Eigensicherung Und Recht Sind Zwei Themen, Die in Der Polizeiwis- Senschaft Nur Selten Unmittelbar Miteinander Verknüpft Werden
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Im Jahre 2000 rückten acht tödliche Angriffe auf Polizeibeamte das Polizei + Forschung Thema Eigensicherung im Polizeidienst in dramatischer Weise in das Zentrum der Aufmerksamkeit von Polizei, Politik und Forschung. Eine Reihe von Maßnahmen wurde eingeleitet, um den Schutz und die Reaktionsmöglichkeiten von Polizeibeamten bei Angriffen zu verbes- sern. Als Ergänzung dieser Maßnahmen sowie anderer Forschungen wurde im BKA ein Projekt initiiert, um die rechtlichen Aspekte der Eigensicherung von Polizeibeamten zu untersuchen. Eigensicherung und Recht sind zwei Themen, die in der Polizeiwis- senschaft nur selten unmittelbar miteinander verknüpft werden. Vielmehr existieren sie als unterschiedliche Disziplinen nebeneinander. Dies gilt für die polizeiliche Ausbildung, in der das Eingriffsrecht durch den Rechtslehrer im theoretischen Unterricht, die Eigensicherung Thomas Mentzel hingegen im praktischen Training durch den Einsatztrainer vermittelt werden. Aber auch in der Gesetzes- und Vorschriftenlage, einschließlich Isabel Schmitt-Falckenberg der jeweiligen Fachliteratur, herrscht strikte Trennung. Gesetzeskom- mentare und Rechtsprechung auf der einen, „Leitfaden zur Eigen- sicherung“ und Praxiserfahrung auf der anderen Seite. Dies erstaunt, Kirsten Wischnewski da in der polizeilichen Praxis das eine vom anderen nicht zu trennen ist. Der Polizeibeamte muss daher nicht nur beides beherrschen, er muss es in der Eigensicherungssituation auch als Einheit anwenden. Eigensicherung und Recht Allein das zu bewältigen ist schon schwer genug. Das größere Problem besteht jedoch darin, dass die Frage, welche eigensichernde Handlung in einer bestimmten Situation rechtmäßig ist, nicht immer so eindeutig entschieden werden kann. Ungeklärte Auslegungsmöglichkeiten von Tatbestandsmerkmalen, sehr komplexe Gesetzesformulierungen, ein Mangel an höchstrichterlicher Rechtsprechung und aus polizeiprak- Eigensicherung tischer Sicht fehlende Eingriffsmöglichkeiten treffen auf Aus- und Fortbildungsdefizite und den psychologischen Faktor „Mensch“ im Polizeibeamten. Von ihm wird in einer Verteidigungssituation häufig verlangt, sich anders zu verhalten, als es ihm sein Instinkt vorgibt. All und Recht dies führt zu der Frage, ob die Rechtsgrundlagen der Eigensicherung den Anforderungen an Praktikabilität, Eindeutigkeit und Beherrsch- barkeit genügen. Diese Frage zu beantworten, ist Ziel des vorliegenden Bandes. Eine Befragung von Polizeivollzugsbeamten, Einsatztrainern und Rechts- lehrern zeigt Problemsituationen aber auch Lösungsmöglichkeiten im Bereich „Eigensicherung und Recht“. Mentzel/Schmitt-Falckenberg/Wischnewski www.luchterhand.de Luchterhand Eigensicherung und Recht Polizei + Forschung Bd. 19 herausgegeben vom Bundeskriminalamt (BKA) Kriminalistisches Institut Beirat: Prof. Dr. Hans-Jürgen Kerner Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen Wolfgang Sielaff Polizeipräsident von Hamburg Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Tiedemann Direktor des Instituts für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht der Universität Freiburg i. Br. Klaus Jürgen Timm Direktor des Hessischen Landeskriminalamts Thomas Mentzel Isabel Schmitt-Falckenberg Kirsten Wischnewski Eigensicherung und Recht Eine Untersuchung einschlägiger Rechtsgrundlagen der Eigensicherung unter Berücksichtigung der Situation in anderen europäischen Staaten Abschlussbericht über die wesentlichen Erhebungsergebnisse Luchterhand Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Redaktion: Heinrich Schielke Bundeskriminalamt Kriminalistisches Institut Alle Rechte vorbehalten © 2003 Wolters Kluwer Deutschland GmbH, München, Neuwied. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: arttec grafik simon & wagner, St. Goar Satz: Satz Offizin Hümmer, Waldbüttelbrunn Druck: Druckerei Wilhelm & Adam, Heusenstamm Printed in Germany, Januar 2003 Luchterhand – ein Imprint der Wolters Kluwer Deutschland GmbH ∞ Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem und chlorfreiem Papier C M Y CM MY CY CMY K Eigensicherung und Recht Schwarz C M Y CM MY CY CMY K Polizei + Forschung Bd. 19 herausgegeben vom Bundeskriminalamt (BKA) Kriminalistisches Institut Beirat: Prof. Dr. Hans-Jürgen Kerner Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen Wolfgang Sielaff Polizeipräsident von Hamburg Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Tiedemann Direktor des Instituts für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht der Universität Freiburg i. Br. Klaus Jürgen Timm Direktor des Hessischen Landeskriminalamts Schwarz C M Y CM MY CY CMY K Thomas Mentzel Isabel Schmitt-Falckenberg Kirsten Wischnewski Eigensicherung und Recht Eine Untersuchung einschlägiger Rechtsgrundlagen der Eigensicherung unter Berücksichtigung der Situation in anderen europäischen Staaten Abschlussbericht über die wesentlichen Erhebungsergebnisse Luchterhand Schwarz C M Y CM MY CY CMY K Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Redaktion: Heinrich Schielke Bundeskriminalamt Kriminalistisches Institut Alle Rechte vorbehalten © 2003 Wolters Kluwer Deutschland GmbH, München, Neuwied. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: arttec grafik simon & wagner, St. Goar Satz: Satz Offizin Hümmer, Waldbüttelbrunn Druck: Druckerei Wilhelm & Adam, Heusenstamm Printed in Germany, Januar 2003 Luchterhand – ein Imprint der Wolters Kluwer Deutschland GmbH ∞ Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem und chlorfreiem Papier Schwarz Vorwort Im Jahr 2000 rckten mehrere tdlich verlaufene Angriffe auf Polizeibeamte das Thema Eigensicherung im Polizeidienst in dramatischer Weise in das Zen- trum der Aufmerksamkeit von Polizei und Politik. Im Auftrag der Innenmi- nisterkonferenz richtete der Arbeitskreis II „Innere Sicherheit“ eine Projekt- gruppe „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte“ ein, die die Ursachen solcher gewaltsamen bergriffe, einschließlich der Mglichkeiten sie zu ver- hindern, untersuchen sollte. Unter anderem wurde das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) beauftragt, eine bundesweite Aus- wertung lebensbedrohlicher Angriffe auf Polizeibeamte durchzufhren. Zur thematischen Ergnzung dieses Forschungsvorhabens mit soziologisch/kri- minologischem Schwerpunkt, wurde durch das BKA ein eigenes Projekt durchgefhrt, um die rechtlichen Aspekte der Eigensicherung von Polizeibe- amten zu untersuchen. Betrachtet man die Zahl getteter Polizeibeamten in den letzten dreißig Jah- ren, zeigt sich, dass es sich bei den acht Opfern des Jahres 2000 zwar um einen der Spitzenwerte handelte, diese treten statistisch gesehen jedoch immer wie- der auf, ohne dabei einen kontinuierlichen Anstieg einzuleiten. Diese Feststel- lung vermag das Problem jedoch ebenso wenig zu relativieren, wie der Hin- weis auf „amerikanische Verhltnisse“, die fr das selbe Jahr immerhin 51 durch Angriffe gettete Polizeibeamte verzeichnen, was – gemessen an der je- weiligen Anzahl der Polizeibeamten – einem zwlffachen Risikopotenzial entspricht. Auch der Umstand, dass fr einen Polizeibeamten die Gefahr, im Dienst durch einen Angriff gettet zu werden, geringer ist als fr den deut- schen Normalbrger, kann nicht von Bedeutung sein. Der Staat, der das Ge- waltmonopol fr sich in Anspruch nimmt, setzt dieses mit seinen Polizeibe- amten durch. Dort wo der Brger bei einer Gefahr Schutz suchend zurckwei- chen kann, wird von den Polizeibeamten nicht nur verlangt, aktiv einzuschreiten, das Gesetz brdet ihnen dabei noch eine erhhte Gefahrtra- gungspflicht auf. Dem gegenber steht die Pflicht des Staates, das Erforderliche zu unterneh- men, um seinen Polizeibeamten den dafr notwendigen Schutz zu bieten. So- weit dies die Ausstattung mit passiver Schutzausrstung betrifft, werden wohl letztlich nur durch fiskalische Fakten Grenzen gesetzt. Problematischer wird es hingegen bei der polizeilichen Taktik: Welcher Aspekt steht im Vor- dergrund, wenn der Polizeibeamte dem Brger gegenbertritt? Das Leitbild der „Brgerpolizei“ oder die Eigensicherung? Damit sind im Kern auch die Polizeigesetze des Bundes und der Lnder be- troffen. Als Ermchtigungsgrundlagen polizeilichen Handelns verleihen sie der Polizei zwar ihre Befugnisse, gleichzeitig beschrnken sie jedoch Art und Weise polizeilichen Handelns. Sie legitimieren sich insoweit unmittelbar aus den Freiheitsrechten des Grundgesetzes und schtzen den Brger vor Eingriffen des Zwang ausbenden Staates. In diesem Spannungsfeld zwi- schen den Grundrechten der Brger auf der einen und den Handlungsmg- V lichkeiten und Schutzbedrfnissen der Polizeibeamten auf der anderen Seite, kann es in unserem Rechtsstaat keine grundlegenden Vernderungen geben. Mit dem vorliegenden