<<

Menschen inWilhelmsburg undaufderVeddel—handeltdiesesBuch. der Davon—undvomungebrochenenEigensinn derElbeentdeckten. Stromspaltungsgebiet im dieFlussinsel ansetzten. Unddieslangebevor GartenschauundBauausstellung waren siees,diemiteiner starkenBürgerbewegung undZukunftsideenzumSprung überdieElbe So verteidigen. Übergriffe gegen Eiland ihr und helfen selber selten nicht — heute wie damals — Elbinsulan die Verkehrsplanung, und Müllverbrennung Hafenerweiterung, ObFlut, Hansestadt. denKöpfenderMacherstolzen in wirklich nicht Flussinsel“ „Europasgrößte war gelegen, Freihafen-Zollzaun undhinterm vernachlässigt strukturell Hamburgs StadtteilWilhelmsburgzähltelangenichtzurinnerenStadt. GefühltweithinterHarburg, in derStadt Eine starkeInsel mitten mitten Stadtteilentwicklung als Motor der und aufderVeddel in Wilhelmsburg Bürger-Engagement er mussten sich mussten er

Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. [Hrsg.] Eine starke Insel mitten in der Stadt in derStadt Eine starkeInsel Herausgegeben von mitten mitten Wilhelmsburg e. V.Wilhelmsburg Zukunft Elbinsel Stadtteilentwicklung als Motor der und aufderVeddel in Wilhelmsburg Bürger-Engagement Eine starke Insel Bürger-Engagement mitten in Wilhelmsburg und auf der in der Stadt als Motor der Stadtteilentwicklung

Herausgegeben von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. Inhalt

Vorwort Impressum Herausgegeben von Was Bürger auf den Elbinseln bewegt. Wir helfen der öffentlichen Wahrnehmung auf die Sprünge Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V. Dirk Holm ...... 8 -Wilhelmsburg, 2012 I. Aus der Geschichte lernen www.zukunft-elbinsel.de 50 Jahre Bürger-Engagement als Motor der Stadtteilentwicklung in Wilhelmsburg [email protected] Manuel Humburg ...... 14 Gestaltung & Produktion: Nachhaltige Stadtentwicklung — aus der Erfahrung einer Bürgerinitiative in einem sozialen Brennpunkt Ania Groß Axel Trappe ...... 24 www.gross-im-netz.com Die Einrichtung des “Beirates für Stadtteilentwicklung” und der Konflikt um eine schöne Moschee in Erste Auflage: 1000 Bücher im September 2012 Wilhelmsburg Hildebrand Henatsch ...... 36 Die Zukunftskonferenz als Impulsgeber — was ist aus den damaligen Ideen geworden? Text- und Bildrechte liegen bei den jeweiligen Urheberinnen & Urhebern. Alle weiteren Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes Lisa Zahn ...... 44 darf in irgendeiner analogen oder digitalen Form ohne schriftliche Zur Entmythologisierung von Weissbuch und Zukunftskonferenz Wilhelmsburg Genehmigung des Herausgebers reproduziert, vervielfältigt oder bearbeitet werden. Manuel Humburg ...... 54 Irrtümer vorbehalten, eine Haftung des Herausgebers oder einzelner Wilhelmsburger Chronik 2002 — 2012 • 10 Jahre Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg Beteiligter (z. B. Urheber/Redaktion) für Schäden jeder Art ist Marianne Groß, Michael Rothschuh & Manuel Humburg ...... 64 ausgeschlossen. II. Ankommensgeschichten Nicht mit den Wölfen heulen — geradlinig, ehrlich und immer ein verschmitztes Lachen Ein Interview mit Hans-Werner Wojtkowiak ...... 84 Einheimische und Einwanderer: gemeinsam für ein lebenswertes Wilhelmsburg! Bayram Inan ...... 88 Meine Einwanderungsgeschichte — wie ich nach Wilhelmsburg kam und hier mein Zuhause fand Claudia Roszak ...... 92 Warum ich gern in Wilhelmsburg lebe — und nicht ganz woanders Barbara Kopf ...... 102 Die Motivation ist klar: Wir wollen auch in Zukunft in einem l(i)ebenswerten Stadtteil leben Nina-Sophie Herberholz & Michael Eicks ...... 103 Tapetenwechsel — mein Sprung über die , von nach Wilhelmsburg Astrid Kraekel ...... 104

Während der Karnevalsdemo 2007: Der Senat erschlägt die Elbinsel mit der geplanten „Hafenquerspange“. 5 III. Herausforderungen für bewegte Bürger Spreehafenfeste feiern: die feierliche Inbesitznahme eines Ortes für alle Liesel Amelingmeyer ...... 110 Wilhelmsburg in Zeiten von IBA und igs — Versuch einer Deutung Corinna Peters-Leimbach ...... 120 Hamburgischer Wandel im Fluss: Beispiel für die Transformation europäischer Städte? Astrid Christen ...... 126 Die Streichliste des Senates bedrohte die Existenz des Bürgerhauses 2010 ...... 138 IBA und igs — Verlust einer großen Hoffnung. Oder: die Geschichte einer Spaltung Jörg v. Prondzinski ...... 140 Vom Arbeitskreis betroffener Bürger zu zuversichtlichen Menschen im Arbeitskreis Georgswerder Arbeitskreis Georgswerder ...... 148 Die Veddel bewegt sich — wie man andere Wege des Engagements geht Klaus Lübke ...... 156 „Engagierte Wilhelmsburger“: über 30 kreative Aktionen unter dem Motto „Es ist 5 vor 12!“ Melanie Klein ...... 162 Wie die Wilhelmsburger Bewohnerinnen und Bewohner einmal die Hafenquerschlange besiegten Michael Rothschuh ...... 166 IV. Echo — Kritik — Ermutigung Was sagen Sie zum Thema: Bürger-Engagement als starker Motor der Stadtteilentwicklung? Verschiedene Autoren und Autorinnen ...... 184 V. Weiter in Bewegung „Von nix kommt nix“ — machen Sie mit im Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg Ruth Lenz ...... 194 Der Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg — unabhängig und kritisch Lutz Cassel ...... 200 Eine „soziale Deichwacht“: Die Wilhelmsburger Zivilgesellschaft ist kreativ und kritisch engagiert Die Restaurierung der Mühle Johanna (eine Mühle vom Typ Galerie- Tobias Schmidt, IRS Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung ...... 204 Holländer) war eines der sieben Projekte, die der Arbeitskreis Erklärung der Mitgliederversammlung Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg am 10. März 2012 Wilhelmsburg 1995 zur schnellen Umsetzung empfahl. Seitdem Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V...... 210 findet jährlich am Pfingstmontag das Mühlenfest statt. VI. Bildnachweis ...... 216 6 7 Vorwort

sondern stets gemeinsam – in Kooperation vor eine Unmenge offener Posten in der Was Bürger auf den Elbinseln mit anderen Bewohnern, Initiativen, Verei- Stadtteilentwicklung gibt. Ich erwähne hier Es beweist sich immerzu aufs nen, Institutionen und Firmen der Elbinseln nur beispielhaft die alten Forderungen nach bewegt. Wir Neue: Die Experten ihrer ureigensten – haben manches Wichtige erreicht und man- einem integrierten Entwicklungskonzept für helfen der Anliegen sind die Bürgerinnen und ches Schädliche verhindert. die Elbinseln, welches ein verkehrliches Ge- Bürger als Antriebskraft der samtkonzept einschließen muss. Sowie den Stadtentwicklung Die Vielfältigkeit der Ideen und Meinun- ebenfalls alten Gedanken, wichtige Flächen öffentlichen gen sowie der kraftvolle Einsatz ungewöhn- aus dem Hoheitsgebiet der Hafenbehörde lich vieler hier lebender und arbeitender (HPA) zu entlassen, damit dort eine positive Wahrnehmung auf die Sprünge Menschen für ihr Gemeinwesen – oft kombi- Entwicklung überhaupt erst möglich wird. X- Vorwort von Dirk Holm. niert mit erstaunlicher Einhelligkeit, wenn es fach höre ich die Frage, ob das viele Geld, um existenzielle Fragen geht: Das macht un- welches hier ausgegeben wird, im Sinne der sere Stärke aus! Dabei spielt es keine Rolle, Bevölkerung nicht anders besser angelegt ge- woher jemand stammt oder woher seine Vor- wesen wäre. Die Frage ist unerheblich. Sie Liebe Leserinnen und Leser! die wir in zig Menschenjahren konstanten fahren gekommen sein mögen. Im Zweifel kommt schlicht zu spät. Sie zeigt mir aber, Der Anlass dieser Veröffentlichung ist das bürgerschaftlichen Engagements gemacht ha- sind wir alle vor allem eines: Insulaner, denen dass sich viele darüber sorgen, wie es nach zehnjährige Bestehen des Vereins Zukunft ben. Doch Selbstbeweihräucherung erscheint dieser besondere Ort mit seinen besonderen 2013 weitergehen soll. Darauf müssen wir Elbinsel Wilhelmsburg und die Erfahrungen, uns unangebracht. Denn nicht wir allein, Menschen viel bedeutet! Antworten finden.

Die Veränderungen auf den Elbinseln und Dirk Holm die Auseinandersetzungen darum, haben in den vergangenen Jahren allen Bewohnern Bei Blohm & Voss ausgebildeter enorme Kreativität, Kraft und Anpassungs- Maschinenschlosser, Musiker, Dip- leistungen abverlangt. Sie tun es noch. lom Sozialpädagoge, Tontechniker, mit weiteren Talenten. Lebt mit Die Anstrengungen dürfen Wilhelmsburgern seit 1970, auf der auch nach dem Ende Elbinsel selbst seit 1990. Zunächst viele Jahre in der von igs und IBA Honigfabrik engagiert, fast seit seiner Gründung beim Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg. nicht nachlassen

Machen wir uns keine Illusionen. Die An- strengungen dürfen auch nach dem Ende der Es geht auch darum, das bisher Erreichte Großausstellungen igs und IBA nicht nachlas- zu sichern und weiter zu entwickeln. Zum Eingangsbereich der Honigfabrik nach dem Umbau sen. Ich befürchte, sie müssen sogar noch Beispiel die Bemühungen zur Verbesserung 20108 mit neuem Treppenhaus. wachsen! Vor allem deshalb, weil es nach wie von Bildung und Ausbildung unserer Kinder9 Vorwort

und Jugendlichen, Wilhelmsburg als Fahrrad- Ein abwechslungsreiches stadt, der Spreehafen, u. v. m. Die Existenz ei- Kaleidoskop von Bildern, niger igs/IBA-Projekte, die erhebliche Inves- Meinungen, Ereignissen, titionssummen verschlungen haben, scheint Eindrücken und Erfahrungen nach der Abwicklung ihrer Trägergesellschaf- ten in Frage zu stehen (die Bildungsoffensive In unserem teils schon masochistisch anmu- einschließlich mehrerer dazu gehöriger Bau- tenden Aktivitätsdrang ist es geradezu zwin- projekte, die Erhaltung und Pflege des soge- gend, von Zeit zu Zeit inne zu halten und ei- nannten „Park des 21. Jahrhunderts“). nen Blick zurück zu werfen. Und zwar auf die Vorgänge, die die Grundlage für den heutigen Was auch immer geschehen wird, es spielt Stand der Ereignisse bilden. Das Gedächtnis sich vor dem Hintergrund massiver Haus- der Menschen ist bekanntlich kurz. Wir wol- Oben links: Der alte Zollzaun am Spree- haltskürzungen ab. Und, in deren Folge, mit len also dem öffentlichen Gedächtnis ein we- hafen mit Schaumgummi-Fröschen bereits jetzt schmerzhaft spürbaren Ein- nig auf die Sprünge helfen. Dabei unterstützt von Ruth Lenz. schnitten in die sozialen „Angebote“ und „Net- uns die Zuarbeit einer Vielzahl von Begleitern Oben rechts: Wilhelmsburg von ze“, die überdurchschnittlich viele Insulaner und Autoren. Nicht in jedem Punkt vertreten oben — Ballon über der Insel. treffen. sie Positionen von Zukunft Elbinsel Wil- Rechts: Der Flakbunker Neuhöfer helmsburg. Einige sind Vereinsmitglieder, an- Straße vor Beginn der Umbaumaß- Last but not least, gibt es in anderen Tei- dere bringen den Blick von außen ein. Man- nahmen zum Energiebunker. Unten: Das alte Wasserwerk ist len Hamburgs offenbar eine Neid-Debatte, cher Aufsatz schildert gänzlich subjektive eingeweiht, das Restaurant am mit der wir uns auseinander setzen müssen. Erfahrungen. Die Mischung ist uns wichtig Wasser ist geöffnet. Ganz nach der Melodie: Ihr Elbinsulaner habt so! Auf diese Weise ergibt sich ein abwechs- mehr als genug Kohle eingestrichen! Jetzt lungsreiches Kaleidoskop von Meinungen, sind wir mal dran! „Ihr kriegt doch einen Ereignissen, Bildern, Eindrücken und Erfah- komplett neuen Stadtteil. Was wollt ihr denn rungen. Sie reichen zurück bis etwa zur noch?“ (Zitat einer öffentlichen Äußerung Sturmflut von 1962, deren Folgen den west- einer Hamburger Senatorin). Derartige Vor- lichen Teil der Elbinseln beinahe zu reinem stellungen zeugen von naiver Unkenntnis Hafengebiet werden ließen. (um nicht zu sagen Inkompetenz) bezüglich der Situation auf den Elbinseln im Allgemei- Diese Sammlung von Beiträgen erhebt nen, und sie zeugen von der Unkenntnis der nicht den Anspruch eines Geschichtsbuches. historischen Hintergründe für die heutige La- Stattdessen scheint mir, dass all die Vorgänge ge im Besonderen. und Auseinandersetzungen, die hier darge- stellt sind, einen vertiefenden Einblick in die 10 Befindlichkeiten vieler Elbinsulaner bietet.11 Vorwort

Ein Wunsch der Bewohner, der sich hoffentlich erfüllt: Die Masse der heute, für Außenstehende und oder Behördensesseln. Es sind die Bürgerin- Wilhelmsburg wird Modell-Stadtteil, in dem das Radfahren Neulinge oft unverständlich – ja „anmaßend“ nen und Bürger! Sie erweisen sich als An- sicherer, komfortabler und attraktiver gestaltet wird. – erscheinenden Forderungen, Aktionen und triebskraft der Stadtentwicklung. Weil sie Proteste, liegt in vorausgegangenen politi- sich nicht mit der passiven Rolle als Beobach- schen und wirtschaftlichen Nicht- und Fehl- ter bzw. als Objekte ihrer eigenen Lebenswelt entscheidungen Hamburger Stadtregierun- abfinden wollen! Einige von ihnen sind an gen begründet und dadurch verursachten diesem Buch beteiligt. kollektiven Erfahrungen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine Es beweist sich immerzu aufs Neue: Die interessante, erkenntnisreiche Zeit bei der Experten ihrer ureigensten Anliegen, sitzen Lektüre dieses Buches. ★ nicht in anonymen, kolonialen Planungsbüros

Danksagung, gleich hier & jetzt! Mein Dank gilt außerdem der Bezirksver- Bevor sie sammlung Hamburg-Mitte, die unser Projekt am Ende niemand mit einem unverzichtbaren Zuschuss unter- mehr zur Kenntnis nimmt stützt hat.

Allen Beteiligten danke ich für ihr herausra- Dank schließlich all jenen, die ihre Le- gendes Engagement bei diesem Projekt. Die bensenergie und ihr Geld für unser aller Ge- vorliegende Veröffentlichung ist ein weiterer meinwohl einsetzen. Alle Autoren und starker Beleg dafür, was kooperatives Han- Rechteinhaber haben ihre Aufsätze, Bilder, deln für das Gemeinwesen erreichen kann. Dokumente und Kommentare honorarfrei Weiter so und herzlichen Dank! zur Verfügung gestellt (mit Ausnahme des Hamburger Abendblattes)! Dirk Holm 12 13 I. Aus der Geschichte lernen

ermutigt: Menschen, die dieses Buch kaufen Viel hatte schließlich nicht gefehlt, dass 50 Jahre Bürger-Engagement und es auch zu Ende lesen. der gesamte Wilhelmsburger Westen der Ha- Rückblickend ist erstaunlich, dass sich die Wäre da nicht manchmal diese – wie soll ich fenerweiterung zum Opfer gefallen wäre und als Motor Bewohner mit ihren Protesten letztlich weit- sagen – diese „Siedlermentalität“. sich Container türmten bis an die Bahn - der Stadtteil- gehend durchgesetzt haben und vernünftige Ich meine nicht, dass sich jemand ängstlich nicht nur wie jetzt bis zum Veringkanal und Kompromisse erzielt werden konnten. umschaut, wenn ein Eingeborener in die Nä- an der Jaffestraße. entwicklung Man fragt sich: Warum nicht gleich so? he kommt. Ich meine z.B. die – an sich sehr sympathische – Gästeführerin der IBA, die Manuel Humburg uns bei einem Rundgang erklärt, dass hier auf in Wilhelmsburg den Elbinseln an sich nicht viel los war, bis, ja Wilhelmsburger seit 1975. Beruflich von Manuel Humburg. bis der Senat 2004 die IBA mit dem „Sprung zunächst im Krankenhaus Groß über die Elbe“ beauftragte. Sand, seit 1978 als Hausarzt in eige- Oder ich meine einen Teil der neu zugezoge- ner Praxis. Engagement für würdige nen modernen Jugend, die seit ihren Tagen in Arbeits- und Lebensbedingungen und ein gesundes Lebensumfeld in unserem von Indus- Eigentlich haben wir es doch so gewollt. Um hier zu wohnen und zu arbeiten, zu bud- der Schanze weiß, dass der gemeine Wil- trie und Verkehr, Zuwanderung und Arbeitslosigkeit Wir wollten doch die Veränderung. deln und zu bauen, zu künstlern oder zu helmsburger sich schon immer gegen Verän- geprägten Stadtteil. Motto: Trennendes überwinden Eigentlich freue ich mich, dass so viele neue kämpfen. derungen zur Wehr gesetzt hat. und gemeinsam Erfolge organisieren. Menschen die Elbinseln für sich entdecken. Wir haben sie doch zum Sprung über die Elbe Was ich also meine ist: Etwas Geschichte kann nicht schaden.

Hätte es nach der Flut 1962 hier Kein Reiherstiegviertel mehr mit Studen- Die Containergebirge stehen heute vom bis nicht die engagierten ten, Veringeck, Soulkitchen-Halle, Weltquartier zur Rehaklinik am Veringkanal und in der Jaffestraße. Einwohner gegeben, und Energiebunker. Statt einer „Neuen Wil- Hätte sich der Senat nach der Flut 1962 durchgesetzt, helmsburger Mitte“ mit BSU-Neubau, Kletter- wäre heute der gesamte Wilhelmsburger Westen bis gäbe es uns hier alle nicht halle, Hybridhaus und igs: das Rathaus als ein- zur Bahn ein einziges Containerlager. Das Beste hier vorweg: Hätte es nach der sames Mahnmal inmitten von Lagerhallen und Flut 1962 hier nicht die engagierten Wil- Containern - wie die Kirche in . helmsburgerinnen und Wilhelmsburger ge- geben, gäbe es uns hier alle nicht. Jedenfalls Es waren heimatverbundene und coura- nicht als Baugenossenschaftler im Open- gierte Bürgerinnen und Bürger, die nach der House oder am Schlöperstieg, nicht als Stu- Flut von 1962 Wilhelmsburg als Wohnort ge- dentin in der Gelben Flora, nicht als Planer, gen die Pläne des Hamburger Senats verteidig- Architektin, IBA-Mitarbeiter, Sprung-über- ten und schließlich 1977 ein Ende des Investi- die-Elbe-Politikerin oder Investor mit Enga- tions- und Entwicklungsstopps durchsetzen 14106 gement auf der Elbinsel. konnten. 15 24 I. Aus der Geschichte lernen

Auch bei den späteren großen Auseinan- der Schatzinsel mit ihren Goldküsten sei der 1975: Misthaufen vor dem Hamburger Freizeitgelände versprochen – als Kompen- dersetzungen ging und geht es im Kern um eigentliche Beginn der Geschichte der Rathaus und der Kompromiss bei der sation für die jahrelangen Belästigungen. Der die Existenz der Elbinsel als qualitätsvollem Elbinsel. Güterumgehungsbahn Nachweis von Dioxin im Sickerwasser – mit Ort zum Wohnen, Arbeiten und Leben: sei es 1975 kam ich nach Wilhelmsburg. Dass der beginnendem Übergang ins Grundwasser – bei der Verhinderung einer Güterbahn durch • Meine Perspektive an dieser Stelle (aus eige- Stadtteil wegen einer geplanten Gütertrasse traf Politik und Verwaltung völlig unvorberei- den Wilhelmsburger Osten, sei es bei der ner Anschauung allerdings erst seit 1975, seit durch den Osten der Elbinsel in Aufruhr war, tet – für die Anwohner war es ein Albtraum: Durchsetzung vernünftiger Lösungen für den ich hier lebe und arbeite) ist die engagierter war nicht zu übersehen. Ab dem Rangier- „Warum ist mein Kind so häufig krank?“, Müllberg in Georgswerder oder für die Müll- Bewohnerinnen und Bewohner, die sich in bahnhof Maschen sollte die Güterbahn mitten „Können wir den Salat aus unserem Garten verbrennungsanlage im Westen, sei es beim unterschiedlichen Formen immer wieder in durchs Naturschutzgebiet Heuckenlock die noch essen?“, „Sind wir krebsgefährdet?“ – . Kampf für eine Öffnung des Spreehafens ge- Initiativen, Aktionsgruppen, Vereinen und Süderelbe queren und dann über die Norder- Die Häuser fanden keine Käufer, wer konnte, gen eine drohende Hafenquerspange an die- Netzwerken zusammenschließen, um ihre In- elbe durch die Marschlande weiter nach Bill- haute ab. In den Behörden gab es Überlegun- ser Stelle im Norden oder aktuell die Verhin- teressen, ihre Würde und ihr Gemeinwesen werder geführt werden. Die Gemüsebauern gen zur Evakuierung der Elbinseln. derung weiterer Autobahnprojekte im Süden zu verteidigen oder mitzugestalten. in Moorwerder und den Marschlanden ver- Die zuständigen Senatoren Jörg Kuhbier und der Elbinsel und durch die Wilhelmsburger teidigten ihre Existenz und die Wilhelmsbur- Wolfgang Curilla folgten zügig einer Einla- Mitte in Gestalt einer verlegten Wilhelmsbur- Die Bilanz aus dieser Perspektive ist ei- ger insgesamt ihr Erholungsgebiet und die dung der vereinigten Bürgerinitiativen, um ger Reichsstraße. gentlich eine kleine Sensation: In allen grüne Lunge im Osten. die aufgebrachte Bevölkerung zu beruhigen. wichtigen Fragen haben sich die Bewohner Die vereinigten Bürgerinitiativen – sie waren Mich beeindruckten die große Zahl engagier- Es gibt mehrere Möglichkeiten, die mit ihren Vorschlägen letztlich weitgehend mehrfach auf die Straße gegangen und luden ter Bürger und ihre Entschlossenheit, für Wilhelmsburger Geschichte zu schreiben: durchgesetzt, wurden ihre Bedenken berück- ihren Mist vorm Hamburger Rathaus ab - sich, ihre Kinder und ihren Wohnort zu • Aus der Perspektive vom „Sprung über die sichtigt oder konnten vernünftige Kompro- schlugen als Alternative ein zusätzliches Gü- kämpfen. Ratlos wie alle, hatten Kuhbier und Elbe“, mit dem sich Hamburg seit dem 19. misse erzielt werden. tergleis auf dem vorhandenen Bahnkörper Curilla zu dem Zeitpunkt allerdings noch Jahrhundert den Raum südlich der Norder- Rückblickend fragt man sich: Warum nicht vor. Beide Seiten mussten dabei Kröten nicht viel im Gepäck. Mein Vorschlag, als So- elbe Schritt für Schritt für seine ökonomi- gleich so? Warum muss Bürger-Engagement schlucken: Wilhelmsburg mehr Lärm in sei- fortmaßnahme zur Sicherung der verseuch- schen Interessen einverleibte. sich immer erst in Protest, Widerstand und ner Mitte (allerdings wurde dafür der Wil- ten Deponie - bis dato hatten dort noch Kin- zivilem Ungehorsam artikulieren? helmsburger Rangierbahnhof aufgegeben) der gespielt – einen effektiven Zaun zu • Aus der Perspektive der Hafen-und Werft- Wie viel Einsatz – oft über Jahre – an Zeit, und die Bahn Mehrkosten durch Überwer- ziehen, wurde hilflos zurückgewiesen: „Was arbeiter, die in der Folge hier siedelten, ih- Energie oder Geld hätte auf allen Seiten ein- fungsbauwerke etc. glauben Sie, was das kostet?“. rer Einwanderungsgeschichte, sozialen Lage gespart werden können, wenn man sich Wenig später spielte Geld keine Rolle mehr: und sozialen Kämpfe bis hin zur HDW- rechtzeitig zusammengesetzt hätte? 1984: Dioxin am Müllberg – Bürger setzen Der Dioxinberg in Hamburg wurde bundesweit Werftbesetzung 1980, der folgenden Struk- Zum Standard scheint dabei zu gehören, den ein internationales Symposium durch zum Skandal, die Wilhelmsburger Ärzteschaft turkrise und der Entwicklung Wilhelms- Widerstand zunächst als lokales Partikularinte- Noch bei der Bürgerschaftswahl 1982 hatte wurde aktiv und nahm öffentlich gegen die Ba- burgs als Armutsinsel. resse zu denunzieren. Am Ende setzt sich eine die Hamburger SPD unter Klaus von Dohna- gatellisierungen der angeblichen Hamburger für alle bessere und zukunftsfähigere Lösung nyi den Wilhelmsburgern auf dem Hügel der Dioxinexperten auf dem Lehrstuhl für Arbeits- • Aus der Perspektive der IBA, die nicht selten durch und gibt es anscheinend nur Gewinner. mittlerweile geschlossenen Hamburger De- medizin Stellung. Schließlich akzeptierte Bür- 16den Eindruck vermittelt, ihre Entdeckung Ein Sieg fürs Gemeinwohl der ganzen Stadt. ponie für Industrieabfälle ein einzigartiges germeister von Dohnanyi bei einer weiteren17 I. Aus der Geschichte lernen

nungsanlage werden sollte, konnte auch Um- 2010: Zehn Jahre Spreehafenfest – Öff- weltsenator Fritz Vahrenholt den empörten nung des Zollzaunes Wilhelmsburgern auf einer Einwohner- Nach der Zukunftskonferenz haben wir den versammlung im großen Saal des Bürger- Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg ge- hauses nicht schmackhaft machen. Sie über- gründet. Wir wollten die Initiative nicht aus reichten ihm einen Katalog mit den 12 drin- der Hand geben und zeigen, dass man mit gendsten Forderungen für eine positive Stadt- bürgerschaftlichem Engagement Erfolge or- teilentwicklung und beschlossen Kampfmaß- ganisieren kann. nahmen. Nach mehreren Montagsdemon- Zehn Jahre lang organisierte unser Verein ein strationen u.a. mit der gleichzeitigen Blocka- Sommerfest hinterm Zollzaun im Spreehafen. de aller sieben großen Brücken, einschließlich Freier Zugang zum Wasser! Diese Forderung Köhlbrandbrücke und aller Autobahnbrücken, erfasste den ganzen Stadtteil. 2010 schließ- lenkte der Senat schließlich ein. lich wurden feierlich zwei Tore geöffnet; zum 1. Januar 2013 soll der Eiserne Vorhang kom- 2001/02: Zukunftskonferenz Wilhelms- plett fallen. burg – neues Leitbild und ein integrier- Dass wir ganz nebenbei ein jahrzehntelanges tes Entwicklungskonzept für die Elbinseln Dogma der Hamburger Stadt- und Verkehrs- Auch die Zukunftskonferenz war kein Angebot planung gekippt hatten, wird dabei leicht ver- des Senats sondern musste diesem in einem gessen: Die bereits linienbestimmte Nord- komplizierten Prozess abgerungen werden. trasse der sogenannten Hafenquerspange Die Besonderheit war, dass über mehrere Mo- sollte – quer zum „Sprung über die Elbe“ – nate die Bürgergruppen die Regie übernommen den Spreehafen überspannen. Noch 2007 hatten und alle Fachbehörden zur konstanten forderte selbst der Hamburger Oberbau- Teilnahme an den Beratungen verpflichtet wa- direktor eine „schnelle Realisierung der Ha- ren. Alle Seiten haben dabei wertvolle Erfah- fenquerspange“ und schwärmte, dass sie in Gegen Voscheraus „das Boot ist voll“ entwickelte sich ein internationaler Protest. Bericht Hamburger Abendblatt 17.2.94. rungen gesammelt und aus dem „Weissbuch“ genau dieser Lage „als Ingenieurskunst und wird noch heute gerne zitiert. ästhetische Bereicherung der Stadtlandschaft großen Bürgerversammlung am 17. Januar ges Sanierungskonzept für den Müllberg Ohne Zukunftskonferenz keine IBA und etliche wahrgenommen werden“ soll. (Räumliches 1984 sämtliche Vorschläge der Bürgerinitiati- konnte entwickelt werden. Heute vermarktet Forderungen der ZuKo konnten mittlerweile Leitbild, S. 141) ven: Es gab medizinische Beratungen für be- die IBA den Müllberg als „Energieberg“. durchgesetzt werden – ohne Frage. sorgte Anwohner und auf einem Dioxin Sym- Solange aber ohne Skrupel hier weiterhin Stadt- Lesen Sie weiter auf Seite 22/23 posium setzten internationale Experten die 1994: Meuterei gegen geplante Müll- autobahnen mitten durch Wohngebiete geplant Standards: Die Firma Boehringer in verbrennungsanlage werden können, und munter Container gesta- Katalog mit den 12 dringendsten Forderungen wurde geschlossen – hier waren die meisten Dass nach dieser Vorgeschichte ausgerechnet pelt werden dürfen, ist es bis zu dem geforder- 1994 (siehe nächste Doppelseite) Dioxinabfälle18 entstanden – und ein nachhalti- Wilhelmsburg Standort einer Müllverbren- ten Paradigmenwechsel noch ein weiter Weg. 19 I. Aus der Geschichte lernen

... überreicht vom „Zusammenschluss Wilhelmsburger Initiativen und Vereine“ am 16. Februar 1994 an Senator Fritz Vahrenholt auf 20der Einwohnerversammlung im Bürgerhaus Wilhelmsburg 21 I. Aus der Geschichte lernen

2012: Das „Bürgerkonzept Reichsstraße Einige Schlussfolgerungen 2013“ geht bereits in Bau aus der Sicht Angetreten für Lösungen der Stadt im 21. unserer Erfahrungen Jahrhundert, erweist sich leider auch die IBA- in den letzten 50 Jahren Hamburg verkehrspolitisch nicht als Teil der Lösung, sondern als Teil des Problems. Im Für die Debatte um Bürger-Engagement eingeengten Fokus auf die Wilhelmsburger und Konfliktlösung in der Zivilgesellschaft Mitte und in Ermangelung einer Gesamtstra- steuere ich aus der Sicht unserer Erfahrun- tegie für die Elbinseln will die IBA die Wil- gen in Wilhelmsburg einige Schlussfolgerun- helmsburger Reichsstraße für die „Bauaus- gen bei: stellung in der Bauausstellung“ koste es was • Auch das NEIN, der Protest, der Widerstand es wolle aus dem Weg räumen und ist dafür ist kreativ und produktiv. bereit, sogar eine Stadtautobahn in Kauf zu • Lokale Betroffenheit und Verantwortung für nehmen. Auch dass diese eine Anschlussfä- das Gemeinwesen ergänzen sich. higkeit für eine Hafenquerspange besitzt, die • Unabhängige Bürgerorganisationen bün- jetzt im Süden der Elbinsel droht, hält die IBA deln Kraft und Kompetenz und sichern Kon- nicht davon ab. tinuität. Sie sind die Nichtregierungsorgani- Mittlerweile erweist sich der Terminplan mit sationen (NGOs) auf kommunaler Ebene. einer Bauzeit von vier Jahren als völlig illu- • Rechtzeitiges Zusammensetzen erspart sorisch. Dagegen ist das „Bürgerkonzept manche Auseinandersetzung. Reichsstraße 2013“ bereits im Bau: Es sieht • Politik, Verwaltung und Bürgerorganisatio- eine Domestizierung der Reichsstraße durch nen sind gleichwertige Partner bei der Su- Tempo 50, LKW-Lenkung, lärmmindernde che nach der besten gemeinsamen Lösung Maßnahmen und eine barrierefreie Brücke • Konflikte erfordern Dialog und Verhandlun- vor und macht damit Ausbau und Verlegung gen - da wo entschieden wird und bevor überflüssig. entschieden wird. Wenn sich jetzt noch der Hamburger Senat • Partizipation ist mehr als Information und von dieser, von seiner Vorgängerregierung das Gegenteil von Akzeptanzbeschaffung. ★ geerbten, überflüssigen Autobahnplanung durch die Wilhelmsburger Mitte endgültig verabschiedet, hätte sich auch an dieser Stelle ein vernünftiger und für alle Seiten tragbarer Kompromiss zwischen den Verantwortlichen und den engagierten Bürgern durchgesetzt. 22 23 I. Aus der Geschichte lernen

hier nicht im formal-definitorischen Sinn zu nannte „Landgemeinde“ wurde es – nach be- Nachhaltige Stadtentwicklung verstehen. Der Stadtteil Wilhelmsburg ist reits früher vollzogener Eingemeindung nach Referat auf einer Tagung des kein seitens der Freien und Hansestadt Ham- – während der NS-Zeit im Rahmen — aus der Club of Rome zum Thema burg formell zum „sozialen Brennpunkt“ de- des „Groß-Hamburg-Gesetzes“ ein Stadtteil „Nachhaltige Stadtentwicklung – klariertes Gebiet, aber in erheblicher Form der Freien und Hansestadt Hamburg. Erfahrung einer Konzepte und Projekte“, sozial belastet. 1997 im Haus , Hamburg Axel Trappe Bürgerinitiative Zu meiner Person und Rolle: Ich bin Sozi- alarbeiter und seit fast neun Jahren Leiter Jahrgang 1944, kam erst 1987 nach in einem sozialen Brennpunkt des Bürgerhauses Wilhelmsburg, eines recht Hamburg und übernahm die Leitung von Axel Trappe. großen Veranstaltungs- und Kommunikati- des Bürgerhauses Wilhelmsburg. 18 onszentrums. In dieser Funktion hat sich un- Jahre — bis zu seinem Renteneintritt ser Haus auch zu einem der Kumulations- — füllte er diese Aufgabe aus und war darüber hinaus in vielen Zusammenhängen im punkte dessen entwickelt, über das ich hier Stadtteil aktiv. 1994 gründete er mit anderen zusam- Der Erfahrungshintergrund dieses Berichts einer Bürgerinitiative entwickelt hat; es geht berichten will. Die Tatsache, dass ich nicht in men den Wilhelmsburger InselRundblick und gehört dort ist das, was sich in den letzten Jahren im dabei also mehr um Stadtteil- als um Stadt- Wilhelmsburg wohne, reduziert etwas die immer noch zur Redaktionsgruppe. Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, den ich entwicklung. Noch eine Klarstellung ist erfor- persönliche Betroffenheit bezüglich der Ge- noch konkreter vorstellen werde, im Rahmen derlich: Der Begriff „sozialer Brennpunkt“ ist gebenheiten dort, verschafft aber auf der an- deren Seite eine mitunter eher hilfreiche, be- obachtende Distanz. Im übrigen hat allerdings Die Insellage, die frühere Selbständigkeit meine berufliche Betroffenheit zu einem und die eher aufgezwungene Vereinnahmung starken, auch privaten Engagement im Rah- durch die „großen Nachbarn“ hat die starke men der Geschehnisse geführt. Identifikation der Wilhelmsburger und Wil- helmsburgerinnen – der „Insulaner“, wie sie „die da oben“ im Rathaus sich oft nennen – mit ihrer Insel geprägt. machen sowieso immer das, was sie wollen Ein die weitere Entwicklung erheblich beeinflussendes Ereignis war die katastro- Als Einführung nun eine kurze Beschreibung phale Sturmflut in der Nacht vom 16. auf des Stadtteils Wilhelmsburg und seiner Ent- den 17. Februar 1962. Durch mehrere Deich- wicklung, die erforderlich ist, um die Prozesse, brüche wurde ganz Wilhelmsburg mehrere die zur Zeit dort ablaufen, zu verstehen. Wil- Meter hoch überflutet. Über 200 Menschen helmsburg ist die von Norder- und Süder- kamen allein hier ums Leben, tausende wur- Das Denkmal an der Kirchdorfer Straße erinnert an die Eindeichung der Elbinseln und elbe umflossene Insel zwischen Hamburg und den obdachlos bzw. an Hab und Gut geschä- 24die106 verheerende Flut von 1962, die für Wilhelmsburg einschneidende Folgen hatte. Harburg. Als einst größte preußische soge- digt. Nach dieser verheerenden Flut wurde25 24 I. Aus der Geschichte lernen

seitens Senat und Bürgerschaft zunächst er- burg. Die Bevölkerungsstruktur der heute ca. nen Schwerlastverkehr tagtäglich durch auch übertragenen Sinn – ansehen, ihn ande- wogen, den alten, urban geprägten westli- 50.000 Einwohner Wilhelmsburgs erfuhr Wilhelmsburger Straßen. rerseits sehr lieben, aber wiederum meinten chen Teil Wilhelmsburgs, das Reiherstieg- damit eine äußerst starke Beeinflussung. Sie • Die gesamte Nord-Süd-Verkehrsführung – und viele meinen dies noch! –, daran könne viertel am Hafen, nicht mehr als Wohn- stellt sich jetzt – ganz grob strukturiert – in von Hamburg-City und Schleswig-Holstein, man nichts ändern, weil „die da oben“ sowie- gebiet, sondern nur mehr für Hafenerweite- etwa so dar: inzwischen auch aus Mecklenburg, führt so tun, was sie wollen, usw. rung und Industrie zu nutzen. Die Folge: 1. eine traditionell geprägte, alt-eingesessene über Wilhelmsburger Gebiet oder in unmit- Über Jahre wurde weder bezüglich der „Stammbevölkerung“, relativ überaltert, vor telbarer Nähe daran vorbei: Süd-Trasse der Montagsdemos: Wochenlang durch das Hochwasser maroden Bausubs- allem in den zum Teil noch ländlich oder Bahn, die Autobahnen A 1 und A 7, die Bun- trafen sich bis tanz und im Wohnungsbestand, noch bei der vorstädtisch geprägten Gebieten; desstraße 4/75 (die Wilhelmsburger Reichs- zu 1000 Leute, verkehrlichen und sozialen Infrastruktur auf 2. ein sehr hoher Anteil von Menschen mit straße) und der Hafenverkehr über die Köhl- um für ihren Stadtteil zu kämpfen die dort noch wohnende, größtenteils selbst- finanziellen – u.a. durch Arbeitslosigkeit – brandbrücke. bewusst ausharrende Bevölkerung Rücksicht und anderen sozialen Problemen, vor- • Eine oder sogar die größte deutsche Gift- In genau diese Denkweise hinein platzte An- genommen. Wohnungsknappheit und wohl nehmlich in den Ballungsquartieren wie mülldeponie – der „Dioxinberg“ in Georgs- fang 1994 die Planung der Umweltbehörde, auch zeitweise Rezession im Hafengeschäft Kirchdorf-Süd; werder – gehört ebenfalls zu Wilhelmsburg. auf Wilhelmsburger Gebiet, im Bereich des revidierten zwar bald die Überlegungen, 3. eine proportional sehr hohe Zahl von Im- nicht mehr existierenden Ortsteils Neuhof, aber ein entsprechender Nachholbedarf migranten, zum Teil bereits bis zur dritten An dieser Stelle muss ich aber einflech- eine Müllverbrennungsanlage zu bauen. Als wirkt bis heute in diesem Gebiet nach, wenn Generation hier ansässig – von denen viele ten, dass Wilhelmsburg andererseits ein dies bekannt wurde, begann einzig und allein auch seit den 80er Jahren umfangreiche Sa- ebenfalls der zuvor genannten Gruppe Stadtteil Hamburgs ist, der – wie wohl selten aus dem Stadtteil heraus ein Protest, den vor- nierungsmaßnahmen und infrastrukturelle angehören. in Metropolen – relativ citynah beachtliche her niemand für möglich gehalten hatte und Investitionen einsetzten. Das 1985 eröffnete Naherholungsmöglichkeiten bietet und ein- der – denke ich – in seiner Breite und in sei- Bürgerhaus war ein Projekt in diesem Zu dem Konfliktpotential zwischen diesen fach auch schön ist. So gibt es bereits an der ner Form bundesweit seinesgleichen sucht. Zusammenhang. Schichtungen braucht sicherlich nicht viel er- dritten S-Bahn-Station vom Hauptbahnhof Spontan fanden sich Gruppierungen zusam- klärt zu werden. aus die Möglichkeit, innerhalb von 10 Minu- men, die vorher in völlig anderer Aufgaben- In viele der Wohnungen zogen in den ten zu Fuß oder mit dem Rad durch Felder stellung relativ nebeneinander existierten, 60er Jahren – als „vorübergehend“ angedacht Die Wilhelmsburger sehen und Weiden zu laufen, auf denen Pferde der um Protestveranstaltungen zu organisieren. – Gastarbeiter ein; daraus hat sich im Reiher- ihren Wilhelmsburger Traberzucht grasen, oder ein Wochenlang wurden „Montagsaktionen“ stiegviertel die überproportional hohe Kon- Stadtteil als Naturschutzgebiet mit einmaliger Flussvege- durchgeführt: Sperrung der Köhlbrandbrü- zentration von Einwohnern nichtdeutscher, „Müllabladeplatz“ Hamburgs tation und -fauna zu besuchen. cke, Demonstrationszug vor die Umweltbe- vor allem türkischer Herkunft entwickelt – hörde; Sperrung aller Brücken, die von und quartiersweise bis zu 50 oder 60 Prozent. Weitere Problemfelder Wilhelmsburgs, um Ich hoffe, mit dieser Vorstellung unseres nach Wilhelmsburg führen, Blockade der Wil- Gleichzeitig oder wenig später entstanden die man zum Verständnis der Abläufe dort Stadtteils einigermaßen die Basis dafür gelie- helmsburger Reichsstraße; annähernd 1.000 Großwohnsiedlungen – überwiegend im wissen muss, sind: fert zu haben, zu verstehen weshalb Wil- Menschen Publikum bei einer Ortsausschuss- sozialen Wohnungsbau – im Bereich um den • Hafenrandindustrie und Petrochemie verur- helmsburger Einwohnerinnen und Einwohner sitzung, in der Umweltsenator Dr. Vahrenholt S-Bahnhof und vor allem die „Betonburg“ sachen eine erhebliche Immissions- und vielfach ihren Stadtteil als den „Müllablade- die Planungen für die Müllverbrennungsan- Kirchdorf-Süd26 im Süd-Osten von Wilhelms- Verkehrsbelastung, z.B. mit tausenden Ton- platz“ Hamburgs – im konkreten und leider lage vorstellte. 27 I. Aus der Geschichte lernen

Menschen und Gruppen unterschiedlichs- Diese Phase des Bürgerprotestes in den sondern er ging von vorneherein zusammen und zur Umbenennung in „FORUM Wilhelms- ter Couleur fanden sich gemeinsam auf der ersten Monaten des Jahres 1994 endete in zwei mit einer sachlich-fachlichen Argumentation burg“. Es wurde eine Struktur vorüberlegt Straße und in Sälen wieder: alle Fraktionen konkreten Ergebnissen und Erlebnissen: gegen die Technologie der Müllverbrennung und entwickelt, die am 1.9.1994 bei einer ers- des Ortsausschusses und türkische Jugendli- 1. Der Senat revidierte seine Entscheidung für vor, nach dem Motto „Müllvermeidung statt ten „Einwohnerversammlung“ – mit ca. 250 che, Bauern aus Moorwerder und Sozialar- den Standort Neuhof für die neue Müllver- Müllverbrennung“, unterstützt von verschie- Besuchern – diskutiert und letztlich festge- beiterInnen aus verschiedensten Einrichtun- brennungsanlage, bzw. wie sie jetzt ge- denen Umweltschutzorganisationen. legt wurde: gen, Siedlervereine und die kleine alternative nannt wurde: Müllverwertungsanlage. Jetzt • Einwohnerversammlung als Plenum der Szene von Wilhelmsburg. Selbst bei Geneh- soll die „MVA“ wenige Kilometer westlich Der zweite eben genannte Punkt – die Bürgerinitiative, migungsbehörden und Polizei ist wohl selten – jenseits des Elbarmes Köhlbrand und der Tatsache, dass Wilhelmsburg plötzlich in aller • Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen eine derart unkomplizierte Haltung, die man gleichnamigen Hochbrücke – am Rugenber- Munde und Ohren war – verstärkte bei der als kontinuierliche oder befristete Arbeits- fast schon Unterstützung nennen könnte, bei ger Damm entstehen. Bürgerbewegung und auch bei den Verant- ebenen Aktionen dieser Art erlebt worden. 2. Die Öffentlichkeit, die Medien und die Ent- wortlichen in Politik und Ortsverwaltung das • eine Koordinationsgruppe als bündelnde scheidungsträger aller Ebenen waren in Bewusstsein: Wenn wir mehr für unseren Instanz, insbesondere zur Vorbereitung und Es geht den Bürgerinnen und einem Maß auf Wilhelmsburg, die Protest- Stadtteil erreichen wollen, dann jetzt! Planung von Aktionen sowie der Einwoh- Bürgern nicht bewegung und die dort artikulierten Prob- nerversammlungen. Diese Gruppe aus 12 mehr nur leme aufmerksam geworden, wie vermut- Das Problem war, die Personen wurde bei der nächsten Einwoh- um die Müllverbrennungsanlage lich seit der Flutkatastrophe 1962 nicht ungehörte Mehrheit nerversammlung gewählt. mehr. Wilhelmsburgs Noch während der Aktionen bildete sich ein „Zu- zu Wort kommen zu lassen Diese Struktur hat sich mittlerweile inso- sammenschluss Wilhelmsburger Initiativen Der erste Punkt wurde in Wilhelmsburg zwar fern verändert, als praktisch an die Stelle der und Vereine“, zunächst als Organisationsträger nur als Teilerfolg, nicht als Sieg empfunden, Der „Zusammenschluss der Initiativen und Ver- gewählten Koordinationsgruppe die sog. für die Proteste, aber sehr schnell in dem Be- aber immerhin als Erfahrung: Wir Menschen, eine“ löste sich – ohne jemals das Thema auf- „Donnerstagsrunde“ getreten ist, so benannt wusstsein, dass es jetzt nicht mehr nur um die die hier leben und arbeiten und an irgend- zugeben! – ein Stück weit von dem MVA-Wi- nach dem seit jetzt über zwei Jahren festen Müllverbrennungsanlage geht, sondern um einer Stelle aufgrund persönlicher Betroffen- derstand und nahm in vielen Diskussionen so- wöchentlichen Treffen des FORUMs im Bür- viel mehr für Wilhelmsburg. Maßgeblich be- heit oder funktionaler Zuständigkeit für die- zusagen eine Bestandsaufnahme der Wil- gerhaus – ohne jede Pause und immer mit teiligt waren Leute aus dem „Inselforum“, einer sen Stadtteil Mitverantwortung tragen, ha- helmsburger Probleme vor. Ansatzpunkte gab einer Besetzung von mindestens etwa 15 Per- Initiative, die sich nach der letzten Bürger- ben durch eine weitestgehend über viele es genug: Einführung und Umsetzung der Fehl- sonen, oft wesentlich mehr. Diese Donners- schaftswahl gebildet hatte (aufgrund des in trennende Faktoren hinweg greifende Ge- belegungsabgabe, Mittelkürzungen im öffent- tagsrunden sind selbstverständlich öffentlich. Wilhelmsburg überproportional starken Rechts- meinsamkeit etwas erreicht. Das St. Florians- lichen Haushalt und bei allen Zuwendungs- Es gibt zwar einen „harten Kern“ (größtenteils rucks), aus dem „Verkehrs- und Interessenver- Prinzip war schon deshalb allenfalls bei we- empfängern, Einschnitte und Mängel im Netz immer noch die seinerzeit gewählten KO- ein“, einem Zusammenschluss Wilhelmsburger nigen im Kopf, weil der Widerstand gegen die der sozialen Infrastruktur, Umweltprobleme. Gruppen-Mitglieder), aber auch immer wie- Gewerbetreibender, einige Leute einer bereits MVA von Anfang an nicht an der Devise aus- der neue Gesichter. vorher existierenden Bürgerinitiative gegen gerichtet war: „Überall sonst – nur nicht hier!“ Formal kam es im Sommer 1994 zur Auf- Fremdenfeindlichkeit und Vertreter etlicher (... wenn auch vielleicht mal auf einem Trans- gabe des etwas holprigen, seinerzeit spontan Im März 1996 fand die 7. Einwohner- 28anderer Vereine und Einrichtungen. parent stand: „MVA nach “ ...), entstandenen Namens „Zusammenschluss ...“ versammlung des FORUMs statt, in 29der I. Aus der Geschichte lernen

Ein großes Problem Wilhelmsburgs ist die extreme Hamburgs Erster Bürgermeister, Dr. Hen- zu leisten und zu gewährleisten. Die Besu- Verkehrsbelastung durch LKWs. ning Voscherau, sich einer offenen Diskussi- cherzahlen zwischen 150 und 250 Menschen on mit den WilhelmsburgerInnen stellte. Die bei Einwohnerversammlungen sind aber anderen bislang durchgeführten Versamm- durchaus als Erfolg zu werten, zumal dazu lungen hatten unterschiedliche Formen und immer wieder andere Leute kommen. Inhalte, vom Fachvortrag, z.B. des „Armuts- forschers“ Prof. Jens Dangschat, bis zur Vor- Außerdem wurden weitere Sonderveran- stellung eines neuen Verkehrskonzeptes für staltungen durchgeführt, z.B. durch die sehr Wilhelmsburg durch Michael Kuhlmann, der aktive Arbeitsgruppe „Umwelt und Verkehr“ dies als Diplomarbeit entwickelt hatte, und ein Hearing mit Beteiligung von verschiede- das — sozusagen „angeschoben“ durch das nen Fachleuten zum Thema Müllvermeidung/ FORUM — mittlerweile stadtweit diskutiert Müllverbrennung. Das, was diese Wilhelms- wird, da es z.B. eine interessante Planungs- burger Bürgerinitiative von vielen anderen variante für die sog. „Hafenquerspange“ ent- unterscheidet, sind im wesentlichen folgende hält, die überfällige Autobahnverbindung Faktoren: von der A 1 zur A 7. 1. Kontinuität der Arbeit, losgelöst von top- Hamburgs Erster Bürgermeister Henning Voscherau stellt aktuellen Anlässen: Das FORUM sieht in sich auf einer Einwohnerversammlung offen allen Fragen Hunderte und tausende Bürger der Situation des Stadtteils Wilhelmsburg (mit ihm auf dem Podium Ulla Falke, li., und Karin Meise, re.). auf der Straße, und dem Ziel einer Verbesserung der dor- erhöhten tigen Lebensqualität hier aktuellen Anlass den Druck auf den Senat genug für seine Arbeit. 2. Äußerst vielschichtige Zusammensetzung, Natürlich wurde immer versucht, der Dis- in der nicht – wie vielfach in sog. Initiativ- kussion durch die Bürger breiten Raum zu kreisen oder Stadtteilkonferenzen – die geben. Dies mag nicht immer so gelungen Funktionäre irgendwelcher Institutionen sein, wie es die Absicht war. Das Problem, die oder Vereinigungen die Mehrheit und das schweigende – oder besser: die ungehörte – „Sagen“ haben. Es arbeiten Rentner aus Ge- Mehrheit Wilhelmsburgs zu Wort kommen werbe und Industrie zusammen mit dem zu lassen bzw. sie dazu zu bewegen, in Dis- links-intellektuellen Arzt, die engagierte Po- kussionen und Entscheidungsprozessen im lizistin mit der um einen Kinderbetreuungs- Rahmen ihrer Fähigkeiten mitzuwirken, ist platz besorgten Mutter, der türkische Sozi- erkannt und auch sehr oft besprochen wor- alarbeiter mit dem liberal-konservativen den. Das FORUM ist sich aber darüber im Geschäftsmann. Dabei – und das ist schon klaren, dass es eine Illusion wäre, in der ihm fast ein Phänomen – kam es trotz heißester 30 möglichen Struktur dies in größerem Umfang Themen und erregter Debatten praktisch31 I. Aus der Geschichte lernen

noch nie zu einem regelrechten Zerwürfnis Arbeitsgruppe sein oder der Verweis an ei- in Wilhelmsburg noch eine zweite Schiene auf der Straße erhöhte jedoch den Druck auf zwischen einzelnen Personen, das ein wei- ne der bestehenden Arbeitsgruppen, es der Bürgerbeteiligung: den „Arbeitskreis Wil- den Hamburger Senat, dass in Wilhelmsburg teres Miteinander-Reden-Können bzw. eine kann die Festlegung als Schwerpunktthema helmsburg“ – kurz: AK Wil –, der gerade des- etwas geschehen müsse, und erweiterte weitere Zusammenarbeit unmöglich ge- für einen Donnerstag sein, die Planung ei- halb in dieser Darstellung nicht fehlen darf. gleichzeitig das Spektrum der zu klärenden macht hätte! Da mag zwar einmal aufgrund ner Aktion, die Vereinbarung, wer mit wem Fragen. So kam es letztlich zur Bereitstellung einer Kontroverse jemand erregt und erbost darüber spricht und so fort. Bereits Ende des Jahres 1993 hatte die eines Betrages von drei Millionen DM aus Mit- auf den Tisch geschlagen und den Raum 4. Konkreter Output: Das FORUM arbeitet damals noch existierende Wilhelmsburger teln der Stadtentwicklungsbehörde und zu ei- verlassen haben – aber irgendwann kam er nicht isoliert in seinen eigenen Reihen, son- Bürgerinitiative „Dem Hass keine Chance“ nem Gutachtenauftrag an den Stadtplaner wieder, und konnte wieder dabei sein, ohne dern klinkt sich in alle sich anbietenden an- aufgrund der in den Wahlergebnissen sich Prof. Dittmar Machule von der Technischen befangen sein zu müssen. Und des weiteren: deren Prozesse konstruktiv ein, sei es mit zeigenden Politikverdros- Universität Harburg: „Entwicklung eines Maß- Ohne dass jemals in irgendeiner Formalie à Präsenz in öffentlichen Sitzungen politi- senheit eine Untersuchung nahmen- und Handlungskonzeptes mit weit- la Satzung oder ähnlichem etwas derartiges scher Gremien, vor allem dem Ortsaus- der – lassen Sie es mich so gehender Bürgerbeteiligung“. Prof. Machule festgelegt wurde, gibt es eine nahezu selbst- schuss – abgesehen davon, dass mehrere ausdrücken – „Wilhelms- und sein Team installierten den „Arbeitskreis verständliche Konsenspflicht. Es wird bei Mitglieder des Ortsausschusses regelmäßig burger Befindlichkeit“ ge- Wilhelmsburg“, der Ende 1994 für zunächst strittigen Punkten – etwa wenn es um eine im FORUM mitarbeiten –, sei es durch Kon- fordert und brachte die damals gerade in sechs Monate seine Arbeit aufnahm. Aktion geht oder die Abstimmung eines Pa- takte zu vielen anderen Einrichtungen und Buxtehude praktizierte Untersuchungsme- piers, das im Namen des FORUMs an die Kreisen, oder durch aktive Mitarbeit im Ar- thodik von Prof. Wolfgang Gessenharter und 1995 wurde ein Gutachten mit über Öffentlichkeit gehen soll – diskutiert, bis alle beitskreis Wilhelmsburg, der im folgenden seinem Team von der Universität der Bun- 100 Einzelmaßnahmen in der Runde das Ergebnis weitestgehend noch genauer geschildert werden muss. Da- deswehr Hamburg ins Gespräch. Ortsaus- erstellt. Sieben wurden mittragen; und die so zustande kommenden bei wurden bereits mehrfach umfangreiche schuss und -verwaltung konnten zu ersten zur schnellen Umsetzung empfohlen Ergebnisse sind durchaus keine Minimaler- Papiere erarbeitet, z.B. ein komplettes Kon- Sondierungen gewonnen werden. Zur De- gebnisse im Sinne von „kleinstem gemein- zept für ein „Inselbüro“ als Schaltstelle für monstration der Methodik kam es in einer Die Arbeitsstruktur ähnelte der Bürgerinitia- samem Nenner“. Abstimmungen mit dem die Vernetzung einer Menge Wilhelmsbur- ersten sogenannten Moderatorenrunde – tive FORUM Wilhelmsburg, mit Plenumsver- Ergebnis einer ausgezählten Mehrheit gibt ger Probleme und ihrer Bewältigungsansät- aber nicht zu einer Beauftragung, obwohl ei- sammlungen, Arbeitskreisen und einem wö- es so gut wie nie – und wenn, dienen sie nur ze, und – gerade aktuell – ein umfangrei- ne Untersuchung dieser Art durchaus der chentlich erreichbaren „Offenen Büro“ – eine der Erfassung eines Meinungsbildes. cher konzeptioneller Beitrag zum Thema Wunsch der örtlichen Politik und Verwaltung Tatsache, die – wie erwähnt – in der Bevölke- 3. Vielseitigkeit der Thematik: Ohne sich als Stadtteilmanagement. Diese Papiere werden war. Die grundsätzliche Bedingung, dass die rung bis hin zur Presse mitunter Orientie- omnipotent zu überschätzen, ist das FO- – auch im politischen Raum – durchaus gewonnenen Erkenntnisse bzw. Handlungs- rungs- und Differenzierungsprobleme hervor- RUM offen für alle Probleme, die Wil- ernst genommen, wenn auch nicht mit dem schritte auch umgesetzt bzw. eine Nicht-Um- rief. Im Sommer 1995 wurde von Prof. Ma- helmsburg betreffen. Wird ein Thema z.B. sicherlich von vielen gewünschten schnellen setzung öffentlich begründet werden müsse, chule ein Gutachten abgeliefert, das eine in die Donnerstagsrunde hineingetragen, Umsetzungserfolg. beinhaltete offensichtlich eine Verpflichtung, Sammlung von über 100 angeregten Einzel- wird dort in aller Öffentlichkeit entschie- die den entscheidenden Ebenen zu weit ging. maßnahmen umfasst, von denen zunächst den, ob, wann und wie sich die Initiative Für den beobachtenden Bürger mitunter sieben zur schnellen Umsetzung konkret dieses Punktes annimmt. Das Ergebnis schwer differenzierbar, aus der Gesamtkon- Die geschilderten Ereignisse des Jahres empfohlen wurden. Zur Klärung der weiteren 32kann die Bildung einer themenorientierten stellation heraus jedoch verständlich, gibt es 1994 mit hunderten und tausenden Bürgern Vorschläge wurde eine weitere Phase33 des I. Aus der Geschichte lernen

herauszugeben, die sie selbst eigenverant- schaubarem Rahmen. Dies schafft aktuelle wortlich mitgestalten können. Innerhalb we- Zugänglichkeit für jeden und wirkt Beteili- niger Wochen wurde ein Konzept entwickelt gungs- und Annäherungsängsten entgegen. und ebenso schnell umgesetzt – und aus an- 2. Entwicklung einer Gesprächs- und Ent- fänglich angedachten acht Seiten Umfang und scheidungsform, die niemanden ausgrenzt, 2.000 Exemplaren Auflage sind jetzt 16 bis die nicht von eloquenten „Machern“ ge- 24 Seiten Umfang und 6.500 Exemplare Auf- prägt wird, die es jedem ermöglicht, auch lage geworden, redaktionell gestaltet aus Bei- Kontroversen zu ertragen und gemeinsam Das Bürgerhaus 1995. Seit seiner Gründung 1985, ist das trägen aller möglichen Einrichtungen, Einzel- auszutragen, die sich aber wiederum auch Bürgerhaus der zentrale Treffpunkt für engagierte personen und Organisationen – aufgearbeitet nicht durch zu hohen basisdemokratischen Bürger und ihre Versammlungen. Ab 1987 war Axel und ergänzt durch Beiträge einer Redaktions- Anspruch selbst lähmt. Trappe der Leiter des Veranstaltungszentrums. gruppe von sieben Leuten – und kosten- 3. Offenheit für alle Problematiken, ohne da- deckend finanziert nur durch Anzeigen Wil- bei den Anspruch zu erheben, für alles und helmsburger Geschäftsleute, die zumindest in für jedes Thema die einzige Adresse zu der Anfangsphase dies sicherlich ausschließ- sein. Dies bedeutet Vernetzung mit so vie- „Ak Wil“ mit themenorientierten Gesprächs- lich mehr die Funktionäre aus verschiedensten lich als Unterstützung für das FORUM und len Institutionen und vorhandenen Struk- runden empfohlen. Inzwischen wurde noch- Ebenen, die „ungehörte“ Mehrheit der Bevöl- für dieses besondere Zeitungsprojekt leiste- turen wie möglich, und Bereitschaft, die mals Prof. Machule beauftragt, dies umzuset- kerung wurde noch weniger erreicht als im ten. Selbstverständlich hat die Arbeit und Bearbeitung von Themen in die Eigen- zen; der AK Wil arbeitet inzwischen weiter FORUM. Die straffe Moderation und Organi- haben die Themen des FORUMs breiten verantwortung anderer oder von Unter- – in veränderter Form, aber weiterhin mit sationsform hat diesbezüglich wohl mehr Hür- Raum in der Zeitung, für deren Herausgabe gruppen zu delegieren. intensiver Bürgerbeteiligungs-Möglichkeit, den aufgebaut, als dies im FORUM gegeben ist. sich ein eigenständiger Verein gegründet hat, 4. Bemühen um konkreten und konstruktiven die auch von den Mitgliedern des FORUMs Das am gesamten Arbeitsprozess des AK Wil aber das Inhaltsspektrum ist inzwischen weit Output: Bürgerbewegung darf sich nicht in genutzt wird. personell stark beteiligte FORUM brachte viel- darüber hinausgewachsen. Protest erschöpfen, sondern muss sich mit leicht noch am meisten die Anliegen der brei- Vorschlägen – unter Umständen bis zur Aus einer spontanen Idee ten Bevölkerung mit ein, dasselbe gilt für die Lassen Sie mich zum Schluss aus den ge- Entscheidungsreife konkretisiert – in die entstand eine jetzt laufende zweite Phase. schilderten Beobachtungen und Erfahrungen bestehenden oder, wie im Fall Wilhelms- Stadtteilzeitung: der der letzten zwei Jahre als Grundsätze für burg, parallel ablaufenden Strukturen ein- „Wilhelmsburger InselRundblick“ Ein weiteres, sehr konkretes Ergebnis der Bürgerbewegungen mit dem Ziel einer nach- klinken. ★ Arbeit des FORUMs soll noch erwähnt wer- haltigen Beteiligung an Stadt- bzw. Stadtteil- Ich will hier nicht tiefer auf die Arbeit des AK den. Aus einer spontanen Idee entstand im entwicklungsprozessen folgende Postulate Wil eingehen, geschweige denn, sie inhaltlich Herbst 1994, also mitten im eben geschilder- aufstellen: bewerten. Nur so viel: Bürgerbeteiligung war ten Ablauf, eine Stadtteilzeitung: der „Wil- Erforderlich sind: Text entnommen aus und ist auch bei diesem Verfahren zwar jeder- helmsburger InselRundblick“. Ihr Grundge- 1. Schaffung einer kontinuierlichen, und zwar Nachhaltige Stadtentwicklung : Konzepte und Projek- te von Markus Birzer, Peter Henning Feindt, Edmund zeit erwünscht und möglich gewesen, aber die danke: Es muss doch möglich sein, für die zeitlich/räumlich dichten Arbeitsstruktur, A. Spindler · Economia Verlag GmbH Bonn, 1997 aktiv34 Beteiligten waren und sind noch wesent- Menschen in Wilhelmsburg eine Zeitung d.h. regelmäßige Zusammenkünfte in über- mit Genehmigung des Verlags und des Autors 35 I. Aus der Geschichte lernen

Blockaden der Wilhelmsburger Reichstraße Hellenbach und Herrn Henze von der Firma Die Einrichtung des „Beirates für führten dazu, dass der Senat den Plan einer D´íng-Planung) übernahm die Vor- und Nach- Die Diskussionen um Moscheen in Müllverbrennungsanlage in Wilhelmsburg bereitung der Sitzungen. Sie verschickten die Stadtteilentwicklung“ Deutschland sind nicht neu – Schon aufgab. Einladungen, schrieben die Protokolle und und der Konflikt 1998 befürwortete der evangelische leiteten die im Plenum gefassten Beschlüsse Pastor Henatsch eine „schöne“ Aber die WilhelmsburgerInnen hatten mit an den Ortsausschuss oder die Bezirksver- schöne Moschee in Wilhelmsburg ihrem Widerstand nicht nur die Müllverbren- sammlung oder auch direkt an die zuständi- um eine nungsanlage verhindert. Sie hatten darüber gen Behörden weiter. Jedes Jahr wurde der hinaus erreicht, dass der Stadtteil nun insge- Beirat neu gebildet. Man wollte damit mög- Moschee in Wilhelmsburg samt stärker beachtet werden sollte. Die Bür- lichst auch wieder neuen Bürgern die Mög- von Hildebrand Henatsch. ger sollten in Zukunft an der Entwicklung lichkeit der Mitwirkung geben. ihres Stadtteils beteiligt werden. Neben den gewählten Abgeordneten im Ortsausschuss Hildebrand Henatsch und in der Bezirksversammlung sollten auch Pastor i. R. Im Jahr 1994 sollte in Wilhelmsburg eine Müll- Wilhelmsburg“ – ein bis dahin nicht gekannter Bürger aus dem Stadtteil, die nicht über die verbrennungsanlage gebaut werden. Gegen und geschlossener Widerstand der verschie- Parteien delegiert wurden, ein Mitsprache- Geb. 1935. Die Familie mit acht Kindern dieses Vorhaben des Hamburger Senates erhob densten Einrichtungen und Vereine. Demon- recht bekommen. So kam es im Herbst 1996 floh 1945 von ihrem Gut Stuthof nach sich – initiiert durch das damalige „FORUM strationen an unterschiedlichen Orten und zur Einrichtung des „Beirat für Stadteilent- Westen. Nach einer Mechanikerlehre wicklung“ in Wilhelmsburg. Er wurde das ers- entschied er sich zu einem Theologie- studium. Nach einem Pastorat in Bodenteich wechselte te Gremium dieser Art in Hamburg! er als „Industriepastor“ nach Harburg. Von 1975 bis zu seinem Ruhestand 2000 war er Pastor in Wilhelmsburg. Der Beirat wird jedes Hier gründete er u. a. die Arbeitsloseninitiative und setzte Jahr neu gebildet, sich für den Erhalt des Deichhauses ein. damit andere Interessierte mitwirken können Neben den alle zwei Monate tagenden Ple- Die verschiedenen Quartiere, die sozialen narsitzungen bildeten sich aus dem Plenum he- Einrichtungen, die Kirchen und Moscheever- raus Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen The- eine, die Wirtschaft und Parteien konnten ih- men, die für den Stadtteil von Bedeutung waren re Vertreter entsenden. Zu Beginn der jeweils (z.B. zu den Themen „Wohnen“, „Verkehr“, „Wirt- einjährigen Sitzungsperiode wählte der Bei- schaft“). Außer den Mitgliedern des Beirates, die Die heutige Muradiye Moschee in der Ecker- rat aus seiner Mitte den Vorsitzenden und sich für die Arbeitsgruppen gemeldet hatten, mannstraße. Früher war das die Kirche der seinen/e StellvertreterIn. Sie hatten die Sit- konnte jeder interessierte Bürger teilnehmen, Neuapostolischen Gemeinde, die dann an die zungen zu leiten. Das Büro für Stadtteilent- auch wenn er nicht dem Beirat angehörte. Die islamische36 Muradiye-Gemeinde verkauft wurde. wicklung – das MIT-Büro – (damals mit Frau Arbeitsgruppen trafen sich jeweils nach Verein37- I. Aus der Geschichte lernen

Links: Die heutige evangelische Emmauskirche, in der Hildebrand Henatsch 19 Jahre lang als Pastor amtiert hat. Sie wurde 1896 als „Reiherstiegkirche“ Die katholische Maximilian-Kolbe-Kirche. Mit der eingeweiht. Im März 1945 wurde das Kirchenschiff Namensgebung gedenkt die Kirchengemeinde des durch eine Luftmine zerstört. 1954 erfolgte der katholischen Priesters Maximilian Kolbe, der während Wiederaufbau und die erneute Einweihung. Sie der Nazizeit für einen verurteilten Familienvater ins KZ bekam nun den Namen „Emmauskirche“. Der Name ging und dort ums Leben kam. Der Familienvater kommt aus einer Ostergeschichte, in der erzählt überlebte die Nazizeit. Maximilian Kolbe wird seitdem wird, dass zwei Jünger zum nahe Jerusalem als Märtyrer verehrt. gelegenen Ort Emmaus unterwegs sind und während ihrer Wanderung dem auferstandenen Christus begegnen. Unten: Die katholische Bonifatiuskirche mit dem eingerüsteten Turm. Sie wurde in der gleichen Zeit gebaut wie die Emmauskirche links. Anlass war die Bildung der katholischen Kirchengemeinde Ende des 19. Jh. durch den Zuzug polnisch-katholi- scher Arbeiterfamilien, die damals z.B. durch die Wollkämmerei angeworben wurden.

barung. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit wurden im sandt. In besonderer Weise lag mir das Zu- Plenum des Beirates berichtet, diskutiert und sammenleben zwischen Migranten und wenn nötig auch dazu Beschlüsse gefasst. deutschen Bewohnern am Herzen. Auf mei- ne Initiative hin kam es daher zur Gründung Mir lag besonders das der Arbeitsgruppe „Zusammenleben“. Ge- Zusammenleben zwischen meinsam mit Vertretern vor allem der tür- Migranten und kischen Vereine – u. a. mit dem Türkischen deutschen Bewohnern am Herzen Elternbund – haben wir einige Projekte auf den Weg gebracht. Einmal jährlich veran- Ich selbst wurde damals von den Wilhelms- stalteten wir einen interkulturellen Abend im burger Kirchengemeinden in den Beirat ent- Bürgerhaus, auf dem jeweils ein für das Zu- 3838 39 I. Aus der Geschichte lernen

sammenleben besonders aktuelles Thema Bräuche bei oft enger Nachbarschaft zwi- Für das Freitagsgebet und vor allem für die wurde auch hier der Wunsch unserer Gäste, verhandelt wurde. schen deutschen und türkischen Familien im- Feier des Ramadan sei dieser Saal viel zu eine Moschee in Wilhelmsburg zu bauen. Ich mer auch zu Konflikten kam. Wie ließen sich klein. Man plane daher den Bau einer größe- sagte den Gemeindevertretern zu, mich nach Daneben beschäftigte uns das solche Konflikte ohne gegeneinander ren Moschee. Die Behörde aber biete der Ge- meinen Möglichkeiten für ihr Anliegen einzu- Thema „Sprache“. Wir haben ein gerichtete Emotionen anspre- meinde kein Grundstück zum Kauf an. Wir setzen. Für das Wilhelmsburger Wochenblatt Faltblatt zusammengestellt, in chen und vielleicht auch so lö- wurden gebeten, uns über den Beirat für ihr schrieb ich einen Bericht über das christlich- dem alle Einrichtungen auf- sen, dass beide Seiten davon Anliegen, ein geeignetes Grundstück kaufen moslemische Treffen. U. a. stellte ich dar, unter gelistet waren, die deut- profitierten? Könnten hier zu können, einzusetzen. welchen nach meiner Meinung nicht nur en- schen Sprachunterricht er- „Konfliktlotsen“ helfen? gen, sondern auch unwürdigen Verhältnissen teilten. Das Faltblatt sollte Die große moslemische Minderheit unsere moslemischen Nachbarn ihre Gottes- besonders türkische Frauen Die Volkshochschule bot sollte ein dienste feiern müssten. In dem bald darauf er- anregen, die deutsche Spra- damals ein Seminar zur Aus- sichtbares schienenen Artikel des Wochenblattes wurde che verstehen und sprechen zu bildung von Konfliktlotsen an. Moscheegebäude bekommen ich dann direkt zitiert: „Die große Minderheit können. Den türkischen Mitglie- Der Konfliktlotse sollte die Kon- der Muslime sollte auch eine würdevolle Ge- dern der Gruppe ging es dabei auch dar- fliktparteien unvoreingenommen zu- In der Arbeitsgruppe besprachen wir, wie wir betsstätte bekommen, die unserer Kirche ver- um, dass ihre Kinder neben der deutschen nächst getrennt mit ihren Anliegen zu Wort der Gemeinde helfen könnten. Grundsätzlich gleichbar wäre. Vielleicht sollten wir Christen Sprache zuerst auch ihre Muttersprache gut kommen lassen und nach Möglichkeit die Par- waren wir uns einig, dass neben den sechs ihnen helfen, eine sichtbare, schöne Moschee lernten. So sehr sie die Bemühung um Inte- teien dazu bringen, sich an einen Tisch zu set- christlichen Kirchen in Wilhelmsburg auch in Wilhelmsburg zu bauen.“ gration unterstützten und einsahen, dass tür- zen, um gemeinsam eine Lösung zu finden, die der großen moslemischen Minderheit der kische Kinder die deutsche Sprache beherr- beiden Seiten gerecht wird. Leider ist aus die- Bau eines sichtbaren Moscheegebäudes er- Dieser Satz führte zu einer überaus hefti- schen müssten, um in der Schule und später sem schönen, gut gemeinten Konzept nicht möglicht werden sollte. gen Diskussion im Stadtteil, in der sich die im Beruf voran zu kommen, so sehr war ihnen viel geworden. Wir wurden als Konfliktlotsen Stadtteilzeitung „Der Lokalbote“ besonders her- aber auch die Bewahrung ihrer Kultur ein kaum in Anspruch genommen. Allerdings sollte diese Moschee eine Got- vor tat. In mehreren sehr polemischen Bei- wichtiges Anliegen. Integration sollte nicht zur tesdienststätte für alle moslemischen Ge- trägen titelte die Zeitung: „Pastor Henatsch un- Assimilation werden. Zu einem Konflikt besonderer Art kam es meinden werden. Dafür sollten die Moschee- terstützt den Bau einer sichtbaren, schönen im Jahr 1998, in dem leider kein Konfliktlotse gemeinden ein gemeinsames Konzept vor- Moschee in Wilhelmsburg – vergleichbar mit Konfliktlotsen wurden als helfen konnte. Es ging um den Bau einer Mo- legen. In diesem Zusammenhang hatte ich als der Emmauskirche!“ Oder, zusammen mit ei- interkulturelle schee in Wilhelmsburg. Die türkische Mo- Zeichen einer guten Nachbarschaft zu einer nem Bild von der Moschee in St. Georg, hieß es: Problemlöser schee-Gemeinde Ditib kam damals in der Begegnung zwischen Christen und Moslems „Wird Wilhelmsburg bald eine solche Moschee kaum in Anspruch genommen ehemaligen Gaststätte Ecke Neuhöfer Straße/ eingeladen. haben?“ – „Ruft der Muezzin bald vom Mina- Veringstraße als ihrem Gebetssaal zusam- rett?“ – „Moscheeverein plant Moscheeneubau Ein drittes Thema unserer Gruppe wurden men. Unsere Arbeitsgruppe „Zusammenle- Mit Zustimmung unseres Kirchenvor- mitten im Stadtteil an der Dratelnstraße!“ die Konflikte zwischen Deutschen und Mi- ben“ wurde zu einem Besuch in diese „Hin- stands kam es dann zu einem moslemisch- granten – vor allem im Wohnbereich. Uns terhofmoschee“ eingeladen. Dabei wies man christlichen Nachmittag in unserem Gemein- Im Wilhelmsburger InselRundblick habe 40war klar, dass es wegen unterschiedlicher uns auf die räumliche Enge des Saales hin. dehaus bei Kaffee und Kuchen. Hauptthema ich noch einmal meine Gründe ausgeführt,41 I. Aus der Geschichte lernen

warum ich mich „ausgerechnet als evangeli- geführtes Interview aus und gab mir Gelegen- Der ca. 7 Meter hohe Leuchtturm bei Elbkilometer 609 an der Bunthäuser Spitze wurde 1914 in scher Pastor“ für den Bau einer Moschee in heit, meine Argumente einer größeren Öffent- Betrieb genommen. Er markiert die Trennung in Süder- und und wies bis 1977 Schiffen Wilhelmsburg einsetzte. Es müsse akzeptiert lichkeit vorzustellen. Die „Tageszeitung“ (TAZ) den Weg. Heute erfüllen 5 Fahrwassertonnen seine Funktion. Er wurde zuletzt 2007 renoviert werden, dass zehn- bis zwölftausend Moslems veröffentlichte einen ausführlichen, sachlichen und zieht das ganze Jahr Besucher aus Wilhelmsburg, Hamburg und dem Rest der Welt an. meist türkischer Herkunft seit mehr als zwan- und verständnisvollen Bericht über den „Mo- zig Jahren hier mit uns leben! Aus dem „Ne- scheestreit in Wilhelmsburg“. beneinander verschiedener Kulturen und Reli- gionen“ gälte es, eine möglichst gute Nach- Zum Bau einer großen, schönen Moschee barschaft und somit etwas möglichst Gutes für in Wilhelmsburg ist es bekanntlich nicht ge- Wilhelmsburg entstehen zu lassen. Zu dieser kommen. Das vom Beirat geforderte Konzept Nachbarschaft gehöre, dass wir das Recht auf für eine von allen moslemischen Gemeinden Religionsausübung, wie es im Grundgesetz getragene Moschee kam nicht zustande. Des- verankert ist, unseren moslemischen Mitbe- halb kam es auch zu keiner Diskussion darü- wohnern zubilligten und dass sie ihre Gottes- ber im Beirat. Eine solche Diskussion wäre dienste in würdiger Form und in einem für die spannend geworden, war aber wohl auch un- Öffentlichkeit sichtbaren Gebäude feiern kön- seren Stadtplanern zu heiß. nen. Eine solche Moschee „könnte ein Ort der Begegnung zum besseren Verständnis zwi- Der Moscheeverein Ditib hat dann für sich schen Christen und Moslems werden“. Gemein- eine kleine Lösung gefunden. Ohne dass es in sam sollten wir für ein friedliches Miteinander der Öffentlichkeit bemerkt oder kommentiert in unserem Stadtteil eintreten. wurde, kaufte er das Kirchengebäude der Neuapostolischen Kirche in der Eckermann- Die öffentliche Meinung straße. (Aus Mangel an Mitgliedern konnte war trotz guter Argumente diese freikirchliche Gemeinde ihre Kirche gegen einen nicht mehr halten.) Heute ist aus dieser ehe- Moschee-Neubau in Wilhelmsburg mals christlichen Kirche eine – wenn auch nicht große, so doch – schöne Moschee ge- Leider fand ich für meine Argumente weder worden. Zum Fastenbrechen am Ende des Ra- im Kirchenvorstand meiner Gemeinde noch in madan oder zum Tag der Deutschen Einheit den Parteien Unterstützung. Der Druck der am 3. Oktober lädt die Gemeinde zu einem veröffentlichten Meinung im Stadtteil gegen „Tag der offenen Moschee“ ein. Bei einem ge- eine Moschee in Wilhelmsburg war wohl zu meinsamen Essen gibt es die Möglichkeit, sich stark, das Thema politisch zu „heiß“. Es gab über die religiösen Grenzen hinweg besser aber auch Zustimmung und Unterstützung. kennen und verstehen zu lernen. ★ Das42 „Hamburg Journal“ strahlte ein mit mir 43 I. Aus der Geschichte lernen

Zur Auftaktveranstaltung am 4. und 5. und – positiv! – Vorschläge zu ihren Lösun- Die Zukunftskonferenz Mai 2001 fand der damalige Präses der Stadt- gen entwickelt werden konnten. Eine positive Rückschau entwicklungsbehörde, Herr Senator Dr. W. als Impulsgeber auf die Zukunftskonferenz Maier, ein erwartungsvolles Auditorium im Lisa Zahn — was ist in Wilhelmsburg großen Saal des Bürgerhauses vor, der bis 2001/2002 aus Sicht auf den letzten Platz besetzt war mit Men- Geboren in Wilhelmsburg am Reiher- stiegdeich im Elternhaus “Stübens einer Mitwirkenden schen, die gekommen waren, um zu erfahren, aus den welche Pläne der Senat für ihren Stadtteil Volksgarten”. Volksschule Neuhof, hatte, der seit langem unter einem schlechten Gymnasium Wilhelmsburg, dort Abi- damaligen Ideen geworden? Image litt und sich von der Politik vernach- tur. Universität Hamburg: Studium Biologie und Chemie. Staatsexamen für das Höhere von Lisa Zahn. lässigt fühlte. Lehramt. Schuldienst: Gymnasium für Mädchen Harburg, Gymnasium Neugraben und als Oberstudien- Maßnahmen zur Verbesserung direktorin Gründung und Leitung des Gymnasiums des Ansehens Neuwiedenthal. Sprecherin in der Zukunftskonferenz Anfang Mai des Jahres 2001 rief die damalige ger zu einer Zukunftskonferenz für den dieser meist Wilhelmsburg. Gründungsmitglied des Vereins Zukunft Stadtentwicklungsbehörde im Auftrag von Stadtteil Wilhelmsburg auf und hatte damit verkannten Elbinsel Elbinsel Wilhelmsburg. Bürgerschaft und Senat mit einer Zeitungs- großen Erfolg. anzeige interessierte Bürgerinnen und Bür- Der Senator war aber nicht gekommen, fer- tige Konzepte vorzulegen, sondern er rief die Jedem war es also möglich, eine Gruppe Bürgerinnen und Bürger Wilhelmsburgs und seines Interesses zu finden: Menschen, die beruflich auf der Elbinsel zu Das Bürgerhaus im Zentrum Wilhelmsburg an der Mengestraße 20 ist eine der tun hatten, auf, zu erarbeiten, welche nega- Arbeitsgruppe (AG) 1: Räumliches Gesamt- Keimzellen der Bürgerbewegung. Mit Räumen und Sälen für alle Arten von tiven Aspekte sie sahen und mit welchen konzept (Sprecher: Lisa Zahn und Mathias Veranstaltungen und Sitzungen wird es von vielen Initiativen regelmäßig genutzt. Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden kön- Lintl) ne, die letztlich zu einer Aufwertung des Stadtteils und damit zur Verbesserung des AG 2: Verkehr (SprecherIn: Anja Swiderski Ansehens dieser meist verkannten Elbinsel und Jörg v. Prondzinski) führen sollte. AG 3: Arbeit und Wirtschaft (Sprecher: Enno Jeder interessierte Bürger konnte sich mit Bahlmann und Tom Schmidt) seinen Anliegen, seinem Wissen um die Män- gel, mit seinen Kompetenzen einbringen, denn AG 4: Wohnen (Sprecherinnen: Helga Schors es wurden 7 Arbeitsgruppen eingerichtet, die und Magdalene Schack) alle Bereiche des Lebens abdeckten und in 44 denen offensichtliche Probleme diskutiert 45 I. Aus der Geschichte lernen

AG 5: Zusammenleben (SprecherInnen: Juli- gestellt. Das war für alle Arbeitsgruppen eine Es soll nun versucht werden, eine Aus- Damit ist eine Entwicklung für die Elbinsel ane Chakrabati, Reyhan Güzel, Corinna Pe- große Hilfe. wahl von damals geäußerten Empfehlungen, eingeleitet worden, von der man vor 2001 nur ters-Leimbach, Timm Kunstreich) Wünschen, Forderungen zu benennen und zu träumen konnte! Freuen wir uns darüber. Traten in den Arbeitsgruppen Probleme überprüfen, was aus unseren Vorschlägen ge- AG 6: Bildung und Schule (Sprecherteam: In- in Sachfragen auf, die von uns – engagierten worden ist, ob in 10 seither vergangenen Jah- Was ist also seit grid Helwig, Erhard Porten, Ernst Lobischer, Laien! – nicht gelöst werden konnten, war es ren aus Ideen, Visionen, wenigstens teilweise 10 Jahren Ulrich Rother) möglich, in den zuständigen Behörden Fach- Wirklichkeit wurde. geschehen leute um Hilfe zu bitten, und sie kamen ganz in Wilhelmsburg? AG 7: Freizeit und Kultur (SprecherIn: Claudia selbstverständlich zu den Arbeitssitzungen! Eine großartige Wirklichkeit trat schon Roszak, Peter Schattenfroh) ein Jahr später ein: Der Oberbaudirektor, 1. Wilhelmsburg sollte als „Wasserstadt“ Soviel vertrauensvolle Zusammenarbeit Herr Prof. J. Walter, hatte 2003 zu einer In- erlebbar werden (AG 1 u.a.). In dem Zusam- Die Versammlung aller Sprecherinnen zwischen Bürgern (Laien!), Politik und Fach- ternationalen Zukunftswerkstatt für die Elb- menhang war die Verlegung des Zollzauns an und Sprecher der Arbeitsgruppen war die behörden auf breiter Ebene über einen lan- insel Wilhelmsburg in den Schuppen 52 an das Nordufer des Spreehafens eine Forde- „Koordinierungsrunde“ der Zukunftskonfe- gen Zeitraum hat es vor der Zukunftskonfe- der Australiastraße im Freihafen eingeladen. rung der gesamten Zukunftskonferenz, die renz. Sie schaffte die Verbindung unter den renz wohl noch nie gegeben! Diesmal waren Fachleute, – Architekten, sie mit ihren „Spreehafenfesten“ jährlich er- Akteuren. Hier erfuhren alle, was in den ein- Städteplaner, Landschaftsplaner – aufgeru- neuerte. Heute gibt es zwei Durchgänge, und zelnen Arbeitsgruppen erarbeitet wurde. Hier Und so machten wir uns in allen Arbeits- fen, ihre Vorschläge zur Gestaltung der Elb- 2013 wird der Zollzaun ganz und gar fallen. wurde erreicht, dass alle weitgehend hinter gruppen mit großem Engagement an die Ar- insel zu entwickeln. Sie unternahmen Exkur- dem Gesamtergebnis der Zukunftskonferenz beit, konnten nach Herzenslust planen, sogar sionen durch Wilhelmsburg, das Weissbuch 2. Aktivierung des Wasserwegenetzes stehen konnten. Visionen entwickeln, ohne uns primär um stand den Teilnehmern zu ihrer Verfügung, der Elbinseln und Einsatz von Fähren (AG2, Machbarkeit und Bezahlbarkeit kümmern zu Mitglieder der Zukunftskonferenz arbeiteten AG7 u.a.). Mit Beginn der Großausstellungen Jede Arbeitsgruppe wurde begleitet von müssen – und blieben dennoch auf der Erde! in den Arbeitsgruppen mit, und nach einem 2013 wird es wieder einen Fähranleger am ständigen Vertretern aus den Fachbehörden, Auftaktreferat über die Ergebnisse der Zu- Reiherstieg schräg gegenüber der Rethebrü- und Vertreter der politischen Parteien im Die Ergebnisse unserer Arbeit sind im kunftskonferenz fand unsere Arbeit große cke geben, und ein neuer Anleger wird an Ortsausschuss Wilhelmsburg und in der Be- „Weissbuch“ der Zukunftskonferenz zusam- Anerkennung. Es war erstaunlich und erfreu- der Emst-August-Schleuse einen Fähran- zirksversammlung Harburg gehörten jeder mengetragen und können sich auch heute te uns sehr, wie viele unserer Vorschläge von schluss ermöglichen. Der Aßmann-Kanal ist AG an. noch sehen lassen! Die den Experten aufgenommen und weiterent- bereits verbreitert worden, so dass eine Lektüre ist hochinter- wickelt worden sind. Ein großer Erfolg. Schiffsverbindung vom Jungfernstieg – vom Wir wurden in unserer Arbeit sehr unter- essant und kann zum Rathaus Hamburg also – durch die Alster, stützt durch das Büro Isa Consult und das Bü- erneuten Lesen nur Auch die Planer der Internationalen Gar- über die Elbe, in den Reiherstieg, durch die ro D*ING Planung. Deren Mitarbeiter erledig- empfohlen werden. tenschau (igs) und der Internationalen Bau- Emst-August-Schleuse in den Aßmann-Ka- ten den Schriftverkehr: Eingereichte Einla- ausstellung (IBA), die übrigens ihre Wurzeln nal bis zum Rathaus Wilhelmsburg möglich dungen zu den Sitzungen wurden vervielfäl- Das Weissbuch dient in der Zukunftswerkstatt hat!, haben viele un- wird! Eine wunderschöne Initiative von Frau tigt und versandt, Sitzungsprotokolle ge- auch als Quelle für serer Vorschläge aufgegriffen und Wirklich- Ulla Falke wurde aufgegriffen und in der 46schrieben und verschickt, Equipment bereit- diesen Artikel. keit werden lassen. Entwurfswerkstatt weiterentwickelt mit 47dem Manuel Humburg mit seinem Fahrrad an der Autobahn- I. Aus der Geschichte lernen brücke Richtung Osten. Der Kampf um eine angehängte Fahrrad-/Fußgängerbrücke war bisher vergeblich. Zentrum für erneuerbare Energien ausge- Fahrrad muss nicht mehr mühselig Treppen baut. Das ist weit mehr, als wir in der Zu- hinauf und hinunter getragen werden! kunftskonferenz denken konnten. Dagegen haben wir (AG 1 u.a., Koordinie- rungsrunde) mit unseren guten Plänen für Die Gewinnung erneuerbarer Energien ist eine Elbquerung mit dem Fahrrad und für damals noch nicht thematisiert worden. Die Fußgänger an der Autobahnbrücke über die Vorstellung, dass Wilhelmsburg mit der opti- Norderelbe (blaue A 1 Brücke) keinen Anklang malen Nutzung von Energieberg und Ener- bei den zuständigen Behörden gefunden. Lisa Zahn hat sich nicht nur während der Einwohner- giebunker und vielleicht weiterer Möglichkei- Abermals: Schade. versammlungen wortmächtig für Wilhelmsburg ten energetisch autark werden könnte, ist eingesetzt, sondern den gesamten Prozess des fantastisch! 7. Viele Vorschläge aus der AG 4 (Wohnen), Bürger-Engagements bis heute mitgestaltet. Sanierung von Altbauten, Neugestaltung öf- 5. Im Osten Wilhelmsburgs: Auch der von fentlichen Raumes (Berta-Kröger-Platz, Wei- der Zukunftskonferenz gesehene Freizeitwert marer Platz) sind umgesetzt worden oder sind (AG 1) des ehemaligen Müllbergs, der „Wil- noch in der Erneuerung begriffen. Durch die helmsburger oder Georgswerder Höhe“, mit IBA-Bauten bekommt Wilhelmsburg mit dem Vorschlag einer Verlängerung des Aßmann- IBA einbezogen werden können. Dennoch seiner einzigartigen Fernsicht soll durch den „Open House“, dem „Veringeck“, dem „Welt- Kanals bis in die Mitte Wilhelmsburgs. Das wird es dank IBA in der „Neuen Mitte“ Wil- von der IBA geplanten aufgeständerten quartier“ und in seiner Mitte mit den „Neuen wäre „eine einprägsame Verknüpfung der In- helmsburgs hochinteressante Neubauten ge- Rundweg allen bewusst gemacht werden. Ein Hamburger Terrassen“, den „Water Houses“, nenstadt mit den Elbinseln“ (Dokumentation ben, die beispielhaft für das Bauen in der Zu- besonderer Anziehungspunkt entsteht. dem „Algenhaus“, dem „Hybrid House“ und der Internationalen Entwurfswerkstatt, S. kunft und Bauen am und mit dem Wasser Und auch der geforderte Ausbau des Infor- weiteren Wohnhäusern völlig neue Angebote, 243). Die igs baut einen Kanu-Rundkurs und sein werden („Water Houses“)(AG 4). mationszentrums am Fuße des Berges (AG 1) die zur gewünschten qualitativen Hebung des hat Wettern und Bracks bereits aufgewertet. ist – ebenfalls durch die IBA – inzwischen Wohnungsbestandes beitragen und Interes- Die Gewinnung erneuerbarer erfolgt. senten, möglichst junge Familien mit Kindern, 3. Insel ohne Zentrum. Bisher liegt das Energien ist Leider konnten wir (AG 1, AG 4 u.a., Koordi- über die Elben locken werden (AG 1). Rathaus allein im geografischen Mittelpunkt damals noch nicht nierungsrunde) unseren Vorschlag für einen Wilhelmsburgs praktisch auf einer Verkehrs- thematisiert worden Wald auf dem Spülfeld Obergeorgswerder Maßnahmen zur insel. Mit der Verlegung der Wilhelmsburger nicht durchsetzen. Schade. Verbesserung des Reichsstraße soll sich das ändern (AG 1, AG 2. 4. Neue Energiequellen für die Elbinsel: Bildungsangebots AG 4, Koordinierungsrunde). Es ist sehr scha- Den seit langem begrünten ehemaligen Müll- 6. Immer wieder ist gefordert worden, wurden eingeleitet de, dass die Verlegung nicht bis zur Eröffnung berg in Georgswerder positiv zu nutzen, war das Radwegenetz auf den Elbinseln auszu- von igs und IBA erfolgen konnte. Ideal wäre das Anliegen der AG 1 und AG 7. Heute ist er bauen (AG 2 u. a.), besonders die Verbindung 8. Die AG 6, Bildung und Schule, war die bei es gewesen, hätten die freiwerdenden Flächen auf Initiative der IBA zum „Energieberg“ mu- zwischen Wilhelmsburg und dem Alten Elb- weitem größte Arbeitsgruppe, die sich in fünf der alten Trasse schon in die Planungen der tiert. Auch der große Bunker auf dem Roten- tunnel fahrradfreundlicher zu gestalten. In- Untergruppen mit verschiedenen Aufgaben- Gartenschau48 und in Hochbauplanungen der häuser Feld wird von der IBA zu einem zwischen ist die Veloroute fertig, und das stellungen gliederte. Die damals erarbeiteten49 I. Aus der Geschichte lernen

Ziele sind als Aufgaben in den zuständigen Aus dem gewünschten Behörden erkannt worden, und Maßnahmen „Kletterpark“ ist zur Verbesserung des Bildungsangebots eine Kletterhalle wurden eingeleitet. (Frühe Förderung der geworden Sprachkompetenz, Anspruch auf einen Platz in Kindertagesstätten, Hebung der Erfolgs- Sogar ein „Hamam“, ein türkisches Bad, gibt quote von Schulabschlüssen u.a.) es heute im neuen Haus Veringeck. „Fähren Die neue Schule „Tor zur Welt“ wird eine nach Wilhelmsburg“ werden eingerichtet Schulform, die bisher einmalig in Hamburg (s. S. 47), und der Fahrradweg zum Alten EIb- ist und die wegen ihres Bildungsangebotes tunnel ist ausgebaut. Es entstehen eine Kanu- ebenfalls Anreiz für junge Familien werden rundstrecke, Außensportanlagen, eine Sport- kann, ihren Wohnsitz nach Wilhelmsburg zu halle, ein neues Schwimmbad und aus dem verlegen. (AG 1) gewünschten Kletterpark ist eine Kletterhalle geworden. Aus der AG 6, Bildung und Schule, ist das Die IBA hat viele private Geldgeber nach Wilhelmsburg gelockt. Die Nordwandhalle Betriebsgesellschaft „Forum Bildung Wilhelmsburg“ hervorgegan- Sogar das gewünschte „Naturschutzgebiet hat 3,5 Mio. in Norddeutschlands größte Kletterhalle investiert. Sie wurde 2012 eröffnet. gen. Damals gegründet von Lehrkräften aller Auenlandschaft Norderelbe“ ist entstanden. Schulen vor Ort, besteht es bis heute, gehört Welche Erfolge! zur „Bildungsoffensive Elbinseln“ (BOE) und arbeitet nach wie vor äußerst erfolgreich. Die 10. Der Geograf F. Niemann schlägt auf AG 6 ist die einzige Arbeitsgruppe der Zu- Seite 204 des Weissbuches vor, am Reiher- kunftskonferenz, die auf diese Weise fortbe- stiegufer einen neuen Stadtpark zu gestalten. steht. Herzlichen Glückwunsch. Das wird nicht geschehen, aber mit dem „ln- selpark“ bekommt Wilhelmsburg in seiner 9. Sprudelnde Ideen zur Gestaltung der Mitte durch die igs einen Park, der an Größe Freizeit und Vorschläge für kulturelle Ange- und Schönheit der Anlage mit den großen bote der AG 7, „Freizeit und Kultur“, werden Parks nördlich der Elbe konkurrieren wird. durch ihre Weiterentwicklung seitens igs und Mit seinen vielen zusätzlichen Sportanlagen IBA in Kürze Wirklichkeit oder sind schon (s. o.) wird er einen enormen Freizeitwert für entstanden: „Kunstateliers“ am Jaffe-David- den Stadtteil haben. Kanal und in den Veringhöfen, „Open Air Park Events“ auf Bühnen im Inselpark, seit 11. Besonders in der Koordinierungsrunde einigen Jahren das „Dockville Festival“ am wurde diskutiert, durch welche Änderungen in Kirsten Boie ist eine der beliebtesten Kinderbuchautorinnen Deutschlands und von Anfang an Schirmherrin Reiherstieg, „Kultur am Bunker“ mit einer Do- der Verwaltung Hamburgs die Belange Wil- der Wilhelmsburger Lesewoche. Hier mit den Preisträgerkindern von 2009 und Senatorin Herlind Gundelach. 50 kumentation zur Geschichte des Bunkers. helmsburgs auch in Zukunft zu anhaltender51 I. Aus der Geschichte lernen

Bewohner der Elbinseln Veddel und Wilhelmsburg ließen sich auch von Regen und Sturm nicht abhalten, der Aufstellung des neuen Ortsschildes „Wilhelmsburg Bezirk Hamburg-Mitte“ beizuwohnen. Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (rechts neben dem Schild) war extra am 28. Februar 2008 um Mitternacht mit Werkzeug zur Harburger Chaussee gekommen, um das Schild höchstselbst anzuschrauben.

Aufmerksamkeit auf höchster politischer Ebe- Wilhelmsburgs einsetzt, ist ein Gewinn, der ne gelangen könnten. Zwar wird es keinen auch für die Zeit nach 2013 hoffen lässt. Vie- „Bezirk Elbinseln“ geben (Weissbuch S. 14), len Dank, Herr Walter. aber Wilhelmsburg ist mit der Verwaltungs- reform 2008 durch den Wechsel vom Bezirk Die Monate Mai 2001 bis März 2002 wa- Harburg zum Bezirk Mitte durchaus näher an ren eine sehr intensive Zeit. Ich glaube, alle das Hamburger Rathaus gerückt! Beteiligten an der Zukunftskonferenz haben viel über ihre Elbinsel und voneinander ge- Wir hatten auch vorgeschlagen, es solle lernt. Alle haben mit großem Engagement ge- auf Senatsebene eine „Stabsstelle zur Ent- arbeitet, geleitet von dem Gedanken, für ihr Das Weissbuch als Abschlussdokument der Zukunfts- wicklung von Hamburgs Wasserstadt“ (Wil- Wilhelmsburg an einer besseren Zukunft zu konferenz enthält sowohl die Arbeitsberichte der sieben helmsburg und Veddel) geben (Weissbuch S. bauen, für die der Stadtteil, diese lange ver- Arbeitsgruppen als auch eine Zusammenfassung der 14). Auch sie ist nicht eingerichtet worden. kannte, liebenswerte Elbinsel, alle Ressourcen Koordinierungsrunde mit den gemeinsamen politischen Aber dass sich seit der Zukunftskonferenz hat. Das hat die Zukunftskonferenz nachge- Forderungen und den vorgeschlagenen Schlüssel- und der Zukunftswerkstatt Hamburgs höchs- wiesen. ★ projekten. Das Weissbuch — damalige Auflage 1000 — ist ter Bau- und Stadtplaner, der Oberbaudirek- mittlerweile nur noch online zu finden: 52tor, Herr Prof. J. Walter, für die Entwicklung www.zukunft-elbinsel.de (Download 4,5 MB) 53 I. Aus der Geschichte lernen

Auch für das Weissbuch ist zehn Jahre Wahlerfolge von REP und DVU 1993 und Zur Entmythologisierung nach seinem Erscheinen eine historische Ein- 1997, Aufstieg der Schill-Partei parallel zur „Insel im Fluss – Brücken in die Zukunft“ als Motto der ordnung und damit eine Entmythologisierung Zukunftskonferenz) ein selbstbewusstes von Zukunftskonferenz steht für den Beginn einer dynami- überfällig. Bürger-Engagement entgegen setzen und Weissbuch schen, fortlaufende Debatte mit den Menschen, die hier gemeinsam Erfolge organisieren wollten. leben, im Mittelpunkt. Es eignet sich nicht für Mythen- Das Weissbuch ist nicht aus bildung und zum Missbrauch für externe Interessen einem Guss — Die Zukunftskonferenz war grundsätzlich und es ist ein Dokument offen für alle, die sich engagieren wollten. der Vielfalt und der Widersprüche Faktisch aber waren große Bevölkerungs- Zukunftskonferenz Wilhelmsburg gruppen unterrepräsentiert. Darunter Kinder von Manuel Humburg. In den Berichten der sieben Arbeitsgruppen der und Jugendliche, Arbeitslose und migranti- Zukunftskonferenz und der ausführlichen Zu- sche Gruppen. sammenfassung im Vorwort spiegeln sich die unterschiedlichsten Standpunkte, Ideen und Vi- Die Ideen für ein besseres Wilhelmsburg Natürlich will ich das Weissbuch nicht mit der auch beim Weissbuch der Zukunftskonferenz sionen von 100, vielleicht 200 Menschen wie- der Zukunft waren bunt und unterschiedlich. Bibel vergleichen, aber ... Verklärung, Mythen- von einem gewissen Kultstatus. Es besteht die der, die damals, in den Jahren 2001 und 2002, Das reichte von einer grundsätzlich anderen bildung und das häufige Zitieren für z. T. ge- Gefahr von Missbrauch und der Funktionali- in Wilhelmsburg wohnten und arbeiteten. staatlichen Politik gegen Arbeitslosigkeit und gensätzliche Positionen zeugen mittlerweile sierung für unterschiedliche Interessen. Sozialabbau, über Forderungen an den Senat Die Redaktion des Weissbuches listet al- zu einer gerechteren Verteilung zwischen den lein 21 Namen auf – zusätzlich gab es in den Hamburger Stadtteilen (Maßnahmen gegen sieben Arbeitsgruppen der Zukunftskonfe- Segregation und Ausgrenzung) bis zu der „Insel im Fluss — Brücken in die Zukunft“ renz weitere Sprecherinnen und Sprecher. Vorstellung, mit gezielter Aufwertung und war das Motto der Zukunftskonferenz. Veränderungen in der Wilhelmsburger „Be- Hier die Wassertreppe 7 im Spreehafen: • Es waren die Aktivsten aus zahlreichen Ini- völkerungsstruktur“ könnten die Probleme eine Brücke für eine Fähre, eine Schute, tiativen, Vereinen, Parteien und dem Beirat. gelöst werden. ein schwimmendes Atelier … • Es waren die, die ausgeharrt hatten und sich Eine sinnvolle Brücke — auch wenn sie das nicht hatten vertreiben oder verdrängen lassen andere Ufer nicht erreicht und nicht aus Die Zukunftskonferenz war Stein gebaut ist. von der jahrzehntelangen Abwärtsspirale, der kein Angebot — wachsenden Arbeitslosigkeit und Armut, der Sie wurde dem wiederholten Zumutungen aus dem Hambur- Hamburger Senat abgetrotzt ger Rathaus, der Misere in den Schulen, dem Sterben von Läden und Nachbarschaften. Aus Sicht des Hamburger Senats war Wilhelms- • Es waren diejenigen, die der verbreiteten burg im auf einem guten Weg. Schließlich hatte Resignation im Stadtteil und dem zuneh- er 1994 bei der Müllverbrennungsanlage einge- 54106 menden Ruf nach einfachen Lösungen (siehe lenkt, unter Leitung von Prof. Machule ein 55Bür- 24 Hamburger Abendblatt – Nr. 40 Jahrgang 47 – Seite 13 I. Aus der Geschichte lernen

Artikel aus dem Hamburger Abendblatt. Die „2. Mai-Demo“ 2000 war Höhe- punkt einer Kampagne gegen die sogenannte „Hafenquerspange“. Unter dem Motto „Zukunftsplan statt Autobahn“ wird eine positive Zukunft der Elbinseln ohne die anachronistischen Autobahnpläne gefordert — egal in welcher Trassen- variante. Rot/Grün betrieb damals die Linienbestimmung für eine Quer- spange in Hochlage über den Spreehafen, keine 200 Meter von den gerade sanierten Wohngebieten im nördlichen Reiherstiegviertel entfernt. Das Motto der Demo trug bis zur Zukunftskonferenz. Die Autobahnpläne über den Spreehafen wurden 2008 beerdigt.

gerbeteiligungsverfahren bewilligt, drei Millio- teilten den amtlichen Optimismus nicht und und ein von diesem kontrolliertes Stadtteil- Forum deshalb nicht an, hielt an seinen wei- nen für Sonderinvestitionen locker gemacht kritisierten die durchgeführten Maßnahmen management mit einer erheblichen Kompe- tergehenden Forderungen fest und organisier- und die Einrichtung eines Stadtteilbeirates ge- als völlig unzureichend. Sie reichten bei wei- tenzerweiterung für die kommunale Ebene. te 1997 demonstrativ einen großen Protestzug nehmigt. Eine Imagekampagne verkündete tem nicht aus, um die sozialen und struktu- in Form einer Karnevalsdemo. „Hauptsache Wilhelmsburg“ und Ortsamts- rellen Probleme Wilhelmsburgs zum Besse- Vor allem das Festhalten an den Plänen für leiterin Heike Severin verbreitete Optimismus. ren zu wenden und einen Stimmungs- eine „Hafenquerspange“ quer über die Elbinsel 1999 legte der 1997 gewählte Rot-Grüne Se- umschwung in der Bevölkerung zu bewirken. nährte die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des nat (in Wilhelmsburg hatten erneut 2477 Men- Die im FORUM Wilhelmsburg zusam- Das Forum forderte die Direktwahl eines Senats. Das Angebot, im neuen Beirat für schen = 17,1 % REP, DVU und NPD ihre Stimme mengeschlossenen56 Initiativen und Vereine Ortsrates durch alle Bevölkerungsgruppen Stadtteilentwicklung mitzuarbeiten, nahm das gegeben) seine Pläne für die Hafenquerspange57 Der Runde Tisch I. Aus der Geschichte lernen Sicherheit und Zukunft für Wilhelmsburg ! lädt ein zu einem:

Pressegespräch vor. Sie sollte über den Spreehafen im Norden SuZ entschloss sich zu einem gewagten Hilfeschrei aus der „Bronx“! Die schrecklichen Ereignisse im Sommer 2000 setzten die Forderung nach einer Zukunftskonferenz auf die Tages- der Insel verlaufen und quer über die Harburger Schritt und lud unter dem Motto: „Hilferuf Donnerstag, 7. September 11: 00

Chaussee an der Reichsstraße andocken. aus der Bronx“ zu einer Pressekonferenz ein. ordnung. Aber erst nach massivem politischem Druck Gemeindehaus St. Raphael, Jungnickelstrasse 21 Das Medienecho war gewaltig. Der Senat (Altes Bahnhofsviertel – schräg gegenüber der Kirche) stimmte der Senat zu. Parallel fand der Aufstieg der Schill-

oSchon wieder Wilhelmsburg! Partei statt: Die ersten großen Versammlungen mit Ronald Dagegen organisierte das Forum am 2. lenkte schließlich ein und beförderte einen oWir wollten doch raus aus den Negativschlagzeilen! o„Volkans Tod auf dem Schulhof“, „Kampfhundszene“, „Hinrichtung auf -fach Mord im Schwentnerring“ B. Schill gab es in Wilhelmsburg: Im Bürgerhaus und im Mai 2000 einen großen Protestzug und ent- Bürgerschaftsbeschluss, mit dem Stadtent- offener Straße“, jetzt: „3 sieren können!“ Alles Zufälle? „Hätte alles auch woanders pas Türkischen Hochzeitssaal am Vogelhüttendeich. oJa . Aber es passiert hier. – die Politik versagt. wickelte mit der Parole „Zukunftsplan statt Au- wicklungssenator Willfried Maier mit einer oUrsachen und Hintergründe sind ewig bekannt oElternräte, Soziale Einrichtungen, Pastorinnen, Leute aus Beirat, tobahn“ die Forderung nach einer Zukunfts- Zukunftskonferenz beauftragt wurde. FORUM, CDU, GAL,SPD bilden „Runden Tisch“ und fordern seit Wochen Sofortmaßnahmen und Zukunftskonzepte. (s. Anlage) konferenz in Wilhelmsburg. Im Sommer 2000 Die Reaktionen der verantwortlichen Behörden bisher: hilflos, nicht zuständig, weiterreichen, auf Zeit spielen. überschlugen sich dann die Ereignisse. Nach Die ZuKo blieb hinter ihren Wie wird die Hundeverordnung umgesetzt? Wie ist die Lage in der Schule Buddestraße nach Schulbeginn?

Wie ist die Stimmung im Quartier? dem schrecklichen Tod des kleinen Volkan am Möglichkeiten zurück Was müsste im ganzen Stadtteil angepackt werden?

26. Juni durch den Kampfhund Zeus auf dem und konnte den Durchmarsch Wir wissen, dass dieser Stadtteil auch positive Seiten hat, sonst würden wir hier nicht leben. Wenn er aber schöngeredet wird, statt die massiven Schulhof Buddestraße, dem Mord auf offener Probleme anzupacken, ist dies verantwortungslos und zynisch. Das spielt von Schill nicht verhindern nur rechten Rattenfängern in die Hände. Straße im Bahnhofsviertel und dem Dreifach- Hamburgs Ruf ist in Gefahr!

- Leimbach (Pastorin im Bahnhofsviertel), Patricia Husemann (Elternrat Schule Corinna Peters rg), Brigitte Stein –Baura (Elternrat Mord im Schwentnerring machte sich große Die Stimmung im Stadtteil und die zugespitz- Buddestraße), Liesel Amelingmeyer (FORUM Wilhelmsbu-Ortsverband Wilhelmsburg), Lutz Neysters Bonifatius-Schule), Jörn Frommann (MdHB, CDU -Fraktion Bezirksversammlung), Aliekber Akin (Elternrat Schule Buddestraße), Manuel (GAL rnrat) Verunsicherung in der Bevölkerung breit. Ro- te politische Lage (Forum Aktivisten sahen Humburg (Hausarzt), Jürgen Demann (Kreiselte

-online.de Tel. 754 07 31, Fax. 754 07 34 Rückfragen an: Manuel.Humburg@t nald Barnabas Schill tauchte hier das erste Mal PRO-Schill in Wilhelmsburg bei der kommen- Anlagen (nur e-mail): Resolution und Senatsanschreiben der Gruppe „Sicherheit und Zukunft“ auf dem Berta-Kröger-Platz auf und testete in den Wahl September 2001 zwischen 20 und Wilhelmsburg, im Bündnis mit dem langjähri- 30 %) hätten eine Zukunftskonferenz mit gro- gen ehemaligen Wilhelmsburger SPD-Bürger- ßer Außenwirkung erfordert: eine breite öf- schaftsabgeordneten Manfred Silberbach, die fentliche Debatte über die brennenden Nöte der einzelnen AGs vorgesehen. Dass von der öffentliche Wirksamkeit seiner populistischen und Zukunftsfragen der ratlosen und verun- Konferenz überhaupt ein kraftvolles Signal Thesen für law and order. sicherten Menschen vor Ort. Entsprechende an die Hamburger Politik ausging, ist über- Vorschläge zur Öffnung der Konferenz für wiegend der Tatsache zu verdanken, dass die Das Forum dagegen versuchte, das Bedürf- breitere Bevölkerungskreise und eine Aus- Bewohner im Verfahren weitgehend die Regie nis nach Sicherheit in progressiver Weise zu stattung mit den dazu erforderlichen Res- übernommen hatten, für Koordination zwi- besetzen, und schloss sich mit Elternräten, Ver- sourcen konnten leider nicht durchgesetzt schen den Arbeitsgruppen sorgten, ein ge- tretern von Kirchen und Parteien zu einem werden. Im Gegenteil: Das schmale Budget meinsames Leitbild und eine Zukunftsstrate- „Runden Tisch Sicherheit und Zukunft“ (SuZ) stellte außer für die Auftakt- und Abschluss- gie entwickelten und sich auf die Forderung zusammen. SuZ erwartete vom Senat ein So- veranstaltungen keine Mittel für eine offen- von „Schlüsselprojekten“ einigten. Auch die fortprogramm und die Einsetzung einer Zu- sive und effektive Öffentlichkeitsarbeit zur Zusammenfassung in Form des heute noch Der Durchmarsch von Schill konnte mit kunftskonferenz. Im Senat hatte man offenbar Verfügung. Die Arbeitsgruppen mussten eh- viel zitierten Weissbuches war alles andere diesen Mitteln nicht verhindert werden. Schill, den Ernst der Lage nicht erkannt und speku- renamtlich selbst organisiert und koordiniert als selbstverständlich. Schließlich konnte ein Silberbach und die anderen Konsorten der lierte darauf, dass der Schill-Kampagne ir- werden. Zur Abschlussdokumentation war Budget für eine Auflage von 1000 Exempla- Partei Rechtstaatlicher Offensive polemisier- 58gendwie von alleine die Luft ausgehen würde. eine lose Sammlung von DIN-A4-Berichten ren durchgesetzt werden. ten gegen die „unsinnige Zukunftskonferenz“59 I. Aus der Geschichte lernen

Diagonaltrasse Ost (trotz der damit verbunde- So ist es vor allem der Wertbegriff selber, nen Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstra- mit dem man heute sicherlich sensibler und ße an die Bahn) wurden definitiv abgelehnt. Als differenzierter umgehen würde. „Hochwertig“, Alternative wurde eine ringförmige Verkehrs- „In-Wert-Setzung“ gehören im Weissbuch zu führung – ohne Autobahn – von der ZuKo vor- den am häufigsten verwendeten Begriffen. Un- geschlagen. (Weissbuch, S. 45 ff). Ausdrücklich ter „Aufwertung“ wurde in der Tat vor allem nur unter dieser Voraussetzung wurde über „Verbesserung der Lebensbedingungen“ ver- eine mögliche Verlegung der WRS diskutiert. standen und weniger die „Verwertbarkeit“ für 1000 Teilnehmende hatte die Demo am 4.4.2009 — hier auf der Neuenfelder Investoren. Und unter dem Eindruck von ra- Straße: Der Kampf gegen die Autobahnisierung Wilhelmsburgs geht weiter. Bei selektiver Lektüre kann dieser Zusam- santer Verelendung hatten wir mögliche Ge- menhang aus dem Auge verloren gehen, was fahren von Veredelung kaum im Blick. zu Verwirrung führen kann. Einiges würde heute In der Tat war der ZuKo die jetzige Wil- anders vor allem mit dem Argument, sie würde an Die Zukunftskonferenz zur Verlegung der helmsburger Reichsstraße mit ihren Lärm- akzentuiert dem Wilhelmsburger Hauptproblem, der Wilhelmsburger Reichsstraße und zur Ver- emissionen und ihrer Zerschneidungswirkung oder auch anders bewertet „Überfremdung“, ohnehin nichts ändern. hinderung weiterer Autobahnen ein Dorn im Auge. Der spätere Vorschlag der IBA Ausgangspunkt und Schwerpunkt der ZuKo im Jahre 2008 für die Umgestaltung zu einem Die Erfahrungen, die seit einigen Jahren in St. Es kam schlimmer als befürchtet: Bei der war: die Verhinderung der Hafenquerspange Boulevard wurde deshalb auch einhellig begrüßt. Pauli, St. Georg und anderswo mit „Verdrän- Wahl im September 2001 erzielte die Schill- und anderer Autobahnprojekte auf den Elbin- Alarm wurde auch erst geschlagen, als bekannt gung“ durch „Aufwertung“ gemacht werden, Partei in Wilhelmsburg mit 34,9 % ihr (ham- seln. Nicht ohne Grund stand das Motto vom wurde, dass die DEGES ausdrücklich eine Verle- schärfen hier heute richtiger Weise auch den burgweit) bestes Ergebnis (4430 Stimmen). Die „Zukunftsplan statt Autobahn“ Pate für die gung als Autobahn plante und Anschlussfähig- Blick für Wilhelmsburg. SPD blieb mit 36,2% nur knapp stärkste Partei Zukunftskonferenz. keit an eine spätere „Hafenquerspange“ (A26) im (4603 Stimmen). Bei der Wahl für die Bezirks- Süden der Elbinsel vorgesehen war. Eine Besonderheit war sicherlich die da- versammlung lag Schill sogar vor der SPD an Was uns damals vorlag, war die Linienbe- malige ökonomische Situation: Mitten in der erster Stelle. stimmung der Behörde von 1999 (www.zu- Das Weissbuch ist ein Zeitdokument aus IT-Blase und im Containerboom herrschte kunftsplan-statt-autobahn.de/Archiv/HQS- dem Jahre 2002 mit auch in Wilhelmsburg unkritischer Wirt- Auf der Abschlusspräsentation der Zu- Linienbestimmung-1999.PDF) und die dazu vielen konkreten Ideen, schaftsoptimismus: Die Elbinseln als ein zen- kunftskonferenz wurde das Weissbuch nicht gehörenden Pläne mit den untersuchten Tras- aber zwei zentralen Botschaften tral gelegener zukunftsfähiger Standort der dem initiierenden Senator Maier, sondern senvarianten. Sie entsprechen denen in einer Wissensgesellschaft für innovative Logistik jetzt dem neuen Schill-Senator Mario Mett- späteren Grafik der Behörde von 2008 (s. Ab- Geschrieben in und für Wilhelmsburg im Jah- und saubere Technologien in der IT-Branche. bach überreicht. bildung Seite 174). re 2002 in einer konkreten zugespitzten Si- Wenig später platzte die IT-Blase und einige tuation, spiegelt das Weissbuch die aktuelle Jahre darauf lagen leere Containerriesen im In der AG-Verkehr wurden alle Varianten Gedankenwelt der damaligen Akteure und Au- Hafen vor Anker. 60 ausführlich untersucht und alle, auch die toren wieder. 61 I. Aus der Geschichte lernen

Zwei Botschaften der Wenig Aufmerksamkeit wurde damals den steht schon ihr Motto „Insel im Fluss – nen Paradigmenwechsel. Die Zukunfts- Zukunftskonferenz ragen Themen Klimawandel, Energieversorgung und Brücken in die Zukunft“. konferenz fordert, die anhaltende Zwei- heraus: auch Hochwasserschutz zuteil. Hier haben die In diesem Sinne bauen die späteren Ein- teilung der Stadt in Ober- und Unterstadt 1. Wir sind schon da, Auseinandersetzungen der letzten Jahre um wohnerversammlungen auf den Erfahrun- zu überwinden. Wilhelmsburg gehört uns. das Kohlekraftwerk und die Elbver- gen der Zukunftskonferenz auf, ebenso Natürlich sind Wilhelmsburg und die Ved- 2. Die Zweiteilung der Stadt tiefung sowie die Schwerpunktsetzung der IBA wie die Debatten beim „Pegelstand Elbin- del Orte, die sich die Elbinseln mit dem muss überwunden werden. auf das Thema „Stadt im Klimawandel“ zu er- sel“, den der Verein Zukunft Elbinsel Wil- Hafen teilen. Wenn sie aber – im Herzen höhter Sensibilität beigetragen. helmsburg in Kooperation mit zahlreichen der Stadt gelegen – der Stadt auch am Partnern seit 2005 regelmäßig veran- Herzen liegen, muss die Frage: „Contai- Natürlich bleibt es dem Weissbuch nicht staltet. nerland oder Wohnort“ eindeutig beant- erspart, auch als Rezeptbuch oder zur Legiti- Neue Menschen ziehen auf die Elbinseln wortet werden. Als Stapelplatz für Contai- mierung fragwürdiger Intentionen miss- und bringen ihre Themen mit, andere nergebirge sind die Lebensräume der braucht zu werden. Im Gegensatz zu man- Gruppen melden sich zu Wort und entwi- Menschen definitiv nicht geeignet. chem Projekt mit eingeschränktem Fokus ckeln ihre Sichtweise für eine positive Zu- Das gleiche gilt für die Containertrans- oder kurzer Reichweite versucht das Weiss- kunftsentwicklung. Dazu gehören die For- porte und andere Durchgangsverkehre: buch dagegen stets, die Elbinseln als ganze derungen der Mieterinnen und Mieter der Solange Verkehrsplaner und Wirtschafts- im Blick zu behalten, ebenso wie die Interes- GAGFAH im Bahnhofsviertel nach men- behörde es für selbstverständlich halten, sen ihrer Bewohner in ihrer Gesamtheit. schenwürdigen Wohnbedingungen ebenso Autobahnen durch die Wohngebiete der wie die Debatten um das Thema Gentrifi- Elbinseln, wahlweise im Norden, im Süden In diesem Sinne ragen zwei zentrale Bot- zierung und für eine soziale Wohnungs- oder mitten durch die Wilhelmsburger schaften der Zukunftskonferenz heraus: politik. Dazu zähle ich die vielfältigen neu- Mitte für den Containertransport und 1. Wir sind schon da. Nichts ohne und gegen en Impulse, die im Bündnis der Ver- Fernverkehre zu projektieren, kann von die Menschen, die hier leben. kehrsinitiativen unter dem Dach von „Zu- einer Überwindung der Zweiteilung der Hier formulieren die Akteure der Zu- kunftsplan-statt-Autobahn“ entstehen Stadt keine Rede sein. Nördlich der Elbe kunftskonferenz ihren Anspruch, bei den ebenso wie die kürzliche Zukunftswerk- sind Stadtautobahnen seit den 70er Jah- Veränderungen der Zukunft nicht nur mit- statt in Georgswerder. Eltern, Schülerin- ren schließlich tabu. genommen sondern vor allem ernst ge- nen, Schüler und Lehrkräfte planen die nommen zu werden und als Partner nächsten Schritte der Bildungsoffensive. Die Zukunftskonferenz ist für die Wil- mitzugestalten. Fast 50 Initiativen und Vereine knüpfen helmsburger Bürgerbewegung ein bedeutsa- Nicht was vor zehn Jahren mal im Weiss- ein neues bürgerschaftliches Netzwerk mer historischer Meilenstein. Ihre Visionen buch geschrieben wurde, ist deshalb ent- auf den Elbinseln und entwickeln neue und Vorschläge aber müssen immer wieder scheidend, sondern der aktuelle Stand der Ideen für Mitsprache und Mitwirkung der weiter entwickelt und für und mit den Be- Debatte der konkreten Bewohner vor Ort. hier lebenden Menschen. wohnern umgesetzt werden. ★ Die Zukunftskonferenz stößt einen dyna- 2. Was die Elbinseln vor allem brauchen, ist 62 mischen, fortlaufenden Prozess an. Dafür ein Umdenken bei den Entscheidern, ei- 63 I. Aus der Geschichte lernen Wilhelmsburger Chronik 2002 — 2012 10 Jahre Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg

Wilhelmsburg im Spiegel des von Marianne Groß, Michael Rotschuh & Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] — Manuel Humburg Wilhelmsburger Inselrundblicks [WIR] Veranstaltungen und Veröffentlichungen

Vorstellung der Stadtteilzeitung Vorstellung des Vereins Den Wilhelmsburger InselRundblick gibt es seit 1994. Die Idee entstand fast gleichzeitig „Ziel des Vereins ist die Förderung einer sozial, ökologisch und ökonomisch zukunftsweisen- mit dem FORUM Wilhelmsburg. Er sollte dessen Sprachrohr werden. In dieser Stadtteilzei- den Stadtentwicklung der großen Hamburger Elbinseln einschließlich ihrer Hafengebiete im tung sollte allen BürgerInnen, Vereinigungen und Einrichtungen Wilhelmsburgs Gelegenheit Sinne eines integrativen Entwicklungskonzeptes.“ (aus der Satzung) gegeben werden, ihre „Stimme“ zu Papier zu bringen. Vorsitzende waren im Laufe der Geschichte Enno Bahlmann, Claudia Roszak und Thomas Bis zum Jahre 2002, als Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. gegründet wurde, hatte sich Ortmann. Seit 2007 ist Manuel Humburg 1. Vorsitzender und Marianne Groß Finanzche- der WIR aber zu einer Stadtteilzeitung von Vielen für Alle entwickelt, so dass die Ereig- fin, weitere Vorstandsmitglieder in verschiedener Kombination: Astrid Christen, Michael nisse, über die berichtet wurde, ein viel breiteres Spektrum haben als die Geschichte des Rothschuh, Dirk Holm, Astrid Stichnoth Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg. Koordinierungsrunden-Mitglieder sind 2012: Liesel Amelingmeyer, Helga Arp, Werner Auf www.inselrundblick.de finden Sie unter Archiv alle Ausgaben der Zeitung als PDFs. Georgi, Hildebrand Henatsch, Dirk Holm, Ruth Lenz, Jörg Meyer, Claudia Roszak, Michael Rothschuh, Gregor Waschkowski Zum Pegelstand Elbinsel und zu den Pressemitteilungen finden Sie auf www.zukunft-elbinsel.de ein umfangreiches Archiv. 2002 2002

Ausgewählte Themen Veranstaltungen März: Präsentation der Ergebnisse der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg „Insel im Fluss – September: Spreehafenfest 2002. Brücken in die Zukunft“. Im WIR erscheinen 8 Sonderseiten. April: Wilhelmsburger Osteraufruf „Kein Blut für Öl“ Veröffentlichungen April: Aus einer Arbeitsgruppe der Zukunftskonferenz entsteht das Open-Air-Kino „Neues Juni: Anlässlich der Eröffnung des Elberadweges fordert ZEW eine Rad- und Fußwege- Cinema Paradiso“. verbindung über die Norderelbe – an der blauen Autobahnbrücke der A1 zwischen April: Der Ortsausschuss Veddel- beschließt einstimmig, dass der Georgswerder und Moorfleet. „Ein Brückenschlag zwischen Wilhelmsburg und den Freihafenzaun am Spreehafen zu entfernen ist. Vier-und Marschlanden ist lange überfällig“. Juli: Ursula Falke startet für den Verein für Heimatkunde die Alsterschiffstouren vom Juni: Diskussion über eine Bebauungsplanänderung in der Dratelnstraße. Ansiedlung einer Jungfernstieg bis in die Wilhelmsburger . Aldi-Filiale oder reine Gewerbe- und Industrienutzung? ZEW fordert eine komplette August: Neue Bildungsoffensive: FORUM BILDUNG WILHELMSBURG (FBW) wird gegründet. Neuplanung des Gebietes, um eine höherwertige Entwicklung zu ermöglichen. September: Das Stübenplatzfest wird zum „Fest der Kulturen“ und findet gleichzeitig und 64vernetzt mit dem 2. Spreehafenfest statt. 65 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2003 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2003 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Februar: Die ersten Gedenksteine für Wilhelmsburger NS-Opfer werden durch den August: Beteiligung an Internationaler Entwurfswerkstatt: Ideen für den Sprung über die Elbe. Künstler Günter Demnig verlegt. August: Spreehafenfest 2003. Februar: Anti-Kriegs-Demo mit 500 Menschen auf dem Stübenplatz. April: Chancen – Wege ins Arbeitsleben aufzeigen, eine neue Rubrik entsteht im WIR. Veröffentlichungen April: Der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesgartenschaugesellschaft hat zugestimmt, Juni: „Überrollen Skater den grünen Wilhelmsburger Osten?“ (Pressemitteilung). eine Europäische Gartenschau auf den Elbinseln zu veranstalten. Juni: „Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg unverzichtbar!“ (Pressemitteilung). Mai: Hamburg Port Authority (HPA) will keine naturkundlichen Attraktionen im Hafengebiet. Oktober: Neuauflage des vergriffenen historischen Standardwerkes von Ernst Reinstorf Der Rodewischhafen wird verfüllt und die größte Sturmmöwenkolonie im Binnenland von 1943 „Geschichte der Elbinsel Wilhelmsburg“ – Herausgeber: ZEW. auf der Hohen Schaar muss einer Kaffeerösterei, die in der neuen unerwünscht November: „Das Veddeler Wasserkreuz erhalten“ (Pressemitteilung). ist, weichen. Dezember: Zum „Sprung über die Elbe“ (Stellungnahme ZEW zur Senatsdrucksache), darin: August: Diskussion zum 1-Euro-Programm auf den Chancen-Seiten im WIR „Wir bekräftigen die wohlbegründete Position der Zukunftskonferenz: Eine Hafenautobahn September: Konzept und Finanzierungsplan für eine IBA 2013 werden erarbeitet. ist keine „Umgehungsstraße“. Sie verliefe im Herzen der Stadt. Sie ist verkehrspolitisch Oktober: Die Möbelhilfe Wilhelmsburg MÖWI startet. kontraproduktiv, finanzpolitisch nicht zu verantworten und kann in keiner Variante stadt- November: Neuer Glanz für das renovierte, jetzt 100 Jahre alte Rathaus Wilhelmsburg. verträglich gestaltet werden.“

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2004 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2004 Ausgewählte Themen Veranstaltungen März: Nach fünf Jahren erfolgreicher Arbeit muss die Ausbildungsserviceagentur Wilhelms- Februar: Wahlmarkt mit den Spitzenkandidaten zur Bürgerschaftswahl am 29.02.2004. burg/Vermittlungsagentur Jugend in Arbeit Hamburg e. V. schließen. August: Spreehafenfest 2004. März: Die Liegenschaftsverwaltung stellt das ehemalige Raffay-Grundstück Vogelhütten- deich/Dierksstraße für Wohnprojekte und Baugemeinschaften zur Verfügung. Veröffentlichungen Mai: Erschließung des Baugebietes „An der Windmühle“. Es werden Solarhäuser geplant. Februar: Wahlprüfsteine: Bildungsoffensive – Integration – Neue Arbeit für die Elbinsel Juli: Ortsamtsleiterin Heike Severin beendet ihren Dienst in und für Wilhelmsburg. – Nahversorgung, Sicherheit und Alltag – Wohnen in der Gartenstadt – Hafenquerspange August: „Land in Sicht“ Theaterpremiere in der letzten Auswandererhalle auf der Veddel. und Verkehr – der Osten bleibt Grün – Veddeler Wasserkreuz – Zugang zum Wasser – Bür- September: Industriegebiet auf dem Spülfeld Obergeorgswerder: Der Beirat sagt NEIN! gerbeteiligung und Verwaltungsreform – Sofortprogramm Brückenschläge. September: Erste Storchenaufzucht in Wilhelmsburg nach 25 Jahren. November: Pressemitteilung zum Konflikt Airbus – : „Wir befürchten, dass auch September: Handelskammer legt Konzept für den Sprung über die Elbe vor. beim „Sprung über die Elbe“ die Interessen von Gewerbe- und Industrieansiedlung bezüglich Oktober: Gründung Interessengemeinschaft Einzelhandel + Gewerbe im Reiherstiegviertel ihres Flächenbedarfs sowie die Hafenquerspange zum ‚Allgemeinwohl‘ erklärt werden und Oktober: Grundsteinlegung für die Solar-Bauausstellung bei der Mühle. damit auf der Elbinsel ähnliche Konflikte vorprogrammiert sind.“ 66 67 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2005 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2005

Ausgewählte Themen Januar: Die Erfindung des Pegelstand Elbinsel: „Dass die Bewohner dabei nicht nur beplant, Januar: Aus für Mieterzentrum in Wilhelmsburg. bespaßt und ‚beteiligt‘ werden, sondern zu selbstwussten Gestaltern ihrer Lebensbedingun- Januar: Der Beirat für Stadtteilentwicklung freut sich auf die igs und spricht sich gegen die gen auf ihrer Elbinsel werden – dazu wollen die Pegelstände einen Beitrag leisten.“ Verlagerung von Kleingärten aus. www.insel-im-fluss.de/Pegelstand/pegelstand.htm Februar: Im Stadtplanungsausschuss der Bürgerschaft wird der Antrag auf Verlegung des Zollzauns an das nördliche Spreehafenufer mit CDU-Mehrheit abgelehnt. Veranstaltungen Oberbaudirektor Prof. Jörn Walter stellt seine Idee einer Internationalen Bauausstellung Februar: „Kaltehofe – ein Kleinod am anderen Ufer“ – 1. Pegelstand mit Hanne Hollstegge. (IBA) im Bürgerhaus vor. März: „Wachsende Stadt – nachhaltige Stadt“, Pegelstand mit Jochen Menzel, Zukunftsrat. März: Dr. Martina Oldengott, die Initiatorin der Internationalen Gartenschau (igs) 2013, April: „Spreehafenufer als Hamburgs Copa Cabana?“ – Pegelstand mit Julian Petrin. verlässt die Elbinseln in Richtung Ruhrgebiet. Mai: „Bauen auf der grünen Wiese? Wachsende Stadt kontra Naturschutz auf den Feucht- März: SV Wilhelmsburg veranstaltet den 25. Internationalen Wilhelmsburger Insellauf. wiesen in Kirchdorf Mitte/Nord“, Pegelstand mit Ingo Brandt, Biologischer Gutachter. April: 325 Jahre Schützenverein Alt-Wilhelmsburg/Stillhorn. Juni: „Ohne neue Impulse für Beschäftigung und Bildung springt Hamburg zu kurz“ – Pegel- Mai: 20 Jahre Bürgerhaus Wilhelmsburg. stand mit Gottfried Eich, Geschäftsführer der Entwicklungspartnerschaft Elbinsel. Mai: Gegen die Bebauung der Kirchdorfer Wiesen formiert sich Widerstand. Juli: „Pegelstand on tour“ mit Jörg v. Prondzinski. Juni: Im Ernst-August-Kanal wird ein offizieller Fähranleger eingeweiht. August: Spreehafenfest 2005. August: Neue Bildungsoffensive: Die IBA braucht eine IBA (d. h. die Internationale Bauaus- August: „Der Hafen-Stadt-Konflikt: Wo sich Hafendynamik und Sprung über die Elbe in die stellung braucht eine Internationale Bildungsausstellung). Quere kommen und die Entwicklung im Spreehafen stagniert“ Pegelstand mit Claudius Lieven. August: B-Sure EU-Projekt: Aufwertung des Veringkanals wird geplant. September: „Verkehrskollaps & Hafenquerspange ohne Alternative?“ Pegelstand mit August: Die Mitglieder der IGA-AG von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. beklagen die Hans-Jürgen Maass. mangelnde Bürgerbeteiligung. Oktober: „Bürgerbeteiligung in der Stadtteilentwicklung“ – Pegelstand mit Joachim Reinig. August: Die Feuer- und Rettungswache Wilhelmsburg wird 75 Jahre alt. November: „Was wird wirklich aus Wilhelmsburg?“ – Pegelstand mit Karin Meise, Astrid September: 333 Jahre Wilhelmsburg: Wilhelmsburger Inselfest. Christen, Egon Martens, Peter Schwabe, Manuel Humburg. September: Der Interkulturelle Garten wird vorgestellt. September: Verein Kirchdorfer Eigenheimer feiert 70-jährigen Geburtstag. Veröffentlichungen September: Schule Burgweide feiert ihr 30-jähriges Bestehen. April: „Zur Hafenquerspange und ihrer möglichen Privatfinanzierung“ – Ein Brief an die Dezember: Der Discounter Lidl kommt an den Mengeplatz. Ein weiterer Lidl-Markt wird in mutigen Investoren. Kirchdorf-Süd Ecke Karl-Arnold-Ring/Otto Brenner-Straße geplant. Mai: „Die Klappertopf-Wiesen: Keine Bebauung ökologisch wertvoller Flächen“ (Pressemit- Dezember: Der Förderverein Elbinsel Wilhelmsburg lässt den Wasserturm Groß Sand teilung zur geplanten Bebauung Kirchdorf Mitte/Nord). erstrahlen. August: „Öffnet den Zaun zum Spreehafen – jetzt!“ Flugblatt zum Spreehafenfest. November: Senat bereitet Wilhelmsburg und Veddel das bitterste Weihnachtsgeschenk seit der Müllverbrennungsanlage vor 10 Jahren (Pressemitteilung). Dezember: Zum „Sprung über die Elbe“, Stellungnahme der Mitgliederversammlung von 68 ZEW vor der Entscheidung der Bürgerschaft. 69 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2006 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2006 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Januar: Ein Aufruf von Zukunft Elbinsel e.V.: Erhalt und positive Perspektiven für die Januar: „Die Hafenquerspange, ein verheerendes Signal für den Wohnstandort Wilhelms- Elbinsel als Wohnstandort, findet viele Unterzeichner. burg“ – Pegelstand mit Ingrid Ahrens, Gerhard Bolten, H.G. Götting, Klaus Lübke, Claudius Januar: 48 Entwürfe für die igs 2013 werden präsentiert. Lieven und Jörg Lühmann. Februar: Veddeler Wasserkreuz: Die Zuschüttung wird vertagt. Februar: „Ausverkauf der Elbinsel?“ – Einwohnerversammlung im Großen Saal, Bürgerhaus Februar: 350 WilhelmsburgerInnen kommen zur Einwohnerversammlung. März: „Wohnen auf der Elbinsel – gute Perspektiven unter widrigen Bedingungen“ – April: 20 Jahre Einsatz für die Rechte von Migrantinnen und Flüchtlingen wird bei Verikom Pegelstand mit Michael Sachs. im Dahlgrünring gefeiert. April: „Der Osten bleibt Grün! Auf der Suche nach Alternativen zu Industrie und Gewerbe in April: 20 Jahre „Dolle Deerns e. V.“ in Kirchdorf-Süd. Obergeorgswerder“ – Pegelstand mit Manfred Körner und Frank Wiesner. Mai: Der ReGe, Realisierungs-Gesellschaft, wird die Projektleitung für den Bau der Hafen- Mai: „Hafenquerspange und Stadtentwicklung im Konflikt“ – Pegelstand auf der Flussschif- querspange (HQS) übertragen. ferkirche mit Jochen Menzel, Gerhard Bolten, Joachim Reinig, Carola Veit, Jörg Lühmann, Mai: „Aktiv-Rad“ der SBB bietet Fahrradtouren an. Lutz Sieberts (Moderation: Kerstin von Stürmer, NDR 90,3). Mai: In Wilhelmsburg wird studentisches Wohnen gefördert. Juni: „Hafen-und Stadtentwicklung verbinden“ – Pegelstand zur Studie des Industriever- Mai: Die Bildungsoffensive Elbinseln (BOE) nimmt die Arbeit auf. bands Hamburg: Vorschläge die weniger kosten, mehr Effektivität haben und weniger Juni: Die Honigfabrik wird umgebaut und erweitert. Konflikte verursachen als eine Hafenquerspange. Juli: Protest gegen Kürzungspläne bei den Öffentlichen Bücherhallen. August: Spreehafenfest 2006. September: Uli Hellweg, der neue IBA-Geschäftsführer stellt sich bei einem Pegelstand vor. September: „Wilhelmsburg trifft den neuen IBA-Chef“ – Pegelstand mit Uli Hellweg. September: Das Tideauenzentrum Bunthaus öffnet seine Pforten. Oktober: „Hafenstadt & Wasserstadt – Wie lösen andere Metropolen den Wandel ihrer September: Die Hafenquerspange wird als Mautstraße geplant. Wasserfronten?“ Pegelstand mit Dirk Schubert. November: Der Beirat für Stadtteilentwicklung feiert 10-jährigen Geburtstag. November: „williamsburg@wilhelmsburg, Ein Sprung über den Atlantik“ – Pegelstand mit November: 5 Jahre AIW (Arbeitsloseninitiative Wilhelmsburg) im Deichhaus. Maggi Markert und Timm Kunstreich. Dezember: Die Kirchengemeinden initiieren den lebendigen Adventskalender in Wilhelmsburg. Veröffentlichungen März: „Weg frei für Industrie und Gewerbe im Grünen Wilhelmsburger Osten?“ (Pressemitteilung nach dem Beschluss der CDU/GAL-Koalition in Harburg). Mai: „Hafenquerspange: Hat dieser Senat zu viel Geld und zu wenig Zeit? (Pressemitteilung nach der Entscheidung, die Projektleitung der privaten ReGe zu übertragen). August: „An die CDU-Mitglieder zum Thema: Hafenquerspange“ Ein offener Brief anlässlich der Hamburger CDU-Mitgliederversammlung. September: „Wilhelmsburg: Szene-Viertel hinter Autobahn und eisernem Zollzaun? Offensichtlich kann sich der Senat noch nicht entscheiden“ (Pressemitteilung).

70 71 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2007 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2007 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Januar: 100 Jahre Verein für Heimatkunde in Wilhelmsburg. Anlass für die Umbenennung Januar: „Vom Mühlenberger Milliardenloch zum Wilhelmsburger Milliardengrab“ in Museum Elbinsel Wilhelmsburg e. V. Pegelstand mit den Autoren Uwe Westphal und Renate Nimtz-Köster. Januar: Der Zollzaun am Spreehafen ist gefallen. Das marode Gitter hält dem Sturm nicht Februar: Karnevalsdemonstration. stand. Er wird wieder aufgebaut. Februar: „Hafen zu verkaufen?“– Pegelstand mit Jörg Klauke, HHLA & Wolfgang Rose, ver.di. Januar: Naturschutzverbände zusammen mit Wilhelmsburger Vereinen geben die März: „IBA 2013: Marketing-Show – oder was?” – Pegelstand mit Dirk Meyhöfer. Broschüre „Unser grünes Wilhelmsburg“ heraus. April: „Hat Wilhelmsburg zu viel Grün?“ – Pegelstand mit Dr. Herlind Gundelach, Axel Jahn Januar: Heiner Baumgarten wird Geschäftsführer der igs GmbH. und Harald Köpke vom BUND, Arnold Rückert.

Februar: HHLA-Beschäftigte wehren sich gegen eine drohende Privatisierung. Mai: „Prima Klima – Insel in der Klimafalle: Hamburgs größte CO2-Schleuder in Moorburg? Februar: Bebauungsplan Spülfeld Obergeorgswerder wird ausgelegt. Dort soll Industrie und Deutschlands größte MVA auf der Peute?“ – Pegelstand .

Logistikgewerbe angesiedelt werden. Juni: „Kohle-Kraftwerk Moorburg“ – 8,5 Mio Tonnen CO2 über Wilhelmsburg“ – Pegelstand Februar: Karnevalsdemo wird ein großer Erfolg. mit B. Römhild (Vattenfall), S. Frey (Moorburg), J. Eckart (Greenpeace), M. Schaal (SPD), Februar: Der 1. IBA-Bürgerdialog findet statt. M. Braasch (BUND), J. Behrschmidt (GAL). März: 11 Wilhelmsburger Projekte bekommen Geld von der Stadt im Rahmen des Projektes Juni: Spreehafenfestival/Spreehafenfest 2007. „Lebenswerte Stadt“. Juli: „Hamburgs Rolle im Häfen-Konzert“, Pegelstand mit Beatrice Claus und Bernt Mester. März: Die Stiftung Maritim holt den Stückgutfrachter „Bleichen“ zurück in den Hansahafen. September: „Die Stadt funktioniert nur mit mehr Demokratie“ – Pegelstand mit M. Brandt. März: Arbeitsgemeinschaft „Zornige Garten Zwerge Wilhelmsburg“ wird gegründet, weil November: „In Wilhelmsburg spielt die Musik“, Einwohnerversammlung im Dialog mit bekannt wird, dass 230 Gärten auf dem igs-Gelände auf dem Prüfstand stehen. Christa Goetsch (GAL), Michael Naumann (Spitzenkandidat SPD), Bernd Reinert (CDU). April: Eine Initiative gegen die Bebauung der Kirchdorfer Wiesen bildet sich. Dezember: „Politik für Wilhelmsburg 2008,“ Runder Tisch mit örtlichen Kandidaten. Juni: Die Planunterlagen für das Kohlekraftwerk Moorburg liegen aus. Juni: Umweltverbände protestieren gegen die Umsetzung des IBA-Projekts „Wohnen mit Veröffentlichungen der Landschaft“ auf den Kirchdorfer Wiesen. Januar: „Der Zollzaun am Spreehafen ist gefallen. Das marode Gitter hält dem Sturm nicht Juli: Der Zollzaun ist 120 Jahre alt. stand und wird zum Sicherheitsproblem“ (Pressemitteilung). August: IBA Kunst & Kultursommer: Welche Schätze birgt die Elbinsel? März: Zum geplanten Industriegebiet in Obergeorgswerder, Einwendung ZEW. August: Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. unterstützt die Fortführung des Beirates über April: Zur geplanten Müllverbrennung bei der Norddeutschen Affinerie, Einwendung ZEW. 2007 hinaus. Mai: Zur geplanten Elbvertiefung, Einwendung ZEW. August: Dockville – Stadtfestival für Musik und Kunst am Reiherstieg Hauptdeich. Juni: „Den Zollzaun öffnen – die Planung der Querspange beenden“ zum Spreehafenfest 2007. September: Der Kinderbauernhof wird 20 Jahre alt. Juni: Eine Stadtautobahn quer durch Hamburgs Mitte? – Denkschrift zur Hafenquerspange. September: 5-jähriges Bestehen von Forum Bildung Wilhelmsburg (FBW). Juli: Zum geplanten Kohlekraftwerk Moorburg, Einwendung ZEW. November: Der Zollzaun fällt schon wieder um. Aber bis 2013 wird er immer wieder Juli: „Den Beirat stärken – Bürgerbeteiligung weiter entwickeln!“ (Pressemitteilung). aufgebaut. September: Zur Zukunft des Hamburger Freihafens (Erklärung). Dezember: In Kirchdorf-Süd wird der Soziale Treffpunkt gegründet. November: Obergeorgswerder muss ein IBA-Projekt werden – Einwendungen zum BP WB 86. 72 November: „Hafennetz besser als Hafenquerspange“ (Pressemitteilung). 73 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2008 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2008 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Januar: Erklärung der Wilhelmsburger Ärzteschaft zum geplanten Kohlekraftwerk Moorburg. Februar: „Gesundheitliche Auswirkungen durch das geplante Kohlekraftwerk Moorburg“ Februar: Bürgerschaftswahl. – Pegelstand in Kooperation mit der Wilhelmsburger Ärzteschaft mit Dr. H. Kruse, Toxikolo- Februar: Es wird bekannt, dass die geplante Hafenquerspange statt 475 Millionen Euro je ge Kiel, Dr. Kaufmann, Ärzteinitiative Krefeld, Prof. N. Krug, Fraunhofer Institut Hannover. nach Variante zwischen 800 Millionen und 1,1 Milliarden kosten wird. März: „IBA – wie geht´s?“ – Pegelstand mit Prof. Dr. Ing. Jörg Dettmar, Darmstadt. Februar: Einbruch ins Redaktionsbüro des WIR. Alle Daten sind weg. April: „Die Bürger in die/der Mitte“ – die Zukunft der Bürgerbeteiligung im neuen Bezirk März: Die Wahlbeteiligung auf Wilhelmsburg ist auf unter 50 % gefallen. Metin Hakverdi ist Mitte“ – ein Ratschlag in großer Runde. in die Bürgerschaft gewählt worden. Juni: „Endlich weniger Lärm – sonst gibt es Krach“ – Pegelstand zur Lärmaktionsplanung. März: Der Wilhelmsburger Wasserturm ist unter Denkmalschutz gestellt worden. Juni: Spreehafenfestival/Spreehafenfest 2008. März: Nach umfangreichem Umbau eröffnet die Honigfabrik wieder. Juli: „Angekommen in (der) Mitte? – Wer plant was im neuen Bezirk für Wilhelmsburg“ – März: Hans Giese ist gestorben, u. a. Austräger der ersten Stunde des WIR und immer aktiv Pegelstand mit: Michael Mathe, Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung; Manfred Meine, für den Stadtteil. HPA Abteilung Strombau; Uli Hellweg, IBA-Hamburg. April: Ulla Falke ist gestorben, Mitbegründerin des WIR, aktiv im Museum der Elbinsel, September: „Wilhelmsburger Positionen zur Lösung der Verkehrsprobleme“ –Ratschlag. Mitstreiterin in den Bürgerbewegungen, Mitbegründerin von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg. Oktober: „IBA – Hopp oder Topp“ – Teilnahme an Fachtagung des BUND im Bürgerhaus. Mai: Die Circle-Line verbindet das Museum BallinStadt mit der HafenCity und den Dezember: „Wer zahlt für die Elbvertiefung? Versuch einer ökologischen und ökonomischen Landungsbrücken. Bilanz“ – Pegelstand mit Walter Rademacher, Regionales Bündnis gegen die Elbvertiefung Mai: Die Hamburg Port Authority (HPA) stellt ein Pilotprojekt für eine nachhaltige Entwick- und Hans-Jürgen Maass. lung der Tideelbe am Beispiel Kreetsand/Spadenländer Busch vor. Mai: Das IBA-Projekt „Wohnen in und mit der Landschaft“ (Kirchdorf Mitte/Nord) wird Veröffentlichungen nicht fortgeführt. Februar: „Wilhelmsburger Ärzte sagen NEIN zum geplanten Kohlekraftwerk in Moorburg“ Juli: Thorsten Schulz wird Regionalbeauftragter für Wilhelmsburg-Veddel. – Appell der Wilhelmsburger Ärzteschaft. August: Die erneuerte Schleuse am Veringkanal wird wieder eröffnet. Februar: „Lösungen ohne Autobahn, kooperativ Verkehrslösungen für die Elbinseln und die August: Michael Rothschuh stellt die Idee eines HVV-Fähranlegers an der Ernst-August- Veddel ohne Autobahn entwickeln!“ (Pressemitteilung). Schleuse vor. (Im Dezember 2012 wird das Wirklichkeit.) August: Brief an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit dem Ziel, den Zollzaun am September: Die Freiwillige Feuerwehr Kirchdorf feiert 100 Jahre Feuerwehrgeschehen. Spreehafen als Sofortmaßnahme durch 2 Schlupftore zu öffnen. Eine gemeinsame Initiative September: 10. und letzter Apfeltag auf dem Jakobsberg. von Bezirksamtsleiter Markus Schreiber und ZEW, die von zahlreichen örtlichen und Oktober: Die Pläne für die Elbvertiefung werden erneut ausgelegt. Hamburger Persönlichkeiten mit Ihrer Unterschrift unterstützt wurde. Oktober: Kohlekraftwerk Moorburg wird genehmigt. Oktober: „Moorburg: schwerer Rückschlag für die Elbinsel – Lösung der Verkehrsprobleme Oktober: Die Wilhelmsburger Reichsstraße soll nach der Verlegung Autobahn werden. jetzt!“ (Pressemitteilung ZEW). November: Staatsrat Winters erläutert die Autobahnpläne vor dem IBA/igs-Beteiligungs- November: „Neue Autobahnpläne Wilhelmsburger Mitte“ – Stellungnahme zum Scoping- gremium. Er ist schlecht vorbereitet. Termin am 17.11.08. Dezember: Für den Erhalt der Schule Rahmwerder Straße werden 665 Unterschriften November: „Plant BSU neues Verkehrschaos?“ (Pressemitteilung). gesammelt.74 75 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2009 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2009 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Januar: Voller Saal bei der Einwohnerversammlung „Kommt die Elbinsel unter die Räder“. 4. April: Große Demonstration gegen Autobahnprojekte. Zwei weitere Autobahnen geplant. April: „Planen im Dialog?“ – Pegelstand mit Gesa Witthöft und Markus Birzer. Februar: Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße an die Bahn wird heftig diskutiert. Juni: „Wer verändert die Stadt? – Pegelstand mit Gästen aus Essen und Hamburg. Jahr der Spatenstiche bei der IBA. Juni: Spreehafenfestival/Spreehafenfest 2009. März: Im Bürgerhaus findet das 1. Elbinsel-Gipsy-Festival statt (und hat sich seitdem Juli: „Fahrradstadt Wilhelmsburg“ – Pegelstand mit G. v. Blomberg und H. Henatsch. etabliert). Oktober: „Bürgerbeteiligung zwischen Allmacht und Ohnmacht“ – Pegelstand mit Alexander März: Mediziner warnen vor den Gefahren von Kohlekraftwerken. Porschke. März: 4 Tage Erörterungstermin der Elbvertiefungspläne. Juni bis November: Mitwirkung am sog. „Kooperativer Beteiligungsprozess Verkehr im April: Eindrucksvolle Demo gegen die Autobahnpläne. Hamburger Süden“ der Stadtentwicklungsbehörde (siehe www.planenimdialog.de). Mai: Senatorin Anja Hajduk stellt die Verkehrsplanungen in Wilhelmsburg vor. 30. Oktober: Große Demonstration gegen Autobahnprojekte. Mai: Schule Rahmwerder Straße soll abgerissen werden. Dezember: „Grundeinkommen – ein Film über das Zukunftsthema, das jeden angeht“ – Mai: Der alte Ballsaal am Veddeler Elbdeich wird abgerissen. Pegelstand in Kooperation mit dem AK Zukunftsfragen der Patriotischen Gesellschaft. Juni: Ratschlag: Verkehr im Süden – Sondersitzung der Bezirksversammlung Harburg zu der südlichen Variante der Hafenquerspange. Veröffentlichungen Juni: Anja Hajduk startet Beteiligungsprozess zum Verkehr in Hamburgs Süden. Januar: „Wem gehört die Elbinsel?“ – Buchbeitrag – Manuel Humburg. Juli: Das Goldene Kalb der Künstlerin Elisabeth Richnow soll seinen Felsen am Argentinien- April: Teilnahme der Zukunftskonferenz am nationalen Wettbewerb „Stadt bauen. Stadt knoten verlassen und steht auch 2012 noch da. leben.“ Preis für integrierte Stadtentwicklung und Baukultur – Erläuterung Astrid Christen. Juli: Anja Hajduk weiht die erste IBA-Stele vor dem neuen Weltquartier ein. April: „Warum gehen wir wieder auf die Straße?“ Erklärung zur Demo am 4.4.2009. Juli: Die Engagierten Wilhelmsburger starten ihre Aktionen gegen die Fernstraßenpläne des April: „Integrierte Verkehrsplanung statt neuer Autobahnen auf den Hamburger Elbinseln Senats. Vorschlag für einen modellhaften Planungsansatz – (Broschüre). August: Der Schulstandort Rahmwerder Straße soll nun doch erhalten bleiben. Mai: Zum „kooperativen Beteiligungsprozess“, Eckpunkte von ZEW. September: Erstes Fahrradfest in Wilhelmsburg. Juli: „Die Wilhelmsburger Reichsstraße“ – Entschließung ZEW. Oktober: Das IBA-Dock auf dem Müggenburger Zollhafen wird eröffnet. Oktober: „Senatorin Hajduk steigt aus“ – Mit der aktuellen Finanzierungsvereinbarung Oktober: Anja Hajduk schließt mit dem Bund die Finanzierungsvereinbarung für die zwischen Bund und Hamburg zur Wilhelmsburger Reichsstraße schafft die Senatorin Wilhelmsburger Reichsstraße ab. Groß-Demo auf der Reichsstraße. einseitig Tatsachen und beendet faktisch den Dialog (Pressemitteilung). November: Der WIR wird 15 Jahre alt und feiert in der Honigfabrik. Oktober: „Warum wir am 31.10. die Wilhelmsburger Reichsstraße blockieren“. November: Der Freundeskreis Auswandererwelt BallinStadt wird gegründet. November: „Für eine stadtverträgliche, nachhaltige und integrierte Verkehrsplanung“. Dezember: Hamburger Arbeitsgenossenschaft Wilhelmsburg wird gegründet. Erklärung der sechs Bürgergruppen zum Abschluss des „Beteiligungsprozesses“ – am 9.11.09. November: Rückkehr zur Vernunft – Flyer zur Infoveranstaltung der BSU am 9.11.09. November: „Wende in der Verkehrspolitik“ – wohin? – Flyer für die GAL-MV. November: „Verkehrsplanung für die Veddel, Wilhelmsburg und den Hamburger Süden“ 76 – Resümee des Beteiligungsprozesses. 77 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2010 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2010 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Februar: Harald Köpke wird wegen seines unermüdlichen Engagements für den Natur- Februar: „Insel und Sturmflut“ – Pegelstand mit Erik Pasche – TU-Hamburg-Harburg. schutz von Bundespräsident Köhler und seiner Frau nach Berlin eingeladen. März: „Was hat Wilhelmsburg von der Schulreform?“ – Pegelstand in Kooperation mit dem Februar: Weitere 2235 Bäume sollen in der Wilhelmsburger Mitte gefällt werden. Forum Bildung, mit J. Fiedler, B. Heckmann, R. Seemann, M. Jedding-Gesterling, W. Kelber-Bretz. März: Klagegemeinschaft gegen Verkehrspläne wird gegründet: „Rechtsschutz Lebensquali- April: „Bäume, Biotope, Baukultur“ – Pegelstand mit Heiner Baumgarten, Hans Gabanyi, tät Wilhelmsburg (Relewi)“. Andreas Giesenberg, Harald Köpke, Jörg v. Prondzinski, Rudolf Sergel. März: Senatsentscheidung zur Südtrasse der Hafenquerspange. Mai: „Lebenslanges Lernen und informelle Bildung beim Bürgerengagement“ – Pegelstand April: 25 Jahre Jugendhilfe auf dem Frachtensegler Undine. mit Madhu Singh, UNESCO Institut für Lebenslanges Lernen in Hamburg. April: Diskussion über die immensen Baumfällungen auf Wilhelmsburg geht weiter. Juni: „Rad-Schlag“ – Pegelstand mit W. Maertens (HVV), B. Hafke (Bezirk Mitte), Mai: Die Neuenfelder Straße wird umgebaut. Prof. Dr.-Ing. H. Topp (IBA-Kuratorium), T. Prinzlin (ADFC-Hamburg), A. Szczesny (VCD). Mai: Immer wieder Blindgängerentschärfungen auf Wilhelmsburg. 4. Juli 2010: Fest zur Öffnung des Zollzaunes im Spreehafen (www.spreehafenfest.de). Juni: Das Bürgerhaus feiert 25-jähriges Jubiläum. August: „Jugend + Arbeit in Wilhelmsburg“ Pegelstand mit Abbas Baycuman, Gottfried Eich, Juli: Zwei neue Zugänge zum Spreehafen. Nils Weidner, Günther Winter. August: Der Vorstand vom Stadtteilbeirat Wilhelmsburg tritt geschlossen aus unterschiedli- Oktober: „Haben oder Sein in Wilhelmsburg – Wie aktuell ist Erich Fromm?“– Pegelstand chen Gründen zurück. mit Prof. Otto Lüdemann. August: Greenpeace wird dreißig und feiert mit einem offenen Aktionstag am Rethedamm. November: „Die neue Linienbestimmung der Hafenquerspange“ – Pegelstand. September: Veranstaltung der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg & Hafen zu dem alten Flakbunker, bevor er zum Energiebunker umgebaut wird. Veröffentlichungen September: Der Beirat für Stadtteilentwicklung bekommt einen neuen Vorstand: Lutz Februar: „Kahlschlag bei der Gartenschau? igs will 2235 weitere Bäume fällen (Pressemitteilung). Cassel wird neuer Vorsitzender, StellvertreterIn Alma Besic und Nils Aue. Februar: „Grüne Umwelthauptstadt 2011“ – am 23.2. hat der Senat die Wahl: Nachhaltige September: Tauschring Wilhelmsburg startet mit einem Markttag und Willis. Verkehrspolitik oder neue Stadtautobahn mitten durch Hamburg? (Pressemitteilung zur Wahl). Oktober: Das Bürgerhaus und die Elternschulen sind von der Streichliste des Senats Februar: „Hafenquerspange – Zur Senatsentscheidung für die Südtrasse vom 23.2.2010 bedroht. – Veraltete Glaubenssätze statt neuer Glaubwürdigkeit“ (Pressemitteilung). Oktober: An der IBA und der igs scheiden sich die Geister im Stadtteil. Wie viel soll der März: „Schützt die Wohngebiete vor Atom-und Gefahrguttransporten“ (Pressemitteilung). InselRundblick berichten? Halbzeitbilanz der IBA. April: Zur Sondersitzung des Regionalausschusses Wilhelmsburg/Veddel, zum Verkehrs- November: Ungenehmigte Baumfällungen für IBA-Projekt. konzept Süderelbe – Pressemitteilung. November: Schul-Altbau Rahmwerder Straße in Georgswerder ist gerettet. September: „Stadtautobahn gefährdet Gartenschau und Umwelthauptstadt“ (Pressemitteilung). November: Großes Leserecho auf den Artikel: Wie viel IBA gehört in den WIR? Oktober: „Zukunftsperspektiven für die Elbinseln – aktuelle Entwicklungen auf dem November: 16 junge Leute wagen den Sprung über die Elbe und kommen mit ihren Prüfstand der Zukunftskonferenz“ – Broschüre aus Anlass der IBA-Halbzeitbilanz mit Bauwagen auf die Insel. mehreren Beiträgen von Mitgliedern von ZEW. Dezember: Bildungsoffensive Elbinseln informieren über Projekte. Dezember: „Ein Platz für Bauwagen in Wilhelmsburg“ (Pressemitteilung zu „Zomia“) Dezember: FIT Fahrrad Insel Touren schließt zum Jahresende. Dezember: „Verkehrsplaner, Wilhelmsburger und BUND Hamburg fordern das Aus für die 78 Hafenquerspange“ (gemeinsame Pressemitteilung). 79 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2011 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2011 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Januar: Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht die Grundschule Rotenhäuser Damm. Januar: Einwohnerversammlung zur Bürgerschaftswahl mit den Kandidaten: Anja Hajduk, Januar: Die neue Radwegbrücke am Argentinienknoten wird in Betrieb genommen. Katja Suding, Michael Neumann, Dr. Joachim Bischoff und Jörn Frommann. Januar: Lichterkette für die Elbe als lebendiger Fluss am Kreetsander Hauptdeich. Februar: „Rad-Schlag Nummer 2 – Beispiel Radverkehr in Rotterdam“ – Pegelstand mit März: 10 Jahre Dienstleistung im Laurens-Janssen-Haus. Heike Bunte. März: Wilhelmsburger Appell für eine soziale Wohnungspolitik für Wilhelmsburg. März: „Wilhelmsburg entwickelt sich – aber Wohin?“ – Pegelstand mit Jens Töpper sowie April: Der S-Bahnhof Wilhelmsburg wird umgebaut. Er ist bis Ende 2012 nicht barrierefrei. Peter Birke, Florian Hohnstedt und Moritz Rinn. April: Baumfällungen für die igs und IBA gehen weiter. Juni: „Selbstbestimmen oder beteiligt werden? Zur Zukunft von Demokratie und Bürgerge- April: Demo gegen Missstände in Mietwohnungen, vor allem bei der GAGFAH. sellschaft“ – Pegelstand mit Prof. Dr. Wolfgang Gessenharter. Mai: Teile des igs-Geländes werden gesperrt. September: „Im Westen stinkt´s gewaltig“ – Pegelstand zu den Nordischen Ölwerken im Mai: Die Norddeutschen Ölwerke werden erweitert, sind Kooperationspartner der IBA und Pavillon am Weimarer Platz mit Frau Dr. Parensen, (BSU), Sabine Engel, TÜV-Nord, Karsten stinken weiter. Wessel (IBA), die Herren Halfmann und Leuschner (NOW). Juni: Bildungszentrum Stübenhofer Weg wird eingeweiht. September: „Verkehr Wilhelmsburg 2013+ – Wie das drohende Verkehrschaos verhindern?“ Juni: Die igs 2013 bekommt eine Monorailbahn. – Pegelstand. Juni: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt soll bis 2013 nach Wilhelmsburg umziehen. Juli: igs-Eintrittspreise werden bekannt. WilhelmsburgerInnen sollen an drei Tagen freien Veröffentlichungen Einritt haben. Februar: „Wilhelmsburger Reichsstraße – Konsens statt Konfrontation“(Pressemitteilung) Juli: Senatorin Blankau im Bürgerhaus: „Demokratie kommt ohne Beteiligung nicht aus“. Februar: „Nichts gelernt aus Stuttgart 21“ (Pressemitteilung). Juli: Parkretter formieren sich gegen die (Beton-) Pläne der IBA für den Übergang zum Juni: „Fragen an Senatorin Jutta Blankau“ – anlässlich der Info-Veranstaltung am 21.6. Spreehafen. September: Im aktuellen Fünfjahresplan des Bundesverkehrsministeriums ist kein Geld für Juli: Ernst-August-Schleuse wird neu gebaut. die Hafenquerspange vorgesehen, „Jetzt sollte sich auch Hamburg von der unrealistischen August: Planfeststellung Müllberg Georgswerder. Planung für die Hafenquerspange endgültig verabschieden!“ (Pressemitteilung). September: 75 Jahre SchachKlub Wilhelmsburg. November: „Innerer Frieden in Wilhelmsburg“ September: Stadtteilschule Kirchdorf wird in Nelson-Mandela-Schule umbenannt. Aus der Pressemitteilung zu ZOMIA: „Innerer Frieden ist der Konsens, auf dem seit Jahr- November: Das neue Haus der Jugend Kirchdorf wird Bauwerk des Jahres 2010. zehnten die Wilhelmsburger Bürgerbewegungen ihre Gestaltungskraft gegen zerstörerische November: Sozialer Kahlschlag durch die Einsparungen bei den Ein-Euro-Stellen. Eingriffe behaupten. Wir erwarten, das Zomia eindeutig und öffentlich deutlich macht, dass November: Der Kanukanal als Entwässerungsgraben ist auf dem igs-Gelände fertig. Gewalt in Wilhelmsburg das Zusammenleben tiefgreifend beschädigt. Wir erwarten ein November: Der Kampf um die Größe der Kleingartenlauben beginnt. klares Bekenntnis zum inneren Frieden auf dieser Insel“. November: Neue Ernst-August-Schleuse in Betrieb. (Siehe auch die Pressemitteilung vom 5.12.2010: „Ein Platz für Bauwagen in Wilhelmsburg“ Dezember: Für igs-Parkplätze in der Dratelnstraße müssen weitere Bäume weichen. ZEW hatte sich dafür eingesetzt, dass die Möglichkeit für einen Bauwagenplatz auch im Dezember: Das Bürgerhaus stellt seine Kooperation mit der IBA ein. Bezirk Mitte, in Wilhelmsburg und am jetzigen Standort geprüft werden muss. Dezember: Pläne für Wilhelmsburg als Fahrradmodellstadtteil werden vorgestellt 80 81 I. Aus der Geschichte lernen

Wilhelmsburger Verein Zukunft 2012 Inselrundblick [WIR] Elbinsel Wilhelmsburg [ZEW] 2012 Ausgewählte Themen Veranstaltungen Januar: HPA gefährdet mit Arbeiten am Deich bei der Ernst-August-Schleuse während der Februar: „2025: Autobahnknoten Wilhelmsburg?“ – Auseinandersetzung mit dem „Gesamt- Deichruhe die Sicherheit Wilhelmsburgs. mobilitätskonzept für den Süderelberaum“ des Senats. – Pegelstand mit Christian Baumann Januar: Aufruf zu einem „Tag der Initiativen“ am 22. September 2012. und Michael Rothschuh. Februar: Flutopfer-Gedenkfeiern zum 50sten Jahrestag der Flut von 1962. März: „Wohin mit den Leercontainern?“ Auf Schwerlastern oder auf Binnenschiffen? In Februar: Das neue BSU-Gebäude am S-Bahnhof wird gebaut, ohne Bürgerbeteiligung und Wohngebieten oder im Hafen?“ – Pegelstand mit Jörg Diedrichsen, PROGECO , Kai Tiede- ohne rechtskräftigen Bebauungsplan. mann, CMR-Hamburg GmbH, Axel Kröger, Konrad Zippel Spediteur GmbH & Co KG, Februar: Das Veringeck, ein interkulturelles Wohn- und Pflegeheim wird eingeweiht. Eckhardt Stübner, Planer, BSPartner GmbH & Co KG, Prof. Dr. Heinrich Reincke, Vorstand März: Ein Jahr lang kein Schulschwimmen auf Wilhelmsburg. Entgegen früherer Verspre- Stiftung Lebensraum Elbe, Manuel Humburg, AG-Verkehr Zukunftskonferenz 2001/2002. chungen wird das alte Schwimmbad geschlossen, bevor das neue geöffnet wird. Juni: „Kindeswohl in Wilhelmsburg: GROSS geschrieben! – Welche Jugendhilfe brauchen die März: Mit dem Methadon-Tod von Chantal kommt Wilhelmsburg wieder in den Fokus. Kinder?“ – Pegelstand mit Maria Lüttringhaus (Institut für Sozialraumorientierung, Essen), März: Eine Initiative mehrerer Logistikfirmen, Leercontainer per Binnenschiff ins Hinter- Wilhelm Kelber-Bretz, Forum Bildung Wilhelmsburg, Jutta Morgenroth, Kita-Leiterin i. R, land zu transportieren, wird auf einem „Pegelstand“ vorgestellt. Friederike Walter (Insel-Arche in Wilhelmsburg), Kirsten Holert, Behörde für Arbeit, April: 140 Jahre Wilhelmsburger Männerchor wird gefeiert. Soziales, Familie und Integration. April: 10 Jahre Forum Bildung Wilhelmsburg. April: Einweihung Hamburgs größter Solaranlage auf dem Schuppen des Hafenmuseums. Veröffentlichungen April: Das geplante Dokumentationszentrums auf dem Flakbunker bleibt fraglich. März: „ 10 Jahre Zukunftskonferenz Wilhelmsburg“ – Wo stehen wir heute, 10 Jahre Mai: Das Gelände der igs wird bis einschließlich 2013 gesperrt. Auch der Fernradweg an der danach?“ – (Erklärung der Mitgliederversammlung). Reichsstraße wird gesperrt. Auf der Georg-Wilhelm-Straße wird ein Radstreifen auf der Mai: „Verschwendung von Geld, Zeit und Vertrauen“ – Resümee nach einer Woche Erörte- Fahrbahn abgeteilt. rung im Planfeststellungsverfahren B4/75. Mai: Private Investoren stellen Plan einer Seilbahn über die Elbe nach Wilhelmsburg vor. Juni: Die Wilhelmsburger Reichsstraße im Kreuzverhör beim Konvent der Bundestiftung Mai: Das Rubberthaus am Vogelhüttendeich 159 ist vom Abriss bedroht. Baukultur in Hamburg, Vortrag Manuel Humburg. Juni: Der Entwurf einer Landschaftsschutzverordnung für den Wilhelmsburger Osten wird Juli: „Wilhelmsburger Reichsstraße – Stand, Alternativen und Perspektiven“ (Vortrag vor vorgestellt. Bezirksgremium Mitte von Michael Rothschuh). Juni: Die Deichübergänge zum Spreehafen werden gebaut. Juli bis September: Vorbereitungen zum Aktionstag der Initiativen und Vereine am Juni: Der Barkassenanleger beim Bürgerhaus wird „Ulla-Falke-Terrassen“ genannt. 22.9.2012. Juli: Die Paul-Gerhardt-Kirche wird unter Denkmalschutz gestellt. September: Buchprojekt „Eine starke Insel mitten in der Stadt – Bürger-Engagement in Juli: Hans-Jürgen Schneider investiert in ein neues Einkaufszentrum, das LunaCenter. Wilhelmsburg und auf der Veddel als Motor der Stadtteilentwicklung“.

82 83 II. Ankommensgeschichten

gegangen. Mein Vater arbeitete drei Schich- L.A.: Worauf muss die Politik aus Deiner Nicht mit den Wölfen heulen — ten auf der Norddeutschen Affinerie. Sicht für Wilhelmsburg achten? Hans-Werner Woijkowiak hat H.-W. W.: Sie müssen das Ohr mehr bei den geradlinig, immer seine Meinung gesagt und L.A.: Du bist später auch zur Affi gegangen? Leuten haben. ehrlich wurde mit dieser Haltung zu einer H.-W. W.: Mit 14 Jahren hab` ich eine Lehre wichtigen Person innerhalb zum Betriebsschlosser bei Arthur Leopold L.A.: Was denkst Du, ist das größte Problem der Bürgerbewegung in Rothenburgsort gemacht. Danach bin ich im Stadtteil? und immer dann zur Affi gegangen. Mein ganzes Ar- H.-W. W.: Die immer weiter steigende Ar- beitsleben habe ich da verbracht. mut. Die Leute müssen ja ärmer geworden ein verschmitztes Lachen sein, weil kaum noch einer von seiner Hän- Interview von Liesel Amelingmeyer. L.A.: Als Du eine eigene Familie gegründet de Arbeit eine Familie ernähren kann. Dass hast, seid Ihr nach Wilhelmburg gezogen und Annemarie Dose die Tafel von Berlin nach seither bist Du hier zuhause ... Hamburg und auch nach Wilhelmsburg ge- H.-W. W.: ... zuhause ja, aber meine Heimat holt hat, ist ein großes Verdienst. Aber ei- Liesel Amelingmeyer (L.A.): Hans-Werner, Du burgsort geboren. Meine Eltern, meine bei- ist Rothenburgsort. Das ist so. Aber woll`n gentlich auch traurig, dass es nicht mehr bist gefühlt ein waschechter Wilhelmsburger ... den Brüder Willy und Herbert – wir haben wir mal sagen, für Wilhelmsburg schlägt anders geht. Hans-Werner Woijkowiak (H.-W. W.): ... das am Ausschläger Billdeich gewohnt und ich heute mein Herz. glauben viele, aber ich wurde in Rothen- bin am zur Schule Hans-Werner Wojtkowiak L.A.: Du engagierst Dich seit Jahrzehnten für die Menschen in Wilhelmsburg: Auf der Stra- geboren 1926 in Rothenburgsort. Als ße, bei Gesprächen auf den Wochenmärkten, junger Mann war er ein leiden- Blick vom Deichhaus auf den Stübenplatz. Inzwischen gibt schaftlicher Fußballer. Bis heute es in Wilhelmsburg mehrere sogenannte „Tafeln“, wo im Bürgerhaus, im Pflegeheim, im FORUM tritt er für Fairplay an. Und — er sagt Bedürftige Lebensmittel bekommen, die woanders Wilhelmsburg – damals und heute. Ganz be- was ist. Sein Lebensmittelpunkt ist übriggeblieben sind. Im Deichhaus wird sogar gekocht! sonders hast Du Dich in den letzten Jahren seit Jahrzehnten auf der Elbinsel Wilhelmsburg. für bessere Lebensbedingungen der älteren Menschen, insbesondere in unseren Pflege- heimen, engagiert. Was hast du dabei erreicht? L.A.: Wenn Du einen oder auch mehrere H.-W. W.: Sagen wir mal, ich bin bei Null Wünsche frei hättest. Was würdest Du Dir angefangen und bei Null geendet. Das ein- wünschen? zige ist, ich habe Kontakte geknüpft und ha- H.-W. W.: Dass alle Kinder immer was zu es- be den alten Menschen zugehört. Vielleicht sen haben. Und Bildung! – Auch, dass wir wie- ist das schon was. Da hat von den Pflege- der eine größere Auswahl an Geschäften ha- kräften ja kaum noch jemand Zeit für. ben. Früher bin ich mit meiner Frau über die 84 Fährstraße gegangen. Da konnte man schön85 II. Ankommensgeschichten

Der alte Wasserturm gegenüber dem Krankenhaus Groß Sand: Kraftvoller Zeitzeuge einer wechselhaften Wilhelmsburger Geschichte. Menschen wie Hans-Werner Wojtkowiak sind das auf ihre Art ebenso.

Eine Vorstellung beim Lüttville-Abschluss- fest. Bildung und Armutsbekämpfung sind laut Hans-Werner Wojtkowiak die wichtig- sten Herausforderungen im Stadtteil.

Schaufenster gucken. Man kriegte alles im — erst habe ich gedacht: Ach, das wird nur Stadtteil, musste nicht meilenweit fahren. so ein Aushängeschild für die Alt-Kirchdor- fer — und heute sehe ich, wie gut der Müh- L.A.: Es gibt in Wilhelmsburg ja eine starke lentag jedes Jahr angenommen wird. Bürgerbewegung, an der Du ganz maßgeblich mitgewirkt hast. Was glaubst Du, ist ihr größ- L.A.: Deine Enkelin Jessica ist jetzt 32 Jahre tes Verdienst? alt. Was gibst Du ihrer Generation mit auf H.-W. W.: Dass vielleicht doch der eine oder den Weg? andere wachgerüttelt wurde. Leider ist der H.-W. W.: Vor allem nicht mit den Wölfen Funke immer noch nicht richtig überge- heulen. Sich eine eigene Meinung bilden. Die sprungen. Früher, vor 15 Jahren, haben wir Angst ist heute oft größer als die Courage. den Ortsausschuss mit Themen gefüttert. Liegt wohl an der Konkurrenz, die überall Und heute? Wo bleibt die Bevölkerung im herrscht – leider. Menschlichkeit muss wie- Regionalausschuss? Aber Teilerfolge gibt es: der zählen. Die Müllverbrennung wurde uns nicht di- rekt vor die Haustür gelegt und die Mühle L.A.: Lieber Hans-Werner, vielen Dank für ★ 86 ist so schön restauriert worden. Die Mühle das Gespräch! 87 II. Ankommensgeschichten

Unsere Wohnungen waren richtig alte reichen. Das war allerdings nicht so einfach, Einheimische und Wohnungen, also ohne Dusche, und die Toi- weil ich dazu erst die deutsche Staatsange- Wilhelmsburger seit 40 Jahren. letten waren eine Etage höher. Aber in Wil- hörigkeit erwerben musste. Einwanderer: Vom Arbeiter zum helmsburg ging die Entwicklung sehr schnell. gemeinsam Bezirksabgeordneten – In wenigen Jahren wurden die meisten Woh- 1990 haben meine Familie und ich uns Ein gutes Beispiel für Integration nungen zügig modernisiert oder viele alte beworben und sind ein halbes Jahr später und Bürger-Engagement Häuser abgerissen und neu gebaut. deutsche Bürger geworden. 1993 begann für ein mein politischer Werdegang im Ortsaus- Zunächst habe ich acht Jahre gearbeitet schuss Wilhelmsburg. Seitdem bin ich konti- lebenswertes Wilhelmsburg! und dann auf der Fachhochschule Hamburg nuierlich in der Kommunalpolitik aktiv. von Bayram Inan. Maschinenbau studiert. Als Ingenieur habe ich gleich Arbeit gefunden und arbeite in dieser Bayram Inan Branche seit 1987 ohne Unterbrechung. Ich habe mich sehr schnell hier integriert, natür- kam nach der Lehre in Istanbul 1973 Ich kam im November 1973 nach Hamburg- hatte ich in Istanbul gemacht. Direkt nach lich spielte Bildung und Ausbildung dabei die nach Wilhelmsburg. Später studierte Wilhelmsburg. Ich bin damals als sogenann- meiner Ankunft wohnte ich zuerst im Bahn- entscheidende Rolle. Deshalb kann ich nur im- er Maschinenbau. Neben seiner Ar- ter Gastarbeiter gekommen, meine Lehre hofsviertel in der Buddestraße. mer wieder sagen: Bildung, Bildung, Bildung! beit als Ingenieur hat er sich ehren- amtlich für Jugendliche eingesetzt. 1990 erwarben er und seine Familie die deutsche Ich habe mich immer als Wilhelmsburger Staatsbürgerschaft. Seit dem ist er politisch tätig und gefühlt. Für eine gute Zukunftsentwicklung seit 1999 Bezirksabgeordneter. auf den Elbinseln müssen alle zusammen hal- ten. Deshalb habe ich auch viele Jahre lang in den Häusern der Jugend mit Jugendlichen ge- arbeitet und dort verschiedene Gruppen ge- Als Ingenieur waren für mich die Berei- leitet. Mein Bestreben war immer, die Ju- che Bau und Stadtentwicklung besonders gendlichen für gute Bildung und Integration wichtig, außerdem Bildung und Integration. zu motivieren. Wenn es um gute Integration und gutes Um mich politisch zu engagieren, Zusammenleben ging, musste ich oft eine musste ich die „Brücken-Rolle“ übernehmen. Ich war im- deutsche mer gegen Parallelgesellschaften. Es wird Staatsangehörigkeit erwerben immer gesagt: Migranten sollen sich inte- Bewohner der Elbinsel fühlen sich als Wilhelmsburgerin- grieren, aber so einfach geht das nicht. nen und Wilhelmsburger, egal aus welchen Ländern sie Später wollte ich versuchen, über politisches Integration ist eine Querschnittsaufgabe. selbst oder ihre Eltern stammen. 88 Engagement mehr für meinen Stadtteil zu er- Man muss dazu auch Hilfestellungen geben.89 II. Ankommensgeschichten

In den Siebzigern gab es auf der Insel billigen Für mich heißt Integration: Fordern und alle Wilhelmsburger und gehören hier her. Wohnraum für Migranten. Heute Fördern! Sonst klappt das nicht. Wilhelmsburg war immer eine schöne grüne, ist zum Beispiel das Reiherstiegviertel ein ruhige Insel. Natürlich muss modernisiert wer- angesagter Kiez mit ständig steigenden Ein Glück, dass alle den, aber es muss ruhig und grün bleiben. Aller- Mieten in sanierten Altbauten. Migranten dings reichen modernisierte Wohnungen nicht Deutsch als aus: Vor allem brauchen wir für unsere Kinder gemeinsame Sprache haben bessere Bildungschancen. Dazu brauchen wir kleine Schulklassen, Förderstunden etc. Ich denke, die deutsche Politik hat in der Wohnungsbelegung große Fehler gemacht. Seit 1999 vertrete ich Wilhelmsburger In- Wo ich wohne, war ich lange Zeit der Einzige teressen im Bezirksparlament. Für mich steht mit Migrationshintergrund. Alle meine Nach- der Stadtteil an erster Stelle, dann erst barn waren Deutsche. Jetzt leben in einem kommt die Partei. Deshalb ist auch nicht ent- Gebäude oft nur Migranten aus verschiede- scheidend, in welcher Partei ich bin. nen Ländern. Ein Glück, dass wenigstens Wir müssen zusammen arbeiten, in und für Deutsch die gemeinsame Sprache ist. Wilhelmsburg: für eine Verbesserung der Ver- kehrsinfrastruktur, LKW-freie Wohnstraßen Mir scheint, dass das Zusammenleben und einen guten Lärmschutz an der Bahn. früher besser funktioniert hat. Ich glaube, das Wenn wir zusammen halten und daran arbei- hängt mit der sich verschlechternden sozia- ten, bin ich ganz sicher, dass wir das schaffen len Lage und der Armutsentwicklung zusam- werden. men. Wenn irgend etwas schief geht, bekom- men oft die Migranten die Schuld. Das ist Also ich bin als Wilhelmsburger in ers- natürlich Unsinn. ter Linie für Wilhelmsburg da, mit Euch In Wilhelmsburg leben 37 Nationen. Ja, Wil- zusammen für ein lebens- und liebenswer- helmsburg ist bunt – und das ist auch gut so! tes Wilhelmsburg und eine gute gemeinsa- Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, me Zukunft. ★ dass ein besseres Zusammenleben gelingt. Wir haben keine andere Wahl. Denn wir sind

90 91 II. Ankommensgeschichten

Weg in eines der berüchtigtsten Hamburger sonders begeistert von dem alten Kohleherd. Meine Einwanderungsgeschichte Viertel. Meine Eltern waren von diesem Aus- Mehr war nicht zu sehen, denn die Wohnung Das Bürger-Engagement auf der flug dann auch nicht sehr begeistert. Im Lau- selbst war noch eine einzige Baustelle. Als der — wie ich nach Elbinsel hat Claudia Roszaks Leben fe der Fahrt wurde meine Angst weniger und Makler uns fragte, ob wir die Wohnung mie- Wilhelmsburg positiv beeinflusst. Denn wer meine Neugier mehr. Denn was ich aus dem ten wollten, sagten wir sofort zu. Veränderungen erreichen möchte, Busfenster sehen konnte, gefiel mir: Viele muss aktiv werden! Menschen in bunter Kleidung auf den Stra- Wir zogen im August 1991 in unsere kam und ßen und schöne Altbauten. Wohnung und irgendwann kehrte der Alltag ein. Ich stellte fest, dass es wenig Geschäfte hier mein Zuhause fand Die Wohnung über dem Aldi-Laden be- für die Dinge gab, die mir wichtig waren. von Claudia Roszak. kam ich leider nicht. Trotzdem sollte die Be- Aber damit konnte ich gut zurechtkommen, sichtigung einen Umbruch in meinem, bisher weil wir zum Einkaufen sowieso nach Har- sehr behüteten, Leben bedeuten. Offenbar burg oder in die Hamburger Innenstadt fuh- fand der zuständige Makler mich sympa- ren. Ich wohnte zwar in Wilhelmsburg, aber Ich erblickte Wilhelmsburg zum ersten Mal Als ich an der S-Bahn Veddel in den 155er thisch, denn er bot mir eine größere Woh- lebte dort noch lange nicht. im April 1991 – 24-jährig – im Rahmen einer Bus stieg, war ich sehr aufgeregt und ein nung in der Fährstraße an. Diese wurde ge- Wohnungsbesichtigung in der Dierksstraße, bisschen ängstlich. Immerhin war ich, die Un- rade renoviert und sollte in einigen Monaten Claudia Roszak direkt über dem damaligen Aldi-Laden. schuld aus dem Hamburger Umland, auf dem besichtigt werden können. Natürlich konnte sich in meinem privaten Umfeld keiner vor- wurde 1966 in Geesthacht geboren. stellen, dass ich diese Wohnung jemals tat- Seit 1990 arbeitet sie im Außenhan- sächlich von innen sehen würde. del. In Wilhelmsburg wohnt sie seit August 1991. Wilhelmsburgbewegt Ich wohnte nun zwar in ist Claudia Roszak seit März 1994. Wilhelmsburg, Ihr Interesse gilt dem interkulturellen Arbeiten und Le- ben. Ihr Lebensmotto: Learning by doing. aber ich lebte dort noch lange nicht

Trotz aller Unkenrufe erhielt ich Anfang Juli Meine Bücher kaufte ich jedoch schon da- 1991 einen Anruf, ob ich am nächsten Tag Zeit mals in Wilhelmsburg. Glücklicherweise be- zu einer Besichtigung in der Fährstraße 41 hät- fand sich die Buchhandlung Lüdemann gleich te. Meinen Freund könne ich gerne mitbrin- gegenüber der Wohnung auf der anderen gen. Wir beide verliebten uns – nicht ineinan- Straßenseite. Für einen passionierten Bü- Der Blick aus dem Wohnzimmerfenster von Claudia der – sondern auf der Stelle in die aufgeris- cherwurm ist das sehr praktisch. Irgendwann Roszak: Viel Grün und die Kräne des Hafengebietes senen Bodendielen und die alten Hamburger merkte ich, dass Mitmenschen merkwürdig inklusive neuem Kohlekraftwerk Moorburg. 92106 Kacheln in der Küche. Mein Freund war be- reagierten, wenn ich erzählte, dass ich frei93- 24 II. Ankommensgeschichten

willig aus Geesthacht nach Wilhelmsburg ge- woanders hinzuziehen. Ich wollte nicht an ei- zu nehmen. Diese Fähigkeit der BewohnerIn- tionen vorbereitet wurden. Zuerst hörte ich zogen sei. Diese Reaktionen verunsicherten nem Ort wohnen, an dem der Müll der ge- nen von Wilhelmsburg, unabhängig von der nur zu, weil ich noch zu wenig über Wil- mich sehr, denn offenbar war es sehr be- samten Stadt verbrannt wurde und der es politischen Meinung oder der Herkunft, ge- helmsburg wusste, um mitzureden. Irgend- denklich, ohne ersichtliche Not auf die Elbin- Menschen unmöglich machte, dieses Stigma meinsam für den Stadtteil zu kämpfen, hat wann wurde ich dann gefragt, ob ich mal sel zu ziehen. Deshalb heirateten mein vom „Raum für den ungeliebten Rest der mich auch in späteren Jahren immer wieder sonnabends beim Flugblatt-Verteilen am Freund und ich 1993 auch nicht in Wilhelms- Stadt“ jemals wieder loszuwerden. beeindruckt. An diesem Tag beschloss ich, Pudding helfen könnte (Anm. d. Verf.: Als burg sondern in Geesthacht. Meine Eltern mich für Wilhelmsburg stark zu machen. Pudding bezeichnen die Bewohnerinnen die (speziell mein Vater) und die übrige Ver- Die gesamte Straße zwischen Kreuzung Fährstraße/Ecke Veringstraße). wandtschaft hatten zwischenzeitlich mit mei- Rathaus und Bürgerhaus Mein richtiges Coming-out als Wilhelms- nem Umzug in den „Sündenpfuhl“ bzw. „das war mit Menschen bevölkert. burgerin erlebte ich im September des glei- Stadteilengagement wurde zu einem Mörderdreieck“ ihren Frieden gemacht. Man Ich war tief beeindruckt chen Jahres auf einer Wahlkampf-Radtour Teil meines Lebens. begann, unsere kleine Wohnung und das di- der örtlichen GAL-VertreterInnen auf der Ich half bei rekte Umfeld irgendwie charmant zu finden. An einem Sonntag im März 1994 fuhr ein al- Schulzenbrücke genau über der Dove-Elbe. der Vorbereitung von tollen Aktionen ter bunter VW-Bus mitten in mein Gefühls- Ich spürte ganz deutlich, dass ich jetzt zu Wil- Der Hamburger Erste Bürgermeister chaos und rettete mich. Der Fahrer des Bus- helmsburg gehörte. Das Gefühl von Heimat Flugblätter zu verteilen ist gar nicht so ein- Henning Voscherau ses verkündete via Lautsprecher, dass am 28. war mir vorher fremd und auch eher unbe- fach. Man braucht Menschenkenntnis, um sprach in der Presse März eine große Demo stattfinden würde, um haglich. Mutiger geworden, traute ich mich einschätzen zu können, ob der Empfänger davon, dass „das Boot voll sei“ dem Senat zu signalisieren, dass die Wil- auch während der Arbeit und beim Shopping wirklich ein Interessent sein könnte oder das helmsburger BürgerInnen nicht ohne Gegen- in der Innenstadt, meine neu erworbene Pla- Flugblatt gleich im nächsten Papierkorb ent- Nur ich fremdelte plötzlich und fürchtete, wehr die MVA hinnehmen würden. Der Spre- kette „Rettet unser Wilhelmsburg JETZT“ zu sorgen würde. Auch lernte ich, dass zuviel In- mich mit dem Umzug beruflich und sozial ins cher kündigte an, dass alle sieben Brücken tragen. Im Büro wurde meine neue Wilhelms- formation eher abschreckt als der Sache zu Abseits manövriert zu haben. Diese Verunsi- der Insel, d.h. die Verbindung zur Außenwelt, burg-Identität eher milde belächelt. In der dienen. Zu schnell reden darf man auch nicht. cherung erreichte ihren Höhepunkt, als der von innen blockiert werden würden. Alle Bür- Innenstadt jedoch bekam ich teils sehr heftige Es gab durchaus auch Situationen, in denen Hamburger Senat im Frühjahr 1994 be- gerInnen seien aufgerufen, an der Demo teil- Abwehrreaktionen zu spüren. Eine Verkäufe- ich mit der Lebensgeschichte oder den inter- schloss, auf Neuhof, d.h. Wilhelmsburger zunehmen. Ansonsten würden sie sich schul- rin in der Parfümerie-Abteilung eines Kauf- kulturellen Schwierigkeiten meines Gegen- Gebiet eine Müllverbrennungsanlage zu dig machen an dem Unrecht. Natürlich wollte hauses fühlte sich von meiner Plakette sehr übers konfrontiert wurde. Die Lektion lautete bauen. Gleichzeitig sprach der Hamburger ich an der Demo teilnehmen, traute mich angriffen, weil sie in Wilhelmsburg ein unan- also: Ein guter Flugblatt-Verteiler kann sich Erste Bürgermeister Henning Voscherau in aber nicht, meinen Chef um Freizeit zu bitten. genehmes Erlebnis gehabt hatte. auch mal abgrenzen und ein Gespräch der Presse davon, dass „das Boot voll sei“. Immerhin schaffte ich es noch zur Abschluss- unterbrechen. Die Wochenzeitschrift der STERN titelte so- kundgebung vor das Wilhelmsburger Rat- Im Laufe der Zeit lernte ich, dass bürger- gar: „Wer kann, haut ab“. Gemeint war damit haus. Die gesamte Straße zwischen Rathaus schaftliches Engagement mehr beinhaltet, als Stadtteilengagement wurde zu einem die Bevölkerungsstruktur in Wilhelmsburg und Bürgerhaus war mit Menschen bevölkert. mit einer provokanten Plakette durch die wichtigen Teil meines Lebens. Ich half bei der mit einem hohen Anteil an Migranten und Ich war tief beeindruckt, dass sich so viele Stadt zu marschieren. Versammlungen fan- Vorbereitung von tollen Aktionen. Während sozial schlecht gestellten Menschen. Ich be- BürgerInnen auf den Weg begeben hatten, den regelmäßig statt, auf denen aktuelle The- der Schwungsitzung im Karneval 1997 stand 94kam Angst und schlug meinem Mann vor, um die Geschicke der Insel selbst in die Hand men rund um den Stadtteil diskutiert und Ak- ich sogar zusammen mit meinem Ehemann95 II. Ankommensgeschichten

Es brauchte viel Kraft zum Bleiben. Ich jedoch Spreehafen. Unsere Aktion entfachte im hatte keine Kraft mehr und zog mich von al- Stadtteil eine heftige Diskussion um das Für len Stadtteilaktivitäten zurück. und Wider dieser Forderung. Ich mischte wieder begeistert mit. Irgendwie ging es aber trotzdem weiter. Bei der sich anbahnenden Zukunftskon- Am Jahresbeginn 2001 wurde in der Pres- ferenz wollte ich aber trotzdem nicht mit- se zum ersten Mal darüber geschrieben, dass arbeiten. Wir hatten ja schon im Jahre 1995 für Wilhelmsburg eine Entwicklung jenseits 128 Vorschläge im Rahmen der Inselgesprä- des Stigmas möglich sein könnte. In der Öf- che erarbeitet, die in den Senatsschreibti- Die Umweltgruppe des FORUM Wilhelmsburg fährt fentlichkeit wurde bereits offen über die Zu- schen ein trauriges Dasein fristeten. Warum anlässlich der Karnevalsdemo 1997 auf ihren Schub- kunft des Hamburger Freihafens diskutiert. also das Fass noch einmal aufmachen, anstatt karren Aussagen des Senats zu Wilhelmsburg spazieren. die Vorschläge einfach umzusetzen? Der Spreehafen sollte nun endlich Auf Bitten eines Mitstreiters engagierte aus dem ich mich schließlich doch in der Zukunftskon- auf der Bühne. Wir sangen „ein Loch ist im den Stadtteil flossen, glitt die Insel sozial wei- Freihafen entlassen werden ferenz (ZuKo). Ich wurde gebeten, in der AG Eimer“ mit einem Text, der sich auf die Senats- ter ab. Ich verstand, dass ich mit meinem si- Freizeit und Kultur mitzuarbeiten, weil dort politik zu Wilhelmsburg bezog. Der Auftritt war cheren Einkommen und der Eigentumswoh- Hintergrund hierfür bildete die sich verän- noch Leute fehlten. Eigentlich hätte mich das zwar ein Erfolg, aber trotzdem habe ich nie nung zu den Privilegierten gehörte. dernde Hafennutzung. Aufgrund der immer Thema Wohnen mehr interessiert. Aber was wieder zu zweit auf einer Bühne gesungen. größeren Schiffe orientierte sich die Hafen- tut frau nicht alles für Wilhelmsburg. Ehe ich Wie sehr der soziale Friede in Wilhelms- industrie in den Westen, d.h. mehr zur Mün- einmal Luft holen konnte, wurde ich Spreche- Einige Zeit später kauften wir eine Woh- burg am Abgrund stand, wurde im schreckli- dung der Elbe. Die Speicherstadt war bereits rin der AG Freizeit und Kultur und bestimmte nung in der Georg-Wilhelm-Straße, im Süden chen Sommer 2000 deutlich: aus der Freihafenzone entlassen worden. Wa- neun Monate lang den Prozess zur Perspek- der Insel. Wir waren unendlich stolz auf unser Ein kleiner Junge verlor bei einem Kampf- rum sollte dies nicht auch für Wilhelmsburg tiven-Entwicklung für Wilhelmsburg mit. Zuhause. Ich liebe noch heute den schönen hundangriff das Leben, ein albanischer Vater möglich sein. Immerhin hatten wir mit dem Blick aus dem Wohnzimmerfenster. Wir bli- tötete einen Landsmann wegen verletzter Fa- Spreehafen doch unsere eigene kleine Alster Ganz neu für uns war übrigens, dass wir cken direkt auf den Kai von Wallmann und milienehre, ein bisher unauffälliger junger – wenn auch hinter dem „Eisernen Spreeha- BürgerInnen nach Abschluss der ZuKo und können Stückgutfrachter bei der Be- und Ent- Mann tötete seine ehemalige Lebensgefährtin fenvorhang“. Eine Hafennutzung wäre lang- nach Veröffentlichung der Ergebnisdokumen- ladung betrachten. Wir genießen die Spannung und zwei ihrer Töchter. Wieder überschlugen fristig sowieso nicht mehr möglich aufgrund tation „Weissbuch“ für unsere Arbeit von Se- zwischen Hafenindustrie auf der einen Stra- sich die Negativschlagzeilen. Diesmal war es der unzureichenden Tiefe des Beckens. nat und Behörden deutlich gelobt wurden. Auf ßenseite und Grünzonen auf der anderen. besonders schlimm, da sich die Nachricht von einmal hörte man uns wirklich zu. Die in der den tragischen Vorkommnissen im gesamten Im Januar 2001 forderten wir als Mit- ZuKo aktiven BürgerInnen fanden es an der Dieses Idyll hatte aber auch Schattenseiten. Deutschland verbreitete. Das Leben auf Wil- streiterInnen des damaligen Forums Wil- Zeit, endlich gemeinsam mit Senat und Be- Obwohl96 seit 1995 beträchtliche Geldbeträge in helmsburg war damals wirklich nicht einfach. helmsburg die Öffnung des Zollzauns am hörden die Zukunft Wilhelmsburgs auf einen97 II. Ankommensgeschichten

Erfolg versprechenden Weg zu bringen. Dazu nationaler Ausrichtung, sprich igs) so zu ge- seit Jahrzehnten wichtige Themen auf der In- nungsverbesserungen zu verlangen. Immerhin gehörte der lange gewünschte Paradigmen- stalten, dass sie den BürgerInnen dienen sel (z.B. Stichwort Hafen-Quer-Spange = HQS). leben wir in einer Demokratie. wechsel. Es galt die Sichtweise auf Wilhelms- würde. burg zu verändern und der Insel eine neue Ich finde es interessant festzustellen, Trotz aller Zerreißproben gibt es den Ver- Identität zu geben, die unseren BewohnerIn- Wir veranstalteten BewohnerInnen- wie sich gute Ideen ein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg auch nach neninteressen Rechnung trug. Um dies si- Stammtische, auf denen Wünsche und Be- beim Durchlaufen der üblichen zehn Jahren immer noch. Nicht jeder Mensch cherzustellen und unsere Interessen gezielt fürchtungen der BürgerInnen gesammelt Behördenprozesse negativ verändern im Stadtteil stimmt mit unseren Positionen vertreten zu können, gründeten viele Bürger- wurden, und leiteten diese mit klaren Aufga- überein. Im Gegenteil, viele Menschen sind Innen direkt im Anschluss an die ZuKo den benstellungen zwecks Umsetzung bzw. Abhil- Was die Stadtteilseele im Oktober 2008 dann ganz deutlich nicht unserer Meinung. Wir Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V.“, fe an die BSU-Vertreterinnen des Gremiums fast zum Überkochen brachte, war die Ankün- Mitglieder können ausschließlich nur für un- kurz ZEW genannt. Ich gehöre zu den weiter. Jörg und Angad unterstützten uns tat- digung der damaligen Senatorin für Stadtent- seren Verein sprechen und nicht für den Gründungsmitgliedern. kräftig bei unserer Arbeit. Schade ist, dass wicklung und Umwelt, Frau Hajduk, die Wil- Stadtteil. Für uns selbst zu sprechen, ist Jörg sich im Laufe der Zeit nicht mehr vom helmsburger Reichsstraße rechtzeitig zur igs/ manchmal schon schwer genug. In den letzten drei Jahren mussten Verein repräsentiert fühlte, den er für zu un- IBA auf die ungenutzten Schienenstränge am sich die Initiativen und kritisch gegenüber IBA und igs hielt, und sich Bahnhof zu verschwenken. Als ich die Ankün- Hier auf der Insel zu wohnen, ist Vereine verstärkt den für den Austritt entschied. Ich bedaure dies digung in der Zeitung las, habe ich mich zu- immer noch mit Verkehrsplanungsthemen widmen noch heute. Schön finde ich, dass Jörg sich nächst sehr gefreut. Die Forderung zur Verle- Einschränkungen weiter sehr intensiv für Stadtteilinteressen gung kommt ursprünglich aus dem Stadtteil. und Kompromissen verbunden Erstaunlicherweise wurde ich zur ersten stark macht. Er vertritt eine weitaus kriti- Was natürlich keiner von uns jemals beabsich- Vorsitzenden des Vereins gewählt und wid- schere Linie gegenüber igs und IBA als ich, tigte, war der gleichzeitige Ausbau zur Auto- Ich schreibe diesen Text im Juli 2012 zur Ver- mete mich zwei Jahre dem Strukturaufbau was durchaus auch seine Berechtigung hat. bahn. Meine anfängliche Freude wandelte sich öffentlichung in unserer Jubiläumsschrift an unseres gemeinsamen Babys. Das war nicht Danke Jörg, dass Du diesen teils sehr unan- dann ziemlich schnell in Ärger. Ich finde es meinem Esstisch in der Georg-Wilhelm- immer einfach. Als Vorsitzende ist man nicht genehmen Job übernommen hast. Angad ist immer wieder interessant festzustellen, wie Strasse mit Blick auf den Wallmann-Kai. In- immer beliebt. Als Vollzeit im Außenhandel inzwischen mit ihrer Familie ins Hamburger sich ursprünglich gute Ideen beim Durchlaufen zwischen ist die Aussicht auf das entstehende beschäftigte Importabwicklerin trat ich auch Umland gezogen, weil dort die Grundstücks- der üblichen Behördenprozesse so verändern, Kohlekraftwerk Moorburg hinzugekommen, nicht oft öffentlich in Erscheinung. Letztlich preise nur die Hälfte gegenüber denen auf dass fast nichts Positives mehr übrig bleibt. nicht gerade ein Geschenk für eine Wilhelms- hat sich die ehrenamtliche Plackerei aber Wilhelmsburg betragen. Sie macht die Image- Weiter finde ich bemerkenswert, wie Bewoh- burgbewegte wie mich. Hier auf der Insel zu doch gelohnt. Nach zwei Jahren konnte ich kampagne von IBA und igs dafür verantwort- nerInnen, die sich gegen die unzureichenden wohnen, ist immer noch mit Einschränkun- meinen Vorsitzenden-Job abgeben und mich lich, dass sie in Wilhelmsburg kein Eigentum Planungen wehren, diskreditiert werden. Ich gen und Kompromissen verbunden. der inhaltlichen Arbeit zuwenden. Mein Ver- mehr erwerben konnte. finde es hierfür unerheblich, dass die Forde- ein entsandte mich zusammen mit Astrid rung ursprünglich in einem Teil des Stadtteils Trotzdem hat sich die Elbinsel in den letz- Christen in den neu gegründeten IGA–Bei- In den letzten drei Jahren mussten sich entstand und Eingang in die ZuKo fand. Wir ten zehn Jahren meiner Ansicht nach zu ih- rat. Wir setzten uns dafür ein, die IGA (da- ZEW und die anderen Initiativen und Vereine haben trotzdem das Recht, die Schwachpunkte rem Vorteil entwickelt. IBA und igs lösen si- mals sollte es noch eine richtige IGA werden verstärkt den Verkehrsplanungsthemen wid- von stadtteilverändernden Planungen zu be- cherlich nicht die Wilhelmsburger Grund- 98und keine „Bundesgartenschau mit inter- men. Verkehr bzw. dessen Auswirkungen sind nennen und dagegen zu votieren bzw. Pla- probleme. Dennoch profitieren wir meines99 II. Ankommensgeschichten

Aussicht von Claudias Fenster VOR dem Bau des Kohlekraftwerkes Moorburg.

Ganz typisch für Wilhelmsburg ist die Schafherde. Demo 1994 gegen MVA: Hamburg hat viele Stadtteile — Die Schafe wandern in den Sommermonaten immer Herr Senator, warum losen Sie nicht? Haben Sie Angst, rund um die Insel und treten beim Grasen den Deich fest — man baut vor IHRER Haustür? biologische Deichsicherung.

Erachtens von diesen Veranstaltungen, weil Wilhelmsburg, meine geliebte Elbinsel! mehr BewohnerInnen aus Nord-Hamburg Das Leben auf Dir hat mir Raum zum Wach- den Sprung über die Elbe als BesucherInnen, sen gegeben. Du hast mich verändert, so wie oder sogar als Neu-WilhelmsburgerInnen, ich dich wahrscheinlich ebenfalls mit verän- wagen und feststellen, dass es sich hier mit- dert habe. Meine Geschichte ist also eine ten in der Elbe trotz aller Widrigkeiten wun- richtige Einwanderungsgeschichte. ★ 100derbar leben lässt. 101 II. Ankommensgeschichten Warum ich gern in Die Motivation ist Barbara Kopf lebt nun schon Der Verein „Zukunft Elbinsel“ Wilhelmsburg seit 20 Jahren in Wilhelmsburg klar: Wir wollen ist ein Zusammenschluss total lebe und „erfährt“ diesen Stadtteil auch in Zukunft verschiedener Menschen, immer wieder neu zu Fuß und die das Beste für die Bewohner — und nicht mit dem Fahrrad in einem Wilhelmsburgs wollen ganz woanders l(i)ebenswerten Stadtteil leben von Barbara Kopf. von Nina-Sophie Herberholz & Michael Eicks.

1994 kam ich nach Wilhelmsburg und fand Heute ist das anders. Heute sind wir „in“. Wir wohnen nun seit acht Jahren in Wil- Da wir aus der kirchlichen Jugendarbeit gleichzeitig das Ländliche meiner westfäli- Dabei ärgert mich, dass der Stadtteil überall helmsburg. Nein, falsch! Wir leben nun seit kommen, ist für uns ehrenamtliches Engage- schen Heimat und die urbanen Landschaften bewertet wird. Früher als Bronx tituliert, jetzt acht Jahren in Wilhelmsburg. Dass wir auf ment kein Fremdwort. 2006 konnten wir den des Hafens vor, die mich an das Ruhrgebiet, als Stadtteil der Zukunft hervorgehoben. Den der Insel gestrandet sind, war eigentlich rei- Verein „Interkultureller Garten Hamburg-Wil- wo meine Mutter herstammt, erinnerten. Da- Stadtteil Wilhelmsburg sollten wir aber er- ner Zufall: Gute Infrastruktur, gute ÖPNV- helmsburg e. V.“ mitgründen, in dem wir nach zu gab es damals schon eine tatkräftige Bür- fahren und und ihm Respekt zollen, mit Be- Anbindung, viel Grün, schöne Wohnung. wie vor aktiv sind. 2010 gründeten wir den gerbewegung, die zu der Zeit gefühlt wö- wertungen kommen wir nicht weiter. ★ Schnell haben wir Leute kennengelernt und Verein „Künstlerhaus Georgswerder e. V.“ mit. chentlich auf die Straße ging.* Das fand ich festgestellt, dass es hier viele Menschen gibt, In beiden Vereinen tummeln sich auch Mit- einfach nur faszinierend und sehr passend die sich sehr für ihren Stadtteil einsetzen. glieder des Vereins „Zukunft Elbinsel Wil- für mich. Diese Aktivisten trifft man bei allen sich bie- helmsburg“. So hat man regelmäßig Kontakt tenden Gelegenheiten wieder. miteinander. Um „Zukunft Elbinsel e. V.“ zu un- In den 90er Jahren traten die Leute noch terstützen, sind wir dort seit 2009 Mitglied. ★ vor Schreck drei Schritte zurück, wenn ich Wilhelmsburg ist ein Stadtteil, in dem viel sagte, dass ich in Wilhelmsburg wohne. in Bewegung ist. Ein Stadtteil, der viele Mög- lichkeiten der Entwicklung bietet, der nicht so tot ist wie eine ausgelatschte Sandale. Das hat auch die Stadt Hamburg erkannt und wittert * Das waren zur der Zeit noch die Demos, die vom Wachstumspotenzial. Doch Wachstum bedeutet FORUM Wilhelmsburg organisiert wurden, so etwas wie nicht automatisch Verbesserungen. Dies ist der der „Vorläufer“ des Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelms- Die Leiterin des Freizeithauses ist Inselfan (Amrum, burg. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Hiddensee, Kreta, Wilhelmsburg), geboren in der Grund, warum es in Wilhelmsburg so viele ak- Leute vom Verein, die sich unermüdlich für die vielen westfälischen Provinz, Arbeitertochter, arbeitet tive Bewohner gibt: Es gibt immer viel zu tun Belange des Stadtteils einsetzen. und lebt schon fast 20 Jahre in Wilhelmsburg. und viele Möglichkeiten, sich zu engagieren. Nina-Sophie Herberholz und Michael Eicks 102 mit ihren Zwillingen Elias und Matteo103 II. Ankommensgeschichten

mieten für das Geld, das wir für diese kleine Ein Jahr später, ich hatte gerade den Par- Tapetenwechsel — Butze hier zahlen. Mit Garten! Mein Freund kettboden im Dachgeschosszimmer fertig Über schwierige war nicht gänzlich abgeneigt, sich das Häus- und eben das Werkzeug aus der Hand gelegt, mein Sprung Entscheidungen, chen einmal anzusehen. Das Häuschen war rief der Vermieter an und teilte uns mit, dass über die unbegründete Ängste und sehr viel schöner, als ich für den Preis ver- er das Häuschen leider verkaufen müsse. Wir die Erfahrung mit seltsamen mutet hätte. Es war noch nicht alt, hatte hätten nun die Möglichkeit, uns mit einem Verkehrsplanungen Fenster bis zum Fußboden und verfügte über neuen Vermieter auseinander zu setzen oder Elbe, von ein briefmarkengroßes gemütliches Gärtchen. es selbst zu kaufen. Toll – ausgerechnet in Der nächste S-Bahnanschluss war nicht mal diesem Moment. Und – wieder so eine Ent- Ottensen nach Wilhelmsburg zwei Kilometer weit weg. Ich war wankelmü- scheidung mit Tragweite. Nach längerem Hin von Astrid Kraekel. tig. Sollte ich mein geliebtes, beschauliches und Her und eingehender Prüfung von Kon- Ottensen verlassen? Zu Gunsten eines Stadt- tostand und Einnahmequellen entschlossen teils, von dem ich hauptsächlich wusste, dass wir uns, die nächsten Jahre bis Jahrzehnte Kinder auf offener Straße von Kampfhunden unseres Daseins friedlich zwischen Obstgär- Es war irgendwann im Sommer 2007. Mir war in den Immobilienanzeigen einer Hamburger zerfleischt werden und dass das gesamte ten und einer Großwohnsiedlung der sechzi- warm. Die sommerliche Hitze staute sich drü- Tageszeitung und sah mich irgendwann zu Areal jederzeit von meterhohen Flutwellen ger Jahre zu fristen. So dachten wir. Doch es ckend in unserer kleinen Ottensener Dach- einem erstaunten Ausruf veranlasst: He, guck überspült werden könnte? Wir mieteten es. kam anders. geschosswohnung. Ich saß am Rechner, surfte mal, hier kann man ein ganzes Häuschen Ein Leben im beschaulichen Ottensen, Astrid Kraekel gegen Pfefferspray und Boxverein in einem mir ist gebürtige Schwerinerin, Sozial- Wilhelmsburger Bauernhäuschen, nach Errichtung einer bis dahin eher unbekannten Stadtteil ökonomin und Aquarellmalerin. Lebt Autobahnkreuzung: Das hat es nun davon. seit 2008 in Wilhelmsburg und enga- Ich kaufte mir Pfefferspray, denn ich dachte, giert sich für ihren Stadtteil. es sei besser, sich auf der Straße verteidigen zu können, und wurde aktives Mitglied eines Wilhelmsburger Boxvereins, weil ich es für vorteilhaft hielt, alle ernstzunehmenden Gefühlte drei Tage nach Unterzeichnung Schläger lieber gleich persönlich kennenzu- des Notarvertrages durfte ich mehr oder weni- lernen. Die Boxer stellten sich als durchaus ger zufällig einer Veranstaltung auf dem Berta- freundliche Zeitgenossen heraus und der Kröger-Platz beiwohnen, in der es hauptsäch- Aufenthaltsort meines Pfeffersprays ist mir lich um die Werbung für IBA und igs, die beiden seit langem unbekannt. Bis heute habe ich es Wilhelmsburger Großereignisse im Jahre 2013, nicht vermisst. ging. IBA und igs, die Konzepte waren mir so 104 leidlich bekannt und ich stand ihnen insgesamt105 II. Ankommensgeschichten

an diesem Nachmittag lediglich Opfer lingu- Die Suche nach Verbündeten istischer Esoterik oder eines profanen Miss- im Kampf gegen den verständnisses geworden zu sein, zerschlug Autobahnwahn und sich ein paar Tage später endgültig. Bürgerbeteiligungen, die keine sind

Was so unfassbar klang, war leider wahr, Nun ist ja der Mensch bei Ungemach jegli- auch wenn der Begriff Autobahn später zur cher Art gern zu unverhältnismäßigen Ge- Beruhigung der Anwohner in Bundesstraße genschlägen bereit, aber was sollte ich gegen umgewandelt wurde. Nun ist das Gebilde Wil- diesen Planungswahnsinn tun? Boden-Boden- helmsburger Reichsstraße (ja die heißt tat- Raketen installieren? Silvester um null Uhr sächlich „Reichsstraße“) in seiner jetzigen Er- einfach alles sprengen? Die Autobahn würde scheinung ein durchaus unerfreuliches in unmittelbarer Nähe unseres soeben ge- Bauwerk, doch sie führt durch ein Gebiet von kauften Häuschens vorbeiführen und seinen Kleingärten und Gewerbe und selten unmit- Wert und damit unsere mühsam ersparten telbar vorbei an Wohnhäusern, was ihre Un- Mittel und einen Teil der Ersparnisse unserer Wilhelmsburger Proteste gegen Autobahnplanungen erfreulichkeit ein wenig erträglicher macht. Vorfahren auf einen Schlag zunichte machen. Auch der für eine Stadtschnellstraße überaus Je länger ich über meine Situation nachdach- zierliche Querschnitt von 14 m ist aus Sicht te, umso klarer wurde mir, was ich zu tun verkehrslärmgeplagter Anwohner eher posi- hatte. Ich brauchte Verbündete. tiv zu bewerten. Das sollte den neuen Plänen durchaus positiv gegenüber. Dachte mir, ein Worte und unterbrach jäh meine getreuliche nach nun gänzlich anders werden. Die neue So kam ich zum Verein Zukunft Elbinsel paar nette Blumenbeete und einige neue Häuser Andacht? Hatte ich gerade richtig gehört? Die Trasse, breit wie eine Autobahn, würde sich Wilhelmsburg. Auch wenn die Ansichten zur könnten dem zuweilen tristen Stadtteil nicht Teilung des Stadtteils sollte aufgehoben wer- in unmittelbarer Nähe der Behausungen von Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße schaden. Andächtig lauschte ich also den Wor- den? Und wodurch? Durch den Bau einer Au- 20.000 Wilhelmsburgern quer durch den im Verein durchaus kontrovers diskutiert ten der Vortragenden. Vor meinem geistigen tobahn!? Es brauchte ein paar Minuten, bis Stadtteil ergießen. Und dabei, es klingt gänz- wurden und werden, in Einem waren und Auge wogten Blümchen und plätscherten Wet- die Information in mein vom Blümchenmeer lich unbegreiflich, die Trennung des Stadtteils sind sich alle einig: KEINE neue Autobahn tern mit innovativer Uferbebauung. umflortes Hirn sickerte. Die Wilhelmsburger ein für allemal und endgültig überwinden. durch unsere Mitte! Etwas später gab es dann Reichsstraße sollte 400 m nach Osten verlegt Nun wird ja in Politik und Verwaltung viel ge- die Engagierten Wilhelmsburger, die sich zu- Wer‘s glaubt wird selig: und mit der Bahntrasse zusammengeführt redet und jeder weiß, dass man nicht allem sammengefunden hatten, um den abstrusen Eine Autobahn durch werden. Bis dahin ist die Sache für den ge- unbedarft Glauben schenken soll, aber die Autobahnplanungen entgegenzutreten. Im Hamburgs Mitte soll die neigten Leser durchaus nachvollziehbar. Ver- hier vorgetragene Planung schien mir derma- Jahre 2010 gründeten wir, nach etlichen po- Teilung Wilhelmsburgs verhindern kehrstrassen bündeln, um Flächen zu gewin- ßen uneinsichtig, gar ungeheuerlich zu sein, litischen Aktionen, unendlich vielen Diskussi- nen, klingt zunächst mal ganz vernünftig. Nur dass ich mir vornahm, über geeignete Gegen- onen und einer vorgegaukelten „Bürgerbetei- Doch da, Moment mal, welch grauenhafte warum muss denn diese Straße gleich zur maßnahmen nachzudenken. ligung“ die Rechtschutz Lebensqualität 106Dissonanz zerriss den Wohlklang gehörter Autobahntrasse mutieren? Meine Hoffnung, Wilhelmsburg GbR, um auch im rechtlichen107 II. Ankommensgeschichten

Bereich fragwürdigen Machenschaften zu werden den Stadtteil nicht aus seinem ver- Leibe rücken zu können. Zeitgleich sehnte ich kehrspolitischen Tief befreien, sind dafür aber mich ein wenig zurück in die friedlich-ver- eine gute Maßnahme gegen steigende Mieten. trauten Ottensener Gefilde. Zurück in einen Stadtteil, in dem es auch der kühnste und au- Konzeptlose tomobilistenfreundlichste Politiker niemals Planungsmaßnahmen wagen würde, eine Autobahnplanung auch als probates nur zu denken, geschweige denn öffentlich Mittel gegen steigende Mieten kundzutun. Aber die Option steht für mich nicht zur Wahl, solange in Sachen Autobahn- Ich freue mich sehr, meine Nachbarn, den bau durch Wilhelmsburg das letzte Wort Stadtteil in dem ich lebe, mit seinen Problemen noch nicht gesprochen ist. und Widersprüchen, so gut kennen gelernt zu haben, und ich hoffe inständig, dass die Auto- Die Schneise die die Trennung des Stadtteils Die vermeintliche Liebe der Menschen zum bahnplanungen, so wie sie zur Zeit vorliegen, überwinden soll ... Auto scheint eine Himmelsmacht zu sein, doch niemals umgesetzt werden. Aber diese Planun- die Folgen sind irdisch. Autobahnbau ist nicht gen haben uns hier im Viertel auch zusammen- nur nicht immer anmutig – er hilft auch nicht geführt. Es ist eben kein Ding so schlecht, dass immer. Konzeptlose Planungsmaßnahmen es nicht auch etwas Gutes hat. ★

Bürgerbeteiligung à la Hajduk: Topp oder Popp?

...108 ist leider auch im Modell kaum schöner. 109 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Zollzaun. Nur für den Rundgang durch den Beflügelt von der Vision, genau hier Spreehafenfeste Spreehafen darf ein „Zollzauntor“ an der Hamburgs ersten Wohnboothafen zu schaf- Der Zollzaun am Potsdamer und Berliner Ufer Harburger Chaussee in Höhe der S-Bahn fen und den Zollzaun für die Anwohner zu feiern: wird 2013 abgebaut. Eine Erfolgsgeschichte Veddel geöffnet werden. Die Besucher treten öffnen, forderten sie den Hamburger Senat die feierliche für Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. ein in das Refugium von Hamburg Port Au- auf, Pläne für eine Hafenquerspange über Kreativität und Hartnäckigkeit thority, kurz HPA (damals noch Strom- und den Spreehafen aufzugeben und die absurden führten zum Ziel Hafenbau). Gleich danach wird das Tor wie- Pläne für eine Teil-Zuschüttung des Hafenbe- Inbesitznahme der verschlossen. Der Spreehafen ist von den ckens zu streichen. Sie fanden, der Kleine Wohnungen in Veddel, Wilhelmsburg und Grasbrook insgesamt könne Platz für neues eines Ortes für alle dem Kleinen Grasbrook nur einen Steinwurf Wohnen am Wasser bieten. Die Docklands in von Liesel Amelingmeyer. entfernt. Und doch ist er weit weg, weil ein London oder Wohnen an Rotterdams Piers eiserner Zollzaun die „Eiländer“ vom Hafen dienten als Vorbild. So könne eine „Wasser- trennt. Rund zwei Kilometer müssen sie zu- stadt“ am südlichen Hafenrand entstehen, die rücklegen, wenn sie von der Harburger zusammen mit der Hafencity neue Wege zum Hamburg, den 4. März 2001: Ein Rundgang organisiert von Marianne Groß vom FORUM Chaussee zu diesem Kleinod an der Elbe zum Wohnen bieten sollte. am Spreehafen entlang vom Wilhelmsburger Wilhelmsburg, bietet Besuchern von nah und Spaziergang aufbrechen wollen. Platz auf der Veddel bis zur Ernst-August- fern das erste Mal Einblick in die Welt die- Liesel Amelingmeyer Schleuse im Nordwesten Wilhelmsburgs, ses beschaulichen Hafenbeckens hinterm Beflügelt von der Vision, den Zollzaun Sozialpädagogin, kennt die Elbinsel dauerhaft Wilhelmsburg seit 1979, fuhr in den für die Inselbewohner zu öffnen frühen Achtzigern noch mit der HVV- Nicht immer war das Wetter beim Spreehafenfest so Fähre von den Landungsbrücken schön wie hier. Die Stimmung hingegen war immer106 gut! Am 15. September 2001 fand hier im Fluss- zum Vogelhüttendeich, lebt seit 1994 in Moorwerder und ist Gründungsmitglied des Ver- schiffer-Spreehafen mit den pastellfarbenen eins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg. Von 2001 bis 2010 Hafenliegern, an Wassertreppe 14, Hamburgs moderierte sie die jährlichen Spreehafenfeste. erstes Spreehafenfest statt. Organisiert wur- de es von der Interessengemeinschaft Spree- hafen Hamburg, einem Zusammenschluss ak- tiver Menschen im FORUM Wilhelmsburg, Die Interessengemeinschaft dachte beim dem Hausbootverein SEH-Hafen Hamburg, ersten Fest im Spreehafen auch über die Vertretern des BUND, dem Wilhelmsburger Olympia-Ambitionen Hamburgs nach, die in Ruder-Club (WRC), unabhängigen Stadtpla- erster Linie den Bewohnern der Elbinsel zu- nern und vielen aktiven Einzelpersonen. gute kommen sollten: wohnortnahe Sport- stätten und – nach den Spielen dann – be- 110 zahlbarer Wohnraum für Alle. 111 III. Herausforderungen für bewegte Bürger Kunst im (Spree-)Hafen: Viele Künstler haben im Spreehafen Projekte realisiert, bzw. die Problematik des geschlossenen Gleich hinterm Zollzaun inspiriert Das Fest war eine gute Möglichkeit, das al- Zollzauns vor Ort thematisiert. Oben links: „Grenzgänger“ das große te Hafenbecken mit den schwimmenden Gär- (Elisabeth Richnow) Hafenbecken zu ten (von Landschaftsarchitekt Ando Yoo) und Unten rechts: „Schwimmer ohne Ufer“ vielfältiger Freizeitnutzung. den Ruderern des Wilhelmsburger Ruder- (Elisabeth Richnow) Clubs von 1895 für ein paar Stunden friedlich Unten links: „Loch im Zaun“ an der In der damaligen Pressemitteilung heißt es: zu erobern und Öffentlichkeit herzustellen. Es Spreehafenmeile (Roswitha Stein) „Im Spreehafen – an der Schnittstelle von durfte mit Genehmigung gefeiert werden. Ex- Olympia 2012 und IGA 2013 – ist die Zukunft tra für diesen Anlass wurde das große Tor zum zum Greifen nahe. Gleich hinterm Zollzaun Spreehafen an der Hafenrandstraße geöffnet. an der Harburger Chaussee eröffnet sich ein Zehn Jahre lang wehten an jenem Tor, pünkt- faszinierender Blick in den Hafen, inspiriert lich zum Feste, die Hamburger und die Wil- das große ungenutzte Hafenbecken zu viel- helmsburger Fahne in friedlicher Eintracht. fältiger Freizeitnutzung. Der Spreehafen, ein Ein großes Banner mit der Aufschrift „Keine Raum für Freizeit, Wohnen und Arbeiten, Autobahn quer über die Insel – freie Sicht auf symbolisiert den Umbruch im Hafen, den Hamburg“ machte unmissverständlich deut- Aufbruch nach Süden, Hamburgs Stadtent- lich, worum es den Initiatoren ging. wicklung im 21. Jahrhundert. Nirgendwo wird aber auch der Konflikt mit den alten Realitä- Ab 2002 übernahm der ten und Widerständen so deutlich, wie hier. Verein Zukunft Die veralteten Pläne einer Autobahn im Her- Elbinsel Wilhelmsburg zen der Stadt treiben im Spreehafen den die Regie des Spreehafenfestes Konflikt zwischen Urbanität und Mobilität auf die Spitze.“ Dies fand in enger Kooperation mit vielen Aktiven aus Initiativen und Vereinen statt. Das war „höchste Eisenbahn“ (mit der Initi- Ortsansässige Firmen, die Gastronomie, ative zum 1. Spreehafenfest), denn der alte Bin- Wohnungsbauunternehmen, die Beiräte für nenhafen, der auf dem Wasserwege Hamburg Stadtentwicklung Wilhelmsburg und Veddel, mit Berlin verbindet, sollte zur Vorbehaltsfläche soziale Einrichtungen, die Deichwacht, Schu- Oben rechts: „Die Badende“ für Verkehr und Logistik werden. Die Wirt- len, die freiwillige Feuerwehr, der Zirkus Wil- (E. Richnow) schaftsbehörde beschloss zum damaligen Zeit- lIBAld, das Bürgerhaus, der Wilhelmsburger Links: Kunst entsteht vor Ort. Die punkt gar, die Schiffbarkeit des Hafenbeckens Ruder-Club v. 1895, Wilhelmsburger Künstler „Wilhelmsburga“ einer Künstlerinnen- überwiegend aufzugeben und die Brücken am und Künstlerinnen, die HADAG, die Bezirks- gruppe um Katharina Jensen wird auf Veddeler Wasserkreuz zuzuschütten. ämter Harburg, später HH-Mitte, unterstütz- dem Spreehafenfest von kleinen und ten das Spreehafenfest jedes Jahr aufs Neue. großen Besuchern bunt bemalt. 112 113 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Die jährlichen Feierlichkeiten konnten es festgemacht. „Die Badende“, eine Skulptur der durchaus mit anderen Hafenfestformaten Künstlerin Elisabeth Richnow, lud auf mehre- aufnehmen: Die Hamburger Skyline mit Mi- ren Festen zum Bestaunen und Verweilen ein. chel vom südlichen Hafenrand betrachtet – Begleitet von Leierkastenmusik, Jazzklängen maritimes Flair pur. Der Spreehafen als und weiteren Kunstexponaten hiesiger Sehnsuchtsort für Freiheit und Freizeit wurde Künstler und Künstlerinnen schritten die Be- u.a. besungen von Abi Wallenstein, Peter Se- sucher wie Pioniere von Bord. Wenn sie im bastian, den Insel Deerns und Eddy Winkel- Spreehafen anlandeten, waren sie überrascht mann. Der Wilhelmsburger Männerchor von von der Vielfalt an „Leckerbissen“, die sich ih- 1872 schmetterte den „Hamborger Veermas- nen auf der Festmeile zwischen Berliner und ter“ und das stimmungsvolle Shanty „Schwer Potsdamer Ufer darboten. Wenig wussten sie mit den Schätzen des Orients beladen“ hier über die Stadtteile , Veddel besonders gerne. Die Wilhelmsburger Kult- und Wilhelmsburg. Deshalb gab es nicht nur Klara und Herbert Bolle als Hummel & Zitronenjette, im band Just 4 Fun, die Hot Jazz Stompers, das kulinarische und musikalische Highlights auf Hintergrund Tanzgruppe SV Wilhelmsburg deutsch-türkische Gesangsduo Iki Dünja, die dem Fest, sondern ebenso Informationen, Ge- Grup Mavilim, die Europameister des Break- spräche mit Hamburger Politikern über die dance, Jochen Wiegandt, die Buddhas, Trude aktuelle Politik auf den Elbinseln sowie einen Träumt von Afrika – sie alle spielten nicht Bus-Shuttle zu ausgewählten Orten in Wil- nur zauberhaft, sondern waren selbst dem helmsburg. Zeitgleich zum Spreehafenfest Moderatorin Liesel Amelingmeyer und die 2008 „Charme der Spreeinsel“ (Harburger Anzei- fand auf dem Stübenplatz im Wilhelmsburger verstorbene Ulla Falke in WilhelmsburgerTracht. gen und Nachrichten, 2.9.2002) verfallen. Reiherstiegviertel das Fest der Kulturen statt. Im Hintergrund Abi Wallenstein Zwei spannende Feste, die im Jahre 2004 so- „Unser Fest“ wurde gar mit der Solarbahn „Else“ aufs Vorzüglichs- schnell zum te miteinander verbunden wurden. Geheimtipp für Hamburger nördlich der Elbe Ab 2006 hieß es am Sonnabend vor dem Spreehafenfest „Reggae goes to Wilhelms- Der Spreehafen wurde jeweils zum Fest von burg“. Das Spreehafen – Reggae- & SKA-Fes- Schiffen angefahren. Das geschah natürlich tival war geboren und machte den Ort noch nicht von selbst, sondern musste verhandelt, attraktiver. Rolf Masuch vom Spreehafen- gesponsert und individuell organisiert werden. Reggae-Festival unterstützte neben dem Fes- Mit Charme und Hartnäckigkeit holte Ursula tival am Sonnabend auch das Spreehafenfest Falke (verstorben 2008) Jahr um Jahr HA- am Sonntag mit seinem vielfältigen organi- DAG-Schiffe von den Landungsbrücken in den satorischen Know-how. 114 Spreehafen. Meist wurde an Wassertreppe 8 115 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Die PAULINE (Eigner: Verein Gangway, Baujahr 1912), gesteuert von Kapitänin Helga Arp, auf einer ihrer Rundfahrten zu den Festen im Spreehafen. Oben: Geöffnetes Tor zum Spreehafen mit der Wilhelmsburger und Hamburger Flagge. Rechts: Grußworte auf dem Spreehafenfest von Markus Schreiber mit Moderatorin Liesel Amelingmeyer.

Im Jahr 2010 wurde das (vorerst) letzte werden. Als Erfolg ist zudem zu verbuchen, Spreehafenfest gefeiert, denn Visionen werden dass die HADAG mit ihrer Linie 73 ab vor- manchmal Wirklichkeit: Die Pläne für eine Ha- aussichtlich Dezember 2012 den Nordwes- fenquerspange über den Spreehafen sind ad ten Wilhelmsburg durch den Klütjenfelder acta gelegt und der Zollzaun ist – mit mehreren Hafen – nur einen Katzensprung vom Spree- Schlupftoren versehen – geöffnet worden. Das hafen entfernt – anfahren wird. Bis 1986 elf Hektar große Gebiet des Spreehafens soll ab gab es bereits eine Linienschiffsverbindung Januar 2013 frei zugänglich sein. Der Zollzaun von den St. Pauli Landungsbrücken nach soll – bis auf ein Erinnerungsteilstück – abge- Wilhelmsburg. baut werden. Damit wird der letzte „Eiserne Vorhang“ der Freien und Hansestadt Hamburg Im Spreehafen könnte noch so manches zugunsten der Bewohner in Wilhelmsburg, dem Fest gefeiert werden, einfach aus Spaß an Kleinen Grasbrook und der Veddel fallen. Auch der Freude und wegen der maritimen Stim- die Brücken am Veddeler Wasserkreuz erstrah- mung, die hier noch so ganz ursprünglich Die Zollzaunöffnung 2010 mit Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk len in neuem Stahlglanz. Was Feste und Hart- ist. Vielleicht wird es auch wieder Feste ge- und Markus Schreiber (Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte 2002 – 2012) näckigkeit in der Sache so bewirken können. ben, um in bewährter Manier unser Eiland und Manuel Humburg (Verein Zunkunft Elbinsel Wilhelmsburg) in der Mitte. kreativ gegen neue Übergriffe zu verteidi- Aus der „Wasserstadt“ ist vorerst nichts gen. Letzteres sei ausdrücklich nicht herauf ★ 116 geworden. Aber was nicht ist, kann ja noch beschworen, aber man weiß ja nie ... 117 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Mit Freude und Verve bei der Sache: Aktive BürgerInnen und PolitikerInnen aus Wilhelmsburg und von der Veddel bei der Zollzaunöffnung am 4. Juli 2010 an der Harburger Chaussee. Im Vordergrund und Mitte, von links nach rechts: Mathias Bölckow, Anke Kewitz, Carola Veit (seit März 2011 Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft), Klaus Lübke und Jens Hardel. Dahinter ein Zuschauer.

Eddy Winkelmann und der Wilhelms- burger Männerchor von 1872

Chor und Bläser der Gesamtschule Kirchdorf

Die Hot Jazz Stompers mit Unten: Hummel und Zitronenjette Das Plakat zur Zollzaunöffnung 2010

Flusspferde (E. Richnow) mit dem Fährschiff NALA im Spreehafen

118 119 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

und für die Zukunft bedeuten würde. Jetzt, muss sich immer wieder neu den Erforder- Wilhelmsburg ein gutes halbes Jahr vor Eröffnung von nissen anpassen und verändern. Mit „das war Die Lösung sozialer Probleme und IBA und igs, wage ich den Versuch einer schon immer so“ oder „das war noch nie so“ in Zeiten die Einbeziehung der schweigenden Deutung. kommen wir, da bin ich mir sicher, nicht wei- von IBA Mehrheit ist nicht geschafft worden. ter. Durch die formalisierten Beteiligungs- Die Elbinseln brauchen über Ein Rückblick: Die letzten Jahre bis hinein verfahren, z.B. das IBA/igs-Beteiligungsgre- 2013 hinaus Unterstützung in die Gegenwart sind geprägt davon, dass mium, ist die selbstorganisierte Beteiligung und igs Wilhelmsburg eine Baustelle ist. Lärm, meiner Wahrnehmung nach zurück- Schmutz, Umwege – das ist die Realität, die die gegangen. — Versuch einer Deutung Bewohnerinnen und Bewohner im Moment in von Pastorin Corinna Peters-Leimbach. Kauf nehmen müssen. Es braucht schon große Corinna Peters-Leimbach Vorstellungskraft, um sich Wilhelmsburg in einem Jahr vorstellen zu können. Jahrgang 1969, wurde in Kiel gebo- ren. Nach Theologiestudium und Vi- Als in der Presse zu lesen war, dass die Inter- wohl den meisten Bewohnerinnen und Be- Wer Gartenschauen kariat trat sie 1999 eine Pfarrstelle nationale Bauausstellung (IBA) und die inter- wohnern – mich selbst eingeschlossen – nicht und Bauausstellungen in der Apostelgemeinde in Hamburg- Eißendorf an. 2000 wechselte sie in nationale Gartenschau (igs) zeitgleich 2013 in vollem Umfang bewusst, was das für uns veranstaltet, die Kirchengemeinde Kirchdorf. Seit Februar 2008 ist auf Wilhelmsburg stattfinden würden, war hier auf unserer Insel im Vorfeld, für 2013 verändert Stadtteile nachhaltig sie Pastorin auf der Projektpfarrstelle des ev.-luth. Kirchenkreises Hamburg-Ost zur Begleitung der Wil- Eines ist in den letzten Jahren deutlich ge- helmsburger Gemeinden in den strukturellen Verände- worden: Wer Gartenschauen und Bauausstel- rungen (IBA und igs 2013). Sie ist u.a. Mitglied im IBA/ lungen veranstaltet, verändert Stadtteile igs-Beteiligungsgremium und entwickelt den Beitrag nachhaltig. Dabei ist jede Umgestaltung eines der christlichen Kirchen auf der igs mit. Stadtteils Segen und Fluch zugleich. Sie ist eine Gratwanderung zwischen Neugestaltung und Erhaltung, zugleich aber auch Investition Hier nach neuen Wegen zu suchen – und in die Zukunft. auch nach neuen Menschen, die sich mit ih- ren Erfahrungen aus dem Stadtteil einbrin- Wie diese Zukunft aussieht, wird sich erst gen – ist sicher lohnenswert. Wir brauchen noch zeigen. Dabei sind die Wilhelmsburge- dazu eine niedrigschwellige Form der Betei- rinnen und Wilhelmsburger, die Menschen, ligung, die es Menschen ermöglicht, sich mit die hier leben und/oder arbeiten, gefordert, ihren eigenen Themen einzubringen. Wir ha- Ein mächtiger Brunnen im Garten der Religionen sich zu beteiligen. Beteiligung ist hier auf Wil- ben unzählige Fachleute vor Ort. Einige sind symbolisiert die Bedeutung des Wassers für alle helmsburg nichts Neues, sondern etwas Er- Spezialistinnen und Spezialisten für die di- Religionen als Quell des Lebens. 120 probtes und Bewährtes. Aber auch Erprobtes rekte Nachbarschaft. Denn auch im Kleinen121 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

lässt sich viel bewegen. Andere haben ganz im Bahnhofsviertel leben müssen und ande- Bedauerlich finde ich es, dass die IBA nicht die folgenden Jahre. Wenn ich jetzt schon ei- Wilhelmsburg im Blick. rerseits neue EigentümerInnen und MieterIn- an Kirchdorf-Süd gezeigt hat, wie man eine nige der 80 Gärten sehe, freue ich mich auf nen in wenige hundert Meter entfernte neu- Hochhaussiedlung weiter entwickeln kann. nächstes Jahr, auf die bunte Vielfalt des Ein großes Thema, das die IBA aufgewor- gebaute, sehr hochwertige „waterhouses“ Wie kommt es also zu einem Zusammenhalt Parks. 2013 können die Bewohnerinnen und fen hat, ist das Thema „Wohnen“. Bestands- ziehen? Wer wohnt zukünftig auf der Insel? der Elbinsulanerinnen und –insulaner? Bewohner Wilhelmsburgs an drei Tagen kos- wohnungen wie im „Weltquartier“ werden sa- Schon jetzt ist es schwierig bis aussichtslos, tenlos die Gartenschau besichtigen. Hier hat niert, am Bedarf der Bewohnenden ausgerich- innerhalb des Reiherstiegviertels umzuziehen, Überwiegend positiv sehe ich die Bildungs- Beteiligung, die Nachfrage vieler bei der igs, tet, umgebaut und energetisch aufgewertet. da die Mieten bei Neuvermietungen stark an- offensive. Die IBA konnte hier auf dem gro- einen guten Erfolg gehabt. Mit dem Bau des Pavillons am Weimarer Platz gestiegen sind. Im Wilhelmsburger Osten ßen Engagement der Wilhelmsburger Schu- wurde eine neue Möglichkeit geschaffen, dass stieg die Anzahl der EmpfängerInnen von So- len aufbauen, die sich seit Jahren für eine Ich freue mich auch auf das Jahr 2014, sich Menschen treffen können oder Hausauf- zialleistungen. Im Westen ist sie zurückge- Verbesserung der Bildungssituation auf den wenn die Parkfläche wieder für alle Men- gabenhilfe etc. angeboten werden kann. Das gangen. Junge Familien bereichern dort das Elbinseln einsetzen. Diese Entwicklung gilt es schen frei zugänglich ist. Kletterhalle, Hoch- ist für mich ein Beispiel für die positive Ent- Stadtbild und sorgen unter anderem für eine fortzuführen. Mit Sorge sehe ich daher, dass seilgarten oder der Kiosk der Kulturen sollen wicklung in Wilhelmsburg. Es gibt aber auch Veränderung des Sortiments der Geschäfte. die Finanzierung der Projekte nicht über das nach 2013 weitergenutzt werden, anderes Anfragen an diese Entwicklung: Wie kann ein Biofleisch war hier in den letzten Jahren Jahr 2013 hinaus gesichert ist. Doch ohne wird zurückgebaut und Rasenfläche. Doch friedliches Zusammenleben im Stadtteil si- schwer zu bekommen. Gibt es aber trotzdem festangestellte Netzwerkmanagerinnen und was wird mit der Pflege der Wege und der chergestellt werden, wenn einerseits Men- weiter Angebote für Menschen, die von 374 € –manager sind Räume wie das Media Dock Flächen? Hier böte sich die Gelegenheit, Ar- schen weiter in verschimmelten Wohnungen Sozialhilferegelsatz leben müssen? oder das Sprach- und Bewegungszentrum beitsplätze für WilhelmsburgerInnen zu nicht zu koordinieren. schaffen und Menschen im Bereich Land- schaftspflege zu qualifizieren. Kompetente Ein Volkspark für das Partner vor Ort gäbe es. Ob der Bezirk diese 21. Jahrhundert Möglichkeit sieht und wählt, ist momentan soll auf der noch offen. Elbinsel entstehen Persönlich bin ich in der „Welt der Religi- Dieses Thema der „Nachhaltigkeit“ von Pro- onen“ engagiert. Dass sich VertreterInnen aus jekten leitet gleich zur igs über. Ein Volkspark Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam für das 21. Jahrhundert soll auf Wilhelmsburg und Judentum regelmäßig treffen und ge- entstehen. Damit er entstehen kann, mussten meinsam eine „Welt der Religionen“ planen, viele Menschen ihren liebevoll angelegten ist für Gartenschauen einmalig und trägt hof- Kleingarten aufgeben. Bäume wurden gefällt fentlich auch zum interreligiösen Miteinan- und Brachflächen umgestaltet. Gestaltete Na- der in Hamburg bei. Bedauerlich finde ich, Die Kapelle auf dem alten Friedhof wurde tur gegen sich selbst gestaltende Natur – ein dass auch diese Gärten zurückgebaut werden 2007 von der igs saniert und Konflikt im Stadtteil, der bis in die Gegenwart müssen. In einer multireligiösen Stadt wie als Veranstaltungsort ausgebaut. 122 aktuell ist. Ich setze hier meine Hoffnung auf Hamburg läge hier die Möglichkeit nahe,123 dass Die Nachbarschaft rund um den Weimarer Platz: Nachdem — ganz ohne Beteiligung der internationalen Bauausstellung — Altbauten der SAGA liebevoll und Oben: Vertreter der Religionen und Politik handwerklich aufwändig weihen den Brunnen als zentralen Punkt saniert wurden (unten), der fünf Gärten der fünf Religionen ein. sind beim IBA-Projekt „Weltquartier“ an der Rechts: Wilhelmsburg im Frühling — der Weimarer Straße Himmel ist strahlend blau über dem die Abbruchbagger im Kirchturm und einer blühenden Magnolie. Dauereinsatz.

sich auch nach 2013 Menschen aller Alters- gestaltung eines Stadtteils Segen und Fluch stufen und unterschiedlicher Glaubensrich- zugleich. Damit diese Umgestaltung zum Se- tungen begegnen. Für den Erhalt dieser gen wird, braucht es engagierte Menschen, „Welt“ setze ich mich daher, zusammen mit die die Entwicklung schon jetzt und auch über anderen Verbündeten, ein. Das Projekt in Wil- das Jahr 2013 hinaus begleiten. Es braucht helmsburg könnte ein Vorreiterprojekt für „Kümmerinnen“ und „Kümmerer“ für die un- Hamburg sein! terschiedlichen Themen. Die gibt es sicher- lich, da bin ich zuversichtlich. Es braucht aber Wenn ich versuche, ein Fazit zu ziehen, so auch finanzielle Ressourcen, um z.B. eine po- kann ich nur wiederholen: Wer Gartenschau- litisch unabhängige Stelle einzurichten, die en und Bauausstellungen veranstaltet, verän- die Aktiven im Stadtteil bei ihrer Selbstorga- ★ dert124 Stadtteile nachhaltig. Dabei ist jede Um- nisation unterstützt. 125 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

städtische Macht und ihr Gefolge mit den gefährdete Insel ohne Uferzugang, Feinstaub Hamburgischer Wandel im Fluss: Dollarzeichen in den Augen über die unbe- in Hülle und Fülle. Das sind teils noch heute Für Wilhelmsburg braucht es scholtenen Wilhelmsburger hereinbrechen.“ die Hinterlassenschaften auf dem verletzli- Beispiel unbedingt eine Exit-Strategie, eine Solche und auch andere Reaktionen riefen die chen, künstlich errichteten Polder Elbinsel, der für die Nachsorge, Pläne für die Zeit nach spektakulären Pläne der Stadt 2004 bei uns einst das Binnendelta des großen Elbstroms der Internationalen Bauausstellung engagierten Bürgern hervor. Ich entschied war, und noch immer mehr vom Wasser be- und Internationalen Gartenschau mich damals, die Hasen beim Laufen zu be- wegt wird als vom menschlichen Tun. Transformation obachten, und damit hat ein geistiges Aben- europäischer Städte? teuer seinen Anfang genommen. Astrid Christen von Astrid Christen. Einem Akt der Barmherzigkeit ist Geboren 1964 in Wilhelmsburg. Von der sogenannte 2003 bis 2012 ehrenamtlich aktiv „Sprung über die Elbe“ beim Verein Zukunft Elbinsel Wil- ganz sicher nicht entsprungen helmsburg; Schwerpunkt Konzep- „Oha, eine internationale Bauausstellung in nicht ohne weiteres zu sagen. Vielleicht bes- tion und Moderation der Diskus- sionsreihe „Pegelstand“ sowie seit 2007 Netzwerk- Wilhelmsburg zusätzlich zur Internationalen ser erstmal schauen, wie der Hase so läuft, Endlich war die lang ersehnte Aufmerksamkeit engagement beim AK Fahrradstadt Wilhelmsburg, Gartenschau 2013. Da rollt aber eine mächtig damit sich möglichst lange mitspielen/mit- für Wilhelmsburg, für Hamburgs Hinterhof, mittlerweile ein eingetragener Verein. Interessen- dicke Welle an. Dafür oder dagegen – das ist surfen lässt, bevor es ins Aus geht, bevor die da. Die Zukunftskonferenz 2001/2002 schien schwerpunkt: Europäische Entwicklungsgeschichte ihre tatkräftige Wirkung zu entfalten. Aber und Meditation. gleich so? Welche Geister wurden da bloß ge- rufen? Hamburgs CDU-Senat proklamierte Kinder gestalten ihren Stadtteil zusammen mit der neuen Raum für die wachsende Stadt in einem Einem Akt der Barmherzigkeit ist der so- Künstlerin Kathrin Milan. Kreatives Erleben, bau- sonst eher schrumpfenden Land mit zuneh- genannte Sprung über die Elbe ganz sicher kulturelle Bildung, partizipative Kunst und Engagement mend alten und kulturell bunten Mitbürgern. nicht entsprungen. Vielmehr drückten Not- vereinen sich hier inmitten der Nachbarschaft. Die Zukunft sollte sich nun endlich im Süden wendigkeiten und lockten Chancen. Weltweit abspielen, auf einem Gebiet, das von den Or- haben die Städte ihre abgetakelten Industrie- gien des einstigen Industriekapitalismus arg orte, meist an Wasserkanten gelegen, zu at- geschunden war. Spülfelder, verseuchte Sedi- traktiven Wohn- und Arbeitsorten mit Le- mente und andere kontaminierte Böden, Müll- bensqualität aufgebrezelt, um im knallhar- berg, Hafenanlagen, Zollzaun mit dem Esprit ten globalen Kampf um die Gunst der klugen eines Gefangenenlagers, unwirtliche Indust- Köpfe, die man für die Wertschöpfung drin- riebrachen, laute, die Insel zerschneidende gend braucht, zu punkten. Ja, wir kennen alle Verkehrstrassen, Logistiklager, Hochhaus-Ar- unsere beschützenswerten Wilhelmsburger chitektur – frei von jeglicher Urbanität – und Schönheiten so nah vor den Toren der Stadt, 126 scheinbar losgelöst von Baukultur – arme flut- geografisch sogar im Herzen der Stadt127 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

pulsierend: Die vielen Wasserläufe, die ro- Zukunftsfragen. Toll, toll, toll! Die Abwärts- Prof. Peter Zlonicky, dem Trio der sagenhaft Patchwork-Familien und 12.000 verschiedene mantische Wilhelmsburger Dove Elbe, das spirale eines sozial benachteiligten Stadtteils erfolgreichen IBA Emscherpark in den 90er Lebensstile, Rückkehr in die Stadt, gern in die schöne Grün, Naturschutz, 700 Jahre alte könnte gestoppt werden und ihre Richtung Jahren im Ruhrgebiet und Wegbereiterin der sanierten gründerzeitlichen Häuser etc. Kulturlandschaft samt Klappertopf & Kiebitz, dauerhaft ändern. Endlich könnten die Ham- Europäischen Kulturhauptstadt RuhrCity (!) Fachwerk, Mühle, Gründerzeithäuser, die tol- burger nördlich der Elbe Wilhelmsburg mit 2010: Die Elbinsel ist einzigartig in Europa le Community – „We are Family“ (musikalisch anderen, nämlich mit positiv-interessierten aufgrund ihrer großen ausgedrückt *) etc. Der Stadtstaat Hamburg Augen sehen. Man müsste sich nicht mehr Die Dritte, eine reflexive Moderne – die Themenvielfalt und ihrer wollte innerhalb seiner knappen räumlichen schämen, in Wilhelmsburg oder auf der Ved- Transformation des von Menschenhand Ge- hohen Konflikt- und Forschungsdichte Begrenzungen wachsen und schien sogar del zu wohnen, und vielleicht würde das eige- machten und die Macht der Bilder. Hö, „Psy- ausbaufähig zu sein als DIE Metropole in ne Grundstück ja auch eine Wertsteigerung cho Killer“ – oder was? Ach so, Stadt wird in Inzwischen auch LEIPZIG-CHARTA für die Nordeuropa, noch vor den sehr erfolgreichen erfahren. Sogar einst tothässliche Getreide- langfristigen Zyklen mit historisch-soziologi- nachhaltige Stadt als Bestandteil der Natio- skandinavischen Städten. Ehrlich gestanden, speicher am Reiherstieg wären dann bestaun- schem Zusammenhang gedacht. Kurz gerappt nalen Nachhaltigkeitsstrategie & Schuldenkri- finde ich diesen Gedanken sogar folgerichtig te Kaddedrahln där Tächnick – ding dong. also ungefähr so: Neuzeit, Wissenschaft, Auf- se in Europa. Die typisch kompakte und viel- und zukunftsweisend, weil in sehr wandelba- Soweit zum politischen Rahmen der Anfangs- klärung, Bürgertum, Industriezeitalter, Land- fältige europäische Stadt hat bislang alle ren Zeiten wie heutzutage eine Stadtgesell- zeit 2004/2005. flucht, Migrationsstrom, Bevölkerungsexplo- diese Umbrüche, den ständigen Verfall und schaft schnell und kreativ durchaus unkon- sion im 19. Jahrhundert, Moloch Stadt & die innovative Erneuerung zur selben Zeit stets ventionelle Handlungsoptionen generieren Doch was hat das mit einem geistigen aufkeimende Sozialbewegung, Traum von der meistern und ästhetisch gestalten können. Im muss, was urbane Vielfalt und Dichte eher Abenteuer zu tun? Ein Abenteuer muss man Gartenstadt, Stadterweiterung, Fritz Schuma- Vergleich zu anderen Kontinenten ist europä- ermöglichen als die kuschelig-träge Eintracht bestehen in Form von Schwellenüberschrei- cher und Hamburger Fächerplan, Aufbruch- ische Stadtkultur Baukultur im Kontext sozi- eines schläfrigen Dornröschenstädtchens in tungen und Bewährungsproben, bevor man stimmung in Kunst, Design, Lifestyle und aler und historischer Veränderungen – ausschließlicher Backstein-Architektur. irgendeine Art von Schatz findet und diesen Individualismus. „Beautiful“. Architektur ist einer der erfolg- entgegen aller Hindernisse erfolgreich zurück reichsten deutschen Exportartikel. Wilhelmsburg hat eine Chance ins Körbchen schleppt. In der Regel hat man Die Zweite Moderne – Auto-Auto macht´s bekommen. Die Wünsche aus sich dabei dann auch innerlich gewandelt, möglich: Trennung von Wohnung & Arbeit Kurzum: Beim Sprung über die Elbe geht der Zukunftskonferenz könnten sich seine Perspektiven erweitert, Überflüssiges mit der Charta von Athen und deren Verwirk- es um Lösungsansätze für die Metropolen des endlich verwirklichen! losgelassen und Neues angenommen. lichung in der Bundesrepublik nach dem 2. 21. Jahrhunderts, die nun nicht mehr Herr Weltkrieg, ganz autogerecht entleerte Stadt über die Natur werden sollen, wie damals im Wilhelmsburg hat eine Chance bekommen. Die erste Schwelle war schon mal zu und Siedlungsbrei in Suburbia samt Pendler- Industriezeitalter, als kilometerweit Kanäle, Die Wünsche aus der Zukunftskonferenz überwinden, als wir uns dem Fachchinesisch pauschale, TV, Computer, Mother`s little Hel- Eisenbahntrassen, Elektroleitungen, Tunnel, könnten sich tatsächlich verwirklichen. So und der völlig anderen Denkweise von Pla- per & Co. Ende der Industrie, Produktion in Straßen etc. von sehr klugen Ingenieuren kon- wurde dieses hochwertige und bundesweit nern stellten. Gruppenarbeit im Verein: Asien, Dienstleistungsgesellschaft, Globalisie- zipiert und durch vieler Hände Arbeit gebaut einzigartige Bürgerbeteiligungsverfahren Nachbereitung des IBA-Forums 2005, im Be- rung, Privatisierungen, Große Brachen und wurden. Nun geht es darum, die Partyreste der beim 1. IBA-Forum im Dezember 2005 doch sonderen die Rede von Prof. Thomas Sieverts, Konversionsflächen, wie ehemalige Kasernen 1. & 2. Moderne zu recyceln – „Come Undone“ viel, viel häufiger erwähnt als die Handels- einer der Godfathers of Stadtplanung in und Krankenhausareale, Kreativwirtschaft für und etwas Tragfähiges daraus zu machen, wie kammer,128 Hamburgs Wächterin Nr. 1 in allen Deutschland – gleich neben Karl Ganser und Blueprints, Migranten, soziale Spaltung, z.B. die großen, isolierten Hafenräume durch129- III. Herausforderungen für bewegte Bürger

lerrand hinaus. Dummerweise wirken sie oft Immerhin, der schräge Hafen-Stadtkon- eher wie Samen im Beet, zunächst kaum flikt inklusive lästigster Autobahnpläne – sichtbar. Sie entwickeln sich in Eigenzeit, was „Highway to Hell“, die herannahende Bild- unserem gewohnt linearen Denken in mess- verwurstungsmachine für den schönen Mar- und zählbaren Zielen, Methoden und Produk- keting-Schein, die arme ehrenamtliche Bürger ten mit hoher, perfektionistischer Erwar- am Wegesrand ohne vorherige Warnung ein- tungshaltung so gar nicht passt. Tja, und fach so verschlingt – haps – sowie die harten schützenswert sind diese lütten Dinger auch ökonomischen Gesetze des Marktes und die noch. Die für eine IBA bereits erwähnte immer wieder neuen Interpretationen immer Macht der Bilder und der Medien in der im- wieder neuer politischer Führungskräfte bie- Historischer Umzug mit hohem Symbolwert für die mer hungrigen Schlacht um mediale Auf- ten Grund genug zur Vorsicht. Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert: Die Behörde für merksamkeit erfordert auf jeden Fall die ste- Stadtentwicklung und Umwelt zieht nach Wilhelmsburg. tige bildliche Dokumentation des Stadtentwick- Wir haben uns bewährt als lungsprozesses, z.B. in Form von Marketing kritisch-konstruktive, lernende gerechten Publikationen und hierfür geeigne- und diskussionsfreudige ten Events – „You Got the Look“. Bürger bei allen Veranstaltungen lässig zu machen. Sie könnten entgegen dem sellschaft, indem wir durch das städtebauli- An dieser Schwelle des geistigen Aben- Schwer zu sagen, was denn nun wirkungsvol- Wunschdenken der Wirtschaftsakteure nun che Gestalten im Kontext sozialer und teuers lautet daher die Risikoabwägung für les Engagement ist, wenn schon alle Zukunfts- eher für die Zwecke der Stadtentwicklung als räumlicher Bedarfe die Entfremdung von un- das engagierte Bürgerherz, also für mich, ideen im Weissbuch niedergeschrieben stehen, für die der Hafenerweiterung genutzt werden. serer eigenen Kultur, das schnelle Vorverur- wenn ich mein eigenes experimentelles eh- wenn es nicht gerade um ganz konkrete Anlie- Auf diese Weise würde die große Nähe der teilen, Segregation und altes Denken über- renamtliches Engagement innerhalb dieses gen geht, wie z. B. das Verhindern eines Müll- Elbinsel zur City für die Menschen erfahrbar winden. Das Glas ist nicht mehr halb leer, langen und offenen Prozesses reflektiere: kraftwerkes oder die Geldmittelaquise für Pro- gemacht werden. Die bei den Hamburgern sondern halb voll. Stehe ich am Ende des Tages als desillusio- jekt XY. Kritisch-konstruktive Kommunikation nördlich der Elbe gewöhnlich tief eingeprägte nierte, manipulierte und ausgenutzte Naiva hieß also der Trick. Autobahn nein, internati- Illusion von einer kaum überwindbaren Dis- Dummerweise wirken gesellschafts- da, nur weil ich diesen kompakten Themen- onale Verkehrskonferenz ja. Diskussionsplatt- tanz hin zum Hamburger Süden könnte sich in relevante Impulse oft zusammenhang inspiriert annehme, ihn wei- form schaffen. Themen setzen. Die Stimmung Luft auflösen. eher wie Samen im Beet: ter verfolge, 1001 Information fresse, mir auf der Insel messen. Der Pegelstand kam her, zunächst kaum sichtbar meine eigene Unkenntnis samt zwischen- auf dem wir u. v. a. Uli Hellweg, Geschäftsfüh- Wilhelmsburg und Veddel transformieren zeitlicher Irritationen eingestehe und glau- rer der IBA Hamburg GmbH, zu seinem ersten sich vom Hinterhof zur Schaubühne als Bei- Ein Problem birgt auch eine Chance. Eine IBA be, DIE Jahrhundertchance dieser planeri- öffentlichen Auftritt in Hamburg begrüßen spiel für eine erneut sich wandelnde europä- setzt gemäß ihrer erfolgreichen 100-jährigen schen Verheißung zu sehen – oder rüste ich konnten. Wir haben uns bewährt als kritisch- ische Stadt hin zu einer kreativen Stadt mit Tradition in Deutschland gesellschaftsrele- mich als gute Lokalpatriotin doch besser konstruktive, lernende und diskussionsfreudi- kreativen Menschen, nämlich hin zum Wie- vante Impulse – weit, weit über den Wil- gleich zur beharrlichen Abwehr der Gefah- ge BürgerInnen bei vielen Veranstaltungen 130derentdecken der Kraftquellen einer Stadtge- helmsburger, Veddeler und Hamburger Tel- ren, die da lauern? und mit vielen Akteuren. 131 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Die „Engagierten Wilhelmsburger“ ... und die vielen Planer in ihren obligato- Sollte man als bodenständig-realistischer protestieren auf dem Berta-Kröger-Platz risch schwarzen Klamotten und meistens mit Mensch nicht lieber erstmal kritisch darüber vor dem Gebäude der internationalen Schal kamen auch über die Insel geströmt. urteilen, ob das alles denn wirklich auch was Bauausstellung gegen weitere Konkrete Aufträge und Themen wurden bei gebracht hat, um zu wissen, was die Wil- Autobahnen auf der Insel. der IBA formuliert und das ganz anders, als helmsburger denn nun wirklich von alle dem Hier zeigte die IBA neben einem Stadt- in der Zukunftskonferenz und in Abgrenzung haben? Sollte man nicht lieber pflichtbewusst teilmodell von Wilhelmsburg alle geplanten Bauprojekte ebenfalls als zur seit langem geforderten ganzheitlichen den Wurm im Apfel suchen, das nährende Modelle. Herangehensweise. Rückzug auf die Mitte Drumherum dabei ausblenden, bevor man statt Eroberung der Ufer. Schade! HILFE, wir sich auf abstrakte Schatzsuche, nach irgend- Bürger sind schon da! Verkehr war zunächst einem geistigen Firlefanz begibt? Das ist tabu, entfaltete dann aber doch seine magne- letztlich jedem selbst überlassen. Jetzt aber tisch anziehende Wirkung, als die anstehende mal konkret: Autsch, da ist die neue S-Bahn- Instandhaltung der Wilhelmsburger Reichs- brücke, so grün wie das Fichtennadelschaum- straße von dem eng geschnürten Korsett der bad aus den 70ern. Huiii, schaut her, der kul- Fernstraßenplanung ein paar Ösen und Ha- tige Kartenladen „My Way“ vom groovigen ken abplatzen ließ, so dass die pralle Gele- Landesbetrieb für Geografie und Vermessung genheit einer Verlegung zum Vorschein kam, im neuen Gebäude der Behörde für Stadtent- was neue Begehrlichkeiten im Hinblick auf wicklung und Umwelt (BSU). Dort sollten im die frei werdenden Flächen wecken wird. Erdgeschoss ursprünglich kleinteiliger Ein- „Free Your Lady Marmelade“! zelhandel und Gastronomie einen eher angst- besetzten Raum beleben. Zeitsprung 2012 – heute, nach vielen Ein- wohnerversammlungen, hunderten von Dis- Viele Gebäude kommen der Allgemeinheit kussionsrunden und Sitzungen, den vielen zugute, z. B. im Rahmen Netzwerken und Gremien, nach stapelweise der Bildungsoffensive gelesenen Broschüren, Büchern und ge- und des Sportangebotes schriebenen E-Mails, nach zig Veranstaltun- gen, Fachtagungen und Info-Tischen, Vorträ- Doch Schluss mit Sticheln, nun ganz im Ernst: gen, informellen Gesprächen und Visiten- Wir haben viele neue öffentliche Räume be- karten, heute nach reichlich verzehrten Bü- kommen, darunter Fähranleger, Plätze, Rad- fett-Häppchen, Bierchens und Weinchens und und Fußwege, und einen ganzen Park noch tiefem Blick hinter die Kulissen – wo bleibt dazu sowie ungewöhnliche Aussichtsorte wie denn da der Schatz? den Bunker und den Müllberg plus einem Radverkehrskonzept für den Modellstadtteil 132 Wilhelmsburg. Viele Gebäude kommen133 der „Kaddedrahln där Tächnick“ - Getreidespeicher an der III. Herausforderungen für bewegte Bürger Rethebrücke, inzwischen Erkennungszeichen des beliebten Dockville-Festivals. Allgemeinheit zu Gute, z.B. die im Rahmen für die Kunst spiegeln tatsächlich Top-The- der Bildungsoffensive und des Sportangebo- men europäischer Städte, die angesichts der tes. Zum IBA-Forum „Halbzeitbilanz“ im Zwi- aktuellen Schuldenkrise alle höchste Anstren- schenpräsentationsjahr 2010 haben die ehe- gungen für den sozialen Zusammenhalt un- maligen AG-Sprecher der Zukunftskonferenz ternehmen müssen – „Under Pressure“. 2001/2002 eine erste Bilanz gezogen. Er- staunlicherweise wurden doch eine Menge Wir haben hier gerade die volle Ladung Wünsche von damals verwirklicht, auch wenn verschiedenster Handlungsoptionen, mit de- noch einiges anzumahnen und zu kritisieren nen wir kreativ neue Ressourcen erschließen bleibt. Danke liebe Stadt. Details sind nachzu- und intelligente Strukturen für ein tragfähi- lesen bei Zukunftsperspektiven für die Elbin- ges Gemeinwesen schaffen könnten – trotz Hafenwirtschaft und Stadtentwicklung kämpfen hart und zu Lasten der Bürger um die knappen Flächen sel Wilhelmsburg. der vielen Probleme, trotz des großen Geld- eines Stadtstaates. mangels und jenseits von Parteiprogrammen Die analytische Sicht sagt: Die Elbinseln – nämlich Legislatur übergreifend. Diese sind einzigartig in Europa aufgrund ihrer Chance zu versemmeln wäre fatal! großen Themenvielfalt, ihrer hohen Konflikt- und Forschungsdichte sowie aufgrund der Angesichts der Haushaltslage könnte noch vorhandenen Aufmerksamkeit wegen innerhalb der Stadt sehr wohl die der Großprojekte. Wie durch ein Brennglas Macht der Kreativität greifen, denn Not lassen sich hier alle gesellschaftlichen Belan- macht bekanntermaßen erfinderisch ge ablesen, die unsere Republik und Europa gerade bewegen. Hier sind gerade viele Kräf- Mein persönlicher Schatz, abgesehen von Er- te gebündelt. Unterschiedlichste Akteure ha- kenntnissen und den vielen Lerneffekten: ben sich in den letzten Jahren kennen und Völlig unbeabsichtigt hat sich ein Gefühl von schätzen gelernt. Private Investitionen von Verbundenheit mit der Gesellschaft, der eu- Das Diskussionsformat Pegelstand wurde entwickelt, wo wir unter vielen anderen Uli Hellweg, Geschäfts- engagierten Bauherren und -frauen sind hier ropäischen Kultur und der deutschen Ge- führer der IBA, zu seinem ersten öffentlichen Auftritt in Hamburg begrüßen konnten geflossen. Vertrauen ist gewachsen. Vertrau- schichte eingestellt. Das fühlt sich gut an. Das en ist auch exemplarisch zerstört worden ist für mich Lebensqualität. So kann ich u.v.a. beim Verkehrskonflikt. Viele Bürger engagie- nun Menschen in ihren institutionellen Funk- ren sich. Die igs Hamburg GmbH häkelt em- tionen anders achten und wertschätzen als sig an tragfähigen Netzwerken für das Leben vorher. Planung verläuft lange Zeit sehr vage, im attraktiven Park. Die IBA-Leitthemen In- wackelig bis alles so verbindlich auf den Weg ternationale Stadtgesellschaft, Metrozonen gebracht wird, dass man es bedenkenlos in und Stadt im Klimawandel mit ihren Quer- die weite Welt tuten kann. Transparenz ist 134 schnittsthemen Bildungsoffensive und Räume gut und wünschenswert, manchmal aber135 auch III. Herausforderungen für bewegte Bürger

projektgefährdend. Kampfgeist und die teren Entwicklungsprozess, denn auch hier Durchsetzungskraft für die eigenen Interes- zeichnet sich ein Bewusstseinswandel ab, sen sind wichtig, aber nicht alles im Leben. vom schlichten Ruf nach Aufmerksamkeit hin Misstrauen aufgeben und mutig dem Lehr- zu einem neuartigen Verantwortungsbe- meister Enttäuschung begegnen – für die Kö- wusstsein für ihre Community. nigin, die Schöpferkraft! Bei der Einweihung der Köhlbrandbrücke 1974 hat sich Größtes Hindernis? Wir verschleudern kein Mensch vorstellen können, wie sich der LKW- Wenn es um das menschliche „Kapital“ im immer noch zu viele menschliche Energien. Verkehr und der Containerumschlag im Hamburger Gemeinwesen geht, dann heizen Die Menschheit kann hochkomplexe Just- Hafen entwickeln würde. wir noch bei geöffneten Fenstern in-Time Lieferketten organisieren, inzwi- und verschleudern unsere Lebensenergie schen einen recht effizienten Materialfluss gewährleisten und Co²-neutrale Häuser be- Hamburgischer Wandel im Fluss? Angesichts treiben, jeder Zeit Online sein, aber wenn der Haushaltskonsolidierung, den schmerzli- es um das menschliche „Kapital“ im Ge- chen Einsparungen und der anstehenden meinwesen geht, dann heizen wir immer Schuldenbremse, könnte innerhalb der Stadt- noch bei offenen Fenstern, dann verschleu- gesellschaft sehr wohl die Macht der Kreati- dern wir immer noch unsere Lebenszeit vität greifen für soziale Innovationen, denn und Lebensenergie, dann vertrauen wir im- Not macht bekanntermaßen erfinderisch. mer noch auf schnarchige Gremiumssitzun- Hier wohl viel eher in der Funktion eines Mo- gen im Glauben an Konsens als Allheilmit- tors als andernorts – einfach der gebündelten tel. Da muss es etwas Intelligenteres geben. Kräfte und der neuen Räume wegen. Doch In diesem Sinne: „A Little Less Conversati- dafür bedarf es unbedingt einer Art Exit- on, A Little More Action, Please!“ – denn Strategie (Nachsorge) für Wilhelmsburg ab Abenteuer sind schön! ★ 2014, einer Nach-IBA, einer Entwicklungsge- sellschaft oder auch einer Art Innovations- agentur, wie sogar schon mal öffent- lich diskutiert wurde im Kultwerk West. Das

Saatbeet darf nicht verdörren und Geld, wenn Anmerkung zu *: Ich erlaube mir, einige Stellen dieses auch sehr wichtig, ist nicht alles im Leben. Textes mittels bekannter, tanzbarer Popsongs wie „We Die Bürger sind eventuell bereit für den wei- are Family“ zu kommentieren.

136 137 III. Herausforderungen für bewegte Bürger Die Streichliste des Senates Vor allem soziale bedrohte die Einrichtungen traf Existenz die Sparpolitik des Bürgerhauses 2010

Die Hamburger Bürgerhäuser sollten laut „Re- Bürgerhaus braucht: Schicken Sie uns ein Foto serveliste des Finanzsenators“ bzw. der Vor- von sich mit einem Satz oder Aufsatz, warum schlagsliste der von der Finanzbehörde einge- Sie/Ihr Verein/Ihre Gruppe/Ihre Institution setzten Kommission gleich ganz geschlossen das Bürgerhaus wichtig finden. werden. Tatsächlich alle und ganz zu. Das Bür- Kinder von der Schule Bürgerweide: gerhaus rief um Hilfe: „Bitte helfen Sie uns, Die Aktion fand eine große Resonanz. Hier Kochwoche, Lesewoche, Forscherwoche — deutlich zu machen, dass Wilhelmsburg sein eine Auswahl der Solidaritätsbezeugungen: Wir brauchen unser Bürgerhaus

Else Gräfe, Rentnerin: Ania Groß, Freiberuflerin Astrid Christen, aktive Bürgerin Angela Dietz, Journalistin: Wir brauchen das Birgit Trosien, Elternschule Ich brauche das Bürgerhaus für alles, Bürgerhaus, weil hier das Theater- & was138 Spaß macht und anregend ist. Konzertpublikum von morgen heranwächst. 139 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Allerdings sorgte bereits dieses Motto bei Thema Blumen wurde dann mit der Zeit im- IBA und igs — Verlust einigen für ein leichtes Befremden: Das war mer deutlicher ...) Von einem Stadtteil, der ob seiner andauernden ja schon ein wenig kolonial, wir waren einer schlechten Behandlung wagte, laut aufzuschreien schließlich schon da – und wollten wir wirk- Jörg v. Prondzinski und einer Stadt, die als Antwort zwei Großevents lich einfach so besprungen werden? Der gro- großen einmarschieren ließ, um dort alle Aufmüpfigkeit ßen Begeisterung tat dies jedoch noch keinen Wilhelmsburger Jung des Flutjahr- ein für alle Mal niederzukardätschen Abbruch. gangs, hat vermutlich schon bei die- Hoffnung. ser Gelegenheit sein Urvertrauen im Oder: die Geschichte einer Spaltung Die IBA musste bei der Bevölkerung Mutterleib verloren. Biologe und um Akzeptanz werben — Ökologe; verkehrsbewegt seit der von Jörg v. Prondzinski. von der Gartenschau Zukunftskonferenz; freiberuflicher und hafenkundiger wurde nur Gutes erwartet Stadtteilagent. Gründungsmitglied von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg, in Naturschutzverbänden, beim Arbeits- kreis Umstrukturierung Wilhelmsburg und im Recht- Zur Durchführung des angekündigten Sprungs auf-Stadt-Netzwerk aktiv. Hinterfragt Naturgesetze Nach der Zukunftskonferenz, von uns liebe- fahren. Ein fundamentaler Paradigmenwech- gründete der Senat zwei GmbHs, IBA (Interna- – besonders die von der Obrigkeit für die Stadtentwick- voll ZuKo genannt, war der Jubel groß: Der sel, so schien es, wurde ausgerufen: Der tionale Bauausstellung) und igs (Internationale lung neu erlassenen. Senat schien verstanden zu haben, dass Wil- Sprung über die Elbe! Gartenschau). Die Idee einer internationalen helmsburg zu mehr taugt, als zum Dreckhin- Gartenbauausstellung (IGA) für Wilhelmsburg gab es dabei schon länger – nur kam sie dum- Die IBA blieb lange Zeit ein wenig abs- merweise aus der Umweltbehörde. Das wurm- trakt und fremd – daran konnten auch die Eine Erfahrung, die sich immer öfter wiederholt: Der te Oberbaudirektor und Baubehörde, die vom anfänglichen gigantischen Rotweinausschüt- öffentliche Raum wird immer kleiner — auch hier ist eine Wilhelmsburger Trommeln geweckt, nun ih- tungen an das Volk durch den Oberbaudirek- verbotene Zone. Bald darauf verschwindet das Grün ... rerseits fanden, dass Wilhelmsburg doch eine tor nichts ändern. Auch die verschiedenen schöne Sandkiste für allerlei Aufwertungs- folgenden Akzeptanzbeschaffungsformate Planspiele aus dem eigenen Hause sei. Was („Beteiligung“ oder „Dialog“ genannt) verfin- wichtiger ist – Bauen oder Blumen, wurde gen nur bei wenigen – Tendenz abnehmend, dann schon durch die Gründungsreihenfolge korreliert auch mit den immer sparsamer ge- der Gesellschaften dokumentiert (erst IBA) – reichten Häppchen. und schließlich gelang es auch der Baubehörde nach einigem Hinundhergeschiebe in der Aber die Gartenschau – die kam in Form Schill-Zeit, die Umweltbehörde feindlich zu der anmutigen (Olden)Göttin* gern durch den übernehmen. Somit sind beide Gesellschaften Stadtteil geschwebt und alle durften ihre bzw. Großevent-Planungen jetzt in der glei-

chen Hand, die nun Behörde für Stadtentwick- * Martina Oldengott, vormals Nath-Esser, ehem. Groß- 140 lung und Umwelt heißt. (Der Einfluss auf das veranstaltungsplanerin in der Umweltbehörde 141 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

frommen Wünsche in ihren Schoß legen. So stiegknie nicht auf den Windfall-Profit des waren sich dann alle ganz sicher, dass sie eine neugeschaffenen Gartenschau-Parkplatzes wirklich gute Gartenschau ganz nach unseren verzichten und dort seinen Zeltplatz auswei- Wünschen erschaffen würde. Aber dann! ten. So konnte die Notwendigkeit konstruiert Plötzlich war die gute Göttin – ping plopp puff werden, für die fraglichen drei Tage einen – verschwunden. Das war der Tag im Leben zweiten Parkplatz zu bauen und damit auch des Heiner Baumgarten**, an dem er öffentlich noch die letzte naturnahe Fläche in der Wil- lächelte. Ein böses Omen? helmsburger Mitte zu planieren.

Zunächst wurde die IGA zur BUGA degra- Wir mussten lernen: Gartenschau im heuti- diert, die, damit das nicht so auffällt, mit dem gen Hamburg heißt im Wesentlichen Petersilien- Namen igs versehen wurde, wo ja auch irgend- abteilung der IBA zu sein: Kreatives Überwin- Oben: Großflächiges Ausbringen von Abraumerde was mit international drin vorkommt. den des Naturschutzes, großflächige ökologi- im Maßnahmenempfangsgebiet vernichtet die sche Entwertung und Schaffung einer inselwei- natürlichen Bodenfunktionen. Der Stand der Dinge, was Gartenschau & Co ten Sichtachse sind ihre Markenzeichen. Dabei Links: Auch diesen Baum hat die Gartenschau mit der Mitte des Stadtteils gemacht haben, ist darf sie nützlich sein für den Abverkauf der vor- besiegt. bekannt: 6000 Bäume sind weg, gesetzlich ge- mals öffentlichen und naturnahen Ländereien Unten: Dieser Ort soll durch den Bau einer schützte Biotope sind unter neuen Tempeln ver- an Privatinvestoren und hilft, touristische und Autobahn verbessert werden. Gegenüber will die schwunden oder einfach nur zugeschüttet, damit kommerzielle Nutzungen im verbliebenen öf- IBA das neue Korallusviertel bauen. Die Touristen keine feuchten Füße bekommen. Vögel fentlichen Grün zu etablieren. Kettensägen-Hei- Erschließung soll gleichzeitig Autobahnzubringer können fliegen und also auch woanders unter- ner, wie er auch genannt wird, der weiterhin sein, wovon sich die IBA besondere Urbanität verspricht. kommen, den Ausgleichsverpflichtungen wurde Vorsitzender des BUND Niedersachsen ist, weiß mit großer Kreativität begegnet ... Viele Klein- das so darzustellen: Er habe aus einer nutzlosen gärten sind weg, öffentliche Parkflächen sind an Brache wunderschönes Grün erschaffen. Investoren verkauft, und der Rest wird gerade zur Abfertigung großer Tourimengen befestigt Die IBA prägt die Legende von und ist mit einem hohen Zaun umgeben. der Aufwertung ohne Verdrängung. Zur Beseitigung der letzten bebauungswid- Virtuelle Welt vs. Realität rigen ökologischen Wertigkeiten kam am Schluss noch Amtshilfe vom Dockville-Festival. In Sachen Werbesprüche steht die IBA der igs Der Partyveranstalter möchte 2013 am Reiher- nicht nach, so heißt es etwa, dass in Wilhelms- burg Aufwertung ohne Verdrängung prakti-

** früher Martina Oldengotts Chef in der Umweltbehör- ziert würde. Sogar mit überzeugenden schein- 142 de, jetzt Geschäftsführer der igs-GmbH logischen Argumenten: Die gewünschten143 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

kaufkräftigen neuen Menschen würden in die Die Medienmaschinerie mit den virtuell merkbare Aufwertung ohne reale Verbesse- burg war dieser Besitz nun allerdings herzlich neuen Häuser kommen, die AlteinwohnerIn- erzeugten Positivimages wirkt auf den Woh- rungen durchzusetzen. Die nachteiligen wenig wert. Land ließ sich nicht verkaufen, nen könnten sich zurücklehnen, denn sie seien nungsmarkt ein. Trendorientierte Wellenrei- Faktoren zu bearbeiten, ist nicht Auftrag der und wenn die Mieten erhöht worden wären, vor unangemessenen Mieterhöhungen dank terInnen können sich vom Abendblatt weisen städtischen Gesellschaft. Lärm mindern, Um- hätte sich nur der Leerstand vermehrt. der guten VermieterInnen im Stadtteil sicher. lassen, wo sie hinziehen sollen. Andere sind weltbelastungen reduzieren, soziale Infra- Da sei die städtische Wohnungsbaugesellschaft andernorts Opfer der Verdrängung gewor- struktur nachhaltig verbessern – Fehlanzeige. Wenn aber ein Produkt am Markt keinen SAGA mit ihrem sozialen Auftrag und da wä- den, können die Mieten in den schon weiter Eine Vorzeigeschule mit Zugangsvorausset- Erfolg hat und der Preis nicht gesenkt wer- ren die Genossenschaften, die ja sogar den durchgentrifizierten Stadtteilen nicht bezah- zungen oder ein Sprach- und Bewegungszen- den soll, gibt es zwei Möglichkeiten: Das Pro- Mieter-Innen selber gehörten – und die wür- len und tragen ihre Nachfrage in den Stadt- trum, für dessen Betrieb die übrigen Einrich- dukt selbst verbessern oder in Werbung in- den sich ja nicht selbst die Mieten erhöhen! teil, der als günstig gilt. Die Reaktion des tungen im Stadtteil das Geld zusammen- vestieren und somit nur sein Image aufzu- Marktes lässt nicht auf sich warten. sparen müssen, verbessern die soziale Teil- werten. Letzteres wurde für Wilhelmsburg Probleme liegenlassen, habemöglichkeit der Stadtteilbevölkerung nur entschieden. Den realen Dreck wegzumachen aber Image verbessern: Eine (sowieso wenig wirksame) soziale in Maßen. Realität sind dagegen zusätzliche wäre deutlich teurer gekommen als positive Das neue IBA-Paradigma heißt Erhaltensverordnung wird vom Senat abge- Autobahnplanungen, ein gigantisches Kohle- Images drüberzulegen. Aufwertung ohne Aufwert lehnt. Begründung: Es seien keine negativen kraftwerk direkt nebenan und die Beseitigung Entwicklungen zu erkennen. Natürlich nicht, von Natur und öffentlichen Flächen zuguns- Dabei hilft moderne Alchimie: Die Scheiße Näher betrachtet ist die Situation aber doch wenn es denn Ziel ist, die Bevölkerung durch ten privat investierten Betons. für Gold erklären und schnell verkaufen, bevor etwas anders: Zum einen hat es kaum Neubau Austausch zu verbessern. es jemand merkt. Unsere IBA ist nichts ande- gegeben, ein paar Smartdingsbumsexperi- Es geht ums Verkaufen: res als die eigens dafür gegründete Werbe- mentalhäuser, dagegen sogar Abrisse an der Da wirkt Jutta Blankau, jene Gewerkschaf- Die IBA hilft und Verkaufsagentur. Ihr Name hört sich nach Weimarer Straße. Zum anderen erhöht die terin aus Altenwerder, die derzeit Verwendung ihrer Eigentümerin, Qualität an, ist aber ein ungeschützter Begriff: Saga Mieten stärker als es im Hamburger als Stadtentwicklungs- (also Bau-)Senatorin sich zu privatisieren Auch z.B. Herta Suhrbier, Veringstr 37, III. Schnitt geschieht, und in den Bauvereinen ist findet und somit eigentlich die IBA beaufsich- Stock rechts, könnte eine IBA ausrufen, wenn die Demokratie längst überwunden – sie sind tigt, erheiternd, wenn sie im Abendblatt dann Neben dem erfolgreichen Betätigen der Mie- sie sich denn eine neue Wohnzimmergarnitur sogar teilweise brave IBA-Partner und erhö- doch erklärt, dass es Gentrifizierungszeichen tenschraube gibt es noch ein anderes, schwe- zulegte oder einfach nur gerne mal in der Zei- hen fleißig, weil die ganze Aufwerterei sonst im Reiherstiegviertel gäbe, und sie da gegen- rer zu beackerndes Handlungsfeld der IBA: tung stehen möchte. Bei der Hamburger IBA nicht klappt. Ganz vorne war der BV Reiher- steuern würde. Das schwache Schwert Erhal- Nämlich das schon erwähnte Verkaufen städ- handelt es sich nun kurioserweise um eine stieg dabei: die Mieten 20% in einem Schritt tensverordnung legt sie dazu aber aus der tischen Eigentums. Es war kein Altruismus sei- 100%ige Ausgeburt der Institution, die zuvor hoch, bei Neuvermietungen nochmal mehr Hand und die städtischen bzw. IBAverpartner- tens der Stadt, eine IBA für Wilhelmsburg zu den ganzen Dreck hergebracht hatte. Und so verlangt und dabei die Vorstandsgehälter ten VermieterInnen, die steuerbar wären, wer- erfinden. Es war eine kaufmännische Überle- wollte das Verkaufsgeschäft dann auch lange verdoppelt. Auch die privaten VermieterInnen den in ihrer unternehmerischen Freiheit be- gung des Unternehmens Hamburg. Diesem Zeit nicht recht zünden, trotz Werbefeuerwerk verstehen zunehmend, was geht. Statt 3,50 € züglich des Mietenerhöhens nicht angetastet. „Unternehmen“ gehört nämlich die Mehrheit und dicker Schichten Goldlametta auf den Pro- pro Quadratmeter nettokalt im Altbau wird des Bodens und (über die SAGA) ein Großteil blemlagen des Stadtteils. Schließlich musste die nur wenig schimmelige Wohnung jetzt Ein ganz genialer Erfolg der IBA ist es al- der Wohnungen des Stadtteils. Im realen, vor die Stadt selbst (unter Tragen verschiedener auch144 schon mal für über 10 € angeboten. lerdings, die in den Preisen drastisch be- allem aber gefühlten Müllhaufen Wilhelms- Hüte, wie der Gebäudeverwaltung Sprinkenhof145 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Gartenschau: Im Zäuneaufstellen ist sie gut. Der oder Bäderland) die Schlange der Kaufwilligen selbst zu suchen wäre, etwa weil dieses gute Radverkehr durch den Stadtteil bleibt dabei spielen und begeistert ein Stückchen von sich Kind nicht genug vor dem schlechten Einfluss freundlicherweise erlaubt – nur muss er sich jetzt selbst wegschnappen, bis es auch ein paar an- des Senats beschützt worden war. So gedieh das die großen Straßen mit den LKWs teilen. dere taten. Deren Motivation und Hintergründe Riesenkind prächtig und trieb ungestört Ausläu- zu recherchieren, wäre sicher hochspannend ... fer in die Strukturen des Stadtteils hinein, un- terwanderte, verpartnerte sich, absorbierte, Spalte und herrsche: saugte aus und spaltete. Die Karawane ist in Be- Die Großevents wegung gesetzt, zieht mit Macht, und immer, etablieren wenn ein Aktivmensch vom unterstützenden sich im Stadtteil Glauben abfällt, mit Schrecken erkennt, dass IBA und igs doch nicht für uns sind, ist die Ka- Ein genialer Erfolg ist dem Senat zuzugestehen: rawane schon wieder ein Stück weitergekom- Er schaffte es, den wackeren Wilhelmsburger men, ist ein Stück Inselidentität vermarktet, Aktiven die IBA als Kuckucksei ins Nest zu le- zertrampelt oder unter die Räder gekommen. gen. Das ausgeschlüpfte Wesen wurde von ih- nen nicht nur an Kindes Statt angenommen, Der Sprung zu mir: Manchmal habe ich nein es wurde sogar als eigen Fleisch und Blut Selbstschutzreflexe. So auch bei der IBA- gesehen, vermeintlich durch den eigenen Kampf Frage. Das häufige In-der-Minderheit-sein er- gezeugt. Tatsächlich aber war die IBA – und ist schien mir zunehmend unzuträglich und unge- es immer noch – genetisch gleich mit dem alten sund. Dabei war der Verein Zukunft Elbinsel Missetäter Senat. Und so wuchs das Kuckucks- Wilhelmsburg doch schon eine Art Familiener- kind und wuchs und wuchs. Immer wenn es die satz geworden. Zumindest hat er mir viele in- unangenehmen Eigenschaften seiner leiblichen teressante Erfahrungen gegeben. So hat das Eltern zeigte, hieß es seitens der Mehrheitsak- Scheiden aus dem Verein dann auch durchaus tiven: Man dürfe das Kind nicht gleich schelten, wehgetan. Aber im Grunde war es nur eine der ihm keinesfalls Misstrauen entgegenbringen, zahlreichen Spaltungen an der IBA-Frage, die das würde seine Entwicklung stören, nein, man es im Stadtteil zu verzeichnen gab. müsse vertrauensvoll seinen Werdegang ab- warten. Allerdings nahmen die Fehlentwicklun- Bleibt die Frage, ob nach den gemachten gen ein zunehmend beunruhigendes Ausmaß Erfahrungen die Einschätzungen und Bewer- an. Aber je mehr das Kind missgeriet, desto tungen sich nicht insgesamt auch wieder auf- mehr Schutz wurde ihm zuteil, desto mehr wur- einander zu entwickeln können ... ★ de es mit Liebe versorgt, denn der Glaube war

fest, dass das vermeintlich eigene ein gutes Mehr Hintergrund u.a. bei buergerdialoge.de 146 Kind sei und dass der Fehler ja sicher bei sich oder akuwilhelmsburg.blogsport.eu 147 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

politik, umfassende Aufklärung und die Sanie- kämpft haben. Die Siedlung wird voll er- Vom Arbeitskreis betroffener rung der Deponie. Sie beteiligen sich mit An- schlossen, die Bewohner können die gepach- Die Chronik einer Erfolgs- trägen, Medienarbeit, Schriftverkehr, Organi- teten Grundstücke kaufen und es entstehen Bürger zu geschichte von sation von Veranstaltungen und Gesprächen rund 45 neue Baugrundstücke. zuversichtlichen Bürger-Engagement – mit mit Vertretern des Senats und des Bezirks. Die Beharrlichkeit, Sachlichkeit Bürger fordern vom Senat „Lastenausgleich“! und Kreativität zum Ziel. Menschen im 1986: Gründung und Etablierung des „Ar- beitskreises betroffener Bürger“ direkt im Arbeitskreis Georgswerder Quartier. Unter dieser Bezeichnung wird die vom Arbeitskreis Georgswerder. Bürgerinitiative bis Mitte 1994 geführt. Ab 1986: Erfolgreicher Einsatz für eine aufwen- dige Sanierung der Deponie und Verhinde- 1983: Im Dezember 1983 werden die Giftfun- 1984: Im Januar schließen sich viele Georgs- rung einer „mobilen Verbrennungsanlage“ de auf der Deponie Georgswerder öffentlich werder und Kirchdorfer Bürger der BI Wil- direkt auf der Deponie. Begleitung land- und sorgen für Empörung auf der gesamten helmsburg-Neuland an und kämpfen gemein- schaftspflegerischer und naturschutzrechtli- Der Arbeitskreis Elbinsel. sam für eine transparente Informations- cher Ausgleichsmaßnahmen. Beteiligung des Vorn von links nach rechts: Uwe Hudemann, Andrea Schwegler, Edeltraut Pietrowski, Hans Walter Bartels. Arbeitskreises an der Ausweisung des Areals Hinten von links nach rechts: Cathrin Thiele, Jörg Mey- der Ziegeleiteiche am Fuße der Deponie als er, Helga Schors, René Perio. „naturbestimmte Fläche“ und an der Umset- O. Abb.: Kristin Osterhoff, Fabian Elser, Conny Lehmann zung landschaftspflegerischer Maßnahmen. Kauf der Fläche durch die Umweltbehörde. Mitte des Jahres benennt sich die Bürger- 1993: Abwehr einer soziokulturellen Fehl- initiative „Arbeitskreis betroffener Bürger“ entscheidung. um in „Arbeitskreis Georgswerder“, da sie nicht mehr „betroffen“, sondern zuversichtlich Durchsetzung oder Abwehr und auch imagefördernd in die Zukunft ge- von neuen hen will. Das neue Logo mit dem Berg und Wohn-, Gewerbe- den drei Windmühlen wird hamburgweit be- oder Grünflächen kannt. Priorität hat ab jetzt eine aufwertende Stadtentwicklung. 1994: Der Senat und die Bürgerschaft be- Um den Erhalt der Landschaftsachse Wilhelms- schließen den Bebauungsplan Wilhelmsburg 1995/1996: Der Arbeitskreis Georgswerder burger Dove Elbe als Naturraum muss immer wieder 71/72 (Wohnsiedlung Hövel e.V.), um den der unterstützt das Vorhaben, in Obergeorgswer- gekämpft werden. 148 Arbeitskreis und die Hövelsiedler lange ge- der eine Rückdeichung vorzunehmen,149 das III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Altspülfeld Kreetsand zu renaturieren und als Am 7. Oktober 1998 wird der Kinderspiel- 2000/ 2005: Fünf Jahre dauerte das Verfah- Eltern, Stadtteil- und Sinti-Vertretern (auch Tidepotenzial zu nutzen. Aufgrund von Strei- platz an der Rahmwerder Straße mit einem ren für den B-Plan Wilhelmsburg 81, die sog. Vertreter von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg tigkeiten innerhalb des Stadtteils Wilhelms- großen Fest feierlich eröffnet. Die Schule „Kirchenwiese“. Dieser Plan ist insgesamt drei- e. V. nehmen teil) und kämpft in den Folgemo- burg nehmen auch Vertreter des AK Georgs- Rahmwerder Straße übernimmt sofort eine mal öffentlich ausgelegt worden, maßgeblich naten gegen diese Absicht durch einen Mix von werder an einem Mediationsverfahren teil. „Müllpatenschaft“. aufgrund der qualifizierten Einwendungen des Aktivitäten wie Unterschriftensammlungen, De- Schließlich entscheidet sich der Senat für die Ebenfalls 1998 plant die Harburger Politik Arbeitskreises Georgswerder, die zwei „Nach- monstrationen, Pressearbeit, Politikergesprä- Rückdeichung, vier Jahre später erfolgt der und Verwaltung, neben einer Wohnbebauung besserungen“ erforderlich machten. chen sowie Verhandlungen mit Vertretern der Planfeststellungsbeschluss. Seit 2010 ist die auf der „Kirchenwiese“ noch ein weiteres Schulbehörde und der damaligen Senatorin. Hamburg Port Authority (HPA) mit Planungen Baugebiet zwischen Buschweide und Hövel- 2005 wird der B-Plan, der den Neubau von für die Umsetzung beschäftigt, die in naher weg bis an die Wilhelmsburger Dove Elbe zu 122 Wohneinheiten vorsieht (Einzel-, Doppel- Der Arbeitskreis kämpft Zukunft realisiert werden sollen. Auch hier erschließen (sog. „Wohnpark Dove Elbe“). Das und Reihenhäuser in Eigentum sowie Ge- um den sind im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens wird von Georgswerder Bewohnern und dem schosswohnungsbau), rechtskräftig beschlos- Schulstandort zwei Vertreter des Arbeitskreises involviert. Arbeitskreis massiv bekämpft. Dieser sensib- sen. Die Umsetzung ist für 2013 geplant. Rahmwerder Straße le Naturraum mit Feucht- und Obstwiesen in 1996/1997: Der Kleingartenverein 111 an der Nähe der Landschaftsachse Dove Elbe muss Mitglieder des AK Georgswerder 2009: Im Juli gibt die Senatorin bekannt: „Die Fiskalischen Straße und größere Flächen des geschützt werden. Massive Proteste bei öf- arbeiteten maßgeblich Schule bleibt!“. Im Schulentwicklungsplan wird Kleingartenvereins 723 Niedergeorgswerder fentlichen Veranstaltungen und im Stadtpla- aktiv in der der Standort, auch nach dem Regierungs- sind als gewerbliche Flächen vorgesehen. Der nungsausschuss sowie die Medienarbeit des Zukunftskonferenz mit wechsel, verbindlich festgeschrieben.Das 1. Arbeitskreis Georgswerder kämpft an der Sei- Arbeitskreises zwingen 1999 die Politiker in Halbjahr 2009 wird zusätzlich noch über- te der Kleingärtner mit Pressearbeit, Unter- Harburg, dieses Vorhaben mit der B-Plan- 2001/ 2002: Von Mai 2001 bis Januar 2002 schattet durch die Pläne der Schulbehörde, schriftensammlungen und Verhandlungen um Bezeichnung WB 83 nicht weiter zu verfol- sind Mitglieder des AK Georgswerder in der den historischen Schulaltbau von 1902/1903 den Erhalt. gen. Seitdem wird Georgswerder von der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg maßgeblich abzureißen. Ein Abbruchantrag beim Bezirk- Presse als „Gallisches Dorf“ bezeichnet. In aktiv. Die AK-Sprecherin Helga Schors leitet samt Hamburg-Mitte war bereits gestellt. Und Im März 1997 gibt der Senat für die Kleingär- den Folgejahren wird diese Projektidee öfter die AG „Wohnen“ und wird Mitglied in der wieder kämpft der Arbeitskreis mit den Ge- ten eine Bestandsgarantie für 15 Jahre. Hin- mal neu aufgegriffen und diskutiert, aber we- „Weissbuch-Redaktion“. AK-Mitglied Andrea orgswerder Bürgern um den Erhalt. Die Schu- sichtlich des KGV 111 ist hier nach derzeitigem gen der anhaltenden Proteste im April 2006 Schwegler arbeitet konstruktiv in der AG „Ar- le war Flutfluchtburg und Flutversorgungs- Kenntnisstand in absehbarer Zeit kein „ge- ad acta gelegt. Durch das Senats- beit und Wirtschaft“ mit. Viele Projektvor- stützpunkt von 1962 – ein Ort mit Sym- werblicher Zugriff“ geplant . programm „Sprung über die schläge wurden bzw. werden realisiert. bol- und Identifikationscharakter. Der Elbe“ besteht aber nach wie Arbeitskreis nimmt an einer von der Schul- 1997/1998: Planung des ersten öf- vor die Gefahr einer „Wie- 2008: Am 10. November verkündet die Schul- behörde eingesetzten Arbeitsgruppe „Kleines fentlichen Kinderspielplatzes in derbelebung“. behörde in der Aula der Schule Rahmwerder Bildungshaus Georgswerder“ teil und startet Georgswerder zusammen mit der Straße das endgültige AUS für diese Zweig- eine große äußerst erfolgreiche Fragebogen- Das Logo des AK Georgswerder, Umweltbehörde sowie Vertretern stelle der Elbinselschule wegen andauernden aktion im Quartier, schaltet Bezirks- und Bür- das auf die zentrale Problema- des AK Georgswerder und mit den Schülermangels. Der Arbeitskreis gibt nicht gerschaftsabgeordnete ein und informiert das tik und Chance der Deponie Kindern im Quartier. auf, sondern bildet ein breites Bündnis aus Denkmalschutzamt. Nach Auswertung der 150 hinweist. 151 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Ausstellungskonzept entwickelt werden soll, hen in die 1. Etage des historischen Schulalt- nimmt die Vertreterin des Arbeitskreises baus ein. Ende 2010 wird das Haus unter auch an einem dreitägigen Kolloquium teil. Denkmalschutz gestellt! Über das Ausstellungskonzept werden sich alle Beteiligten einig. 2011: Im März 2011 findet auf dem IBA-Dock ein Präsentationskolloquium statt. Hier geht Der Arbeitskreis setzt durch, es um die Wahl des Konzeptes für das Aus- dass kein Skaterrundkurs stellungsgebäude auf dem Energieberg. Die den Landschaftsraum Sprecherin des Arbeitskreises, Helga Schors, Architektonisch bemerkenswerte der Wilhelmsburger Dove Elbe zerstört wird Jury-Mitglied. Nach zwei Terminen sind Häuserzeilen am Niedergeorgswerder Deich, sich alle Jury-Mitglieder einig und der AK der Hauptverkehrsader des Stadtteils. Im Frühjahr 2009 plant die igs (Internatio- Georgswerder trägt dieses Konzept, das in- nale Gartenschau) einen Freizeitrundkurs zwischen realisiert wurde, mit. durch Wilhelmsburg, und zwar für Wanderer, Im Frühjahr 2011 entwickelt der AK Ge- Radfahrer, Läufer und Skater. Hierfür soll orgswerder eine neue Projektidee für den auch die Landschaftsachse Dove Elbe an der Schulaltbau. Anlass ist der sich nähernde Fragebögen erarbeitet der AK Georgswerder res wird diese Unterstützung für den Erhalt Ostseite bespaßt werden, was einen Ausbau fünfzigste Jahrestag der schweren Hambur- ein Nutzungskonzept für ein „Künstlerhaus“. des symbolträchtigen Schulaltbaus gewährt und eine Wegebefestigung zum Skaten erfor- ger Sturmflut und die Auswertung der Fra- – die Presse berichtet hierüber. Die Schulbe- derlich machen würde. Der AK Georgswerder gebogenaktion. Da das inzwischen unter Das historische Schulgebäude wird hörde reagiert und der Abbruchantrag wird begrüßt zwar die Idee eines Freizeitrundkur- Denkmalschutz stehende Gebäude 1962 als unter Denkmalschutz zurückgezogen. Im Konzept für das „Kleine ses, lehnt aber den Ausbau für eine Skaterstre- Flutversorgungsstützpunkt gedient hat und gestellt und Bildungshaus“ wird die Entwicklung des cke aus Naturschutzgründen vehement ab. Der 47 Menschen in Georgswerder bei der Flut wird zum „Künstlerhaus“ Schulaltbaus zu einem Künstlerhaus mit auf- Arbeitskreis kämpft mit Unterschriftensamm- ihr Leben verloren haben, entschließt sich genommen. 2009 ist das Jahr der großen Her- lungen, Gesprächen mit der igs, Protesten im der Arbeitskreis für eine dauerhafte Ausstel- Inzwischen nimmt auch eine sehr kompetente ausforderungen für das Quartier Georgswer- Hauptausschuss der Bezirksversammlung und lung der Flutgeschichte und eine würdige Mitarbeiterin des Denkmalschutzamtes an der. Die Mülldeponie Georgswerder soll im einem Vortrag im igs-Beteiligungsgremium Flutopfergedenktafel. Erforderliche Finanz- der Arbeitsgruppe „Kleines Bildungshaus“ teil Rahmen eines IBA-Projektes (IBA – Interna- gegen dieses Vorhaben. Ende des Jahres bestä- mittel werden bei der IBA, dem Beirat für und leitet ein Prüfverfahren auf Denkmal- tionale Bauausstellung) zu einem „Energie- tigt die igs schriftlich, dass sie das Projekt an Stadtentwicklung und beim Bezirk bean- würdigkeit ein. Im Mai 2009 beschließt die berg“ umgestaltet, ein neues großes Wind- diesem Ort doch nicht realisieren will – ein tragt. Alle Gremien befürworten einver- Bezirksversammlung Hamburg-Mitte einver- kraftrad von „Hamburg Energie“ aufgestellt großer Erfolg für den Arbeitskreis und für den nehmlich die beantragten Finanzierungsmit- nehmlich, dass das Gebäude erhalten bleiben und etwa 10.000 qm Fotovoltaik-Anlagen sol- Landschaftsraum an der Dove Elbe. tel von 3.700,00 €. Alle Arbeitskreis- soll. Der AK hat die Zeit dazu genutzt, ganz len installiert werden. In diese Planungen mitglieder bereiten gemeinsam die Ausstel- unkonventionell Herrn Helmut Schmidt um wird der Arbeitskreis Georgswerder von An- 2010: Am 23. Juni 2010 wird der Gemeinnüt- lung und Gedenkfeier vor. ideelle Unterstützung zu bitten. Mit einem fang an mit einbezogen. Da der Energieberg zige Verein „Künstlerhaus Georgswerder e.V.“ sehr152 persönlichen Brief vom 24. Mai des Jah- auch dauerhaft für Besucher geöffnet und ein gegründet und die ersten drei Künstler zie- 153 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Parallel zu den Vorbereitungen zur Flut- tiven Gedenktafel. Die 200 Gäste sind beein- ausstellung und den Planungen für eine Ge- druckt von der bewegenden Veranstaltung. denkfeier am 16. Februar 2012 bemüht sich der AK Georgswerder gemeinsam mit der Vom 20. bis 22. April 2012 findet in Ge- IBA um eine Stadtteilwerkstatt in und für Ge- orgswerder die Stadtteilwerkstatt statt. In orgswerder, und zwar unter Federführung vier Arbeitsgruppen unter Leitung von drei der IBA. Grund hierfür ist der Umstand, dass Planungsbüros und einem Studententeam Georgswerder einer dringenden Aufwertung werden beachtliche Ergebnisse erarbeitet. bedarf und mit Ausnahme des Energieberges Überrascht wird der AK von vier neu zugezo- kein IBA-Projekt realisiert wird. Die aktive genen Georgswerder Bewohnern, die sich für Georgswerder Bevölkerung soll in alle Pla- diese Werkstatt angemeldet haben und sich nungen, die möglicherweise in der Projekt- sehr kreativ einbringen. Noch 2012 ist die fi- gruppe „Sprung über die Elbe“ entwickelt nale Präsentation des „Zukunftsbildes Ge- werden, frühzeitig eingebunden werden und orgswerder“ geplant . eigene Ideen hervorbringen. Ende des Jahres 2011 wird die Zustimmung zu dieser Stadt- Der Arbeitskreis Georgswerder blickt auf teilwerkstatt erteilt, die im Frühjahr 2012 eine über 25-jährige Tätigkeit zurück. Die stattfinden soll. vielen Erfolge stützen sich auf eine politische, aber nicht parteipolitische Arbeit und auf die Die Sturmflut 1962 forderte viele enge Zusammenarbeit mit anderen Wil- Todesopfer. Eine Gedenktafel helmsburger Vereinen und Initiativen, mit für sie wird in der Bezirks- und Bürgerschaftsabgeordneten, mit Schule Rahmwerder Straße enthüllt Behörden, dem Beirat für Stadtentwicklung sowie der IBA und den vielen Bürgerinnen 2012: Zum 16. Februar 2012 lädt der Arbeits- und Bürgern im Quartier, die uns bei unseren kreis zu einer Flutopfergedenkfeier, Ausstel- Arbeiten und Aktionen immer wieder unter- lungseröffnung und Enthüllung der Gedenk- stützt haben. Ohne ein solches Netzwerk, das tafel ein. Frank Böttcher vom Institut für wir uns im Laufe der Zeit selbst geschaffen Wetter- und Klimakommunikation moderiert haben, wären diese Erfolge nicht möglich ge- die Veranstaltung. Jürgen Becker von TuTech wesen. Aber auch Beharrlichkeit, Sachlichkeit Hamburg-Harburg hält die Gedenkrede. Mit und Kreativität haben unsere erfolgreichen Der Schulaltbau, der abgerissen werden sollte, steht nun zwei Liedern gibt Eddy Winkelmann dem Ergebnisse immer wieder begünstigt. ★ unter Denkmalschutz und wird zum Künstlerhaus. Seit Abend einen würdigen Rahmen, ebenso die Februar 2012 beherbergt das Gebäude auch die Schülerin Sayenne Kühne mit einer Lesung. Dauerausstellung154 zum Gedenken an die Flutopfer 1962. Höhepunkt ist die Enthüllung der repräsenta- 155 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Museum BallinStadt erinnert. Die Veddel wird deler, die Veddel ist eine Insel, und man lebt Die Veddel bewegt sich — oft als ein Teil von Wilhelmsburg angesehen, auf ihr, und nicht in ihr. Seltsamerweise hört Die Veddel, ein bunter Stadtteil und zwar spätestens dann, wenn der Umriss man auf der Veddel kaum jemals jemanden wie man am Wasser zwischen Hafenkränen der „Elbinsel Wilhelmsburg“ an die Norderelbe sagen man führe „nach Hamburg“, was ein andere und Autobahn, oder: Wie die verlegt wird. Dieser Fehler wird immer wieder paar hundert Meter weiter südlich ganz an- Veddeler sich aktiv für die Zukunft hartnäckig wiederholt, so auch im Artikel des ders ist. Solcherlei Identifikation ist geerbt, ihres Stadtteils einsetzen Online-Mitmachlexikons Wikipedia über Wil- und sie erfasst auch jene schnell, die zugezo- Wege des helmsburg. Doch die etwa fünftausend Bewoh- gen sind. Das ist auch ein Bild, das prägt, ner der Insel Veddel zeichnen sich durch eine denn in Wilhelmsburg hört man zuweilen, da Engagements geht hohe Identifikation mit ihrem eigenen Stadtteil kämen „die aus Hamburg“ und die wollten von Klaus Lübke. aus. Das liegt wohl auch an der Kompaktheit was mit „uns“ machen, was uns vielleicht nicht der Wohnsiedlung, die klar begrenzt, ja fast passt. Diese Sicht fordert eine Abgrenzung zu eingeklemmt zwischen der Bahnstrecke, Fluss „den Anderen“. Durch das Ansprechen solcher und Autobahn liegt. Emotionen kann man leichter Bürger zum Die Pachtgüter Veddel und Grevenhof, sowie von Backstein geprägte Wohnquartier, son- Mitmachen motivieren. die Lehngüter Peute und Müggenburg gehören dern auch die Peute und das Gelände der süd- Fritz Schumacher, Hamburgs bedeutend- seit dem Gottorper Vertrag von 1768 zu Ham- lich des Müggenburger Zollhafens errichteten ster Oberbaudirektor, drückte dem Quartier Klaus Lübke burg. Heute gehören zur Veddel nicht nur das Überseehallen der HAPAG, an die heute das mit seiner Backsteinarchitektur in den zwan- ziger Jahren seinen Stempel auf. Ein Glücks- ist 1962 in Barmbek geboren und im fall, denn die heute meistens modernisierten Speckgürtel Hamburgs aufgewach- Wohnblocks sind mit ihren vier oder fünf Ge- sen, bevor er mit 17 in seine Heimat- Die „Maritime Circle Line“ bietet einen Liniendienst von den Landungs- schossen überschaubar geblieben, die Anony- stadt zurückkehrte. Seit mehr als 10 brücken aus und läuft unter anderem das Auswanderermuseum mität der Großsiedlungen späterer Jahre blieb Jahren engagiert er sich in der SPD für die Veddel. Nach zwei Jahren im Ortsausschuss BallinStadt auf der Veddel und das Hafenmuseum an. der Veddel erspart. Man kennt sich im Quar- Veddel-Rothenburgsort wurde er in die Bezirksver- tier, zuweilen wird es auch Dorf genannt. sammlung Hamburg-Mitte gewählt, in der er jetzt seit acht Jahren Mitglied ist. Die Veddeler sagen: Die Veddel ist eine Insel, und man lebt auf ihr, und nicht in ihr Bürgerbeteiligung gibt es auch auf der Veddel, aber nicht im gleichen Umfang wie auf Man lebt übrigens „auf der Veddel“, und es der südlichen Nachbarinsel. Das liegt nicht nur heißt „die Veddel“, eine Besonderheit, die es daran, dass es zehnmal so viele Wilhelmsbur- bei wenigen anderen Stadtteilen gibt, so etwa ger gibt, sondern auch an der sozialen Struktur 156 auf der . Denn, so sagen die Ved- der Veddel. Denn zum einen leben die Bewoh157- III. Herausforderungen für bewegte Bürger

ner ausschließlich in Mietwohnungen. Besitzer etwas zu unternehmen, und vorschlug, die auf eigenem Grundstück engagieren sich er- Nachbarn zu fragen, ob sie sich an entspre- fahrungsgemäß stärker. Mitbürger mit Wur- chenden Aktionen beteiligen würden, gab es zeln in anderen Ländern beteiligen sich nicht schnell ein Treffen, zu dem der Vorsitzende in gleicher Weise an politischen Prozessen. des Stadtteilbeirats eingeladen hatte. Daraus entwickelte sich eine aktive Arbeitsgruppe, in Es gibt aber Veddeler, die sich der sich auch die vorherigen Bemühungen aktiv einmischen, einreihten. Mittlerweile ist das Thema durch Oben: Die Gebäude an der Straße mit dem vielsagenden Namen „Am mitreden und sich diese Struktur weit in das Bewusstsein der Gleise“ sind dem Bahnlärm direkt ausgesetzt. Aktive Veddeler setzen für ihren Stadtteil einsetzen verschiedenen Verantwortlichen in der Ver- sich an diesem Streckenabschnitt für eine Lärmsanierung ein. waltung und Politik vorgedrungen. Links: Die Künsterlin Doris Waschk-Balz gestaltete 1983 den schönen Und dennoch gibt es sie, diejenigen, die sich Brunnen am Veddeler Stieg. Der Strom für den Betrieb wird von der aktiv einmischen, mitreden und sich für ihren Unbedingt erwähnenswert ist auch die Aurubis AG bezahlt. Stadtteil einsetzen. Dies geschieht aber weni- „Arbeitsgruppe Verkehr“ des Stadtteilbeira- ger in klassischen Bürgerinitativen oder Bür- tes, in der intensiv darüber diskutiert wird, gervereinen, die sich mit dem Verein Zukunft wie die Wohn- und Lebensqualität im ver- Elbinsel Wilhelmsburg vergleichen ließen. Die kehrsumtosten Wohnquartier erhalten und Bürger der Veddel engagieren sich in der Re- verbessert werden kann. Im Blick haben die Das Wohnquartier der Veddel ist von Backsteinbauten aus gel in losen Gruppen, die zuweilen an den Mitglieder dabei nicht nur die, den Stadtteil der Schumacher-Ära geprägt und steht unter Denkmal- Stadtteilbeirat ankoppeln. Denn der nimmt nördlich querende Tunnelstraße und die schutz. Trotz der dichten Bebauung sieht man auch viel Initiativen und Themen aus dem Quartier Hauptbahnstrecke, sondern auch die Wohn- Grün, wie hier an der Immanuelkirche. gerne auf, verstärkt und verstetigt sie und gebäude an der Harburger Chaussee, die er- bietet in den Arbeitsgruppen Plattformen oh- heblichen Lärmbelastungen ausgesetzt sind, ne die administrativen Notwendigkeiten von durch die hier in großer Zahl durchfahrenden Vereinsgründung und Vereinsführung. Lastkraftwagen, meist 40-Tonner mit Contai- nern auf dem Chassis. Ein gutes Beispiel ist die Initiative gegen den Lärm der Bahn, die seit einiger Zeit von Die Initiativen erzielen durch sich reden macht. Entstanden ist sie aus der ihre Vernetzung mit Unzufriedenheit einer auf der Veddel aufge- dem Stadtteilbeirat wachsenen jungen Frau, deren Wohnung in eine bemerkenswerte Wirkung der Straße „Am Gleise“ eben auch genau an den Bahngleisen liegt. Nachdem Sie den Mie- Dass in diesen Gruppen jeweils weniger als terbund beauftragt hatte, in dieser Richtung zehn Teilnehmer zusammen kommen, liegt 158 159 Neubau der Brücken am Veddeler Wasserkreuz statt Abriss. Eine richtige Entscheidung!

Die Veddel liegt, was viele überrascht, dicht am Zentrum der Stadt. Dieser Blick vom Dach der Schule Slomanstieg beweist es. Das Hamburger Rathaus liegt dichter an dieser Schule als am Altonaer Bahnhof.

wohl auch daran, dass den meisten Bewoh- gewiesen wurde, dass die von der Hafenbe- nern der Veddel gar nicht klar ist, welche Be- hörde genannten Kosten falsch waren. lastungen auf den Stadtteil, und damit auch auf sie persönlich zukommen können, wenn Womit wir bei der Rolle der Parteien Links: Senator Gedaschko und man sich nicht einmischt. Allerdings darf er- sind, die auch Einfluss auf das bürgerliche HPA-Chef Meier geben sich die Ehre wähnt werden, dass die Initiativen auch durch Engagement haben. Denn wer etwas für die zur Einweihung der Brücken des ihre Vernetzung mit der lokalen Politik und Veddel erreichen möchte, arbeitet oft inner- Veddeler Wasserkreuzes. der Bezirksversammlung, an die der Stadt- halb der Parteien, wodurch er dem Engage- Unten: Demonstrieren darf auch teilbeirat als Beteiligungsgremium der Quar- ment innerhalb einer Bürgerinitiative ein Spaß machen: Picknick der tiersentwicklung angekoppelt ist, eine nicht Stück entzogen ist. Engagierten Wilhelmsburger an der zu unterschätzende bemerkenswerte Wir- Veddeler Norderelbe gegen kung erzielen. Neben diesen ausdrücklich politischen Autobahnbau auf den Elbinseln. Aktivitäten dürfen die vielfältigen Initiativen Nicht vergessen ist der Kampf um das und Vereine nicht unerwähnt bleiben, die sich Veddeler Wasserkreuz, das aus der Niedern- im sozialen, kulturellen oder sportlichen Be- felder und der Müggenburger Durchfahrt am reich engagieren. Im weiteren Sinne sind Bahnhof Veddel besteht. Der Plan der Hafen- auch diese politisch aktiv, tragen sie doch in behörde und des Senates, die Wasserstraßen erheblichem Maß zum Zusammenleben bei. zuzuschütten, weil die Brückensanierung an- Viele Veddeler und auch ein paar Menschen geblich zu teuer war, konnte nach vier Jahren von außerhalb beteiligen sich hier aktiv und gekippt werden, weil sich ein breites Bündnis leisten so wertvolle Beiträge für unsere Ge- aus Bürgern, Kultur, Politik und Wirtschaft sellschaft und die Menschen im Stadtteil. ★ zusammengefunden hatte. Nachdem es eine vielbeachtete Barkassendemonstration gege- ben hatte, beendete ein von Dr. Werner Mar- nette für die Norddeutsche Affinerie bestell- 160tes Gutachten die Diskussion, in dem nach- 161 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

der Druckpresse. Das Hamburger Wappen Elbinsel-Auswanderer verkleidet im Neuen „Engagierte Wilhelmsburger“: mit der Autobahn mittendurch und dem Wall für ordentlich Eindruck gesorgt, wir Sie kämpfen gegen die Autobahnisierung Spruch „Nicht durch unsere Mitte“ sollte nun sind mit 2000 Menschen an Halloween auf über 30 der Elbinsel und haben dafür gesorgt, unser Markenzeichen sein. Wenn Hans- der Reichsstraße gewesen und haben uns in dass die Kritik an den Plänen für die Ulrich Klose uns nicht so nett vor dem Elbin- Georgswerder für den Kampf gegen die Au- kreative Wilhelmsburger Reichsstraße auch bei sel Museum begrüßt hätte, wäre unsere erste tobahnpläne auf der Elbinsel mit einem Zau- den Politikern in aller Munde ist Aktion am Europawahltag eine Niederlage in bertrank gestärkt. Über 30 „5 vor 12 Aktio- Aktionen jeder Hinsicht geworden, denn dass es eine nen“ in drei Jahren haben wir bis heute Bannmeile bei Wahlen gibt und Flyervertei- gemacht und dafür gesorgt, dass das Thema unter dem Motto „Es ist 5 vor 12!“ lung strengstens untersagt ist, das haben wir „verlegte Reichsstraße“ bei den Politikern in von Melanie Klein. da erst erfahren. aller Munde ist. Inzwischen ist jedem Verant- wortlichen klar, dass wir uns hier keine Au- Die Geburt der tobahn vor die Tür setzen lassen. 5 vor 12-Aktionen Es war Sonntag, der 7. Juni 2009. Es goss wie dieses Kribbeln im Bauch ... Der rote Kombi auf dem Melanie Klein aus Eimern. Doch während die Welt unterzu- näherte sich, die Heckklappe öffnete sich und Fußweg im Badeanzug gehen schien, wurden die Engagierten Wil- die wertvolle Fracht kam zum Vorschein: Un- Machte 2001 mit ihrem Mann den helmsburger offiziell geboren. Wir alle hatten sere „Engagierten T-Shirts“ kamen frisch aus Eine schöne Erinnerung ist unsere erste Ak- Sprung über die Elbe von tion. Mitten auf dem Gehweg an der Her- nach Wilhelmsburg. mann-Keesenberg-Brücke saßen wir mit Lie- Alarmiert durch die Pläne für den gestuhl, Luftmatratze und Gummipalme und Ausbau und die Verlegung der Wil- helmsburger Reichsstraße in die unmittelbare Nähe haben für die Erhaltung des Wilhelmsburger ihres neuen Grundstückes gehörte sie 2009 zu den Schwimmbades demonstriert. Und da die Ak- Gründerinnen der „Engagierten Wilhelmsburger“, die tion so fotogen war und viel Spaß gemacht seit drei Jahren mit ihren fantasievollen Aktionen die hat, haben wir uns kurzerhand überlegt: „Das Politik in Atem halten. machen wir doch jetzt jeden Sonntag um 5 vor 12“. Denn es gibt genug Orte auf der Elbinsel, wo die negativen Auswirkungen der Was treibt uns seit drei Jahren an? verlegten Reichsstraße als Autobahn deutlich Wir alle sind als Bewohner von Wilhelmsburg werden. – aber auch der Veddel und Harburg – betrof- fen von der geplanten verlegten Reichsstraße Vom Schlafanzug bis zu „Grünen Prosti- als Quasi-Autobahn. Sie wird doppelt so breit Gemeinsam mit dem „Runden Tisch Moorburg“ tuierten“ wie die jetzige Straße sein, keine Ampeln, kei- beerdigen die Engagierten die Hafenquerspange. Wir haben am Buscher Weg in Schlafanzügen nen Radweg und keine Kreuzungen haben. So 162Die HQS wäre der Tod von Moorburg. gegen den Lärm protestiert, wir haben als sieht eine Autobahn aus, oder? Diese Straße163 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

9. Juli 2010 vor dem Hamburger Rathaus: Übergabe von über 500 000 Autobahn-Euros an Ole von Beust „Wir fordern sinnvolle Investitionen, statt Millionen Euro für fragwürdige und ungewollte Autobahnprojekte im Hamburger Süden zu verschleudern ...“

wird Wilhelmsburg teilen mit Lärmschutzwän- Auch aus Hamburger Sicht spricht alles ge- den höher als die Berliner Mauer. gen eine Verkehrsplanung, die immer mehr motorisierten Verkehr ins Zentrum pumpt. Das Die östlichen Bewohner werden neben war auch die zentrale Botschaft des Konvents dem Bahnlärm mit einem Dauerrauschen le- der Bundesstiftung Baukultur, die im Juni die- ben müssen. Wir meinen, dass diese Planung ses Jahres einen „Hamburger Appell für mehr nicht zukunftsweisend ist, nördlich der Elbe Baukultur in der Verkehrsinfrastruktur“ verab- würde niemand auf die Idee kommen, so eine schiedet hat: Eine Humanisierung der Städte Straße durch einen Stadtteil zu bauen, denn ist nur möglich, wenn es gelingt, den motori- der Verkehrs-Flaschenhals Norder-Elbbrü- sierten Individualverkehr zurückzudrängen. cken bleibt, die Pläne weisen gravierende Si- Auf den Elbinseln, wo die Zentralarterien in die cherheitsmängel auf und diese Planungen ha- City verlaufen, entscheidet der Druck auf die ben eine Abwertung und sozialen Abstieg von Verkehrsadern über den Unterschied zwischen ★ 164 Wilhelmsburg zur Folge. guter Durchblutung oder Infarkt! 165 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Autobahn über den Spreehafen dröhnen. Ich Michael Rothschuh Wie die Wilhelmsburger wusste: „So darf es nicht werden“. Die Hafen- Ob sie aber über Norden querspange wurde mein Thema. Alt-und-bald-Achtundsechziger, Bewohnerinnen kommt, oder aber Gründungsmitglied von Zukunft Elb- über Süden kommt Was in Hamburg insel Wilhelmsburg, Hochschullehrer und Bewohner oder aber überhaupt nicht nicht geht, für Sozialpolitik und Gemeinwesen- arbeit in Hildesheim, hat nach der kommt, ist nicht gewiss … machen wir einmal die in Wilhelmsburg Pensionierung Zeit für Unnützes, wie das Lesen von immer neuen DEGES-Planungen.

Hafenquerschlange besiegten Der Senat will am 24. Juli 1979 einen Gene- von Michael Rothschuh. ralverkehrsplan (GVP) verabschieden. Von der Ost-West-Straße soll ein „Baumwalltun- Und eben in Wilhelmsburg, wo die Auto- nel“ am Spreehafen in eine „Hafen-Autobahn“ bahn durch das Reiherstiegviertel führen soll. einmünden, die von der A1 über das Reiher- „Wilhelm Burg“, wie er sich nennt, kontert in 2001, beim ersten Spreehafenfest habe ich Hamburger Kirchtürme – und auch schon stiegviertel und den Hafen bis zur der Wilhelmsburger Zeitung mit einem den Spreehafen kennen gelernt mit seinen die „Hafenquerspange“: In einem Bauwagen A7 führt, Baubeginn ca. 1981. Leitartikel: zugewachsenen Ufern, den Hausbooten, der wurde ein Film vorgeführt, in dem man se- „Mit Elan und Geld hat sich der Hamburger wilden Hafenkulisse und dem Blick auf die hen und hören konnte, wie LKW auf einer Unter dem Titel „Neuer Elbtunnel und Au- Senat nun des Problems Wilhelmsburgs an- tobahn durch den Hafen“ schreibt Egbert genommen: Nach Pilotstudie und Stadtteil- Hoffmann im Hamburger Abendblatt (HA): konzept kamen die Zusagen, ... Bau des Bür- „1975 lag der GVP zum erstenmal Senat und gerhauses, Ausbau der „Honigfabrik“ usw. Na Bezirken vor. Vier Bezirke stimmten zu, drei also, haben da viele Wilhelmsburger gesagt, lehnten ab wegen der Stadtautobahnen, gegen es geht doch, wenn auch sehr spät. die sich wachsender Bürgerzorn richtete. Bür- Fraglich ist nur, ob der Einsatz von finanzi- gerinitiativen formierten sich, und auch in den ellen Mitteln sich hierfür überhaupt noch Parteien herrschte permanenter Streit um die lohnt, denn nun haben die Verkehrsplaner ei- Notwendigkeit von Stadtautobahnen. Der Se- ne borstige Katze aus dem Sack gelassen: nat drückte sich um klare Entscheidungen. Durch das Reiherstiegviertel wird bald eine Heute nun nimmt er einen neuen Anlauf. Der Autobahn gebaut. GVP präsentiert sich stark „abgemagert“, von Welche Folgen das für ein Wohngebiet hat, Stadtautobahnen ist kaum noch die Rede. kann sich jeder Wilhelmsburger im Reiher- Sie stehen nur noch dort zur Diskussion, wo stiegviertel leicht vor Augen führen: Ein Blick sie nicht kollektiven Bürgerzorn auslösen. nach Neuhof genügt. Da haben unsere Ver- Beispielsweise im Hafen.“ (HA, 24.7.1979) kehrsplaner ein beispielhaftes Projekt vorge- Der Wilhelmsburger Gastronom Willi Adomeit, aus führt; man baut eine Brücke über den Köhl- 166 Neuhof vertrieben, hat diese Zeitung aufbewahrt. 167 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

brand und bindet sie durch eine großzügig ihrer Obhut gedeihen, die LINKE ist noch et- ausgebaute Straße auf Stelzen durch ein was unentschlossen. Wohngebiet an. Der Verkehr rollt. Und verän- dert natürlich die Wohnqualität auf Neuhof: Die Hafenquerspange Von den einigen hundert Neuhöfern ist niemand ist die „Lösung“ — mehr da, die Häuser fallen der Spitzhacke zum aber was Opfer.“ (Wilhelmsburger Zeitung, 27.7.1979) ist das Problem?

Die „Hafen-Autobahn“, später „Hafen- Auch ein großer Teil der Hamburger würde querspange“, spöttisch „Hafenquerschlange“, wohl sagen: „Ja, die Hafenquerspange brau- „Hafenquerzange“ und mittlerweile scheinbar chen wir“. Aber wofür eigentlich? neutral „A 26“ genannt, war in den Köpfen, und der Ton, der die Debatte bis heute be- Vier Stichworte schieben sich in den Vor- stimmen sollte, war angeschlagen: Die dergrund: (1) „fehlende Querverbindung“, „Hafen“-Querspange führt mitnichten allein (2) „schwere Unfälle auf der Stresemannstra- durch den Hafen, sondern durch Wohngebie- ße“, (3) „Stau auf der Köhlbrandbrücke“ (4) „wie te und droht die Lebensqualität Wilhelms- kommen die Container aus dem Hafen?“. burgs zu zerstören. Und der Unterton: Was die in Hamburg – und gefühlt gehört Wil- (1) Bei den von Hamburg ausgehenden stern- helmsburg immer noch nicht richtig dazu – förmigen Autobahnen sind die Querver- nicht haben wollen, verschieben die nach bindungen zwischen A1 und A7 problema- Wilhelmsburg. tisch, weil sie durch Wohngebiete führen. Aber das gilt vor allem für Hamburgs Die Hafenquerspange ist seit mehr als Norden, wo die Bewohner aus guten drei Jahrzehnten eine zentrale Forderung der Gründen neue Autobahnen ablehnen. Die- Hamburger politischen Klasse, aller Senate se Verbindung zu ersetzen durch eine gleich welcher Couleur, der Handelskammer, Querspange im Süden ist ziemlich absurd, des Hamburger Abendblatts, der Wirtschafts- da A1 und A7 schon im Süden aufeinander verbände und des ADAC. CDU, FDP und SPD treffen. Es gibt schon bald den „großen“ wetteifern jeweils darum, wer am meisten für Autobahnring Maschen-A7-Bad Brams- die Hafenquerspange getan habe, die GRÜ- tedt-A20- Bad Segeberg-A21-Bargteheide- NEN zeigen sich in Oppositionszeiten als en- A1-Maschen. In den Köpfen aber bleibt: gagierte und ideenreiche Kritiker, in den Ko- Hamburg braucht einen Autobahnring. Ob Hafenautobahn, Hafenquerspange, Hafenquerstange, oder alitionen mit SPD und CDU schlucken sie die (2) Anlässlich der Trauerfeier für die 1991 auf vermeintliche „Kröte“ oder lassen sie unter der vielbefahrenen Stresemannstraße ge- Hafenquerschlange168168 — Wir wollen sie nicht: die Hafenquerzange 169 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

tötete neunjährige Nicola fordert ein CDU und: „Ansonsten drohe der Verkehrsinfarkt realistischer umzusetzen und natürlich Ja, denn es geht nicht um die Höhe der Politiker eine „Entlastung der Strese- des Straßennetzes.“ (Die Welt, 12.12.2008) kostengünstiger. Im Herbst 2010 schließ- Kosten sondern darum, wer sie bezahlt. Die mannstraße“. „Dazu brauchen wir die Ha- Hans-Jürgen Maass ist mit einem wir- lich legte die Hamburg Port Authority Behörde sagt, eine auf 50 km/h begrenzte fenquerspange vom Autobahndreieck Ge- kungsvollen Vortrag auf einer Einwohner- (HPA) einen Masterplan zum Straßenver- Straße müsste Hamburg bezahlen, der Bund orgswerder nach Waltershof und den versammlung von Zukunft Elbinsel Wil- kehr im Hafen* vor, nach dem auch bei zahle nur Straßen mit Autobahncharakter. großen Ring um die Stadt“.(HA, 29.8.1991) helmsburg und einem „Pixi-Buch“* dem erheblicher Vermehrung des Container- Mit der Ursprungsidee eines Baumwall- Stau buchstäblich nachgegangen bis dort- umschlags Engpässe auf Straßen des Ha- Sparsame Politik heißt für einen Landes- tunnels wäre eine Entlastung durchaus hin, wo er entsteht: an einer Ampel des fens auch ohne eine Hafenquerspange ge- politiker nicht, wenig Geld auszugeben, son- denkbar gewesen. Damals ging es eigent- verwirrenden „Waltershofer Kringels“ vor löst werden könnten. dern möglichst viel Geld des Bundes oder der lich um eine modernisierte Fassung des dem Zolldurchlass, wo jeder LKW kontrol- Aber auch hier bleibt in den Köpfen: Die Europäischen Union „nach Hamburg zu ho- Alten Elbtunnels mitten in der Stadt, nun liert werden muss. Die Lösung, die er auf- Hafenquerspange brauchen wir für den len“. Da kann er dann durchaus stolz sein, aber nicht für Pferdefuhrwerke und mit zeigt, ist klar und einfach: ein ziemlich Hafenverkehr, warum heißt sie denn sonst wenn das Projekt teurer wird: je teurer, desto Fahrstühlen. So sollten Fahrten z.B. über kleiner Umbau der Straße, dann die Auf- Hafenquerspange? mehr Geld hat er vom Bund geholt. die Stresemannstraße zum Elbtunnel der lösung des Zolls und schließlich eine ver- Wenn konkrete Probleme und das Milliar- A7 vermieden werden. Diesen Baumwall- einfachte Anbindung der Köhlbrandbrü- denprojekt Hafenquerspange sowohl in Autobahnen zahlt tunnel hat man nicht gebaut, aber nicht cke an die Straßen. Denn ein Stau entsteht ihrer möglichen Effizienz wie ihrer Um- der Bund, deshalb, weil Hamburg nun bessere Lö- nicht da, wo die LKW stehen, sondern vor setzbarkeit so weit voneinander entfernt gute Verkehrslösungen sungen gefunden hätte, sondern weil kein einem Flaschenhals. Tatsächlich wurde liegen, stellt sich die Frage, warum wird zahlt Hamburg selbst „Geld vom Bund“ kam. Daraufhin hat der Kringel umgebaut, der Zoll verein- an der Hafenquerspange fest gehalten? Hamburg die vierte Elbtunnelröhre, wie- fachte sein Verfahren, die Auflösung des Eine Antwort dafür ist: das Geld. Eine Schlüsselrolle spielt der Bundesverkehrs- der weit weg von der Innenstadt, bean- Freihafens wurde für 2013 beschlossen, wegeplan. tragt. Wie nun aber eine Autobahn südlich die Staus sind weitgehend Vergangenheit. Geld sparen? — der Norderelbe den Verkehr auf der Stre- Aber in den Köpfen bleibt: Die Hafenquer- das ist zu teuer Beim Baumwalltunnel ebenso wie bei der semannstraße oder Ost-West-Straße spange brauchen wir gegen den Stau auf Hafenquerspange oder der Wilhelmsburger nachhaltig vermindern könnte, ist weder der Köhlbrandbrücke. Ein Beispiel: Gegenüber der Verkehrsbehörde Reichsstraße, geht es um Straßen in Ham- zu begreifen noch nachzuweisen. Aber in (4) Bis 2007 stieg der Containerumschlag von schlagen Bewohner vor, den Verkehr auf der burg, die Hamburg für seine eigenen Interes- den Köpfen bleibt: Die Hafenquerspange Jahr zu Jahr, erwartet wurde eine Verviel- geplanten neuen Wilhelmsburger Reichsstra- sen bauen wollte. Zahlt Hamburg selbst, kann entlastet die Straßen in der Innenstadt. fachung. Ob man die Probleme ausgerech- ße auf 50 km/h zu begrenzen und ohne es dies nach eigenen Bedürfnissen und Vor- (3) Der „Stau auf der Köhlbrandbrücke“ ist ein net durch eine Autobahn über den Köhl- Standstreifen zu bauen, so würde die Straße stellungen tun. Will Hamburg aber den Stra- Dauerthema der Presse wie der Alltagsge- brand lösen könnte, war höchst fraglich. leiser, sicherer, es gäbe weniger Versiegelung ßenbau vom Bund bezahlen lassen, muss es spräche gewesen. Bilder vom Stau konnte Eine Studie des Industrieverbandes Ham- und sie würde auch billiger. Dies ruft Entset- den Bund überzeugen, dass es sich um eine man in den Medien weltweit finden, auch burg von 2006 hielt jedenfalls eine Bün- zen bei den Behördenvertretern hervor, we- Bundesfernstraße handelt, die dringend ge- wenn sie häufig aus den Archiven von z.B. delung von relativ kostengünstigen Maß- gen der Kosten. Wegen der Kosten - bei ei- baut werden muss. 2007 entnommen sind. Deshalb brauchen nahmen, u.a. einer elektronischen Ver- nem Vorschlag, der Millionen spart? 170wir die Hafenquerspange, heißt es dann kehrslenkung, für erheblich zielführender, 171 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Ein Neubau wird 2013 von den Ländern für insbesondere deshalb, weil der Bundes- bezahlt der Bund nicht, aber das Land darf 1958: Der Spiegel vom 29.10.1958 lästert den ab 2015 geltenden Bundesverkehrswege- rechnungshof 2001* gerügt hat, dass Ham- gerne auf eigene Kosten weiter planen). über den Ersten Bürgermeister , plan angemeldet und nach einem Nutzen-Kos- burg den stadtpolitisch interessanten Projek- der die Pläne seines Bausenators Nevermann ten-Verhältnis geprüft (je mehr und schneller ten den Vorrang gegenüber den für den Bund Um „Geld vom Bund zu holen“, wird eine für Stadtautobahnen ablehnt, ausgerechnet in – desto besser; je mehr Kosten – desto schlech- wichtigen Vorhaben gäbe. Autobahn Hafenquerspange angemeldet, ob- der Zeit der als fortschrittlich geltenden „au- ter; je mehr Umweltbelastung – desto schlech- wohl man integrierte Verkehrskonzepte togerechten Stadt“: ter; je mehr Verknüpfung mit dem Fernstra- Die Projekte werden zwischen den Län- bräuchte, die Stadt- und Verkehrsplanung zu- „‚Die ganze Idee ist grotesk‘, polterte Brauer ßennetz – desto besser). Will man also eine dern und dem Bund nach einem „Länder- sammenbringen, die Pendler von der Straße im ‚Vorwärts‘, ‚sie würde die menschliche Querung des Köhlbrands für vielleicht 15.000 schlüssel“ ausgehandelt und in den Bedarf des auf die Schiene locken, die Containertrans- Siedlung in einer Großstadt unter diesem Au- LKW, dann hat man nur Chancen zur Aufnah- Bundesverkehrswegeplans eingestellt oder porte auf Wasserwege verlagern und Fuß- tonetz begraben, das über die Köpfe der Ein- me in den Bundesverkehrswegeplan, wenn auch nicht. Geld kann es nur geben, wenn das gänger wie Radfahrer begünstigen. wohner hinweggeht ... Diese Vorschläge zeu- man gleichzeitig 50.000 oder mehr PKW auf Projekt in den dringlichen Bedarf eingestuft gen im Grunde nur davon, dass die Techniker diese Straße bringt. Das sind vor allem Pendler, ist. Aber bei weitem nicht alles, was im dring- Um das ewige Drängen nach dem für die vor den Verkehrsproblemen Bankrott ma- die sonst mit entsprechendem Angebot auf die lichen Bedarf steht, wird auch gebaut; oft feh- Stadtentwicklung schädlichen Großprojekt chen, weil sie das Auto für wichtiger halten Bahn gelockt werden könnten. len die Mittel, manchmal stoppen die Gerichte Hafenquerspange zu beenden, bedarf es einer als den Menschen‘“. ein Vorhaben. Neben dem dringlichen Bedarf Änderung der Regeln. Deshalb hat 2012 der Behauptet werden muss in der Planung gibt es noch einen „weiteren Bedarf“ (finden Konvent für Baukultur in seinem „Hamburger 1973: Bei den bürgerlichen Hamburgern zudem die weit über Hamburg hinaus rei- wir gut, kann aber auch warten) oder den Appell“ auf Anregung von Zukunft Elbinsel kommt die Kritik erst auf, als es um ihre chende Bedeutung der Hafenquerspange, „weiteren Bedarf mit Planungsrecht“ (den Bau Wilhelmsburg gefordert: „Der Bundesver- Stadtteile geht, wie zum Beispiel beim Isebek- kehrswegeplan soll ermöglichen, dass anstelle kanal, der für eine Autobahn zugeschüttet von einzeln geplanten Fernstraßen integrierte werden sollte. „Bürger gegen Beton“, titelt die Verkehrslösungen finanziert werden.“* ZEIT 1973*.

Keine Autobahn durch 1979: So werden Baumwalltunnel und Hafen- Wilhelmsburgs autobahn auch zu einem Ersatz für verhin- Norden — die derte Stadtautobahnen nördlich der Elbe. Hafenquerspange 1939—2008 In Wilhelmsburg gibt es einhellige Beschlüsse von Ortsausschuss und Bezirk gegen die Plä- 1939: Schon in den Reichsautobahnplanun- ne, bald auch Demonstrationen und Protest- Die Hamburger glauben fest daran: gen von 1939 ist ein Autobahnring um Ham- veranstaltungen. Wilhelmsburg sei eine Strafkolonie. burg herum vorgesehen. Ein Teil davon sollte So viel Wasser und man kommt nicht ran, eine Autobahn mitten durch das Reiherstieg- 1984: Der Erfolg der Proteste erscheint als auf dieser Insel wollen wir keine neue Autobahn! viertel sein, die sogleich in den Schulatlanten greifbar. Der Erste Bürgermeister von Dohn- Warum ist der Zollzaun noch nicht demontiert? und damit im Bewusstsein einer Schülerge- anyi verkündet auf einer Protestversamm- (Beschwerdechor Wilhelmsburg 2006) 172 neration eingezeichnet wurde. lung in Wilhelmsburg, die Autobahn-Quer173- III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Wilhelmsburger Reichsstraße (WRS) durch sie schadet der Stadtentwicklung der Elbinsel eine neue Autobahn entlang der Bahn ersetzt ebenso wie der ganzen Stadt. werden sollte, lehnt sie ab: „An mehreren der Bahnlinie am nächsten gelegenen Wohnhäu- 2002 gründen Akteure der Zukunftskonfe- sern sind bereits heute so hohe Lärmvorbe- renz den Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelms- lastungen (tags und nachts bis über 70 dB(A)) burg“. Der Verein verknüpft das NEIN zur Au- vorhanden, dass weitere Lärmerhöhungen tobahn eng mit dem JA zu einer lebendigen nicht vertretbar sind“*. Entwicklung der Insel, konzentriert auf die Öffnung und Nutzung des Spreehafens für 2000 mischen sich die Bewohnerinnen und die Wilhelmsburger. Die jährlichen Spreeha- Bewohner der Elbinsel verstärkt in die Pla- fenfeste sind immer auch lebendiger Protest Trassen 1999 und wieder 2009: NORD (rot), SÜD nungen ein. Bei der Linienbestimmung spre- gegen die Autobahnpläne. Sie verankern im (lila), Diagonale West (lila-hellblau-rot), Diagonale chen sich die Wilhelmsburger um das FORUM Bewusstsein nicht nur der Wilhelmsburger, Ost (lila-gelb-gestrichelt)Quelle Bürgerschafts- Wilhelmsburg einerseits grundsätzlich gegen sondern auch der Gäste aus dem Hamburg drucksache, 18.1.2008 die neue Autobahn aus, andererseits beteiligen nördlich der Elbe sowie den Behörden-, Fir- sie sich aktiv an der Linienbestimmung mit men- und Parteivertretern: immer neuen Trassenvarianten. Der Langzeit- Die Ufer gehören zur Elbinsel dazu. Der Ha- Bausenator Wagner lobt sich für die Beteili- fen ist auch Raum für Lebendiges, Freizeit, gung der Wilhelmsburger Initiativen. Diese Kultur und Natur, die sich dort selbst er- verbindung Waltershof/Veddel sei kein aktu- 1992 steht die Hafenquerspange im vordring- setzen mit Protestdemonstrationen unter dem schafft. Eine „Hafen“querspange findet nicht elles Thema mehr. Mit der Aufgabe des lichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans, Motto „Zukunftsplan statt Autobahn“ eine gro- in einem leblosen Hafen statt, sondern be- Baumwalltunnels habe das Projekt keine Geld für den Bau gibt es trotzdem nicht. ße halbjährige Zukunftskonferenz durch. rührt das Leben auf der Insel und ihren Be- Dringlichkeit mehr. zug zu Hamburg. 1996 wird die Hafenquerspange als Verbin- 2001 In der Zukunftskonferenz schlägt das Aber die dung von A7 und A24 (Berliner Autobahn) für Pendel zum klaren NEIN gegen die Pläne aus. 2003 findet im Vorfeld der Internationalen Verkehrsbehörde eine gewisse Zeit in das Transeuropäische Sie wird wesentlich zu einer intensiven Lern- Bauausstellung (IBA) eine Internationale plant weiter die Netz aufgenommen, ohne dass dies eine Wir- und Ideenwerkstatt für Verkehrslösungen oh- Entwurfswerkstatt für die Elbinsel statt. Hafenquerspange kung auf die Finanzierung gehabt hätte. ne neue Autobahnen: Thematisiert werden Wilhelmsburger, insbesondere aus Zukunft Zusammenhänge zwischen Verkehrs- und Elbinsel Wilhelmsburg, wirken direkt mit an 1990 wird die Umgehung Veddel eingeweiht. 1999 legt die Baubehörde nach mehrjähriger Stadtplanung, alternative Transportwege auf den Tischen der internationalen Stadtplaner. Die B4/75 soll endlich nicht mehr mitten Planung ihren Linienvorschlag für eine Ha- Wasser, Schiene und in Tunneln, Verkehrs- Die Hafenquerspange ist eine Vorgabe des durch die Veddel führen. Die neu gebaute fenquerspange vor. Sie hat sich zwischen vier lenkungssysteme, die Auflösung des Freiha- Oberbaudirektors Walter, aber kaum ein A252 bei Georgswerder ist zugleich ein ers- Varianten (Nord, Süd, Diagonale West, Diago- fens und neue Nutzung der Wasserlagen. Planer beachtet diese, da eine Autobahn ter Teilabschnitt der Hafenquerspange. nale Ost) für die Trasse „Nord“ entschieden. Man konnte gut begründet sagen: Diese Ha- kaum zu den teilweise kühnen Stadtentwick- 174 Die Trasse Diagonale Ost, bei der die fenquerspange braucht Hamburg nicht und lungsideen passt. 175 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

„Im Gegensatz zum häufig negativen Image techni- scher Konstruktionen soll die Hafenquerspange als Jenseits der - intensive Gespräche mit der planenden Ingenieurskunst und ästhetische Bereicherung der „autogerechten Stadt“: ReGe, Stadtlandschaft wahrgenommen werden“ Alternativen - aktive Teilnahme an einem IBA Labor — kommentiert die Behörde dieses Modell im zur Hafenquerspange Hafen-Logistik-Stadt*, „Räumlichen Leitbild“ von 2007*. - Vortrag und Diskussion zur HQS bei der 2006 wird eine Studie des Industrieverban- Einwohnerversammlung vor der Bürger- des Hamburg bekannt, in der der Verkehr im schaftswahl. Hamburger Hafen untersucht wird – er läuft relativ reibungslos und es gibt einige beheb- Im Senat herrscht Unbehagen, weil eine bare Schwachstellen – und Problemlösungs- Autobahn in Hochlage quer zwischen Ham- möglichkeiten eruiert werden. Dabei schnei- burg und Wilhelmsburg und der propagierte det die Hafenquerspange im Nutzen-Kosten- „Sprung über die Elbe“ kaum zusammen pas- Verhältnis erheblich schlechter ab als schnell sen, allenfalls wäre eine Tunnellösung zu ak- realisierbare und relativ kostengünstige Ver- zeptieren. Am Ende des Jahres wird klar: Eine kehrslenkungsmaßnahmen. Zukunft Elbinsel aufgeständerte Autobahn über den Spreeha- Wilhelmsburg bringt diese Studie in den poli- fen ist nicht akzeptabel. Tunnelpläne unter tischen Diskurs um die Hafenquerspange ein. dem Spreehafen, die als Alternativen von der ReGe untersucht wurden, aber sind so teuer, 2007 spitzt sich die Auseinandersetzung zu: dass eine so gebaute Autobahn weder durch Im gleichen Jahr fällt die Hafenquerspange im Straße eine Maut bezahlen. Die Realisierungs- Eine von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg im Maut zu finanzieren wäre noch eine Chance Bundesverkehrswegeplan auf den Status „wei- Gesellschaft Hamburg (ReGe) mit ihrem Chef Bündnis mit vielen anderen Wilhelmsburgern auf ein annehmbares Nutzen-Kosten-Verhält- terer Bedarf mit Planungsrecht“ zurück. Die Wegener wird mit der Feinplanung beauf- veranstaltete Karnevalsdemonstration „Wir nis in dem nächsten Bundesverkehrswegeplan grüne Bundestagsfraktion mit der Hamburger tragt; der Bund gibt eine Machbarkeitsstudie sind schon da“ als Antwort auf den „Sprung hätte. Landesvorsitzenden Anja Hajduk schreibt das in Auftrag. über die Elbe“ nimmt die Hafenquerspange, ihrem Einfluss in der rot-grünen Bundesregie- Die Mautpläne, bei denen „Ausweichstrecken“ Hafenquerschlange und Hafenquerzange ins 2008 beginnt mit einem Paukenschlag: Am rung zu. bis hin zur Wilhelmsburger Mitte ebenfalls Visier. Aktivitäten des Vereins Zukunft Elbinsel 18. Januar 2008, kurz vor den Neuwahlen, mit einer Gebühr belegt werden sollen, bieten Wilhelmsburg und seiner Mitglieder sind au- entwickelt sich eine Podiumsdiskussion der 2005 versucht der Hamburger CDU-Senat viele Ansätze zum Spott, zumal der vom Se- ßerdem u.a. Architektenkammer zur Hafenquerspange einen neuen Anlauf. Mit dem Rückenwind des nat als Vorbild genannte Lübecker Herren- - eine kritische Denkschrift zur Hafenquer- zum Show Down für die Planungen der Ha- damals rapide steigenden Containerum- tunnel sich als Flop erweist. spange*, fenquerspange. „Zu teuer“, heißt es einhellig schlags erscheint ihm eine Mautlösung als - Vorbereitung einer Diskussion im Wirt- von der Behörde wie von der mit der Planung erreichbar. HOCHTIEF oder eine vergleich- schaftsausschuss der Bürgerschaft* über beauftragten ReGe. bare Privatfirma würde die HQS teilweise die Hafenquerspange und mögliche vorfinanzieren und dann müssten alle Fahr- Alternativen, zeuge176 30 Jahre lang für die Benutzung der 177 III. Herausforderungen für bewegte Bürger

Der kurze nerinnen und Bewohnern mit Stadt- und die Nordtrasse als ertüchtigte Stadtstraße tation, bei der sich nun mit den „Engagierten Moment des Verkehrsplanern, mit der Politik und der und die Südtrasse als Autobahn gebaut wird“, Wilhelmsburgern“ auch die einmischten, de- Sieges über Verwaltung. heißt es darin.* ren Häuser direkt an der Bahntrasse und da- die Hafenquerschlange mit in unmittelbarer Nähe zur geplanten Au- Aber schon am gleichen Tag, dem 18. Ja- Der enge Zeitplan bedeutete, dass sich die tobahn lagen. Es war nun klar: Es wird – wenn nichts da- nuar 2008, wird eine Bürgerschaftsdrucksa- Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt zwischen kommt – keine Autobahn am Rei- che veröffentlicht, die wieder die alten Tras- Hajduk, die wenig vertraut war mit den Me- 2009 wurde das Jahr der Konfrontation zwi- herstiegviertel geben. Damit war auch der senpläne Süd, Nord, Diagonale West und chanismen einer Verkehrsbehörde, auf die Be- schen den Wilhelmsburgern und ausgerechnet Weg frei für das Verschwinden des Zollzauns Diagonale Ost zeigen. amten ihrer Behörde und die Kompetenz der einer grünen Senatorin. Der „Trick mit dem und die Öffnung des Spreehafens. DEGES verlassen musste, die schon zuvor ins Abbiegeverbot“ (HA, 5.3.2009) zwischen neu Der IBA-Chef Hellweg stellt sich in sei- Boot geholt wurde. Die DEGES – eine privat- gebauter WRS und einer Hafenquerspange Jetzt war der Zeitpunkt für eine „Sieges- nem Vortrag vor der Architektenkammer hin- rechtliche, aber dem Bund und einer Reihe von sollte beide Themen voneinander lösen, Auto- feier“ der Elbinseln: Ihre aktiven Bewohne- ter die Diagonale West und propagiert eine Ländern gehörende Fernstraßenplanungsge- bahnstandard aber sollten beide behalten. rinnen und Bewohner hatten die Hafenquer- Ringlösung über diese Trasse, die die Wil- sellschaft – war nun an Bord und übernahm Die Senatorin stellte sich den Bewohnern in schlange besiegt, die seit Jahrzehnten das helmsburger Reichsstraße als durchgehende mehr und mehr das Steuer der Planung und mehreren Einwohnerversammlungen, bot Leben im Stadtteil bedrohte, die alternative Straße entbehrlich machen soll. Die Behörde die Vermarktung ihrer Autobahnprojekte. schließlich eine „kooperative Planung“ an, be- Konzepte verhinderte, die Flächen, die für ihrerseits prüft schon wieder eine Südtrasse hielt sich aber vor, an der Beteiligung vorbei landschaftliche Entwicklung oder Wohnen und eine Diagonale Ost mit einer an die Bahn Die Botschaft der selbstbewussten Sena- Entscheidungen zu treffen zur Verlegung der geeignet waren, brach legte, die den Wil- verlegten Wilhelmsburger Reichsstraße. torin: Wir wollen die Verlegung der Wil- Wilhelmburger Reichsstraße. Das tat sie dann helmsburgern in die Ohren zischte, dass sie helmsburger Reichsstraße - und die Hafen- auch im Oktober 2009 und überrumpelte die weniger wert seien als die Bewohner in den Mit Schwarz-Grün querspange prüfen wir vertragsgemäß, aber Teilnehmer des Beteiligungsprozesses mit ei- bürgerlichen Stadtteilen, durch die man nie zurück zu den sie würde schon nicht so schnell kommen und ner Finanzierungsvereinbarung zwischen mehr Stadtautobahnen bauen würde. Autobahnplänen vielleicht ja auch gar nicht. Bund und Hamburg. Danach sollte die WRS des 20. Jahrhunderts noch vor dem Beginn der Internationalen Es war die Zeit für das Innehalten der Po- Die DEGES allerdings war schon dabei, die Gartenschau (igs) aus dem für sie vorgesehe- litik, für einen Neuanfang der Verkehrsplanung: In die Bürgerschaftswahlen ging die grüne Diagonaltrasse Ost zu planen, in der ein Neu- nen Gelände verschwinden. Wie unrealistisch ein nachhaltiges Verkehrskonzept, Verlagerung Parteivorsitzende Hajduk hinein mit der mas- bau der Wilhelmsburger Reichsstraße als Au- die Fertigstellung einer neuen WRS bis 2013 von Containertransporten auf das Wasser, bes- siven Ablehnung der Hafenquerspange, aus tobahn Teil der Hafenquerspange sein sollte. wäre, musste die DEGES wissen, aber der In- seren ÖPNV, Fährverbindungen zwischen Wil- den Koalitionsverhandlungen mit der CDU formationsfluss von den Planern zum Parla- helmsburg und der inneren Stadt, ein Fahrrad- kommt sie heraus als erste grüne, für den So kam es im Herbst 2008 keineswegs ment und der Öffentlichkeit, wohl auch zu programm wie ein Wohnprogramm, das es Verkehr zuständige Senatorin mit einem Ver- zum Schulterschluss zwischen Behörde und den zuständigen SenatorInnen, war schon lebenswert macht, ohne Auto zu leben. trag, nach dem „innerhalb von 3 bis 6 Mona- Wilhelmsburgern für das vermeintlich einzig- zweckmäßig dosiert. ten Lösungen für zwei Ost/West-Straßenver- artige Projekt der Zusammenlegung von zwei Vor allem: Zeit für einen Neuanfang, für ei- bindungen“ geprüft werden sollen. „Die GAL Lärmtrassen zu einer, wie es Oberbaudirek- 2010: Parallel zur WRS-Planung beantragt 178ne wirkliche kooperative Planung von Bewoh- vertritt die Auffassung, dass bei zwei Straßen tor Walter propagierte, sondern zur Konfron- Hamburg eine neue Linienbestimmung179 der Der schrittweise Bau der Hafenquerspange. Linienbestimmte Trasse der Hafenquerspange, Neubau der Wilhelmsburger Reichsstraße Zeitplan eingetragen von Michael Rothschuh

(2) 2018 (3) 2022 (4) 2022

WRS 2017 Ein voller Anschluss der Hafenquerspan- - Presse-und Medienarbeit, Brücke 2017 ge an die autobahngleiche neue Wilhelmsbur- - aktive Teilnahme an öffentlichen Diskus- (1) ger Reichsstraße und der Verzicht auf den sionen, Entwurfswerkstätten, IBA-La- 2018 Abschnitt zwischen WRS und A1 bleibt nach boren, wie vor möglich; ein nochmaliges Umschwen- - Mitarbeit in Fachgremien der Stadt- und ken auf die von der Handelskammer bevor- Verkehrsplanung, zugte Nordtrasse auch. - Karnevalsdemonstration, große Einwoh- nerversammlungen, Verein Zukunft - faktische Umwandlung von Veranstaltun- Elbinsel Wilhelmsburg gen der IBA oder der Behörde zu Einwoh- und die nerversammlungen der Bürgerinnen und Hafenquerspange Bürger, die nicht nur Fragen stellen, son- dern Position beziehen, Hafenquerspange auf der 2000 von der Be- Kattwykbrücke steht aufgrund einer neuen Zentrale Aktionsfelder des ersten Jahrzehnts - wissenschaftlich wie auch populär gehal- hörde abgelehnten Südtrasse, die 2011 vom Eisenbahnbrücke allein dem Straßenverkehr des Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg tene Schriften. Bund genehmigt wird. zur Verfügung. Es gäbe 2018 also schon eine waren die beiden eng miteinander verknüpf- „Hafenquerspange light“ auf der „Diagonale ten Ziele „Öffnung des Zollzauns und des Neue Herausforderungen 2012: Die DEGES bereitet nun WRS und die Ost“ von der A26 über die WRS zur A1. Spreehafens für die Bewohner“ und „Verhin- nach dem Sieg A 26, wie die Hafenquerspange jetzt heißen derung einer Hafenquerspange“. über die soll, gleichzeitig vor. Für die Zeitplanung las- Ob und wann es zum Bau der Abschnitte Hafenquerspange im Norden sen sich folgende Bauabschnitte feststellen von der AS Moorburg bis zur Wilhelmsbur- Zu dem Spektrum der Arbeit „des Vereins“ (s. Grafik oben): ger Reichsstraße und von dort bis Stillhorn und seiner Mitglieder insbesondere aus Vor- Seitdem die Hafenquerspange im Norden auf- Bis 2018 sollen nach den Vorstellungen der zur A1 kommt, hängt vom Bundesverkehrs- stand und Koordinierungsrunde gehörten: gegeben und die Öffnung des Spreehafens ge- DEGES und der Behörde die WRS auf neuer wegeplan ab, der nach 2013 vom neuen Bun- - das jährliche Spreehafenfest, sichert ist, verändern sich die Konstellationen: Linie gebaut und die A26 bis zur neuen An- destag beschlossen wird. - Veranstaltungsreihe „Pegelstand“, oft zu- „Ausbau und Verlegung der Wilhelmsburger 180schlussstelle Moorburg verlängert sein; die sammen mit Politikern aller Parteien, Reichsstraße“ sind ein schwieriges Thema181 für III. Herausforderungen für bewegte Bürger

„Wer trägt die Verantwortung und legt burg der Raum für das, was „die Wirt- Rechenschaft ab?“, ist für Bürgergruppen zu- schaft“ für notwendig, aber in Hamburg nehmend eine offene Frage. sonst nicht für durchsetzbar hält? • eine gesundheitliche Frage: Wer schützt Autobahnen - keine die Menschen vor einer andauernden Be- technische lastung mit Lärm und Feinstaub? sondern vor allem eine soziale Frage Noch ist keine der Wilhelmsburg Wenn die Auseinandersetzung mit den Fern- bedrohenden straßenplänen auf der Insel oft im Vorder- Autobahnen gebaut. grund der Arbeit des Vereins steht, so bedeu- tet dies eine Konzentration der Kräfte auf Noch ist eine Kehrtwende möglich, hin zu ei- dieses Thema, keineswegs aber eine Veren- ner integrierten Stadtteil- und Verkehrsge- gung der Zielsetzung. staltung, zu einer kooperativen Planung, die den jetzt und künftig in Wilhelmsburg woh- einen Verein, der sich gegen Autobahnpläne Spannend ist das Bündnis mit den „Enga- Denn anders als es die Autobahnplaner nenden und arbeitenden Menschen dient. Der und zugleich für Schaffung neuer Stadtent- gierten Wilhelmsburgern“. Sie bringen eine selbst vielleicht sehen, ist der Bau von Autobah- Verein wird hierzu auch künftig aktiv, kri- wicklungsräume einsetzt. Der Verein erarbei- ungeheure Lebendigkeit und Aktionsbereit- nen nicht vorrangig ein technisches Problem tisch, konstruktiv und entschlossen seinen tete auch mithilfe von öffentlichen Versamm- schaft mit, die sich auch aus ihrer unmittel- für Ingenieure, sondern es ist zugleich eine Beitrag leisten. ★ lungen und der offenen Diskussion des Für baren Betroffenheit speist. Ihre witzigen und • Frage der Stadtplanung: Wie und für wen und Wider eine Position, die aber nie ganz zielgenauen 5-vor-12-Aktionen, finden viel verändert sich Wilhelmsburg durch den einheitlich war*. Aufmerksamkeit. Nur mit ihnen zusammen Bau zusätzlicher Autobahnen? Wie können waren lebendige Demonstrationen mit 1000- die Belange der jetzigen Bewohner und ei- Vermieden werden muss jede Sankt- 2000 Menschen möglich. ner erwünschten zusätzlichen Bevölkerung Florian-Position. Deshalb darf es keine neue im Stadtteil verbunden werden? Autobahn geben, weder im Norden, noch im Erst gewöhnen muss sich der Verein da- • eine soziale Frage: Welche Bewohnergrup- Süden, noch in der Mitte. Dafür erarbeitet ran, dass die mehr oder weniger „privat“ pen werden durch eine neue Autobahn be- der Verein Perspektiven einer nachhaltigen agierenden Töchter des Staates, DEGES, IBA, lastet, welche haben möglicherweise Vortei- Verkehrsplanung und integrierten Stadt- igs, ReGe, HPA sowie Werbeagenturen immer le? Tragen Autobahnen zur Verdrän- und Verkehrsplanung, die weniger moto- mehr das Sagen haben und der eigentlich gung von Menschen bei, die sich ihr Haus risierten Straßenverkehr bewirkt, sowohl verantwortliche Staat oft nicht einmal genau auf Wilhelmsburg gebaut haben? Zerschnei- beim Pendlerverkehr als auch beim Con- weiß, was mit seinem Geld getan und geplant den oder verbinden Verkehrstrassen Le- tainertransport. wird. benszusammenhänge und soziale Bezüge? * Quellenangaben und weitere Hinweise finden Sie im 182 • eine ökonomische Frage: Ist Wilhelms- Internet unter www.zukunft-elbinsel.de/buch 183 IV. Echo — Kritik — Ermutigung

Angela Westfehling, Was sagen Sie zum Thema: Mitglied der Bezirksver- sammlung Hamburg Mitte Lesen Sie auf diesen Seiten Ansichten zum Bürger-Engagement Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg und Das Bürger-Engage- als starker dem Bürger-Engagement auf den Elbinseln. ment in Wilhelmsburg Alle Kommentatoren hatten oder haben wird „groß geschrie- ben“, nur so kann man die unermüdlichen Auf- einen Bezug zu den hiesigen Vorgängen Carola Hoffenreich, Motor der rufe und Engagements der Mitglieder vom Stadtplanerin im Projekt Stadtteilentwicklung? Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg erklä- „Sprung über die Elbe“ ren. Nicht immer sind wir einer Meinung, aber (Stellvertretende Leitung), wir reden miteinander. Als Bürgerin und Poli- Behörde für Stadtentwick- tikerin kann ich mir Wilhelmsburg ohne „Zu- lung und Umwelt 10-jährige Vereinsarbeit ist ein guter Anlass, qua Amt, in Kooperation oder im Konflikt mit kunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V.“ nicht vorstel- ein Ausrufezeichen zu setzen. So wie mit die- unserem Verein auseinander setzen. len und hoffe, wir werden noch vieles Wilhelmsburg ist ganz vorne – in keinem an- sem Buch. Lesen Sie hier die Resonanzen von Die Reihenfolge der Personen und ihrer Kom- gemeinsam für die Zukunft Wilhelmsburg be- deren Hamburger Stadtteil gibt es eine so Akteurinnen und Akteuren des öffentlichen mentare folgt allein gestalterischen Kriterien. wirken. ★ langjährige und zuverlässige Beteiligungskul- Lebens, die uns zum Teil seit vielen Jahren be- Es lebe das Layout – oder anders gesagt: Das tur. Diese Kompetenz nützt dem Stadtteil. Da- obachten oder begleiten, sich freiwillig oder Design bestimmt das Bewusstsein! von bin ich als Stadtplanerin trotz aller Diver- genzen überzeugt. Durch Interesse und Engagement übernehmen die Menschen vor Ort in hohem Maße Verantwortung für die Le- Darijana Hahn, lebt seit 2001 Gottfried Eich, Projekt- bensqualität auf den Elbinseln. Dies und die als freie Kulturwissen- koordinator bei der IBA schaftlerin in Wilhelmsburg Hamburg GmbH erneute Initiative für ein gemeinsames Forum zur Gestaltung der Zukunft nach 2013 hat mei-

Vom Verein Zukunft Arlt Hamburg/Johannes IBA Zivilgesellschaftliche ne ganze Anerkennung. ★ Elbinsel Wilhelms- Organisationen ha- burg habe ich das ers- ben Bedeutung, wenn Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der te Mal 2002 von meinem Nachbarn erfahren. sie etwas bewegen können. Gegen die ur- Hamburgischen Bürgerschaft (und seit fast 20 Jahren fasziniert von dem Engagement, der Er schwärmte vom netten Zusammenhalt der sprüngliche Parlamentsmehrheit hat der Ausdauer und der Kreativität der aktiven InsulanerInnen) Vereinsmitglieder und von deren Verbesse- Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg die rungsplänen für die Elbinsel. Zukunftskonferenz durchgesetzt – mit lang- Wem muss mensch mehr danken? Euch oder dem Hamburger Senat? Dass nun der emsige Verein jene Geister rief, fristigen (Er)Folgen! Deshalb auf ein Neues Denn ohne seine jahrzehntelangen, teilweise erfolgreichen Versuche, die die mit seinen Vorstellungen nicht immer – habt für Wilhelmsburg Erfolg, bevor Ihr in Hamburger Probleme in Wilhelmsburg abzuladen, hätte es euch Aktive konform gehen, ist wohl eine Art Ironie des Rente geht. ★ in Wilhelmsburg gar nicht gegeben. Bleibt widerständig und kreativ, inner- und außerhalb des ★ ★ Schicksals.184 Vereins, denn: Wilhelmsburg ist es wert! Herzlichen Glückwunsch und weiterhin Erfolg!!!!185 IV. Echo — Kritik — Ermutigung

Ingo Böttcher, Andy Grote, Mustafa Mesut Yasar, Stadtteil-Aktivist bei Bezirksamtsleiter seit 2012 seit 1981 auf der Insel, „Hamburgs Wilder Osten“, Weltenbummler, Rothenburgsort Vor 10 Jahren wurde von Beruf Eisenbahner der Verein Zukunft Wenn ich mit Leuten Elbinsel Wilhelmsburg Als engagierter Bürger zum Beispiel in Ro- gegründet. Aber be- Wilhelmsburgs beob- thenburgsort, oder Horn über stadt- reits 40 Jahre vor diesem Datum haben sich achte ich die Entwicklung einerseits mit Freu- teilpolitische Themen spreche, dann bringe ich Wilhelmsburger Bürgerinnen und Bürger kre- de, anderseits mit großer Sorge. Meine große auffällig oft das Sprüchlein: „Von Wilhelms- ativ mit den Problemen dieses Stadtteils aus- Befürchtung ist, dass immer mehr Insulaner Manfred Braasch, burg lernen, heißt siegen lernen.“ Gemeint ist einandergesetzt, sei es z.B. im „FORUM Wil- von der Insel verdrängt werden. In meinem Landesgeschäftsführer BUND Hamburg in der Regel Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg helmsburg“ oder ab 2002 eben im Verein Leben würde ich niemals auf die Idee kommen, und es folgt ein Beispiel nach dem Schema: Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg. Sie haben ge- von der Insel wegzuziehen. ★ Das Bürger-Engage- „Die haben da in ihrem Verein...“ Es geht dann zeigt, dass ohne eine aktive Beteiligung aller ment auf Wilhelms- meist weniger um zählbare Erfolge, sondern im Stadtteil lebenden Menschen Wilhelms- Jörn Walter, burg hat mich in den um kluge Selbst-Organisation, um souveränen burg nicht da wäre, wo es heute ist. ★ Oberbaudirektor Hamburg letzten Jahren tief beeindruckt. Bei derart vie- Umgang mit Behörden und Politik, um Genau- len Projekten von oben ist es wichtig, eine igkeit und Tiefe der Analyse und Argumenta- Bürger-Engagement Stimme von unten dagegen zu setzen. Im Ide- tion, um Lust an Theorie, Mut zum Handeln als Motor der Stadt- alfall kommen letztlich gute Ergebnisse heraus, und einen langen Atem. entwicklung! – Wer für Mensch und Natur. In jedem Fall wünsche Wer 10 Jahre feiert, muss etwas Verklärung daran zweifelt, der ich dem Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg von nördlich der Norderelbe schon ertragen: möge nach Wilhelmsburg kommen. Was der für die nächsten 10 Jahre viel Kraft – die Pro- Ich finde, ihr seid ein zivilgesellschaftlicher Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg be- bleme werden leider nicht kleiner. ★ Bilderbuchverein! ★ wirkt hat, wird ihn eines anderen belehren. Anstöße hat er gegeben, kritisch ist er gewe- sen, aber immer konstruktiv, um den Stadtteil Als Harald Ihmig und ich uns 1996 für Wilhelmsburg als den Stadtteil voranzubringen. Viele Sanierungs- und Er- entschieden, in dem wir Jahr für Jahr mit 10 bis 15 Studenten in sozialpä- neuerungsprojekte sind begleitet worden, dagogischen Projekten arbeiten wollten, taten wir es deshalb, weil sich aber auch eine Internationale Garten- und Bau- hier alle gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen und kulturellen ausstellung. So vielfältig wie der Stadtteil, Entwicklungen einer neoliberalen Durchkapitalisierung wie in einem sind auch die Mitglieder des Vereins: indivi- Brennglas bündeln. Und wir taten es auch deshalb, weil in Wilhelmsburg duell, eigensinnig, selbstbewusst und streit- Timm Kunstreich, emeri- nicht nur die sozialen Fachkräfte, sondern viele engagierte Bürgerinnen bar. Mit anderen Worten: ein Abbild der kre- tierter Professor der Hoch- und Bürger diesen Entwicklungen eine Richtung geben wollen, die allen ativ-produktiven Kräfte, auf die unsere Städte schule des Rauhen Hauses Inselbewohnern nützt. Da war und ist es nur konsequent, den Verein zu angewiesen sind. ★ ★ 186 unterstützen, der diese Orientierung besonders engagiert vertritt. 187 IV. Echo — Kritik — Ermutigung

Yasemin Barlas, ehemalige Markus Schreiber, Michael Joho, Mitbegründer Sozialberaterin im Ortsamt Prokurist in einer und Vorsitzender des Wilhelmsburg / Jugendamt Wohnungsbaufirma, Michael Sachs, Staatsrat Einwohnerverein St. Georg Bezirksamtsleiter Stadtentwicklung, von 1987 e.V. Ich bin dankbar und Hamburg-Mitte von 2002 Behörde für Stadt- froh, dass es Men- bis 2012 entwicklung und Umwelt Wilhelmsburg ist mir schen gibt, die wie eigentlich erst durch Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V. für Wil- Stille Leisetreter erreichen nichts. Nur wer laut Aufbegehren, Engage- die Aktivitäten gegen die Müllverbrennungs- helmsburg sowohl für den sozialen Bereich und engagiert das Wort ergreift, kann sich Ge- ment, Bürgerbeteili- anlage und die Besetzung der Elbinsel-Brü- als auch für die kommunale Entwicklung ar- hör verschaffen. Einen Zollzaun niederreißen. gung bei der Stadtentwicklung hat in Hamburg cken ins Bewusstsein gerückt. Aber seit rund beiten. Sie erreichen damit nachweislich, dass Für Wilhelmsburg streiten. Zeigen, dass dieser spätestens seit Ende der 1960er Jahre Tradition. 20 Jahren verfolge ich als St. Georger Stadt- die qualitativen Lebensbedingungen in Wil- Stadtteil nicht alles mit sich machen lässt. Und Damals protestierten die Bürger gegen die gro- teilaktivist und politisch arbeitender Mensch helmsburg erhalten und verbessert werden. sich nach zehn Jahren auch einmal darüber ßen Flächensanierungsverfahren in Altstadt- mit großem Interesse und öfters auch vor Ort, Der negative Ruf von Wilhelmsburg ist bald freuen, dass für Wilhelmsburg viel erreicht quartieren und forderten Mitbestimmung ein. was Ihr da auf die Beine stellt. Da spannt sich völlig verschwunden. Danke schön. ★ wurde. Danke und Glückwunsch! ★ Die Wilhelmsburger kamen spät, aber umso für mich ein Bogen von den beeindruckenden kräftiger. Nach einer jahrzehntelang erduldeten Versammlungen des Forums Wilhelmsburg bis Vernachlässigung durch die Politik der Stadt zur Riesendemo und den inspirierenden Kund- Wilhelmsburg verbinde ich mit aktiven Bürgerinnen und Bürgern, die platzte ihnen der Kragen, als Wilhelmsburg gebungen des Vereins Zukunft Elbinsel Wil- sich um ihren Stadtteil kümmern. Das macht Wilhelmsburg besonders Standort einer Müllverbrennungsanlage werden helmsburg gegen den Verkehrskollaps und die und es ist eine riesige Chance – wenn Menschen Politik und Verwaltung sollte. Seither laufen alle mehr oder weniger Reichsstraßen-Verlegung. Klare Stadtteilorien- deutlich machen: Das ist unsere Insel! Gleichzeitig sollte es dem Verein strukturierten Veränderungsprozesse auf der tierung, beste Expertise, schöne Ideen, gute auch wichtig sein, Motor für eine zügige Stadtteilentwicklung zu sein, Elbinsel mit aktiver und teilweise lautstarker Vorbereitung und klasse Mobilisierung – das um Chancen für Wilhelmsburg nicht zu verpassen. Beteiligung der Bürger – sicher nicht aller, aber habe ich mir immer und gerne von Euch abge- In diesem Spannungsfeld liegt der Verein Zukunft Elbinsel Wilhelms- vieler, und viel mehr als anderswo. Und immer guckt. Da seid Ihr echt großartig! ★ Manuel Sarrazin burg und bringt sich mit Ideen, Gedanken und auch mit harter Kritik wissenschaftlich begleitet: Wahrscheinlich ist u.a. konstruktiv für Wilhelmsburg, die Elbinseln und Hamburg ein. Das Le- die Bürgerbeteiligung in Wilhelmsburg die er- Bundestagsabgeordneter Manfred Brandt, ben der Bewohner auf der Insel zu verbessern und attraktiv zu machen, forschteste im ganzen Land. Nach bald 20 Jah- (Grüne) zuständig für Bürgerrechtler aus Wilhelmsburg, Harburg und ist eines der Ziele. Bewährtes zu erhalten und Neues zu entwickeln ren kann man sagen: Die Wilhelmburger sind Moorburg kann man als Motto des Vereins sehen. Ich wünsche dem Verein für die Beteiligungs-Profis, wachsam und kompetent, nächsten 10 Jahre alles Gute und viel Erfolg. ★ einfallsreich und unkonventionell, aber auch im- Bewundernswert un- mer fair und kompromissfähig. ★ ermüdlich, unerschro- cken und stets sach- lich, fachkundig und argumentationsstark, ein Stadtteil der, eine Insel die so engagierte Leute hat und zusammenführen kann, muss nur die ★ 188 Sturmfluten der Elbe fürchten. 189 IV. Echo — Kritik — Ermutigung

Joachim Bischoff, Mitglied der Bürgerschaft bis 2011, Angela Dietz, Journalistin, Linksfraktion Kulturwissenschaftlerin, Schwerpunkte: Die BürgerInnenver- Wilhelmsburg, Hafen, sammlungen sowie Migration und Theater die kreativen Protest- aktionen – konzentriert um die Gestaltung Zehn Jahre Engage- der Wilhelmsburger Reichstraße – sind für ment für Wilhelmsburg: Herzlichen Glück- mich ein herausragendes Beispiel für leben- wunsch Zukunft Elbinsel! Viele wichtige The- dige und gelebte Demokratie. In Stadtteilen men haben die aktiven Mitglieder auf die wie Wilhelmsburg zeigt sich durch hochkom- Agenda gesetzt oder kenntnisreich weiter de- petente BürgerInnen, leidenschaftliches En- battiert. Zwei Stichworte: Spreehafen und gagement und Toleranz, dass es Alternativen Verkehr. Nur wer den Ort kennt, kann sich in zum vorherrschenden Trend der ‚Entdemo- einer lebendigen Demokratie für die Interes- kratisierung‘ gibt. ★ sen der Einwohner einsetzen. Dass der Ver- ein, der jetzt Geburtstag feiert, manchmal vergisst, dass er nicht für alle spricht und Professor Dr. Heinrich Reincke, Vorstand der auch Themen vernachlässigt – das gehört ★ Hanns-Jörg Sippel, Anja Hajduk, Stellv. Stiftung Lebensraum Elbe wohl zu demokratischen Prozessen dazu. Vorsitzender des Vorstands Vorsitzende und Sprecherin Ich wünsche Ihrem der Stiftung Mitarbeit für Haushalt und Finanzen Lars Hansen, Journalist Verein auch in Zukunft der Grünen (ehemals Wilhelmsburger Bürgerschaftsfraktion spannende, konstruk- Wochenblatt) Um ihre Zukunft er- tive Kommunikationsprozesse mit dem Ziel, folgreich zu gestalten, Ganz herzlich möchte Wilhelmsburg sowohl nach außen als auch Kritik äußern konn- brauchen Kommunen eine aktive, lebendige ich dem Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg nach innen weiterhin attraktiv und nach- ten die Wilhelmsbur- Bürgergesellschaft vor Ort. Der Verein Zu- zum zehnjährigen Bestehen gratulieren. Ich haltig zu gestalten. Dabei sollte stets ver- ger schon immer gut. kunft Elbinsel Wilhelmsburg ist ein vorbildli- habe selbst erleben dürfen, wie glaubwürdig sucht werden, aus gegensätzlichen Meinun- Euer Verdienst – erst als Forum, dann als ches Beispiel dafür, wie eine unabhängige und streitbar er agiert. Veränderung eines gen ein positives Konstrukt zu bilden, um ei- Verein – war es, aus der Kakophonie des Bürgerorganisation mit ihren Initiativen ei- Stadtteils lebt immer auch von kritischer Be- ne Win-Win Situation für alle Beteiligten zu Meckerns einen Chor zu machen. Wie einst nen „vergessenen“ Stadtteil voranbringen gleitung und Anregung. Bei der Öffnung des schaffen. ★ die Köhlbrandbrücke zu sperren, nützt kann. Gegen alle Widerstände verfolgen die Zollzauns im Spreehafen, an die ich mich sehr nichts mehr; das tut sie schon selbst. An Vereinsmitglieder hartnäckig ihre Ziele und positiv erinnere, hat sich gezeigt, wie sich Po- Phantasie hat es Euch aber nie gemangelt. legen dabei einen bewundernswert langen litik und Bürger-Engagement gut ergänzen. Ich bin daher gespannt auf den Tag igs an ★ ★ ★ 190Atem an den Tag. Chapeau! Gemeinsam kann man etwas erreichen! der Geranienschwebebahn. 191 IV. Echo — Kritik — Ermutigung

Carola Veit, SPD, Präsidentin der Hamburgischen Es geht um aktive Teilnahme in der Gesellschaft, einzeln und frei, in Bürgerschaft, Abgeordnete Gruppen vereint. Und es geht um Wirkungen, um Wahrnehmung von für Rothenburgsort/Veddel demokratischen Interessen, regional und von unten. Es ist nur schritt- weise und in Ansätzen „normal“, was der Zusammenschluss im FORUM Hamburgs Mitte liegt Wilhelmsburg, dann im Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg seit so in Wilhelmsburg. Mit- beachtlich vielen Jahren vollbringt, getragen von vielen einzelnen Elb- ten im Strom, der schon immer Hamburgs Le- insulanern, die sich eben immer wieder zusammenfinden, weil sie sich Jürgen Dege-Rüger, bensader war, aber auch als Verbindung zwi- bilden, in manchmal endlos scheinenden, guten Debatten, Veranstal- Koordinierungsstelle Bildungsoffensive Elbinseln schen Nord und Süd, über die – fast – alle tungen und Aktionen. Ihr habt damit größten Anteil daran, dass schließ- Straßen- und Schienenwege führen. Da liegt lich Steuergelder und Aktivitäten in Form von igs und IBA GmbH´en tätig sind – ohne Euch der Konflikt: Hamburg will seine lebendige und gäbe es sie kaum. Ich beglückwünsche Euch und wünsche uns und Euch Verbreitung – wir lebenswerte Mitte, aber Hamburg braucht auch brauchen das, als gelebte Demokratie – schaut Euch die Welt heute an! ★ die Verkehrsverbindung. Bei der Suche nach Lösungen ist Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg Tülay Beyoglu, Dipl. Sozial- Dittmar Loose, seit 10 Jahren ein geschätzter Partner. ★ pädagogin, Sozialberaterin bei Bildungslandschaft verikom im Bahnhofsviertel Elbinseln e. V. Else Gräfe , Mitstreiterin, Ich kenne den Verein Der nach der Zukunfts- Querdenkerin und Globetrotterin Zukunft Elbinsel Wil- konferenz als Zusam- helmsburg durch sein menschluss engagier- Wenn ich mir heute soziales Engagement in lokalpolitischen An- ter Wilhelmsburger Bürger gegründete Ver- die IBA-Bauten und gelegenheiten, die uns alle als Bürger hier in ein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg steht für Dr. Herlind Gundelach, „die neue Welt“ mit Wilhelmsburg betreffen. Der Verein mischt kritische und ausgesprochen intelligente Aus- Senatorin a. D., ihren „Events“ so anschaue ... ob noch jemand 1. Vorsitzende des Bürger- sich bei wichtigen politischen Entscheidungen einandersetzung mit aktuellen Fragen des weiß, wie es damals war? Ich bin in Wil- vereins Wilhelmsburg e. V. ein und bezieht Stellung mit großen Demon- sehr besonderen lokalen Gemeinwesens. Die helmsburg geboren. In der schönsten Ecke strationen für einen lebenswerten Stadtteil. „Pegelstand“-Veranstaltungen sind mittler- der Insel, fast unter den Flügeln der Wind- Herzliche Glückwün- Daher kann ich mir diesen Stadtteil ohne den weile eine Institution und als umfassende lo- mühle Johanna. Eine kleine Anekdote aus die- sche zum 10-jährigen Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg gar kale Wissensquelle äußerst wertvoll. Manch- ser Zeit ist mir sehr lebendig in Erinnerung: Bestehen des Vereins „Zukunft Elbinsel“. Bür- nicht vorstellen. Wünschen würde ich mir mal fehlt es noch an der Breite der gesell- An den Flügeln unserer Mühle ließen sich da- ger-Engagement wird auf der Elbinsel seit dennoch, dass mehr Migranten als aktive Mit- schaftlichen Teilhabe. Sowohl bei den The- mals mutige junge Menschen herumschleu- langem groß geschrieben und das Geburts- glieder im Verein agieren würden, und dafür men als auch beim Publikum. Hier wäre eine dern, was mich gewaltig beeindruckt hat. Ich tagskind zählt zu den Pionieren. Auch wenn müsste der Verein mehr interkulturell aktiv Optimierung wichtig. Für die nächsten Jahre war noch zu klein, um das zu machen. Wil- nicht immer alle Meinungen und Ziele geteilt werden, um ein Sprachrohr für alle in Wil- alles Gute und weiterhin viel Erfolg bei kriti- helmsburg ist und bleibt (hoffentlich!) zu al- werden, so sind wir uns doch einig in dem helmsburg lebenden Menschen zu sein. ★ schem und konstruktivem Dialog im Interesse ★ ★ ★ len192 Zeiten ein spannender Stadtteil. Bemühen, die Elbinsel voran zu bringen. Wilhelmsburgs. 193 V. Weiter in Bewegung

Nach dem Motto: „Von nix kommt nix“, Was tun wir und wie? Wo und wie kön- „Von nix kommt nix“ werden wir uns auch in Zukunft für unsere nen sich Interessenten einbringen? Hier ein Jedes Mitglied ist wichtig! Wir alle Überzeugungen und Vorstellungen für le- paar Beispiele: – machen Sie bringen unsere speziellen Fähigkeiten benswerte Elbinseln einsetzen. Liebe Leserin- mit im und Themen ein. So lernen wir nen und Leser, wenn Sie noch keine Heimat • Die Pegelstände sind ein Format, das vom voneinander und machen gemeinsam für Ihr Engagement gefunden haben, laden Verein entwickelt worden ist. Es werden Ex- wertvolle Erfahrungen wir Sie ein, Teil unseres Vereins Zukunft Elb- perten aus Politik, Wissenschaft, Verwal- Verein insel Wilhelmsburg zu werden. Unser Verein tung und Lehre zu bestimmten Themen ein- hat eine ungewöhnlich starke Außenwirkung geladen. Diese werden mit den Gästen und Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg entwickelt, doch zu wenige aktive Mitglieder. Besuchern diskutiert. So wurde die Mög- von Ruth Lenz. Wir brauchen junges, frisches Blut, neue Mit- lichkeit geboten, Fragen mit den Beteiligten streiter und neue Ideen. zu erörtern. Dieses Format kann auch von anderen Akteuren im Stadtteil genutzt wer- Je bunter wir sind, den. Kontakte müssen hergestellt und die In diesem Buch wird viel darüber geschrie- manches auf den Weg gebracht. Einiges hat desto vielseitiger Veranstaltung organisiert werden. ben, warum und wofür sich Bürger der Elb- sich verselbstständigt und nach eigenen Re- und stärker inseln engagiert haben und noch immer ein- geln weiter entwickelt. Es gibt aber immer werden unsere Aktivitäten Ruth Lenz setzen. Vieles haben wir schon erreicht, noch viel zu tun! Jedes neue Mitglied verändert den Verein, in- Gärtnermeisterin, seit 1990 wohnhaft dem es seine speziellen Themen und Fähigkei- in Wilhelmsburg, seit 1993 Mutter des ten einbringt. Wir haben alle mal damit ange- Sohnes Jonas, dadurch nacheinander fangen und unterstützen, fördern und fordern aktiv und engagiert in folgenden uns gegenseitig. Dabei lernen wir von einander, Institutionen: Elternschule Wilhelms- burg, Kita Sanitasstraße, Schule Fährstraße, Zukunft lernen Neues und machen gemeinsam viele Elbinsel Wilhelmsburg und zuletzt auch beim Inter- wertvolle Erfahrungen. Werden wir gemein- kulturellen Garten Wilhelmsburg. sam bunter. Gestalten wir die Zukunft der Elb- inseln – unsere Zukunft – aktiv mit! Mischen wir uns ein! Entscheiden wir mit! • Die Internetseite des Vereins muss regelmä- In Deutschland benötigt ein Verein be- ßig gepflegt werden. stimmte, vorgeschriebene Strukturen. Diese • Mitglieder müssen betreut werden und sehen wir eher als notwendiges Übel an. Vor Neue geworben. allem soll der Verein uns die Möglichkeit ge- • Die Wohnungsbauthemen können mehr auf- ben, uns Gehör zu verschaffen und die Zukunft gegriffen werden. Liebenswertes Wilhelmsburg mit der unseres Gemeinwesens mitzugestalten. 194Kraft des Löwen, wie in seinem Wappen. 195 Präambel zur Satzung von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V.

Im Stromspaltungsgebiet der Elbe gelegen, ist Wilhelmsburg eine große Flussinsel im Herzen der Me- tropolregion Hamburg. Diese einzigartige Gunst der Lage macht die Inseln zwischen Norder- und Süder- elbe (neben Wilhelmsburg: die Veddel, der Kleine Grasbrook, große Teile des Hamburger Hafens) zu Hamburgs Zukunftsregion. Mit dem Strukturwandel im Hafen vollzieht sich ein Paradigmenwechsel: Die bisher wenig gefragte Wohnstadt im Randgebiet von Hafen und belastendem Gewerbe wandelt Einladungen zu unseren Pegelständen. Die Pegel- sich zum attraktiven Standort für Wohnen, Arbeiten, Kultur, Sport und Freizeit am Wasser. Eine zen- stände helfen bei der tral gelegene „Wasserstadt“ für die Zukunftsbedürfnisse der „wachsenden Stadt“. Mit den Planungen Meinungsbildung zu The- men, welche die Elbinseln für „Olympia 2012“, „IGA 2013 auf den Inseln im Fluss“, das Auswanderermuseum am Müggenburger unmittelbar berühren. Zollhafen und den Museumsschuppen am Hansahafen, sowie dem Spreehafen als Hamburgs erstem Hausboothafen hat die Zukunft bereits begonnen. • Dem Naturschutz sollten wir mehr Auf- stimmten Themen. Das förderte die Attrakti- merksamkeit und Unterstützung schenken. vität, man konnte sich leicht einbringen, Die Zukunftskonferenz Wilhelmsburg: (Mai 2001 bis März 2002) hat in ihrem „Weissbuch: Inseln im • Soziale Themen, Kultur und Kooperationen musste nicht über alle Themen Bescheid wis- mit unseren Nachbarn mit Einwanderungs- sen oder sich für alles interessieren. Es war Fluss – Brücken in die Zukunft“ das Leitbild und die wesentlichen Entwicklungsziele für den erforder- geschichte bieten noch viele Möglichkeiten überschaubar. Von diesen Erfahrungen soll- lichen „Masterplan Elbinseln“ skizziert und eine Fülle von Vorschlägen für ein „integratives Gesamt- für den Verein für Engagement und Einsatz. ten wir lernen und unser Vorgehen danach konzept“ vorgelegt. Der Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg“ ist aus der Zukunftskonferenz her- ausrichten. vorgegangen und fühlt sich ihrem Geist und ihren Ergebnissen verpflichtet. Dazu gehört die Orientierung Wir sind weiter an einer Die Zukunft fordert von uns Bürgern En- an den Zukunftsinteressen von Kindern und Jugendlichen, an dem Konzept „gesunde Stadt“, an sozialer starken Vernetzung gagement, Fantasie, Kraft, Einfallsreichtum, Gerechtigkeit, guter Nachbarschaft und Völkerverständigung. im Stadtteil interessiert Zusammenhalt und Solidarität. Ein starker Verein mit einem breiten Bündnis im Stadtteil Der Verein will das in dieser Planungsphase gewachsene Vertrauen und die erprobte Kooperation zwi- Wir brauchen einen gemeinsamen Knoten- kann die Elbinseln voran bringen. schen BürgerInnen einerseits und den VertreterInnen aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik anderer- punkt, an dem die Informationen zusammen- laufen und abgerufen werden können. Vor Ich wünsche uns mehr engagierte Mit- seits fortsetzen und bei der Umsetzung der Ideen im Sinne eines konstruktiven Umganges mit Inter- der Zukunftskonferenz gab es das FORUM streiter, damit wir die vielfältigen Ressourcen essenskonflikten weiterentwickeln. Der Verein will die kommende Dynamik, die Hamburgs Elbinseln Wilhelmsburg ohne Vereinsstruktur und mit ausnutzen und uns noch kraftvoller für die aus dem Abseits in das Zentrum einer pulsierenden, dynamischen Metropole führen wird, innovativ sehr häufigen, regelmäßigen Treffen (Don- lebens- und liebenswerten Elbinseln einset- und aktiv mitgestalten. (i) nerstagsrunde). Während der ZuKo gab es zen können. ★ 196viele verschiedene Arbeitsgruppen zu be- 197 V. Weiter in Bewegung

Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg .e.V Verein zur Entwicklung der Elbinseln im Herzen Hamburgs MITGLIEDSANTRAG co / Ruth Lenz - Rotenhäuser Damm 72 c, 21107 Hamburg Tel. 040 /75 91 91 - Fax: 040 / 31 76 86 64 Email: [email protected] / Internet: www .insel-im-fluss.de Vorname

Name Institution nur bei juristischen Personen

Straße, Nr.

PLZ und Wohnort

Telefon

Fax

Email

Mitglied Mitglied Mitglied Familien, gemindertes 40 € / Jahr Ehepaare Fördermitglied Einkommen Mindestens 80 € / Jahr 60 € / Jahr Ich beantrage die 20 € / Jahr Mitgliedschaft als

Zahlung der Beiträge Ich überweise den Mitgliedsbeitrag auf das Vereinskonto bei der Hamburger Sparkasse BLZ 200 505 50 / Konto Nr . 1263120113 Einzugsermächtigung: Ich erteile Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e.V Widerruf die Ermächtigung, den Mitgliedsbeitrag. bis auf von meinem Konto einzuziehen Bank

BLZ

Kontonummer

Kontoinhaber

Datum Unterschrift 198 199 V. Weiter in Bewegung

Man könnte fragen, wozu es auf den Elb- welcher Energie und Engagement sich gerade Der Beirat für inseln einen Beirat braucht, wo doch schon die Anspruchsgruppen Fachwissen zum je- seit langem eine sehr lebendige Kultur des weiligen Thema erarbeiten und damit den Stadtteilentwicklung Bürger-Engagements existiert, wo Bürger- behördlichen Fachleuten begegnen. Nur zu Wilhelmsburg Aus Erfahrung misstrauisch vereine häufig ihren Unwillen über Planun- häufig kommt es vor, dass dieses Bürger-En- oder wie geht es nach IBA gen der Machthabenden geäußert haben und gagement von der Politik ignoriert wird. Das und igs weiter? nicht eben selten Verbesserungen oder die ärgert, macht wütend und am Ende dieser — unabhängig Abkehr von Projekten erstritten haben. „ohnmächtigen Wut“ bleibt Misstrauen und und kritisch Zorn. Darüber hinaus kostet es Zeit und Geld. Wozu brauchen die beiden Wohlgemerkt: Das Geld der Steuerzahler. von Lutz Cassel. Elbinseln Wilhelmsburg Lutz Cassel und Veddel Beiräte? lebt seit 10 Jahren in Wilhelmsburg, Jedem Politiker, jedem mit Entscheidungskom- nen kompetenten Beirat zu installieren, zu be- Richtig, die Bürgervereine und Interessen- ehemaliger NDR Redakteur, hatte als petenz ausgestatteten politischen Beamten, auf rufen und zu unterstützen. Ein Gremium also, gruppen haben in der Vergangenheit viel er- Mitglied des Personalrats 1978 ent- Ministerialebene, auf Amtsebene oder auf Re- das aus unabhängigen Persönlichkeiten be- reicht, aber sind sie legitimiert, für alle Bür- scheidenden Anteil am Erhalt des gionalebene, sollte man dringend anraten, ei- steht und die Politik durch Rat unterstützt. ger zu sprechen und zu handeln? Mitnichten! NDR. Seit 50 Jahren Musiker und Mit- begründer des Folksingerclubs Hamburg. Er engagiert Sie sind „Stakeholder“, individuelle An- sich seit 2008 im Beirat für Stadtteilentwicklung und ist spruchsgruppen oder Personen, die mit gro- seit eineinhalb Jahren Vorsitzender des Gremiums. ßem regionalen Fachwissen und persönlich Zusammen ist man stärker: Gemeinsame Sitzung der betroffener Leidenschaft ihr ureigenes Inte- Stadtteilbeiräte Wilhelmsburg und Veddel im Bürgerhaus resse vertreten. Sie geraten in der Öffentlich- Wilhelmsburg am 3. April 2012 keit häufig in Verdacht, notorische Neinsager Man könnte weiter fragen, was denn ein zu sein. Auf Einwohnerversammlungen sind Beirat dazu beitragen könnte, dass Bürger- sie gerne die laute Mehrheit der Anwesenden und Interessengruppen und Vereine von der und geben vor zu wissen, was gut ist für die Politik ernster genommen werden. So ein Bürger, auch für die nicht anwesende Mehr- Beirat ist doch nur ein „Akzeptanzbeschaf- heit. Und so verhalten sie sich wie manche fungsgremium“. Politiker, die trotz verlorener Bodenhaftung auch zu wissen glauben, was gut für die Bür- Richtig, genau das kann passieren, wenn ger ist. Aber es braucht sie, die Unbequemen, die Politik Bürgerbeteiligung dazu miss- die Besserwisser, die Engagierten. Sie sind braucht, um lediglich Informationen in die unbequem, und sie wissen vieles besser als breite Bevölkerung zu tragen, sich in Infor- 200 „die da oben“. Es ist bewundernswert, mit mationsveranstaltungen und Podiums-201 V. Weiter in Bewegung

diskussionen zu Gesprächen mit „dem Bür- braucht es im Beirat, und sie brauchen den Wozu braucht ein Beirat Finanzmittel? Da gibt es in der Behörde für Stadtentwicklung ger“ herablässt und der Bürger Stellungnah- Beirat gleichermaßen. Da müssen Strukturen Klingt einfach und ist doch in der Aufbaupha- und Umwelt eine sehr umfassende Planung, men abgeben und lediglich Fragen stellen geschaffen werden und Umgangsregeln her, se extrem kompliziert, denn: genannt „Rahmenkonzept Sprung über die El- darf. Und genau das darf nicht passieren! und das könnten im Einzelnen sein: Das alles kostet Geld, ist aber mit Sicherheit be“. Das umfasst Stadtplanung und Stadtent- Dazu braucht es einen Stadtteilentwick- viel billiger als monatelanger Streit verbunden wicklung vom Süden der Hafencity bis zum lungsbeirat, der sich der Unterstützung der 1. Der Beirat setzt sich zusammen aus Bür- mit Protestaktionen, Misstrauen und gegensei- Harburger Binnenhafen und den Norden Har- Stakeholder, der Vereine, der Bürger der gervertretern der Quartiere und Vertre- tigen nervenaufreibenden Vorhaltungen. Es ist burgs. Das umfasst städtebauliche Visionen als einzelnen Quartiere und der Regionalpoliti- tern der Regionalpolitik wie bisher (nicht also notwendig, einen solchen Beirat mit Fi- Fortschreibung der IBA und der igs. Das be- ker gleichermaßen sicher sein kann. Wie bit- nach Proporz) und zusätzlich aus Interes- nanzmitteln auszustatten. Es soll bitte keiner deutet, dass zunächst die Behörde und das te? Unterstützung der Regionalpolitiker? Ja, senvertretern und Vereinen. glauben, dass ein Beirat mit dem notwendigen Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung im genau das! Es werden die Regionalpolitiker 2. Es können Arbeitsgruppen bei Bedarf ins Kompetenzrahmen ohne externe Unterstüt- Bezirk Mitte vorhaben, in vielen Veranstaltun- nur zu gerne auf der Seite der Gegner in Sa- Leben gerufen werden. Dazu werden zu zung eines Mediationsteams ins Leben gerufen gen die Einwohner über diesen ehrgeizigen chen Bürgerbeteiligung gesehen. Das ist al- aktuellen Themen Bürgervertreter aus werden kann. Dazu sind die bisher entstande- Plan zu informieren und darüber mit den Bür- lein deswegen nicht richtig, weil ein Großteil Vereinen und Interessengruppen einer- nen Gräben und das Misstrauen der Bürger gern in den Dialog gehen zu wollen. Ach ja, das der Regionalpolitiker unmittelbar aus dem seits und Fachleute der Ämter und Behör- gegenüber der Politik und dem Senat zu tief, kennen wir schon, werden einige sagen. Wie- Umfeld der Region kommt und in der Lage den andererseits sowie Vertreter der Re- und auf der anderen Seite werden eine Reihe der nur Akzeptanzbeschaffungsmaßnahmen. ist, sich mit den Problemen und Ansprüchen gionalpolitiker in die Arbeitsgruppen von Beamten auf der Ministerialebene nicht Mitnichten, wenn es gelingt, den Beirat für der Menschen ihrer Region zu identifizieren. eingeladen. freiwillig einen offenen und ehrlichen Dialog Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg im Sinne Sie haben noch Bodenhaftung und sind des- 3. Der Diskurs solcher nicht öffentlich tagen- mit den Bürgern eingehen wollen oder können, der oben beschriebenen Punkte zu erweitern halb nicht immer auf Parteilinie. der Arbeitsgruppen ist ergebnisoffen und solange politische Doktrin starr vorgibt, was und mit politischem Willen aus der Bezirksver- getragen von der Aufgabe, eine gemeinsa- Beamte zum Wohle der Einwohner gegen den sammlung und der Bürgerschaft zu stärken. Was kann der Beirat für Stadtteilent- me, nach Möglichkeit allen dienende Lö- Willen der Bürger planen sollen. Dazu müssen wicklung jetzt und in Zukunft dazu beitra- sung zu erarbeiten. Bei nicht lösbaren auch die Politiker in den Parlamenten erken- Wenn bisher in den letzten mindestens gen, damit die Politik die Bürger-, Interes- Konfliktfällen wird ein Mediator hinzuge- nen, dass sie – die legislative, die gesetzgeben- 20 Jahren sich immer wieder Bürger Wil- sengruppen und Vereine wirklich ernst zogen. Die Ergebnisse werden im Beirat in de Kraft im Staatswesen – eben von diesen helmsburgs zusammengetan hatten, um nimmt? öffentlicher Sitzung vorgestellt und mün- „unbequemen Bürgern“ gewählt worden sind. möglichen Schaden von ihrer lebens- und lie- Dieses vielfältige Bürger-Engagement trägt den in eine Empfehlung an die Politik. benswerten Insel abzuwenden, so kann man in sich geballtes Fachwissen über die Elbin- 4. Bleibt das Ergebnis einer Arbeitsgruppe „Rahmenkonzept Sprung das gar nicht hoch genug einschätzen. Wenn seln, ihre Bewohner, ihre Geschichte und strittig, hat der Beirat die Möglichkeit, eine über die Elbe“ — nun diese Kräfte im Sinne der oben beschrie- nicht vor allem politisch gesteuerte Vorstel- zielgerichtete Expertise in Auftrag zu ge- es kommt bei allen Planungen benen Idee zusammengefasst und kooperativ lungen über die Zukunft. Die Zukunft im Sin- ben. Das Ergebnis einer solchen Expertise auf den Inhalt an an den Beirat angedockt werden, wird aus ne einer Stadtentwicklung im Spannungsfeld soll für die Konfliktparteien bindend sein. dem Stadtentwicklungsmodell Elbinseln ein mit dem allgegenwärtigen Hafen ist ihnen Was kommt denn nun nach der Internationalen gemeinsam von Bürgern und Politik getrage- eine Herzensangelegenheit. Diese Bürger Bauausstellung (IBA) und der Internationalen nes Zukunftsmodell. ★ 202 Gartenschau ( igs) auf einen solchen Beirat zu? 203 V. Weiter in Bewegung

seiner in der Vergangenheit oft bedrohten wieder Schrittmacher des Wandels. Als krea- Eine „soziale Deichwacht“: Zukunft. Sie sind eine soziale Deichwacht im tive Polit-Aktivisten, als Künstler, als Studen- Dass kritische Wachsamkeit und soziale Land zwischen den Strömen. ten ebenso wie als lokalpolitische ‚Urgesteine’, Die Wilhelmsburger Verantwortung im Umgang mit kommenden als engagierte Einzelpersonen oder organi- Herausforderungen auch weiterhin das In einem Stadtteil, deren Menschen sich seit sierte Interessengruppen tragen sie mit Ideen Zivilgesellschaft Engagement der Bürgerinnen und Bürger prägen der großen Flut von 1962 immer wieder wech- und Projekten zur positiven Entwicklung die- – das ist Wilhelmsburg fest zu wünschen selnden Eingriffen und Bedrohungen von außen ses Stadtteiles bei. Längst ist von einer lokalen ist kreativ ausgeliefert sahen, leisten die kritische Haltung Engagement-Tradition die Rede, wenn Wil- und soziale Verantwortung vieler Bewohnerin- helmsburger Bürgerinnen und Bürger zusam- und kritisch engagiert nen und Bewohner heute Gewähr, dass schlei- menkommen, um sich gemeinsam für ihre An- von Tobias Schmidt. chende Prozesse nicht unentdeckt bleiben, dass liegen einzusetzen. mögliche Gefährdungen für respektvollen Um- gang und sozialen Zusammenhalt nicht unbe- Tobias Schmidt merkt auftreten und dass zukunftsträchtige Ent- Wie zwei große Arterien umfließen die Arme rinnen und Wilhelmsburger, die sich für ‚ihre’ scheidungen immer kritisch reflektiert und ist Soziologe am Leibniz-Institut für der Elbe den Stadtteil Wilhelmsburg im Nor- Insel engagieren. Sie übernehmen Verant- nicht unbesehen hingenommen werden. Nicht Regionalentwicklung und Struktur- den und Süden. In seinem Herzen schlägt ei- wortung für ihren Raum. Sie sind seine akti- immer ist dabei gleichermaßen die ethnische, planung (IRS) in Erkner bei Berlin. Er ne soziale Lebensader: Die Wilhelmsburge- ven Gestalter und werden so zu Architekten religiöse und mikropolitische Vielfalt der sozia- untersuchte zuletzt, wie Diskurse len Gemeinschaften und Milieus abgebildet. Ins- und raumbezogene Identitäten en- gagierte Akteure in Wilhelmsburg beeinflussen. Seine gesamt jedoch erweist sich die aktive, lokale Zi- Doktorarbeit befasst sich im Projekt „Städtische vilgesellschaft in Wilhelmsburg als ein starker Raumpioniere im Spannungsfeld zwischen bottom up Damm gegen soziale Gefahren – ganz gleich, ob und top down“ derzeit mit Fragen der Partizipation, eine Verschärfung bildungsrelevanter Problem- Kommunikation und Macht bei Stadtentwicklungskon- lagen oder beispielsweise rechter Populismus flikten in Wilhelmsburg. das akute Bedrohungsszenario bilden.

Andernorts herrscht in Stadtteilen, die als Faire Kontroversen Sorgenkinder der Quartiersentwicklung gese- statt falschem hen werden können, oft Ratlosigkeit ob der Konsens und Vielzahl an Herausforderungen, die einer Lö- lähmender Routine sung bedürfen. Resignation kann dann mitun- ter eines der zentralen Probleme werden. Konflikte zwischen Andersdenkenden sind da- Demgegenüber wollen und können Menschen bei unvermeidlich. Ein Dialog, der von gegen- Am Veringkanal. Wo Wilhelmsburger Aktive lautstark in Wilhelmsburg die Entwicklung ihres Stadt- seitiger Anerkennung getragen ist und geführt ihre Stimmen erheben, finden sich auch viele stille Orte. 204 teils nicht nur begleiten, sondern sind immer wird mit der Überzeugung, jeweils nur das205 Beste V. Weiter in Bewegung

zu wollen, ist da oft keine Selbstverständlichkeit. wichtige politische Öffentlichkeit an der loka- behafteten Vergangenheitsperspektiven ge- dass sie an einer Geschichte ihres eigenen Das gilt gerade bei Themen, die schon länger len Basis der Demokratie zu schaffen, um so knüpft. Vor diesem Hintergrund legen zivilge- Stadtteils mitschreiben können. Ihnen ist es umstritten sind. Doch wenn es gelingt, trotz al- ihre Lebenswelt, ihre Standpunkte und ihre sellschaftlich Engagierte in Wilhelmsburg eine seit vielen Jahren ein Anliegen, dass immer ler Unterschiede beim Umgang miteinander Geschichten mit der Politik und den Perspek- große Sensitivität für mögliche Bedrohungen wieder auch die Schönheit der Elbinsel und weiter oder wieder Vertrauen ineinander zu ha- tiven jenseits der Elbinsel zu verknüpfen. an den Tag. Dann gilt die erhöhte Warnstufe. die Erneuerungskraft ihres Stadtteils Be- ben, wenn trotz aller Differenzen die Bereit- Erhöhte Aufmerksamkeit und gegebenenfalls standteil der Erzählung werden, wenn von schaft zur Verständigung nicht abreißt, dann Die erhöhte Warnstufe schnelle Aktionen werden verlangt. Diese sozi- Wilhelmsburg die Rede ist. Auch eine Inter- sind es gerade die Kontroversen, welche die zu- gegen mögliche alhistorisch entwickelte Wachsamkeit – sie ist nationale Bauausstellung (IBA) bemüht sich künftige Entwicklung vor – mal langweiliger, Bedrohungen — Stärke und Verletzbarkeit für Wilhelmsburgs derzeit darum, die Entwicklungsgeschichte mal gefährlicher – Eindimensionalität bewah- Schwäche und Stärke zugleich soziale Deichwacht zugleich. Denn sie macht des Stadtteils von seinen Potenzialen ausge- ren. Dass die Kontroversen zwischen der Viel- Engagierten das Vertrauen in Akteure und Ent- hend fortzuschreiben. Zwischen den vielen falt an Standpunkten so schnell nicht ausgehen Wer sich die Zeit nimmt, zuzuhören, taucht in wicklungen, die von außen auf den Stadtteil Sichtweisen im und auf den Stadtteil entspin- werden, gehört deshalb zu den Stärken der Wil- persönlichen Gesprächen mit den Menschen einwirken, manchmal nicht leicht. Zugleich nen sich im Zuge dessen immer wieder helmsburger Zivilgesellschaft. Nicht ein Kon- vor Ort nicht selten ein in solche Geschichten. aber regt das Gefühl des Ausgeliefert-Seins Kämpfe um Deutungshoheiten in Willhelms- sens ist hier schließlich das Ziel. Sondern in der Sie handeln von sozialen oder wirtschaftlichen oder Vergessen-Werdens in der Vergangenheit burg. Nicht nur mit einer IBA – auch unterei- anhaltenden Auseinandersetzung selbst liegt Veränderungen, die man als Fremdbestim- die Bürgerschaft vor Ort stets aufs Neue dazu nander konkurrieren lokale Akteure um die eine große Chance, Routinen zu durchbrechen mung durch externe Interessen interpretiert. an, zukünftige Entwicklungen auf den Prüf- angemessene Darstellung und Berücksichti- und so neue Wege einschlagen zu können. Präsent werden in solchen Erzählungen Wahr- stand zu stellen und kritisch mit eigenen Inte- gung unterschiedlicher Perspektiven. nehmungen von Ausgrenzungen aus der rest- ressen, aber auch eigenen Ideen abzugleichen. Viele Wilhelmsburgerinnen und Wilhelms- lichen Stadt (ein plastisches Beispiel: der nun- Vor dieser Kulisse hebt sich in Erzählungen der Dabei gibt es laute und leisere Stimmen. burger blicken in dieser Beziehung schon auf mehr geöffnete Zollzaun). Man hört Erzäh- Menschen vor Ort der Vorhang für Rückblicke Besonders in der Konkurrenz um mediale Erfahrungen und Erfolge zurück. Auch das ge- lungen über Phasen der Stagnation auf dem auf kleine und große soziale Dramen, auf hart- Aufmerksamkeit erzeugt eine lautstarke lo- hört zu ihrer Geschichte und verleiht ihnen stadtentwicklungspolitischen Abstellgleis, ein näckige politische Kämpfe und den ein oder kale Zivilgesellschaft daher mitunter die Ge- Vertrauen in die eigenen Stärken. Doch nicht Stadtteil im Dämmerzustand, im toten Winkel anderen Triumph bei den stetigen Versuchen, fahr, dass ihre Protagonisten unbemerkt zuletzt auch Akteure, die sich von außen dem der sozialräumlicher Planung und Politik. jener gefühlten Vernachlässigung und Verletz- selbst wieder Exklusionen erzeugen, sobald Stadtteil annähern, im Rahmen der Bauaus- Nicht zuletzt in Auseinandersetzung der loka- barkeit mit viel Kreativität und Eigeninitiative sie in der Lage sind, ihre Interessen lauter als stellung beispielsweise, können das inzwischen len Akteure mit den Medienberichten über ih- die Stirn bieten zu können. andere zu vertreten. Stimmgewaltig sorgen als Ressource nutzen. Denn sie finden auf der ren Stadtteil haben sich solche Erzählungen in sie einerseits dafür, dass der Herzschlag der Elbinsel Kooperationspartner, die ebenso über Wilhelmsburg zu einer Geschichte von Nega- Im Widerstreit der Insel auch anderswo offene Ohren findet. An- Erfahrungen in politischen Auseinanderset- tiv-Ereignissen verdichtet. Perspektiven: dererseits aber wächst dann die Gefahr, dabei zungen oder mit professioneller PR-Arbeit Deutungskämpfe und die zu übertönen, deren Signale nicht so weit verfügen wie über fachliche und kreative Kom- Erzählt wird über diesen Raum eine Ge- Aufmerksamkeitskonkurrenzen tragen. Gerade im Umgang mit den Medien petenzen aus eigenen Projekten. So gelingt es schichte der Verletzbarkeiten. Mehr noch als zeigen sich in Wilhelmsburg Ambivalenzen: Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburgern anderswo scheint deshalb in Wilhelmsburg Viele Engagierte in Wilhelmsburg teilen mit- Erlaubt zwar ihre rhetorische Zuspitzung die 206beispielsweise immer wieder, selbst jene so die Zukunft immer wieder an die problem- einander den Wunsch und die Überzeugung, einprägsame Darstellung vieler Themen,207 so Im Spreehafen. Das Erste, was ihn für die Elbinsel eingenommen habe, erzählte mal jemand, das war der weite Blick. Wenn man unter der Autobahn durchkommt, schränkte er ein.

ist es gerade die starke mediale Dramatisie- terhin ein Kennzeichen Wilhelmsburgs blei- gemeinsame Aktion für einen lebenswerten verfolgen, umfasst alle Altersklassen und bleibt rung, die für Polarisierungen sorgen kann ben. Wichtig wäre daher, diese Heterogenität Raum auch in Wilhelmsburg neue soziale dank der Vielfalt lokaler Initiativen selten auf und die Unterstützungsbereitschaft bei an- an Perspektiven im bürgerschaftlichen Enga- Verbindungspotenziale. eine Weltsicht beschränkt. sonsten Gleichgesinnten im eigenen Stadtteil gement vor Ort noch stärker abzubilden. gefährdet. Schließlich wachsen mit dem Gefühl, gemein- Kritisch bleiben: Nicht zuletzt mit den vielen jüngeren und sam für einen Raum Verantwortung zu über- Die Zivilgesellschaft braucht sich neu auf die Elbinsel gezogenen Aktiven kün- Davon abgesehen zeigen sich im Übrigen nehmen, nicht nur Wunsch und Bereitschaft, in Wilhelmsburg keine digt sich bereits ein Generationenwechsel in auch in Wilhelmsburg generelle Probleme zi- ihn zu gestalten. Aus wissenschaftlichem Nachwuchssorgen zu machen der Tradition des kritischen Engagements auf vilgesellschaftlicher Beteiligung. Sie sollte die Blickwinkel reift mit dem gemeinsamen Tätig- der Elbinsel an. Themen und Formen des En- Bedürfnisse aller Bewohnerinnen und Bewoh- sein außerdem die Überzeugung, Teil einer so- Da kann diese Feststellung zuletzt nur erfreu- gagements mögen sich so mit der Zeit wan- ner möglichst in ihrer sozialen Breite abbilden. zialen Gemeinschaft sein zu können. In unse- en: Um seine soziale Deichwacht muss sich deln. Dass aber die kritische Wachsamkeit Allerdings scheinen beispielsweise migranti- rer Gesellschaft, die Vereinzelung und Wilhelmsburg keine Nachwuchssorgen ma- und soziale Verantwortung im Umgang mit sche Klientele im Vergleich zu ihrem Anteil an Entsolidarisierung ihrer Mitglieder beklagt, chen. Zwar waren viele, die aktiv sind, es schon kommenden Themen und Herausforderungen der lokalen Bevölkerung im Bürger-Engage- scheint dies von großem Belang. Während die in den neuen sozialen Bewegungen der 1970er auch weiterhin das Engagement seiner Bür- ment und in der stadtentwicklungspolitischen Schere sozialer Ungleichheiten sich weiter öff- und 1980er Jahre. Doch die große Menge jener, gerinnen und Bürger prägen – das ist Wil- Partizipation auf der Elbinsel unterrepräsen- net und droht, das soziale Band zwischen den die sich vor Ort politisch einmischen und en- helmsburg für seine soziale Deichwacht fest ★ tiert.208 Seine soziale Vielfalt wird jedenfalls wei- Teilen der Gesellschaft zu trennen, schafft die gagiert eigene Projekte und Lösungsansätze zu wünschen. 209 V. Weiter in Bewegung

Niemand von uns konnte ahnen, welche nerversammlungen und zahlreichen Aktio- Erklärung der Mitglieder - Dynamik wir damals angeschoben bzw be- nen auf der Straße wurde der Anspruch der Bürgerorganisationen fördert haben: Unter dem Leitbild „Sprung Bevölkerung auf Mitwirkung und Gestal- versammlung wollen mitreden, über die Elbe“ wurden in nicht vorstellba- tung kraftvoll demonstriert. Mit unseren Zukunft Elbinsel da wo entschieden rem Ausmaß finanzielle und personelle Res- Spreehafenfesten gelang ein entscheidender wird und bevor sourcen mobilisiert, die sich auf die und symbolträchtiger Durchbruch durch entschieden wird! Entwicklung der Elbinseln bezogen. Wissen- den Zollzaun und ein Aufbruch zu neuen Wilhelmsburg schaftler, Planer und Investoren machten Ufern. am 10. März 2012 sich auf Schatzsuche oder wittern ihre Chance. Dies kann auch eine Chance für Die Stärke und Wirkung des Wilhelmsburg und seine Bewohner sein. Oft Vereins liegt genug aber bleiben die Elbinseln mehr in den vielfältigen Schauplatz für externe Ambitionen und Ei- Verbindungen Am 23. März 2002 haben wir hier im Bür- Im Sommer 2002 haben Aktivisten der telkeiten, Experimentierfeld für „Planen im gerhaus Wilhelmsburg die Ergebnisse unse- Zukunftskonferenz den Verein Zukunft Elb- Ausnahmezustand“ – ohne viel Respekt vor Unser Verein hat einige Dutzend Mitglieder. rer Zukunftskonferenz präsentiert. insel Wilhelmsburg gegründet. Wo stehen gewachsener Natur, Kultur und Struktur. In der Tat viel zu wenig. Seine Stärke und wir heute, 10 Jahre danach? Wirkung aber liegt in den vielfältigen Ver- Da kann einem nur schwindelig werden. bindungen. Im Netzwerk mit anderen Akti- Die InsulanerInnen und wir mittendrin sind ven, Initiativen und Vereinen ist die Wil- irritiert und polarisiert. Kein Wunder. Ein helmsburger Bürgerbewegung ein kleines Wunder allerdings, dass Zukunft respektierter und ernstzunehmender Fak- Bei Gründung des Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg Elbinsel Wilhelmsburg e.V. nach 10 Jahren tor. Dieses Netzwerk wieder fester zu knüp- 2002 gehörte Wilhelmsburg noch zu Harburg. Für immer noch existiert. Warum wurde er zwi- fen ist die Aufgabe, die wir uns – im 10. Jahr Fußgänger und Radfahrer verbindet die Alte Harburger schen Anpassung und Opposition nicht des Bestehens unseres Vereins – auch mit Elbbrücke Wilhelmsburg mit Harburg. längst zerrieben? dem Aktionstag der Initiativen und Vereine am 22. September 2012 stellen wollen. Mit unserer Veranstaltungsreihe „Pegel- stand Elbinsel“ haben wir die Zukunftskon- Im Rückblick auf die 50 Jahre nach der ferenz als kontinuierlichen Diskussionspro- Flut von 1962 waren es immer wieder enga- zess weitergeführt und dabei über 60 Mal gierte Bürgergruppen, die sich als der ent- in einem Dialog zwischen BewohnerInnen, scheidende Motor der Stadtteilentwicklung Leuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Wilhelmsburgs erwiesen haben. Der Ausstel- Politik die Frage nach Nutzen oder Schaden lungszauber der Internationalen Großveran- für die Elbinseln und die hier lebenden staltungen wird in Kürze Geschichte sein. 210 Menschen gestellt. Auf mehreren Einwoh- Auch wenn eine Wirkungsbilanz der vielen211 V. Weiter in Bewegung

Chancen nicht verpassen lager und belastende Industrie inmitten der Initiativen für bezahlbaren Wohnraum, ge- Einige vor Ort besonders begrüßte Projek- Wohngebiete eine Selbstverständlichkeit zu gen Mietsteigerungen und Verdrängung und te drohen aus unterschiedlichen Gründen sein scheinen und Autobahnprojekte „Mitten die unhaltbaren Zustände in einigen Quar- zu scheitern. Dazu gehört das Dokumenta- durch das Zentrum“ noch als Teil einer Ring- tieren (insbesondere der Gagfah im Wil- tionszentrum auf dem Dach des Energie- lösung für Hamburg definiert werden, kann helmsburger Bahnhofsviertel). bunkers, eine für die Stadtteile sinnvolle von einer Überwindung der Teilung Ham- Nachnutzung des IBA-Docks im Müggen- burgs in eine Oberstadt nördlich der Elbe Visionen der Zukunftskonferenz weiter burger Zollhafen, das Zentrum für die und den Raum für den Rest südlich davon entwickeln Künstler-Community am Veringkanal und noch keine Rede sein. Ob IBA und igs neue Spielräume eröffnet ein BSU-Gebäude in der Wilhelmsburger haben oder im Gegenteil vor den eigentli- Mitte, das sich zumindest im Erdgeschoss Die Elbinseln Wilhelmsburg und Veddel chen Herausforderungen zurückgewichen für die Menschen im Stadtteil öffnet. als Ganzes im Blick behalten sind und die Entwicklung damit blockieren, Die Besonderheiten von Lage, Geschichte darf unterschiedlich bewertet werden. In Die Zweiteilung der Stadt überwinden und fortlaufender Einwanderung begründen Würdigung der vielen investierten Hambur- Projekte und Maßnahmen vermutlich Bürgermeister Scholz sprach kürzlich von eine Identität der Inseln im Fluss. Die ger Steuermittel gilt es jedoch, an den durch erst nach Jahren möglich ist, und je nach Wilhelmsburg als „Mitten im Zentrum – „Schicksalsgemeinschaft hinterm Deich“ die Stadtplanung gesetzten Impulsen kri- Blickwinkel unterschiedlich ausfallen mitten im Zentrum der Metropolregion fußt nicht nur auf den traumatischen Erfah- tisch-kreativ anzusetzen. wird, liegen die Herausforderungen für Hamburg“. Ist die zentrale Botschaft der Zu- rungen der großen Flut von 1962; von den die heutigen Bürgergruppen bereits auf kunftskonferenz damit tatsächlich ange- großen Infrastrukturentscheidungen Ham- der Hand: kommen? Entscheidend ist, ob die neue burger Politik sowie den ökonomischen und Rhetorik auch mit einem substantiellen Pa- sozialpolitischen Rahmenbedingungen sind Die Elbinseln sind zu schade für Errungenschaften sichern radigmenwechsel verbunden ist, und welche – wenn auch in unterschiedlicher Ausprä- Containerlager. Die Wilhelmsburger und Veddeler Bil- Änderungen in Politik und vor allem in der gung – doch alle Quartiere und Bevölke- dungslandschaft befindet sich in einem Verwaltung folgen. rungsgruppen auf den Elbinseln betroffen. kreativen Aufbruch, der gesicherte Unser Verein setzt sich für die Verbesserung Rahmenbedingungen für mindestens Die Elbinsel ist auch Hafen der Lebensbedingungen in allen Quartieren weitere 10 Jahre benötigt. Im Bereich und Hamburgs und für alle Bevölkerungsgruppen ein. Des- des lokalen Arbeitsmarktes und der wichtigster Standort für halb unterstützen wir das vielfältige Enga- Ausbildung gibt es positive Ansätze, die Industrie und Gewerbe gement zur Verbesserung von Bildung – und dringend fortgeführt werden müssen. Ausbildung, für mehr Teilhabe auch am lo- Wilhelmsburg als „Fahrradstadt“ muss Die Elbinsel ist auch Hafen und Hamburgs kalen Arbeitsmarkt, für ein friedliches Zu- als Modell weiterentwickelt werden. wichtigster Standort für Industrie und Ge- sammenleben aller Bevölkerungsgruppen – Die Entwicklung des Spreehafens darf werbe – ohne Frage. Aber solange „Mitten bei ausdrücklicher Respektierung kultureller nicht bei der Öffnung des Zollzaunes im Zentrum“ Deutschlands größtes Kohle- und religiöser Unterschiede – und begrüßen stehen bleiben. kraftwerk gebaut werden kann, Container- die in den letzten Jahren neu entstandenen 213 V. Weiter in Bewegung

Typisch Wilhelmsburg: überraschende Ausblicke findet man an vielen Stellen auf der Heimat zu sein für Menschen aus aller gerechte soziale Infrastruktur für gesunde Insel. Hier der Blick von von der Alten Schleuse in Richtung Hamburger Zentrum: Im Welt in guter Nachbarschaft auf einer vitalen, Aufwachs– und Lebensbedingungen, die Vordergrund „Containerklopperei“, dahinter der Wasserturm, der Wohnungen beherbergt. bunten und grünen Elbinsel im Herzen der dem besonderen Förderungsbedarf hier Daneben, so nah, als stünden sie auch auf der Insel, der Michel und der Fernsehturm. Hansestadt – diese Vision trägt und beflügelt Rechnung tragen. uns und wird bei den vielfältigen Stadtteilde- batten, u.a. unseren Pegelständen, weiterge- Bürger-Engagement festigen tragen und differenziert. Dazu gehören: Gemeinsam mit dem Türkischen Elternbund und der Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg • die Entwicklung zu den Ufern im Norden, wollen wir beim Aktionstag am 22.9.2012 Westen und Süden der Insel („eine Insel das Netzwerk der Initiativen und Vereine braucht Ufer“) auf den Elbinseln wieder fester knüpfen. • die Sicherung und Entlastung der Wohn- gebiete von Hafenexpansion, LKW-Ver- Engagement der BürgerInnen und Bür- kehr, Lärm und Gestank ger für ihre Community, ihren Stadtteil, ist • die Entflechtung von Wohnen und wohn- Wesen und Stärke von Demokratie. Dies zu- unverträglichem Gewerbe, besonders in zulassen und zu fördern ist Aufgabe weiser der Wilhelmsburger Mitte und am Vering- Stadtpolitik der nächsten Jahre. Dies durch- kanal zusetzen ist die Aufgabe starker unabhängi- • Sicherung und Ausweitung von öffentli- ger Bürgerorganisationen. „Bürgerbeteili- chen Grünzonen im Wohnumfeld und die gung“ ist mehr als Information und Akzep - Sicherung des Grünen Ostens der Insel tanzbeschaffung – wir wollen mitreden, da • eine Wohnungsbauoffensive für bezahlba- wo entschieden wird und bevor entschieden ren Wohnraum – ohne Naturzerstörung – wird! Bevor die gewählten Organe das letzte z.B. auf den bisherigen Vorbehaltsflächen Wort haben sind die Entscheidungen längst für die diversen Trassen der Hafenquer- getroffen: In Ausschüssen und Zirkeln wer- spange, oder ein autofreies Wohnungspro- den die Gesetzesvorlagen unter dem Ein- jekt in der Wilhelmsburger Mitte im er- fluss interessengestützter „Experten“ und folgreich umgewandelten ehemaligen Lobbyisten der Wirtschaft formuliert. Wir Gewerbegebiet Jaffestraße. fordern gleiches Recht auch für die Vertre- • Altlastensanierung und Gewerbeflächen- terInnen der zivilgesellschaftlichen Bürger- management verbunden mit einer sozial- organisationen. 10 Jahre Zukunft Elbinsel versicherungspflichtigen und nachhaltigen Wilhelmsburg e.V. haben uns gelehrt: Wir Arbeitsplatzoffensive in Wohnortnähe. betteln nicht um „Beteiligung“ – wir bitten • die Weiterentwicklung der Bildungsoffen- zum Dialog. ★ 214 sive und eine kinder-, familien- und alten- 215 VI. Foto- & Bildnachweise

S. 1: Heinz Wernicke S. 118: Heinz Wernicke S. 200: LutzCassel S. 217: Heinz Wernicke S. 4: Jutta Hennenberger S. 119: Manuel Humburg (3), Rolf Masuch (Plakat), S. 204: Michael Eicks S. 218: Melanie Klein S. 6: Heinz Wernicke Elisabeth Richnow, S. 208: Michael Eicks S. 220: Manuel Humburg S. 8: Bernd Holm S. 120: Corinna Peters-Leimbach S. 210: Michael Eicks S. 10: Ruth Lenz, Dirk Holm (3) S. 122: Corinna Peters-Leimbach S. 212: Astrid Kraekel S. 12: Marianne Groß S. 124: Corinna Peters-Leimbach, Heinz Wernicke S. 213: Heinz Wernicke S. 13: Heinz Wernicke S. 125: Dirk Holm, Heinz Wernicke S. 214: Michael Eicks S. 14: Manuel Humburg S. 126: Kathrin Milan S. 18: Hamburger Abendblatt S. 130: Marianne Groß Zu diesem Buch gibt es viele Dokumente und Links. Diese haben wir für Sie auf S. 22: Hamburger Morgenpost, Marius Röer S. 132: Heinz Wernicke S. 24: Johann Groß S. 134: Marianne Groß (3) S. 30: Manuel Humburg, Heinz Wernicke S. 137: HeinzWernicke www.zukunft-elbinsel.de/buch S. 34: Heinz Wernicke S. 138: Ania Groß (2), Bürgerhaus Wbg./unbekannt zusammengestellt. S. 36: Ruth Lenz S. 139: Bürgerhaus Wbg./unbekannt (3) S. 38: Ruth Lenz (2) S. 140: Baum & Busch, Wilhelmsburg S. 39: Dirk Holm S. 142: Petra Osinski, -West, Baum & Busch, S. 43: Heinz Wernicke Wilhelmsburg, Jörg v. Prondzinski S. 44: Heinz Wernicke S. 146: Baum & Busch, Wilhelmsburg Das Heuckenlock ist eines von zwei Naturschutzschutzgebieten auf der großen Flussinsel Wilhelmsburg. S. 48: Heinz Wernicke, Matthias Lintl S. 148: Andrea Schwegler Es handelt sich um den letzten Tide-Auenwald Europas. Seit einiger Zeit gibt es hier sogar wieder Seeeadler, S. 50: Dirk Holm, FBW S. 150: AK Georgswerder die man manchmal beobachten kann, wie sie hoch am Himmel kreisen. S. 52: Johann Groß S. 152: Andrea Schwegler S. 53: Zukunftskonferenz Mathias Lintl / Enno Bahlmann S. 154: Michael Eicks S. 54: Archiv ZEW S. 156: Marianne Groß S. 56: Hamburger Abendblatt S. 158: Klaus Lübke (3) S. 60: Archiv ZEW S. 160: Marianne Groß S. 62: Heinz Wernicke S. 161: Heinz Wernicke (2), Marianne Groß S. 84: Marianne Groß S. 162: Heinz Wernicke S. 86: Heinz Wernicke S. 164: Melanie Klein/Engagierte Wilhelmsburger e. V. S. 87: Marianne Groß S. 165: Archiv ZEW S. 88: Heinz Wernicke S. 166: Wilhelmsburger InselRundblick S. 90: Heinz Wernicke S. 168: Archiv ZEW S. 92: Mariano Albrecht S. 172: Michael Rothschuh S. 96: Mechthild Schulz S. 174: FHH, 2008, Bürgerschaftsdrucksache S. 100: Mariano Albrecht, Heinz Wernicke S. 177: FHH, 2007, Räumliches Leitbild S. 101: Michael Eicks S. 180: FHH, 2011, Michael Rothschuh S. 104: Astrid Kraekel S. 181: Rolf Masuch/Archiv ZEW S. 106: Astrid Kraekel S. 182: Melanie Klein/Engagierte Wilhelmsburger e. V. S. 108: Astrid Kraekel (2) S. 185: Marianne Groß (2) S. 109: Astrid Kraekel S. 186: Heinz Wernicke S. 110: Michael Eicks S. 187: Manuel Humburg CO2-neutral S. 112: Elisabeth Richnow (3), Johann Groß (2), S. 188: Manuel Humburg Für den Druck dieser Auflage hat der Archiv ZEW S. 190: Heinz Wernicke gedruckt Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg eine S. 114: Archiv ZEW (2) S. 192: Heinz Wernicke S. 116: Archiv ZEW, Thomas Immisch S. 194: Heinz Wernicke Ausgleichszahlung geleistet. Mehr Infos dazu auf Anfrage. S.216 117: Archiv ZEW S. 198: Dirk Holm, Composing: Ania Groß 217 218