132 So A. den Doolaard im Gespräch mit dem Ver­ 1940 (wie Anm . 85), R. 2. fasser am 18. Januar 1992. 120 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 420; für das fol­ 133 Vgl. die Aufzeichnung (»Nota«) Pelts für Ger­ gende vgl. ebenda. - »Watergeuzen« (»Wasser­ brandy über die »Sendungen von Radio Oranje« geusen«) wurden die 1568 vom Statthalter des vom Dezember 1941 oder Januar 1942 spanischen Königs - Herzog von Alba - zunächst (Matrizenabzug) (wie Anm. 85), R 2; dort auch besiegten Soldaten des aufständischen Wilhelm das folgende Zitat. - Vgl. dazu auch Briggs (wie von Oranien genannt. Vor den Truppen Albas Anm. 84), S. 268. waren sie aufs Meer geflohen, von wo sie die Kü• sten der spanisch besetzten Niederlande unsi­ 134 H. J. Stokvis in einem Schreiben an den RVD am cher machten und darum als Freiheitskämpfer 21 . April 1942 (Information Nr. 54 für die RPAC), galten; vgl. Petri u.a. (wie Anm. 9), S. 17-21 . in: ARA II, AOK, Doos 34. 135 121 Vgl. ihre Angaben in der dreiteiligen Radiosen­ Vgl. ebd. dung »Hoe de radio de ocrlog overleefde«, aus­ 136 Leben in einem Memorandum zu den Aufgaben gestrahlt im Dezember 1987 von der niederländi• >Radio Oranjes< am 12. November 1940, in: schen Rundfunkgesellschaft VPRO in ihrer Reihe RvO, Coll. 223, Map 1a. »Het spoor terug«; hier: Teil 1 vom 6. Dezember 1987: >Radio Oranje<. 137 Sluijser in einem Memorandum für die Mitglieder der Radiokommission am 4. November 1940 122 BdS, Meldungen aus den Niederlanden Nr. 52 (Matrizenabzug), in: ARA II, AOK, Doos 33, Map vom 16. Juli 1941, in: RvO, Archiv 78, HSSPF 1942. Deos 32b; dort auch die folgenden Zitate. 138 Eiston in einem Brief an A. E. Barker am 4. Sep­ 123 »Hessie is verdwenen« (»Hesschen ist ver­ tember, zit. n. Briggs (wie Anm. 84), S. 268. - EI­ schwunden«), dokumentiert auf Schallplatte bzw. sten wurde allerdings, wie Briggs berichtet, auf­ Cassette von der Stichling Nederlands Omroep­ grund der von ihm verantworteten Programme museum in ihrer Edition »Stemmen des Tijds«, 5 selbst scharf kritisiert. Teile, Hilversum 1990; hier: Teil4 (1941). 139 Van Bylandt in einer Aufzeichnung »zu Radio 4 12 H. J. Stokvis in einem Schreiben an den RVD am Oranje« (»Opteekening«) für Gerbrandy und die 21. April 1942 (Matrizenabzug als Information Nr. Radiokommission im November 1940, in: RvO, 54 für die Mitglieder der Radio Propaganda Ad­ Coll. 223, Map 1a. vies Commissie/RPAC), in: ARA II, AOK, Doos 34: Enquete Engelandvaarders. 140 Vgl. de Jongs Äußerung bei einer Lesung in Middelburg: »het roode potlood (was) in druk ge­ 125 Vgl. seine entsprechende Aufstellung für Mini­ bruik«, zit. n. ders: »Ervaringen met >Radio sterrat und »Radiocommissie« vom 23. Juni 1941 Oranje<. Lezing van drs. L. de Jong te Middel­ (wie Anm. 124). burg«. ln: Oe Stern vom 25. Januar 1947.

126 Dazu zählten neben den großen Networks Co­ 141 Vgl. de Jong: »De stem uit de vrijheid«. ln: Ons lumbia (CBS) und NBC auch WRUL Boston - ei­ Vrije Nederland vom 1. Dezember 1945. ne Station, die die vom New Yorker Netherlands Information Bureau verantworteten Sendungen 142 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 81, und ders.: des >Vrije Nederlandsche Omroep in Amerika< Gerbrandy voor >Radio Oranje<, 1940-1945. ln: (VNO) ausstrahlte - sowie KGEI San Francisco, Pieter Sjoerds Gerbrandy: Landgenoten! Oe ra­ das sich an die Bevölkerung Surinams und der diotoespraken van Minister-president Prof. Mr. P. Niederländischen Antillen wandte. Vgl. bzgl. S. Gerbrandy in de jaren 1940-1945 gehouden CBS/NBC das Schreiben Slotemaker de Brui­ voor >Radio Oranje< en Oe Brandaris. Franeker nes/NIB New York an Prof. Bokhorst vom 21. Juli 1985, S. 9-12, hier: S. 9. 1942, in: BZ, Londen/RVD, R V, Map Nethinform, 143 ~it. n. van den Broek (wie Anm. 61), S. 64. und für WRUL Boston/KGEI San Francisco die Hörerkorrespondenz des VNO von 1941-44, in: 144 Dabei spielte natürlich auch ihre Furcht vor deut­ RvO, Coll. 243e, Vrije Nederlandsche Omroep in schen Repressalien gegen ihre in den Niederlan­ Amerika (zitiert: RvO, Coll. 243e). den zurückgelassenen Familienmitglieder eine Rolle; vgl. H. van Zon: Enige aspecten van de 127 Zit. n. de Jong (wie Anm. 101), S. 111 . houding van Radio Oranjeten opzichte van bezet 128 Bericht über die Dienstbesprechungen bei Gene­ Nederland. Maschinengeschriebenes Manuskript, ralkommissar Schmidt Nr. 41/30 vom 28. August Amsterdam 1964 (Bibliothek RvO), S. 3. 1941 , in: RvO, Archiv 78, HSSPF, Doos 54a. 145 Vgl. de Jong (wie Anm . 141), S. 10. 194 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

146 Vgl. ders. (wie Anm. 35), S. 419. - Vgl. auch die Oranje< erst um 16.45 Uhr zugehen lasse? ln: Beschwerde Petersons (Mol) bei Gerbrandy vom ARA II, AOK, Doos 228, R 1. 6. August 1940, nachdem sich >Radio Oranje< 161 Vgl. Pelts Schreiben an Kasteel vom 2. Januar nicht an die vereinbarte Regelung gehalten hatte 1942. Pelt bestätigt hier den Erhalt eines ihm von (wie Anm. 85), R 1. Kasteel übersandten Kabinettsbeschlusses vom 147 Die Zensoren achteten insbesondere darauf, daß 23. Dezember 1941. Darin wird die Entschei­ der Beitrag keine militärisch wertvollen Informa­ dung, ob eine ministerielle Vorzensur nötig sei tionen wie detaillierte Ortsangaben o. ä. enthielt. oder nicht, künftig Pelt überlassen. ln: ARA II, Nach Auskunft de Jongs passierten die Texte AOK, Doos 228, R 1. diese Kontrolle jedoch meist anstandslos. Vgl. de 162 Sluijser in seinem Memorandum für Kerstens Jong (wie Anm. 141). (vermutlich März 1942), in: BZ, Londen/RVD, R 148 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 48, und die VI. - Hemmend wirkte sich hier nur noch einmal Aufzeichnung Pelts für Gerbrandy vom Dezember die kurzzeitige Anstellung des neuen RVD-Haupt­ 1941/Januar 1942 über die Sendungen >Radio abteilungsleiters Professor Bokhorst aus, der im Oranjes< (wie Anm. 85), R. 2. Frühjahr 1942 aus Südafrika angereist war. Er mahnte die Redakteure in einem Augenblick zur 149 Zit. n. Sluijser, ... daar zaten wij, S. 18. Mäßigung, als selbst Teile des Kabinetts »mehr 150 Zit. n. Sluijser in seinem Memorandum für die heiliges Feuer« verlangten; so Sluijser in einem Radiokommission am 4. November 1940, in: ARA Memorandum für Kerstens (vermutlich März II, AOK, Doos 33, Map 1942. 1942), in: BZ, Londen/RVD, R VI 1. 151 Sluijser in seinem Memorandum für Wirtschafts­ 163 Sluijser in einem Memorandum für die Radio­ minister KerstensNorsitzender er RPAC kommission am 4. November 1940, in: ARA II , (vermutlich März 1942), in: BZ, Londen/RVD, R AOK, Doos 33, Map 1942. Vl1 . 164 Vgl. hierzu und zum folgenden de Jong, zit. n. 152 Oe Jong, zit. n. Enquetecommissie, Band 7a/b, Enquetecommissie, Band 7 alb, Teil VIII, S. 394. Teil VIII, S. 392; dort auch das folgende Zitat. 165 Vgl. de Jong (wie Anm . 35), S. 883. 153 Die Niederländer haben es vermutlich im 16. 166 »Zentraler lnformationsdienst«: Unterstand zu­ Jahrhundert von deutschen Soldaten übernom• nächst Gerbrandy, ab Mitte 1941 dem Innen- und men, die mit dem Wort »Moffen« wortkarge, ab Anfang 1942 dem Kriegsminister. Vgl. dazu de übellaunige und ungehobelte Figuren bezeichne­ Jong (wie Anm. 35), S. 833/842 und S. 883-891. ten. Daneben ist der »Mof« ein Muff oder Hand­ wärmer. Vgl. Frank's Etymologisches Woorden­ 167 Gegründet im Mai 1940 auf Anweisung Chur­ boek der Nederlandsche taal, 's-Gravenhage chills; unterstand dem neu errichteten »Ministry 1912/1949, s. 437. of Economic Warfare« unter Hugh Dalton. Seine 1 bald 13.000 Mitarbeiter planten und verübten Sa­ 54 Oe Jong, zit. n. Oe Stem, »Ervaringen ... «, vom botageakte, bauten Untergrundarmeen auf und 25. Januar 1947. betrieben schwarze Propaganda, bis dies die bri­ 155 Sluijser in seinem Memorandum für die Radio­ tische Propagandazentrale »Political Warfare kommission am 4. November 1940, in: ARA II , Executive« (PWE) übernahm. - Zur Arbeit der AOK, Doos 33, Map 1942. niederländischen bzw. britischen Geheimdienste vgl. de Jong (wie Ann. 35), S. 827-1085, sowie 156 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 50f., und de kritisch dazu Doolaard (wie Anm. 46), S. 224- Jong (wie Anm. 35), S. 420. 266. 1 57 Vgl. ihre entsprechenden Anregungen im Memo­ 168 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 884, sowie Doo­ randum Sluijsers für die Radiokommission vom 4. laard (wie Anm. 35), S. 11 . November 1940, in: ARA II, AOK, Doos 33, Map 1942, und in der Aufzeichnung Pelts für Ger­ 169 Vgl. ebd. und de Jong, zit. n. Enquetecommissie, brandy vom Dezember 1941/Januar 1942 über Band 7 alb, Teil VIII, S. 394. die Sendungen >Radio Oranjes<, in: ARA II, 170 Dies scheint im ganzen etwa 1700 Menschen ge­ AOK, Doos 228, R. 2. lungen zu sein. Die sogenannten »Engelandvaar­ 158 Vgl. das Schreiben Lebons an Gerbrandy vom ders« wurden nach ihrer Ankunft aus Sicherheits­ 14. Februar 1941, in: ARA II, AOK, Doos 228, grürlden erst einmal interniert und mußten sich R 1. - Gerbrandys Radiounterlagen enthalten intensiven Befragen unterziehen. Vgl. de Jong eine eigene Mappe mit verschiedenen vollständig (wie Anm. 35), S. 127-134, und Doolaard (wie abgelehnten Radiobeiträgen aus den Jahren Anm . 35), S. 111-115. 1940/41 (»Afgekeurde speeches«), ebd., R 4. 171 Oe Jong, zit. n. Enquetecommissie, Band 7 alb, 159 Vgl. Zon, Enige aspecten, S. 3. Teil VIII, S. 394. 160 Vgl. eine entsprechende Beschwerde Albardas 172 Vgl. einen entsprechenden Aufruf des RVD an bei Gerbrandy vom 10. November 1941 : Sein alle Angestellten der Exilregierung, sich Anfang Ministerium schließe pünktlich um 16.30; wie Februar 1941 zum Stimmentest in einem Studio solle er da Texte kontrollieren, die ihm >Radio der BBC zu melden (Matrizenabzug) (wie Anm . Bott: Radio der Gegenpropaganda 195

85), R 1; vgl. dazu auch de Jong, zit. n. Enquete­ 186 Einen Tag zuvor hatte die niederländische Exil­ commissie, Band 7 alb, Teil VIII, S. 394. regierung gerade die ersten Gelder für den Sen­ der überwiesen. ln der Hoffnung, einen mobilen 173 Nach de Jong waren zwischen 1940 und 1945 Sender des Belgisehen Rundfunks mitbenutzen insgesamt 18.500 Seeleute auf niederländischen zu können, brach die Gruppe nach Poitiers auf. Handelsschiffen beschäftigt, von denen 6.500 Dort schien es aufgrund des allgemeinen Chaos zum ausländischen Hilfspersonal zählten; für jedoch unmöglich, die Sendungen wieder aufzu­ Niederländer galt eine im Juni 1940 eingeführte nehmen, und so zerstreute sich die Redaktion in Dienstpflicht. Vgl. ders., 44f. und S. 761f. alle Winde. Van den Broek brach nach Bordeaux 174 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 758; dort auch auf und mußte das Archiv des Senders eigenen das folgende Zitat, S. 418. Angaben zufolge irgendwo auf diesem Weg zu­ rücklassen; die Unterlagen dürften in den Kriegs­ 175 Unter führender Beteiligung Oldenbroeks hatte wirren wohl zerstört worden sein. Vgl. van den die ITF mit Sitz in Amsterdam bis zur deutschen Broek (wie Anm. 61), S. 18-29, und Haslach (wie Besatzung enge und hilfreiche Kontakte zu den Anm. 185), S. 45-47. Gewerkschaftern im deutschen Widerstand un­ terhalten; vgl. Barbara Beuys: Vergeßt uns nicht. 187 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 4; dort auch das Menschen im Widerstand 1933-1945. Reinbek folgende Zitat. 1990, S. 242f. 188 Der Vater des späteren niederländischen Au­ 176 Diese »Nederlandsche Scheepvaart- en Handels­ ßenministers und EU-Kommissars Hans van den­ commissie« (NSHC) trat als von der Exilregierung Broek war - so A. den Doolaard im Gespräch mit beauftragter Treuhänder der niederländischen dem Verfasser am 18. Januar 1992- ein äußerst Handelsflotte auf; vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. ehrgeiziger und energischer Mann, der es sich 39-43. aufgrund seiner schroffen und autoritären Art häufig mit anderen verdarb. Vgl. dazu auch Has­ 177 BBC Londen, Hier is Londen, Wembley 1945, S. lach (wie Anm. 185), S. 50f., und de Jong, »ln 50. memoriam H. J. van den Broek«. ln: Het Vrije 178 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 56. Volk vom 16. Juni 1959. - Eine Biographie van den Broeks findet sich bei Heinz Joosten: Hen­ 1 79 A. den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser drik Johannes vanden Broek. unveröffentlichtes am 18. Januar 1992. Manuskript für das Biografisch Woordenboek 180 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 420. vam Nederland (Hilversum 1988). 189 Vgl. hierzu und zum folgenden van den Broek 181 A. den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser am 18. Januar 1992. (wie Anm. 61), vgl. auch Haslach (wie Anm. 185), S. 42-60, hier: S. 50, sowie de Jong (wie Anm. 182 Der Minensuchbootkommandant E. G. Serie an 35), S. 419. die >Brandaris<-Redaktion am 2. Dezember 1941, zit. in den »Auszügen aus Hörerbriefen an 190 Vgl. Haslach (wie Anm. 185), S. 50f., und van >Oe Brandaris<« vom Januar 1942 (wie Anm. den Broek (wie Anm. 61), S. 50f. 85), R. 1. 191 Haslach (wie Anm. 185), S. 50. 183 So A. den Doolaard im Gespräch mit dem Ver­ 192 A. den Doolaard heißt mit bürgerlichem Namen fasser am 18. Januar 1992. Cornelis »Bob« J. G. Spoelstra und wählte das 184 Wilhelminas Privatsekretär Van't Sant in einem Pseudonym, als er im Alter von 29 Jahren ein si­ Schreiben an die >Brandaris<-Redaktion am 25. cheres aber langweiliges Angestelltendasein ge­ Oktober 1941, zit. in den »Hörerbriefen« vom gen den Journalistenberuf eintauschte. Zu seiner Oktober 1941 (wie Anm. 85), R. 1. interessanten Biographie vgl. seine Lebenserin­ nerungen in: ders.: Het leven van een landloper. 185 Entstanden war der Sender auf Initiative der in Amsterdam 4. Aufl. 1979, und Ben Maandag: Paris tätigen niederländischen Korrespondenten »Nieuw hoofdstuk van 'n >oude landloper<«. ln: und Fürsprache von Exil-Außenminister van Klef­ Het Vrije Volk vom 1. Februar 1980. - Seine Frau fens. Das französische Außenministerium über• Erie hatte in den Niederlanden als Sekretärin für ließ der Gruppe nicht nur die Gestaltung der bis­ Meijer Sluijser gearbeitet, den sie in London bei lang 15minütigen niederländischsprachigen Sen­ der Formulierung seiner Texte für den schwarzen dung von >Radio Paris<, sondern stellte ihr pro ~ender >Oe Flitspuit< unterstützte. Vgl. Doolaard Tag 50 Minuten Sendezeit zu Verfügung. Die (wie Anm. 46), S. 227f. bald zehnköpfige Redaktion füllte sie mit Nach­ richten, Kommentaren und aktuellen Berichten. 193 Van den Broek in einem Bericht an de Man/RVD Für diese konnte sie- dank der Unterstützung der am 9. Mai 1941 (wie Anm. 85), R. 2. Pariser Philips-Niederlassung - auf die Meldun­ 194 BBC Londen, Hier is Londen, S. 50. gen der Nachrichtenagentur Havas und die eines eigenen Abhördienstes für >Radio Hilversum< zu­ 195 Besonders bekannt wurde die Sendung »Sabota­ rückgreifen. Vgl. Robert D. Haslach: Netherlands ge«, in deren Verlauf den Doolaard - unterlegt mit World Broadcasting. o.O. (USA) 1983, S. 44-47, Brahms' erster Symphonie - die Taten des euro­ und de Jong (wie Anm. 35), S. 418f. , sowie van päischen Widerstandes pries. Vgl. van den Broek den Broek (wie Anm. 61), S. 3-30. (wie Anm. 61) , S. 62. 196 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

196 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 90-92. - 208 Abschlußbericht der RPAC (vermutlich März/April Dieses Vorgehen hatte der monatlich tagende 1942), in: BZ, Londen/RVD, R VI. Redaktionsbeirat von >De Brandaris< unter Vor­ 209 Vgl. Kerstens entsprechende Äußerung vor dem sitz Pelts am 7. Juli 1942 beschlossen, nachdem Ministerrat am 27. Mai 1942, zit. n. de Jong (wie >Radio Hilversum< drei Tage zuvor die erste ent­ Anm. 35}, S. 421. sprechende Grußsendung ausgestrahlt hatte; vgl. das Protokoll der Sitzung der »Adviescommissie 210 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 421 . voor >De Brandaris«< vom 7. Juli 1942, in: RvO, Coll. 223, Map 1b. 211 Zit. n. de Jong (wie Anm. 35), S. 421 . - Hinter­ grund war van den Broeks kritische Beurteilung 197 J. C. Esveldt, Mitglied des >Brandaris<-Redakti­ des französischen Sozialisten LE~on Blum in sei­ onsbeirates, zit. im Protokoll der Sitzung der nen Artikeln für den >Telegraaf<. Vgl. ebd. »Adviescommissie voor >De Brandaris<« vom 14. Oktober 1942, in: RvO, Coll. 223, Map 1b. 212 Vgl. den Entwurf eines Memorandums (»Draft Memorandum«) einer nicht genannten Stelle der 198 So die Kritik des niederländischen Widerstands­ BBC für lvone Kirkpatrick/BBC-European Service kämpfers und Chefs der sozialdemokratischen vom 1. Oktober 1942 (Durchschlag, »Geheim«), Arbeiterpartei SDAP Koos Vorrink in einem Me­ in: ARA II, AOK, Doos 33, Map 1942. morandum für die Exilregierung im März 1941, zit. n. de Jong (wie Anm. 35), S. 420. 213 Gerbrandy, zit. n. Enquetecommissie, Band 7 alb, Teil VIII , S. 405. 199 Van Tienhoven/PWE in einem Schreiben an eine nicht näher genannte für >Radio Oranje< zustän­ 214 Vgl. das Sitzungsprotokoll der »Adviescommissie dige Stelle der Exilregierung (Abschrift, vermut­ voor >De Brandaris<« vom 14. Oktober 1942, in: lich März 1942), in: BZ, Londen/RVD, R VI 2, und RvO, Coll. 223, Map 1b; vgl. dort auch für die fol­ Sluijser in einem Memorandum für Kerstens gende Feststellung. (undatiert, vermutlich März 1942), in: BZ, Lon­ 215 Vgl. van den Broeks entsprechende Angaben, zit. den/RVD, R VI 1. im Protokoll der »Adviescommissie voor >De 200 Van Tienhoven/PWE (wie Anm. 199). Brandaris<« vom 14. Oktober 1942, in: RvO, Coll. 223, Map 1b. 201 An der Umfrage des in einer Auflage von 10.000 Exemplaren erscheinenden >Vrij Nederland< hat­ 216 A. den Doolaard, zit. im Protokoll der »Advies­ ten sich 140 Leser beteiligt. 90 Prozent davon commissie voor >De Brandaris<« vom 14. Okto­ beurteilten die Sendungen von >De Brandaris< ber 1942, in: RvO, Coll. 223, Map 1b. als »gut«, 82 Prozent die des Belgisehen 217 Zuvor hatte es innerhalb der Exilregierung gera­ (flämischen) und 63 Prozent die des Niederländi­ dezu hektische Bemühungen gegeben, einen ge­ schen Dienstes der BBC, während nur 40 Pro­ eigneten Posten für Lebon zu finden, da ihm Ger­ zent die von >Radio Oranje< für »gut« hielten; 50 brandy die Fortzahlung seiner bisherigen Bezüge Prozent nannten sie »mittelmäßig« und zehn zugesichert hatte. Vgl. den entsprechenden Prozent »schlecht«. Zit. n. van den Broek, Hier Schriftwechsel zwischen Gerbrandy, RVD und Radio-Oranje, S. 120f. - Laut de Jong beteiligten Außenministerium vom November 1942 bis März sich 150 Leser; vgl. ders. (wie Anm. 35), S. 421. 1943, in: ARA II , AOK, Doos 23: Ambtenaren, Dort auch die Auflagenzahl, S. 85. Map Lebon. - Der frühere >Radio-Oranje<-Chef 202 Pelt in einer Aufzeichnung für Gerbrandy im De­ wurde 1945 erneut Schatzmeister der sozialde­ zember 1941/Januar 1942 über die Sendungen mokratischen Rundfunkgesellschaft VARA. ln >Radio Oranjes< (wie Anm. 85), R 2. dieser Funktion unterstützte er erfolgreich die Wiedereinführung des pluralen Rundfunkmodells 203 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 421 . in den Niederlanden, welche die »Radiocommis­ sie Terugkeer« - der Lebon im Exil angehört 204 Vgl. das Einladungsschreiben Pelts an die hatte - ironischerweise hatte verhindem wollen. RPAC-Mitglieder vom 14. Februar 1942 Vgl. Joosten, Lebon, und Haslach (wie Anm. (Durchschlag), in: BZ, Londen!RVD, R Vl2. 185), s. 55f. 205 Vgl. die RPAC-Protokolle vom 21 . und 25. Fe­ 218 Oe Jong in einem Schreiben an Pelt am 27. Okto­ bruar, 4., 11. und 20./21 . März 1942 sowie die ber 1942, in: RvO, Coll. 235c, Map 2a. beigefügten Memoranden Sluijsers. de Jongs, Lebons und weitere Unterlagen für die Mitglieder 219 Die dortige Radiostation >Curacaosche Radio­ 1 der RPAC (Matrizenabzüge), in: BZ, Lon­ Omroep Maatschappij< (CUROM) strahlte täglich den/RVD, R VI 1. ein mehr als zweistündiges Programm auf Nie­ derländisch, Papiamento, Französisch und ver­ 206 Abschlußbericht der RPAC (vermutlich März/April mutlich Spanisch aus. Vgl. das Schreiben von 1942), in: BZ, Londen/RVD, R VI. Prof. Bokhorst an van den Berkhof van Knocken­ 207 Ebenda. Kerstens scheint diese Formulierung gen, Presseattache der niederländischen Bot­ aus einem an ihn gerichteten Memorandum Slui­ schaft Lissabon, vom 8. Mai 1942 (Durchschlag), jsers übernommen zu haben (undatiert, vermut­ in : BZ, Londen, RVD, R V, Map 4: Lissabon. -Mit lich März 1942), in: BZ, Londen/RVD, R Vl1 . ihren Sendungen erreichte die CUROM auch die anderen karibischen Inseln, so daß ihr - in den Augen des britischen Informationsministeriums Bott: Radio der Gegenpropaganda 197 I ' '•

und der Exilregierung de Gaulies - eine wichtige 227 Vgl. de Jong (wie Anm . 101), S. 170. Rolle in der Abwehr der deutschfreundlichen Pro­ 228 paganda von >Radio Guadeloupe< zukam. Vgl. Vgl. die Auszüge aus den Befragungsprotokollen niederländischer Emigranten Nr. GB/3858/43, entsprechende Schreiben von Prof. Bokhorst an GB/199/43, GB 4245/43, GB/3619/44, Elias/Gouvernementspressechef Curacao vom GB/3620/44 (alle »Geheim«) von 1943 bis zum 14. April, 16. Juni und 6. Oktober 1942 (Durch­ Mai 1944, die der Geheimdienst der Exilregie­ schläge) , in: BZ, Londen/RVD, R V, Map 9: rung - das »Bureau lnlichtingen« (BI) - >Radio Curacao. Oranje< übermittelte, in: RvO, Coll. 226b, Lon­ 220 Vgl. van den Broek (wie Anm . 61), S. 131 . dense lnstellingen/Bureau lnlichtingen (zitiert: Befragungsprotokolle), Map 18 a/b. 221 Dazu zählten unter anderem - so >Oe Week in Beeld< - der Journalist Jan van Os und der Film­ 229 Oe Jong (wie Anm. 101), S. 170. händler und »Watergeus«-Komponist Jo Paerl 230 Befragungsprotokoll Nr. GB/2131/43 von 1943, (in: dies. vom 6. Mai 1950, »Hier is Radio Oran­ in: RvO, Coll. 226b, Map 18 alb. je!« S. 14-16), sowie - laut den Doolaard - der Ende 1943 in London eingetroffene »Bohemien« 231 Befragungsprotokoll Nr. GB/4188/43 vom 26. und Schriftsteller Jacques Gans, sofern dieser Oktober 1943, in: RvO, Coll. 226b, Map 18 a/b. nicht gerade auf der »Jagd nach faschistischen 2 Erscheinungen in der niederländischen Kolonie« 23 Befragungsprotokoll Nr. GB/3723/43 vom 28 . gewesen sei (ders. [wie Anm . 46] S. 267). Gerard September 1943, in: RvO, Coll. 226b, Map 18 van Beek nennt ergänzend einen nicht näher a/b. charakterisierten F. Renier; vgl. ders.: Radio gaat 233 Oe Jong (wie Anm. 35), S. 422. ten oorlog: 1940-1945. ln: Aether. Kwartaalschrift 234 van de Stichting Nederlands Omroepmuseum. Martin van Amerongen: »Moeder, het rijmt!« ln : Nr. 15 (Hilversum, April 1990), S. 3-9, hier: S. 6. NRC-Handelsblad vom 30. August 1986. 222 Oe Jong (wie Anm. 35), S. 422. 235 Oe Jong (wie Anm. 101), S. 157. 223 So de Jong im Gespräch mit dem Verfasser am 236 Hastach (wie Anm. 185), S. 52. - Den Doolaard 17. Januar 1942. war nicht erst im Krieg zu einem entschiedenen Nazigegner geworden. Bei einem Berlin-Aufent­ 224 So den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser halt hatte er sich 1931 zufällig in den Sportpalast am 18. Januar 1942; dort auch das folgende Zi­ verirrt und dort eine Rede Hitlers miterlebt; da­ tat. nach hielt er ihn für den »gefährlichsten Mann 225 ln Abwesenheit van den Broeks hatte den Doo­ Europas« (Doolaard [wie Anm. 46], S. 165). Vor laard eines Tages über >Radio Oranje< erklärt, in dem aufziehenden Unheil warnte er dann 1938 in London könne man sich auch einmal irren . Von seiner Reportagenserie »Hakenkreuz für Euro­ bestimmten Ereignissen erführen die Redakteure pa«, was ihn prompt auf eine schwarze Liste der einfach zu spät, und da sie sich nicht in die Situa­ Gestapo beförderte. Der drohenden Verhaftung tion in den Niederlanden hineinversetzen könn• konnte er sich nach dem deutschen Einmarsch ten, lägen sie mit dem ein oder anderen Rat auch nur durch eine abenteuerliche Flucht nach Frank­ einmal daneben. Van den Broek, der sich zu reich entziehen (vgl. ebd., S. 166/187). dieser Zeit gerade im Urlaub befunden hatte, 237 Im Original: »Er is maar een nieuwe orde, de hörte die Sendung und kehrte umgehend nach orde van hat verzet.« Zit. n. van den Broek (wie London zurück. Tobend vor Wut beschuldigte er Anm. 61), S. 61 . den Doolaard, dieser habe gerade sein Lebens­ werk zerstört; der so heftig Angegriffene wurde 238 So den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser jedoch von de Jong und van Stuwe verteidigt. am 18. Januar 1992. Vgl. Peter van Deutekom: »De hele oorlog zat 239 Hastach (wie Anm. 185), S. 51 . Loe de Jong te werken aan zijn promotie«. ln: Trouw/Zaterdag Zondag vom 20. März 1993. 240 So den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser am 18. Januar 1992. 226 Van Blankenstein - so die Kritik vieler - habe die Kriegslage stets zu optimistisch beurteilt. Untrag­ 241 Vgl. Doolaard (wie Anm . 46) , S. 273. Dort auch bar mache ihn nun aber sein Lob für US-Oberbe­ die folgenden Zitate. fehlshaber Eisenhower; dieser hatte bei der alli­ 242 ygl. de Jong, »De stem uit de vrijheid«, in: Ons ierten Landung in Nordafrika die Unterstützung Vrije Nederland vom 1. Dezember 1945; dort des deutschfreundlichen Vichy-Admirals Darlan auch das folgende Zitat. in Anspruch genommen. Van Blankensteins Ver­ such, durch eine Intervention beim Kabinett die 243 Vgl. ebenda sowie den Doolaards Schilderung im Aufkündigung der Zusammenarbeit rückgängig Gespräch mit dem Verfasser am 18. Januar zu machen, scheiterte: Als unabhängiger und kri­ 1992. tischer Chefredakteur des Wochenblattes >Vrij 244 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 189f. Nederland< hatte er sich unter den Ministern der Exilregierung zu viele Feinde gemacht. Vgl. de 245 Oe Jong (wie Anm . 141), dort auch das folgende Jong (wie Anm. 35) , S. 422/654. Zitat. 198 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

246 So de Jong vor der Enquetecommissie, Band 7 Sendung anderen Einblick in das Fehlverhalten a/b, Teil VIII, S. 396. mancher Niederländer, und das schade der inter­ nationalen Reputation des Landes doch nur. Vgl. 247 Vgl. de Jong (wie Anm. 141), S. 10. Protokoll »Commissie van Luisteraars« vom 10. 248 Oe Jong spricht von 40 bis 50 solcher Treffen. Dezember 1943, in: ARA II, AOK, Doos 33, Map Vgl. seine Auskunft in einem Interview des >Vero­ 1943. nica Nieuwsradio< vom 4. Mai 1993, abgedruckt 267 Vgl. Rundschreiben Pelts an de Man, Sluijser und in Vrij Nederland vom 9. Mai 1993: »De Endlö• die Redaktionen von >Oe Brandaris< und >Radio sung: Oe oudere geschiedschrijver geeft zijn Oranje< vom 15. September 1942 (»Sehr ge­ jonge collega gelijk«. heim«), in: RvO, Coll. 226b. 249 Gerbrandy in einem Schreiben an die künftigen 268 Vgl. van den Broek in einer Denkschrift (»Nota«) Mitglieder des Beirates (hier noch als »Comite an Pelt am 25. September 1942; von Pelt mit van Advies« bezeichnet) am 11 . November 1942 Begleitschreiben am 5. Oktober 1942 an War­ (Durchschlag), in: ARA II, AOK, Ooos 33, Map ners!Ministerium AOK, in: ARA II, AOK, Doos 33, 1942. Map 1942; dort auch das folgende Zitat. 250 Protokoll einer Besprechung (»Punten van be­ 269 Vgl. de Jong vor der Enquetecommissie, Band 7 spreking«) über »Radio Oranje in fusionierter a/b, Teil VIII, S. 395. Form« vom 31. Oktober 1942, in: ARA II, AOK, Doos 33, Map 1942. 270 Vgl. Dolaard (wie Anm . 46), S. 220f. 251 So de Jong im Gespräch mit dem Verfasser am 271 Van den Broek (wie Anm . 61), S. 135. 17. Januar 1992. 272 Oe Jong (wie Anm. 101), S. 118. 252 So den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser 273 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 216. am 18. Januar 1992. 274 Peter Romijn/Gerhard Hirschfeld: Die Ahndung 253 Peter van Deutekorn (wie Anm. 225). der Kollaboration in den Niederlanden. ln: Klaus­ 254 Befragungsprotokoll Nr. GB/199/43 von 1943, in: Dietmar Henke/Hans Woller (Hrsg.): Politische Coll. 226b, Map 18 alb. Säuberung in Europa. Die Abrechnung mit Fa­ schismus und Kollaboration nach dem Zweiten 255 Van den Broek in einer Denkschrift an Pelt am Weltkrieg. München 1991, S. 281-310, hier: S. 25. September 1942, in: ARA II, AOK, Ooos 33, 288. Map 1942. 275 Rene Kok: Max Blokzijl. Stern van het Nationaai­ 256 Vgl. van den Broek, zit. im Protokoll der Socialisme. Amsterdam 1988, S. 110. - Als Ber­ »Commissie van Luisteraars« vom 12. Februar lin-Korrespondent einer niederländischen Tages­ 1943, in: ARA II, AOK, Ooos 33, Map 1943. zeitung war Blokzijl zum Nationalsozialisten kon­ 257 Vgl. Verzeichnis >Radio Oranje<, in: RvO, Coll. vertiert. Später wurde er Pressechef des Haager 241. Propagandaministeriums »für Volksaufklärung und Künste« und sprach ab 1941 wöchentliche 258 Vgl. Pelts Aufzeichnung über den RVD für Ger­ politische Kommentare über >Radio Hilversum<. brandy vom 19. Februar 1943, in: ARA II, AOK, Darin beschäftigte er sich auch mit den Ooos 28, Map RVO. »Programmen des Senders im Dienste des 259 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 193. >Emigrantenkomitees<« (ebenda, S. 108), wie er >Radio Oranje< nannte. Dessen Abhördienst 260 Befragungsprotokoll Nr. GB/5485/43 vom 22. zeichnete die Beiträge Blokzijls auf, und so kam Dezember 1943 (Lissabon), in: Coll. 226b, Map es zwischen beiden Seiten zu einem zwei Jahre 18 alb. währenden Radioduell (vgl. ebd., S. 10). 261 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 165. 276 >Radio Oranje< am 16. Oktober 1941, zit. n. En­ 262 Diese Flugroute war während des gesamten quetecommissie, Band 7 alb, Teil VIII, S. 412. Krieges relativ sicher, da die Deutschen ein nicht 277 Michael Crone: Hilversum unter dem Haken­ minder starkes Interesse an den britischen Zei­ kreuz. Die Rundfunkpolitik in den besetzten Nie­ tungen hatten. Vgl. Sluijser: Oaar zaten wij. S. derlanden. 1940-1945. München u.a. 1983. 106/109. 278 Vgi.!Zon (wie Anm. 159), S. 13. 263 Als dieser Weg ausfiel, konnte eine parallel dazu installierte Route über die Schweiz genutzt wer­ 279 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 425. den. Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 935-946. 280 Vgl. ders. (wie Anm. 101), S. 126. 264 Vgl. ebd., S. 423. 281 Vgl. ders., zit. n. Enquetecommissie, Band 7 alb, 265 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 166. Teil VIII, S. 397.- Daß einzelne der Aufforderung sehr wohl folgten, belegt ein Artikel der 266 Vgl. Verzeichnis der Sendungen von >Radio >Deutschen Zeitung in den Niederlanden< vom Oranje<, in: RvO, Coll. 241 . - Im Redaktionsbeirat 16. September 1942 (»Zwei Jahre Zuchthaus.«, traf diese illegale Presseschau auch auf Kritik. S. 1) : Die »Ehefrau M. C. Feenstra«, heißt es Schließlich - so P. Dijkstra - gewähre eine solche Bott: Radio der Gegenpropaganda 199

dort, habe »seit längerer Zeit regelmässig den gramm >Radio Oranjes< nie den ihr eigentlich zu­ Oranjesender gehört und( ... ) die Nachrichten des stehenden zentralen Platz eingeräumt; und das, Senders weiterverbreitet«. Schließlich habe sie obwohl ihnen bereits im Sommer 1943 ein zuver­ »an einem Tage selbst den Judenstern angelegt lässiger und detaillierter Bericht des Jüdischen und ihn auch auf der Strasse getragen, obwohl Weltkongresses über den Massenmord in Au­ sie gar nicht Jüdin ist.« schwitz vorgelegen haben müsse; vgl. ders. (wie Anm . 101), S. 144/181 . Den Doolaard antwortete, 282 Vgl. Jürgen, Krönig: Nach fünfzig Jahren Selbst­ dieser Bericht sei in der Redaktion niemals ange­ kritik. Wie die BBC über den Holocaust (nicht) kommen; so müsse er wohl in de Jongs Schub­ berichtet hat. ln: epd/Kirche und Rundfunk vom lade gelandet sein, um ihm später als Grundlage 28. August 1993, S. 19-21, hier: S. 20. für seine Doktorarbeit zu dienen; vgl. Deutekorn 283 Vgl. Jim van der Hoeven: Bronnenstudie met (wie Anm. 290). nieuwe bewijzen: Oe Nederlandse regering in 294 Oe Jong über >Radio Oranje< am 26. Februar ballingschap wist al heel vroeg van de »End­ 1942, zit. n. Zon (wie Anm. 159), S. 14. lösung«. ln: Vrij Nederland vom 2. Mai 1992, S. 30-36, hier: S. 31. 295 Aufruf >Radio Oranjes< an die Arbeiter vom 2. Oktober 1942, zit. n. Enquetecommissie, Band 7 284 Gerbrandy über >Radio Oranje< am 25. Juli alb, Teil VIII, S. 412. 1942, in: ders. (wie Anm. 142), S. 71 . 296 Aufruf >Radio Oranjes< an die Arbeitgeber vom 285 Jong (wie Anm . 101), S. 127. 8. Oktober 1942, zit. n. Enquetecommissie, Band 286 Vgl. Wilhelminas Ansprache in >Radio Oranje< 7 a/b, Teil VIII, S. 412. am 17. Oktober 1942, in der sie von einer »syste­ 297 Gerbrandy über >Radio Oranje< am 17. Novem­ matischen Ausrottung« sprach, der die nieder­ ber 1942, in: ders. (wie Anm . 142), S. 82. ländischen Juden zum Opfer zu fallen drohten, in: dies. (wie Anm. 37). 298 Gerbrandy über >Radio Oranje< am 4. Februar 1943, ebd., S. 93. 287 Vgl. van der Hoeven (wie Anm. 283), hier: S. 31. 299 Vgl. de Jong (wie Anm . 35), 426. 288 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 425f. 300 Ebd., S. 95f. 289 Vgl. van der Hoeven (wie Anm. 283). 301 >Radio Oranje< am 7. Februar 1943, zit. n. Zon 290 Vgl. eine entsprechende Äußerung den Doo­ (wie Anm. 159), S. 16. laards, zit. n. Peter van Deutekom: Oe Jong zweeg over gaskamers. ln: Trouw vom 20. März 302 Vgl. Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 97-100. 1993. - Als besonders skeptisch erwiesen sich 303 >Radio Oranje< am 2. Oktober 1943, zit. n. einflußreiche und zugleich antisemitische Beamte Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 99f. des britischen Außenministeriums. Im britischen Informationsministerium schien hingegen die 304 Vgl. hierzu und zum folgenden de Jong (wie Sorge vorzuherrschen, die Öffentlichkeit könne Anm. 4), Band 2, S. 227. die grauenhaften Meldungen für bewußte Über• treibungen halten. Vgl. Krönig (wie Anm. 282), S. 305 Van den Broek über >Radio Oranje< am 30. April 19ft. 1943, in: RvO, Sendungen >Radio Oranje<, Coll. 206b; dort auch das folgende Zitat. 291 Vgl. de Jong in seiner Antwort auf die Ergebnisse der Studie vander Hoevens, in: »De Endlösung: 306 Gerbrandy über >Radio Oranje< am 3. Mai 1943, Oe oudere geschiedschrijver geeft zijn jonge col­ in: RvO, Coll. 206b. - Um ihre Untertanen von un­ lega gelijk«, Vrij Nederland vom 9. Mai 1992, S. bedachten Aktionen abzuhalten, griff auch Köni• 18f. - Ein entsprechendes Bild zeichnet für die gin Wilhelmina ein. Sie verbot den Redakteuren BBC eine Sendung von >Radio 4< aus dem Au­ das, was sie für eine aufrührerische Sprache gust 1993; sie stützt sich auf gründliche Recher­ hielt: So durfte >Radio Oranje< nicht einmal mehr chen in britischen Archiven und zahlreiche Zeit­ das Wort »Streik« in den Mund nahmen; vgl. zeugeninterviews. Vgl. Krönig (wie Anm. 282), S. Doolaard (wie Anm. 46), S. 219. 19ft., und Bernhard Heimrich: Bergungsunter­ 307 A. den Doolaard über >Radio Oranje< am 3. Mai nehmen in Britanniens Vergangenheit. ln: Frank­ 1943, in: RvO, Coll. 206b. furter Allgemeine Zeitung vom 31 . August 1993, sowie Ralf, Sotscheck: Ohne Worte. Reporter 308 Van den Broek über >Radio Oranje< am 12. Mai fanden Beweise: Die BBC hat den Holocaust be­ 1943, in: RvO, Coll. 206b. wußt verschwiegen. ln: tageszeitung vom 8. 309 So der Stabschef des Ordedienst (00) in einem September 1993. Funkspruch an das BI , zit. n. de Jong (wie Anm. 292 Vgl. van der Hoeven (wie Anm . 283), sowie als 35), S. 431 . Reaktion darauf de Jong, Oe Endlösung, in: Vrij 310 BdS, Meldungen in den Niederlanden Nr. 142 Nederland vom 9. Mai 1992, S. 18f. vom 4. Mai 1943, in: RvO, Archiv 78, HSSPF, 293 So warf de Jong den Chefredakteuren van den Deos 37a; dort auch das folgende Zitat. Broek und den Doolaard in seinen Memoiren in­ 311 Stimmungsbericht des Vertreters des Auswärti• direkt vor, sie hätten der Judenverfolgung im Pro- gen Amtes (AA) aus den Niederlanden vom 10. 200 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Mai 1943, in: RvO, Conecue 207, FO/SD 389, 325 Vgl. ebd., s. 227. Vertreter des AA beim Oberkommando des Hee­ 326 Joseph Goebbels: Tagebücher aus den Jahren res (OKH)Non Etzdorf-Papiere, 211762f. (zitiert: 1942-43 (Hrsg. von Louis P. Lochner). Zürich Coll. 207, FO/SD 389). 1948, S. 329. 312 Bokhorst/RVD in einem Schreiben an die Mitglie­ 327 Deutsche Zeitung in den Niederlanden vom 13. der der RPAC von 1942, in: BZ, Londen/RVD, R Mai 1943, S. 1, »Anordnung über die Einziehung V11. von Rundfunkempfangsanlagen«; vgl. dort auch 313 Taubert/RBS in einem Schreiben an seinen Vor­ für die folgenden Angaben. gesetzten Stampe, Hauptabteilungsleiter Volks­ 328 Dies waren zu diesem Zeitpunkt etwa 326.000 aufklärung und Propaganda (HAVP) beim Gene­ Niederländer, die ohnehin nur das von den Zen­ ralkommissar, zur besonderen Verwendung am tralen gelieferte Programm empfangen konnten; 29. Dezember 1942, in: RvO, Archiv GK z.B.V., 1.160.000 Niederländer hatten dagegen draht­ Doos 56g, Correspondentie RBS/HAVP. lose Empfänger angemeldet. Vgl. Pers Spaan: ln : 314 Vgl. Crone (wie Anm. 277), S. 225; vgl. auch Be­ Bolhuis u.a. (wie Anm. 24), Band II, S. 179, sowie fragungsprotokoll Nr. GB/3162/43 vom 28. Au­ Taubert in seinem Arbeitsbericht vom 1. bis 31. gust 1943, in: RvO, Coll. 226b, Map 18 a/b. Mai 1943, in: RvO, Archiv GK z.b.V., Arbeitsbe­ richte RBS, Doos 46a, und Beek (wie Anm. 221), 315 Vgl. Befragungsprotokoll Nr. GB/703/44 vom 18. S. 8. Januar 1944, in: RvO, Coll. 226b, Map 18 a/b. 329 Taubert/RBS in einem Schreiben an Stam­ 316 Vgl. Befragungsprotokolle Nr. GB/3574/43 vom pe/HAVP vom 29. Dezember 1942, in: RvO, 22. September 1943, GB/3922/43 vom 15. Okto­ Archiv GK z.b.V., Correspondentie RBS/HAVP, ber 1943, GB/4603/43 und GB/4597/43 aus dem Doos 56g. Jahre 1943 und weitere, in: RvO, Coll. 226b, Map 18 a/b. 330 Vgl. Crone (wie Anm. 277), S. 230. 317 Vgl. de Jong, Koninkrijk, Teil 5: Maart '41-Juli '42, 331 Vgl. Beek (wie Anm. 221), S. 8, und de Jong (wie S. 1032. Anm . 5), Band 2, S. 235. 318 Bericht über die Dienstbesprechung bei General­ 332 500 niederländische Gulden (hfl): nach heutigem kommissar Schmidt Nr. 35/41 vom 25. Oktober Wert etwa 5000 hfl oder umgerechnet etwa 4500 1941, in: RvO, Archiv 78, HSSPF, Doos 54a.­ Mark; vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band 2, S. 260. Zur Biographie des hauptamtlichen NSDAP­ 333 Aktenvermerk des Referates 111 0 4 beim BdS Funktionärs Schmidt vgl. Kwiet (wie Anm. 2), S. vom 27. Mai 1943, in: RvO, Archiv 78, HSSPF, 58, sowie Hirschfeld (wie Anm . 1), S. 211. BdS Referat 111 C/111 0 4: Stukken betr. de handel 319 Vgl. hierzu Crone (wie Anm. 277), S. 227. in radiotoestellen, Doos 96a. 320 Vgl. Aktenvermerk Rauters an den BdS vom 19. 334 Vgl. Rauter in einem Schreiben an die Beauftrag­ Juni 1942; darin fordert der Generalkommissar ten des Reichskommissars vom 21. Oktober den Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des 1943, in: RvO, Archiv 78, HSSPF, BdS IVa: SO auf, von seinen Außenstellen Stellungnah­ Circulaire Rauter, Doos 160g. men zu einem möglichen Einzug der Radiogeräte 335 Vgl. die entsprechende von Rauter übernom• einzuholen. Sechs der acht Außenstellen befür• mene Angabe in seinem Schreiben an den BdS worten eine solche Maßnahme, nachdem sie am und die anderen ihm unterstellten Polizeidienst­ 25. Juni 1942 noch einmal per Blitzfernschreiben stellen vom 15. November 1943 (»Geheim«), in: dazu befragt worden sind. ln: RvO, Archiv 78, RvO, Archiv 78, HSSPF, BdS IVa: Circulaire HSSPF, Doos 160f. Rauter, Doos 160g. 321 Zit. n. Ooolaard (wie Anm. 46), S. 252f.- Oe Jong 336 Vgl. Crone (wie Anm. 277), S. 231, und de Jong sagte im Gespräch mit dem Verfasser , an der (wie Anm. 4), Band 2, S. 235. »Kampagne der Scheininvasion am 17. Januar 1942« habe sich >Radio Oranje< allein mit dem 337 So das Eingeständnis der Sicherheitspolizei in Verlesen des genannten Communiques beteiligt. einem Schreiben des Referates IV A 1 beim BdS an den BdS am 4. Februar 1944, in: RvO, Archiv 322 Vgl. Doolaard (wie Anm . 46), S. 248. - Ihr mili­ 78:.! HSSPF, BdS IVa: Circulaire Rauter, Doos tärstrategisches Ziel erfüllte die Kampagne je­ 16Ug. doch: Um der befürchteten Invasion ausrei­ chende Truppen entgegenstellen zu können, be­ 338 Vgl. Beek (wie Anm. 221), und Befragungsproto­ hielten die Deutschen mehr Divisionen im We­ koll GB/849/44 vom 20. Januar 1944, in: RvO, sten, als sie dort eigentlich benötigt hätten, Ein­ Coll. 226b. heiten, die an der Ostfront fehlten . Vgl. Gruch­ 339 Vgl. Het Parool vom 30. November 1946, »Seyss mann (wie Anm . 2), S. 176-181 und S. 300f., verbood het... «. sowie Doolaard (wie Anm. 46), S. 248. 340 Crone (wie Anm. 277), S. 231 . 323 Vgl. Crone (wie Anm. 277), S. 224. 324 ebd. 341 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 178. Bott: Radio der Gegenpropaganda 201

342 Um heimliche Hörer nicht in Gefahr zu bringen, n. Telford, Taylor: Die Nürnberger Prozesse Zü• verzichtete >Radio Oranje< lediglich ab dem 22. rich 1951 , S. 12). Am 1. November 1943 folgte Mai auf die Eröffnungsfanfare der Abendsen­ die Erklärung der Moskauer Drei-Mächte-Konfe• dung; vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 186, renz, in der die Alliierten angekündigt hatten, sie sowie ein Schreiben Somers/81 an Gerbrandy würden die Schuldigen »bis in die entferntesten vom 12. Juli 1943 (»Sehr geheim«) , demzufolge Schlupfwinkel der Erde verfolgen und den Anklä• Widerstandskreise dringend dazu rieten, aus Si­ gern ausliefern, damit die Gerechtigkeit ihren cherheitsgründen auf die Eröffnungsmusik zu Lauf nehme.« (Zit. n. Joe Heydecker/Johannes verzichten, in: ARA II, AOK, Doos 34, Map En­ Leeb: Der Nürnberger Prozeß. Zwei Bände, Köln quete Engelandvaarders. - Aus demselben Grund 1985, hier: Band 2, S. 530) - ln dieser Frage entschloß sich die Redaktion bald darauf, auch richtete sich die Rundfunkpropaganda der klei­ die mittägliche Sendung ohne musikalische Ken­ nen Alliierten nicht nur an die Deutschen, son­ nung zu beginnen. Da aber nie abschließend dern zugleich an die großen Verbündeten. Denn geklärt werden konnte, welche Gefährdung sie ob diese nach dem Kriege tatsächlich die energi­ wirklich darstellte, wurde sie später mehrfach sche Verfolgung der Kriegsverbrecher aufneh­ wieder eingeführt bzw. weggelassen. Vgl. van men wollten, erschien lange Zeit alles andere als den Broek (wie Anm. 61), S. 186. eindeutig.

343 Vgl. Stimmungsbericht des Vertreters des Aus­ 351 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 218. wärtigen Amtes aus den Niederlanden vom 20. 352 Vgl. das Verzeichnis der Sendungen >Radio Mai 1943, in: RvO, Coll. 207, FO/SD 389, Oranjes<, in: RvO , Coll. 241 , und van den Broek 211780f, sowie das Schreiben Somers/81 an (wie Anm . 61), S. 219. Gerbrandy vom 24. Juni 1943 (»Geheim«), in dem er die Redakteure bittet, in ihren Sendungen 353 Vgl. Gerbrandy über >Radio Oranje< am 9. April langsamer zu sprechen; diese würden vom Wi­ 1944, in: Ders. (wie Anm. 142), S. 120. derstand mitstenografiert, in: ARA II , AOK, Doos 33, Map 1943. 354 Vgl. Verzeichnis der Sendungen >Radio Oran­ jes<, in: RvO, Coll. 241 . 344 Vgl. Befragungsprotokolle GB/1913/43 vom 11 . Juni 1943, GB/2764/43 vom 29. Juli 1943, 355 Vgl. Gruchmann (wie Anm. 2), S. 316. GB/3721/43 vom 27. September 1943, 356 Vgl. hierzu und zum folgenden de Jong (wie GB/4067/43 vom 19. Oktober 1943, sowie Anm. 4), Band 3, S. 448-450, und ders. (wie GB/194/44 vom 23. Dezember 1943, in: RvO, Anm. 101), S. 184-188, sowie van den Broek (wie Coll. 226b. Anm. 61), S. 258-261 .

345 Vgl. Befragungsprotokolle GB/3858/43 vom 8. 357 Hirschfeld (wie Anm . 1), S. 194; vgl. auch de Oktober 1943, GB/4188/49 vom 26. Oktober Jong (wie Anm. 4), Band 3, S. 450. - Erst fünf 1943, und GB/3617/44 vom 8. Mai 1944, in: RvO, Tage später korrigierte >Radio Oranje< seine zu Coll. 226b. optimistischen Meldungen; vgl. de Jong (wie 346 Vgl. Crone (wie Anm. 277), S. 231, und Hoffmann Anm. 101), S. 188. (wie Anm. 3), S. 240. 358 >Radio wiedererstehende Niederlande<. - Die 347 Vgl. van den Broek in einer Notiz gesetzliche Grundlage für die Errichtung dieses (»Aanteekening«) für Gerbrandy am 15. Juli Senders im befreiten Süden hatte die Exilregie­ 1943, in: ARA II, AOK, Doos 33, Map 1943. rung erst am 16. September 1944 mit dem »Tijdelijk Telegraaf-, Telefoon- en Radiobesluit«­ 348 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 217; vgl. auch kurz: E 118 - geschaffen. Damit hob sie das von das Verzeichnis der Sendungen >Radio Oran­ den Besatzern installierte Rundfunksystem auf jes<, in: RvO, Coll. 241 . - Van den Broek berich­ und übertrug die Verantwortung für alle künftig tet, der zuständige Redakteur Lou Tas habe zu­ auszustrahlenden Programme den Militärbehör• vor selbst eine britische Offiziersausbildung ab­ den in Vertretung des Ministers für allgemeine solviert und es deshalb hervorragend verstanden, Angelegenheiten. Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. die Militärs vor dem Mikrofon zum Reden zu brin­ 1288f. gen. 359 Vgl. Haslach (wie Anm. 185), S. 61-68, und van 349 ln London hielt man die niederländischen Hel­ den Broek (wie Anm. 61), S. 273-289. fershelfer des Regimes auch für die Setreiber der schwarzen Sender >Oe Parder< und >Oe Noten­ 360 ygl. Gruchmann (wie Anm. 2), S. 317ft. kraker<, die in Wirklichkeit von den Deutschen 361 Vgl. hierzu und zum folgenden de Jong (wie gesteuert wurden ; vgl. van den Broek (wie Anm. Anm. 4), Band 3, S. 459/494 und S. 507. 61), S. 216. 362 Damit waren die unter deutscher Besatzung 350 Schon Anfang 1942 hatte >Radio Oranje< über stetig schlechter werdenden Lebensbedingungen die Erklärung von St. James berichtet, in der die der Niederländer auf einem vorläufigen Tiefpunkt 111. Interalliierte Konferenz der von den Deut­ angelangt; vgl. de Jong (wie Anm . 4), Band 1, S. schen besetzten Ländern Europas am 13. Januar 129-154. die Bestrafung der Kriegsverbrecher zu einem »ihrer wichtigsten Kriegsziele« erklärt hatte (zit. 363 Vgl. de Jong (wie Anm . 4), Band 3, S. 501-505. 202 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1 994)

364 Petri u.a. (wie Anm. 9), S. 219. trationslager Neuengamme verschleppt. Vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band 3, S. 510. 365 A. den Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser am 18. Januar 1992. 380 Vgl. Gruchmann (wie Anm. 2), S. 445. 366 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 300. 381 Vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band 3, S. 514. 367 Vgl. den Doolaards entsprechende Angabe vor 382 Van den Broek (wie Anm. 61), S. 300. der Enquetecommissie, Band 7 a/b, Teil VIII, S. 383 Vgl. den Auszug eines Telegramms an das BI 404. vom 18. September 1944, in: ARA II, AOK, Doos 368 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 314-316. 33, Map 1944. 369 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 976-1086. 384 Vgl. den Auszug eines Telegramms des RW an das BI vom 18. September 1944, in: ARA II, 370 Vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 316. AOK, Doos 33, Map 1944. 371 Doolaard in einem Memorandum bezüglich der 385 Telegramm an das BI vom 23. Januar 1945, in: »Wirksamkeit der Radiopropaganda im Zusam­ ARA II, AOK, Doos 33, Map 1944. - Tatsächlich menhang mit den Verbindungen in die Niederlan­ unternahm Gerbrandy alles in seiner Macht ste­ de« (»Sehr vertraulich«) an die »Commissie van hende, um die Verbündeten zur Abwendung der Beheer van >Radio Oranje<« am 7. August 1944, in den Niederlanden drohenden Hungerkatastro­ in: ARA II, AOK, Doos 33, Map 1944; dort auch phe zu bewegen; vgl. Doolaard (wie Anm. 46), S. die folgenden Zitate. 223. Er hatte Erfolg: Nach einer entsprechenden 372 Vgl. den Doolaards Darstellung in ders. (wie Vereinbarung zwischen Seyss-lnquart und dem Anm . 46), S. 220f. alliierten Oberbefehlshaber General Eisenhower 7 konnten am 29. April endlich die ersten alliierten 3 3 Henk van Gelder: »Holle voetstappen«. ln: NRC­ Rosinenbomber in Richtung Niederlande starten. Handelsblad vom 7. Dezember 1987. Die Deutschen duldeten die Lebensmittelabwürfe 374 Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 435. - Trotz unter der Bedingung, daß die Alliierten ihre Of­ Strommangels konnten Zehntausende von Nie­ fensive gegen das besetzte Gebiet nicht fortsetz­ derländern >Radio Oranje< auch im Hungerwinter ten. Vgl. Gruchmann (wie Anm. 2), S. 446, und empfangen: Sie hatten sich Akkumulatoren ange­ de Jong (wie Anm. 101), S. 196f. fertigt, die mit Hilfe von Fahrraddynamos aufge­ 386 Justizminister van Heuven-Goedhart in einem laden werden konnten und die versteckten Emp­ Schreiben an Gerbrandy am 1. Februar 1945, in: fänger so mit Strom versorgten. Vgl. de Jong (wie ARA II, AOK, Doos 33, Map 1945.- Nach Kriegs­ Anm. 4), Band 3, S. 506. ende zeigte sich, daß seine Warnungen nicht 375 Vgl. für das folgende ebd., S. 494ff. und S. 500. ganz unberechtigt waren. ln einer entsprechen­ den neuen Sendereihe hatte >Radio Oranje< im 376 Allein in Rotterdam nahmen die Deutschen am November 1944 vor einem vermeintlichen Spitzel 10./11. November 1944 zu diesem Zweck 50.000 gewarnt, der in Wirklichkeit verdeckt für den Wi­ Männer fest; vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band 3, derstand tätig war. Vgl. de Jong (wie Anm. 101), S. 496ft. - >Radio Oranje< reagierte auf diese s. 192. Razzien mit einer Reihe eindringlicher Anspra­ chen; vgl. van den Broek (wie Anm. 61), S. 300.­ 387 RVD-Mitarbeiter de Man in einem Schreiben an Besonders engagiert wandte sich am 10. Januar den Doolaard am 21. März 1945, in: ARA II, 1945 Justizminister van Heuven-Goedhart an AOK, Doos 33, Map 1945. seine Landsleute und verlangte von ihnen, sich 388 Doolaard in einem Schreiben an Gerbrandy am der Verschleppung Zehntausender von Nieder­ 3. März 1945, in: ARA II, AOK, Doos 33, Map ländern entschlossen zu widersetzen; vgl. ders., 1945. zit. n. Enquetecommissie, Band 7 alb, Teil VIII, S. 431f. 389 Vgl. die Gerbrandy von den Doolaard übersand• ten Instruktionen vom 19. März 1945, in: ARA II, 377 Von 1940-1945 richteten die Besatzer etwa 3000 AOK, Doos 33, Map 1945. Niederländer hin; mehrere tausend (die Angaben schwanken zwischen 5000 und 20.000) verloren 390 Vgl. de Jong (wie Anm. 101), S. 197f. - ln einem in Gefängnissen und Konzentrationslagern ihr zeitgenössischen Zeitungsartikel berichtet de Leben. Vgl. de Jong (wie Anm. 4), Band 3, S. Jon,g (»De stem uit de vrijheid«, in: Ons Vrije 510f., und Hirschfeld (wie Anm. 1), S. 215. Nederland vom 1. Dezember 1945), als weltweit erste Rundfunkstation habe der Belgisehe Dienst 378 Vgl. Hoffmann (wie Anm . 3), S. 41, und Hirsch­ der BBC die Meldung vom bevorstehenden Ende feld (wie Anm. 1), S. 33/217. des Zweiten Weltkrieges bekanntgeben können. 379 Auf dieses Attentat reagierten die Deutschen mit Die Nachricht vom Kriegsende habe der BBC der Hinrichtung von 260 Widerstandskämpfern. zwar auch schon vor Beginn der Abendsendung Bei einer ähnlichen Vergeltungsaktion für den >Radio Oranjes< vorgelegen, sei aber aus unge­ Anschlag auf einen Wehrmachtsoffizier hatten sie klärten Gründen nicht weitergegeben worden. im Oktober 1944 das Dorf Putten verwüstet und 391 Vgl. Doolaard (wie Anm . 46), S. 271 f. 600 seiner männlichen Einwohner in das Konzen- Bott: Radio der Gegenpropaganda 203

39Radio Oranje< gehört. Zit. n. »Oe nen Tag später unterzeichnete Blaskowitz die Engelsehe zender tijdens den oorlog«, in: Else­ Kapitulation. Vgl. de Jong (wie Anm. 101), S. vierWeekblad vom 10. August 1946. 199f. 406 Paul de Groot, zit. n. de Jong (wie Anm. 35), S. 393 Vgl. de Jong (wie Anm . 4), Band 3, S. 539. 113. 394 Ebd., S. 343. 407 A. dem Doolaard im Gespräch mit dem Verfasser 395 Doolaard und de Jong in einem Schreiben an am 18. Januar 1992. Gerbrandy am 4. Mai 1945, in: ARA II, AOK, Doos 33, Map 1945. 396 Van den Broek hatte zunächst gehofft, einen nationalen niederländischen Rundfunk nach briti­ schem Vorbild errichten zu können, und sich be­ reits auf dessen Chefsessel gesehen. Doch die früheren, weltanschaulich geprägten Rundfunk­ vereine gewannen nach Kriegsende rasch an Einfluß und durchkreuzten seine Karrierepläne. Vgl. de Jong (wie Anm. 35), S. 1288. 397 Vgl. Ooolaard (wie Anm. 46), S. 279, und seine Angaben im Gespräch mit dem Verfasser am 18. Januar 1992. 398 Vgl. RvO, Curriculum vitae Louis de Jong. - Zur Entstehung des »Rijksinstituut voor Oorlogs­ documentatie« (RvO) vgl. de Jongs Erinnerungen in ders. (wie Anm. 101), S. 209-218. 399 Hoezo Hilversum?! Hier: »Oe omroep in de oor­ log en vlak na de bevrijding«, o.O. 1987. 400 Sluijser in seinem Memorandum für Kerstens (undatiert, vermutlich März 1942) und zugleich Abschlußbericht der RPAC (undatiert, vermutlich März/April 1942), in: BZ, Londen/RVD, R VI. - Zum Wesen der Propaganda vgl. Paul Kecske­ meti, der sie als einen kontinuierlichen Strom von Mitteilungen gleicher Intention versteht, mit de­ nen der Sender den Empfänger zu einem be­ stimmten Verhalten veranlassen möchte, in: Wil­ bur Schramm/lthiel de Sola Pool u.a. (Hrsg.): Handbook of Communication. Chicago 1973, S. 844-870. 401 Vgl. Krönig (wie Anm. 282), S. 20f. 402 So wurden unmittelbar nach Kriegsende 150.000 Niederländer als mutmaßliche Kollaborateure in­ terniert; 65.000 von ihnen wurden aufgrund er­ wiesener Kollaborationsdelikte schließlich von Sondergerichten verurteilt. Vgl. Romijn/Hirsch­ feld: Die Ahndung der Kollaboration. ln: Henke/ Woller: Politische Säuberung. S. 289-295. 403 Jeremy Bennett: British broadcasting and the Danish resistance movement 1940-1945. A study of the wartime broadcasts of the B.B.C. Danish service. Garnbridge 1966, S. 256; vgl. ebd. für die folgende Feststellung. »Wir sollten nicht spielen, was der Hörer will Der Hörer will im Endeffekt das, was wir spielen« Leichte Musik im Hörfunk der 50er Jahre Eine Diskussion in Stuttgart 1955

Die sogenannte »leichte« (L-)Musik und unter­ sehende Bedürfnis der Hörerschaft nach haltende Sendungen mit Wort und Musik hatten >Unterhaltung< mit Erfolg und unter Wahrung bereits in den 50er Jahren einen Anteil am Hör• künstlerischer Ansprüche befriedigt werden funkprogramm des >Süddeutschen Rundfunks< kann.«5 Wie dies konkret zu ermöglichen sei, (SDR) von über 50 Prozent.1 Dennoch weiß die hatte er bereits 1952 im Vorwort des Prospekts historische Rundfunkforschung kaum Genaues für die Woche erlautert: »Wir bemühen uns, die über die Programme der Unterhaltungsmusik in großen Meister der Musik aus der Vergangenheit diesen Jahren. Beschaftigt man sich eingehen­ und Gegenwart neben vielen anderen in einer der mit dem Angebot an leichter Musik, so ent­ Rolle zu zeigen, in der sie nur wenige erkennen deckt man bald, daß bis weit in die 50er Jahre werden, in der sie aber den Zugang zu den Vie­ hinein nicht nur das Publikum Operettenmusik, len leichter finden werden können, als im ge­ »gehobene« Film- und Tanzmusik bevorzugte. wohnten Rahmen und mit dem Nimbus der so­ Dieses Genre wurde auch bei der Programmge­ genannten >ernsten< Musik.« Ein Blick auf die staltung in hohem Maße berücksichtigt. Das Programme der Aufführungen, an denen sich entsprechende Repertoire wurde weitgehend Interpreten aus vielen Landern beteiligten und durch die rundfunkeigenen sogenannten »Unter­ deren Mitschnitte von vielen Rundfunkanstalten haltungsorchester« und vergleichbare freie En­ des ln- und Auslandes übernommen wurden, sembles in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bestatigt diese Einschatzung. Auch für den mu­ wieder eingespielt. Deren Produktion reichte in­ sikalischen Laien ist erkennbar, daß Werke der dessen allein nicht aus, um die verhaltnismaßig klassischen wie zeitgenössischen ernsten (E-) großen Programmflachen zu füllen. Es mußte Musik mit eher heiterem Charakter aufgeführt ebenso die kommerzielle Musikproduktion, dar­ wurden sowie Kompositionen von Zeitgenossen, unter auch die aktuellen Schlager,2 in den Sen­ die sich darum bemühten, die vorhandenen dungen mit Unterhaltungsmusik berücksichtigt Grenzen zwischen E- und U- Musik zu über• werden, denn diese wurden zunehmend vom schreiten. Es fehlte auch nicht der Jazz. Von der Publikum, z.B. in Hörerbriefen, verlangt. Prasentation ausgeschlossen war natürlich die Die Rundfunkanstalten taten sich schwer, auf aktuelle Schlagerproduktion der kommerziellen die Hörerwünsche nach aktuellen Schlagern ein­ Schallplattenindustrie. s zugehen. Aus Gründen der >Qualitat<, deren An­ Zum Programm der Wochen gehörten - zu­ spruch und Berechtigung hier nicht weiter analy­ mindest in den ersten Jahren - auch Vorträge siert und bewertet werden können - das ist Auf­ und Diskussionsrunden. 1953 leitete der Pro­ gabe einer intensiveren Beschaftigung von grammdirekter des SDR, Peter Kehm, die Ge­ Fachleuten -, versuchten sich die L-Musik-Re­ sprachsrunde mit zehn Thesen zur Unterhal­ daktionen den Wünschen der Zuhörer nach den tungsmusik ein. 7 Auf deren dritte bezieht sich neuesten »Schnulzen« zu erwehren, ihre eige­ das Zitat im Titel dieser Dokumentation: es nen Vorstellungen in den Sendungen durchzu­ wurde aber von einem Teilnehmer der als Do­ setzen und den aktuellen Schlager auf die kument veröffentlichten Nachschrift der Diskus­ »Wunschkonzerte« zu beschranken.3 sion auf der »Woche der leichten Musik« von Es entsprach dem Selbstverstandnis und 1955 nicht ganz korrekt wiedergegeben. a Diese auch den - nicht zuletzt finanziellen - Möglich• Diskussion behandelt in ihrem ersten Teil Fragen keiten der gebührenfinanzierten, öffentlich-recht• der Hörfunkasthetik, wie sie im Zuammenhang lichen Rundfunkanstalten, Qualitätsmaßstäbe mit dem Einsatz anspruchsvoller Unterhaltungs­ nicht nur einzufordern, sondern sie mit Hilfe von musik den Zeitgenossen relevant erschien. Auch Kompositionsauftragen zu entwickeln und mit wenn nur ein sehr ausschnitthafter Eindruck von Einsatz der eigenen Klangkörper öffentlich zu der Problemstellung vermittelt wird, scheint mir präsentieren. So veranstaltete der SDR seit eine Wiedergabe angesichts der wenigen bisher 1951 nahezu jedes Jahr eine »Woche der leich­ zugänglichen Äußerungen dazu wichtig und für ten Musik«.4 Diese Veranstaltung mit öffentli­ einen weiteren Leserkreis von Interesse. Der chen Konzerten, Rundfunkübertragungen und zweite Teil der Diskussion wirft ein bezeichendes Diskussionen sollte mit dazu beitragen, so Inten­ Licht auf den Umgang der damaligen Verant­ dant Fritz Eberhard im Vorwort zum Prospekt für wortlichen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit die Woche 1953 -, »wie denn das nicht zu über- der aktuellen Schlagerproduktion und der- aller- Leichte Musik, im Hörfunk der. SOer Jahre 205 dings nicht einheitlich vertretenen - Ansicht, zur diejenigen, die für leichte Musik gewonnen werden Erziehung und Geschmacksbildung des Hörers sollen, abstoßend wirkt. Das Konzert mit Harry Her­ beizutragen, Mit dem Abdruck des Dokuments, mann 11 war schwülstig. Es brachte eine überlebte das in komprimierter Form Ausdruck der Pro­ Form der Instrumentation. Auf diesem Weg gerät man in einen Engpaß. ln der »Woche der leichten Musik« grammphilosophie der 50er Jahre ist, verbindet sollte wirklich leichte Musik gemacht werden. 12 sich nicht zuletzt die Hoffnung, daß die histori­ sche Rundfunkforschung in Zukunft der Funktion Herr Intendant Eberhard, Süddeutscher Rundfunk 13 und dem Angebot an leichter Musik im Rundfunk Die »Woche der leichten Musik« bringt schwere Brok­ größere Aufmerksamkeit widmet ken. Die meisten Hörer empfinden es als schwere Sache. Doch haben wir diese Woche nicht gedacht als Werbeveranstaltung für die leichte Musik. Sie ist Zum Text: Es handelt sich um die vollständige gedacht als eine Woche, in der Rundfunkleute zu­ Wiedergabe der Nachschrift, 9 Sie stellt auch im sammen mit allen Mitarbeitern an leichter Musik Original eine Mischung aus paraphrasierenden gemeinsam experimentieren, wie man das Niveau der Zusammenfassungen und wörtlicher Rede dar: leichten Musik heben kann. 14 Beim Konzert mit Harry Beides ist nicht immer deutlich voneinander zu Hermann bestand keine Verhältnis zwischen der trennen, Außer einigen Glättungen im Bereich Masse der Musiker und der Zahl der Zuhörer. Sollen der Rechtschreibung ist der Text unverändert wir überhaupt die Quantitäten im Rundfunk anstre­ geblieben und mit einigen Anmerkungen verse­ ben. Eine solche Größe des Orchesters muß selten sein. Außerdem kann man nicht so lange zuhören. hen worden, Im übrigen war es leider nicht mög• Das Raum war für das Orchester Harry Hermann zu lich, alle Personen mit Funktion und Lebensda­ klein . Aber nur aus dem Experimentieren können wir ten zu verifizieren_ Eingefügt wurden einige An­ lernen. notationen, die zum besseren Verständnis der Diskussion unverzichtbar erschienen_ Herr Röhrig, Süddeutscher Rundfunk 15 Es ist nicht notwendig, für leichte Musik zu werben, Edgar Lersch vielleicht muß man es für gute leichte Musik, vielleicht für Unterhaltung durch Musik. Es ist fragwürdig, ob man einen Apparat wie das Orchester Harry Her­ Protokoll der Diskussion mann, der für die Produktion bestimmt ist, öffentlich am 14. Oktober 1955 vorführen soll. Beim Funkball in Düsseldorf ist das Orchester zum ersten Mal aus der Produktionsstille Herr Steiner, Allgemeine Zeitung, Stuttgart herausgetreten. plädiert für die »kleine Form«, die sowohl nach Be­ Wenn man der Meinung ist, daß im Rundfunk nur setzung als auch nach der Art der Komposition funk­ Musik gesendet werden soll, die der Größe eines gemäßer sei als großangelegte Werke, die von Zimmers angepaßt ist, dann muß auf jegliche Über• großen Klangkörpern aufgeführt werden. tragung von Konzerten verzichtet werden; denn es wird nur im Zimmer Rundfunk gehört, Gemein­ Ein Vertreter des belgischen Rundfunks schaftsübertragungen gibt es so gut wie nie. Wir schließt sich dieser Meinung an und begründet seine werben für die kleine Besetzung. Wir hatten sie ge­ Ansicht folgendermaßen: Der Rundfunk macht Musik stern abend beim Kollerquintett, fS das man mag oder für das Haus und muß infolgedessen eine Musik nicht mag, über das man sich aber nicht hinwegset­ bringen, die auf die Größe eines Zimmers berechnet zen kann. Es wurde nicht zum Vergleich mit dem ist. Es gibt Orchester, die 100 Mann brauchen, um Orchester Harry Hermann herbeigezogen, sondern eine bestimmte Klangfarbe zu erreichen, aber im um dadurch den Kontrast, eine Auflösung des Pro­ allgemeinen muß auch das Orchester im Rundfunk so gramms zu erzielen. reduziert werden, daß es sich der Größe eines Zim­ mers anpaßt. Hans Carste, Rias Berlin 17 Es ist kein Zufall, daß eine Rundfunkanstalt die Herr Lackner, österreichischer Rundfunk, Wien »Woche der leichten Musik« veranstaltet. Der tiefere ln der ernsten Musik hat der Rundfunk das Konzert Grund ist der, daß man im Rundfunk nach neuen aus dem Konzertsaal ins Programm übernommen, Möglichkeiten sucht. Der Rundfunk hat sich seit 20 bei der Unterhaltungsmusik hat man das gleiche Jahren gewandelt. Heute wird den ganzen Tag Radio gemacht. Vielleicht muß hier noch eine dem Rund­ gehört. Es ist schwer, dem Hörer dann noch einen funk gemäßere Form gefunden werden. Man hat aus Anreiz zu bieten. Bei den Abendprogrammen kann der heutigen Unterhaltungsmusik, wie sie bei der man les sich nicht mehr leisten, ein bis zwei Stunden »Woche der leichten Musik« ausgeführt wurde, das lang einen Orchesterkörper zu bringen. Man muß Heitere verbannt. Das Heitere hat jedoch eine wichti­ mischen. Das Orchester Harry Hermann zum Beispiel ge Funktion für das Ernste. Wenn das Heitere fehlt, ist nur als Farbe gedacht. Es ist selten, daß man verliert das Ernste seine eigentliche Aufgabe. Zu den einmal auch nur 25 Minuten aus der neuen Produk­ Uraufführungen der vergangenen Woche: Wir tion geschlossen sendet. brauchen das Extremste zum Maßstab für die Das Kollerquintett war in dieser Form nicht glück• 10 Beurteilung . lich gewählt. Doch sind wir alle sehr dankbar, in der Herr Dr.Siawik, Teldec Harnburg Woche der leichten Musik endlich ein Mekka gefun­ Gestern ist aus leichter Musik schwerste geworden. den zu haben, einen Wegweiser in die Zukunft. Ich Damit wird ein Gegensatz hochgezüchtet, der auf suche eine Definition: »Woche für angewandte Mu- 206 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) sik.« Ich vermisse sehr die Herren Verleger, die auch Frage: Ist das, was wir gestern gehört haben, noch herfinden müßten, damit die Arbeit Kreise zieht. Der unser Raum? Kontakt mit anderen Sendern ist wichtig. Herr Röhrig, Süddeutscher Rundfunk Ich habe das Gefühl, daß man bei den Gedan­ kengängen für diese Woche viel zu viel mit dem Zunächst gibt es keine unbedingt an das Land ge­ bundene Unterhaltungsmusik. Die verschiedenen Verstand gearbeitet hat. Man wollte absolut Neues Beiträge aus den einzelnen Ländern haben nur finden. Es ist selbstverständlich, daß in einer Musik­ verschiedene Färbung. Dabei zeichnet sich die fran­ woche Probleme gestellt werden. Aber es muß auch zösische Unterhaltungsmusik zum Beispiel durch etwas Wesentliches bleiben. Da ist noch nicht die besondere Leichtigkeit und Gefälligkeit aus. Jedoch Synthese gefunden worden. Man sollte das Musi­ gibt es keinen Unterschied bis auf die kleinen cha­ kantische nicht vergessen und nicht nur mit dem rakterlichen Unterscheidungen, es sei denn, die Verstand an eine solche Woche herangehen, sondern Unterhaltungsmusik bedient sich der nationalen mit dem Herzen. Ich wäre etwas glücklicher, wenn Folklore. Grundsätzlich möchte ich jedoch die Frage das Neue fließender wäre, und es wäre beglückend, verneinen. wenn ein Abend einmal die Wirkung hätte, daß man hinterher das Konzert verläßt. Herr Dr. Hänsler, Stuttgart22 Beim Rundfunk wird noch nicht genug gemischt. Die Herr Dr. Kehm , Süddeutscher Rundfunk18 Sender gehen noch viel zu sehr vom Konzert aus bei Die Aufforderung »Schaft auch mit dem Herzen« muß ihrer Programmgestaltung. Diese Woche zeigt mir, ich weiterleiten an die anwesenden Komponisten, die daß man noch mehr mischen sollte, daß hier der Weg uns mit dem Stoff für die »Woche der leichten Musik« zu besserer Programmgestaltung liegt. Der reiche versorgen. Schatz aus dem Schallarchiv müßte so gemischt Herr Dr. Dahmen , Süddeutscher Rundfunk19 werden, daß für jeden Hörer etwas geboten wird . Es ist jeweils ein Problem, eine Musikwoche aufzu­ Damit würde man jeden Hörer befriedigen, und keiner ziehen, in der in massierter Form Probleme geboten würde abschalten. werden. Die Programme sollen nicht unterhaltend Herr Röhrig, Süddeutscher Rundfunk sein, sondern Probleme stellen. Eine solche Woche Die Antwort auf diese Frage ist durch Herrn Dr. Dah­ ist mit einer Ausstellung zu vergleichen, die auch eine mens Beitrag schon klar. Das Rundfunkprogramm Fülle von Problemen bietet und bei der auch später muß gemischt sein. Die »Woche der leichten Musik« erst der Genuß kommt. Diese Woche bietet die bietet jedoch kein Rundfunkprogramm, sondern die Massierung als Problemstellung, die bringt kein Grundlage für eine Diskussion. fertiges Programm. Der Hörer am Lautsprecher kann an der Tagung teilnehmen. Erst später werden die Herr Sturm, NWDR Köln23 einzelnen Teile zu Programmen gemischt. Jeder Programmgestalter bemüht sich, stilvoll zu mi­ schen; es ist leicht die Gefahr einer Stillosigkeit und Dr. Kehm, Süddeutscher Rundfunk eines Stilbruchs dabei. Es geht hier nicht darum, Kri­ bekennt sich zu dem gestrigen Abend. Harry Her­ tik am Orchester Harry Herrmann und am Koller­ mann stellt eine Richtung dar, über die sehr viel zu Quintett zu üben. Es ist schwer, vor der Fülle an Ein­ diskutieren ist. Und gibt es nicht noch viele Musikhö• drücken in dieser Woche ein Urteil zu finden, die Dis­ rer, die sich von einer solchen Fülle blenden lassen? krepanz zwischen den einzelnen Programmen war zu Herr Röhrig, Süddeutscher Rundfunk groß. Der »Kiangrausch-Zauberer«, wie Harry Her­ bejaht dies. Man kann Harry Hermann aus diesem mann genannt wird, erfreut sich großer Beliebtheit. Grunde nicht als überholt ansehen . Herr Demler, Osterreichischer Rundfunk, Salzburg Herr Dr. Slawik, Teldec Harnburg Welche Aufgabe in der Gesellschaft erfüllt der Unter­ Ich bin mißverstanden worden. Ich habe nicht von der haltungsmann beim Rundfunk? Ist der Zweck einer kleinen Besetzung im Gegensatz zum Orchester solchen Woche, die Möglichkeiten zu zeigen, die wir Harry Hermann gesprochen, sondern meinte die haben, um den Hörer zu unterhalten? Oder wird uns »kleinere Besetzung«. hier eine Auswahl in Form einer Ausstellung gebo­ ten? Herr Schmidthenner, Saarbrücken20 Oft habe ich den Ehrgeiz, etwas ganz Besonderes Man müßte dem Hörer, der viel weniger Beziehungen zu machen, das dann meist gar nicht so gut an­ zu dieser Musik hat, sie näher bringen in lockerer kommt. Ist es nun unsere Aufgabe, etwas Besonde­ Form. Dazu müßten auch die Anmerkungen im Pro­ res zu machen, oder haben wir den Hörer gut zu grammheftausführlicher sein. unterhalten? Die Frage des Niveaus wird hier sehr Herr Hildebrand, Wiesbaden21 kritisch. Unterhalte ich mich gut, so empfinde ich das Die Woche bringt Anregungen für den schaffenden Niveau sofort als höher. Künstler. Als Außenstehender muß ich aber sagen, Dr. Kehm, Süddeutscher Rundfunk daß mir die Abende seit Dienstag viel gegeben Mit dieser Frage können wir gut zum zweiten Thema haben. Zur Diskussion um Harry Hermann: Im Pro­ dieses Nachmittags überleiten : Soziologie des Schla­ gramm hört man ihn höchstens 25 Minuten . gers. Hat der Rundfunk die Aufgabe, den Geschmack Herr Lackner, Osterreichischer Rundfunk, Wien seiner Hörer zu befriedigen, oder hat er die Aufgabe Gibt es eigentlich noch eine deutsche Unterhal­ einer führenden Funktion? tungsmusik, die national gefärbt ist. Die dem Raum entspringt, in dem sie musiziert wird? Und dann die Leichte Musik im Hörfunk der 50er Jahre 207

Herr Demler, Salzburg Damit hätte der Rundfunk dann gleichzeitig das Ich sprach nicht von der Befriedigung des Ge­ Recht, andere Dinge auch einmal zurückzuschicken. schmacks, sondern fragte, ob es Aufgabe des Rund­ Klaus Wüsthoff, Rias Berlin26 funks ist, den Hörer zu unterhalten. Es ist sehr schwer, diese Dinge einheitlich für alle Herr Mulvad, Dänischer Rundfunk Rundfunkanstalten mit der Industrie anzusprechen. Es besteht ein großer Unterschied zwischen den Schnulzen zum Beispiel, die in Berlin vollkommen Rundfunksendern, die direkt senden und denen, die abgelehnt werden, werden in München gespielt. produzieren, ein großer Unterschied zwischen Rund­ Herr Nobach: Electrola funk als Rundfunk und Rundfunk als Ersatz. Die Bevor man über diese technischen Dinge spricht, Komponisten schreiben noch für Konzerte und keine muß über das Phänomen Schnulze gesprochen wer­ Unterhaltungsmusik für den Rundfunk. Sie sollten den. Wenn dieser Begriff ganz klar wäre, dann wäre Kompositionsaufträge anders auffassen als bisher. die Sache einfach. Ich habe versucht, etwas bessere Die deutsche Unterhaltungsmusik ist hier konservati­ Platten herauszubringen. Aber ich bin ein Rufer in der ver als die amerikanische und englische. Die deut­ Wüste geblieben: 8 000 bis 10 000 Platten sind es sche ist ambitiöser. geworden, aber nicht mehr. Die Schnulzen verkaufen Herr Leutwiler (Komponist)24 sich auch, ohne daß ein Sender sie spielt. Wie kön• Jeder Komponist ist vor die Frage gestellt, wie soll ich nen wir aber dem Verbraucher klar machen, wo schreiben? Jeder Komponist hat den Ehrgeiz, etwas Volksmusik aufhört und wo Pseudomusik anfängt? Besonderes zu schaffen, das aber auch beim Hörer Herr Demler, Salzburg ankommen soll. Es muß eine Synthese gefunden Eine Platte, die in der Hörerpost ständig verlangt werden zwischen dem Experiment und dem allge­ wurde, ist bei keinen einzigen Schallplattenhändler in meinen Geschmack. Der Publikumsgeschmack muß Salzburg verkauft worden. Es besteht offensichtli~h sowohl befriedigt als auch gehoben werden. Man darf ein Unterschied zwischen den Platten, welche d1e keine Musik schreiben, die erst in zehn oder zwanzi­ Rundfunkhörer hören wollen und denen, die sie sich ger Jahren verstanden werden kann. anschaffen. Herrn Dr. Kleine, NWDR Köln25 Dr. Veder, Electrola Wenn man nur ein oder zwei Stücke mit nach Hause Das Gespräch zwischen Rundfunk und Schallplatten­ nimmt, die sich lohnen, wenn man sie produziert, Industrie findet nicht ganz auf dem demselben Niveau dann hat es sich gelohnt, diese Woche mitzumachen. statt. Die Industrie produziert einen Artikel, der ge­ [Herr Dr. Kehm schließt den ersten Teil der Diskus­ kauft wird. Wir können diesen Artikel auch formen, sion ab und bittet Herrn Röhrig, eine kurze Einfüh• aber in erster Linie müssen wir ihn so produzieren, rung in den zweiten, »Soziologie des Schlagers«, zu daß er gekauft wird. Den richtigen Publikumsge­ geben.] schmack kann die Schallplattenindustrie feststellen. Der Hörer zahlt seine Rundfunkgebühr, ob sein Herr Röhrig, Süddeutscher Rundfunk Schlager gespielt wird oder nicht. Die DM 4,-, die ln der »Woche der leichten Musik« 1955 haben wir man für eine Schallplatte ausgibt, sind jedoch ein bewußt den Schlager ausgeschaltet. Schallplatten­ Votum. Leider Gottes ist der Geschmack der breiten leute sind die wesentlichen Gesprächspartner bei der Masse nicht unser Geschmack, die wir das Niveau Diskussion um den Schlager. Die Ansicht über gut heben wollen. Als kommerzielles Unternehmen und schlecht ist bei der Platte und Funk die gleiche. müssen wir Schallplatten produzieren, die wir verkau­ Woran liegt es, daß es Schnulzen gibt? Das Geld fen können. Nur durch diese Verkäufe können wir uns steht dem Schlagerniveau entgegen. Diejenigen, die erlauben, für die gute Musik etwas zu tun. Und man vom Verkauf des Schlagers leben müssen, sind kann sagen, daß die Schallplattenindustrie ihre gezwungen, den kommerziellen Gesichtspunkt vor­ kulturellen Aufgabe wahrnimmt. Wir müssen Schlager rangieren zu lassen. Der Rundfunk lebt als einzige produzieren; denn damit verdienen wir. Und ist der Publikationszentrale des Schlagers nicht vom Ge­ Schlager wirklich so schlecht? Jedes Tanzlied wird schäft. Was will die Masse der Schlagerkonsumen­ schon als Schlager bezeichnet. Das ist falsch. Schla­ ten? Wollen die Leute die Schnulze; Zitat eines Ge­ ger sind nur die Lieder, die einschlagen. »Sch­ dankens, den Herr Dr. Kehm anläßlich der »Woche lager« ist die deutsche Übersetzung für »Bestseller«. der leichten Musik« 1953 geäußert hat: »Wir sollten Wir sind überhaupt mit Bezeichnungen großzügig nicht spielen, was der Hörer will. Der Hörer will im geworden: Jede Sängerin ist ein Star, jedes Lied ist Endeffekt das, was wir spielen.« Soll man nicht den ein Schlager. Es gibt gar nicht so viele Schlager. Rundfunkhörer überlisten? (Geschichte von der Lpider Gottes hat die Wald- und Wiesenprodukti­ Margarine in der Suppe. Das Draufzahlen sollte sich on an Schallplatten in den letzten Jahren so zuge­ der Rundfunk leisten können). nommen, weil immer mehr Leute für die Schallplatte Die Schallplattenindustrie bietet dem Rundfunk gewonnen worden sind. Die Schhallplattenproduktion ihre neuesten Produktionen an, weil sie daran inter­ nach dem Kriege hat nur einen kleinen Kreis erfaßt, essiert ist, daß sie durch den Rundfunk verbreitet der jetzt immer größer wird. Diese breiten Massen wird. Es besteht eine gegenseitige Abhängigkeit haben noch einen primitiven Geschmack. Bei einer zwischen Rundfunk und Schallplattenindustrie; die Plattenproduktion von 3 Millionen hätten wir wahr­ Frage ist nur, wie man auf einen gemeinsamen scheinlich ein gutes Niveau. Wir produzieren aber 25 Nenner kommen kann . Der Rundfunk bittet die bis 30 Millionen Platten, und unsere Kunden sind Schallplattenindustrie um Hinweise, für welche größtenteils musikalische Analphabeten . Sie lieben Produktion etwas Besonderes getan werden sollte. 208 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) die Schnulze, und es dauert seine Zeit, diese Leute ßen. Er kann versuchen zu bilden. Dies gelingt nicht zu erziehen. Dies ist nicht schnell möglich, aber mit einem kultivierten Tanzschlager. Der Ansatz zu jemand, der sich heute eine Schnulze kauft, wird sich höherer kultureller Betätigung liegt nicht darin, daß vielleicht in einigen Jahren schon eine »kleine man etwas Seichtes durch eine andere Instrumenta­ Nachtmusik« anschaffen. Unsere Produktion besteht tion auf ein höheres Niveau bringt. Die Verbindung übrigens nicht nur aus Schnulzen, auf 10 schlechte zwischen Rundfunk und Schallplattenindustrie darf Platten kommen drei bis vier gute. Die letzteren fallen nicht hergestellt werden.29 kommerziell überhaupt nicht ins Gewicht. Herr Lackner, Wien Eine große Schallplattenfirma in Frankreich Es gibt keine Brücke vom Schlager zur Volksmusik. brachte vor kurzer Zeit eine Langspielplatte mit zwölf Es ist unsere Tragödie, daß wir nirgends mehr wur­ Schlagern heraus, die vom französischen Rundfunk zeln. Wir befinden uns in der Leere, wenn wir uns von als schlecht zurückgewiesen wurde. Diese Platte ist unserem Herkommen entfernen. Wir haben noch heute der größte Verkaufsschlager. Es hat keinen ursprüngliche Volksmusik. Was wir während dieser Sinn und es ist nicht möglich, diese Dinge mit Gewalt Woche hören, ist meist zu stark konstruiert. zu betreiben. Gerhard Winkler27 Herr Demler, Salzburg Die Schnulze kommt mir sehr volksliedhaft vor, wenn Ist es überhaupt richtig, daß der Rundfunk dem Hörer ich sie des großen Apparats entkleide. etwas vorenthält, was der Hörer hören möchte. Auf Wunsch der Plattenindustrie habe ich einmal ein Herr Lackner, Wien Jägerlied zu schreiben gehabt. Ich tat es, damit man Wir müssen den Kitsch und das Konstruierte schei­ mir dafür auch einmal wieder etwas Besseres ab­ den vom Echten und Ursprünglichen. Eine Gefahr ist nahm. Es wurde das »Heideröselein« daraus, das auch, daß uns der Humor verloren geht. eine Auflage von 500 000 Platten allein bei einer Firma erreicht hat. Dieses Lied wurde von den Herr Dr. Kehm, Süddeutscher Rundfunk Rundfunkanstalten abgelehnt. ln anderen Ländern Ich möchte die Diskussion angesichts der vorge­ wurde es jedoch ein ganz großer Erfolg. Haben diese schrittenen Zeit einengen auf das Thema: Rundfunk Länder einen so schlechten Geschmack? Wenn der und Schlager. Rundfunk täglich 10 bis 14 Stunden Musik sendet, Herrn Dr. Dahmen, Süddeutscher Rundfunk dann wird er auch dafür Zeit haben. Ich finde es nicht Solange es ein Volkslied gibt, gibt es Schlager. richtig, wenn dieses Lied vom Rundfunk abgelehnt Schlager und Schnulze leben seit jeher neben dem wird. Das »Heideröslein« hat einen einfachen, logi­ Volkslied. Sie müssen vom Rundfunk auseinanderge­ schen Text. Ich möchte den Herren sagen, daß Sie halten werden. Die gesamte Volksmusik ist Unterhal­ nicht so streng sein sollen. tungsmusik im edelsten Sinne des Wortes. Eine so Herr Intendant Eberhard große Verbreitung hat sie durch die Technik ge­ Können wir nicht eine Form der Kooperation finden funden. zwischen allen Beteiligten, durch die so viele Schall­ Herr Dr. Kehm platten hergestellt würden, daß Herr Winkler kein Der Gassenhauer ist durch den Rundfunk nicht mehr »Heideröslein« zu schreiben braucht. auf der Gasse beheimatet. Er hat dadurch einen Herr Mulvad anderen sozialen Rang bekommen. Ich glaube, hierzu etwas sagen zu können; denn Herr Mulvad Dänemark ist das Land, in dem im Verhältnis zur Der Rundfunk möchte nicht mit Gewalt eine blühende Bevölkerung am meisten Platten hergestellt werden. Schallplattenindustrie vernichten. Zur Frage: Mit wel­ Das Problem besteht nicht nur zwischen Rundfunk chem Recht verbietet der Rundfunk Schnulzen? Es und Schallplattenindustrie, auch der Künstler gehört wäre doch auch undenkbar, daß der Rundfunk die noch dazu. Eine Platte wird nicht nur durch den Neuigkeiten aus den neuesten Illustrierten verlesen Rundfunk bekannt, das Auftreten des Künstlers trägt würde. Das ist im großen und ganzen die gleiche viel dazu bei, ob sie gut oder schlecht verkauft wird. Linie. Herr Demler, Salzburg Herr Dr. Mayer, Süddeutscher Rundfunk30 Wo ist die lebendige Volksmusik? Hat der Schlager Wenn hier gefragt wird, ob der Rundfunk das Recht die Funktion der Volksmusik übernommen? Wenn der hat, Dinge abzulehnen, die das Publikum verfangt, so Rundfunk den Schlager ablehnt, lehnt er dann nicht müssen wir mit einem entschiedenen »Ja« antworten. eine lebendige Musik ab? Hier besteht heute ein Eben vyeil der Rundfunk nicht die kommerziellen Vakuum. Liegt der Fehler vielleicht darin, daß Volks­ Notwendigkeiten hat, die die Schallplattenindustrie musik heute mit großem Apparat dargeboten wird? als Entschuldigung anführt. Herr Aschenbrenner28 Herr Winkler Niveau und Qualität einer Komposition ist maßge• Der NWDR hat das »Heideröslein« nicht abgelehnt. bend. Die Schallplatte braucht den Rundfunk nicht. Hier scheinen sich die einzelnen Sender nicht einig Ihr Publikum bestimmt das Niveau so stark. Es gibt zu sein. keine Verbindung zwischen »Schnulze« und der kleinen Nachtmusik. Hier scheiden sich die Geister. Herr Wüsthoff, Rias Ich halte es für sehr schwer, in der Erziehung der Soll der Rundfunk Hörerwünsche berücksichtigen Hörer den Weg von unten nach oben zu gehen. Der oder nicht? Soll er dem Hörer eine Stunde am Tag für Rundfunk kann sich den Schnulzen nicht verschlie- seine Wünsche geben oder nicht? Leichte Musik im Hörfunk der 50er Jahre 209

Herr Dr. Kehm Herr Riviere Es kann sich nicht darum handeln, Schlager über­ schildert den »großen Preis der Schallplatte« in haupt abzulehnen, sondern es geht nur um einzelne Frankreich und bemerkt abschließend, daß die als Exemplare. »beste Schallplatten« ausgezeichneten Platten immer Bestseller sind. Mr. Wade, London Rundfunk und Schlallplattenindustrie könnten besser Herr Vollmer, NWDR Hamburg32 zusammenarbeiten, wenn man feststellen könnte, Der NWDR sendet auf Langwelle ein Versuchspro­ daß der Markt für das Produkt ein anderer ist für den gramm, das von Technikern zusammengestellt wird, Rundfunk und die Schallplattenindustrie. Es besteht die andere Sendungen mitschneiden. Dieses Pro­ ein großer Unterschied zwischen dem, was man gramm wird von einem großen Teil der Hörer dem Schlager nennt, und dem, was man »populäre Musik« offiziellen Programm vorgezogen. nennt. Radioprogramme sind wirklich nicht vorgese­ hen als Verbreiter für Neuigkeiten der Industrie. Sie Herr Dr. Kehm Das ist das Musterbeispiel der ungestalteten Materie. sollen einen Spiegel dessen geben, was nationales Leben geworden ist. Die Industrie produziert bereits Herr Dr. Veder, Electrola mehr, als das Publikum abnehmen kann. Die Zu­ Die Zusammenarbeit zwischen Rundfunk und sammenarbeit wäre leichter, wenn die Schallplatten­ Schallplattenindustrie ist wirklich gut, wir können uns industrie mitarbeiten würde, bessere Produkte für den nicht beklagen. Die beste Lösung wäre folgende: Die Rundfunk zu liefern. Schallplattenindustrie bemüht sich, auch solche Aufnahmen zu machen, die dem Sender gerecht Herr Dr. Kehm werden. Verkaufen tun wir andere Platten. ln der Kann nicht zwischen Rundfunk und Schallplatten­ Mitte treffen wir uns. Wenn sich aber ein Schlager industrie eine bessere Zusammenarbeit begonnen trotz Ablehnung des Rundfunks durchsetzt, dann werden? Ich mache den Vorschlag, die Schallplatten­ müßte Dr. Mayers krasses Nein revidiert werden. Im industrie verzichtet auf das Unterste dessen, was sie letzten Jahr wurden eine Million Plattenspieler ver­ herstellt. Dann kann sie auch das Bessere vertreiben, kauft. Das Niveau der Besitzer wird steigen. Vor drei für das der Rundfunk Verwendung hat. Jahren wurden von der »kleinen Nachtmusik« 3 000 Herr Nobach, Electrola Platten verkauft, heute sind e~ 30 000. Die Zusammenarbeit hat sich gut eingespielt. Wir Herr Schmidtberger, kennen die Dinge, die die Rundfunkleute nicht wollen. österreichischer Rundfunk, Wien Wenn nun aber etwas ein Schlager wird ohne Zutun Schlager sind in ihrer Melodik der Volksmusik ähnlich. des Rundfunks, und der Hörer wünscht es sich im Vom »Heideröslein« geht die Linie über die Volks­ Wunschkonzert? musik zur ernsten Musik. Herr Röhrig, Süddeutscher Rundfunk Herr Dr. Kehm beschließt die Diskussion mit dem Wir haben täglich zweimal 50 Minuten lang »Musik Zitat eines Ausspruchs des Bundespräsidenten, den macht gute Laune«, wo wir Hörerwünsche erfüllen. dieser anläßlich der Eröffnung einer Ausstellung Bei der Erfüllung dieser Wünsche sind wir großzügi• gebrauchte: »Qualität ist Anständigkeit«. Qualität ist ger als bei der sonstigen Programmgestaltung, aber gutes Material, sauber verarbeitet und dem Abneh­ wir gehen auch nicht unter eine bestimmte Linie, die mer mit gutem Gewissen dargeboten. wir als unterste Grenze des für uns Möglichen gesetzt haben. Dies ist schon ein gewisser Kompromiß. Neben den üblichen Hinweisen auf Schallplatten, für Anmerkungen die etwas getan werden soll, habe ich von Herrn Vgl. Fritz Eberhard: Der Rundfunkhörer und sein Nobach öfters persönliche Briefe bekommen, in Programm, Berlin 1962, S.126. Statistische Ana­ denen er mir bestimmte Neuerscheinungen ans Herz lysen der Anteile der einzelnen Programmgattun­ gelegt hat. Dies hat sich sehr gut bewährt, und ich gen im Hörfunk anderer Rundfunkanstalten dürf• möchte auch die anderen Firmen auffordern: Schrei- · ten für die 50er Jahre kaum zu wesentlich ande­ ben Sie uns, für welche Platten wir uns besonders ren Ergebnissen kommen. einsetzen sollen! 1 2 Zum Schlager der 50er Jahre, der Bewertung Herr Biehler, Süddeutscher Rundfunk3 seiner Texte sowie der musikalischen Qualitäten Wenn wir bei der Beurteilung von Schlagern zu sno­ siehe immer noch als wichtigen Überblick Werner bistisch sind, dann treiben wir die Hörer zum Schall­ Mezger: Schlager. Versuch einer Gesamtdarstel­ plattenhören vom Rundfunk weg . Man darf den Leu­ h,mg unter besonderer Berücksichtigung des Mu­ ten nicht mit dem Zeigefinger predigen, sie haben es sikmarktes der Bundesrepublik Deutschland. Tü• über, immer erzogen zu werden. Man sollte den bingen 1975. Hörer überlisten und sich hier mit der Schallplatten­ industrie treffen. Ich schlage vor, in Deutschland 3 Vgl. dazu demnächst ausführlicher in einem einen »großen Preis der Schallplatte« wie in Frank­ Südfunkheft einen Beitrag über das Hörfunkpro• reich einzuführen. Er wird dort getragen von einer gramm der 50er Jahre. privaten Institution in Verbindung mit der Pariser 4 ln den 50er Jahren gab es 1954 und 1959 keine Hochschule für Musik. Man sollte nicht immer die »Woche der leichten Musik«, seit 1960 wurde sie Schallplatte tadeln, sondern auch ihre Verdienste bis 1970 alle zwei Jahre veranstaltet (1970 hieß anerkennen. sie »Studiowoche der leichten Musik«). 1980 gab 210 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

es noch einmal »Studiotage der leichten Musik« in sichtsratsvorsitzender der GEMA. Carste war Stuttgart. Komponist des Erfolgsschlagers »Lieber Gott, laß die Sonne wieder scheinen«. 5 Vgl. SDR/Historisches Archiv (HA), Rundfunkdo­ kumentation, S01/02-5071 (1) . 18 Dr. Peter Kehm (geb. 1920), 1947- 1984 Sende­ leiter von Radio Stuttgart bzw. Programmdirektor 6 Alle Programme der Wochen wie auch die Akten Hörfunk des SDR. der Redaktion »Leichte Musik«, die die Vorberei­ tung und Durchführung der Wochen unter der 19 Prof Dr. Hermann Dahmen (1910 - 1991) 1951 - Leitung von Hans Conzelmann und Wolfram Röh• 1975 Leiter des Südfunk-Chores. rig dokumentieren, sind im Historischen Archiv 20 Rudi Schmitthenner (1902 - 1974), 1952 - 1967 des SDR erhalten. Die »Woche der leichten Mu­ Programmgestalter bzw. Leiter der Abteilung Un­ sik« verdiente eine intensivere Beschäftigung. terhaltungsmusik von Radio Saarbrücken bzw. 7 Die Diskussion vom 9.10.1953 ist als Mitschnitt im des SR. Schallarchiv des SDR erhalten (SDR/ Schallar­ 21 Ernst Hildebrand (geb. 1918), Dirigent und Kapell­ chiv, WO 6991). Eine Publikation dieses Ge­ meister, freier Mitarbeiter verschiedener Rund­ sprächs ist geplant. funkanstalten. 8 Der Ausspruch ist eine Paraphrase berühmt• 22 Dr. Hänsler konnte nicht identifiziert werden. berüchtigter Äußerungen Adolf Grimmes bei der Übernahme des Amtes des Generaldirektors des 23 Bernhard Sturm (1896- 1973), bis 1949 verschie­ NWDR 1948. Vgl. Adolf Grimme: Die Sendung der dene Tätigkeiten in Musikredaktionen bei der Sendungen des Rundfunks. Frankfurt am Main Reichs-Rundfunk-Gesellschaft und beim Mittel­ 1955, S.40. deutschen Rundfunk, 1950 - 1961 Mitarbeiter in der Abteilung Unterhaltung/Hörfunk beim 9 SDR/HA, Redaktion Leichte Musik, H11/03- NWDR/Köln bzw. WDR. 10/6296. 24 Toni Leutwiler (geb. 1923), Schweizer Komponist 10 Gestrichen: »Wie ziehen wir das Extreme aber so und Dirigent. in das Maß, um es den Leuten verständlich zu machen.« 25 Dr. Werner Kleine (1907- 1980), 1953- 1965 erst Theaterleiter in Halle, Mitarbeiter beim NWDR, 11 Genauere Angaben zu dem erwähnten Konzert seit 1965 Leiter der U-Musik beim BR. vom 13.10.1955 finden sich in dem Programmheft der »Woche der leichten Musik« 1955. Vom Mit­ 26 Klaus Wüsthoff (geb. 1922), Komponist, 1952 - schnitt dieser Aufführung sind Aufnahmen im 1958 Tätigkeit in der Musikabteilung des RIAS Schallarchiv des SDR (LM 55/49/1ff) erhalten. - Berlin. Harry Hermann Spitz (1899-1961), Bratschist, seit 1929 in der Musikabteilung der WERAG - Köln, 27 Gerhard Winkler (1906 - 1977), Schlagerkompo­ Emigration, ab 1940 in KZ-Haft. Nach dem Zwei­ nist und Arrangeur, Urheber von Erfolgstiteln wie ten Weltkrieg Leiter der Musikabteilung im Funk­ »Bella bella donna«, »Caprifischer«, »0 mia della haus Harnburg des NWDR, später Leiter des Or­ Napoli«, »Schütt' die Sorgen in ein Gläschen chesters Harry Hermann, mit dem er konzertante Wein«, »Zwei Spuren im Schnee«. Tanz- und Unterhaltungsmusik, aber auch zeit­ 28 Johannes Aschenbrenner (geb. 1903), Komponist, genössische Ernste Musik einspielte. 1954 leitete in den 50er Jahren freier Mitarbeiter des NWDR. Spitz die Uraufführung der Schönberg-Oper »Moses und Aron«, deren Partitur er aus dem 29 Im Text jetzt: »Disput zwischen den Herren Nachlaß des Komponisten erworben hatte. Aschenbrenner und Winkler über die Frage der Berechtigung eines Pseudonyms bei der Kom­ 1 2 Gestrichen: »Um dadurch dem Hörer die leichte position minderwertiger Musik.« Musik schmackhaft zu machen.« 30 Dr. Karl (Charles) Mayer (1889 - 1967), 1926 - 1 3 Fritz Eberhard (1896- 1982), 1949 - 1958 Inten­ 1933 Programmleiter bei der Süddeutschen dant des SDR. Rundfunk AG in Stuttgart, Emigrationszeit in den 14 Gestrichen: »Das Programm in der Masse ist nicht USA, 1950 Leiter des Werbefunks, 1954 - 1959 der Sinn dieser Woche.« Leiter der Hauptabteilung Unterhaltung beim SDR. 15 Wolfram Röhrig (geb. 1916), 1955 - 1981 Leiter der Redaktion »Leichte Musik« beim SDR. 31 Frarlz Siehier (1908 - 1992), seit 1935 beim Reichssender Stuttgart, 1953 - 1973 Leiter des 16 Das Kollerquintett, eine Jazzformation, ist benannt Schallarchivs beim SDR. nach seinem Gründer Hans Koller (geb. 1921). 2 Koller arbeitete ab 1950 mit dem Kollerquartett, 3 Christoph Vollmer (geb. 1927), Musikerausbil­ später dann dem Kollerquintett, dem auch Albert dung, verschiedene Tätigkeiten an Theatern, Mangelsdorff angehörte. Koller war ab 1957 Mit­ Pianist und Komponist, 1953 - 1979 Programm­ glied der SWF-Big Band . gestalter beim NWDR/Hamburg bzw. NDR. 17 Hans Carste (1909 - 1971), Dirigent und Arran­ geur, seit 1949 beim Rias Berlin, später auch Auf- Nachrichten und Informationen

25 Jahre Studienkreis Rundfunk und ren Historikertag hielten. Der Initiator und Leiter Geschichte - hat es sich gelohnt?* Prof. Dr. Wilhelm Treue, hatte das Thema »Di~ Rundfunkanstalten als Faktoren der Geschichte Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! und als Objekte der Geschichtswissenschaft« Im Jahre 1926 umfaßte die sogenannte Bi­ gewahlt. bliothek in den Frankfurter Senderaumen ein Wir sind an der Wiege des Studienkreises. Zimmer, diente als Universalarchiv und war zu­ Eines weiteren Geburtshelfers erinnerte sich 20 dem Archiv ohne Archivar. Es dauerte auch an­ Jahre spater unser verehrter Wilhelm Treue: dernorts, bis es auf diesem Felde Fortschritte mit Walter Först. Damals Teilnehmer des Historiker­ Schubwirkung gab: wie das Deutsche Rundfunk­ tages, erfuhr er von dem Kolloquium, »und be­ archiv oder die Historische Kommission der saß die Courage, kam nicht nur ohne Einladung ARD, die die Rundfunkanstalten zu historischem zu der Gesprachsrunde, sondern setzte sich Bewußtsein führen wollten. auch sofort an den Tisch, an dem die Intendan­ Aber wie stand es um die Grundkenntnisse ten Bausch und Hammerschmidt Platz genom­ der Benutzer, namentlich der Historiker? Wel­ men hatten. Zwar erregte er dadurch das Mißfal• chen Begriff hatten sie von der gesellschaftlichen len des SWF-Intendanten, aber er war auf diese und politischen Rolle und Wirkung des Rund­ Weise sichtbar anwesend« und konnte dann für funks und Fernsehens? die Idee des Studienkreises gewonnen werden. Das waren Erinnerungen und Fragen, die ein Da wir diesmal in Nordrhein-Westfalen tagen, Vierteljahrhundert alt sind, wie auch die folgen­ gleich noch ein Wort von Walter Först. Er wußte, den Satze, die noch langer zurückliegen: was ihm der WDR wert war, und daß Aufklarung »Tatsachlich werden in diesen Medien taglieh unter den Süddeutschen nottat Er ließ sie bei­ Dinge registriert, die Geschichte machen - ohne laufig wissen: »Wir sind der einzige Integrations­ daß Politik und Geschichtswissenschaft davon faktor im Gesamtland.« Kenntnis nehmen.« Der Rundfunk war sogar Wissen Sie, daß aktive Zeitzeugen aus die­ Parlamentsersatz, als der (nur kurz amtierende) sen bedeutenden Tagen noch unter uns sitzen Reichskanzler Schleicher am 1. Dezember 1932 und daß sich damals Großes mit ihnen vollzog? seine Regierungserklarung abgab. Und zum Am Vorabend des Kolloquiums weihte Treue Fernsehen lautete die Erfahrung eines Intendan­ eine kleine Fronde in sein Vorhaben ein - es soll ten: »Es macht einen Unterschied, ob ich den im Gasthaus »Zum Lamm« in Neuweier gewe­ Adenauer am Bildschirm habe, der das deutsche sen sein: seinen Doktoranden Wolfgang Hempel, Volk beschwört, daß die Lage noch nie so ernst dem gerade abgeraten worden war, Ober den gewesen sei, und vielleicht einige Angstkaufe »Adel als Unternehmer« zu promovieren und einleitet, die am nachsten Morgen um 8.00 Uhr sich statt dessen beim >SOdwestfunk< vorzustel­ in der Steigerung der Preise für Schweine­ len, _um dann dessen Geschichte zu besingen. schmalz zum Ausdruck kommen. Oder ob ich Soll1ch Obertreiben und sagen: Statt dessen hat darOber einen Zweispalterinder FAZ lese.« er dort nicht nur Karriere sondern auch Ge­ Und welche Rolle spielt der Rundfunk selbst? schichte gemacht? Wie wird er politisch manipuliert? Und wie mani­ Zu dieser Fronde gehörten noch zwei Stu­ puliert er sich selber? Was ist die denten. Einer war gestern noch unter uns - und »zurechtgemachte Wirklichkeit«? Und »inwie­ fliegt zur Stunde gerade den Moskauer Archiven weit verandert die Kamera, auch wenn wir es entgegen: Ansgar Diller. Woraus für den Histori­ nicht wollen, die Wirklichkeit?« Was passiert in ker folgt: Studenten waren nicht nur frOh im Stu­ den Chefetagen dieses sensiblen Mediums dienkreis prasent, sondern bereits bei seiner wenn das persönliche Eingestandnis eines Ent~ gedanklichen Vorbereitung. Die Gründungsab• scheiders lautete: »Die wichtigste Tatigkeit eines sicht bildete sich dann im folgenden Jahr aus, Intendanten besteht darin, was er alles verhin­ mit Ihr auch eine beherzte Freude an Grün• dert hat.« dungsversammlungen und -protokollen. Für Meine Damen und Herren, das sind einige Treue selbst waren die Daten spater »verwir­ Gesprachsfetzen aus einem bunt zusammenge­ rend«, so daß er in seiner Koblenzer ROckschau würfelten Kolloquium am 11 . Oktober 1967 im (vor fünf Jahren) die griffige Formel für alle Freiburger Landesstudio des >Südwestfunks< Chronisten fand: »Gegründet wurde der Studien­ zwei Intendanten, Archivare und andere leitende kreis demnach vom 22. November 1968 bis zum Kratte aus den Rundfunkanstalten sowie einige 9. Januar 1969, und er bestand bis zur falschli­ Universitatshistoriker, die gerade in Freiburg ih- cherweise >GrOndungsversammlung< genannten ersten Jahrestagung am 10. Juni 1969 in Lud- 212 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) wigshafen aus einem sechsköpfigen Vorstand Sicherheit wie die Gewißheit, historisch notwen­ und einem einfachen Mitglied, unserem heutigen dig und somit unentbehrlich zu existieren. Schatzmeister Wolfgang Hempel.« Der empirische Nachweis ließe sich über die - Das einfache Mitglied Hempel gehörte zu­ leicht hinterhältige - Frage erbringen: Läßt sich gleich zu den fünf Stamm-Mitgliedern, unter de­ die seitherige Geschichte des Studienkreises als nen eine Frau war, und durfte mit ihnen den er­ ehrlicher, unermüdlicher und arbeitsamer Ver­ sten Etat des Studienkreises mit jeweils 100 DM such deuten, aus dieser Gewißheit - im Hegei­ Darlehen vorfinanzieren, ich nehme an, zinslos. schen Sinne - keinen Mythos werden zu lassen? Hier begann also - mit bescheidensten Eigen­ Oder ist er zur Routine verkommen, deren mitteln - die ehrenamtliche Karriere des späteren Lichtblicke die Rückblicke in der Folge seiner Ju­ Schatzmeisters, der den Studienkreis in jüngsten biläen sind? Anders und einfach gefragt: Hat es Jahren an dem Nutzen einer Kapitalakkumulati­ bisher gelohnt? on teilhaben lassen sollte, deren Größenordnung Meine Damen und Herren, ein Zweifel daran selbst für haushaltserfahrene Vorstandsmitglie­ wäre furchtbar. Stellen Sie sich die Depressio­ der schwindelerregend war. nen der Frauen und Manner der ersten Stunde 100 DM waren damals übrigens viel Geld. Sie vor, wenn ihre autobiographischen Notizen in konnten soviel Farbe dafür kaufen, daß sie aus­ den geheimen Schubfächern und Stahlschrän• reichte, sämtliche Korridorwände des Mannhei­ ken ungenutzt bleiben müßten, oder die Irrita­ mer Schlosses, das die Universität beherbergte, tionen der Diplomanden und Doktoranden, die mit manchem munteren Motto gegen den »Muff bereits beginnen, den Studienkreis selbst zum der Talare« zu verzieren, wie dem Bert Brechts: Gegenstand der Forschung zu machen. Ich »Es ist verboten, zu verbieten«. Unsere fünf möchte alle beruhigen. Ich glaube, es hat ge­ Stamm-Mitglieder wollten die Welt aber nicht mit lohnt. flotten Sprüchen bewegen. Sie waren nicht nur Ich will einen Nachweis dafür anbieten, indem innovativ und kreativ, sondern handelten auch ich einige Merkmale, vor allem Veranstaltungsty­ konspirativ und somit effektiv. Sie taten alles, um pen des Studienkreises Revue passieren lasse, zu vermeiden, daß die Gründungsversammlung die stetig geworden sind. zahlreich besucht oder gar durch ein Go-in oder Die Jahrestagungen thematisierten in der Re­ Sit-in »besetzt« und gestört würde. Es war gel sowohl große historische oder systematische schließlich der turbulente Winter 1968/69. Es Probleme der Rundfunkforschung als auch ak­ gelang ihnen, mit der vorgeschriebenen Min­ tuelle Herausforderungen in der Medienpraxis. destzahl den Verein zu gründen und die Satzung Sie sorgten für gründliche Information durch mit einem Minimum an Diskussion zu verab­ sachkundige Referenten und stellten die Kontro­ schieden. versen in Foren und Kaminabenden zur Diskus­ Das Risiko begleitete den Start bis zuletzt. sion. Die Referentensuche für die erste Jahrestagung Das duale System war beispielsweise ein gelang erst spat. Die Einladungen gingen in letz­ Komplex, dessen kritische Erörterung durch die ter Minute heraus. WOrden sie einen »Reinfall« zeitgeschichtliche Analyse und sozial- oder oder einen »wirklichen Beginn« bringen? Tat­ kommunikationswissenschaftliche Deutung sei­ sachlich kamen rund 150 Interessierte nach ner gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an Ludwigshafen. Winfried B. Lerg war unter ihnen­ Relevanz und Brisanz immer mehr zuzunehmen ein aktiver Zeitzeuge. Ahnte er schon, daß er 20 scheint. Man spanne nur den Bogen von dem Jahre später in Koblenz kritische ROckschau spontanen Streitgespräch an dem weinseligen halten würde? Abend mit dem Intendanten der gastgebenden Jetzt ließe sich darOber nachdenken, in wel­ Mainzer Anstalt bis zu den sorgfaltig vorbereite­ chem tieferen Sinne diese Aktivitäten mit dem ten Podien in der Münchner Hochschule für Film aufständischen Geist der Zeit zusammenhingen, und Fernsehen und schließlich dem gestrigen der zu neuen Ufern strebte. Oder war die zeitli­ Abend und heutigen Vormittag. Fachleute und che Koinzidenz nur zufällig - und die Gründer• Praktiker der privaten Medien wurden dazu im­ fronde auch nur ein biographischer Zufall? mer mehr eingebunden. Natürlich möchten wir dazu neigen, hinter die­ Der Studienkreis entwickelte sukzessiv, in der sen Prozessen und personellen Konstellationen Kontinuität seiner Tagungen, einen - prinzipiell die unsichtbare Hand der Geschichte zu vermu­ nie abgeschlossenen - Grundkonsens Ober Ur­ ten . So möchte ich vor der hier versammelten teilskriterien zur professionellen Qualität und Jubiläumsfestgemeinde die provokante These gesellschaftlichen Verantwortung von Rundfunk­ vertreten: Der Studienkreis war rundfunk- und arbeit. Seine Jahrestagungen behandelten Ent­ wissenschaftshistorisch notwendig, seine Grün• wicklungen und Absichten in der Rundfunkorga­ dung längst fällig. Nichts gibt soviel institutionelle nisation, Programmarbeit und Wirkungsfor­ schung und dekuvrierten, was davon konzeptio- Nachrichten und lnformati,onen 213 nell unzureichend durchdacht war, z.B. im Um­ und propagiert, sei es von Karadzic oder von gang mit der Begriffiichkeit regionaler und euro­ Schirinowski, mag es in Algerien oder Ruanda paischer Kultur- wie in Saarbrücken. geschehen. Von denen, die darüber berichten, Der Studienkreis widmete sich auch aktuellen wird nicht mehr erwartet, daß sie eine Gegen­ PMnomenen von ungewöhnlicher Tragweite. wart, die blutet, zur Buße anzuhalten suchen. Seine Jahrestagungen öffneten sich nahezu Heute berauscht man sich daran, bluten zu las­ zeitgleich der Rolle der Medien in den Demokra­ sen. tisierungsprozessen in Ostdeutschland, in Ost­ ln diesen thematischen Horizont gehört auch und Südosteuropa, wie schon in Saarbrücken, die kürzlich diskutierte Darstellung von Super­ dann in München und in Berlin. Er band Medien­ katastrophen, wie in Somalia oder Ruanda, ohne politiker und -praktiker, Zeitzeugen und Akteure die rechtzeitige Sensibilisierung für deren histori­ aus diesen Gebieten ein, wie auch empirische sche Entstehungsgründe. Kenner und Analytiker aus dem eigenen Kreis. Institutionen, die mit Jugendarbeit befaßt Jahrestagungen konnten neue Fragen an die sind, politische und gesellschaftliche Kratte blik­ Forschung provozieren, wie etwa die von Helmut ken seit Iangerem hilflos auf die verschiedenen Drück moderierte Abschlußdiskussion im >RIAS Erscheinungen der Gewalt im Alltag und in der Berlin< mit dem Intendanten der >Deutschen großen Politik, auf Darstellungen, Deutungen, Welle< und der Leiterin des Moskauer Goethe­ Wertungen in den Medien und auf deren Wir­ lnstituts über die Wirkung deutscher Sendungen kungen. Wie ware es, wenn sich der Studien­ vor politischen Umbrüchen. kreis aufgrund seiner interdisziplinaren Kompe­ Anders als die Geschichtswissenschaft blieb tenz und seines Praxisbezugs dieses komplexen der Studienkreis der Gegenwart als einer nicht Themas einmal gründlich annehmen würde? abgeschlossenen, noch nicht historischen Zeit, Die Fachgruppen gehörten von Anfang an zur mit ihren Dispositionen und Optionen für die Zu­ Binnengliederung der Arbeit des Studienkreises. kunft, möglichst nahe. Das verlangen auch seine Sie behandelten ihre Themen mit hoher Profes­ Gegenstande Hörfunk, Fernsehen - und die sionalitat - fachlich, historisch, aber auch mit Presse. spannenden aktuellen Bezügen. Ich erinnere nur Zu den hervorstechendsten Vorzügen der an die dichtbesetzte Gruppe Technik unter Gün• Jahrestagungen gehörte nicht zuletzt die per­ ter Roessler in München, als komparatistische sonelle Zusammensetzung: kompetente Prakti­ Fragen des technischen Fortschritts in und zwi­ ker aus verschiedenen Sparten von Hörfunk und schen den politischen Systemen DDR und Bun­ Fernsehen, Zeitzeugen mit historisch reflektier­ desrepublik zur Diskussion standen. Ich erinnere tem Erfahrungswissen, interdisziplinar orientierte an die ObertOllte Literaturgruppe unter Reinhold Wissenschaftler und Forscher und nicht zuletzt Viehoff, wenn sie Autoren bei sich hatte, um Um­ einschlagig arbeitende Studentinnen und Stu­ gang mit dem Rundfunk aus erster Hand erör• denten mit beharrlicher intellektueller Neugier. tern zu können. Und wer kennt nicht die Zeitnot, Kritisch frage ich mich zu den Jahrestagun­ unter der die (diesmal verschobene) Arbeits­ gen, warum sie nicht noch mehr auf Öffentlich• gruppe Musik unter Wolfgang Sieber zu leiden keit bedacht waren? Ist das falsche Bescheiden­ pflegt, was jedenfalls den Zuspruch demon­ heit, oder spielt da die Neigung mit, unter sich zu striert, den sie findet. bleiben, um nicht von traditionellen Disziplinen Ich erwahne noch den Höhenflug von Syste­ zerrieben oder verschlungen zu werden, solange matik und Reflexion, mit dem die Arbeitsgruppe nicht die eigene Wissenschaftlichkeit ausgereift Archive und Dokumentation unter Edgar Lersch ist? den Verdacht auszuraumen sucht, man kampfe Eine andere Überlegung betrifft unsere ge­ im Archivwesen nur um Raume und Stellflachen legentlich zu routinierte ThemenwahL Es gibt tor Geschriebenes, Gedrucktes, Gesprochenes Desiderate. Ein Beispiel: Alle wissen, daß unsere und Gefilmtes. Was in dieser Gruppe vor sich Gesellschaften in Deutschland und Europa in geht, schreibt am intensivsten, wie mir scheint, einem empirisch und analytisch unfaßbaren einige ursprüngliche Intentionen der Gründer des Ausmaß mit dem allgegenwartigen Phanomen Studienkreises durch sukzessive Differenzierung der Gewalt zu tun haben - auch auf der makro­ fort. Es ist gut, daß wir alle darOber auch man­ politischen Ebene. Der französische Philosoph ches Ober die Plenarprogramme der Jahresta­ Andre Glucksmann hat kürzlich vom Zeitalter der gungen und Doktorandenkolloquien erfahren. Es nackten Kriege gesprochen - »l'äge des guerres ist übrigens kein Zufall, daß Walter Först den fauves« . Früher haben sich totalitare Regime Brauweiler Kreis geleitet hat, diese fruchtbare noch bemüht, den organisierten Mord in den Mischung aus Historikern und Archivaren. Ich Medien zu verbramen. Heutzutage tritt man da­ füge hinzu: Für mich als Historiker haben die mit in das volle Tageslicht. Kollektive Morde Gespräche und die Zusammenarbeit mit Archi- werden öffentlich und veröffentlicht, gefordert 214 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) varen aller Sparten immer zu meinem berufli­ das Engagement zu danken, mit dem sie stetig chen Lebenselexier gehört. und energisch-trotzmancher fremder Gefahren Das Grünberger Doktorandenkolloquium und eigener Anfechtungen - der Sache treu blie­ halte ich für das Kleinod des Studienkreises. Die ben. Und allen, die noch nicht so lange dazu­ wohltuend liberale Atmosphäre löst da jede indi­ gehören und diesen Stallgeruch noch nicht auf­ viduelle Befangenheit. Gleich zu Anfang, wenn genommen haben, danke ich für ihre Mitarbeit. die beiden Steuermänner Walter Klingler und Ich rufe allen gern zu: Es hat gelohnt, und es Rüdiger Steinmetz - beide sind Gegner der lau­ lohnt weiterzumachen. ten Töne - mit geradezu einschmeichelnder Lothar Albertin Sanftheit die Teilnehmer begrüßen. Anders wird * Festansprache anläßlich des 25jährigen Beste­ es bei Marianne Ravenstein nicht gewesen sein, hens des Studienkreises am 23. September 1994 die seit diesem Jahr das Zepter übernommen in Mari/Westf. hat. Dank gebührt Frau Sieglinde Stüben, die schon das erste Kolloquium vorbereitet hat, und ebenso Frau Ulla Wagenführ, die auch heute unter uns ist und die dem Studienkreis seit vielen Geschichte in Hörfunk und Fernsehen Jahren den Geist und das Wissen ihres Mannes Kolloquium in Baden-Baden aus der Gründerzeit bewahrt. Die anspruchsvolle Gruppenarbeit war in Beiträge mit Themen der Geschichte waren Grünberg immer auch Gewinn für die Mentoren. schon immer ein integrierender Bestandteil der Das Studentische Fenster transportiert glückli• Programme in Hörfunk und Fernsehen und damit cherweise Ausschnitte in die Jahrestagungen. ein wichtiger Faktor der Erinnerungskultur. Der Manche Rahmenveranstaltungen erhielten eine öffentlich-rechtliche Rundfunk prägte in hohem neuartige thematische und persönliche Span­ Maße das Geschichtsbild der bundesrepublika­ nung, seit der Kreis der Studierenden und Refe­ nischen Nachkriegsgesellschaft. Er trug aber renten aus den ostdeutschen Ländern ergänzt gleichzeitig dazu bei, historische Quellen vor und bereichert werden konnte. allem im audiovisuellen Bereich aufzuspüren, Dieses Doktorandenkolloqium ist in der deut­ bekannt zu machen und in gewissem Grade schen Forschungslandschaft ein nahezu ein­ auch zu erhalten, ganz abgesehen von der Tat­ zigartiges Institut selbstloser Nachwuchsförde• sache daß er durch die intensive Befragung von rung. Den Hochschulen und deren sogenannten selbst Quellenmaterial Doktormüttern und Doktorvätern stellt es kosten­ Zeitze~gen »produzierte«. Die Masse der erhaltenen Sen­ los Kapazitäten an Kompetenz zur Verfügung, dungen kann nun ihrerseits dazu dienen, Sen­ die ihnen meistens fehlen. Es wundert mich übri• dungen mit historischer Thematik herzustellen. gens, daß die universitären Disziplinen sich die­ Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stellt ses Personals aus dem Studienkreis nicht für sich mit der Konkurrenz der privaten Anbieter im Lehraufträge bedienen. Unser langjähriger Vor­ dualen System aber die Frage, inwieweit Ge­ sitzender Friedrich P. Kahlenberg hat seit An­ schichtssendungen sozusagen noch fang der 70er Jahre unsere Mannheimer Studie­ »wettbewerbsfähig« in Häufigkeit und Dauer zu renden der Politischen, Sozial- und Ge­ plazieren sind bzw. inwieweit der Auftrag zur schichtswissenschaften auf diese Weise mit dem Grundversorgung diesem eher anspruchsvollen Archivwesen vertraut gemacht. Wir haben uns Programmgenre Rückendeckung verschaffen damals bei ihm durch die Verleihung der Hono­ könnte. rarprofessur bedankt. Ausgangspunkt eines Gesprächs über die Ein Wort noch zu den »Mitteilungen«, deren »Historische Dokumentation als Grundversor­ äußerlich karge Form lange Jahre in umgekehr­ gungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rund­ tem Verhältnis zu ihrer ungewöhnlichen Ergie­ funkanstalten«, zu dem das Bundesarchiv Ko­ bigkeit stand. Für die Vorbereitung und Nachbe­ blenz die Freunde der Deutschen Mediathek reitung von Jahrestagungen sind sie längst un­ und det Studienkreis Rundfunk und Geschichte entbehrlich geworden. Über deren Fassungskraft am 25. Juni 1994 zum >Südwestfunk< in Baden­ gehen sie aber weit hinaus. Wer einschlägig ~i­ Baden eingeladen hatten, waren Berichte über bliographieren und arbeiten will, kommt ohne s1e verschiedene Serien bzw. Einzelproduktionen nicht aus. mit historischen Themen. Zum Auftakt trug Damit bin ich wieder bei den Vorteilen und Hertha Sturm sehr persönlich gehaltene Erinne­ Erfordernissen nüchterner, um Niveau bemühter rungen an die Nachkriegsjahre vor, in denen sie Arbeit des Studienkreises. Sie zeichnet ihn aus. Schul- und Jugendfunkleiterin beim SWF war. Da ich erst später zu diesem erlauchten Kreis Danach listete Julius H. Schoeps in einem knap­ gestoßen bin, sehe ich guten Grund, heute pen, statistisch aufbereiteten Überblick die abend den Gründern und frühen Mitstreitern für Nachrichten und Informationen 215

Schwerpunkte der Hörfunksendungen des >Süd• Reihe soll sich an ein breiteres Publikum wen­ westfunks< zum Judentum seit den frühen fünfzi• den, aber über so wichtige Fragen wie den Platz ger Jahren auf. Er belegte dabei, wie abhängig (Uhrzeit und Programm: im Ersten, in 3sat, in inhaltliche Schwerpunkte in Serien und Beitrags­ S 3) und die Länge der Sendungen wurde nicht folgen von der allgemeinen öffentlichen Ausein­ gesprochen. andersetzung mit dem Judentum in der Bundes­ Auch die generelle Diskussion um die kon­ republik waren. Die Diskussion zum Vortrag ge­ krete Ausgestaltung des Grundversorgungsauf­ riet aber insofern auf ein Nebengleis, als ein trags und damit die Programmgestaltung der letztlich müßiger, weil mit Fakten nicht ent­ öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kreiste scheidbarer Streit über die Bedeutung der Ho­ um die Frage, wie angesichts der veränderten locaust-Serie von 1979 neu belebt wurde. Bedingungen unter dem Vorzeichen der Medi­ Friedrich P. Kahlenberg gab einen Einblick in enkonkurrenz ein qualitätsvolles, sowohl Mehr­ die Entwicklung des Drehbuchs und den Ablauf heiten wie Minderheiten ansprechendes, den der Produktion der vierteiligen Fernsehserie Integrationsauftrag nicht vernachlässigendes »Lenz oder die Freiheit« (nach dem Roman von Vollprogramm für alle noch möglich ist, ohne daß Stefan Heym). Die Diskussion um fernsehäs• sich »Qualität und Quote« völlig ausschließen. thetische Probleme der doppelten Brechung des Auch der Einbezug der Dritten Programme und geschichtlichen Stoffes durch eine literarische des Satellitenkanals 3sat wäre - wie erwähnt - Fiktion sowie deren filmische Umsetzung trug dabei zu erörtern. Probleme dieser Art wurden in allerdings wenig zu der Frage bei, welche Ursa­ Baden-Baden aber nicht angesprochen. Diesem chen der nur mäßige Erfolg der 1985 ausge­ Mangel kann auch die vom ehemaligen >Süd• strahlten Reihe hatte und inwieweit diese Pro­ westfunk<-Justitiar Egon Wagner angeregte, si­ duktion unter den Bedingungen des dualen Sy­ cher hilfreiche Zusammenstellung der in den stems heute noch so realisierbar sei. Rundfunkarchiven verfügbaren historischen Do­ Erwin Leiser demonstrierte in seinem Vortrag kumentationen in Hörfunk und Fernsehen seit anhand zahlreicher Beispiele die Abhängigkeit dem Ende des Zweiten· Weltkriegs nicht abhel­ von Filmaufnahmen aktuellen Geschehens von fen. Standort und Aussageabsichten, die eine unkri­ Deutlich wurde auch, daß die anwesenden tische Verwendung in historischen Dokumenta­ Fachhistoriker mit Bedingungen medialer Ge­ tionen verbiete. Er verband dies mit der Feststel­ schichtsvermittlung allzu wenig vertraut sind. lung, daß der zunehmende Mangel an Kenntnis­ Ihnen lag insbesondere die Übereinstimmung sen und damit fehlendem Fingerspitzengefühl für der Produktionen mit dem Stand der Forschung historische Zusammenhänge bei Programmver­ und das historiegraphische Konzept der bespro­ antwortlichen wie Autoren auch in den öffentlich• chenen Produktionen bzw. des Zukunftsprojekts rechtlichen Rundfunkanstalten zu bedauerlichen am Herzen. Kritisiert wurden von ihnen z.B. auch Fehlleistungen führe: Als Beispiel für eine derart die »journalistisch flotten« Titelformulierungen. mißlungene Auseinandersetzung mit der Ge­ Redakteure und Autoren von historischen Do­ schichte nannte er den Anfang April 1994 im kumentationen beklagten - aus ihrer Sicht ver­ ZDF ausgestrahlten Zweiteiler über Leni Riefen­ ständlich, aber doch allzu sehr im luftleeren stahl. Raum der Lobbyisten für ein Programmsegment Die Themen der Referate waren allerdings zu - mangelnde Sendeplätze und andere Hinder­ disparat und auch rückwärtsgewandt, als daß nisse für kontinuierliches Arbeiten an bestimmten sich aus ihnen eine fruchtbare Diskussion über Themen. die aktuelle und konkrete Ausgestaltung des Diskussionsleiter Wilhelm van Kampen for­ Grundversorgungsauftrags im Programmseg­ derte zurecht mehrfach eine Erörterung der ment »Geschichte« hätte entwickeln können. Vor »Lernziele«, d.h. der Integration in ein Konzept allem wurde kaum darüber gesprochen, wie im des (Gesamt-) Programms, das auch einer Sen­ Leitmedium Fernsehen (der Hörfunk verfügt - dereihe wie den »100 Deutschen Jahren« zu­ wie Wolf Dieter Ruppel mitteilte - ARD-weit über grunde liegen müsse, doch diese Aufforderung 40 Sendeplätze pro Woche) Sendungen mit Ge­ wurde nicht aufgegriffen. So wurden viele inter­ schichtsthemen so »untergebracht« werden essante Einzelaspekte angerissen, aber ein roter können, daß sie nicht nur Minderheiten anspre­ Faden war im Tagungsverlauf und in den Dis­ chen. Dazu machte auch der Redakteur der für kussionen nicht zu erkennen. 1999 vom >Südwestfunk< geplanten 52teiligen Edgar Lersch Sendereihe »1 00 Deutsche Jahre«, Themas Fi­ scher, bei seiner ansonsten ausführlichen Prä• sentation dieses ambitionierten Vorhabens keine Angaben. Die Diskussion über das Projekt ver­ hakte sich ebenfalls in Nebenaspekten: Die 216 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Rundfunkhistorische Forschung gegründet, der jedoch seither hauptsachlich von Ein Beitrag im Jahrbuch der rundfunkhistorisch Interessierten außerhalb der historischen Forschung etablierten Geschichtswissenschaft der Hoch­ schulen getragen wird. Seine vor allem wissen­ Rundfunkhistorische Forschung ist in Deutsch­ schaftsorganisatorische Arbeit spiegelt sich vor land hauptsachlich mit zwei Institutionen verbun­ allem in seiner auf mittlerweile 15 Bande ange­ den: dem Deutschen Rundfunkarchiv Frankfurt wachsenen Schriftenreihe und der im 20. Jahr­ am Main - Berlin und dem Studienkreis Rund­ gang erscheinenden Zeitschrift wider. Eine inten­ funk und Geschichte. Mit deren beider Perspek­ sive Zusammenarbeit des Studienkreises ent­ tiven bzw. mit der Einordnung des Rundfunks in wickelte sich mit dem auf rundfunkgeschichtli­ den Kontext der allgemeinen Geschichtswissen­ chem Gebiet besonders rührigen Institut für Pu­ schaft befaßt sich ein von Ansgar Diller und Ed­ blizistik an der Universitat Münster. Kontakte gibt gar Lersch verfaßter Beitrag in der neuesten es auch zu dem Mitte der 80er Jahre an der Ge­ Ausgabe des »Jahrbuchs der historischen For­ samthochschule I Universitat Siegen etablierten schung in der Bundesrepublik Deutschland« Sonderforschungsbereich der Deutschen For­ (Berichtsjahr 1993, München 1994, S. 37 - 45). schungsgemeinschaft »Bildschirmmedien«, de­ Diller erinnert daran, daß seit Anfang der nen damit die »Mediengermanistik« ihre Auf­ 60er Jahre zum Stiftungszweck des Deutschen merksamkeit gewidmet hat. Ansatze, wie Allge­ Rundfunkarchivs auch die Dokumentation und meinhistoriker und Rundfunkhistoriker doch noch damit die Erforschung der Rundfunkgeschichte zueinander finden können, sind in einem neuen gehört. Diesen Auftrag erfüllte die Institution methodischen Zugang zur Analyse des Pro­ durch die Erschließung von Aktenbestanden der grammangebots zu sehen - weg von der rein ARD, die Ermittlung relevanter Bestande in vor quantitativen Inhaltsanalyse hin zur rezipienten­ allem staatlichen Archiven und die Anlage einer orientierten Betrachtung, um Aussagen über den Sammlung von Zweitquellen, aus denen ver­ Umgang der Hörer und Zuschauer mit den schiedene Dokumentationen hervorgingen und Programmangeboten zu gewinnen. Damit könnte von denen nicht zuletzt die 1980 publizierte die Kulturgeschichte um Aspekte des Medienge­ Buchreihe »Rundfunk in Deutschland« von den brauchs erweitert und der Stellenwert der Kom­ Anfangen bis zur Gegenwart mit dem Schwer­ munikationsmedien, zumal des Rundfunks, im punkt Rundfunkpolitik profitierte. Im Anschluß Verbund der übrigen Sozialisationsinstanzen daran konzentrierte sich das Deutsche Rund­ besser ermittelt werden. Gesprachsstoff für ei­ funkarchiv auf die Technik-, Finanz- und Pro­ nen interdisziplinaren Gedankenaustausch ist al­ grammgeschichte des Weimarer Rundfunks, so genügend vorhanden! wozu mittlerweile beachtliche, allerdings bisher ADIEL noch unveröffentlicht gebliebene Forschungser­ gebnisse vorliegen. Mit dem deutschsprachigen Rundfunk, an dem Emigranten in der Zeit der na­ tionalsozialistischen Diktatur in ihren Gastlan­ Zehnjahresregister (1985- 1994) dern mitwirkten, befaßten sich in Kooperation mit der >Mitteilungen< dem Institut für Publizistik in Münster bzw. dem Mitgliederverzeichnis Institut für Theaterwissenschaft I Kulturelle Kommunikation in Münster bzw. Berlin in den Für die Jahre 1985 bis 1994 hat die Redaktion zurückliegenden Jahren zwei Projekte. Für die ein Zehnjahresregister der >Mitteilungen< zur Erforschung der Rundfunkgeschichte der DDR Veröffentlichung vorbereitet. Mitglieder, die Inter­ hat das Deutsche Rundfunkarchiv mit der Ein­ esse an einem Bezug haben, werden gebeten, gliederung von deren Rundfunkarchivalien eine einen mit DM 1,50 frankierten und mit ihrer weitere wichtige Aufgabe übernommen. Adresse versehenen DIN-A4-Umschlag zu Lersch bedauert, daß die Geschichtswissen­ schicken an: Redaktion der >Mitteilungen<, schaft sich bisher kaum für die elektronischen Deutscres Rundfunkarchiv, Bertramstraße 8, Medien Hörfunk und Fernsehen und ihre Bedeu­ 60320 Frankfurt am Main. tung für die historische Entwicklung interessiert Im letzten Heft der >Mitteilungen< sind die hat und Allgemeinhistoriker und Rundfunkhisto­ Mitglieder gebeten worden, einen Fragebogen riker sich weitgehend fremd geblieben sind. zur Aktualisierung der Adreßkartei auszufüllen Rundfunkgeschichtliche Forschung hat sich eher und an den Schatzmeister zurückzuschicken. Da abseits der etablierten Geschichtswissenschaft aber bislang noch nicht alle Mitglieder ihren Fra­ der Universitaten in der Publizistik- und Kom­ gebogen zurückgeschickt haben, fügen wir ihn munikationswissenschaft abgespielt. Um dem dieser Ausgabe der >Mitteilungen< erneut bei. Mangel an Kontakten entgegenzuwirken, wurde 1969 der Studienkreis Rundfunk und Geschichte Schwarzes Brett

Gegen Intoleranz und Zensur September 1929 in Frankfurt am Main stattfand Kurt Tucholskys Attacken gegen führte Ernst Heilmann, Vorsitzender der SPD~ den Weimarer Rundfunk Fraktion im Preußischen Landtag, in diesem Zu­ sammenhang aus: »Der Rundfunk als staatliches Die Ausbreitung des Rundfunks in der Weimarer Monopol hat das Prinzip der Neutralität, und die­ Republik wurde nach der Programmeröffnung im ses Prinzip kommt in gewissem Umfange dem Oktober 1923 von einer breiten, auch öffentlich Bestehenden zugute. Es läßt keinen Raum in der Fach- und Massenpresse ausgetragenen dafür, den Rundfunk für das eigentlich Revolutio­ Diskussion Ober die Eigenheiten und Möglichkei• näre, für das Zukunftheischende zu verwen­ ten sowie Aufgaben des neuen Mediums beglei­ den.«5 tet. Auf öffentliche Kritik stieß insbesondere die Die Rundfunkzensur verstieß indes eindeutig Praxis der staatlichen Vorzensur, von der be­ gegen Artikel 118 der Weimarer Reichsverfas­ sonders das politische Programm betroffen war. sung, in dem festgelegt war, daß eine Zensur nicht stattfinde. Durch die Zensur wurde die Mi~ . der Kontrolle waren Zensurorgane beauftragt - Uberwachungsausschüsse für das politische Reichsverfassung zu einem »durchlöcherten sowie Kulturbeiräte für das übrige Programm, Fetzen Papier«, wie 1928 unter dem Pseudonym deren Mitglieder von den Regierungen des »Radiot« ein Autor feststellte.S Reichs und der Länder ernannt wurden. Ihnen Die Handhabung der Programmgestaltung fielen vor allem Themen politischen und kontro­ gab auch Kurt Tucholsky Anlaß, Ober die Be­ versen Inhalts zum Opfer. Davon ausgenommen deutung und politische Wirksamkeit des Rund­ waren die als Auflage deklarierten Nachrichten funks zu schreiben. Tucholsky, Zeitkritiker und und Vorträge der Reichs- und Länderregierun• Satiriker von hohem Rang, attackierte mit allen gen, von denen unterschiedlich Gebrauch ge­ ihm zur Verfügung stehenden literarischen Mit­ macht wurde. »Schon aufgrund dieses staatli­ teln Nationalismus und Militarismus, Deutsch­ chen Publikationsrechtes war der Rundfunk von tümelei und Spießertum, Intoleranz und Vorur­ Anbeginn an nicht neutral ( ... ) Allein die Beru­ teile, kritisierte das, was Themas Mann 1918 in fung der ÜberwachungsausschOsse ( ... ) garan­ seinen »Betrachtungen eines Unpolitischen« so tierte in der Praxis, daß lediglich systemkonfor­ treffend mit der Formel »General Dr. von Staat« me Programminhalte vermittelt und das Pro­ umschrieben hatte.7 Seit dem Ersten Weltkrieg gramm an der Elle des >nationalen Interesses< Pazifist und Linkssozialist, kämpfte Tucholsky bis gemessen wurde.«1 Darbietungen, so stellte zu Beginn der 30er Jahre für die Festigung der Reichsinnenminister Joseph Wirth kategorisch Weimarer Demokratie. fest, die einer staatserhaltenden und -fördernden Tucholsky entpuppte sich als ein vehementer Politik zuwiderliefen, hätten im Rundfunk keinen Verfechter eines öffentlichen Rundfunks, den er Platz.2 als Medium ohne Zensur verstand, das jeder po­ Dem nationalen Interesse, wie es von staatli­ litischen Richtung zuganglich sein müßte. ln cher Seite definiert wurde, stand etwa ein Vor­ verschiedenen Beiträgen forderte er die Freiheit trag entgegen, den der Direktor des Internatio­ im Rundfunk, indem er sich insbesondere mit nalen Arbeitsamtes, der Franzose und Sozialist dem »unpolitischen« Rundfunk und der Zensur Albert Themas, 1927 beim >Westdeutschen im Rundfunk auseinandersetzte. ln der Handha­ Rundfunk< halten wollte. Das Reichsinnenmini­ bung der Rundfunkzensur, die er als einen »der sterium stieß sich bei seiner Ablehnung weniger Ausflüsse uneingestandener bürgerlicher Dikta­ 8 amInhalt des geplanten Referats als vielmehr an tur« verstand und für »verlogen und zutiefst un­ der Tatsache, daß Themas Franzose war.3 ln ehrlich«9 hielt, sah er »eine halb offen zur Schau einem anderen Fall wurde »von oben«, diesmal getragene Waffe der Reaktion im schlechten und vom Reichswehrministerium, die Übertragung niedrigsten Sinne.« 1o ln der Zensur erblickte der Zeremonie beim Stapellauf des Kreuzers Tucholsky die stärkste politische Fessel einer »Karlsruhe« am 20. August 1927 in Kiel ange­ freiheitlichen Entwicklung des deutschen Rund­ ordnet, einschließlich der einigen Wirbel auslö• funks. senden, besonders »patriotischen« Taufrede des Tucholskys Kritik galt vor allem dem auf den Karlsruher Oberbürgermeisters Julius Finter. Der Rundfunk angewandten Begriff der »Neutralität« zuständige Überwachungsauschuß des >Nordi­ und Ersatzbegriffen wie »Überparteilichkeit« und schen Rundfunks< war in diesem Fall von seiner »Unparteilichkeit«. Eine Neutralität bestand sei­ Verantwortung entbunden worden.4 Auf dem ner Ansicht nach nicht. Die Beiträge seien ent­ »sozialistischen Kulturtag Film und Funk«, der im weder nationalistisch oder charakterlos, auf je­ den Fall aber im Stile eines unpolitischen Ge------··------

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neralanzeigers gehalten. »Nun gibt es«, so kenden zu Wort kommen zu lassen. Niemand Tucholsky im Mai 1926, »Selbstverständlich habe das Recht, seine Anschauungen mit Ge­ nichts Unpolitisches, und man muß darauf walt durchzudrücken: »Solange die Deutschen schwören, hinter diesem Getu allemal einen Hu­ nicht lernen, daß es nichts Unpolitisches auf der genberg-Redakteur, einen mittleren Bürger, ei­ Welt gibt und geben kann, solange ist der nen Patrioten zu finden, der entweder schwindelt Rundfunk elend unvollkommen. Es kann keinen oder dem seine Lebensauffassung so zur Natur unpolitischen Rundfunk geben - es kann nur ei­ geworden ist, daß er gar nicht begreift, wie gera­ nen politischen, neutralen Rundfunk geben (was de sie einen Streitpunkt abgeben kann . So ists er heute nicht ist). Selbstverstandlieh hat auch auch mit dem Rundfunk.« Bedauerlicherweise, der schärfste Hitler-Mann das Recht, seine Bü• so Tucholsky, könne sich der Deutsche eine cher und seine Helden, seine Gedenktage und »wahre Demokratie des Alltags« nicht vorstellen; seine Ideale im Rundfunk zu propagieren - so­ ein Forum wie der Hyde Park, in dem Redner lange er damit keine strafbare Handlung begeht. sämtlicher Couleur sich heiser reden, sei un­ Der Kommunist hat das gleiche Recht. Der steu­ denkbar. Dies aber sei gerade das Sicherheits­ erfeindliche Bauer hat es. Die Großindustrie. Der ventil, das keine ungesunde Ansammlung von Arbeiter. Die Frau, die für den Gebarzwang ist. Dampf dulde. Das wiederum sollte der Rundfunk Die Frau, die gegen den Gebarzwang ist. Nur für die Deutschen sein. Denkbar wäre doch, so eines geht nicht: Daß eine Partei auf Kosten der Tucholsky weiter, daß jede Partei und Geistes­ anderen bevorzugt wird. Fort mit der Zensur! richtung ihren Redner vorschicke, paritätisch Und fort mit dem intoleranten Hörer, der über• verteilt in ausgewogener Abwechselung. Wer schäumt, wenn ihm da etwas ins Haus gespro­ nicht zuhören wolle, solle abschalten. »Aber die chen wird, mit dem er nicht einverstanden ist. ganze Frechheit der nationalen Kreise, die Dann soll er die Antenne erden. So lange der ganze Schlappheit der Opposition liegt schon in Spießer, der seine Ruh haben will, das Pro­ diesem Faktum, daß DAS, was diese Burschen gramm durch Druckbriefe bestimmt, so lange >nationale Gesinnung< nennen, als selbstver­ kann der Rundfunk seiner Aufgabe nicht gerecht standlieh vorausgesetzt wird.« Der patriotische werden.«13 Eine Rundfunkverwaltung, so die Rundfunk, das sei so, wie wenn einer sage: »Wir Feststellung Tucholskys, die sich den Forderun­ erlauben die neuen Automobile, die da aufge­ gen solcher »Spießer« füge, sei nicht unpolitisch, kommen sind; aber es dürfen nur Generale und sei nicht einmal politisch neutral, sondern sei ein­ nationale Studenten darin fahren.« Es sei wohl fach die Vertretung der herrschenden Klasse so, daß »erst ein Rundfunkgesetz, Rundfunkge­ und ihrer Moralanschauungen.14 Kein Wort setzausführungsbestimmungen, die Judikatur, könne im Rundfunk gesprochen werden, das die Literatur und vierundzwanzig Untersuchun­ nicht von einer bestimmten Gruppe zuvor gebil­ gen über die >Psychologie des Rundfunks<« ligt werden müßte. Dadurch aber könne der vorhanden sein müssen, bis sich auch in Rundfunk niemals ein gewisses mittleres Maß Deutschland herumgesprochen habe, daß der übersteigen. Gleichzeitig würde zudem breiten Rundfunk neutral zu sein habe, »was er nicht Bevölkerungsschichten jede Möglichkeit ge­ ist«. 11 nommen, ihre Anschauungen zum Ausdruck zu Gerade das Gegenteil sei der Fall, schrieb bringen, wie das in einer Demokratie, die die Tucholsky im April 1928 in der >Weltbühne<, Weimarer Republik zu sein beanspruche, der denn der Rundfunk sei »politisch durchaus Par­ Fall sein sollte. 15 tei«.12 Mit einer Selbstverständlichkeit würden im Über den angeblich überparteilichen Rund­ Rundfunk die Anschauungen von Gutsbesitzern, funk gelangte er in diesem Zusammenhang zu ehemaligen Offizieren, Richtern und Großindu• folgender Feststellung: »Militärmärsche und be­ striellen, komplettiert durch Revanchetöne Gehör bartete Vaterlandsvortrage und körperliche Lei­ finden, die deutlich werden ließen, welcher Klas­ besübungenertüchtigung und kölnische Befrei­ se die Zensoren angehörten. Versuche dagegen ungsfeiern, kurz: Deutsche Volkspartei, wo sie ein Freidenker, Arbeiter oder Abtreibungsgegner am fim~tersten ist. Dazwischen sind Konzessio­ seinen Anschauungen Ausdruck zu verleihen, so nen an die klarer denkenden Volksgenossen könne er sicher sein, zensuriert zu werden. Den immerhin bemerkenswert: Jedenfalls ist dieser Einwand der Überwachungsausschüsse, daß abwankende Kahn auf die Dauer nicht in der der Hörer solche krassen und radikalen Vorträge Balance zu halten, immer kippt er nach rechts gar nicht hören mochte, ließ Tucholsky nicht über, und das Ganze ist Lüge.«16 Wie richtig gelten. Seiner Ansicht nach hätte hier eine Er­ Tucholsky mit seiner Einschatzung lag, zeigt ziehung des deutschen Volkes einsetzen müs• unter anderem die Übertragung der Reichsgrün• sen, die ihm aber so sehr fehle: nämlich die Er­ dungsfeier des Kyffhauserbundes am 18. Januar ziehung zur Toleranz. Gerade in einer Demokra­ 1932, bei der dessen Präsident, General a.D. tie habe jeder die Pflicht, auch den Andersden- Rudolf von Horn, es zur Pflicht erklärte, »am Schwarzes Brett 219 heutigen Tage des obersten Kameraden zu ge­ rung eines politisch neutralen Rundfunks und die denken, der dreißig Jahre lang an der Spitze der Durchsetzung der politischen Toleranz gegen­ deutschen Armee gestanden hat« .17 Gemeint über Andersdenkenden. Seiner Auffassung nach damit war das Gedenken an den 1918 nach war eine Zensur gar nicht erforderlich, da die be­ Holland geflohenen Wilhelm II. Unbehelligt von stehenden Strafgesetze völlig ausreichen wür• der Zensur konnte der General im Rundfunk der den, um Rohheiten, Beleidigungen und andere deutschen Republik seine monarchistische Ge­ »Schweinereien« zu verhindern.24 Im Gegensatz sinnung offenlegen. zum Buch jedoch hatte sich der Rundfunk, wie Als Kozessionen an die klarer Denkenden der Film, seine Freiheit noch nicht erkämpft. Also dürfte Tucholsky dagegen wohl Beiträge ver­ würden beide zensuriert. »Was Radio und Film standen haben wie etwa die Rundfunkrede des heute produzieren, ist chemisch gereinigtes Schriftstellers Arnold Zweig zum Volkstrauertag Zeug, das seinen Naturgeschmack verloren hat. 1927, in der Zweig, neben dem Gedenken an die Der Ather ist eine einzig große Kinderstube, die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, auch an die Filmleinwand ein Sabberlätzchen, das man dem Ermordung von Walther Rathenau und Rosa Lu­ Baby Masse vorgehängt hat.« Daher empfahl er: xemburg erinnerte.18 Oder etwa die Rede Ger­ »Lest Bücher! Sie sind kleine Inseln der Freiheit hart Hauptmanns »an die deutsche Nation«, die im Meer der Zensur.«25 am 26. Juni 1931 reichsweit übertragen wurde. Noch im Mai 1932 forderte Tucholsky unbe­ Hauptmann appellierte darin an die Deutschen, irrt, den Kampf gegen die Zensur nicht aufzuge­ trotz der wirtschaftlichen Notlage nicht zu resi­ ben. Wie die Güterverteilung der Welt zugunsten gnieren.19 einiger Hunderttausend vor sich gehe, so werde Ein lohnendes Hörerlebnis im Sinne Tuchols­ die Zensur für den Ungeist und die Borniertheit kys wäre sicherlich auch eine Rede von Ludwig von ein paar Millionen gemacht, die stets die Quidde, dem überzeugten Pazifisten, Präsiden• Frechheit hätten, sich für »das Land« auszuge­ ten der Deutschen Friedensgesellschaft und ben, das sie aber nicht seien. »Jede, jede, jede Träger des Friedensnobelpreises. Geplant war Zensur ist von Übel. So erzieht man kein Volk. die Übertragung einer Ansprache Quiddes an­ Gebt die Filmleinwand frei! Gebt den Ätherraum läßlich der Eröffnungsfeier der Ausstellung frei! Sie werden euch was. Denn wo bleiben »Krieg und Frieden« Anfang 1929 in Leipzig, in dann die Religionen, und wo bliebe vor allem der der er den Giftgaskrieg und die Abrüstungsfrage Patriotismus, wenn die Leute wüßten, was los behandelte. Mitten in der Rede wurde die Über• ist! Die Zensur ist der Schutz der Wenigen ge­ tragung abgebrochen. Wieder ein Willkürakt der gen die Vielen.«26 Rundfunkzensur, wie in der Zeitschrift >Der Kurt Tucholsky kämpfte für die Weimarer Deutsche Rundfunk< vermutet wurde?20 Die Demokratie solange, bis er die konservativen Auflösung des Vorfalls am Leipziger Sender er­ Tendenzen in Deutschland, das ungehinderte fuhren die Leser in einer späteren Ausgabe der Weiterbestehen von Militarismus und autoritärem Rundfunkzeitschrift. Kommentarlos wurde darin Denken als zu Obermächtig empfand. Vergebens ein Brief des Leipziger Telegraphenamtes an die kämpfte er gegen den den Weimarer Rundfunk Redaktion abgedruckt, in dem mitgeteilt wurde, durchziehenden schwarzweißroten Faden, der daß es sich bei der Störung der Rede Quiddes eigentlich ein schwarzrotgoldener hätte sein um keine Zensurmaßnahme gehandelt habe. müssen. Ursprünglich sei geplant gewesen, von der Er­ Jörg-Uwe Fischer öffnungsveranstaltung lediglich die Ansprache Quiddes zu übernehmen. lnfolge eines Verse­ 1 Wolf Bierbach: Reform oder Reaktion? Anmer­ hens der Postbeamten sei tatsachlich das Mikro­ kungen zu den Rundfunkreformvorschlägen des phon schon vor Beginn der Rede eingeschaltet, Reichsministers Carl Severing. ln: Rundfunk und und als der Irrtum bemerkt worden sei, wieder Politik 1923-1973. Berlin 1975, S. 37- 86, hier S. 56. Vgl. Hans Bausch: Der Rundfunk im politi­ abgeschaltet worden. Diese Abschaltung sei nur schen Kräftespiel der Weimarer Republik 1923 - die Berichtigung eines rein technischen Fehlers 11333. Tübingen 1956, S. 61. gewesen, der mit dem Inhalt der Rede nichts zu tun gehabt habe.21 2 Vgl. Bierbach (wie Anm. 1), S. 61 . Zur fünften und sechsten Großen Deutschen 3 Vgl. Bierbach (wie Anm. 1), S. 81, Anm. 102. Funkausstellung 1928 und 1929 veranstaltete 4 Vgl. Bausch (wie Anm. 1), S. 147; Der Stapellauf die Zeitschrift >Der Deutsche Rundfunk< je eine der »Karlsruhe«. ln: Funk Jg. 1927, H. 35, S. 280. Umfrage, in der nach den Erwartungen und For­ derungen an den Rundfunk gefragt wurde.22 5 Ernst Heilmann: Die Aktualisierung des Rund­ Kurt Tucholskys Antworten auf beide Umfragen funks. ln: Film und Funk. o.O. 1929, S. 61 - 66, lauteten zusammengefaßt: »Fort mit der Zen­ hier S. 63. sur« .23 Für die Zukunft erwartete er die Einfüh- 220 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

6 Radiot: Die Zensur im Rundfunk (Ein Kapitel Moskau auf der Radioskala Reichsverfassung). ln: Arbeiterfunk 3. Jg. (1928), H. 21, S. 321f.; vgl. auch Bierbach (wie Anm. 1), Im »Dritten Reich« unerwünscht S. 61 . 7 Am 9. Oktober 1935 übersandte der Chef des ln­ Vgl. Thomas Mann: Betrachtungen eines Unpoli­ formationsamtes beim Reichsführer der SS an tischen. Frankfurt am Main 1988, S. 239. das Geheime Staatspolizeiamt in Berlin eine 8 lgnaz Wrobel (d.i. Kurt Tucholsky): Rundfunkzen­ Aktennotiz: »Es wurde neuerdings festgestellt, sur. ln: Die Weltbühne vom 17.4.1928, S. 590- daß auf den neuen Apparaten der Firma Tele­ 593, hier S. 590. funken (Type 523 W L) und der Firma Lorenz die 9 lgnaz Wrobel (d.i. Kurt Tucholsky): Freier Funk! Empfangsstation >Moskau< verzeichnet ist, Freier Film! ln: Die Weltbühne vom 13.5.1932, S. trotzdem bei den seit der Machtübernahme her­ 660-663, hier S. 661 . gestellten Rundfunkgeraten eine solche Markie­ rung nicht üblich war.«1 Die Meldung löste einen 10 Wrobel (wie Anm. 8), S. 592. regen Briefverkehr zwischen den genannten 1 1 lgnaz Wrobel (d.i. Kurt Tucholsky): Der politische Dienststellen, dem Reichsministerium für Volks­ Rundfunk. ln: Die Weltbühne vom 18.5.1926, S. aufklarung und Propaganda, der Reichs-Rund­ 788. funkkammer sowie der Wirtschaftsstelle der 12 Wrobel (wie Anm. 8), S. 591 . deutschen Rundfunkindustrie aus, der sich bis Ende 1937 hinzog. Es ging um die Klarung der 13 Peter Panter (d.i. Kurt Tucholsky): Fort mit der Zensur. ln: Der Deutsche Rundfunk 7. Jg. (1929), Frage, welche Umstande dafür verantwortlich zu H. 36, S. 1145. machen seien, daß Moskau auf der Radioskala 14 wieder erschien, obwohl die Stationsangabe Vgl. Wrobel (wie Anm. 8), S. 591-592. 1933 schon einmal verschwunden war und was 15 Vgl. ebd., S. 590. mit den Geraten künftig zu geschehen habe, die diese Angabe jetzt enthielten. Es gibt dabei eine 16 Wrobel (wie Anm . 11), S. 788. Parallele, der die Gestapo aber offenbar keine 17 Zitiert in: H.G. Kahle: Funk in Fesseln. ABC des Aufmerksamkeit geschenkt hatte: dem Hinweis Rundfunks H. 2/3, Berlin o.J. (1932], S. 11. auf sowjetische Sender in den Rundfunkpro­ 18 Vgl. Programmteil zum Volkstrauertag am grammzeitschriften trotz anderslautender An­ 13.3.1927. ln: Funk Jg. 1927, H. 11 , S. 8, 111. kündigungen der nationalsozialistischen Rund­ funkführung. 19 Rede an die deutsche Nation. Gernart Hauptmann spricht im Rundfunk. ln: Vossische Zeitung vom Drei Monate nach der nationalsozialistischen 27.6.1931. Machtübernahme ließ das Propagandaministe­ rium in den >Mitteilungen der Reichs-Rundfunk­ 20 Vgl. Hans S. von Heister: Gegen die Rundfunk­ Gesellschaft< (RRG) verlauten, es werde »als zensur! ln: Der Deutsche Rundfunk 7. Jg. (1929), selbstverstandlieh vorausgesetzt«, daß die deut­ H. 5, S. 129. schen Rundfunkzeitschriften nicht mehr auf die 21 Vgl. Keine Zensurmaßnahme bei der Übertragung »russischen Sender« hinwiesen, die »deutsch­ der Ausstellung »Krieg und Frieden«. ln: Der sprachige Vortrage zum Zwecke kommunisti­ Deutsche Rundfunk 7. Jg. (1929), H. 8, S. 826. scher Propaganda( ...) bringen.«2 Doch die Auto­ 22 Vgl. Winfried B. Lerg: Rundfunkpolitik in der Wei­ ritat des Ministeriums reichte im Mai 1933 offen­ marer Republik. München 1980, S. 409-412. bar noch nicht so weit, daß die Programmpresse 23 Vgl. Kurt Tucholsky: Fort mit der Zensur. ln: Der diesen Wunsch als einen strikt zu befolgenden Deutsche Rundfunk, 6. Jg. (1928), H. 36, S. 2390; Befehl angesehen hatte. >Der Deutsche Rund­ Peter Panter (d .i. Kurt Tucholsky): Fort mit der funk<, eine der wichtigsten überregionalen Pro­ Zensur. ln: Der Deutsche Rundfunk 7. Jg. (1929), grammzeitschriften, druckte weiterhin in seiner H. 36, S. 1145. Rubrik »Pausenzeichen der Rundfunksender« 24 Vgl. Wrobel (wie Anm. 8), S. 590; den »Kuckucksruf« Leningrads und die Erken­ nungsmelodie des Moskauer Gewerkschaftssen­ 25 lgnaz Wrobel (d .i. Kurt Tucholsky): Die Rotstift­ ders atl. Noch nahezu ein Jahr lang konnten sich Schere. ln: Die Weltbühne vom 26.5.1931 , S. 778. die potentiellen Hörer der sowjetischen Rund­ 26 Wrobel (wie Anm . 9), S. 663. funksender an diesen Hinweisen orientieren. Erst Ende Marz 1934 verschwand die Informa­ tion mit der gesamten Pausenzeichenspalte aus der Programmzeitschrift.3 Die >Mitteilungen< selbst störten sich ebenfalls nicht an der ministe­ riellen Verlautbarung, sondern veröffentlichten im Februar 1934 unter der Überschrift »Vom Auf­ bau des Sowjet-Rundfunks« einen sachlichen Schwarzes Brett 221

und von Polemik freien Bericht mit dem Hinweis, seien angewiesen worden, die Bezeichnung daß der Moskauer Langwellensender »auch Moskau von den Skalen der Radiogeräte sofort sonst in Europa gehört werden« könne.4 zu entfernen und sie bei der Herstellung neuer Im Fall der Radioskala schien das Propagan­ Apparate nicht mehr zu benutzen. daministerium eine ahnlieh nachlassige Haltung Doch die Firmen gaben sich nicht geschlagen einnehmen zu wollen, zog dabei aber gegenüber und machten finanzielle und weitere Komplika­ der Geheimen Staatspolizei den kürzeren. Deren tionen geltend, falls die Skalen beseitigt werden Recherchen ergaben, daß nach der nationalso­ müßten. Vermittelnd griff das Propagandamini­ zialistischen Machtübernahme außer Moskau sterium ein, auch um eine endgültigen Regelung auch Straßburg und Luxemburg nicht mehr auf für den Altbestand von 45 000 Geräten zu fin­ den Skalen der neu produzierten Rundfunkemp­ den. Bei einer Besprechung, allerdings unter fanger verzeichnet waren. Doch die dadurch Ausschluß der Gestapo, einigten sich am 5. Juni entstandenen Lücken signalisierten den Rund­ 1936 Vertreter von Propagandaministerium und funkteilnehmern dennoch, wo sie Moskau, aber Geräteindustrie darauf, daß die Restbestande auch die anderen fehlenden Stationen, einstellen noch vertrieben werden könnten. Die Radiofir­ konnten. Potentielle auslandische Abnehmer der men verpflichteten sich, Geräte mit Moskau auf in Deutschland produzierten Gerate, so argu­ der Skala künftig nur noch für das Auslandsge­ mentierten die Radiofirmen, verlangten aber schäft herzustellen. Skalen mit allen Stationen, und beriefen sich auf Damit war das Thema allerdings nicht erle­ einen entsprechenden Erlaß des Propaganda­ digt. Die Staatspolizeileitstelle Dresden berich­ ministeriums. Als Erlaß des Propagandaministe­ tete z.B. am 6. Februar 1937, in Radiogeschäf• riums hatten sie ein Rundschreiben der Wirt­ ten werde beim Kauf und Aufbau neuer Radioap­ schaftsstelle der deutschen Rundfunkindustrie parate immer wieder danach gefragt, auf welcher vom 1. November 1934 interpretiert, in dem es Welle der Moskauer Sender zu empfangen sei. geheißen hatte: »Nicht nur Volksgenossen ehemals linksgerich­ teter Kreise stellen derartige Fragen und Ansu­ »Nach einer heute bei uns eingegangen Mitteilung der Reichs-Rundfunkkammer ist der Herr Reichsmi­ chen, sondern auch Parteigenossen und Amts­ nister für Volksaufklärung und Propaganda der An­ träger der Partei.« Am 29. Oktober 1937 reichte sicht, daß es nicht angängig erscheint, auf den Appa­ das Propagandaministerium einen Antrag der rate-Skalen die russischen Sendemamen fortfallen zu Wirtschaftsstelle an die Gestapo weiter, 4 000 lassen. Maßgebend für diese Entscheidung ist die Geräte mit >Radio Moskau< auf der Skala, die Möglichkeit, daß nicht nur von russischen Sendern sich nicht für den Export eigneten, für den Ver­ Hetzsendungen gegen Deutschland veranstaltet kauf im Inland zuzulassen. Die Gestapo erhob werden können. Einspruch, da Moskau auf der Skala auch nicht­ Außerdem soll eine hierdurch mögliche Erschwe­ marxistische Käufer zum Abhören dieses Sen­ rung des Exports vermieden werden. Zu den politischen kommen also auch noch ders veranlasse, der Empfang sowjetrussischer wirtschaftliche Gründe, die gegen die Weglassung Sender wegen der bolschewistischen Propa­ der Sendemamen sprachen.« ganda und der Verunglimpfung faschistischer Länder aber verhindert werden müsse. Damit Da kein Schriftstück aufzutreiben war, das das reagierte sie konsequent, da der Verkauf nicht Propagandaministerium direkt als Urheber für wieder zugelassen werden konnte, nachdem der die Aufhebung des Moskau-Verbots auswies, Volksgerichtshof im Juli 1937 entschieden hatte, bestritt das Ministerium eine entsprechende Vorbereitungen zum Hochverrat lägen vor, wenn Verfügung und verwies auf ein Abkommen zwi­ Moskauer Sendungen abgehört würden, um An­ schen der Reichs-Rundfunkkammer und der regungen für propagandistische Aktivitäten der Wirtschaftsstelle der deutschen Rundfunkindu­ illegalen KPD zu erhalten. Überlegungen, gene­ strie, »daß Auslandssender mit den Namen auf rell alle Altgeräte, die vor 1933 mit Moskau auf die Skalen gedruckt werden könnten, mit denen der Skala ausgeliefert worden waren, einzuzie­ sie sich bei der Ansage ihrer Sendungen mel­ hen, wurden allerdings nicht angestellt. den.« Es fügte spater aber hinzu: »Von Moskau Pluf dem Höhepunkt der Auseinandersetzun­ ist bei dieser Vereinbarung nicht die Rede ge­ gen zwischen Gestapo und Propagandaministe­ wesen, vielmehr war es uns aus Gründen des rium veröffentlichten e1mge Zeitungen in politischen Takts selbstverstandlich, daß die Be­ Deutschland um die Jahreswende 1935/36 eine zeichnung dieser kommunistischen Station un­ »Notiz über eine bevorstehende große bolsche­ terbleibe, um nicht unnötig Hörer auf sie hinzu­ wistische Rundfunkoffensive«. Die Veröffentli• weisen .« Nach entsprechender Instruktion er­ chungen veranlaßten das Propagandaministeri­ stattete der Berliner Polizeipräsident am 29. Ja­ um zu einer Mahnung an die Journalisten, wie nuar 1936 dem Geheimen Staatspolizeiamt Be­ einer der anwesenden sich notierte: richt: Die Radiofirmen Telefunken und Lorenz 222 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

»Indirekte prosowjetische Propagandameldungen »Written on the Wall« sollen von der deutschen Presse nicht gebracht Vom Ende des britischen werden. Als Beispiel zitierte Stephan einen Bericht, wonach die Sowjetunion mit einem Kostenaufwand Militär-Rundfunks in Berlin von 80 Millionen Rubeln 20 Riesensender bauen wolle, auf denen in 22 Sprachen Mitteilungen verbrei­ »A little bit of instruction from all of us gathered tet würden usw. Wenn man solche Meldungen brin­ here: We're not saying >Auf Wiedersehen< gen wolle, müßten sie in einen Artikel eingebaut sein, because that means we might come back which in dem andere Länder auf die Zersetzungstaktik der shouldn't be right- we're saying >TschüßBritish Forces Broadcasting Service< (BFBS) Landkarte von den rund 75 Sendern wenigstens am 15. Juli 1994, Punkt 18.15 Uhr, vom Sender. die Hauptsender (darunter auch Moskau) ver­ An diesem Tag, da auch das >American Forces merkt, doch im Gegensatz zu den Darstellungen Network< (AFN) aus Berlin abzog, endete ein der anderen Staaten fehlten weitere Informatio­ Kapitel Rundfunkgeschichte in Deutschland. ln nen wie Wellenlange, Sendeleistung und Be­ deutschen Handen oder für deutsche Ohren be­ schreibung des Pausenzeichens.S ln den Über• stimmt waren die Programme der alliierten Trup­ sichten »Sender in Europa und den Nachbarlan­ pensender zu keinem Zeitpunkt. dern«, die 1937 und 1938 die Reichs-Rundfunk­ Das >British Forces Network< (BFN) sendete Gesellschaft veröffentlichte, wurden die Sender seit dem 29. Juli 1945 aus der Anfang Mai re­ der Sowjetunion totgeschwiegen.7 quirierten Musikhalle in Harnburg eine Mischung Über die lntensitat des Abhörens auslandi­ vor allem aus dem BBC >Light Programme<, scher Sender - ob Moskau, Luxemburg oder dem AFN und eigenen Produktionen. 1 Seit Fe­ Straßburg - entschieden aber weder technische bruar 1945 hatte bereits eine Nachhut der Be­ noch andere Manipulationen, sondern einzig und freiungsarmee Feldmarschall Montgomerys, die allein die Glaubwürdigkeit der Informationspolitik >No. 1 Mobile Field Broadcasting Unit<, mit auf im »Dritten Reich«. Lastkraftwagen verstauten mobilen Studio- und Ansgar Diller Sendeeinheiten ein provisorisches Programm für die britischen Soldaten in Deutschland ausge­ 1 Bundesarchiv Koblenz R 58/353; wenn nicht strahlt.2 Wenig spater war BFN nicht nur in der anders vermerkt, stammen alle nachfolgenden britischen Besatzungszone, sondern auch in Zitate aus diesem Aktenband. Berlin zu empfangen. Im Zuge der Stationierung 2 Mitteilungen der RRG Nr. 395, 4.5.1933, BI. 1. westalliierter Truppen in der nunmehrigen Vier­ Sektoren-Stadt wurde am 12. November 1945 im 3 Vgl. Der Deutsche Rundfunk Jg. 11 (1933), H. 26, Hauptquartier der britischen Streitkratte im Be­ S. 14; Jg. 12 (1934), H. 13, S. 14. zirk Spandau ein Sender mit einer Leistung von 4 Mitteilungen der RRG Nr. 402, 22.2.1934, BI. 8. 1 kW aufgebaut.3 Er versorgte die Soldaten Ihrer 5 NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit. Edition Majestat mit dem BFN-Programm aus Harnburg und Dokumentation, Bd. 4/1 : 1936. München u.a. (ab Februar 1954 aus Köln) und erfüllt so den 1993, S. 10. Auftrag, die Verbindung mit der britischen Hei­ mat aufrechtzuerhalten. 6 Vgl. Kurt Wagenführ: Weltrundfunkatlas. Berlin Bis Anfang der 60er Jahre war Berlin lediglich 1936, S. 26f. Vgl. auch Rußland, Rundfunkwesen. ln: Keesings Archiv der Gegenwart 1935, S. 1929. eine Relaisstation für das in Westdeutschland Hier wird von 65 Rundfunkstationen mit einer Ge­ zentral produzierte Programm. Dies anderte sich samtstärke von 1560 kW berichtet, die in 62 ver­ im Frühjahr 1961 mit der Eröffnung einer BFN­ schiedenen Sprachen, darunter auch in Deutsch, Niederlassung in Berfin, in einer kleinen Baracke sendeten. in unmittelbarer Nachbarschaft zum Spandauer Kriegsverbrechergefangnis. Fortan wurden in 7 Vgl. Mitteilungen der RRG Nr. 505, 15.3.1937, BI. 1-9; Nr. 508, 15.7.1938, BI. 1-12. dem »Selbstfahrer«-Studio - ein Novum in dieser Zeit - Nachrichten und Reportagen über das Le­ ben der Berliner Garnison produziert und in das Kölner Programm eingespeist.4 Der Mauerbau im August 1961 und die nachfolgende Isolierung (West-)Berlins ließen neben der Zielsetzung, den »link with home« zu gewahrleisten und die Trup­ pen mit Informations-, Unterhaltungs- und Bil­ dungsangeboten zu versorgen, im Kalten Krieg Schwarzes Brett 223

auch eine andere Funktion des britischen Milit~r­ gramm des >BFBS, Germany< übernommen hörfunks deutlich werden (der 1964 weltweit in wurde. Der Fall der Mauer hatte auch das ab­ >BFBS< umbenannt worden war): Der Sender sehbare Ende des alliierten Milit~rhörfunks in der sollte mithelfen, den Kampf um die Freiheit zu nun nicht mehr geteilten Stadt eingel~utet. Alan gewinnen. »Really there was a war to be fought. Phillips: »The writing was on the wall for BFBS ( .. .) And the thing to be won was freedom. ( ... ) I Berlin the day the Wall came down.«9 Seit 1990 think our little contribution went along to helping stand fest, daß die alliierten Truppen die alte und that process«, so der heutige Director of Broad­ neue Hauptstadt verlassen würden, und mit ih­ casting des BFBS, Peter McDonagh, selbst ein nen BFBS. Peter McDonagh brachte es auf den gebürtiger Berliner. 5 Obwohl eine deutsche Zu­ Punkt: »The necessity for a BFBS in a Berlin hörerschaft statutgem~ß nie angestrebt war, without troops is of course nonexistent «1 o Die entwickelte sich BFBS wie AFN und >Forces letzte Ausgabe von »Berlin Midday« mit Robin Franc;aises de Berlin< (FFB) zu einem Teil der Merrill und der »Teatime Show« mit Aidan Do­ ldentit~t (West-)Berlins, der auch unter Berlinern novan am 15. Juli 1994 standen ganz unter dem (nicht nur im Westen) Zuspruch fand.S Mit diesen Zeichen heiterer, aber oft auch wehmütiger Erin­ Radiostationen demonstrierten die Westalliierten nerungen früherer BFBS-Moderatoren an ihre ihre Pr~senz in der geteilten Metropole; deren Zeit in der pulsierenden Metropole. »We're very Redakteure sendeten locker gestaltete Unterhal­ sad to leave Berlin, but it's a sadness tempered tungsprogramme mit einem offenbar unnach­ with a certain amount of pride and a job weil ahmlichen »human tauch«. done ( ... )« .11 1969 zog das Berliner BFBS-Studio aus den Die nicht mehr benötigte Schallplattensamm­ zu eng gewordenen R~umen in Spandau in ein lung des Berliner Regionalstudios wurde am letz­ Verwaltungsgebäude der britischen Streitkr~fte ten Tag meistbietend versteigert, die Compact am Theodor-Heuss-Piatz im Bezirk Charlotten­ Discs gingen zur unl~ngst eröffneten BFBS-Sta­ burg um. Für rund 20 Jahre blieb das vierte tion in Nordirland. Die beiden Moderationspulte Stockwerk des »Summit Hause« das Zentrum wurden bereits kurz nach dem »AUS« um 18.15 der Aktivit~ten des BFBS in Berlin . Meist nur ein Uhr von Technikern zerlegt. Das eine wird fortan fester Reprasentant der Organisation und meh­ im jüngst eröffneten BFBS-Regionalstudio Gü• rere Freie Mitarbeiter produzierten Reportagen tersloh, das andere im fernöstlichen Brunei sei­ und Features, die zur Kölner Sendezentrale ge­ nen Dienst tun. Der >British Forces Broadcasting flogen wurden. Ein separates Programmfenster Service, Germany< ist mit seinem Programm aus erhielt das Berliner Studio erst im Februar 1982. der Sendezentrale im westfalischen Herford Dieses Datum markiert den Beginn einer eige­ noch bis zum 16. Dezember 1994 auf seiner an­ nen Magazinsendung, »Berlin Midday«, von gestammten UKW-Frequenz 98,8 MHz in Berlin 12.30 bis 14.00 Uhr (spater von 12.00 bis 14.00 zu hören.12 Die Zukunft auch der übrigen deut­ Uhr) für die rund 10 000 in der Stadt stationierten schen BFBS-Studios in Hohne, Mönchenglad• britischen Soldaten und ihre Angehörigen.7 BF­ bach-Rheindahlen, Paderborn, Gütersloh und BS übernahm somit an diesem von den übrigen Osnabrück mit ihren insgesamt knapp 100 Mit­ britischen Streitkratten relativ isolierten Stationie­ arbeitern ist trotz des erheblichen Abzugs briti­ rungsort in gewissem Umfang die Rolle eines scher Truppen zur Zeit noch offen. Aidan Dono­ »community radio« - mit Veranstaltungshinwei­ van, der letzte Berliner Studioleiter: »The future sen, Berichten aus dem Garnisonsalltag und in Germany is, as long as there's British forces to dem Kulturleben der Metropole. Ein Höhepunkt broadcast to, and as long as the British govern­ von BFBS Berlin bleibt in der Erinnerung der Be­ ment allocates funds for BFBS, then we will con­ teiligten die Live-Berichterstattung von der geöff• tinue to broadcast for them.«13 ln diesem Sinne neten Mauer im November 1989, als es hieß: wird der Sender im Juli 1995 den 50. Jahrestag Jeder greife sich ein Aufnahmeger~t und fange seines Sendebeginns in Deutschland feiern. 0-Töne vom Freudentaumel ein, der in der Stadt >BFBS, Germany< ist damit alter als jede beste­ herrschte.s hen~e deutsche Rundfunkanstalt. 1991 kehrte BFBS Berlin nach Spandau und Oliver Zöllner damit beinahe an seinen Ursprungsort zuück: in einen neu errichteten Geb~udetrakt auf dem 1 Doreen Taylor: A Microphone and A Frequency. Gel~nde des inzwischen abgerissenen Kriegs­ Forty Years of Forces Sroadcasting. London verbrecher-Gefangnisses. Hier erlebte das Stu­ 1983, S. 39. Alan Grace: Sattledress Sroad­ dio eine letzte Hoch-Zeit seiner Existenz. ln der casters. Fifty Years of Forces Sroadcasting. Chalfont 1993, S. 17. Wilhelmstraße wurde nicht nur das für Berlin ausgestrahlte werktagliehe Programmfenster 2 Gale Pedrick: Sattledress Sroadcasters. A History produziert, sondern auch die »Teatime Show« of the Sritish Forces Sroadcasting Service. Lon­ von 16.00 bis 18.00 Uhr, die vom Gesamtpro- don 1964, S. 23 f. Vgl. auch ders.: Sattledress 224 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Broadcasting. Sendemanuskript einer Produktion Funkausstellung, am 4. Dezember 1994, eine des >BBC Horne Service<, 6.11.1964, 19.30- Sonderausstellung zu eröffnen. 20.15 Uhr. R.P. Ref. No. TLO 50552, S. 18 f. Ausstellung und ein begleitender Katalog las­ 3 A[rmy] W[elfare] S[ervices] (Broadcasting), Rhine sen 70 Jahre Zeitgeschichte Revue passieren, in Army: This is the British Forces Network. BFN. deren Rahmen sich Wirtschaft, Technik und o.O. 1946, S. 7. Rundfunk entwickelt haben. Die Funkausstellun­ 4 Ein-Mann-Rundfunkstudio für BFN . ln: Der Ta­ gen haben es, zumindest in der Vergangenheit, gesspiegel, 17. Jg., Nr. 4706 v. 1.3.1961, S. 12. geschafft, die Rundfunkindustrie, die Rundfunk­ Vgl. auch Taylor (wie Anm. 1), S. 187. anstalten und den Konsumenten von beiden den Kauter und Hörer bzw. Zuschauer, in eine~ 5 Peter McDonagh, interviewt von Alan Phillips. ln: großen informierenden und unterhaltsamen BFG Today, BFBS Herford, 15.7.1994, 17.03- 17.15 Uhr. Schau zusammenzubringen - zum Nutzen für alle Beteiligten. 6 Vgl. Reginald Rudorf: Wie die Militär-Sender der ln dieser 70jahrigen Geschichte der Funk­ ARD Hörer abjagen. AFN und BFN werden immer ausstellung hat es Brüche gegeben, gepragt von attraktiver. ln: Die Weit, 30. Jg., Nr. 247 v. politischen Einschnitten; der Rundfunk selbst hat 23.10.1975, S. 15; Hans-Jürgen Ehlers: Rückzug auch aus dem Äther? BFBS möchte über 1995 die Gesellschaft verandert und dadurch neue hinaus sein Programm ausstrahlen. ln: Der Ta­ Verhaltensweise gepragt. Die Funkausstellung gesspiegel, 48. Jg., Nr. 14089 v. 21 .1.1992, S. 22. war auch immer ein Spiegelbild dieser Entwick­ lungen. 7 Richard Duncan, interviewt von Robin Merrill. ln: Ausstellung und Begleitkatalog sind in vier Berlin Midday, BFBS Berlin, 15.7.1994, 12.00- 14.00 Uhr. Vgl. auch Ulrich Kratzsch: BFBS. Kapitel gegliedert: Funkausstellungen in der Brücke nach Hause. ln: Günter Bentele/Otfried Weimarer Republik: 1924-1932; Funkausstellun­ Jarren (Hrsg .): Medienstadt Berlin. Berlin 1988, S. gen in der Diktatur: 1933-1939; Funkausstellun­ 295-299. gen auf Wanderschaft: 1950-1970; Internationale Funkausstellungen 1971-1993. Jede einzelne 8 Patrick Eade, damaliger Studioleiter, interviewt von Robin Merrill ... (wie Anm. 7) . Vgl. auch Aidan Funkausstellung wird in der Sonderausstellung Donovan: BFBS Berlin. 1961 to 1994. BFBS Ber­ des Rundfunk-Museums wie im Begleitband lin, 15.7.1994, 9.03-10.00 Uhr. nach einem einheitlichen Schema prasentiert: Veranstalter; Ausstellungsflache; Zahl der Aus­ 9 Alan Phillips in BFG Today .. . (wie Anm. 5). steller; Geleitwort; Schwerpunkte - Industrie, 10 Peter McDonagh, interviewt von Al an Phillips ... Rundfunk; Sonderschauen I Rahmenprogramm; (wie Anm. 5). Zahl der Besucher; Nachlese; Originaltext (aus 11 Ebd. dem betreffenden Jahr). 12 Zu der Ausstellung selbst ist die für das je­ Vgl. auch Reinhart Bünger: Abmarsch der Arri­ weilige Jahr neueste Empfangstechnik zu sehen vierten. Heute ist in Berlin für die Armeeradios - erganzt um Fotos, faksimilierte Dokumente AFN und BFBS Sendeschluß. ln: Der Tagesspie­ gel, 50. Jg., Nr. 14971 v. 15.7.1994, S. 12. sowie Ton- und Bildbeispiele, um eine 70jahrige Ausstellungstradition zu beschreiben, die im 13 Aidan Donovan, interviewt von Oliver Zöllner am Bereich der Unterhaltungselektronik die größte 15.2.1994 in Berlin. der Welt ist. Heide Riede!

Politik, Wirtschaft, Programm 70 Jahre Funkausstellung Radio Schwerpunktthema in der Vor 70 Jahren, am 4. Dezember 1924, wurde in Zeitschrift >du< Berlin die erste Funkausstellung eröffnet. 39 Funkausstellungen hat es seither gegeben - 31 I »Heute ist es schick, dem traditionellen Radio davon in Berlin auf dem Messegelande unter nachzutrauern«, heißt es am Beginn eines Bei­ dem Funkturm; auch die 40. im Jahr 1995 wird trags zum modernen Lokalradio im Juniheft 1994 dort stattfinden. Diesen Tag nimmt das Deutsche der Schweizer Zeitschrift >du<, das den Titel Rundfunk-Museum, das auf diesem Messege­ tragt »Radio. Im Ohr die ganze Welt« . Doch lande und unter diesem Funkturm seit 1967 sein Radio-Nostalgie ist der gemeinsame Nenner fast Domizil hat und damit seit langer Zeit Wegbeglei­ aller Beitrage dieses Heftes, das sich durch ei­ ter für viele Funkausstellungen ist, zum Anlaß, nen bemerkenswerten Mangel an einer differen­ am 70. Jahrestag der Eröffnung der ersten zierteren Betrachtung der Voraussetzungen und Bedingungen des ersten elektronischen Medi- Schwarzes Brett 225 ums in Vergangenheit und Gegenwart auszeich­ durch die Transistortechnik immer billiger und net. Verstandlich, daß die Radioerinnerungen überall aufstellbar wurde, schon vor 30 Jahren von Intellektuellen wie Hermann Glaser aus reagiert und entsprechende Lösungen gefunden, Deutschland, Theo Mausli und Urs Widmer aus um auch die Bedürfnisse ihres »dispersen« Pu­ der Schweiz in erster Linie den kulturellen Lei­ blikums erfüllen zu können. Davon ist leider im stungen des Radios gelten. Für die durch das Radio-Heft von >dU< im Jahr 1994 nichts zu le- Radio sozialisierte Generation stellte der Hörfunk sen. in der Tat einen bis dahin nie gekannten und Edgar Lersch einmalig »billigen« Zugang zur geistigen Welt her. Der Beitrag von Wilfried Seheeller über Lite­ ratur und Rundfunk befaßt sich nur mit der Ra­ diodebatte der Schriftsteller in den 20er Jahren. Harald Hauser (1912- 1994) Der neu auftauchende Rundfunk schien eine Chance zu eröffnen, die »mythische Verbindung Im August ist in Berlin ein im Westen Deutsch­ zwischen Rhapsodie und Zuhörer wiederge­ lands wenig bekannter DDR-Schriftsteller gestor­ winnbar« zu machen: von daher die betrachtli­ ben: Harald Hauser, Autor von Romanen, Thea­ ehe Faszination, die offensichtlich gerade von terstücken, Filmen, Hörspielen und Kinderbü• diesem Medium auf Dichter und Schriftsteller chern. Daß er auch vielfaltig journalistisch wirkte ausging. und jahrzehntelang Verfasser von politischen Doch bis zu einem gewissen Grade gilt auch, Kommentaren für den DDR-Hörfunk war, ist daß wenigstens in Deutschland das Fernsehen - noch weniger bekannt. getragen vom Kulturauftrag und volkserzieheri­ Hauser stammte aus einer weitverzweigten schen Anspruch der öffentlich-rechtlichen Rund­ jüdischen Familie, die über mehrere Jahrhun­ funkanstalten - ein betrachtlicher Faktor der Kul­ derte im Badischen ansassig war.1 Geboren in turvermittlung war: Nur ist dies zu wenig be­ Lörrach, aufgewachsen in Freiburg, studierte er kannt, verfallt das Fernsehen doch generell dem Jura in seiner Heimatstadt und in Berlin. 1932 Verdikt des Kulturverfalls. wurde er Mitglied der KPD und emigrierte 1933 Unhistarisch und allzu blauauig formuliert ist nach Frankreich, wo er sich mit Gelegenheitsar­ im »Epilog« auch die Aufforderung, daß das beiten durchschlug, spater als Jean-Louis Maurel Radio sein Selbstverstandnis »als aktiv gestal­ Mitglied der Resistance und Generalsekretar des tendes künstlerisches Medium« nicht aufgeben Komitees Freies Deutschland für den Westen dürfe - Forderungen, die sich gegen Thesen aus (KFDW) wurde. Mit dem Schreiben der Texte für Positionspapieren der Schweizer Radiogesell­ Flugblatter, mit der Redaktion der KFDW-Zeitung schaft DRS wenden. Kulturprogramme im Hör• >Volk und Vaterand< und mit einem ersten Aufruf funk müssen nicht unbedingt »popularer« wer­ über >Radio Paris< im August 1944, in dem der den, und sie haben, wie in dem Heft durch ver­ 32jahrige unmittelbar nach der Befreiung der streute exemplarische Beispiele belegt wird, im­ französischen Hauptstadt an die deutschen Sol­ mer noch ein kleines, hochmotiviertes Publikum. daten appellierte, den Krieg zu beenden,2 sam­ Das kann aber nicht bedeuten, daß über deren melte er publizistische Erfahrungen. Aufgaben angesichts eines im Vergleich etwa zu Nach Ende des Krieges kehrte Harald Hauser den 50er Jahren völlig veranderten Kultur- und nach Berlin zurück und wurde Journalist. Er war Kommunikationsmarktes nicht neu nachgedacht Redakteur bzw. Chefredakteur verschiedener wird. Zeitungen und Zeitschriften (u. a. des >Neuen Einen Kontrapunkt zu den sehr einseitigen Deutschland< und der >Neuen Gesellschaft<) Aussagen des Heftes setzen - vermutlich eher und veröffentlichte 1947 seinen ersten Roman unbeabsichtigt - die Farbfotografien von Heini »Wo Deutschland lag«.3 Hierin wie auch in vie­ Stucki in der Mitte. Motto dieses Bildteils ist: »An len spateren Büchern und Filmen thematisierte welchem Ort ein Radio steht, sagt einiges über - er die NS-Zeit in Frankreich,4 wobei er nicht nur den Stellenwert, den es für seine Benutzer hat«. den kommunistischen Widerstand darstellte, Ja, das wohl auch, aber doch in geringerem Ma­ sondern das Geschehen auch aus der Perspek­ ße. Radios in Waschküchen, Hobbyraumen, in tive von Wehrmachtsangehörigen, der Manner der Nahe von Ladenkassen, Dunkelkammern, des 20. Juli oder der Franzosen verschiedener Kinderzimmern, in den verschiedensten Arbeits­ Herkunft und politischer Anschauungen schil­ raumen, im Schlafzimmer, müßten eigentlich derte. ln den 50er und 60er Jahren verfaßte anregen, darüber nachzudenken, ob elektroni­ Hauser eine Reihe von Theaterstücken, mit de­ sche Musik und avantgardistische Hörspiele, Es­ nen er auch Gegenwartsstoffe aufgriff. says hier ihren richtigen »Hörraum« haben. »Barbara« ( 1964) zum Beispiel behandelte die Kluge Radiomacher haben auf den Umstand, »Herausbildung sozialistischer Persönlichkeiten« daß das Radio in den 50er Jahren und dann in der Entscheidungssituation des 13. August 226 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

1961 . Die meisten dieser Stücke waren, wohl vor auch gegen die »Feinde im eigenen Land« rich­ allem wegen ihrer stark didaktischen Dialoge, tete. Harald Hauser konnte und wollte die be­ bereits in den 70er und 80er Jahren in der DDR rechtigten Forderungen der Literaturdissidenten vergessen. ln seinen Fernsehfilmen, besonders nach Meinungsfreiheit nicht verstehen, die er als in den Mehrteilern »Salut, Germain« (1971/72) Vorstandsmitglied des DDR-Schriftstellerverban­ und »Gefahrliche Fahndung« (1978) baute des als »konterrevolutionare Schweinerei« und Hauser zunehmend auf Unterhaltungs- und als Bündnis mit dem »Klassenfeind« wertete. Spannungseffekte und scheute auch nicht vor Seine Äußerungen anlaßlieh der Protestresolu­ action-Eiementen bei der fiktionalen Behandlung tion von DDR-Schriftstellern gegen die Bier­ von Geschichte zurück. Diese den Zeitgeist und mann-Ausbürgerung 19767 und der Ausschlüsse die Medienerwartungen bedienende Darstellung von Stefan Heym und anderen Autoren aus dem geriet nicht selten in die Nahe des Klischees. Schriftstellerverband 19798 legen hiervon ein be­ Als freiberuflicher Mitarbeiter verfaßte und redtes Zeugnis ab. Dagegen sprechen zum Bei­ sprach Hauser zunachst unter dem (seinem spiel Hausers 1989 veröffentlichte Erinnerungen Decknamen aus der Zeit der Resistance nach­ »Gesichter im Rückspiegel«g eine andere Spra­ empfundenen) Pseudonym Jan Morel zwischen che, die Toleranz und die Fahigkeit zur Differen­ 1945 und 1952 zahlreiche Kommentare für den zierung aufscheinen laßt. Berliner Rundfunk, u.a. für die Reihen »Mit spit­ Ein Leben hat sich vollendet. das in seinen zer Feder«, »Auf nüchteren Magen« oder »Jan vielfältigen Facetten die Widersprüchlichkeit Morel hat das Wort«. 5 ln diesen wie auch in sei­ deutscher Geschichte in diesem Jahrhundert nen spateren, unter seinem eigenen Namen spiegelt und das dennoch nicht einfach in das verfaßten und gesprochenen Kommentaren bei heute gangige »Tater/Opfer«-Schema paßt. Ha­ verschiedenen DDR-Hörfunksendern (u.a. bis in raid Hauser hat nicht zuletzt mit seinen Hörspie• die 80er Jahre hinein monatlich in der sonntagli­ len, Fernsehfilmen und Kommentaren10 das Er­ ehen Kommentarreihe »Gedanken zur Zeit« scheinungsbild der DDR-Medien wesentlich mit­ beim >DeutschlandsenderStimme der DDR<) gepragt. bediente er sich der Glosse und der Satire, der lngrid Pietrzynski humoristischen, geschliffenen Polemik ebenso wie der Beschimpfung und Vereinfachung. The­ Vgl. hierzu Günter Wirth: Die Hauser-Chronik. matisch reihte er sich ein in die Kommentatoren­ Berlin 1983. Hausers Vater Wilhem war Mathe­ front, die besonders im Kalten Krieg das politi­ matiker, der als Pazifist und Sozialdemokrat in der sche Geschehen in Deutschland und in der Welt Zeit des Dritten Reiches im KZ Dachau inhaftiert war, 1938 nach Großbritannien in die Emigration im Sinne der »Klassen- und Machtfrage« bewer­ ging und nach dem Zweiten Weltkrieg Mitbegrün• tete: Nazi-Restauration und Wiederaufrüstung im der der Pädagogischen Hochschule Potsdam war. Westen Deutschlands, Korea- und Vietnamkrieg, waren seine Themen, die er gelegentlich auch in 2 Vgl. hierzu Harald Hauser: Gesichter im Rückspie• seinem schriftstellerischen Schaffen verarbeitete, gel. Berlin 1989, S. 168f. Diese deutschsprachi­ gen Sendungen für Soldaten und später Kriegsge­ was ihm in der Bundesrepublik die Charakterisie­ fangene wurden bis Mitte 1945 fortgeführt. Haus­ rung »lupenreiner Altkommunist«6 eintrug. ers erste Frau Edith gehörte zu denen, die dort Harald Hauser, rhetorisch begabt, charmant regelmäßig Kommentare sprachen. Edith Hauser, und außerst kommunikativ, einer der wenigen spätere Zorn, war nach Kriegsende Leiterin der »Weltbürger« in der DDR (dies freilich nicht nur Planungsabteilung in der Intendanz des Berliner wegen der in Frankreich verbrachten Jahre, Rundfunks. Als Historikenn widmete sie sich spä• sondern auch auf Grund seiner prominenten ter der Geschichte der Resistance. Vgl. hierzu Do­ Stellung in der DDR, die für ihn u.a. Reisefreiheit ra Schaul I Edith Hauser (Hrsg.): Resistance. Er­ bedeutete), der gelegentlich auch als Schauspie­ innerungen deutscher Antifaschisten. Berlin 1973. ler vor die Kamera trat oder Regie führte, war 3 1975 unter dem Titel Botschafter ohne Agreement und blieb Kommunist. Zwar hatte auch er in der auch in der Bundesrepublik erschienen. DDR hin und wieder Schwierigkeiten, u.a. mit 4 So u.a. in: Es waren zwei Königskinder 1 dem »Bitterfelder Weg«, außerteer sich hier und (Erzählung 1979); An französischen Kaminen da kritisch zu den Hemmnissen des DDR-Litera­ (DEFA-Film 1964); Salut, Germain (13teilige tur- (sprich Zensur-)betriebes und geriet in ho­ Fernsehserie 1971/72); Nadine, meine Liebe hem Alter zunehmend in innere Konflikte mit der (Fernsehfilm 1989). Einige dieser Stoffe verarbei­ DDR-Politik. Öffentlich wich er jedoch nie von tete er auch zu Hörspielen. verinnerlichter »Parteidisziplin« und dem durch 5 Vgl. hierzu Werner Stankoweit: Pseudonym Jan das Grunderlebnis der NS-Zeit geprägten Morel. Gespräch mit dem langjährigen Rundfunk­ »Kiassenstandpunkt« ab, was ihn mit der politi­ kommentator Harald Hauser. ln: Beiträge zur Ge­ schen Klasse der DDR verband und sich in zu­ schichte des Rundfunks 16. Jg . (1982) H. 3, S. 5- nehmend undifferenzierter Verschwörungsangst 21 . Nach eigenen Aussagen in diesem Interview Schwarzes Brett 227

haben sich bei Hauser selbst keine Manuskripte war ein weiterer wichtiger Gedanke in verschie­ aus dieser Zeit erhalten. Auch die diesbezügliche denen Vorträgen insbesondere im Rahmen der Ton- und Manuskriptüberlieferung im Deutschen technischen Kommissionen. Dieser Aspekt wur­ Rundfunkarchiv Berlin ist sehr lückenhaft. de durch Referate von seiten der Industrie noch 6 Vgl. u.a.: Das Haus in der Masurenallee. Drei akzentuiert. Jahre Ostsender- unter der roten Fahne. ln: Der Zum ersten Mal wurde der »FIATIIFTA-Te­ Tag vom 11 .6.1948 und Hans Zielinski: Hinein levision Archives Award« für die beste mit Ar­ nach Bitterfeld - hinaus aus Bitterfeld. Zur Litera­ chivmaterial produzierte internationale Fernseh­ turdiskussion in der Zone. ln: Die Welt vom sendung überreicht; die Preisverleihung nahm 4.4.1961. der Minister für Wissenschaft, Forschung und 7 Vgl. hierzu: ln Sachen Biermann. Protokolle, Kultur des Landes Brandenburg, Hinrich Ender­ Berichte und Briefe zu den Folgen einer Ausbür• lein, vor. Prämiert wurde eine Produktion des gerung. Forschungen zur DDR-Geschichte, Bd. 2. Dänischen Fernsehens mit dem Titel »The last Berlin 1994, S. 123- 133. red star« . 8 Vgl. hierzu: Protokolle eines Tribunals. Die Aus­ Im Rahmen der Tagung fanden mehrere Ex­ schlüsse aus dem DDR-Schriftstellerverband kursionen nach Berlin statt, zum Deutschen Mu­ 1979. Reinbek bei Harnburg 1991, S. 12f. und 58- sikarchiv, zum Sender Freies Berlin, zum Deut­ 63. schen Rundfunkmuseum, zum Deutschen 9 Hauser (wie Anm. 2). Rundfunkarchiv - Standort Berlin -, zum Bun­ desfilmarchiv, zum Musikinstrumenten-Museum 10 Hausers Hörspiel-, Fernsehfilm- und Kommentar­ sowie zum Museum für Verkehr und Technik. überlieferung befindet sich neben seinen zahlrei­ Bei diesen Gelegenheiten konnte die praktische chen kulturpolitischen Äußerungen, Interviews mit ihm und Porträtsendungen über ihn im Deutschen Umsetzung der in den einzelnen Vorträgen an­ Rundfunkarchiv Berlin, der Nachlaß des Schrift­ gesprochenen Themen vor Ort besichtigt wer­ stellers bei den Erben. den. Neben diesen Fachexkursionen gab es so­ wohl zwischen den einzelnen Sitzungen als auch im Rahmen der geselligen Abendveranstaltun­ gen ausreichend Gelegenheit, sich naher mitein­ Internationale Jahrestagung von ander bekannt zu machen. ln Anbetracht der IASA und FIAT Tatsache, daß beide Vereinigungen zum ersten Mal zusammen tagten, war diese erste Kontakt­ Vom 3. bis 9. September 1994 fand im Interna­ aufnahme ein wichtiger und vor allem richtiger tionalen Bildungs-eentrum Bogensee bei Bernau Schritt in Hinblick auf die Lösung anstehender in der Mark Brandenburg die erste gemeinsame Fragen und Probleme, die parallel sowohl in internationale Jahrestagung von IASA (Interna­ Schall- wie auch Fernseharchiven jetzt und in tionale Vereinigung der Schallarchive) und FIAT naher Zukunft anstehen. Insbesondere in den (Internationale Vereinigung der Fernseharchive) ersten Tagen mußten zwar einige »Anlauf­ statt. 274 Teilnehmer aus 34 Ländern (z. B. aus schwierigkeiten«, die u. a. auch damit zusam­ Brasilien, Malaysia und Neuseeland) nahmen an menhingen, daß der Veranstaltungsort - das In­ dieser Konferenz teil, die unter Federführung des ternationale Bildungs-eentrum Bogensee - eine Deutschen Rundfunkarchivs mit verschiedenen Ausbildungsstätte ist, Oberwunden werden, wie Kollegen aus der Archivlandschaft organisiert auch die »Berührungsängste« zwischen den Mit­ wurde. Inoffizielles Generalthema, das sich wie gliedern beider Vereinigungen. Letzteres gelang ein roter Faden durch nahezu alle Sitzungen, vielleicht gerade wegen des etwas abgelegenen Kommissionen und Komitees zog, war die Be­ Veranstaltungsortes und ist somit sicherlich ein wahrung des kulturellen Erbes in den verschie­ Verdienst der Bogensee-Tagung. Die Früchte denen Archiven, sei es in technischer Hinsicht wird man in einem Jahr ernten können, wenn oder unter dem Aspekt der Bestandser­ IASA und FIAT einen zweiten gemeinsamen schließung und lnformationsvermittlung. Versuch wagen und erneut zusammen tagen, Gleichzeitig bot die Tagung Gelegenheit, in vom 17. bis 22 . September 1995 in Washington. einem größeren und insbesondere internationa­ Anke Leenings len Rahmen die verschiedenen audiovisuellen Archive in Deutschland, der Schweiz und Oster­ reich bzw. die Planungen zu solch übergreifen• den Institutionen wie beispielsweise für die Deut­ sche Mediathek oder das Osterreichische Medi­ enmuseum vorzustellen. Daß inzwischen auch in den Archiven das Digitalzeitalter begonnen hat, 228 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Jahreshauptversammlung der Wissenschaftler (bis 35 Jahre) vergeben werden IASA-Länderg ruppe sollen. Gefördert werden Dissertationen, die sich mit der Geschichte des Rundfunks in der DDR Deutschland I Deutschschweiz befassen, sich entweder auf die Programm- und Organisationsgeschichte beziehen oder medien­ Im Rahmen der diesjährigen internationalen Jah­ geschichtliche und -politische Fragestellungen restagung von IASA und FIAT in Bogensee bei thematisieren. Die Arbeiten sollten sich auf pri­ Berlin fand am 7. September 1994 die Jahres­ märe Quellen, Aktenbestande, Tonträger und hauptversammlung der IASA-Ländergruppe Filmmaterialien stützen, die am Standort Berlin Deutschland I Deutschschweiz statt. Die Länder• des Deutschen Rundfunkarchivs für die rund­ gruppe hat 124 Mitglieder - 32 institutionelle und tunk- und medienhistorische Forschung zur 92 persönliche (Stand 31.8.1994). Verfügung stehen. Die Vorarbeiten an der jewei­ Thematischer Schwerpunkt der Sitzung war ligen Dissertation sollten bereits entsprechend die Diskussion über den dankenswerterweise weit vorangeschritten sein. von Frank Rainer Huck vorgelegten Satzungs­ Die drei Stipendien sind mit jeweils DM 12 000,-­ entwurf. Nach Klärung noch offenstehender Fra­ jährlich dotiert. Bewerbungen, denen eine Pro­ gen wird diese Satzung demnächst allen Mitglie­ jektskizze, eine Gliederung sowie bereits vor­ dern zur schriftlichen Abstimmung vorgelegt. handene Teile der Dissertation beiliegen sollen, Außerdem wurde beschlossen, 1995 wieder eine können bis 31 Dezember 1994 an den Vorstand eigenständige Herbsttagung der IASA-Länder• des Deutschen Rundfunkarchivs, Dr. Joachim­ gruppe abzuhalten, um den zahlreichen persön• Felix Leonhard, Postfach 100644. 60006 Frank­ lichen Mitgliedern Gelegenheit zum Informations­ furt am Main, gerichtet werden. austausch zu geben. DRA Zu Vorstandsmitgliedern wurden gewählt: Anke Leenings, Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt am Main (Vorsitzende); Hans-Rudolf Dürrenmatt, Schweizer Radio- und Fernsehge­ Förderpreis Funkgeschichte sellschaft, Bern, Frank Rainer Huck, Saarländi• scher Rundfunk, Saarbrücken, Rainer E. Lotz, Die >Gesellschaft der Freunde der Geschichte Sonn (stellv. Vorsitzender); Detlef Humbert, Süd• des Funkwesens e.V.< (GFGF) hat einen mit deutscher Rundfunk, Stuttgart (Sekretar, Kom­ DM 10 000,- dotierten Preis zur Förderung der missarischer Schatzmeister). funkgeschichtlichen Forschung gestiftet. Der AL Preis wird jährlich an Personen oder Institutionen vergeben, die durch ihre Arbeit neue Erkennt­ nisse zur Geschichte des Funkwesens hervor­ gebracht haben. Insbesondere sollen Beitrage Promotionsstipendien für Arbeiten zur Entwicklung einzelner Rundfunkfirmen und zur Rundfunk- und Mediengeschichte der Rundfunkindustrie, zu Funk-, Audio- und Vi­ der DDR deogeräten von den Anfangen bis heute ausge­ zeichnet werden. Bewerbungsschluß ist jeweils Das Kuratorium zur Vergabe der Promotionssti­ der 31. Dezember des laufenden Jahres. Be­ pendien des Deutschen Rundfunkarchivs unter werbungen und Anfragen zum Förderpreis sind Vorsitz des Intendanten des >Senders Freies zu richten an die GFGF e.V., Institut für Technik­ Berlin<, Dr. Günther von Lojewski, hat im Juni geschichte der Fachhochschule Ulm, Postfach aus fünf Bewerbungen seine Auswahl getroffen 3860, 890228 Ulm, Telefon I Fax 0732-5028242. und drei Stipendien für die Zeit vom 1. Juli 1994 GFGF bis zum 30. Juni 1995 vergeben. Gefördert wer­ den die Arbeiten »Sozialistische Audiovisionen. Eine entwicklungsgeschichtliche Studie zu Kultur und Technik der elektronischen Medien in 40 Jahren DDR« (Thomas Beutelschmidt, Berlin); »Die revolutionäre Wende in der DDR als kom­ munikatives Ereignis« (Bert Bresgen, Freiburg) sowie »Das Fernsehen im geteilten Deutschland. Die deutsch-deutsche Fernsehkooperation unter Berücksichtigung des Konkurrenzverhaltnisses« (Woo-Seung Lee, Münster). Für das Jahr 1995 sind erneut drei Stipendien ausgeschrieben, die vorzugsweise an jüngere Bibliographie

Rundfunkbezogene Hochschulschriften Mohr, Reinhard: Sir Hugh Carleton Greene - ein aus kommunikationswissenschaftliehen kritischer Beobachter des Rundfunks in Westdeutsch­ land 1948-1987. (1991) Fachinstituten Neubert, Kurt: Die Nahweit im Fernsehen: Themen­ Institut für Journalistik und wahl, Themengewichtung und Themengestaltung im öffentlich-rechtlichen und privaten Regionalfernse­ Kommunikationsforschung hen. Eine vergleichende Studie der niedersächsi• Hochschule für Musik und Theater Hannover schen Regionalprogramme von NDR und SAT.1. Hohenzollernstraße 47 (1991) 30161 Hannover Berger, Jürgen: ARTE - der europäische Fernsehkul­ turkanaL Anspruch und Wirklichkeit. (1992) Diplomarbeiten im Ergänzungsstudiengang Fuchs, Matthias: Programmdesign - Klang und Prä• Journalistik sentation im Hörfunk. (1992) 1990- 1993 Gallop, Kim: »Ciosing down the airwaves«. Rund­ funkzensur in Irland. (1992) Küter, Bettina: Untersuchung über Philosophiesen­ dungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. (1990) Scharenberg, Wolfram: Der Deutschlandsender Kul­ tur und der nationale Hörfunk. (1992) Lange, Gerd: Hannover als Medienstandort: eine Bestandsaufnahme zwischen Wunsch und Wirklich­ Wachhaus, Susanne: Pay-TV in Deutschland: Vom keit. (1990) Teleclub zu Premiere. (1992) Maier-Bode, Eva: »Geschichte(n) als Gegenwart«. Schultes, Eva: Die bedrohte Radio-Art. Das Hörspiel Was macht Alexander Kluge bei RTL plus? (1990) im Programm der Landesrundfunkanstalten. (1992) Mehnke, Bernhard: Fremdkörper im Programm oder Becker, Michael: Überflüssig und zu teuer? Zur Si­ Ohr zur Weit? Die Nutzung und Bedeutung von Här• tuation der Rundtunksinfonieorchester in Deutsch­ tunkagenturen für die aktuelle Berichterstattung land. (1993) Hamburger Privatradios. (1990) Brenning, Ulrike: »Wenn's gefällt, dann bleibt's .. .« Die Möller-Arnsberg, Ulrich: »Musik fürs Auge«: eine Zielgruppe der älteren Menschen in den Hörfunk• Untersuchung über klassische Musiksendungen im programmen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstal­ Fernsehen. (1990) ten. (1993) Muth, Monika: Die unendliche Fusionsgeschichte: Zur Buchholtz, Ulrich: »Nachrichten im Viervierteltakt« Rundfunkordnung in Südwestdeutschland 1988-1990. (n-tv): eine Programmanalyse des ersten deutschen (1990) Nachrichtensenders. (1993) Stange, Raimar: »Texte und Zeichen - Das Kultur­ Buhmann, Regine: Enzensberger und die Medien - journal«. Von Andersch zu Warhol? (1990) Der Werdegang seiner Medienkritik und Medienpra­ xis. Anspruch und Wirklichkeit. (1993) Stürzebecher, Dieter: Sport und lokaler Hörfunk in Niedersachsen. Rahmenbedingungen und Hand­ Fuchs, Matthias: Programmdesign - Klang und Prä• lungsmodelle für ein Engagement des Landessport­ sentation im Hörfunk. (1993) bundes Niedersachsen im privaten Lokalfunk. (1990) Hofmann, Roger: Streng geheim: Musikforschung. Werner, Angelika: Hörfunk in Programmzeitschriften - Radiomacher entdecken den Musikgeschmack ihrer ein vernachlässigtes Medium? (1990) Hörer. (1993) Wickel, Ulrich: Medienaktivitäten der Kirchen bei den Jaquemar, Jaqueline: Ökologie und Medien: ein Be­ neuen Funkmedien am Beispiel von Niedersachsen richt über den Forschungsstand, Leistungen und Defi­ und Bayern. (1990) zite der Medienberichterstattung über Umweltschutz. (1993) Euler, Wibeke: »Mama, ich komm' im Radio«. Eine I Untersuchung zu Mitwirkungsmöglichkeiten von Tröger, llka: Ein neuer Umgang mit den Medien: Das Kindern im öffentlich-rechtlichen Hörfunk unter be­ Medienjournal »CANALE GRANDE« (VOX). Eine sonderer Berücksichtigung des Kinderprogramms von Untersuchung zu Inhalt und Präsentation. (1993) Radio Bremen und des Saarländischen Rundfunks. Vornbäumen, Marita: Weiber von Sinnen - die freche (1991) lila Strähne unter den rosaroten Zöpfen. Eine Unter­ Heldberg, Helma: Lokalstudios in Nordrhein-Westfa­ suchung des Weibermagazins bei RTLplus. (1993) len - Redakteure als Allround-Talente. Eine Untersu­ Westhoff, Dieter: »Reality-TV« in Deutschland: Per­ chung zum Berufsbild und zur Ausbildung des Lokal­ version der Unterhaltungsindustrie oder Prügelknabe redakteurs im privaten Hörfunk in Nordrhein-Westfa­ für Medienverdrossenheit? (1993) len. (1991) 230 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Becker, Martina: »ran« an die »Sportschau«. Wie ei­ Epkes, Gerwig. Horcher an der Wand. Bemerkungen ne Sportsendung mit neuer Konkurrenz umgeht. zum Hörspiel. ln: DU. 1994. H. 6 [639]. S. 34-38. (1993) Unter Berücksichtigung seiner Geschichte. Fischer, Andrea: »Cyber-Space« - Die Begegnung Göttin, Thomas. Der Ätherrausch der Anarchie. ln: der neuen Art. (1993) DU. 1994. H. 6 [639]. S. 57-60. Zur Geschichte der Freien Radios in Deutschland und in der Schweiz. Diplomarbeiten im Erganzungsstudiengang Große-Katthöfer, Ursula . Die Elite baut aus. ln: Jour­ Medienmanagement im WS 1993/94 nalist. 1994. Nr. 6. S. 69-70. Über die Medienlandschaft in Chile seit dem Ende Fugmann, Jürgen: Radio-Atlas. Die Strukturen der der Militärdiktatur. Hörfunklandschaft Baden-Württemberg. (1993) Hankiss, Elemer. The Hungarian media's war of Kellerer, lngrid: Interaktive Medien. Eine Annäherung independence: a Stevensen lecture, 1992. ln: Media, in drei Schritten. (1993) culture & society. Vol. 16. 1994. Nr. 2. S. 293-312. Im Frühjahr 1994 wurde in keinem der Studiengänge Zur ungarischen Medienpolitik der Jahre 1990 bis eine Diplomarbeit zu rundfunkspezifischen Themen 1993, die durch staatliche Einflußnahme gekenn­ erstellt. Die Prüfungsverfahren für das SS 1994 sind zeichnet war. Bericht des Präsidenten des Ungari­ noch nicht abgeschlossen. schen Fernsehens. Romy Fröhlich Hendriksen, Paul. Zukunftssicherung des öffentlich• rechtlichen Fernsehens durch Kooperation. Jüngste Rundfunkentwicklung in den Niederlanden. ln: Media Perspektiven. 1994. H. 5. S. 218-223. Henning, Peter. Ansichten eines Clowns. Eine Be­ Zeitschriftenlese 66 (1.5. - 30.6.1994) gegnung mit der US-Radio-Legende Garrison Keillor. ln: DU. 1994. H. 6 [639]. S. 65-68. Bartosch, Günter. Wie der Fußball ins Fernsehen Hoff, Peter. Die Beziehungen zwischen den Fernseh­ kam. Bericht zur Fußballweltmeisterschaft 1994. ln: institutionen der Bundesrepublik Deutschland und der ZDF-Kontakt. 1994. H. 5. S. 6-7. ln: ZDF. Jg. 10. Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1952 1994. Nr. 6. S. 78-79. und 1989. ln: Deutsche Verhältnisse. Beiträge zum Fernsehspiel und Fernsehfilm in Ost und West. Basting, Barbara. Klangumwandlung in Echtzeit Das Siegen. 1993. S. 33-54. Freiburger Experimentalstudio des Südwestfunks. Ein Gespräch mit Studioleiter Andre Richard. ln: DU. Holtgreve, Sabine,. Kirsten Sonnenschein-Achebach. 1994. H. 6 [639]. S. 42-46. Der Dramaturg. Eine historische Annäherung an ein Mit einem Überblick: Ausgewählte Produktionen Berufsbild im Fernsehen der DDR. ln: Deutsche des Freiburger Experimentalstudios. Verhältnisse. Beiträge zum Fernsehspiel und Fern­ sehfilm in Ost und West. Siegen. 1993. S. 85-112. Bier, Marcus. Im Wendekreis des Westfernsehens - Die Entstehung des Berufsbildes Fernsehdrama­ Über den individuellen Umgang mit der Television in turg in den fünfziger Jahren. der DDR. ln: Deutsche Verhältnisse. Beiträge zum Die Hauptabteilung der Fernsehdramatik ab 1957 Fernsehspiel und Fernsehfilm in Ost und West. und ihre Leiter. Siegen. 1993. S. 157-186. Die DDR-Dramatik der fünfziger Jahre aus westli- Beschreibung des Zuschauerverhaltens auf der cher Sicht. Grundlage des medienbiographischen Verfahrens Fernsehdramatik der sechziger Jahre. (Erinnerung). Fernsehdramatik in den siebziger Jahren. Boyle, Maryellen. Building a communicative de­ Fernsehdramatik der achtziger Jahre. mocracy: the birth and death of citizen politics in East Hulten, Olof. Festhalten am starken öffentlich-rechtli• Germany. ln: Media, culture & society. Vol. 16. 1994. chen Rundfunk. Schwedische Medienpolitik im Zei­ Nr. 2. S. 183-215. chen internationaler Konkurrenz. ln: Media Perspek­ Zur Medienpolitik in der DDR nach der Wende tiven. 1994. H. 5. S. 224-234. 1989 unter dem besonderen Aspekt der Konzepte der Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Fern- Bürgerrechtsbewegung und des Einflusses der sehens.' Parteien in der Mühlfenzi-Ära (Rundfunkbeauftragter). Die Entwicklung des privaten Fernsehens. Doherty, Martin. Black Propaganda by radio: the Auswirkungen des Wettbewerbs. German Concordia broadcast to Britain 1940-1941. Die Entwicklung des Hörfunks. ln: Historical journal of film, radio & television . Vol. 14. Jacobs-Peulings, Rainer Maria. Zum Umgang der 1994. Nr. 2. S. 167-197. westlichen Redaktionen mit Fernsehspielproduktio­ Im Mittelpunkt des Beitrages über die Nazi-Rund­ nen des DDR-Fernsehens. Sechs Gespräche mit funkpropaganda der RRG für Großbritannien (Büro Hans Janke, Hans Kwiet, Dietrich Mack, Hans Pre­ Concordia) steht deren englischer Sprecher und scher, Rolf Schweizer und Gunther Witte. ln: Deut­ Redakteur William Joyce (»Lord Haw-Haw«). sche Verhältnisse. Beiträge zum Fernsehspiel und Fernsehfilm in Ost und West. Siegen 1993. S. 55-84. Bibliographie 231

Jowett, Garth. Dangling the dream? The presentation of television to the American public, 1928-1952. ln : Historical journal of film, radio & television. Vol. 14. 1994. Nr. 2. S. 121-145. Knott-Wolf, Brigitte. Genius Colonienses. 40 Jahre Alte Musik beim WDR. ln: Funk-Korrespondenz. Jg. 42. 1994. Nr. 20. S. 23-24. Zum 40jährigen Bestehen der Cappella Colonien­ ses. Messingfeld, Peter. Dreißig ganz besondere Jahre. Radio Caroline feiert Geburtstag. ln: Kurier. 1994. Nr. 8. S. 6-7. Peulings, Birgit. Die Ost-West-Geschichte im bun­ desrepublikanischen Fernsehspiel - Inhalte und Entwicklung eines Genres. ln: Deutsche Verhältnisse. Beiträge zum Fernsehspiel und Fersehfilm in Ost und West. Siegen. 1993. S. 113.-140. Pöttker, Horst. Subtile Kontinuität. Unterhaltungsfilme nach Drehbüchern von Herbert Reinecker 1943-1992. ln: Medienlust und Mediennutz. Unterhaltung als öffentliche Kommunikation. München. 1994. S. 458- 470. Schade, Edzard. Rundspruch an alle. Radiopolitik in der Schweiz. ln: DU. 1994. H.6 [639]. S. 21-26. Schoeller, Wilfried F. Hallo. Hier Welle Erdball. Lite­ rarische Funksprüche aus der Pionierzeit des Radios. Ein StimmengemurmeL ln: DU. 1994. H. 6 [639]. S. 26-30. Über die Arbeit der Schriftsteller für den Rundfunk und mit dem Rundfunk der Weimarer Republik (Lesungen, Hörspiele, Rundfunk als literarisches Motiv, Hörfunktheorien). Thull, Martin. Karikatur und Kanzel. 40 Jahre »Wort zum Sonntag«: Bereitschaft zum offenen Gespräch. ln: Funk-Korrespondenz. Jg. 42. 1994. Nr. 23. S. 23- 24. Wiedemann, Dieter. Politik und Unterhaltung in Ju­ gendsendungen des DDR-Fernsehens. ln: Medienlust und Mediennutz. Unterhaltung als öffentliche Kom­ munikation. München. 1994. S. 484-490. Yu Huang. Peaceful evolution: the case of television reform in post-Mao China. ln: Media, culture & society. Vol. 16. 1994. Nr. 2. S. 217-241. Rudolf Lang Besprechungen

Hans Bohnnann (Hrsg.) die Rundfunkgeschichtsforschung hält die Edition, wie NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit. die Zitate zeigen, einige Überraschungen bereit. Edition und Dokumentation, Bd. 4, I- 111, Die Schriftstücke gelangten bereits vor mehr als Anhang: 1936 vier Jahrzehnten auf verschlungenen Wegen in die München u.a.: K.G. Saur 1993, 1858 Seiten. Sammlungen des Bundesarchivs Koblenz. Daß die Edition möglich wurde, ist einer Handvoll mutiger »Gerügt wurde, daß in einigen Zeitungen die Notiz Journalisten großer überregionaler Blätter, die nicht in über eine bevorstehende große bolschewistische der Reichshauptstadt erschienen, zu danken. Statt Rundfunkoffensive einfach als Nachricht, ohne jedes ihre Aufzeichnungen, die die Ver- und Gebote des kommentierende Wort abgedruckt gewesen sei. Propagandaministeriums für die Berichterstattung Wenn man solche Notizen überhaupt bringe, müsse festhielt, nach Übermittlung an die (Heimat-)Redak­ man mindestens ein Wort der Warnung ueber die tionen zu vernichten, wie eine ministerielle Anwei­ bolschewistische Zersetzungsagitation hinzufügen.« sung verlangte, legten die Zeitungskorrespondenten (4 . Januar; S. 10) »Die Notiz, daß Dr. Goebbels mor­ heimlich Sammlungen an, die die Wirren des Zweiten gen abend zum Geburtstag des Führers im Rundfunk Weltkriegs und der Nachkriegsjahre überstanden. spricht, muß von den Zeitungen noch ein zweites Mal Sind für das Jahr 1933 (2. Jahreshälfte) nur 330 veröffentlicht werden.« (18. April; S. 418) »Schließlich Presseanweisungen überliefert, für 1934 nur 1000 wurde auch mitgeteilt, daß aus Barcelona ein Kurz­ und für 1935 nur 1500, so hatten sich die Bearbeiterio wellensender täglich Mitteilungen der Madrider Re­ Gabriele Toepser-Ziegert und ihre Mitarbeiterinnen gierung und der kommunistischen Leitu[n]gen i[n] Doris Kohlmann-Viand und Karen Peter für 1936 mit Spanien verbreite. Die Sprecherin an diesem Sender rund 2500 derartigen Texten zu befassen. Das erklärt sei bis vor kurzem Sprecherin des Moskauer Senders den großen zeitlichen Abstand zwischen dem Er­ gewesen und Redakteurin des kommunistischen scheinen des dritten Bandes im Jahr 1987 und dem Nachrichtendienstes.« (19. August; S. 919) »Sehr des vierten im Jahr 1993.1 Doch der enorme Aufwand kritische Berichte über die Rundfunk-Ausstellung schlägt sich in einem respektablen Ergebnis nieder. sollen nicht vor der Eröffnung der Ausstellung ge­ ln der Einleitung wird die historische Situation des bracht werden. Einige Zeitungen haben die diesjäh• Jahres 1936 geschildert und an die wichtigsten rige Ausstellung außerordentlich heftig kritisiert, was Ereignisse erinnert, die jeweils Themen der Presse­ die Folge haben kann, dass der Besuch darunter konferenzen waren. So herrschten noch immer Eng­ leidet. Die kritischen Berichte sollen daher erst in den pässe in der Lebensmittelversorgung, vor allem nächsten Tagen von Fachleuten erscheinen.« (27. mangelte es an Grundnahrungsmitteln. Das veran­ August; S. 957) »Die Leitsätze und Richtlinien über Jaßte Hitler zur Aufstellung seines Vie~ahresplans mit die Programmgestaltung im Rundfunk, die Dr. Goeb­ den Zielen, die deutsche Armee in vier Jahren ein­ bels in seiner heutigen Rede aufstellte, sollen aus­ satzfähig und die deutsche Wirtschaft im gleichen führlich kommentiert werden.« (28. August; S. 966) Zeitraum kriegsfähig zu machen. Gleichzeitig gingen »Die anläßlich der Rundfunkausstellung ergangene die Arbeitslosenzahlen, bedingt durch die militärische Anweisung, keine Kritik an der Rundfunkindustrie Aufrüstung, zurück. Hingewiesen wird auf die Olym­ vorzunehmen, wird dadurch gelockert, daß einer pischen Spiele in Garmisch und Berlin, aber auch auf [s]achlichen Behandlung diesbezüglicher Themen den Einmarsch der durch den Versailler Vertrag nichts mehr im Wege steht.« (5. November; S. 1324) entmilitarisierten Rheinlande und die sich daran »Das Urteil im Schallplattenprozeß wird im >Archiv für anschließende »Wahl« zum Reichstag, bei der 99 Funkrecht< und in juristischen Zeitungen mitgeteilt Prozent der Stimmen auf die einzig zugelassene und erörtert werden. Auch das >Schwarze Korps< Partei, die NSDAP, entfielen. Der Bürgerkrieg in bringt in seiner näch[s]ten Nummer einen Kommen­ Spanien mit der Intervention Deutschlands und tar; die deutsche Ta[g]espresse soll aber keinesfalls anderer Staaten, die Ermordung Wilhelm Gustloffs, auf den Schallplattenprozeß eingehen und auch die des Leiters der NSDAP-Landesgruppe Schweiz, der genannten Zeitschriften nicht zitieren.« (23. Novem­ Thronverzicht des Sympathien für das nationalsozia­ ber; S. 1419) listische Deutschland hegenden englischen Königs Das sind einige der unzähligen Anweisungen, die Edward VIII. sind weitere Themen für die Presselen­ die Presse tagtäglich aus dem Reichsministerium für kung. Die Einleitung befaßt sich auch mit der Situa­ Volksaufklärung und Propaganda erhielt, um eine tion der Presse 1936, ihren zurückgehenden Auflage­ nach den Vorstellungen der Nationalsozialisten zahlen, l:!er in diesem Jahr beendeten Kunstkritik und systemkonforme Presselandschaft herzustellen und einer Werbekampagne zugunsten der Presse. Dabei auch zu erhalten. Die Texte sind im vierten, aus vier hatte auch der Rundfunk mitzuwirken und in Kurz­ Teilen bestehenden und mit gewohnter Akribie und hörspielen »die Vorteile des Zeitungsiesens und das Umsicht bearbeiteten Band einer Dokumentation der Pech von Nichtlesern in lustiger Form« darzustellen nationalsozialistischen Presseanweisungen für das bzw. »Witzige Bemerkungen über Nichtleser« zu Jahr 1936 nachzulesen. Sie schließen sich an die machen. (S. 33) Auch weswegen das geplante (neue) Editionen für die Jahre 1933 bis 1935 an. Somit Pressegesetz nicht zustande kam, u.a. wegen Hitlers stehen für die Pressegeschichtsforschung ungemein Desinteresse und der Einsprüche zahlreicher wichtige Primärquellen für ein weiteres Jahr in ge­ Reichsministerien, wird erörtert. Daß sich die Jour­ druckter Form zur Verfügung. Und auch indirekt für nalisten mehr als zuvor dem Anpassungsdruck Besprechungen 233 beugten, geht aus einem statistischen Vergleich gänger des 1947 ins Leben gerufenen »Central hervor: Im dritten Quartal 1935 hatte es noch 90 lntelligence Agency«, besser bekannt unter seiner Verwarnungen gegeben, im gleichen Zeitraum des Abkürzung CIA. Von der Mitte der 80er Jahre begon­ Folgejahres nur noch 30. nenen Freigabe der OSS-Akten durch den CIA Im Editions- und Dokumentationsteil sind die konnten auch die sechs Aufsätze des Sammelbandes einzelnen Anweisungen abgedruckt und mal länge• profitieren, die allerdings keinen umfassenden Über• ren , mal kürzeren Auszügen aus Zeitungen gegen­ blick über den »Geheimdienstkrieg gegen Deutsch­ übergestellt. Aus ihnen lassen sich die Auswirkungen land« liefern können. Den Herausgebern ist aber der Presselenkung in allen Einzelheiten auch gerade zuzustimmen, wenn sie in ihrem Vorwort feststellen : in banalen Fällen nachvollziehen. Wie bereits aus »Die Beiträge ( ... ) bieten einen Einblick in das breite den Editionen der für die Jahre 1933 bis 1935 her­ Operationsspektrum des OSS, der im Krieg gegen vorging, hatten die Anweisungen nicht so sehr eine das NS-Regime den deutschen Widerstand ins Uniformierung der Presse zum Ziel. Sie dienten politische wie militärische Kalkül miteinbezog, der vielmehr der Instrumentierung der Zeitungen nach unkonventionelle Mittel zur Verkürzung des Krieges den jeweiligen opportunistischen Bedürfnissen der erprobte und neuartige Methoden psychologischer nationalsozialistischen Führung. Dennoch reagierten Kriegführung entwickelte.« (S. 9) die einzelnen Presseorgane durchaus unterschiedlich Zu diesen Mitteln, zu desinformieren, Gestapo auf die Ver- und Gebote. Redaktionen traditioneller und SS auf der einen Seite, den Widerstand in Zeitungsverlage fügten sich aus Furcht vor Sanktio­ Deutschland auf der anderen Seite gegeneinander nen relativ widerspruchslos. Aufmüpfig verhielten sich zusätzlich aufzuwiegeln, gehörte auch der Rundfunk. die parteieigenen Zeitungen und Periodika in der Insbesender nach dem gescheiterten Attentat auf Provinz, die zusätzlich dem Druck lokaler Parteifunk­ Hitler am 20. Juli 1944 wurden sämtliche Register der tionäre ausgesetzt waren. Andererseits erwiesen sich schwarzen (d .h. ihre Herkunft verleugnender Propa­ die Berliner Anweisungen für manches Provinzblatt ganda) gezogen - nicht nur in Rundfunksendungen geradezu als Segen, ließ sich damit doch dem Dunst­ sondern auch durch den Abwurf von gefälschten kreis eines Gau-, Kreis- oder Ortsgruppenleiters bzw. Zeitungen und Flugblättern über Deutschland: Wie ihrer Propagandafunktionäre eher entrinnen. Diszi­ das Unterkapitel »Medienkrieg und Schwarze Propa­ plinierungsmaßnahmen gegen die Parteipresse ganda« zeigt, waren daran auch Emigranten beteiligt. wegen unbeachteter Anweisungen wirkten gleichzei­ (S. 60 - 67) Ziel der Kampagne war es, Namen von tig auch als Warnschüsse gegenüber allen anderen deutschen Offizieren der Gestapo zuzuspielen und zu Zeitungen. Trotz partieller, systemkonformer Frei­ behaupten, diese seien am Putsch gegen Hitler räume hatte die Tätigkeit der Pressemitarbeiter am beteiligt gewesen. Im Medienverbund der vom OSS Gängelband des Propagandaministeriums aber mit herausgebeneo Zeitung »Das Neue Deutschland« Journalismus im herkömmlichen Sinne, mit und dem Geheimsender >1212< (Operation Annie) »Sammeln, Auswahl und Umsetzung von Informatio­ wurde die Gerüchteküche über die Existenz einer nen« (Weischenberg) in eigener Verantwortung, nicht Untergrundbewegung und geheimen Friedenspartei viel zu tun. in Deutschland am Kochen gehalten - mit Erfolg, wie Der Anhang in einem eigenen Band vereint ein zu belegen ist. ln mehreren Orten fielen die Rund­ Literaturverzeichnis, ein Zeitungs- und Zeitschriften­ funkanweisungen der Geheimdienststrategen auf register sowie ein Personenregister. Das ausführliche fruchtbaren Boden. ln einem weiteren Propagan­ und mit besonderer Sorgfalt erarbeitete Sach- und daunternehmen erweckte der OSS den General­ Ortsregister soll eigens hervorgehoben werden, da obersten Ludwig Beck, der am Abend des 20. Juli mit dessen Hilfe die Orientierung über die pressepro­ Selbstmord begannen hatte, wieder zum Leben. ln pagandistische Behandlung einzelner politischer, fingierten Rundfunkansprachen wandte sich ein in aber auch scheinbar unpolitischer Ereignisse und England internierter Major als Pseudo-Beck an die deren Widerpiegelung in den Zeitungen sehr erleich­ Radiohörer. Doch die Sendungen wurden von der tert wird. zweiten Folge an durch das Reich gestört, so daß sie Ansgar Diller, Frankfurt am Main ohne großen Widerhall blieben. Erfolgreicher lief hingegen die Operation »Capricom« (Steinbock) ab, Der Band für 1933 erschien 1984, der Band für bei der sich ein OSS-Agent unter dem Pseudonym 1934 wurde 1985 vorgelegt. Hagedorn seit dem 26. Februar 1945 über einen angeblichen Untergrundsender an die deutsche Bevölkerung wandte. Der Rundfunk spielte nicht nur bei der aktiven Jürgen Heideking I Christof Mauch (Hrsg.) Pror.~aganda des OSS gegen Deutschland eine Rolle, Geheimdienstkrieg gegen Deutschland. er war auch Objekt der Beobachtung und Analyse Subversion, Propaganda und politische durch die Geheimdienstler. Zum Schwerpunkt der Planungen des amerikanischen Aufklärungstätigkeit auf dem Rundfunksektor ent­ Geheimdienstes im Zweiten Weltkrieg wickelte sich der Sender des Nationalkomitees Freies Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1993, Deutschland, durch den der OSS zusätzliche In­ 198 Seiten. formationen über Stalins Absichten mit dem Komitee zu erhalten hoffte. Immerhin bewerteten die Analyti­ Erst ein Jahr nach ihrem Kriegseintritt gründeten die ker des OSS dessen Gründung als »einen Vereinigten Staaten 1942 einen Geheimdienst. Das >meisterhaften Schachzug< der UdSSR in der psy­ »Office of Strategie Services« (OSS), nach Ende des chologischen Kriegführung und in den Beziehungen Zweiten Weltkriegs wieder aufgelöst, war der Vor- zu den Alliierten« . (S. 97) Wenn sich die amerikani- 234 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) sehe Regierung nicht dazu entschließen konnte, ein und Propaganda sowie der blutige Terror bewegten Emigrantenkomitee in den USA zu bilden, so sollten und er dazu Stellung nehmen wollte. nach Auffassung des OSS Emigranten wenigstens in Immer wieder schnitt er Zitate aus Reden von den nach Deutschland gerichteten amerikanischen Propagandaminister Goebbels, Reichsleiter Rosen­ Rundfunksendungen verstärkt zum Einsatz kommen. berg und anderer Naziführer aus. Er stieß auf eine Der Sammelband erschließt also auch für die Reihe absonderlicher Stilblüten in der nationalsozia­ Mitwirkung von deutschen Emigranten beim Äther­ listischen Presse. 3 Besonders achtete Wense auf den krieg gegen das Dritte Reich wichtige Quellen und Kern der demagogischen Fassade zur Verherrlichung bietet bisher unbekannte Zusammenhänge und des politischen Kurses der NSDAP. Für die Entlar­ Fakten. vung kontrastierte er deshalb oft die ihm vorliegenden Ansgar Diller, Frankfurt am Main Aussagen mit anderen Schlagzeilen und Textaus­ schnitten. Als charakteristischen Auftakt für seine Serie 1933-1944 wählte er fünf Wörter: »besudelte Hand« - »von Begeisterung umrauscht«. Ein anderes Jürgen von der Wense Blatt hat nach dem eigenhändig geschriebenen Titel Blumen blühen auf Befehl. »Die deutsche Volksgemeinschaft 1935« 33 zumeist Aus dem Poesiealbum eines zeitungslesenden nur kurze Druckzeilen. Hier eine Auswahl: Volksgenossen 1933- 1944. Hrsg. und »Kampfansage« - »Eine neue Verbotsliste« - kommentiert von Dieter Heim. »Gemaßregelt« - »Aufgelöst« - »ln Schutzhaft« - München: Matthes & Seitz Verlag 1993, 231 Seiten. »Unzufriedenheit« - »Pflege des Frontgeistes in der Schuljugend«- »Zum Tode verurteilt«- »Wieder eine ln Bibliotheken und Buchhandlungen wird dieses Lügenmeldung« - »Seines Amtes enthoben!« - »Ein Buch nur sehr wenigen Interessenten begegnen. Es Muttergottesbild zerschlagen« - »Pfarrer in Schutz- liegt einmal am sehr speziellen Inhalt und an den haft« »Zuchthausstrafen« »Ausweisen« spärlichen Informationen. Über den Autor ist im »Wiedererwachende Religiosität wird rücksichtslos Klappentext lediglich zu lesen: »Jürgen von der erstickt« - »Hingerichtet« - »ln Zukunft verboten« - Wense (1894-1966) komponierte und schrieb, »Zeitungsverbote« - »Ermordungen am laufenden scheute aber jede Erfolgslaufbahn, lebte in steter Band.« (S. 31). Armut.« Es folgen Hinweise, welche Manuskripte aus Wenses Anliegen war immer die Verteidigung dem Nachlaß dieses Mannes inzwischen veröffent• seines christlichen Glaubens, die Demaskierung der licht wurden. Im Vorwort wird angegeben, daß der »geistigen Aufrüstung« und die Anprangerung des 12jährige Jürgen von der Wense drei Jahre vor dem Terrors. Seine gelegentlichen Eintragungen wie »Der Ersten Weltkrieg in seinem Tagebuch festhielt »Ich größte Schwindel des Jahrhunderts« (S. 89) oder die liebe es sehr, auszuschneiden.« Er griff dabei aber bissige Charakterisierung von braunen Würdenträ• nicht nur nach Zeitungen und Zeitschriften, sondern gern auf dem Foto eines Empfanges (S. 91) hätten auch nach Büchern. Wense klebte seine Ausschnitte ihm, wenn dieses Material der Gestapo in die Hände in DIN-A5-Hefte und ordnete sie so, daß sich aus gefallen wäre, beträchtliche Schwierigkeiten bereitet. dieser Zusammenstellung »eine besondere Komik Bekanntlich endeten Menschen im Kriege schon für oder gezielte Pointen« ergaben. Die Collagen sollten das Erzählen eines politischen Witzes auf dem für sich sprechen, nur in Ausnahmefällen fügte er Schafott. Anmerkungen hinzu. An eine spätere Publikation Für Wense war das Wirken des nationalsozialisti­ seiner Arbeiten hat er damals wohl kaum gedacht. schen Rundfunks zwar ein beachtenswerter Aspekt, Wense hat drei Abschnitte der deutschen Ge­ den er aber von der Bedeutung her hinter die Rolle schichte festgehalten: die letzten zehn Jahre der der Presse stelle. Zu den benutzten Zeitungsaus­ Weimarer Republik, die Zeit des Dritten Reiches von schnitten gehört ein Foto der Plastik »Rundfunk-Rufer 1933 bis 1944 und die ersten Nachkriegsjahre. 143 der Wahrheit« von der Funkausstellung 1935 (S . 39) Blätter befassen sich mit der Nazidiktatur. Der und es gibt weitere Fotos mit Rundfunkbezügen. »freiberuflich« Schaffende - mehr ist über seine da­ Mehrfach hat er Hinweise auf einzelne Sendungen malige Tätigkeit nicht zu erfahren - wollte so den eingebaut. Von ihm ausgewählte Druckzeilen ver­ »Zeitgeist« festhalten. Er fügte Zeitungsschlagzeilen, künden: »Der Deutsche Rundfunk ist ein Werkzeug Textausschnitte, Inserate und Fotos aneinander. des Führers, er dient dem großen Werk der Befreiung Seine Vorlagen entnahm Wense zumeist Regional­ und Sicherung unseres Volkes.« - »Im Geist des zeitungen aus Westfalen, Südniedersachsen und Führers« (S. 73) - »Der Volkssender marschiert« (S. Nordhessen, vor allem jedoch der »Kasseler Post«. 94). Leider hat Wense nur wenige Zitate dieser Art Die Ausschnitte, die Wense jeweils auf eine Seite ausgew~hlt. montierte, können zeitlich Wochen und Monate aus­ Als Orientierungshilfe für viele Leser ist eine einanderliegen, Nur wenige sind durch genaue Daten Zeittafel im Anhang nützlich. Die Anmerkungen zu belegt.1 Ein großer Teil stammte aus den Jahren von den Personen der Zeitungsausschnitte helfen dage­ 1934 bis 1936, weniges aus den Kriegsjahren.2 Mit gen wenig, denn hier werden nur sieben beschrieben, wichtigen politischen und militärischen Ereignissen und mindestens 40 Namen bleiben unberücksichtigt. und Entwicklungen, z.B. mit der Entfesselung des Der Anhang enthält auch einen Kommentar des Zweiten Weltkrieges 1939, der Schlacht um Stalin­ Herausgebers zum Leben unter der nationalsoziali­ grad 1942/43, dem »totalen Krieg« und der Invasion stischen Herrschaft auf 13 Seiten. Hier gibt es Pas­ 1944, hat er sich nicht befaßt. Die Blätter zeigen, daß sagen über Schule und Erziehung, über einige Or­ Wense mehr die antikirchliche Polemik der National­ ganisationen (HJ, BDM, Deutsche Arbeitsfront, sozialisten, die geistigen Kapriolen ihrer Ideologie Reichsnährstand, Winterhilfswerk) sowie zur Kultur- Besprechungen 235

überwachung, zur Lage der Kirchen und zur Juden­ letztEm zwei Kapiteln werden dann anhand ausge­ verfolgung. Viele andere Aspekte des politischen wählter Musikfeatures »die Konsequenzen aus dem Lebens und des Alltags fehlen. Mit 52 Seiten um­ Programmauftrag der Deutschen Welle für die Mu­ fangreicher, im Informationswert aber nicht viel höher sikpräsentation« und »verschiedene Sendeformen« sind die abschließenden Betrachtungen des diskutiert. Laut Vorwort beschränkt sich die Arbeit im ~ »betroffenen Zeitgenossen« und Herausgebers Gegensatz zum gewählten Titel auf den Bereich der Dieter Heim zu brauner und roter Diktatur. Aber auch E(rnsten)-Musik und setzt sich zum Ziel, »mehr Kuriosa wie diese Publikation haben ihren Wert. Transparenz der Produktionsseite von Musiksendun­ Klaus Scheel, Berlin gen im deutschen Auslandsrundfunk zu erhalten - und damit soll diese Arbeit ein Fundament für die Zwei Ausschnitte sind wahrscheinlich Zeitungen musikalische und sprachliche Analyse von Musiksen­ nach 1945 entnommen; auf drei Seiten finden sich dungen liefern« (S. 16). Dessen ungeachtet werden ausländische Druckerzeugnisse unkommentiert auch Musiksendungen aus dem U(nterhaltungs)-Be­ (S . 89 u. 143). reich angesprochen, wenn nicht überhaupt pauschal von Musik in der DW die Rede ist. 2 Eine Aufbereitung des Zeitgeschehens, allerdings Die Studie von Ramona Sirch wurde 1992 als vorrangig durch ausgewählte Pressefotos, die er Dissertation in Bonn angenommen und im gleichen durch eigene Vierzeiler und weitere Zitate und Jahr publiziert. Sie ist das Ergebnis eines musik- und Anmerkungen ergänzte, nahm seit 1939 Bertolt kommunikationswissenschaftliehen Studiums, eine Brecht zunächst im dänschen Exil, später in den günstige Voraussetzung für den gewählten For­ USA, vor. Vgl. Bertolt Brecht: KriegsfibeL Berlin schungsbereich. Die Arbeit stützt sich weitgehend auf 1955. die Auswertung programmbezogener Akten und 3 Zu beachten sind besonders die Schlagzeile Sendungsunterlagen und mehrere schriftliche Inter­ »Dein Bett dem Krieger!« (S . 6), die Berichte »Der views mit Verantwortlichen vom Intendanten bis zu Hitlergruß in der Fastnachtszeit« und den Redakteuren. Hinzu kommt die Analyse eigener »Unterlassung des Hitler-Grußes als Entlas­ und fremder Musiksendungen der DW und die gele­ sungsgrund« (S. 13), die Losungen »Feuerwehr­ gentliche Berücksichtigung fachwissenschaftlicher dienst ist Nationalsozialismus« (S. 87) und Literatur. Die letzten 100 Seiten enthalten eine Mate­ »Deutschland muß brandrein werden« (S. 118), rialsammlung aus Programmfahnen, Auszügen aus die Heiratsinserate (S. 105 u. 130) und das Inse­ Sendemanuskripten usw. Auch im Arbeitstext selbst rat »Die Front der Kinderwagen« (S. 130). ln einer finden sich längere Passagen mit transkribierten Leserbriefecke erschien ein Nachdruck aus dem Sedeabläufen. »Emmericher Tageblatt« von 1933, der einen Be­ Zurecht konstatiert Ramona Sirch, daß die kom­ such von Ministerpräsident Göring in Emmerich munikations-, medien- und musikwissenschaftliche beschrieb. Göring trug ein Gewand aus schnee­ Literatur es bisher venachlässigt hat, sich mit Musik­ weißer Rohseide und war mit breiter Schärpe, gol­ programmen auf Kurzwelle auseinanderzusetzen (S. dener Schützenschnur, Orden, Pistolentasche und 11). Leider trägt ihre Studie wenig dazu bei, dieses goldenem Ehrendolch ausgestattet - »Wie ein sil­ Defizit zu verringern. Die Frage, ob und wenn ja wel­ berner Schwan hob sich der Herr Ministerpräsi• che speziellen Formen musikjournalistischer Arbeit dent von den braunen Gestalten seiner Umge­ sich in der DW aus ihrem Rundfunkauftrag, dem bung ab, sein Lächeln leuchtete wie Gold« (S. weltweiten Sendegebiet und den technischen Bedin­ 135). Vgl. auch Beatrice und Heinz Heiber (Hrsg.): gungen (Senden auf Kurzwelle) entwickelt haben, Die Rückseite des Hakenkreuzes. Absonderliches bleibt unbeantwortet. Man erfährt höchstens beiläufig aus den Akten des Dritten Reiches. München im Verlaufe des Textes etwas über die potentiellen 1993. Hörer der Programme und die Funktion, die die DW für sie hat, korrekter müßte man sagen, die sie aus der Sicht der Programm-Mitarbeiter haben sollten. Inwieweit die weitgespannten sozio-demographischen Ramona Sirch Unterschiede in der potentiellen Hörerschaft Gegen­ Musik in der Deutschen Welle, dargestellt am stand musikredaktioneller Diskussion sind und welche Beispiel des deutschen Programms/Musik. speziellen Programmstrategien daraus entwickelt (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 36, wurden, wird nicht deutlich. Ganz allgemein ist immer Musikwissenschaft, Bd. 82). von »DW-Rezipienten« die Rede. Die Notwendigkeit Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang 1992, spezieller radiophoner Formen aufgrund der 269 Seiten. schl~chten technischen Qualität der Kurzwelle (KW) wird vielfach betont, aber nirgends explizit in seinen Gegenstand der Arbeit ist die Darstellung des Um­ Konsequenzen erläutert. Die bei der Diskussion gangs mit Musik im deutschen Programm der Deut­ verschiedener Sendungen als für die DW typisch schen Welle (DW). ln den ersten drei Kapiteln wird genannten journalistischen Prinzipien gelten in ihrer nach einem kurzen einführenden Überblick über den Allgemeinheit weitestgehend auch für die >normalen< Aufbau der Musikredaktion und Zielsetzungen ihrer Radioprogramme auf UKW. Eine Besonderheit der Arbeit ausführlicher auf die »Verantwortung für die DW scheint zu sein, daß Musiktitel bzw. -werke häufig Musikprogramme aus der Sicht des Intendanten und gekürzt werden, da die KW nach Auffassung der DW­ des Programmdirektors« und »Musik als Teil des Mitarbeiter keine längeren Musikpassagen zuläßt. gesetzlichen Auftrags der DW« eingegangen. ln den »Eine fast 4 Stunden lange Wagner Oper wird in der deutschen Welle in einem 15-Minuten-Feature vor- 236 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

gestellt, und zwar gar nicht oberflächlich«, so der Heribert Besch Leiter des Zentraldienstes Musik in der DW (S . 154). Dichtung zwischen Vision und Wirklichkeit. Eine Diskussion dieser Praxis aus musikwissen­ Eine Analyse des Werkes von Hermann Kasack mit schaftlicher Sicht unterbleibt. Tagebuchedition (1930-1943) (=Saarbrücker ln ihrer Analyse beschränkt sich die Autorin weit­ Beiträge zur Literaturwissenschaft Bd. 33). gehend auf die zusammenfassende Darstellung von St.lngbert: Werner J. Röhrig 1992,648 Seiten. Äußerungen zur Programmkonzeption, die sich in Helmut John I Lonny Neumann (Hrsg.) programmstrategischen Papieren und Eigendarstel­ Hennann Kasack - Leben und Werk. lungen von Mitarbeitern finden, wobei die themati­ Symposium 1993 in Potsdam (=Forschungen zur schen Schwerpunkte nicht immer klar werden. Aus­ Literatur- und Kulturgeschichte Bd. 42). führlich kommen der Intendant, der Leiter und Redak­ Frankfurt am Main: Peter Lang 1994, 196 Seiten. teure der Abteilung Musik in Zitaten zu Wort. So wird deutlich, wie sich die Mitarbeiter der DW ihre Arbeit »Ich verkau~e mich an den Rundfunk, was die Exi­ bewußt machen, bzw. wie sie ihre Arbeit gerne von stenz sicherte« - so schrieb ein deutscher Dichter in außen gesehen haben wollen. Im Einklang mit den den späten 50er Jahren rückblickend auf seine Befragten leitet die Autorin die alltägliche redak­ rundfunkliterarische Tätigkeit von 1925 bis 1933. Die tionelle Arbeit direkt und ausschließlich aus dem Rede ist von Hermann Kasack (1896-1966). Seine gesetzlichen Auftrag der DW her. Dieser verlangt die Bedeutung für die Entwicklung eines literarischen »Verbreitung eines musikalischen Deutschlandbilds« Programms im Weimarer Rundfunk wird zunehmend (S . 13). »Dazu gehört«, in den Worten des Abtei­ erkannt. Mit Recht gilt Kasack mittlerweile als lungsleiters, »das Ganze, von der populären »wirkungsvolles Bindeglied zwischen Literatur und (Schlager-) bis zur anspruchsvollen sogenannten Rundfunk«, als der entscheidende »Katalysator für >ernsten< (E-Musik-) Szene. Nichts darf ausge­ die Entwicklung literarischer Rundfunkkunst«. Die schlossen werden, was in unserem Musikleben von schmale, auf einer Magisterarbeit basierende, aber Belang ist« (S. 75). Nach Ramona Sirchs Einschät• äußerst materialreiche und fundiert erarbeitete Ab­ zung vermittelt das Musikprogramm der DW »ein handlung von Martina Fromhold konnte vor wenigen sachlich fundiertes und umfassendes Bild des kultu­ Jahren erstmals diese Urteile fällen und in überzeu• rellen Lebens in Deutschland« (S. 11). Damit ist das gender Weise begründen.1 Nunmehr gesellen sich Musikprogramm »mehr als nur ein Medium der zwei neue Publikationen über Hermann Kasack öffentlichen Meinungsbildung über das deutsche hinzu, die im Zusammenhang der rundfunkliterari­ Musikleben; es ist ein eminenter Faktor des Musikle­ schen Forschung große Aufmerksamkeit beanspru­ bens in Deutschland« (S. 106). Eine Begründung für chen können . Der Sammelband von Aufsätzen eines diese Beurteilung gibt die Autorin nicht. Kasack-Colloquiums 1993 in Potsdam anläßlich der Auf die Einarbeitung ihrer während eines mehr­ 1000-Jahr-Feier der Geburtsstadt Kasacks beleuchtet wöchigen Praktikums in der DW gewonnenen in zwei der insgesamt fünfzehn Beiträgen den Mitar­ >alltäglichen< Eindrücke verzichtet die Autorin weit­ beiter der Ber1iner >Funk-Stunde< (Walter Hinck) gehend. So fehlt der Blick >hinter die Kulissen<, der sowie den Hörspielautor Hermann Kasack (Sibylle allein neben den offiziellen und öffentlichen die oft­ Bolik). Die Publikation von Heribert Besch schließlich mals viel wichtigeren implizit vorhandenen Hand­ versteht sich insgesamt als großangelegte »Monogra­ lungskonzeptionen erfassen würde. Daß es zu kon­ phie« zu »Kasacks Gesamtwerk«; sie erschließt mit trovers diskutierten Positionen über die Umsetzung der integrierten Edition der Kasacksehen Tagebücher des Rundfunkauftrags durchaus kommen kann, klingt aus den Jahren von 1930 bis 1943 auf über 200 Sei­ nur einmal versteckt in einer Bemerkung über die ten (S . 378-597)2 eine Quelle, deren Aussagewert für Arbeit »kritischer Musikjournalisten« bei der DW an verschiedene Aspekte der Beziehung von Rundfunk (S. 163; vgl. S. 18). Insgesamt reduziert sich so der und Literatur wohl kaum zu unterschätzen sein wird. Versuch, die musikjournalistische Arbeit im deutschen Hermann Kasack und der Rundfunk - die For­ Auslandsrundfunk wissenschaftlich zu erfassen, auf schungsliteratur hierzu war lange Zeit nicht gerade die Darstellung der Sichtweisen der hierfür Verant­ reichhaltig, auch wenn Kasack selbstverständlich in wortlichen. Eine Herausarbeitung der Interessenge­ einschlägigen Untersuchungen zum Literatur- und bundenheit ihrer Äußerungen und deren kritische Hörspielprogramm der Weimarer Zeit immer mitbe­ Kommentierung fehlt. handelt wurde.3 Das mag überraschen, vergegen­ Thomas Münch, Oldenburg wärtigt man sich, daß Kasack als freier Mitarbeiter der Berliner >Funk-Stunde< über 120 Sendungen im Zeitraum vom 28. April 1925 bis zum 20. März 1933 erarbeitete und somit ein beachtliches Rundfunkoeu­ vre schuf, das von den Anfängen des Rundfunks - im April 1925 lag der Programmstart in Berlin gerade eineinhalb Jahre zurück - bis über die Programm­ wende des nationalsozialistischen Rundfunks hinaus reicht.4 Damit verbunden ist eine einzigartige Überlie• ferungssituation, die im Nachlaß Hermann Kasacks nahezu alle seine Rundfunkmanuskripte aufweist. Heribert Besch wertete viele dieser Materialien, die sich damals noch im Kölner Privatbesitz befanden, aus; seit einigen Jahren ist der Kasack-Nachlaß nahezu vollständig im Deutschen Literaturarchiv Besprechungen 237

Marbach beheimatet. Rechnet man die fünf erhalte­ Pleister jedoch keinen Erfolg;5 im Fall des Theater­ nen Tonträger mit Hörspielen und Jugendsendungen stücks »Der Glücksritter« erfährt man aus dem Tage­ von Kasack hinzu, ergibt sich eine als sehr gut ein­ buch die bislang unbekannte Tatsache, daß es sich zustufende Quellenlage. Durch die Edition der Tage­ ganz offenkundig um ein gemeinsam von Eich und bücher des Zeitraumes von 1930 bis 1943 wird diese Kasack verfaßtes Stück handelt (12.7./15.9./ nunmehr umfassend komplettiert. 27.12./28.12.33; 8.1.34).6 Die ständigen Kontakte Einige der wichtigsten Aufschlüsse, die die Lektü• und die rege Zusammenarbeit wird auch durch die re von Kasacks privaten Aufzeichnungen bieten kann, Parteimitgliedschaft Eichs nicht getrübt, die - in der seien hier deshalb ansatzweise vorgestellt: Eich-Forschung heftig umstritten - von Kasack als Die von Besch transkribierten und mit einem Faktum festgehalten wird (5.5.33).7 Über die Hör­ Kommentar versehenen Tagebücher Hermann spielarbeiten Eichs, wie auch über die Sendungen Kasacks geben einen persönlichen, subjektiven des von Kasack reservierter betrachteten Martin Einblick in die Situation bei der Berliner >Funk-Stun­ Raschke äußert sich Kasack überraschenderweise de< in den Jahren 1930 bis 1933, die gekennzeichnet nicht. ist von einer schrittweisen Machtübernahme natio­ Ein weiterer wichtiger Punkt für die Hörspielphi• nalsozialistisch orientierter Mitarbeiter. »Grosse lologie ist schließlich Kasacks Hörspiel »Der Ruf«. Aufregung wegen der Notiz ( ... ), dass die Literatur­ Wolfram Wessets und Reinhard Döhl hatten in ihren Abteilung mit mir Protektion treibe« (15.10.1930); hörspielgeschichtlichen Veröffentlichungen bei der »wie niveaulos ist das alles: Rundfunk, Kritik, Men­ Interpretation dieser Funkdichtung darauf hingewie­ schen a Ia Dr. Flesch, Köppen« (17.10.1930); »voller sen, daß drei Fassungen zu unterscheiden seien. Funknervosität, wo sich nichts erreichen läßt« Das (Ur)Manuskript weicht beträchtlich von der erhal­ (14.10.1931), »erwachendes Hass-Gefühl gegen die tenen Sendefassung vom 12. Dezember 19328 ab; >Mächtigen< im Funk« (21 .10.31), »hin und her im nur wenig später bearbeitet der Dramaturg Ottoheinz Funk« (28.9.32) - lauten einige Eintragungen. Kasack Jahn ohne Einwilligung des Autors das Hörspiel »Der äußert sich vor allem zu seinem gespannten Ver­ Ruf« noch einmal im Sinne des Nationalsozialismus hältnis zu Edlef Koeppen (1893-1939), »der im Klei­ um; diese Fassung wird am 20. März 1933 ausge­ nen wie im Grossen mich sabotiert« (13.9.30), zu strahtt9 und steht im propagandistischen Zusam­ dessen »Taktlosigkeit (3.11.30) und »infamen Be­ menhang mit dem darauffolgenden »Tag von Pots­ nehmen« (Mitte Mai 1932). Dieses sieht Kasack, der dam«. Die Spekulationen, wer für die Bearbeitung freie Mitarbeiter, darin, daß Koeppen als Redakteur vom 12. Dezeber 1932 verantwortlich sei,10 haben versucht, sich anzupassen, jedem Druck von außen nunmehr durch die Tagebuchedition ein Ende. nachzugeben. Kasack gerät in dieser Zeit immer Kasack notierte am 6. Januar 1933: »Der ver-Kolb-te wieder in »Geldsorgen« (12.11 .30). Sein ständiges Schluss trug nicht«. Es war Richard Kolb, der Ringen um Beschäftigung und die Unsicherheit seiner »Sendeleiter«, der eingegriffen hatte. Existenz werden protokolliert. Die Auftragslage wech­ Doch die Diskussion um den »Ruf« von Hermann selt häufig: Noch am 25. Oktober 1932 werden mit Kasack sollte damit nicht beendet sein. Im Gegenteil, dem neuen Sendeleiter Richard Kolb acht Folgen der wie sich sogleich bei den beiden neuen Kasack­ Jugendhörspielreihe mit der Figur des »Tull« perfekt Veröffentlichungen zeigt. Heribert Besch in seiner gemacht; am 29. März 1933 eröffnet ihm derselbe »Ruf«-Analyse im Rahmen des Gesamtwerks und Kolb: »Ihr Name ist wohl zur Zeit im Funk nicht trag­ Sibylle Bolik in ihrem Vortrag beim Kasack-Collo­ bar« - jene entscheidende Aussage, die praktisch ein quium geben die Richtung des Disputs vor. Gegen Verbot für die weitere Arbeit von Kasack am Rund­ Besch, der die drei »Ruf«-Fassungen als funk darstellte. Kasack glaubt nicht an die Endgültig• »sozialkritisch-utopisch« (Kasack), »mystisch-pseu­ keit des Verdikts: »Warten wir ein halbes Jahr ab« doreligiös« (Kolb) und »demagogisch-faschistisch« (3.4.1933) und arbeitet weiter an Funkmanuskripten. (Jahn) klassifiziert, 11 weist Bolik vehement auf die Am 11 . April 1933 aber wird die letzte Folge seines Voraussetzungen hin, die es den Nationalsozialisten »Tulls« gesendet. Am 22. Januar 1934 schickt Wer­ so leicht ermöglichten, solche Texte ner Pleister ein eingereichtes Manuskript »Fabeln« »umzufunktionieren« und zu »vereinnahmen«. Sie zurück. Kasack versucht - offensichtlich vergeblich - nennt in diesem Zusammenhang »Kasacks idealisti­ Kontakte zur Filmindustrie zu knüpfen. Wo andere sches Kunstverständnis«, seine »prekäre Offenheit Schriftsteller wie Günter Eich, Martin Raschke, Adolf­ und Unverbindlichkeit« sowie die »Differenz von Artur Kuhnert u.a. die Karriere ihres rundfunk-media­ subjektiver Zielsetzung und objektiv polyvalenter len Schreibens starteten, endete sie für Hermann Aussage«. Die schon des öfteren aufgeworfene Kasack. Frage nach der politischen Unbestimmtheit vieler Blickt man auf die Beziehungen Kasacks zu lntellrktueller am Ende der Weimarer Republik, die verschiedenen Schriftstellerkollegen, so ist speziell von der nationalsozialistischen Propaganda instru­ sein Verhältnis zu Günter Eich von großem Interesse. mentalisiert werden konnte, wird weiter zu verfolgen Sukzessive entwickelt es sich seit Mitte der 20er sein. Jahre von einer Förderung des jungen Nachwuchsau­ Der fruchtbare Impuls für die Kasack-Forschung tors Eich in der Berliner >Funk-Stunde< hin zu einem soll folgerichtig auch am Schluß der Übersicht über eng kooperierenden Arbeitsverhältnis. Noch am 27. die beiden Veröffentlichungen stehen. Im Rahmen Januar 1933 heißt es: »Eich mit einigem für den Funk des anstehenden 100. Geburtstages von Kasack geholfen«. Unmittelbar darauf kehrt sich die Situation 1996 würde es sich lohnen, sich mit Kasacks Werk um: Günter Eich, plötzlich ein erfolgreicher Hörspiel• und seiner rundfunkliterarischen Tätigkeit als Autor, autor, verwendet sich nun für Hermann Kasack. Beim Rezitator, Essayist, Diskussionsleiter und Regisseur »Fabeln«-Manuskript hat die Vermittlung Eichs bei noch einmal intensiv auseinanderzusetzen .12 Der 238 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Potsdamer Colloquium-Band schneidet in mehreren Ideologie stets abgelehnt«. Abgedruckt in: »Als seiner Beiträge die Vielseitigkeit Hermann Kasacks der Krieg zu Ende war«. Marbach 31986, S. 142f. oft nur an.13 Viele der durch die Tagebuchedition 8 Hermann Wilhelm [d .i. Hermann Kasack): Der Ruf. aufgeworfenen Fragen könnten Ausgangspunkt sein Regie: Edlef Koeppen. Berliner >Funk-Stunde< - für eine eingehendere Erörterung und weitere archi­ 12.12.1932. Deutsches Rundfunkarchiv Frankfurt valische Aufarbeitung. Die Quellen im Kasack-Nach­ am Main 60 U 315. - Der Abdruck des »Ruf«-Ty­ laß - vernetzt mit anderen verstreuten Archivalien - poskriptes bei Hans-Jürgen Krug (Arbeitslosen­ bieten hier eine geradezu einladende Herausforde- hörspiele 1930-1933. Frankfurt am Main 1992, S. rung . 400-417) hilft nicht weiter, da Krug über den Hans-Uirich Wagner, Samberg Fundort des Typoskriptes und damit über die von ihm erwähnten handschriftlichen Ergänzungen als Martina Fromhold: Hermann Kasack und der Quelle keinerlei Auskunft gibt; vgl. zu dieser Arbeit Rundfunk der Weimarer Republik. Ein Beitrag zur mit der Edition von 18 Arbeitslosenhörspielen mei­ Geschichte des Wechselverhältnisses zwischen ne Rezension in: Medienwissenschaft 1994, H. 1, Literatur und Rundfunk. Aachen 1990, S. 86. s. 100-102. 2 Besch bietet eine Auswahledition der insgesamt 9 Hermann Kasack: Der Ruf. Funkbearb.: Ottoheinz mehr als 900 Seiten Tagebuchtext von 1930 bis Jahn. - Das Typoskript befindet sich im SDR, Hi­ 1943. Die Auswahl konzentriert sich auf die vier storisches Archiv. Themenbereiche der ästhetischen Fragen und des Potsdam-Frohnauer Dichterkreises sowie auf 10 Wolfram Wessels mutmaßte Edlef Koeppen das Tagebuch als Arbeitsjournal und auf Kasack (Hörspiele im Dritten Reich. Sonn 1985, S. 397), als einen »kritischen Zeitzeugen des Nationalso­ Reinhard Döhl dachte an den Überwachungsaus• zialismus« (vgl. S. 361ft). schuß, räumte aber ein: »Es ist bis heute nicht möglich gewesen, herauszufinden, wer diesen 3 ln diesem Zusammenhang sind u.a. zu nennen: gravierenden Eingriff veranlaßte.« (Das Hörspiel Sabine Schiller I Arnulf Kutsch: Literatur im zur NS-Zeit. Darmstadt 1992, S. 28ff.). Rundfunkprogramm. Ein Modellversuch zur Früh• geschichte des literarischen Programms der 11 Besch druckt zum ersten Mal eine Synopse der »Funk-Stunde«, Berlin 1925-1930. ln: Winfried B. drei Fassungen ab (S . 111-115), die eine schnelle Lerg I Rolf Steininger (Hrsg.): Rundfunk und Poli­ Überprüfung der Textvarianten ermöglicht. tik 1923-1973. Beiträge zur Rundfunkforschung. 12 Stellvertretend sei hier auf die von Besch erwähn• Berlin 1975, S. 87-118, sowie Elmar Lindemann: ten weiteren Tagebuchbände verwiesen: Ein nicht Literatur und Rundfunk in Berlin 1923-1932. Stu­ dien und Quellen zum literarischen und literarisch­ sehr umfangreiches Tagebuch der Jahre 1926- musikalischen Programm der »Funk-Stunde« AG 1929 trägt den Charakter eines Arbeitsjournals Berlin in der Weimarer Republik. 2 Bde. Diss. phil. und könnte Aufschluß über Kasacks Tätigkeit für das neue Medium Rundfunk geben. Zwei Tage­ Göttingen 1978-1980. bücher decken den Zeitraum von 1947 bis 1951 4 Da Lindemann (wie. Anm. 3) in seinem - mittler­ ab. Letztere wären u.a. im Hinblick auf Kasacks weile zu ergänzenden - Gesamtverzeichnis des Mitarbeit beim sowjetisch kontrollierten >Berliner literarischen und literarisch-musikalischen Rund­ Rundfunk< in der Masurenallee zu befragen, da funkprogramms der Berliner >Funk-Stunde< kein Kasack u.a. an den von Peter Huchel betreuten Register mitlieferte, bietet Fromholds (wie. Anm. Literaturprogrammen »Autorenstunde« und »Das 1) »Chronologische Übersicht der Beiträge« (S. Meisterwerk« beteiligt war. 72-83) zum ersten Mal eine umfassende Radio­ 13 Hinzukommt die Fehlemattigkeit dieses Bandes, graphie der Kasacksehen Sendungen. Besch ver­ zeichnet nur die Sendetitel der »Rundfunkessays die ihn - wie etwa im Fall des Vertauschans von und Sendespiele« (S. 616ff.). Fußnoten - an manchen Stellen fast unlesbar macht. Die beigefügte Errata-Liste des Verlages 5 Zu Wemer Pleister vgl. Arnulf Kutsch: Wemer behebt nur einen unbeträchtlichen Teil der Fehler Pleister (1904-1982). ln: StRuG Mitteilungen Jg. 9 bei der Manuskripteinrichtung. (1983), H. 1, S. 16-20; Pleister war als literari­ scher Leiter des Deutschlandsenders verantwort­ lich für die von Eich und Raschke geschriebene monatliche Sendung des »Königswusterhäuser Landboten«. - Besch konnte diesen Namen im Werne~ Faulstich (Hrsg.) Tagebuch unter dem 22.1 .1934 nicht entziffern Grundwissen Medien. (=Uni-Taschenbücher, Bd. 1773) und bietet als mögliche Lesart »Piester«. München: Wilhelm Fink Verlag 1994 , 392 Seiten. 6 Die zweite, revidierte Auflage der Werkausgabe Günter Eichs erwähnt diese Tatsache nicht; Gün• Für den Band »Grundwissen Medien« sind von den ter Eich: Gesammelte Werke. Bd. 4. Hrsg . v. Axel Autoren so unterschiedliche Wissenschaftsdisziplinen Vieregg. Frankfurt am Main 1991, S. 638. befragt worden, wie Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Literatursoziologie, Ethik oder 7 Vgl. aber auch Kasacks sog . »Persilschein« für Kulturwissenschaft. Eingeleitet wird das Buch, das in Günter Eich vom 30.8.1946, in dem er attestiert: zwei Teile gegliedert ist, durch einen kurzen Aufsatz »Er [= Günter Eich] hat die nationalsozialistische des Herausgebers zur Entwicklung der Medienwis- Besprechungen 239 senschaff in Deutschland. Im folgenden ersten Teil stammen. Andere wichtige Publikationen wurden werden auf etwa 80 Seiten fachübergreifende Pr.o­ dagegen kaum oder überhaupt nicht berücksichtigt. blemfelder u.a. Medientheorie, -geschichte, -ökono• Die Statistiken sind anscheinend willkürlich aus­ mie und -recht, dargestellt und mit einer kurzen gewählt und nur bedingt aufeinander zu beziehen. So Bibliographie versehen. Im zweiten Teil stellen sechs werden unter dem Stichwort »Medienökonomie« die Autoren 17 Medien (Brief, Computer, Hörfunk, Plakat, Zuschauerreichweiten von ARD, ZDF, RTL und SAT1 Telefon, Theater usw.) unter mehreren, jeweils spezi­ angegeben (S.49). Die Werbeeinnahmen werden fischen Gesichtspunkten vor. Jede Beschreibung aber unter völlig anderen Gesichtspunkten behandelt eines Mediums endet wiederum mit einer kurzen Bi­ (S.53), so daß der Zusammenhang zwischen Reich­ bliographie deutschsprachiger bzw. in das Deutsche weiten und Werbeeinnahmen an Hand der Statistiken übersetzer Literatur. Die eindeutige Gliederung des in keiner Weise erkennbar wird. Buches erlaubt dem Leser einen leichten Zugriff zu Auf Grund der inhaltlichen Probleme und der sehr den ihn interessierenden Stichworten. einseitigen Literaturauswahl stellt sich die Frage nach Problematisch ist allerdings die Vielzahl der den potentiellen Rezipienten der Publikation . Da behandelten Einzelmedien. Sicher kann man alle diese in der Reihe der Universitäts-Taschenbücher aufgeführten unter dem Medienbegriff subsumieren. erschienen ist, wurde bei der Konzeption des Buches Dabei bleiben aber Fragen offen. Dazu zählt z.B., wie sicherlich auch an Universitätsangehörige oder Stu­ Medien zu definieren sind und wo die Abgrenzung zur dienanfänger gedacht. Für diese Gruppe, so scheint Sprache, zum Körper oder zur Eisenbahn liegen. mir, reichen die im vorliegenden »Grundwissen« ver­ Diese werden von nicht wenigen Wissenschaftlern mittelten Informationen jedoch nicht aus. Insofern ist ebenfalls diesem weiten Medienbegriff zugeordnet. eine mögliche Nutzergruppe nicht erkennbar. Nicht nur unter diesem Gesichtspunkt scheint die Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin Auswahl der Einzelmedien fragwürdig. Im ersten Teil bezieht sich der Herausgeber bis auf wenige Aus­ nahmen auf die klassischen Medien, wie Film, Rund­ funk, Presse usw. Unter diesem Gesichtspunkt wird Siegtried Weisehenberg die Darstellung der fachübergreifenden Tatbestände Journalistik. insofern problematisch, als diese sich nur zu einem Theorie und Praxis aktueller Medienkommunikation. sehr geringen Teil auf übergeordnete Probleme kon­ Bd. 1: Mediensysteme, Medienethik, Medien­ zentrieren. Da im ersten Teil auch Fragestellungen institutionen. einiger weniger Einzelmedien dominieren, wird der Opladen: Westdeutscher Verlag 1992, 362 Seiten. Medienbegriff in dem Buch also letztlich nur über ihre Vereinigung in der vorliegenden Publikation herge­ Seit den ersten Versuchen zu Beginn der 70er Jahre, stellt. Dies ist aber für einen Begründungszusam• die Journalismusausbildung in Deutschland an menhang zu wenig. Hochschulen zu etablieren, mangelt es an einschlä• Ein weiteres inhaltliches Problem der Darstellung gigen theoretischen Grundlegungen. Der Münstera• der jeweiligen Einzelmedien soll am Beispiel Hörfunk ner Kommunikationswissenschaftler Siegtried Wei­ exemplifiZiert werden. Hier erfährt der Leser über die sehenberg unternimmt in seinem zweibändigen Werk Geschichte nur wenige, kaum miteinander in Bezie­ »Journalistik: Theorie und Praxis aktueller Medien­ hung zu bringende Fakten. Gleiches gilt für die kommunikation« den Versuch, Journalismus als Technik, einige Personen und politische Sachver­ Gegenstand einer eigenständigen wissenschaftlichen halte. Durch die Auswahl der Fakten wirken die Aus­ Disziplin >Journalistik< zu beschreiben und grundle­ sagen des Abschnitts zum Teil willkürlich und sind nur gendes sozial- bzw. kommunikationswissenschaftli­ schwer nachvollziehbar. Zum Programm wird aus­ ches Wissen zu vermitteln. Im ersten Teilband ent­ schließlich etwas über wenige gegenwärtige Pro­ wirft der Autor eine Systematik der allgemeinen und grammformen mitgeteilt, die historische Entwicklung institutionellen Rahmenbedingungen des Journa­ seit den 20er Jahren dagegen völlig ausgespart. lismus sowie seiner ethischen und professionellen Während im ersten Teil bei der Abhandlung des Standards. Medienrechts weder die Rundfunkgesetzgebung der Im ersten Kapitel »Journalistik und Journalismus« Länder noch die Urteile des Bundesverfassungs­ konzipiert Weisehenberg seinen systemtheoretischen gerichts gewürdigt werden, versuchen die Fachbei­ Ansatz und definiert Journalistik als wissenschaftli­ träge über den Hörfunk bzw. über das Fernsehen an ches System und Journalismus als Anwendungssy­ verschiedenen Stellen den Mangel auszugleichen. Da stem. Das System Journalistik setzt sich aus zwei die Erwähnung der Rundfunkurteile aber nur punk­ Komponenten zusammen: Die theoretisch-empirische tuell erfolgt, wird deren historische und innere Logik anal~siert und reflektiert den Journalismus, die prak­ nicht deutlich. tisch-normative entwickelt Regeln des journalisti­ Sicher ist Herausgeber und Autoren zuzugeste­ schen Arbeitens und wendet sie an. Den Journalis­ hen, daß sie die einzelnen Medien nur auf wenigen mus begreift der Autor als ein System von Handlun­ Seiten und deshalb nur in groben Umrissen darstellen gen und Rollen der journalistischen Aussagenent­ konnten. Da es sich bei der Publikation um stehung. Die spezifische Funktion des Systems »Grundwissen« handelt, sind Abstriche an der Voll­ Journalismus in modernen pluralistischen Gesell­ ständigkeit der Problemstellungen unvermeidlich. schaften besteht nach Weisehenberg darin, »Themen Auffallend ist, daß die jeweiligen Bibliographien zu aus den diversen sozialen Systemen (der Umwelt) zu den einzelnen Beiträgen überwiegend aus dem sammeln, auszuwählen, zu bearbeiten und dann Umfeld der germanistischen Medienwissenschaft und diesen sozialen Systemen (der Umwelt) als Medien­ insbesondere aus der Feder des Herausgebers angebote zur Verfügung zu stellen« (S . 41). Ein 240 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Großteil dieser Aufgaben nehme der Journalist wahr. Unabhängigkeit der Redaktionen in ganz neuen Di­ Der Journalist konstruierte nach subjektiven Kriterien mensionen aufwirft« (S. 275). Für die Organisation >Wirklichkeit<, wobei er sowohl die Konventionen des von Redaktionen unterscheidet Weisehenberg zwi­ sozial verbindlichen Wirklichkeitsmodells als auch die schen dem stärker zentralisierten Gruppentypus mit Bedingungen der Medien zu berücksichtigen habe. differenzierter Rollenverteilung und dem stärker Das zweite Kapitel »Mediensysteme: Normenkon­ dezentralisierten Gruppentypus mit häufig nicht text des Journalismus« hat die spezifischen Bedin­ eindeutig festgelegten Strukturen. gungen des journalistischen Handeins in Mediensy­ Weisehenberg hat mit »Journalistik« ein wichtiges stemen zum Thema. Ausgehend von der These, daß Lehrbuch zur Medienkommunikation im allgemeinen jedes Mediensystem bestimmten gesellschaftlichen und zum Journalismus im besonderen verfaßt Seine und politischen Zielsetzungen unterliege, gibt Wei­ kommunikationswissenschaftliche Variante der sehenberg einen Überblick über wichtige Medien­ Systemtheorie zeichnet sich durch dreierlei aus: theorien z.B. der Massenkulturkritik, des Historischen Erstens gelingt es ihm, die komplexe Organisation Materialismus und des Pluralismus. Der Autor plädiert der Massenkommunikation durchschaubar zu ma­ dafür, zwischen geschlossenen und offenen Medien­ chen. Zweitens vermag er im Ansatz den Konstrukti­ systemen zu unterscheiden: »>Offen< meint somit, onsprozeß von Wirklichkeit(en) durch die Massen­ daß das Mediensystem als soziales Subsystem medien herauszustellen. Drittens erweitert er die prinzipiell offen sein soll für lnformationsangebote, Systemtheorie durch produktive handlungs- und aber auch für Einflüsse aus allen gesellschaftlichen entscheidungstheoretische Überlegungen. Dies Subsystemen. ( ... ) >Geschlossen< meint die legali­ verdient Anerkennung. Dennoch ergeben sich bei sierte Einflußnahme durch bestimmte gesellschaftli­ eingehender Analyse des Weischenbergschen che Subsysteme - im allgemeinen durch das politi­ Argumentationsduktus eine Reihe von Schwach- bzw. sche System« (S. 104). Das Mediensystem der Leerstellen. ln der Analyse des Medien- bzw. des Bundesrepublik Deutschland charakterisiert der Autor Journalismussystems erläutert er wichtige Aspekte als »offen-pluralistisch« und »liberal-kapitalistisch«. nur unzureichend. Er unterläßt es, die von ihm als Wie der Journalismus selbst ließe sich auch dessen zentral bezeichnete Funktion des Systems Journalis­ Ethik nur im Systemkontext bestimmen. Werte wie mus, die Bereitstellung von Themen für andere Ehre, Wahrheit und Sauberkeit - in Pressekodizes Systeme, zu explizieren: Offen bleibt, nach welchen oftmals absolut gesetzt - hingen in pluralistischen systeminternen Codes, Operationen und Modalitäten Gesellschaften vom jeweiligen Bezugssystem ab. der Journalismus einerseits Themen insbesondere für Dementsprechend komme ihnen nur ein relativer die gesellschaftlichen Leitsysteme, z.B. Politik, Wirt­ Wert zu. Die publizistikwissenschaftliche Diskussion schaft und Erziehung, zur Verfügung stellt und ande­ um die Ethik des Journalismus habe bisher nur zu rerseits systemexterne Informationen selektiert und unbefriedigenden Resultaten geführt. Um diesem zu Themen verarbeitet. Der Verweis auf das Selekti­ Dilemma zu entgehen, fordert der Autor einen Per­ onskriterium >Aktualität< erweist sich als unzurei­ spektivenwechsel in der Ethikdiskussion. Als Kataly­ chend. Indem Weisehenberg die Wechselwirkungen sator könnten Erkenntnisse der Systemtheorie, der zwischen den Systemen unterbeleuchtet, bringt er Kybernetik und des Konstruktivismus fungieren. sich um die Möglichkeit, den vorherrschenden sozio­ »Ethisches Denken sollte dabei«, konstatiert Wei­ kulturellen und den medialen Wirklichkeitsentwurf schenberg, »nicht länger auf Bewahrung gerichtet, miteinander in Beziehung zu setzen. ln den größten• sondern kreativ sein: kontrafaktisch, innovativ - also teils bemerkenswert scharfsinnigen Ausführungen zu auf Alternativen hin, die dem modernen Journalismus den professionellen und ethischen Standards greift wie den modernen Gesellschaftssystemen gerecht Weisehenberg zu Recht auf den Subjektbegriff zu­ werden« (S . 225). rück, um Anforderungen des journalistischen Han­ Im letzten Kapitel ))Medieninstitutionen: Struktur­ deins in den strukturellen Zwängen Redaktion, Markt kontext des Journalismus« befaßt sich Weisehenberg und Gesellschaft angemessen beschreiben zu mit medienökonomischen und -organisatorischen können. Leider bleiben seine für Theorie und Praxis Bestimmungsfaktoren von Medieninstitutionen. Aus­ zweifelsohne folgenreichen Thesen zur Ethik des gehend von der unscharfen Begriffsbestimmung der Journalismus, die eine deutliche Absage an Wertvor­ Medienökonomie als »Schnittmenge aus Kommuni­ stellungen wie Wahrhaftigkeit und Wirklichkeit impli­ kationswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft« (S. zieren, gleichfalls aber eine stärkere soziale Ver­ 239) stellt er wirtschaftliche Charakteristika des antwortung und Gewissenhaftigkeit postulieren, noch Medienmarktes dar. Die Ökonomie der Presse basie­ zu vage, um als handlungsleitende Maximen gelten re wesentlich auf dem Anzeigenaufkommen. Der An­ zu können . Hier besteht Bedarf an weiteren Konkre­ zeigenkunde übe nachhaltigen Einfluß auf Form und tisierunaen. Insgesamt betrachtet hat Weisehenberg Inhalt von Zeitungen und Zeitschriften aus. Eine ein zwar in Teilen kontroverses, aufs ganze hin gese­ ähnliche Entwicklung ließe sich auch im Bereich des hen aber richtungsweisendes Werk geschrieben, dem Rundfunks beobachten. Die Ökonomie des Rund­ durchaus der Rang eines Standardwerkes zugespro­ funks sei seit Herausbildung der dualen Rundfunk­ chen werden kann. ordnung Mitte der 80er Jahre in zunehmendem Maße Christian Filk, Siegen durch Kommerzialisierung und Internationalisierung gekennzeichnet. Damit sei eine Entwicklung ange­ stoßen, die Gefahren in sich berge: ))Insgesamt entsteht im Prozeß der Kommerzialisierung und Internationalisierung ein Potential, das Probleme der Medienvielfalt, Sozialverantwortung der Medien und Besprechungen 241

Susanne Marten-Finnis Der Zeitraum von 1962 bis 1988 ist sehr knapp Pressesprache zwischen Stalinismus ....,.,. abgehandelt, da er kaum Veränderungen bei der und Demokratie. Sprachentwicklung brachte. Ausführlicher befaßt sich Parteijournalismus im »Neuen Deutschland« die Autorin mit dem Januar 1988, da dieser Monat 1946-1 993 (=Medien in Forschung und Unterricht, nach ihrer Auffassung eine sprachliche Wende im ND Serie A, Bd . 30) herbeiführte. Nach der gewaltsamen Auflösung der Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1994, 213 Seiten. Gegendemonstration von Bürgerrechtsgruppen während der Berliner Großdemonstration zum Ge­ Zum ersten Mal nach der Wende in der DDR liegt ei­ denken an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg ne umfangreiche Sprachanalyse des politischen Teils begann eine »Rückkehr zum Wortschatz des Kalten der Zeitung >Neues Deutschland< {ND) vor. ln einer Krieges«. Zu ergänzen wäre: Die Militarisierung des prägnanten Einführung erörtert Susanne Marten-Finis Wortschatzes des ND lief in jener Zeit mit einer zu­ unter Zuhilfenahme der umfangreichen Sekundärlite• nehmenden Abgrenzung der DDR einher, nicht nur ratur wichtige historische und theoretische Voraus­ gegenüber der Bundesrepublik, sondern auch ge­ setzungen für ihre Untersuchung. Schlüssig legt die genüber der Sowjetunion und anderen Ostblock­ Verfasserio ihr Anliegen dar: Sie versucht den Zu­ staaten. Für diese Entwicklung standen Begriffe wie sammenhang zwischen Macht, Sprache und Denken der »Sozialismus in den Farben der DDR«. Leider aufzuzeigen. ln diesem Kontext wird das Buch, ohne bleibt dieses Moment, das die These über die Wende daß dieser Aspekt explizit angesprochen wird, auch in der Sprache schon vor 1989 noch unterstrichen für die Rundfunkgeschichte interessant, denn viele hätte, unberücksichtigt. Formulierungen, die im >Neuen Deutschland< genutzt Zum Schluß wird - überspitzt - der Versuch der wurden und von Susanne Marten-Finnis untersucht ND-Redaktion, mit alten Begriffen und Worthülsen werden, waren bis 1990 in der DDR auch Bestandteil nach der Wende auf neue Entwicklungen zu reagie­ von Nachrichten- und Magazinsendungen in den ren, beleuchtet. ln diesem Kontext vergleicht die Ver­ audiovisuellen Medien. fasserin auch die Mitglieder der POS mit den Lesern Im Abschnitt »1946 - 1961 unter besonderer des ND, die als zwar formell unabhängige Zeitung Berücksichtigung des neusprachlichen Aspekts« wird heute ein Spiegelbild der verschiedenen ideologi­ an Hand ausgewählter Beispiele vor allem der Einfluß schen Strömungen innerhalb der POS ist. Herausge­ der herrschenden Ideologie und der russischen arbeitet wird auch, daß die ehemals auflagenstärkste Sprache stalinistischer Prägung auf den Wortlaut des Tageszeitung der DDR heute eine Regionalzeitung ist ND nachgewiesen. Völlig zu recht wird der Einfluß und sich als solche auch versteht, denn die dort des Russischen auf das ND-Deutsch an mehreren verwendeten Diktionen bzw. Metaphern sind für Leser Beispielen, wie der Verwendung des Genetivs und aus den alten Bundesländern oft unverständlich. der Adjektive, dargestellt. Die Untersuchung hätte Indem sie aber dem Sprachduktus der DDR verhaftet noch auf die Passivkonstruktionen ausgedehnt bleibt, bietet sie ihren Lesern nach wie vor ein Stück werden können, da sie ebenfalls auf eine Übernahme Vertrautheit. Dieses Insistieren auf Gewohnheiten der aus dem Russischen hindeuten. Im Anhang liefert die DDR-Bevölkerung konserviert zum Teil alte Vorstel­ Verfasserio treffende Zitate als Ergänzung. Durch lungen und bestärkt manche Leser in ihrer Opfer­ diese Trennung bleibt zum einen die Lesbarkeit des mentalität. Insofern - so die Autorin - ist das ND bis Textes erhalten, zum anderen werden die Thesen der heute nicht oder nur partiell im vereinigten Deutsch­ Autorin zusätzlich untermauert. land angekommen. Unglücklich gewählt scheint mir das Zitat Otto Insgesamt hat Susanne Marten-Finnis ein le­ Gratewohls als Beleg für den Einfluß der russischen senswertes Buch vorgelegt, das helfen kann, Hinter­ Diktion auf die offizielle Parteisprache zu sein {S.40). gründe der offiZiellen DDR-Kommunikation zu ver­ Der erste Ministerpräsident der DDR gehörte zu den stehen. Die private Kommunikation zwischen 1946 wenigen ostdeutschen Politikern, die über eine und 1993 mußte allerdings ausgespart bleiben. Es passable Rhetorik verfügten und wirklich frei spre­ wäre nach den vorliegenden Ergebnissen eine loh­ chen konnten. Russismen lassen sich in seinen nende Aufgabe zu untersuchen, in welchem Ausmaß Reden im Unterschied zu anderen nur selten finden. die orale Kommunikation von der offiziellen Diktion Eine etwas genauere Untersuchung, wie sich die beeinflußt wurde. Henneckebewegung im ND widerspiegelte, hätte Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin gezeigt, daß nicht allein sprachliche Aspekte die Berichterstattung beeinflußten. Zunächst meldete das ND die Sonderschicht des Bergmanns nach dem Vorbild Stachanows in der Sowjetunion auf einer der ThOI1j13S Heimann hinteren Seiten und setzte, erst Tage später, die DEFA, Künstler und SED-Kulturpolitik. Berichterstattung auf der ersten Seite fort. ln diesem Zum Verhältnis von Kulturpolitik und Filmproduktion Zusammenhang hätte erwähnt werden müssen, daß in der SBZ/DDR 1945 bis 1959 {= Beiträge zur Film­ die von der sowjetischen Besatzungsmacht heraus­ und Fernsehwissenschaft, Bd. 46) gegebene Zeitung >Tägliche Rundschau< die Hen­ Berlin: Vistas 1994, 380 Seiten. neckebewegung von Anfang an auf der ersten Seite thematisiert hatte. Das ND wurde im Zuge des Kalten Der Autor bemüht sich, auf der Grundlage von schrift­ Krieges nämlich nicht nur sprachlich, sondern auch lichen Dokumenten aus verschiedenen Archiven, den thematisch zunehmend nach sowjetischem Vorbild Einfluß von Staat und dominierender Staatspartei auf gestaltet. die Spielfilmproduktion der DEFA nachzuzeichnen. Ausgehend von einer kurzen Skizze der Kultur- und 242 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

Filmpolitik der KPD beschreibt Heimann zunächst die als audiovisuelles Medium nichts. Hätte er auch die Gründung und den Aufbau der DEFA in der Sowjeti­ Spielfilme als Quellen genutzt, wäre ihm zwangsläufig schen Besatzungszone. ln den folgenden Kapiteln aufgefallen, daß in den Konstanten der Filme, etwa stellt er die Wandlungen der SED-Kulturpolitik mit die Darstellung von Familienbeziehungen oder die ihren Auswirkungen auf die Spielfilmproduktion dar. Visualisierung von Stadt, wichtige Brüche und Konti­ An Hand mehrerer Fallbeispiele wird im Rahmen der nuitäten zu beobachten sind. Allein die durchgängige jeweiligen historischen Abschnitte versucht, die Beobachtung dieser beiden, aber auch anderer Zensurmechanismen und die politische Lenkung zu inhaltlicher Momente, die den Akten nicht zu entneh­ rekonstruieren und dabei gleichwohl filmkünstlerische men sind, hätte dem Autor erlaubt, sich aus dem Freiräume nachzuweisen. Korsett der von der SED dominierten Sicht auf die Da die Arbeit bereits Ende 1992 abgeschlossen DEFA-Geschichte zu befreien. Die Auseinander­ wurde, konnten neueste Publikationen zur DEFA­ setzung mit den Produktionen hätte schließlich auch Geschichte nicht mehr berücksichtigt werden.1 Der differenziertere Urteile über die DEFA-Mitarbeiter Autor legt zwar in einem Anhang einen umfassenden erlaubt. Über deren filmische Arbeit jenseits der Quellen- und Literaturüberblick vor, scheint aber mit Drehbücher findet der Leser kaum etwas. Da Hei­ dem gewählten Thema überfordert gewesen zu sein. mann auf die Auswertung von Dokumenten, die sich Dieser Eindruck entsteht bereits bei der Lektüre der in den Archiven der Akademie der Künste in Berlin ersten Seiten und bestätigt sich in den folgenden befinden, verzichtete und nur sehr wenige Zeitzeugen Kapiteln. Die Gründe für die Schwächen der Arbeit befragte, reduziert sich die Beschreibung der Künstler sind unterschiedlich und dürften vor allem einer auf ihr Verhältnis zur SED und insbesondere zu deren schlechten Recherche in den Archiven geschuldet Kulturpolitik. Die Einseitigkeit wird noch dadurch ver­ sein . So setzt Heimann den Beginn der kommunisti­ stärkt, daß der Leser über die Beweggründe der schen Filmproduktion für die Jahre 1926/27 an (S . genannten Personen, sich den Maßnahmen und 21), obwohl KPD-Filme schon 1923 verboten wur­ Beschlüssen der SED-Führung unterzuordnen, nichts den.2 Außerdem werden vom Autor nur die zum erfährt, obwohl insbesondere Stellungnahmen be­ Münzenberg-Konzern gehörenden Filmfirmen ge­ kannter Persönlichkeiten zu diesem Thema bereits nannt, nicht aber andere Produktions- bzw. Verleih­ publiziert wurden bzw. in Nachlässen zu finden sind. firmen, die von KPD-Mitgliedern gegründet wurden, Die grundsätzlichen Einwände könnten noch wie die »DeRuFa« oder die »Phönix«. Auch ist die ergänzt werden durch den Nachweis einer Reihe Behauptung unzutreffend, der KPD habe nach der weiterer Mängel, von denen nur einer herausgegriffen Übernahme der UFA durch Hugenberg eine Hand­ werden soll. Der Autor betont völlig zurecht, daß sich lungsperspektive gefehlt und deshalb sei die nur wenige Hinweise auf die Rezipienten von DEFA­ »Prometheus« 1931 aufgelöst worden (S . 22). Hier Filmen finden lassen. Auch in diesem Kontext werden übersieht der Autor z. B. die im Sommer 1930 per Statistiken herangezogen, ohne deren Aussagekraft Notverordnung erlassenen Bestimmungen zur Kon­ zu überprüfen. Die von Heimann übernommenen tingentierung der Filmeinfuhr, die den Import sowjeti­ Zahlen müssen angezweifelt werden, weil die Besu­ scher Streifen weitgehend unmöglich machte. Mit cherzahlen für DEFA-Filme und Filme aus anderen diesem Gesetz wurde die Tätigkeit der »Prometheus« Ostblockstaaten einschließlich der Sowjetunion zwar lahmgelegt und das Unternehmen in die Liquidation der besonderen Kontrolle unterlagen. Doch die getrieben. Statt sich den genannten und anderen hi­ Besucherzahlen wurden von den Leitern der Licht­ storischen Fakten zuzuwenden, zitiert Heimann spieltheater manipuliert, um die Planauflagen zu unreflektiert Begriffe, z.B. den der »proletarischer erfüllen. Außerdem ist es problematisch, die stei­ Gegenöffentlichkeit«, ohne diese zu hinterfragen bzw. gende Zahl der Kinobesucher als abstrakte Größe zu historisch einzuordnen. behandeln (S.230 f.), ohne die Veränderungen im Vergleichbare Ungenauigkeiten setzen sich in der Einkommen oder die Entwicklung anderer Unterhal­ Arbeit fort. So wird die SED-Mitgliedschaft mit der tungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Zwar erwähnt Zugehörigkeit zu den Massenorganisationen FDGB Heimann, daß der Anstieg der Kinobesucher in und FDJ gleichgesetzt. Sehr zweifelhaft sind frag­ Westberlin sich vor allem zu Beginn der 50er Jahre mentarische Tabellen, die die SED- und FDJ-Mitglie­ aus der Verarmung der Ostberliner Kinokultur erklärt, der unter den DEFA-Mitarbeitern auflisten und mit er verzichtet aber auf die Darstellung der Erwar­ diesen willkürlich ausgewählten Daten den Einfluß tungshaltung der Ostdeutschen an den Film. Dieser der SED in der DEFA belegen sollen (S. 188). Dem Mangel ist um so erstaunlicher, als auch in den SED­ Blick der SED auf die DEFA und ihre Mitarbeiter folgt Akten explizit auf diesen Punkt verwiesen wird.3 Heimann an vielen Stellen seines Buches wenig ln allen Gesellschaften ist ein entscheidender distanziert und verzichtet damit auch auf die Darstel­ Gradmel)ser für eine erfolgreiche Kulturpolitik ihre lung eines eigenen Standpunktes. Für die Filmge­ Akzeptanz in der Bevölkerung. Um die Erfolglosigkeit schichtsschreibung hat dies fatale Konsequenzen: der SED auf diesem Gebiet nachzuweisen, ohne Der Autor legt die von der Parteiführung vorgegebe­ permanent die offizielle Diktion zu benutzen, hätte ein nen Kriterien zur Bewertung der Arbeit der DEFA als Vergleich der Wünsche der Rezipienten nach unter­ Maßstab an. haltsamen Spielfilmen mit den Vorstellungen der SED Von seiten der Staatspartei, nicht zuletzt unter ausgereicht. Die Darstellung des fiktiven Rezipienten , dem Einfluß der Ästhetik von Lukacs, wurde das den diese Partei als den >wahren< begriff und als Drehbuch zum entscheidenden Kriterium für oder dessen Sprecher sie sich verstand, hätte ebenso wie gegen die Annahme eines Films. Da Heimann sich eine stärkere Beachtung der Spielfilme erlaubt, die ausschließlich auf die in den Akten aufgefundenen Monographie nicht nur lesbarer zu gestalten, sondern Drehbücher stützte, erfährt der Leser über Spielfilme Besprechungen 243 auch von Beginn an die Grenzen und die Erfolg- Schimpfnamen »Sudei-Ede« begreift der langjährige losigkeit der SED-Kulturpolitk zu verdeutlichen. .. Chef d~s »Schwarzen Kanals« des DDR-Fernsehens Die Veröffentlichung der vorliegenden Arbeit -im übrigens fast als Ehrentitel. Stasi, Morde an der Rahmen der Schriftenreihe der Hochschule für Film Grenze, die permanente Verletzung der Menschen­ und Fernsehen Potsdam-Babelsberg, die insbeson­ rechte, das alles ficht den einstigen Chefagitator der dere nach der Wende erheblich an Profil gewonnen DDR nicht an. Dabei befindet er sich dann ja auch in · hat, wird dem gewonnen Ruf nicht gerecht. schlechter Gesellschaft. Schnitzlers Staatsvorsitzen­ Wolfgang Mühi-Benninghaus, Berlin der Erich Honecker ist in seinen »Moabiter Notizen« dazu auch nichts eingefallen. Honeckers Memoiren Vgl. Filmmuseum Potsdam (Hrsg.): Das zweite wurden Anfang Juli posthum veröffentlicht. Die Leben der Filmstadt Babelsberg. DEFA-Spielfilme »blühenden Landschaften«, die Kanzler Helmut Kohl 1946- 92. Berlin 1994, sowie Filmmuseum Pots­ nach der deutschen Einigung versprochen hat und dam/Axel Geiss (Hrsg.): Filmstadt Babelsberg. Zur die es noch nicht gibt, sind natürlich ein Thema, Geschichte des Studios und seiner Filme. Berlin dessen sich K.E.v.S. genüßlich annimmt. Und natür• 1994. lich läßt er auch die Tatsache nicht aus, daß Markus Wolf, der Spionagechef Ost, in Düsseldorf vor dem 2 Vgl. Reichskommissar für die Überwachung der Richter sitzt, sein Gegner im Westen, der Liberale Nr. öffentlichen Ordnung. Bundesarchiv Potsdam Klaus Kinkel, nicht nur F.D.P.-Vorsitzender, sondern 533. bereits davor auch Außenminister der Bundesrepublik 3 Vgl. Aussprache mit den Berliner Filmtheaterlei­ wurde. tern im Kulturbund. ln: Stiftung Archiv der Parteien ln vielen Punkten hat v. Schnitzler sicherlich recht und Massenorganisationen der DDR im Bundes­ mit seiner Kritik am Einigungsprozeß und auch an archiv IV 2 /906/236. den Zielen und Ergebnissen deutscher Außenpolitik, beispielsweise am kläglichen Einsatz deutscher Truppen in Somalia. Nur seine Schlüsse hieraus sind die alten, die durch die ideologische Brille, wie im Kari-Eduard von Schnitzler Falle Somalia, wo er - indirekt - den deutschen Trup­ Provokation. pen auch eine Beteiligung an den Kampfhandlungen Hamburg: Edition Nautilus 1994, 191 Seiten. unterstellt. Und weiter: »Zweimal ist Deutschlands Imperialisten der Anlauf zur Weltherrschaft mißlun• Er kann es nicht lassen: Nach »Meine Schlösser«, in gen. Nun versucht man's auf dem Umweg über die denen er 1990 seine Herkunft und Jugend sowie US-Aggressionszentrale UNO (da müßte doch im seine Tätigkeit als Fernsehjournalist beschrieb, und Sicherheitsrat ein Platz für Oggersheim frei sein), »Der rote Kanal«, in dem er 1992 seine Generalab­ über Staatsterror im Inneren (da gibt's immer noch rechnung mit der um die ehemalige DDR erweiterten Linke, die hinderlich sind) und über die Ossis (an Bundesrepublik vorlegte, hat sich Kari-Eduard von denen man ausprobiert, was man dem gesamten Schnitzler erneut an die Schreibmaschine gesetzt. Deutschland zumuten kann) .« (S. 38) Waren die »Schlösser« wenigstens seitenweise Und wenn K.E. keine andere Sottise mehr einfällt, ironische Sottisen auf die neuadlige Abkunft, so dann macht er sich auch noch über die Biographie gerieten dem einstigen Chef der politischen Abteilung her, die die Tochter über Marlene geschrieben hat, beim Nordwestdeutschen Rundfunk Köln seine die Dietrich, die eine solche glühende Antifaschistin »Kanai«-Geschichten bereits nur noch zur Polemik, nun auch nicht war, als die »Kied« sie hinstellt (S . streckenweise zwar gut formuliert, aber bar jeder 133ff). ln seinem Pamphlet »Der rote Kanal« hatte v. Einsicht. Ein Hans Modrow wirkte dagegen schon wie Schnitzler vor zwei Jahren in Bitterkeit behauptet, er ein Geläuterter. Aber immerhin stellte »Kied«, so sein sei unter Vertragsbruch aus dem Fernsehen der DDR Spitzname aus Jugendzeiten, 1992 noch fest, »ein gejagt worden, gleichzeitig aber wahrheitswidrig neues Deutschland dürfte weder wie die DDR noch geschrieben, er habe den »Schwarzen Kanal« letzt­ wie die alte BRD« aussehen. ln seinem neuesten malig am 30. Oktober 1989 moderiert. Richtig ist, daß Buch - den Titel »Provokation« hat er bei Stanislaw ihm an diesem Tage nur noch erlaubt wurde, kurz Lern abgekupfert - gibt er sich als Stalinist zu erken­ mitzuteilen, daß die Sendung abgeschafft werde. Von nen, der er war, der er geblieben ist und wohl zeitle­ Freiwilligkeit konnte überhaupt keine Rede sein. Und bens bleiben wird. Es ist ja richtig, wenn er schreibt, wenn K.E. heute Vergleiche mit Gerhard Löwenthais die DDR sei aus der deutschen Geschichte nicht »ZDF-Magazin« zieht, dann hinken diese. Er hat den auszumerzen, wobei es schon bezeichnend ist, daß Kollegen aus Mainz an polemischer Bissigkeit stets der Kommunist Schnitzler ausgerechnet ausmerzen übe~roffen ; gewiß auch in der Formulierkunst. Sei­ schreibt, also einen durch die Nationalsozialisten nem jüngsten Buch hat K. E. v. Schnitzlereine Wid­ schwer belasteten Begriff benutzt. Wörtlich heißt es in mung vorausgestellt Sie muß hier wiedergegeben seinem neuesten Buch dann aber zur DDR: »Nur mit werden, um zu zeigen, daß »Sudei-Ede« der kalte dem Bekenntnis zu ihr - Fehlentwicklungen einge­ Krieger geblieben ist, der er immer war: »Ich widme schlossen - kann man neu anfangen. Denn sie war - dieses Buch den Opfern des Kalten Krieges, jenen so wie sie war- das beste, was in der Geschichte uns zehntausend Frauen und Männern, die im 40jährigen Deutschen, den Völkern Europas und der Weft aus BRD-Unrechtsstaat aus politischen Gründen bespit­ Deutschland widerfahren ist.« (S . 20) zelt, verfolgt, mit Berufsverboten belegt, vor Gerichte Fehlentwicklungen in der DDR - gar der gesamten gezerrt, oft jahrelang und mehrfach in Haft gehalten, DDR - sind für »Sudei-Ede« kein Thema, den in Medien verleumdet oder totgeschwiegen worden sind, weil sie ein anderes Deutschland - friedlich und 244 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994) gerecht- wollten. Noch heute warten sie auf Rehabi­ gendklubs suchten und förderten Talente, riefen litierung und Wiedergutmachung. Ich widme dieses republikweite Wettbewerbe aus, diskutierten das Buch den Millionen Opfern des >Beitritts<, die im Phänomen der starken Anziehung und Begeisterung neuen Großdeutschland mit Rufmord, Verleumdung, Jugendlicher für den Elektrosound. Gleichzeitig Denunziation, Berufsverbotspraxis, sozialer Degra­ wurden zum Teil einflußreiche Stimmen laut, die sich dierung, Verfassungs- , Gesetzes- und Vertragsbruch über äußere Erscheinungen wie lange Haare, unkon­ und politischer Strafjustiz, hemmungsloser Willkür ventionelle Kleidung, Lautstärke, aber auch Krawalle, und niedriger Rache ausgesetzt sind, weil sie den Alkoholismus und kriminelle Entgleisungen bei den Versuch gewagt haben, zum ersten Mal in der deut­ Konzerten erregten und die sich letztendlich mit dem schen Geschichte einen Staat des Friedens und der kulturpolitischen Verdikt des 11. SED-Pienums vom sozialen Gerechtigkeit zu errichten.« Dezember 1965 durchsetzten, das die kulturellen Der Rezensent ist ratlos. Es hilft ihm aber Lutz Liberalisierungserscheinungen abrupt beendete. Die Rathenow, ein aus Jena stammender Lyriker und Konzerte hatten mitunter auch politische Forderun­ Schriftsteller, der in Berlin-Mitte lebt, also dem ehe­ gen, »politische Aggressivät und faschistische Ideo­ maligen Berlin-Ost. Rathenow war in DDR-Zeiten ein logie«, freigesetzt, die dem offiziell angestrebten Bild verbotener Schriftsteller. Seine Kritik zu Schnitzlers der Jugend als »Erbauer des Sozialismus« ebenso neuestem Buch schließt am 23. Mai 1994 in der widersprachen wie dem staatlichen Sicherheitsden­ »Berliner Zeitung« so: »Der Band endet mit Zitaten. ken mit seiner Angst vor unkontrollierbaren massen­ Das vorletzte stammt von Sigmund Freud: >Der psychotischen Erscheinungen. Die daraufhin forciert Verlust von Scham ist das erste Zeichen von geförderte Singebewegung sollte Ersatz schaffen, Schwachsinn<. Schön zitiert. Nur setzt Verlust ein konnte aber zu keiner Zeit Massen von Jugendlichen Vorhandensein voraus«. Mehr ist wohl nicht zu sa­ begeistern. gen. Die zweite Phase der DDR-Rockmusikentwicklung Wolf Bierbach, Köln setzte Ende der 60er Jahre ein, nachdem man er­ kannt hatte, daß Verbote nichts nützten und man das Feld nicht dem »Klassenfeind« überlassen konnte. Sie war geprägt vom Zwang zu musiktheoretischer Michael Rauhut und -praktischer Qualifizierung der Musiker und einer Beat in der Grauzone. strikten Orientierung auf deutschsprachigen Rock. DDR-Rock 1964 bis 1972 - Politik und Alltag Nach dem Amtsantritt von Erich Honecker als SED­ Berlin: Basis Druck Verlag GmbH 1993, 341 Seiten. Generalsekretär etablierte sich der DDR-Rock als anerkannnte, »erlaubte«, wenn auch weiter nicht Mit geringer zeitlicher Verzögerung erreichte die konfliktfrei sich entwickelnde Musikrichtung, die in Herausbildung einer spezifischen Jugendkultur in den den 70er und 80er Jahren, eine eigene Stilistik aus­ westlichen industrialisierten Ländern der 60er Jahre bildete, sich aber auch internationalen Trends nicht auch den Osten. Verbunden mit dem Aufbrechen verschloß. traditioneller Sozialisationsmuster bestimmten Musik Rauhut beschreibt auch die Rolle der DDR-Mas­ und Mode sowie die Suche nach neuen, individuellen senmedien in diesen Prozessen, wobei dem Hörfunk Werten das Lebensgefühl Jugendlicher. Im Osten sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase allerdings war diese Entwicklung weniger vom Kom­ Ende der 60er Jahre eine Vorreiterrolle bei der Ta­ merz als vielmehr von staatlichen Lenkungsmecha­ lentsuche und -förderung zukam. Hier werden insbe­ nismen und den daraus erwachsenden Konflikten sondere DT 64 und die Musikproduzentin Marianne determiniert. Oppel gewürdigt. Die Programmbeschreibung von DT Das Buch nimmt mit der Schilderung der An­ 64 erfolgt allerdings nur über Pressemeldungen und fangsjahre der DDR-Rockmusik - damals noch Beat punktuelle Auflistungen aus unveröffentlichten Doku­ genannt - eine sehr differenzierte Darstellung der menten. Eine Analyse der ausgestrahlten Musiktitel Einflüsse von DDR-Jugend- und Kulturpolitik auf anhand entsprechender Laufpläne, die möglicherwei• einen wesentlichen Bereich von Jugendkultur vor. Der se eine Relativierung bestimmter Aussagen aus den Wert dieser Abhandlung von Michael Rauhut, Mu­ zitierten Dokumenten erbracht hätte, ist zu vermissen. sikwissenschaftler, Jahrgang 1963, heute Mitarbeiter Letztlich unterwarfen sich auch Hörfunk und Fernse­ im Institut für zeitgeschichtliche Jugendforschung hen in ihrer Musikpolitik den jeweiligen politischen Berlin, liegt vor allem in der detaillierten Beschrei­ Leitlinien, was nicht nur Auswirkungen auf den Pro­ bung der Widersprüche und »jähen Wendungen« grammeinsatz von Rockmusik, sondern auch auf die dieser Politik, die nicht nur Konfrontation, sondern Texte der im Rundfunk produzierten Titel hatte. auch Liberalisierungstendenzen und zahlreiche Als Quellen für seine Recherchen hat der Autor institutionalisierte Förderungen für Rockmusik und - vor allem unveröffentlichte Dokumente aus den musiker einschloß. Archiven von SED und FDJ genutzt, von denen etli­ Im Zusammenhang mit der Stabilisierung der che als Faksimile im Buch abgedruckt sind. Ergänzt DDR-Gesellschaft nach dem Mauerbau 1961 und im durch zahlreiche Fotos, Aussagen von Zeitzeugen Aufwind des berühmten Jugendkommuniques von und die ausführlich referierte Tages- und Musikfach­ 1963 (»Der Jugend Verantwortung und Vertrauen«) presse jener Jahre ist eine lebendige, gut lesbare kümmerten sich eine Reihe von Institutionen um die Dokumentation entstanden, die auch - für mich wie Pilze aus dem Boden schießenden Gitarren­ allerdings nicht immer nachvollziehbare - Einschät• bands: Der FDJ-Zentralrat, das Ministerium für Kultur, zungen einzelner Bands und Musiktitel enthält. die Zentrale Arbeitsgemeinschaft Tanz- und Unterhal­ Abschottung und kulturpolitischer Drang nach tungsmusik, der Rundfunk, Kulturhäuser und Ju- Eigenständigkeit in der DDR-Rockmusikentwicklung, Besprechungen 245 aber auch Ignoranz und kommerzielle Interessen in Gemeinschaftsrechts auch für ausländische Rund­ der Bundesrepublik haben, wie sich heute zeigt, funkveranstalter. Die entscheidende Frage, ob Artikel bewirkt, daß der DDR-Rock und seine Interpreten im 5 auf grenzüberschreitende Rundfunksendungen Westen Deutschlands nahezu unbekannt blieben. anwendbar ist, wird für private Programme, die von Rauhuts Buch könnte auch dazu anregen, Unter­ der Bundesrepublik ins Ausland strahlen, grund­ schiede oder Ähnlichkeiten zur westdeutschen Rock­ sätzlich bejaht. Gleiches gilt für ausländische Pro­ musikszene und ihrer Vermittlung durch die Medien gramme, die in die Bundesrepublik einstrahlen, im historischen Vergleich festzustellen. Die vorlie­ hingegen nur dann, wenn die inländische Meinungs­ gende Darstellung zeigt, daß DDR-Rockmusik im bildung beeinflußt wird . Wann aber können grenz­ Spannungsfeld von politischem Druck und Förderung, überschreitende private Programme gesetzlich be­ Spontaneität, Alltag und Anpassung durchaus auch schränkt werden? Da einstrahlende Programme in Qualität hervorgebracht hat, die wohl nicht nur - wie der Bundesrepublik nur empfangen werden, werden heute oft voreilig - als Widerstandsleistung, Nischen­ sie durch die Informationsfreiheit geschützt und oder lnstrumentalisierungsprodukt gewertet werden dürfen nicht behindert werden. Nur bei der Kabelein­ darf. ln seinen erfolgreichsten und beliebtesten Titeln, speisung gibt es nach der Fernsehrichtlinie der EU Protagonisten und Mediensendungen ist DDR-Rock einen Anknüpfungspunkt für eine inländische Rege­ auch Artikulation von Zeitgeist und der Befindlichkeit lung, z.B. bei der Festlegung der Rangfolge der zu Jugendlicher im Technikzeitalter in der DDR - und berücksichtigenden Progarmmanbieter, wenn die somit gleichermaßen Bestandteil gesamtdeutscher Kapazitäten nicht ausreichen. und europäischer Entwicklung von Jugendkultur. Im zweiten Teil des Buches werden die Beson­ lngrid Pietrzynski, Berlin derheiten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk behandelt. Unter verfassungsrechtlichen Aspekten ist eine Bundeskompetenz für den Auslandsrundfunk zu berücksichtigen, obwohl der allgemeine Programm­ Cari-Eugen Eberle I Hubertus Gersdorf auftrag des Rundfunks in die Regelungskompetenz Der grenzüberschreitende Rundfunk der Länder fällt, da ihre Kulturhoheit betroffen ist. Die im deutschen Recht. öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedürfen (= Wirtschaftsrecht der internationalen aber für Programme mit Auslandsbezug keiner spe­ Telekommunikation, Bd. 20) ziellen gesetzlichen Grundlage, da das Gebot der Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1993, Staatsfreiheit des Rundfunks staatliche Einflußnahme 151 Seiten. untersagt. ln diesem Zusammenhang wird auf den Versuch verwiesen, die Programmautonomie der Die europäische Einigung ist nur auf wenigen Gebie­ Rundfunkanstalten grundsätzlich zu beschränken, ten soweit vorangekommen wie beim Rundfunk. Die den das Bundesverfassungsgericht für den Bereich Ausstrahlung einer kaum noch überschaubaren des lokalen Rundfunks vereitelt hat. Daß die Abgren­ Vielzahl von Fernseh- und Radioprogrammen über zung des Tätigkeitsfeldes des öffentlich-rechtlichen Satellit macht diese in ganz Europa und damit grenz­ Rundfunks ein heiß umstrittenes Thema ist, zeigt sich überschreitend empfangbar. Auch die Kabeleinspei­ auch in diesem Buch sehr deutlich. Während Eberle sung sorgt für eine europaweite Verbreitung von dafür plädiert, die Entscheidung den pluralistisch Rundfunkprogrammen. Auf europäischer Ebene hat zusammengesetzten Gremien des öffentlich-rechtli• es bisher zwei Ansätze gegeben, die daraus resultie­ chen Rundfunks zu überlassen, vertritt Gersdorf die renden Probleme einer Regelung zuzuführen - durch gegenteilige Ansicht. Da der Expansionsdrang der die Fernsehrichtlinie der Europäischen Union (EU) öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die sowie durch die Konvention des Europarals über private Konkurrenz gefährlich werden könne, müßten grenzüberschreitendes Fernsehen. Diese Rege­ Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten lungsversuche haben die Aufmerksamkeit der medi­ einer externen Kontrolle unterliegen. dafür kämen enrechtlichen Literatur weitgehend auf sich gezogen. wegen des Gebots der Staatsfreiheit nur die Landes­ Vergleichsweise geringe Beachtung hat dagegen die medienanstalten als Aufsichtsinstanz über den Frage gefunden, wie die Rundfunkordnung der Bun­ privaten Rundfunk mit ihren ebenfalls plural zusam­ desrepublik zum grenzüberschreitenden Rundfunk mengesetzten Gremien in Betracht. An dieser Stelle steht. Dieses Defizit arbeiten Cari-Eugen Eberle und fehlte eine Begründung dafür, warum die Landesme­ Hubertus Gersdorf in klar gegliederter und gut ver­ dienanstalten von den Eigeninteressen, die den ständlicher Form auf. Rundfunkanstalten unterstellt werden, frei sein sollen. Der knappen Einführung in den technischen Nach der Erörterung, unter welchen Vorausset­ Sachverhalt des Satelliten- und Kabelrundfunks folgt zung,en öffentlich-rechtliche und private Veranstalter die Darstellung der verfassungsrechtlichen Rah­ beirr/ grenzüberschreitenden Rundfunk zusammen­ mendbedingungen für den grenzüberschreitenden arbeiten könnten, werden zum Schluß die Vorschrif­ privaten Rundfunk. Die Rundfunkverordnung der ten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei grenz­ Bundesrepublik ist gekennzeichnet durch den Föde• überschreitenden Sendungen untersucht. Angelpunkt ralismus und die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit sind die Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags, der in Artikel 5 Grundgesetz (GG) mit dem Gebot der ARD und ZDF die Möglichkeit von jeweils einem Staatsfreiheit und Meinungsvielfalt Auch Regelungen Fernsehprogramm über Satellit einräumt, jedoch für den grenzüberschreitenden privaten Rundfunk weitere bundsweit verbreitete Programme einem unterliegen grundsätzlich der Kompetenz der Bundes­ speziellen Staatsvertrag aller Bundesländer vorbe­ länder. Die Rundfunkfreiheit des Artikels 5 gilt wegen hält. Die Beteiligung von ARD und ZDF an internatio­ des Diskriminierungsverbots des europäischen nal verbreiteten Programmen darf 50 Prozent nicht 246 Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen 20 (1994)

übersteigen und keine auf die Bundesrepublik abzie­ kungsbedingungen, die auch Auswirkungen auf das lende Werbung enthalten. Gebunden ist eine derar­ Produkt hatten. tige Beteiligung an eine Vereinbarung der Minister­ ln ihren einleitenden Bemerkungen nimmt die Au­ präsidenten. Diese Vorschriften werden wegen torin selbst entsprechende Eingranzungen vor, die sie Verstoßes gegen die Staatsfreiheit des Rundfunks für teils mit nicht zugänglichem Material begründet. Ob­ verfassungswidrig gehalten, weil die staatliche Ent­ wohl die einschlägige Literatur relativ umfassend scheidung über eine Beteiligung von ARD und ZDF referiert wird, hat sie unveröffentlichtes Material wie Bewertungsspielräume im programmliehen Bereich Konzeptionen, Pläne, Anweisungen, Schriftwechsel, eröffnet, die wegen der Rundfunkfreiheit nur dem soziologische Daten (die seit 1990 im Archiv des Programmveranstalter zusteht. Funkhauses Berlin und seit 1992 in den Rundfunk­ Das Buch von Eberle und Gersdorf behandelt archiven Ost I Deutsches Rundfunkarchiv Berlin über die Probleme des grenzüberschreitenden zugänglich sind) nicht verwendet. Eine weitere Ein­ Rundfunks hinaus auch aktuelle medien- und verfas­ engung, nämlich auf das Originalhörspiel (für Er­ sungsrechtliche Fragen. Es zeigt exemplarisch die wachsene), das »Herzstück der Funkdramatik«, hätte Verzahnung von nationalem Recht mit internationalen in der Rezension erwähnt werden müssen. Denn eine Sachverhalten. Wem die Fülle der angeschnittenen Gesamtdarstellung der ostdeutschen Hörspielge• Probleme nicht genügt, findet in dem mit Umsicht schichte hätte nicht an solchen wohl weniger als zusammengestellten Literaturverzeichnis zahlreiche Literatur verstandenen Produkten wie Features, Hinweise, die Anstöße zur weiteren Vertiefung geben Kinderhörspielen, den sogenannten unterhaltenden können. Sendereihen (Serien, in denen vornehmlich DDR­ Albrecht Hesse, München Alltag thematisiert wurde), Kriminalhörspielen, Litera­ turbearbeitungen, Kurzhörspielen und ausländischen Stücken vorbeigehen können, die zum großen Teil auch Originalproduktionen waren und natürlich eben­ Das Hörspiel in der DDR so das Erscheinungsbild des im Rundfunk der DDR Eine Zuschrift an die Redaktion zur Rezension ausgestrahlten Hörspiels prägten. des Buches von Sibylle Bolik in Mitteilungen Zu fragen ist auch, ob der von Bolik angesetzte StRuG Jg. 20 (1994), H. 2/3, S. 152f. Maßstab der literaturwissenschaftliehen Analyse von (ca. 38 Prozent der zwischen 1945 und 1989 produ­ Dem Rezensenten ist zuzustimmen, wenn er ein­ zierten) Erwachsenenhörspielen, der sich am westli­ gangs auf den hochgegriffenen Anspruch des Buchti­ chen Hörspiel-Mainstream der »ästhetischen Moder­ tels aufmerksam macht und abschließend feststellt, ne« orientiert, der allein gültige sein muß. Dem DDR­ daß die Forschung nun erst richtig beginnen sollte. Hörspiel wird auf diese Weise attestiert, konven­ Boliks literaturwissenschaftlich-historische Darstel­ tionelles, »ausgesprochenes Themen- und Problem­ lung, die die Entwicklung des DDR-Hörspiels als hörspiel« gewesen zu sein, das seinen »Kunst- und literarische Gattung untersucht, ist sicher eine Fiktionsvorteil« nicht ausschöpfte, »geringe ästhe• Grundlage dafür. Denn ohne Zweifel hat sich die tisch-provokative Energie« bewies und wenig me­ Autorin um kritische Differenzierung bemüht und die dienspezifische Gestaltungsmittel nutzte. Daß sich »Rückgebundenheit der DDR-Hörspielarbeit an beim Lesen der veröffentlichten Hörspieltexte viel­ Iiteratur- und medienpolitische Direktiven« in den leicht das besonders im DDR-Rundfunk breit einge­ einzelnen Zeitabschnitten angedeutet. Eine Be­ setzte Gestaltungsmittel, von vielen DDR-Komponi­ standsaufnahme der ostdeutschen Hörspielarbeit, sten speziell entwickelte Hörspielmusiken zu verwen­ die DDR-Hörspielgeschichte, ist dabei jedoch noch den, nicht immer erschließt, sei nur am Rande nicht entstanden. Zwar weist auch der Rezensent auf vermerkt. Natürlich hat das DDR-Hörspiel häufig weiterführende Fragestellungen (Rolle der Hörspiel• Klischees bedient, ideologisch-publizistische Leitli­ kritik, Geschichte der Zensurfälle, Untersuchungen zu nien umgesetzt, sind an ihm durch Abschottung und einzelnen Autoren oder Programmachern) hin, ob Ignoranz bestimmte Trends vorbeigegangen. Mißt allerdings der »große hörspielgeschichtliche Kontext« sich der abgesprochene »eigenständige Beitrag zur mit der vorliegenden Arbeit schon abgedeckt ist, muß Gattung« aber nur daran? ln ihrem Resümee, in dem zumindest angezweifelt werden. Denn hierzu gehör• die Autorin der »ästhetischen Moderne« in der alten ten wohl auch organisations-, programm- und wir­ Bundesrepublik eine »festgefahrene Hörspielkunst« kungsgeschichtliche Aspekte in ihrem Bezug zu bescheinigt, deutet sie die Möglichkeit einer Alterna­ zeitgeschichtlichen Bedingungen und daraus resultie­ tive durch das so antiquierte DDR-Problemhörspiel rende Besonderheiten der ostdeutschen Hörspielar• an. beit in einem größeren Umfang als sie in diesem lngrid Pietrzynski, Berlin Buch, wenn überhaupt, Platz gefunden haben: Auf­ tragsproduktionen und eine breit ausgebaute Ent­ wicklungsdramaturgie, das Planungsgeschehen über• haupt, personelle und finanzielle Ausstattung, die Exi­ stenz eines Kindersprecherensembles, Programmein­ salz und Sendehäufigkeit von Hörspielen, der von Hörern vergebene Hörspielpreis und öffentliche Hörspieldiskussionen, nicht zuletzt die strukturelle und inhaltliche Eingliederung im DDR-Rundfunk sind einige Merkmale spezifischer Entstehens- und Wir- Studienkreis Rundfunk und Geschichte Mitteilungen

Inhalt des 20. Jahrgangs 1994

Bearbeitet von Christoph Kahlenberg

Verantwortliche Redakteure: Ansgar Diller Marianne Ravenstein r Zitierweise: Mitteilungen StRuG- ISSN 0175-4351

Inhalt des 20. Jahrgangs (1994) 111

Benutzerhinweis A. Verzeichnis sämtlicher Beiträge

Das Jahresregister gliedert sich in vier Abschnit­ I. Aufsatze te. Abschnitt A listet alle Beiträge aus den Rubri­ 1. Rüdiger Steinmetz: Prag 1968. ken »Aufsatze«, »Dokumentation«, »Nachrichten Programmachen im Zeichen des und Informationen«, »Schwarzes Brett« und Kalten Krieges - aus der Distanz be­ »Bibliographie« in der Reihenfolge ihres Erschei­ trachtet. Die Westperspektive. Vortrag nens auf. Allein die Rezensionen sind nach den auf der 24. Jahrestagung des Studien­ Namen der Autoren der besprochenen Werke, in kreises vom 23.- 25. September 1993 Einzelfällen nach dem Titel, alphabetisch geord­ in Leipzig ...... 3 net. Die Beitrage sind innerhalb jeder Rubrik für 2. Wolfgang Mühi-Benninghaus: die Benutzung der weiteren Reg isterabschnitte Prag 1968. Programmachen im numeriert. Die am Ende der Zeilen aufgeführten Zeichen des Kalten Krieges - aus Zahlen geben die Seiten an, auf denen die Bei­ der Distanz betrachtet. Die Ostper­ träge in den >Mitteilungen< zu finden sind. spektive. Vortrag auf der 24. Jahres­ Die Abschnitte B (Autorenregister), C tagung des Studienkreises vom (Sachregister) und D (Personenregister) sind 23. -25. September 1993 in Leipzig ...... 10 ausschließlich alphabetisch geordnet. Die im 3. Arnulf Kutsch: Die Rundfunk- Sach- bzw. Personenregister aufgeführten Be­ forschung an der Universität Leipzig griffe und Namen beziehen sich ausschließlich in den Jahren 1924 bis 1945. Ein auf Angaben aus den Titeln der Beitrage. Nur in Überblick. Vortrag auf der 24. Jahres- Einzelfällen wurde aus Gründen der Klarheit zu­ tagung des Studienkreises vom 23. -25. September 1993 in Leipzig ...... 17 sätzlich zu einem Sachbegriff aus der Überschrift eines Beitrags ein Begriff aus dessen Text . 4. Sabine Schiller-Lerg I August verzeichnet. Damit beim Blick in das Sachregi­ Soppe: Ernst Schoen (1894-1960). ster deutlich wird, in welchem Zusammenhang Eine biographische Skizze und die der jeweilige Begriff im Titel eines Beitrags ver­ Geschichte seines Nachlasses ...... 79 wendet wird, erscheint dieser Titel i.d .R. hier 5. Tobias Liebert: Rundfunkaus- noch einmal in Kurzform. bildung und -forschung in Leipzig Autoren-, Sach- und Personenregister bezie­ zwischen 1946 und 1963. Vortrag hen sich mit ihren Zahlenangaben am Ende je­ auf der 24. Jahrestagung des Stu- der Zeile nicht auf die einzelnen Hefte der dienkreises vom 23. - 25. Septem- ber 1993 in Leipzig ...... 89 >Mittelungen<, sondern auf Abschnitt A. Dem­ nach weist z.B. die Angabe »Steinmetz, Rüd iger 6. Thomas Münch: Musikgestaltung .. . 1: 1 « in Abschnitt B darauf hin, daß Rüdiger für massenattraktive Hörfunkprogramme . Steinmetz Autor des in Abschnitt A unter der Zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit. Rubrik »1. Aufsätze« an erster Stelle aufgeführ• Vortrag in der Fachgruppensitzung Musik auf der 24. Jahrestagung des ten Beitrags ist. Das gleiche gilt z.B. für den Studienkreises vom 23. - 25. Septem- Begriff »Adolf-Grimme-lnstitut« aus Abschnitt C. ber 1993 in Leipzig ...... 99 Die hinter diesem Begriff befindliche Angabe »IV: 17 « bedeutet, daß dieser Begriff im Titel eines in 7. Martin Bott: Radio der Gegen- Abschnitt A unter der Rubrik »IV. Schwarzes propaganda. Der niederländische Exilsender Radio Oranje im Wider- Brett« an 17. Stelle aufgeführten Beitrags auf­ stand gegen die deutsche Besat- taucht. Um rasch herauszufinden, welche Bei­ zung (1940-1945) ...... 165 träge ein Autor verfaßt hat oder in welchen Bei­ tragstiteln ein gesuchter Begriff bzw. eine ge­ suchte Person in welchem Zusammenhang er­ I wähnt wird, müssen also nicht die einzelnen II. Dokumentation Hefte zur Hand genommen werden, sondern es genügt, über die »Schlüssel-Register« 8, C und D Abschnitt A einzusehen. 1. lngrid Pietrzynski: Offene Archive für ein abgeschlossenes Kapitel. Streiflichter auf Quellen zur Rund­ funkgeschichte der DDR. Vortrag auf der 24. Jahrestagung des Stu­ dienkreises vom 23. - 24. September 1993 in Leipzig ...... 30 IV Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen

2. Massenkommunikationsmittel 12. Geschichte in Hörfunk und im Klassenkampf. Der Staatssicher­ Fernsehen. Kolloquium in Baden- heitsdienst der DDR und die Medien Baden (Edgar Lersch) ...... 214 (Ansgar Diller) ...... 107 13. Rundfunkhistorische Forschung. 3. Wir sollten nicht spielen, was Ein Beitrag im Jahrbuch der histori- der Hörer will. Der Hörer will im schen Forschung (Ansgar Diller/ Endeffekt das, was wir spielen. Edgar Lersch) ...... 216 Leichte Musik im Hörfunk der 50er 14. Zehnjahresregister (1985-1994) Jahre. Eine Diskussion in Stuttgart der Mitteilungen. Mitgliederverzeichnis ...... 216 1955. Protokoll der Diskussion (Edgar Lersch) ...... 204

IV. Schwarzes Brett 111. Nachrichten und Informationen 1. Eine akustische Weltgeschichte. Schallplattenrückblicke im Weimarer 1. Grußworte des Vorsitzenden zur Rundfunk (Ansgar Diller) ...... 49 Eröffnung der Jahrestagung am 23. September 1993 in Leipzig 2. Martin Raschke (1905-1943) (Helmut Drück) ...... 38 (Hans-Uirich Wagner) ...... 50 2. Bericht des Vorsitzenden während 3. Herbert Wehnerund Radio Moskau. der Mitgliederversammlung am 25. Unbekannte Dokumente aus dem September 1993 in Leipzig Kominternarchiv publiziert (Ansgar Diller) ...... 52 (Helmut Drück) ...... 39 4. Das Tonarchiv des Bundesbeauf- 3. Medienarchive in West und Ost. tragten für die Stasi-Unterlagen. Vor- Bericht von der Sitzung der Fach- trag anläßlich der dritten Herbsttagung gruppe Archive und Dokumentation der lASA-Landesgruppe Deutschland I am 23. September 1993 in Leipzig Deutschschweiz in Frankfurt am Main (Klaus Heimann) ...... 41 am 2. November 1993(Sigrid Peters) ...... 54 4. Anmerkungen zur Jahrestagung 5. Nachrichtentechnik im Museum des Studienkreises in Leipzig 1993 für Verkehr und Technik in Berlin (Christiane Tobschall) ...... 46 (Joseph Hoppe) ...... 56 5. Wohin ist er nur entfleucht, der viel 6. Ausstellung zur Geschichte des zitierte Geist von Grünberg? Zur Jah- Rundfunks in Hessen (Michael Crone) ...... 57 restagung des Studienkreises in Leipzig 1993 (Martina K. Schneiders) ...... 47 7. Ausstellung zur Geschichte des Rundfunks in Leipzig (Hagen Pfau) ...... 57 6. Wilhelm-Treue-Stipendium für 1995 8. Ein Kriegsverlust in der Deutschen ausgeschrieben (Ansgar Diller) ...... 47 Bücherei Leipzig (Tobias Knauf) ...... 57 7. 22. Doktoranden-Kolloquium des Studienkreises in Grünberg vom 9. Fernsehsendereihe über die Geschichte desRundfunks in Polen 13.- 15. Mai 1994. Programm (Marianne Ravenstein) ...... 47 (Maciej J.Kwiatkowski) ...... 58 8. 25. Jahrestagung des Studien- 10. Maciej J6zef Kwiatkowski (1920 - 1994) (Ansgar Diller) ...... 59 kreises vom 22. - 24. September 1994 in Mari/Westfalen. Programm ...... 121 11. Heinz Joosten 80 Jahre. Nestor der niederländischen Rundfunkhistoriker 9. 22. Doktoranden-Kolloquium des (Joan Hemels) ...... 59 Studienkreises in Grünberg vom 13. -15. Mai 1994. Aus der Sicht eines 12. Ein praktisches Stück deutscher Wiederholungstäters (Ralf Hohlfeld) ...... 122 Wiedervereinigung. Ernst Elitz erster Intendant des Deutschlandradios 10. ln Grünberg springt der Funke über. (Ralf Hohlfeld) ...... 126 Eine Zuschrift an die Redaktion (Stig Hornshoj-Moller) ...... 124 13. Wider die Verballhornung der Bullenwiese zu Eberswalde. Denk- 11. 25 Jahre Studienkreis Rundfunk malschutz für Rundfunkgeschichte und Geschichte - hat es sich gelohnt? oder Funkgeschichte? (Winfried B.Lerg) ...... 127 Festansprache anläßlich des 25jäh- rigen Bestehens des Studienkreises 14. Erlebtes Zeitgeschehen. Reichs­ am 23. September 1994 in Mari/Westf. tags-Stimmungsbilder und Zeitberichte (Lothar Albertin) ...... 211 im Weimarer Rundfunk (Jörg-Uwe Fischer) ...... 129 Inhalt des 20. Jahrgangs (1994) V

15. Rundfunktexte im Nachlaß Martin 31. Jahreshauptversammlung der Raschke (Ansgar Diller) ...... 132 IASA-Ländergruppe Deutschland I Deutschschweiz (Anke Leenings) ...... 228 16. Themas Mann und die BBC im Zweiten Weltkrieg. Neue Einsichten 32 . Promotionsstipendien für in die Rundfunkarbeit des Schrift- Arbeiten zur Rundfunk- und Medien- stellers (Stefan Niessen) ...... 132 geschichte der DDR (DRA) ...... 228 17. Deutsche Selbst- und Fremd- 33. Förderpreis Funkgeschichte bilder in den Medien von BRD und (GFGF) ...... 228 DDR. Ein zeit- und medienhistori- sches Projekt des Adelt-Grimme- Instituts (Ralf Geserick I Petra Schmitz) ...... 134 V. Bibliographie 18. Dinah Share (1917 -1994). Medientransfer- Medienmobilität 1. Rundfunkbezogene Hochschul­ (Winfried B.Lerg) ...... 137 schriften aus kommunikations­ 19. Ausstellung 70 Jahre Rundfunk wissenschaftlichen F achinstituten: in Leipzig. 40 Jahre DDR-Rundfunk Institut für Publizistik der Westfäli• nur eine Randerscheinung schen Wilhelms-Universität (lngrid Pietrzynski) ...... 138 Münster, 1991- 1994 (Marianne Ravenstein) ...... 62 20. 70 Jahre Süddeutscher Rundfunk. Ausstellung zu seiner Geschichte 2. Zeitschriftenlese 64 (Edgar Lersch) ...... 139 (1 . 10. - 31. 12. 1993) (Rudolf Lang) ...... 63 21 . Buch, Buchhandel und Rundfunk 3. Rundfunkbezogene Hochschul- (1945 - 1949). Tagung am 15. I 16. schriften aus kommunikations- November 1994 im Literaturarchiv wissenschaftlichen Fachinstituten: MarbachiN ...... 140 Fachbereich Kommunikations­ wissenschaften I Institut für Publi­ 22. Der Rundfunk und die Europa­ zistik und Kommunikationspolitik idee der UER. Rundfunkhistorische der Freien Universität Berlin, Tagung am 3. Februar 1995 in 1989- 1994 (Reinhold Fuhrberg) ...... 142 Maastricht (Marianne Ravenstein) ...... 141 4. Zeitschriftenlese 65 23. Erste gemeinsame Jahres- (1 . 1. - 30. 4. 1994) (Rudolf Lang) ...... 145 tagung von IASA und FIAT vom 3.- 8. September 1994 in Bemau 5. Rundfunkbezogene Hochschul- bei Berlin (Anke Leenings) ...... 141 schriften aus kommunikations- wissenschaftlichen Fachinstituten: 24. Gegen Intoleranz und Zensur. Institut für Journalistik und Kom­ Kurt Tucholskys Attacken gegen munikationsforschung. Hoch­ den Weimarer Rundfunk schule für Musik und Theater (Jörg-Uwe Fischer) ...... 217 Hannover, 1990- 1994 (Romy Fröhlich) ...... 229 25. Moskau auf der Radioskala. 6. Zeitschriftenlese 66 Im Dritten Reich unerwünscht (1 . 5. - 30. 6. 1994) (Rudolf Lang) ...... 230 (Ansgar Diller) ...... 220 26. Written on the Wall. Vom Ende des britischen Militär-Rundfunks in Berlin (Oliver Zöllner) ...... 222 VI. Besprechungen 27. Politik, Wirtschaft, Programm. 70 Jahre Funkausstellung 1. Akten der Britischen Militär• (Heide Riede I) ...... 224 regierung in Deutschland: 28. Radio. Schwerpunktthema in Sachlnventar 1945-1955. der Zeitschrift »du« (Edgar Lersch) ...... 224 Hrsg. von Adolf Birke u.a. unter Mitwirkung von Deut­ 29. Harald Hauser (1912 - 1994) sches Historisches Institut (lngrid Pietrzynski) ...... 225 London, Niedersächsisches 30. Internationale Jahrestagung Hauptstaatsarchiv Hannover. von IASA und FIAT vom 3. - 9. Sep­ 11 Bde. München u. a.: tember 1994 bei Bernau K. G. Saur 1993 (Ansgar Diller) ...... 76 (Anke Leenings) ...... 227 VI Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen

2. Besch, Heribert: Dichtung mund, Bd.7) Wiesbaden: Otto zwischen Vision und Wirklichkeit. Harrasowitz 1991 (Ansgar Diller) ...... 150 Eine Analyse des Werkes von Hermann Kasack mit Tagebuch­ 12. Fröhlich, Elke (Hg.): Die Tage- edition (1930 - 1943) (= Saar­ bücher von Joseph Goebbels. Im brücker Beiträge zur Literatur­ Auftrag des Instituts für Zeitge- wissenschaft Bd.33). St. lngbert: schichte und mit Unterstützung Werner J. Röhrig 1992 des Staatlichen Archivdienstes Rußland. Teil II : Diktate 1941-1945. (Hans-Uirich Wagner) ...... 236 Bd. 7: Januar- März 1943, bearb. 3. Bleicher, Joan Kristin: Chronik von Elke Fröhlich. Bd. 8: April - Juni zur Programmgeschichte des 1943, bearb. von Hartmut Mehringer. deutschen Fernsehens (= Sigma­ Bd. 9: Juli- September 1943, bearb. Medienwissenschaft, Bd.16). Berlin: von Manfred Kittel. München u.a.: Edition Sigma 1993 K.G. Saur-Verlag 1993 (Ansgar Diller) ...... 66 (Ansgar Diller) ...... 67 13. Haible, Wolfgang: Schwierig- 4. Bohrmann, Hans (Hrsg.): NS- keiten mit der Massenkultur. Zur Presseanweisungen der Vor- kulturtheoretischen Diskussion der kriegszeit. Edition und Dokumen- Massenunterhaltung in der DDR tation, Bd. 4, I- 111, Anhang: 1936. seit den siebziger Jahren (= Hoch- München u. a.: K. G. Saur 1993 schulschriften, Bd. 1). Mainz: Decaton- (Ansgar Diller) ...... 232 Verlag 1993. (Wolfgang Mühi-Benninghaus) ...... 154 5. Bolik, Sibylle: Das Hörspiel in der DDR. Themen und Tendenzen 14. Heideking, Jürgen I Mauch, (= Forschungen zur Literatur- und Christof (Hrsg.): Geheimdienst- Kulturgeschichte, Bd.43). Frankfurt krieg gegen Deutschland. Sub- am Main u.a.: Peter Lang 1994 version, Propaganda und politische (Hans-Uirich Wagner) ...... 152 Planungen des amerikanischen Geheimdienstes im Zweiten Welt- 6. Das Hörspiel in der DDR. Themen krieg . Göttingen: Vandenhoeck & und Tendenzen. Eine Zuschrift an Ruprecht 1993 (Ansgar Diller) ...... 233 die Redaktion zur Rezension des Buches von Sibylle Bolik 15. Heimann, Thomas: DEFA, (lngrid Pietrzynski) ...... 246 Künstler und SED-Kulturpolitik. Zum Verhältnis von Kulturpolitik 7. Carothers, Diane Foxhill: Radio und Filmproduktion in der SBZ/ Broadcasting from 1920 to 1990. DDR 1945 bis 1959 (= Beiträge An Annotated Bibliography (= Garland zur Film- und Fernsehwissenschaft, Reference Library of the Humanities, Bd . 46). Berlin: Vistas 1994 (Wolfgang Vol. 967). New York & London: Mühi-Benninghaus) ...... 241 Garland Publishing lnc. 1991 (Winfried B.Lerg) ...... 75 16. Hempei-Küter, Christa: Die KPD- Presse in den Westzonen von 1945 8. Dröge, Franz I KopperGerd G.: bis 1956. Historische Einführung, Der Medienprozeß. Zur Struktur innerer Bibliographie und Standortverzeich- Errungenschaften der bürgerlichen nis (= Hamburger Beiträge zur Gesellschaft. Opladen: Wesdeutscher Germanistik, Bd. 17). Frankfurt am Verlag 1991 (Christian Filk) ...... 156 Main u.a.: Peter Lang 1993 (Ansgar Diller) ...... 159 9. Eberle, Cari-Eugen I Gersdorf, 17. John, Helmut I Neumann, Hubertus: Der grenzüberschrei- Lonny (Hrsg.): Hermann Kasack - tende Rundfunk im deutschen Recht Leben und Werk. Symposium 1993 (= Wirtschaftsrecht der internationalen in Potsdam (= Forschungen zur Lite- Telekommunikation, Bd. 20). Baden- ratur- und Kulturgeschichte Bd. 42). Baden: Nomos Verlagsgesellschaft Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang 1993 (Aibrecht Hesse) ...... 245 1994 (H~ns-Uirich Wagner) ...... 236 10. Faulstich, Werner (Hrsg.): Grund- 18. Lucas, Robert: Die Briefe des wissen Medien(= Uni-Taschenbücher, Gefreiten HirnschaL BBC-Radio- Bd. 1773). München: Wilhelm Fink Satiren 1940-1945. Hrsg. von Uwe Verlag 1994 (Wolfgang Naumann (= Antifaschistische Lite- Mühi-Benninghaus) ...... 238 ratur und Exilliteratur - Studien und 11 . Fischer, Peter: Die deutsche Texte, Bd. 11). Wien: Verlag für Gesell- Publizistik als Faktor der deutsch- schaftskritik 1994 (Ansgar Diller) ...... 151 polnischen Beziehungen 1919-1939 19. Marten-Finnis, Susanne: Presse- (= Studien der Forschungsstelle Ost- sprache zwischen Stalinismus und mitteleuropa an der Universität Dort- Inhalt des 20. Jahrgangs (1994) VII

Demokratie. Parteijournalismus im 28. Ricker, Reinhart I Müller-Malm, Neuen Deutschland 1946 - 1993 Friedrich: Rundfunkkontrolle durch (= Medien in Forschung und Unter­ Rundfunkteilnehmer? Opladen: richt, Serie A, Bd. 30) . Tübingen: Westdeutscher Verlag 1993 Max Niemeyer Verlag 1994 (Wolf- (Christian Filk) ...... 74 gang Mühi-Benninghaus) ...... 241 29. Riede!, Heide (Hrsg.): Mit uns 20. Neuber, Wolfgang: Verbreitung zieht die neue Zeit ... 40 Jahre DDR- von Meinungen durch die Massen- Medien. Eine Ausstellung des Deut- medien. Opladen: Leske + Budrich schen Rundfunk-Museums, 25. August 1993 (Christian Filk) ...... 69 1993 bis 31 . Januar 1994. Berlin: Vistas-Verlag 1993 (Rolf Geserick) ...... 68 21 . Niemann, Heinz: Meinungsfor- schung in der DDR. Die geheimen 30. Schnitzler, Karl-Eduard v.: Provo- Berichte des Instituts für Meinungs- kation. Hamburg: Edition Nautilus forschung an das Politbüro der SED. 1994 (Wolf Bierbach) ...... 243 Köln: Bund-Verlag 1993 31 . Seidel, Norbert I Libertus, Michael: (lngrid Pietrzynski) ...... 153 Rundfunkökonomie. Organisation, 22. Nordrhein-Westfalen. Landes- Finanzierung und Management von geschichte im Lexikon (= Veröffent- Rundfunkunternehmen. Wiesbaden: lichungen der staatlichen Archive Gabler 1993 {Christian Filk) ...... 72 des Landes Nordrhein-Westfalen, 32. Sirch, Ramona: Musik in der Reihe C: Quellen und Forschungen, Deutschen Welle, dargestellt am Bd. 31). Düsseldorf: Patmos-Verlag Beispiel des deutschen Programms I 1993 (Ansgar Diller) ...... 161 Musik (= Europäische Hochschul- 23. Orwell, George: Von Pearl Harbor schriften: Reihe 36, Musikwissen- bis Stalingrad. Die Kommentare schaft, Bd. 82). Frankfurt am Main u. a.: zum Krieg. Hrsg. von W. J. West. Peter Lang 1992 (Thomas Münch) ...... 235 Aus dem Englischen von Nikolaus 33. Soppe, August: Rundfunk in Stingl. Wien, Zürich: Europaverlag Frankfurt am Main 1923- 1926. 1993 (Ansgar Diller) ...... 67 Zur Organisations-, Programm- 24. Pertsch, Dietmar: Jüdische und Rezeptionsgeschichte eines Lebensweiten in Spielfilmen und neuen Mediums. Mit einem Nach- Fernsehspielen. Filme zur Geschichte wort von Jörg Jochen Berns (= Rund- der Juden von ihren Anfängen bis zur funkstudien, Bd. 5). München u.a.: Emanzipation 1871 (=Medien in For- K. G. Saur 1993 (Frank Biermann) ...... 148 schung und Unterricht, Serie A, Bd . 35). 34. Tegge, Andreas: Die Internationale Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1992 Telekommunikations-Union. Organi- (Ansgar Diller) ...... 151 sation und Funktion einer Weltorgani- 25. Pieper, Antje Karin I Hadamik, sation im Wandel. Baden-Baden: Sabine (Hrsg.): Das WDR-Gesetz Nomos-Verlagsgesellschaft 1994 und das Landesrundfunkgesetz (Reinhard Schneider) ...... 158 Nordrhein-Westfalen vor dem 35. Weischenberg, Siegfried: Journa- Bundesverfassungsgericht. Doku- listik. Theorie und Praxis aktueller mentation der Normenkontrollverfahren Medienkommunikation. Bd. 1: Medien- zum sechsten RundfunkurteiL Baden- systeme, Medienethik, Medieninstitutio- Baden: Nomos-Verlagsgesellschaft nen. Opladen: Westdeutscher Verlag 1993 (Wolf Bierbach) ...... 70 1992 (Christian Filk) ...... 239 26. Quellen zur deutschen politi- 36. Wense, Jürgen v. d.: Blumen blühen schen Emigration 1933 - 1945. auf Befehl. Aus dem Poesiealbum eines Inventar von Nachlässen, nichtstaat- zeitungslesenden Volksgenossen 1933 - lichen Akten und Sammlungen in 1944 Hrsg. und kommentiert von Dieter Archiven und Bibliotheken der Bundes- 1 Heim. München: Matthes & Seitz Verlag republik Deutschland. Hrsg. im Auftrag 1993 (Klaus Scheel) ...... 234 der Herbert und Elsbeth Weichmann Stiftung. München u. a.: K. G. Saur 1994 37. Zimmer, Jochen: Europas Fern- (Ansgar Diller) ...... 160 sehen im Wandel. Probleme einer Europäisierung von Ordnungspolitik 27. Rauhut, Michael: Beat in der und Programmen (= Studien zur Ord- Grauzone. DDR-Rock 1964 bis 1972- nungspolitik im Fernsehwesen, Bd . 4). Politik und Alltag. Berlin: Basis Druck Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang Verlag GmbH 1993 (lngrid Pietrzynski) ...... 244 1993 (Edgar Lersch) ...... 73 VIII Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen

38 . Zimmermann, Peter (Hrsg.): Riedel, Heide ...... IV: 27 Fernseh-Dokumentarismus. Bilanz und Perspektiven (GLOSE UP: Schrif­ Scheel, Klaus ...... VI : 36 ten aus dem Haus des Dokumentar­ Schiller-Lerg, Sabine ...... 1: 4 films, Bd. 1). München: Ölschläger Verlag 1992 (Ghristian Filk) ...... 155 Schmitz, Petra ...... IV: 17 Schneider, Reinhard ...... VI: 34 Schneiders, Martina K ...... 111 : 5 B. Autorenregister Soppe, August...... 1: 4 Steinmetz, Rüdiger ...... 1: 1

Albertin, Lothar ...... 111 : 11 Tobschall, Ghristiane ...... 111: 4 Bierbach, Wolf...... VI : 25, 30 Wagner, Hans-Uirich ...... IV: 2; VI : 2, 5, 17 Biermann, Frank ...... VI : 33 Zöllner, Oliver ...... IV: 26 Bott, Martin ...... l: 7 Grone, Michael...... IV: 6 Diller, Ansgar ...... 11 : 2; 111 : 6, 13; IV: 1, 3, 10, 15, 25; C. Sachregister ...... VI : 1, 3, 4, 11, 12, 14, 16, 18, 22, 23, 24,26

Drück, Helmut ...... 111 : 1, 2 Adolf-Grimme-lnstitut Filk, Ghristian ...... VI : 8, 20, 28, 31, 35, 38 Deutsche Selbst- und Fremd­ bilder in den Medien von BRD und Fischer, Jörg-Uwe ...... IV: 14, 24 DDR. Zeit- und medienhistorisches Fröhlich, Romy ...... V: 5 Projekt des A.-G.-1...... IV: 17 Fuhrberg, Reinhold ...... V: 3 Amerika (USA) s. Geheimdienst Geserick, RolL...... IV: 17; VI : 29 Archive Heimann, Klaus ...... lll: 3 Offene A. für ein abgeschlosse­ nes Kapitel. Quellen zur Rundfunk- Hemels, Joan ...... IV: 11 geschichte der DDR...... II: 1 Hesse, Al brecht...... VI : 9 Quellen zur deutschen Emigration 1933- 1945 in Hohlfeld, Ralf ...... 111 : 9; IV: 12 A. und Bibliotheken der BRD ...... VI : 26 Hoppe, Joseph ...... IV: 5 s. a. Komintern Medien Hornshoj-Moller, Stig ...... 111: 10 Beat Knauf, Tobias ...... IV: 8 B. in der Grauzone. DDR-Rock Kutsch, Arnulf...... l: 3 1964- 1972 ...... VI: 27 Kwiatkowski, Maciej Jözef...... IV: 9 Berlin Ende des britischen Militär-Rund- Lang, Rudolf ...... V: 2, 4, 6 funks in B ...... IV: 26 Leenings, Anke ...... IV: 23, 30, 31 s. a. Deutsches Rundfunkmuseum Funkausstellung Lerg, Winfried B ...... IV: 13, 18; VI: 7 Museum für Verkehr und Technik Lersch, Edgar...... ll: 3; 111 : 12, 13; IV: 20, 28; VI : 37 Beziehungen, deutsch-polnische Deutsche Publizistik als Faktor Liebert, Tobias ...... 1: 5 d.-p. B. 1919-1939 ...... VI : 11 Mühi-Benninghaus, Wolfgang ... 1: 2; VI : 10, 13, 15, 19 I Bibliothek(en) Münch, Thomas ...... 1: 6; VI : 32 Quellen zur deutschen Emigration 1933- 1945 in Archiven und B. der BRD ... VI : 26 Niessen, Stefan ...... IV: 16 British Broadcasting Gorparation Peters, Sigrid ...... IV: 4 BBG-Radio-Satiren 1940-1945 ...... VI : 18 Pfau, Hagen ...... IV: 7 Thomas Mann und die BBG ...... IV: 16 Pietrzynski, lngrid ...... ll : 1; IV: 19, 29; VI : 6, 21, 27 Buch B., Buchhandel und Rundfunk Ravenstein, Marianne ...... 111 : 7; IV: 22; V: 1 (1945- 1949) ...... IV: 21 s. a. Deutsche Bücherei Leipzig Inhalt des 20. Jahrgangs (1994) IX

Bundesrepublik Deutschland Westzonen Deutsche Selbst- und Fremdbilder Wiedervereinigung in den Medien von BRD und DDR ...... IV: 17 Quellen zur deutschen Emigration Deutschlandradio 1933 - 1945 in Archiven und Biblio- Ernst Elitz Intendant des D...... IV: 12 theken der BRD ...... VI : 26 Dokumentarismus s. a. Deutschland Fernseh-D ...... VI: 38 Recht Dreißiger Jahre Bundesverfassungsgericht Rundfunkforschung an der WDR-Gesetz und Landesrund­ Universität Leipzig 1924- 1945 ...... 1: 3 funkgesetz Nordrhein-Westfalen s. a. Drittes Reich vor dem BVG ...... VI: 25 Drittes Reich Demokratie Jürgen v. d. Wense. Poesie- Pressesprache zwischen Stalinis­ album 1933-1944 ...... VI : 36 mus und D. im Neuen Deutschland Moskau auf der Radioskala im D.R...... IV: 25 1946-1993 ...... VI: 19 s. a. Beziehungen, deutsch-polnische Deutsche Bücherei Dreißiger Jahre Kriegsverlust in der D.B ...... IV: 8 Emigration Nationalsozialismus Deutsche Demokratische Republik Vierziger Jahre DDR-Medien, 40 Jahre ...... VI: 29 Zweiter Weltkrieg DDR-Rock 1964 -1972 ...... VI : 27 DDR-Rundfunk und 70 Jahre Rund- Du funk in Leipzig ...... IV: 19 Radio als Schwerpunktthema Deutsche Selbst- und Fremdbilder in der Zeitschrift »du« ...... IV: 28 in den Medien von BRD und DDR ...... IV: 17 Eberswalde Hörspiel in der DDR ...... VI: 5, 6 Funkgeschichte oder Rundfunk- Kulturpolitik und Filmproduktion geschichte in E...... IV: 13 in der SBZ/DDR 1945 -1959 ...... VI: 15 Massenunterhaltung in der DDR Emigration seit den 70er Jahren ...... VI : 13 Deutsche E. 1933- 1945 ...... VI: 26 Meinungsforschung in der DDR...... VI: 21 Europa Promotionsstipendien des DRA Fernsehen in E...... VI : 37 für Arbeiten zur Runfunk- und Medien- Rundfunk und die E.-ldee der UER...... IV: 22 geschichte der DDR...... IV: 32 Quellen zur Rundfunkgeschichte Fernseh-Dokumentarismus ...... VI: 38 der DDR ...... II : 1 Fernsehen s. a. Neues Deutschland Europas F ...... VI : 37 Staatssicherheitsdienst Geschichte in Hörfunk und F ...... lll: 12 Deutsche Film AG Programmgeschichte des deutschen F ...... VI : 3 DEFA, Künstler und SED-Kultur- Fernsehsendereihe politik 1945-1959 ...... VI : 15 F. über die Geschichte des Rund- Deutsche Welle funks in Polen ...... IV: 9 Musik im deutschen Programm der DW .... VI : 32 Femsehspiel(e) Deutsches Rundfunkarchiv Jüdische Lebenswellen in Spiel- Promotionsstipendien zur Rund- filmen und F ...... VI: 24 funk- und Mediengeschichte der DDR ...... IV: 32 Film(e) Deutsches Rundfunkmuseum F. zur Geschichte der Juden Ausstellung des DRM zu 40 Jahre bis 1871 ...... VI: 24 DDR-Medien ...... VI : 29 Kulturpolitik und F.-Produktion in der SBZ/DDR 1945 - 1959 ...... VI : 15 Deutschland I Akten der britischen Militärregierung Frankfurt am Main in D. 1945- 1955 ...... VI: 2 Rundfunk in F. 1923-1926 ...... VI : 33 Amerikanischer Geheimdienstkrieg Fünfziger Jahre gegen D. im Zweiten Weltkrieg ...... VI : 14 Leichte Musik im Hörfunk der 50er J ...... ll: 3 s. a. Beziehungen, deutsch-polnische s. a. Militärregierung Bundesrepublik Deutschland Rundfunkausbildung Deutsche Demokratische Republik Drittes Reich FUnkausstellung Sowjetisch Besetzte Zone 70 Jahre F ...... IV: 27 Weimarer Republik X Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen

Funkgeschichte Kalter Krieg Denkmalschutz für Rundfunk- Prag 1968. Programmachen im geschichte oder F.? ...... IV: 13 Zeichen des K. K ...... 1: 1, 2 Geheimdienst Klassenkampf Amerikanischer G. im Zweiten Massenkommunikationsmittel im Weltkrieg ...... VI: 14 K. Stasi und die Medien ...... II: 2 Geschichte Kominternarchiv G. in Hörfunk und Fernsehen ...... lll: 12 Herbert Wehnerund Radio Moskau. Dokumente aus dem K...... IV: 3 Gesellschaft der Freunde der Geschichte des Funkwesens Kommunistische Partei Deutschlands Förderpreis Funkgeschichte KPD-Presse in den Westzonen der GFGF ...... IV: 33 1945- 1956 ...... VI : 16 Großbritannien Kulturpolitik s. British Broadcasting Corporation K. und Filmproduktion in der SBZ/ Militärregierung DDR 1945- 1959 ...... VI : 15 Militärrundfunk Landesrundfunkgesetz Hessen WDR-Gesetz und L. Nordrhein- Geschichte des Rundfunks in H ...... IV: 6 Westfalen ...... VI : 25 s. a. Frankfurt am Main Leichte Musik Hörer L. M. im Hörfunk der 50er Jahre ...... II : 3 Wir sollten nicht spielen, was der Leipzig H. will. Der Hörer will im Endeffekt Geschichte des Rundfunks in L...... IV: 7 das, was wir spielen. Leichte Musik Rundfunk in L., 70 Jahre ...... IV: 19 im Hörfunk der 50er Jahre ...... ll: 3 Rundfunkausbildung und s. a. Rundfunkteilnehmer -forschung in L. 1946- 1963 ...... 1: 5 Hörfunk s. a. Deutsche Bücherei Geschichte in H. und Fernsehen ...... 111 : 12 Leipzig Leichte Musik im H. der 50er Jahre ...... ll: 3 Universität Leipzig Hörfunkprogramme Massenkommunikationsmittel Musikgestaltung für massen- M. im Klassenkampf. Stasi und attraktive H ...... 1: 6 die Medien ...... II : 2 Hörspiel Massenmedien H. in der DDR ...... VI: 5, 6 Verbreitung von Meinungen durch M ...... VI : 20 Institut für Meinungsforschung Massenunterhaltung Geheime Berichte des l.f.M. an M. in der DDR seit den 70er Jahren ...... VI: 13 das SED-Politbüro ...... VI: 21 Medien Internationale Telekommunikations-Union ...... VI : 34 DDR-M., 40 Jahre ...... VI : 29 Deutsche Selbst- und Fremdbilder Internationale Vereinigung der in den M. von BRD und DDR ...... IV: 17 Fernseharchive Grundwissen M ...... VI : 10 Jahrestagung von IASA und Stasi und die M ...... II : 2 FIAT 1994 in Bernau ...... IV: 23, 30 Medienarchive Internationale Vereinigung der M. in West und Ost ...... 111: 3 Schallarchive s. a. Deutsches Rundfunkarchiv Jahrestagung von IASA und Tonarchiv FIAT 1994 in Bernau ...... IV: 23, 30 Referat auf der Herbsttagung Medienethik der lASA-Landesgruppe Deutsch­ Mediensysteme, M., Medieninstitutionen ... VI : 35 land I Deutschschweiz 1993 in I Mediengeschichte Frankfurt am Main ...... IV: 4 DDR-Medien. 40 Jahre ...... VI : 29 Journalismus Deutsche Selbst- und Fremdbilder Journalistik ...... VI : 35 in den Medien von BRD und DDR. Partei-J . im Neuen Deutschland Zeit- und medienhistorisches Projekt...... IV: 17 1946- 1993 ...... VI : 19 M. der DDR. Promotionsstipendien ...... IV: 32 s. a. Publizistik s. a. Rundfunkgeschichte Juden Medieninstitutionen Filme zur Geschichte der J. bis 1871 ...... VI : 24 Mediensysteme, Medienethik, M ...... VI : 35 Inhalt des 20. Jahrgangs (1994) XI

Medienkommunikation ...... Vl:.35 Pearl Harbour Medienmobilität P. H. bis Stalingrad. George Orweii-Kommentare zum Krieg ...... VI: 23 Medientransfer- M. Dinah Shore ...... IV: 18 Polen Medienprozeß ...... VI : 8 Rundfunkgeschichte in P ...... IV: 9 Medientransfer s. a. Beziehungen, deutsch-polnische M. - Medienmobilität Dinah Shore ...... IV: 18 Prag Mediensyste111e P. 1968. Programmachen im M., Medienethik, Zeichen des Kalten Krieges ...... 1: 1, 2 Medieninstitutionen ...... VI : 35 Presse Meinungsforschung KPD-P. in den Westzonen Verbreitung von Meinungen 1945- 1956 ...... VI: 16 durch Massenmedien ...... VI : 20 NS-P.-Anweisungen der M. in der DDR ...... 11: 21 Vorkriegszeit ...... VI : 4 P.-Sprache zwischen Stalinismus Militärregierung und Demokratie im Neuen Akten der britischen M. in Deutschland 1946- 1993 ...... VI : 19 Deutschland 1945- 1955 ...... VI: 2 s. a. Du s. a. Sowjetisch Besetzte Zone Westzonen Programmgeschichte P. des deutschen Fernsehens ...... VI : 3 Militärrundfunk Ende des britischen M. in Berlin ...... IV: 26 Propaganda Radio der Gegen-P. Radio Oranje Moskau im Widerstand gegen die deutsche M. auf der Radioskala im Besatzung (1940- 1945) ...... 1: 7 Dritten Reich ...... IV: 25 Subversion, P. und politische s. a. Radio Moskau Planungen des amerikanischen Museum für Verkehr und Technik Geheimdienstes im Zweiten Nachrichtentechnik im M.f.V.u.T...... IV: 5 Weltkrieg ...... VI : 14 Musik Publikum M. im deutschen Programm s. Rundfunkteilnehmer der Deutschen Welle ...... VI : 32 Publizistik s. a. Leichte Musik Deutsche P. als Faktor der Rock-Musik deutsch-polnischen Beziehungen Musikgestaltung 1919-1939 ...... VI: 11 M. für massenattraktive s. a. Journalismus Hörfunkprogramme ...... l: 6 Radio Nachrichtentechnik R. als Schwerpunktthema in N. im Museum für Verkehr der Zeitschrift »du« ...... IV: 28 und Technik ...... IV: 5 R. Broadcasting 1920- 1990 ...... VI : 7 s. a. Deutschlandradio Nationalsozialismus Rundfunkempfänger NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit ...... VI : 4 Radio Moskau s. a. Drittes Reich Herbert Wehner und R. M ...... IV: 2 s. a. Moskau Neues Deutschland Parteijournalismus im N.D. Radio Oranje 1946- 1993 ...... VI: 19 R. 0. im Widerstand gegen die deutsche Besatzung Niederlande (1940- 1945) ...... 1: 7 Radio Oranje im Widerstand gegen die deutsche Besatzung RecHt (1940- 1945) ...... 1: 7 Grenzüberschreitender Rundfunk im deutschen R ...... VI: 9 Nordrhein-Westfalen NRW-Landesgeschichte ...... VI : 22 Reichstag WDR-Gesetz und Landesrund- R.-Stimmungsbilder und Zeit- funkgesetz NRW ...... VI : 25 berichte im Weimarer Rundfunk ...... IV: 14 Partei Rock-Musik P.-Journalismus im Neuen DDR-R. 1964- 1972 ...... VI : 27 Deutschland 1946 - 1993 ...... VI: 19 XII Studienkreis Rundfunk und Geschichte: Mitteilungen

Rundfunk Schallplatten Buch, BuchhandelundR. Sch.-Rückblicke im Weimarer (1945- 1949) ...... 1V: 21 Rundfunk ...... IV: 1 DDR-R. und 70 Jahre R. in Leipzig ...... IV: 19 Sechziger Jahre Grenzüberschreitender R. im DDR-Rock 1964- 1972 ...... VI : 27 deutschen Recht...... VI: 9 s. a. Rundfunkausbildung R. und die Europaidee Siebziger Jahre der UER ...... IV: 22 DDR-Rock 1964- 1972 ...... VI: 27 R. in Frankfurt am Main Massenunterhaltung in der 1923- 1926 ...... VI : 33 DDR seit den 70er J ...... VI : 13 R. in Hessen ...... IV: 6 R. in Leipzig. 70 Jahre ...... IV: 19 Sowjetisch Besetzte Zone s. a. Militärrundfunk Kulturpolitik und Filmproduktion in der SBZ/DDR 1945- 1959 ...... VI : 15 Rundfunkausbildung R. und Rundfunkforschung Sozialistische Einheitspartei Deutschlands in Leipzig 1946-1963 ...... 1: 5 DEFA, Künstler und SED-Kultur- politik 1945-1959 ...... VI : 15 Rundfunkbezogene Hochschulschriften...... V: 1, 3, 5 Geheime Berichte des Instituts Rundfunkforschung für Meinungsforschung an das Rundfunkausbildung und R. SED-Politbüro ...... VI : 21 in Leipzig 1946 - 1963 ...... 1: 5 s. a. Neues Deutschland R. an der Universität Leipzig Spielfilme 1924- 1945 ...... 1: 3 Jüdische Lebensweiten in S. Rundfunkhistorische Forschung ...... 111 : 13 und Fernsehspielen ...... VI : 24 Rundfunkgeschichte Staatssicherheitsdienst Denkmalschutz für R. oder Stasi und die Medien ...... II : 2 Funkgeschichte? ...... IV: 13 Tonarchiv des Bundesbeauf- Quellen zur R. der DDR ...... I: 1 tragten für die Stasi-Unterlagen ...... IV: 4 Radio Broadcasting 1920 - 1990 ...... VI: 7 Rundfunk und die Europaidee Stalingrad der UER ...... IV: 22 Peari-Harbour bis S. George R. der DDR. Promotionsstipendien ...... IV: 32 Orweii-Kommentare zum Krieg ...... VI : 23 R. in Hessen ...... IV: 6 Stalinismus R. in Leipzig ...... IV: 7 Pressesprache zwischen S. R. in Polen ...... IV: 9 und Demokratie im Neuen s. a. Dreißiger Jahre Deutschland 1946- 1993 ...... VI : 19 Drittes Reich Fünfziger Jahre Studienkreis Rundfunk und Geschichte Mediengeschichte Allgemein Programmgeschichte - 25 Jahre StRuG ...... 111 : 11 Rundfunk Doktoranden-Kolloquium Rundfunkforschung Grünberg 22.0.-K. 1994 ...... 111 : 7, 9, 10 Sechziger Jahre Geist von Grünberg. Zur 24. Siebziger Jahre Jahrestagung 1993 in Leipzig ...... 111 : 5 Süddeutscher Rundfunk Fachgruppe Archive und Vierziger Jahre Dokumentation Weimarer Republik - Bericht von der Sitzung auf der Zwanziger Jahre 24. Jahrestagung 1993 in Leipzig ...... 111: 3 Zweiter Weltkrieg Jahrestagung 24.J. 1993 in Leipzig ...... 111 : 1, 2, 4, 5 Rundfunkkontrolle Referate auf der 24.J. 1993 R. durch Rundfunkteilnehmer? ...... VI : 28 in Leipzig ...... 1: 1, 2, 3, 5, 6; II : 1 Rundfunkökonomie ...... VI : 31 25JJ. 1994 in Mari/Westf...... 111 : 8 Mitglieder Rundfunktechnik M.-Verzeichnis ...... 111 : 14 s. Nachrichtentechnik Mitteilungen Rundfunkteilnehmer Zehnjahresregister (1985-1994) ...... 111 : 14 Rundfunkkontrolle durch R.? ...... VI : 28 s. a. Wilhelm-Treue-Stipendium Rundfunkurteil Süddeutscher Rundfunk Normenkontrollverfahren 70 Jahre SDR ...... IV: 20 zum sechsten R ...... VI : 25 Inhalt des 20. Jahrgangs (1994) XIII

Telekommunikation Peari-Harbour bis Stalingrad. s. Internationale Telekommuni­ George Orweii-Kommentare kations-Union zum Krieg ...... VI: 23 Tonarchiv Thomas Mann und die BBC im Z.W...... IV: 16 T. des Bundesbeauftragten für s. a. Nationalsozialismus die Stasi-Unterlagen ...... IV: 4 Widerstand Union der Europäischen Rundfunk­ organisationen Rundfunk und die Europa-Idee der UER ...... IV: 22 D. Personenregister Universität Leipzig Rundfunkforschung an der U.L. Elitz, Ernst ...... IV: 12 1924- 1945 ...... 1: 3 Goebbels, Joseph ...... VI: 12 Vierziger Jahre BBC-Radio-Satiren 1940 - 1945 ...... VI: 18 Hauser, Harald ...... IV: 29 Buch, Buchhandel und Rundfunk Joosten, Heinz ...... IV: 11 (1945- 1949) ...... IV: 21 s. a. Drittes Reich Kasack, Hermann ...... VI : 1, 17 Militärregierung Rundfunkforschung Kwiatkowski, Maciej J6zef...... IV: 10 Zweiter Weltkrieg Mann, Thomas ...... IV: 16 Weimarer Republik Orwell, George ...... VI: 23 Kurt Tucholskys Attacken gegen den Weimarer Rundfunk ...... IV: 24 Raschke, Martin ...... IV: 2, 15 Reichstags-Stimmungsbilder Schoen, Ernst...... I: 4 und Zeitberichte im Weimarer Rundfunk ...... IV: 14 Shore, Dinah ...... IV: 18 Schallplattenrückblicke im Tucholsky, Kurt ...... IV: 24 Weimarer Rundfunk ...... IV: 1 Wehner, Herbert ...... IV: 3 s. a. Beziehungen, deutsch-polnische Wense, Jürgen v.d ...... VI : 36 Westdeutscher Rundfunk WDR-Gesetz und Landesrund- funkgesetz Nordrhein-Westfalen ...... VI: 25 Westzonen KPD-Presse in den W. 1945- 1956 ...... VI: 16 Widerstand Radio Oranje im W. gegen die deutsche Besatzung (1940- 1945) ...... 1: 7 Wilhelm-Treue-Stipendium Ausschreibung· des W.-T.-S. für 1995 ...... 111 : 6 Zeitgeschichte Deutsche Selbst- und Fremdbilder in den Medien von BRD und DDR ...... IV: 17 Zeitschriftenlese ...... V: 2, 4, 6 Zwanziger Jahre Rundfunk in Frankfurt am Main 1923 -1926 ...... VI : 33 s. a. Universität Leipzig Weimarer Republik Zweiter Weltkrieg Amerikanischer Geheimdienst im Z. W...... VI : 14 Jürgen v.d.Wense. Poesiealbum 1933-1944 ...... VI : 36