Der 12. Februar 1934 in Urfahr Und Im Mühlviertel
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Der 12. Februar 1934 in Urfahr und im Mühlviertel 80 Jahre ist es am 12. Februar 2014 her, dass in Linz Weltgeschichte geschrieben wurde: Zum ersten Mal setzten sich Arbeiter mit Waffengewalt gegen die drohende Gefahr einer faschistischen Machtergreifung zur Wehr. Nationen mit mächtigeren Arbeiterparteien, wie in Deutschland oder Italien, hatten vorher die Vernichtung der Demokratie ohne Gegenwehr hinnehmen müssen. „Linz gab der demokratischen Welt das Zeichen, dass Faschismus und Diktatur keineswegs das unvermeidliche Schicksal bedeuteten, um aus der Weltwirtschafts- krise der zwanziger und dreißiger Jahre herauszukommen“ schreibt Josef Weidenholzer in dem Buch „Es wird nicht mehr verhandelt – Der 12. Februar 1934 in Oberösterreich“. Auch das Scheitern der sozialdemokratischen Februarkämpfer schmälert nicht deren historisches Verdienst, für Demokratie und Freiheit gekämpft zu haben. 1920 wurde die „christlichsoziale“ Heimwehr gegründet, obwohl schon das Berufs- Bundesheer christlich-sozial dominiert war. Die Sozialdemokraten riefen als Gegengewicht 1923/24 den Republikanischen Schutzbund ins Leben, der die republikanischen Einrichtungen der Demokratie, wie die Versammlungsfreiheit, schützen sollte. SA-Schlägertrupps traten bereits in Erscheinung. Alle Gruppierungen waren bewaffnet, auch der Schutzbund unterhielt geheime Waffenlager, nach denen die Heimwehr und die Exekutive nach dem Verbot des Schutzbundes durch Dollfuss (Ende Mai 1933) fieberhaft fahndete. Eine dieser Waffen- suchaktionen in der sozialdemokratischen Parteizentrale im Hotel Schiff an der Linzer Landstraße löste schließlich den Februaraufstand aus. Die Linzer Schutzbundführung mit Richard Bernaschek an der Spitze, provoziert durch die maß- losen Übergriffe der Heimwehr, war die für den Ausbruch der Kämpfe aus- schlaggebende Kraft. Die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse, die zur „Februarrevolte“ führten, und ihr Scheitern (nicht zuletzt durch das Ausbleiben des ausgerufenen Generalstreiks), sind in zahllosen Publikationen geschildert. Auch über die Kämpfe in Linz gibt es etliche Dokumentationen. Im Folgenden werden aber die Geschehnisse jener tragischen Tage im Stadtteil Urfahr und in den Gemeinden des Umlandes ins Licht gerückt. Dabei werden vor allem die akribische Dokumentation von Dr. Helmut Fiereder im „Jahrbuch der Stadt Linz 1978“, Dr. Peter Kammerstätters Materialsammlung (im O.Ö. Landesarchiv) und die damaligen Berichte aus den Tageszeitungen verwendet. Die Waffenverstecke in Urfahr Die Schutzbund-Einheiten in Urfahr versteckten ihre Waffen (Karabiner und Maschinengewehre) in den Schrebergärten in Steg, im Bootshaus des Rudervereins Donau beim Brückenkopf der Eisenbahnbrücke (nahe dem Gasthaus Lindbauer), in den Villen von Dr. Pollak (Leiter des Zahnambulatoriums der OÖ. Gebietskrankenkasse), Dr. Wellner und Hruschka (alle in der Knabenseminarstraße) und in der ESG-Remise beim Bergbahnhof Urfahr. Im Ernstfall konnte der Schutzbund in ganz Linz über rund 2200 Mann und eine Bewaffnung von rund 30 Maschinengewehren, 700 Karabinern und zahlreichen Faustfeuer- 1 waffen verfügen, jedoch über kein einziges Geschütz. In den Waffenarsenalen lagen zwar auch Handgranaten. in deren Gebrauch die Männer aber nicht aus -gebildet waren und die daher nicht eingesetzt wurden. Die „Roten“ waren von vornherein den zusammengeballten Kräften der Heimwehr, der Exekutive und des Bundesheeres, das Artillerie einsetzte, hoffnungslos unterlegen, wobei es ein Phänomen gab: Viele Schutzbündler berichteten später, sie hätten Hemmungen gehabt, auf Soldaten und Polizisten zu schießen. Sie wurden anders eingeschätzt als die Heimwehr, gewissermaßen neutral, wenn nicht sogar auf der „roten“ Seite stehend, was sich als verhängnisvoller Irrtum herausstellte. Kampf um die Eisenbahnbrücke Der Ring von Schutzbundstellungen rund um Linz schloss sich in Urfahr. Die Aufgabe des Urfahraner Schutzbundes war die Sicherung des Linzer Stadtzentrums gegen ein Eindringen der Mühlviertler Heimwehr. Gegebenenfalls sollte der Urfahraner Schutzbund über die Donau nach Süden vorgehen. Diesem Konzept entsprechend bezog er Stellungen, von denen aus er die Zufahrtsstraßen zu den Donaubrücken beherrschen konnte. Diese Stellungen befanden sich bei der Eisenbahnbrücke, beim Spatzenbauer und beim Petrinum. Nach Ausbruch der Kämpfe um das Hotel Schiff und Gefechten um das Parkbad erteilte um 10.15 Uhr das Kommando des 7. Alpenjägerregimentes einer Schützengruppe der 5. Kompanie den Befehl, den Südbrückenkopf der Eisenbahn- brücke (nahe der Tabakfabrik) zu besetzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Steger Schutzbund schon seine Stellung beim nördlichen Brückenkopf nahe dem Gasthaus Lindbauer bezogen. Es handelte sich um die 3. Kompanie/55. Abteilung unter dem Kommando von Anton Hager. Die Steger Schutzbündler hatten schon in der Nacht zum 12.Februar (es war der Faschingsmontag) auf Bernascheks Weisung ihre Waffen aus den Verstecken geholt. Dabei kam es zu einem Schusswechsel mit vier Gendarmen des Postens St. Magdalena (Kommandant Rev. Insp. Eduard Bayer), die sich aber bald zurückzogen. Barrikaden aus Benzinfässern Die Steger Kämpfer sperrten die Eisenbahnbrück durch Barrikaden aus leeren Benzinfässern, die sie aus einem nahen Lagerplatz holten. Dies beobachtete ein Polizeibeamter vom anderen Donauufer aus, er riet den anrückenden Soldaten, über die Brücke vorzudringen. Das taten sie auch, gerieten aber in heftiges MG-Abwehrfeuer des Schutzbundes. Dieser verstärkte um 13 Uhr seine Stellung, in- dem er ein weiteres MG einsetzte, das vom Petrinum abgezogen und im Bahn- wärterhaus an der Brücke postiert wurde. Auf der Brücke kam es zu einem tragischen Zwischenfall. Unter den Soldaten auf der Südseite befand sich auch Alois Buchinger: Er war Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und kurz vor dem 12. Februar zum Bundesheer eingezogen worden. Als der junge Mann versuchte, über die Brücke zu seinen Genosssen hinüberzurobben, wurde er von diesen erschossen. Sie hatten nur sei- ne Soldatenuniform gesehen, ihn selbst aber nicht erkannt. 2 Am frühen Nachmittag entsandte das Kommando des 7. Alpenjägerregimentes einen Minenwerferzug zur Eisenbahnbrücke, der die Schutzbund-Stellung in einem Obstgarten am nördlichen Donauufer beschoss. Von dort flaute bald das Feuer ab und erlosch schließlich ganz. Um 14.30 Uhr wurde die Bundesheer-Einheit durch einen Zug mit zwei MG verstärkt, die auf die Barrikade des Schutzbundes und das Bahnwärterhaus feuerten. Gegen 16 Uhr begann eine Gebirgshaubitze mit dem Beschuss der Schutzbund-Stellungen am nördlichen Donauufer. Etwas später ließen die Befehlshaber der Bundesheer-Einheiten ihre Toten und Verwundeten durch einen Rettungswagen bergen. Dieser wurde von den Schutzbündlern beschossen. Trotz des Einsatzes der Geschütze und der zahlenmäßigen Übermacht gelang es dem Bundesheer nicht, die Schutzbund-Kämpfer aus ihren Stellungen bei der Eisenbahnbrücke zu vertreiben. Diese wurden bis in die frühen Morgenstunden des 13. Februar (Faschingsdienstag) gehalten. Bevor sich die Männer zerstreuten, kam es zu einer heftigen Diskussion, da einige von ihnen an einen Verrat durch die Führer glaubten. Sie wollten die Bundesheer-Stellungen am anderen Donauufer stürmen und dann in die Stadt eindringen. An eine Kapitulation dach- te man nicht, weil sie noch über genug Munition verfügten und weil sie sich ge- gen Heer und Heimwehr in den Straßen der Stadt gute Chancen ausrechneten. Als aber bekannt wurde, dass Einheiten der Mühlviertler Heimwehr schon beim Schloss Auhof waren, zerstreuten sich die Männer. Die Straßenbahner beim Spatzenbauer im Einsatz Die 1. Schutzbundkompanie/55. Abteilung unter dem Kommando von Franz Schönbauer kam beim Spatzenbauer-Hof (später ein bekannter Heuriger) zum Einsatz. Diese Einheit sammelte sich in ihrer Dienststelle, dem ESG-Bergbahn- hof (die Kompanie war eine reine Straßenbahnereinheit, die am Morgen des 12. Februar die Arbeit niedergelegt hatte). Die Straßenbahner-Schutzbündler entnahmen ihre Waffen aus dem Lager in der ESG-Remise und marschierten zum Spatzenbauer, der etwa 50 m über dem Niveau der Straße nach Ottensheim liegt. Von diesem Punkt aus kann man mit wenigen Mann leicht den Zugang von Ot- tensheim nach Urfahr sperren. Allerdings liegt die Schlosskaserne am anderen Donauufer genau gegenüber dem Spatzenbauer, so dass die Schutzbundstellung im Bereich der Bundesheer-Waffen lag. Am Nachmittag wurden die Stellung mit Maschinengewehren beschossen. Die Schutzbündler erwiderten das Feuer aber nicht und gaben gegen Abend des 12.Februar auf, die Waffen ließen sie zurück. Geiselnahme beim Petrinum Die stärkste Stellung des Urfahraner Schutzbundes war am Diesenleithenweg, beim Petrinum. Hier war die 4.Kompanie/51.Abteilung eingesetzt, die der 55. Abteilung als Unterstützung zugeteilt war. Es handelte sich um 150 Mann, groß- teils Arbeitersportler. Der Kommandant, Franz Belik, verfügte über drei Maschinengewehre, von denen er allerdings, wie geschildert, gegen Mittag an die Kämpfer an der Eisenbahnbrücke eines abgeben musste. Um etwa 13 Uhr wollte eine Schipatrouille der 4. Kompanie des 7. Alpenjägerregimentes (elf Mann) von einer Übung in der Koglerau über den Pöstlingberg nach Urfahr gelangen. Der Kommandant der Kompanie erfuhr noch auf dem Pöstlingberg, dass der Schutzbund beim Petrinum Stellung 3 bezogen hatte. Trotzdem ließ er seine Gruppe zum Petrinum abfahren. Sie entging der Gefangennahme, weil sie sich ins Petrinum flüchtete. Einige Schutzbündler, die die Soldaten bis ins Gebäude verfolgten und in die Portierloge eindrangen, wurden nach heftigen