Lieder, die wir gerne singen Bemerkenswertes zu Studenten- und Volksliedern Von EB Bruno Riemann

Es ist sicherlich nicht uninteressant, einmal die Hintergründe der Entstehung unserer Studenten- und Volkslieder zu beleuchten.

Der Hintergedanke dabei ist, dass wir durch diese Kenntnisse noch mehr Anreiz bekommen, diese bei oder nach möglichst vielen Veranstaltungen oder wo und wie immer wir zusammenkommen, zu sin- gen!

Man kann übrigens auch so nebenbei, etwa beim Autofahren, Kochen und bei bestimmten Arbei- ten singen (am besten dann, wenn man allein ist – das gilt in erster Linie für mich selbst!) bzw. Ton- träger mit solchen Liedern abspielen. Auch Hintergrundmusik geht in die Ohren und bleibt auch meist drinnen. Es muss nicht immer Pop- oder Rockmusik sein, was man so nebenbei hört.

Anmerkung Grillmayer: Zur bestandenen Matura bekam ich einen Plattenspieler und u. a. eine Schall- platte mit Studentenliedern. Als ich bei den „Barden“ aktiv wurde kannte ich schon mehr als 50 % der Lieder auswendig.

Bei dem Vortrag, den ich im Oktober 2011 zu diesem Thema gehalten habe, wurde von jedem zitierten Lied zumindest eine Strophe abgespielt.

O alte Burschenherrlichkeit dürfte nach dem „Gaudeamus“ das bekannteste und meist gesungene Studentenlied sein, bei den Kor- porationen wird es mehr bei festlichen Anlässen und weniger in ausgelassener Runde gesungen.

Wenn immer vorgeschlagen wurde, zumindest in meinen jüngeren Jahren war das so üblich, in fröhli- chen Runden, auch wenn Studenten nicht den Ton angaben, in Schutzhütten, beim Heurigen oder in Gasthäusern, ein Studentenlied zu singen, dann war es fast immer die „Alte Burschenherrlichkeit“. Zumindest begann es damit und jeder konnte mitsingen.

Sie ist aber keinesfalls ein typisches Studentenlied, sondern in erster Linie ein Rückblicken auf die flotte Burschenzeit („…wohin bist du entschwunden…“), die den Kümmernissen des Philisterdaseins, also des spießbürgerlichen Lebenswandels, weichen musste. Jedoch, die ewigen Studenten ausge- nommen, bleibt dieses Schicksal niemandem erspart – der Alltag holt die einst so flotten Aktiven ein, mit geregelter Arbeit, Familiengründung, häuslichem Wohlbefinden und allgemeinem Unwohlbefin- den, gemeint sind gesundheitliche Probleme. Mit dem Begriff des Philisters war auch immer eine aus der Sicht der Studenten besonders verachtenswerte Geisteshaltung verbunden, die der Lebensfreude und dem Sinn für das Schöne nicht den richtigen Stellenwert einräumte. Diese Geisteshaltung bezeich- nete der Student als „philiströs“ im Gegensatz zur „burschikosen“ Lebenseinstellung. Übrigens werden die AHAH bei CV-Verbindungen Philister genannt.

Die „Alte Burschenherrlichkeit“ erschien mit dem Titel „Rückblicke eines alten Burschen“ erstmals 1825, und zwar anonym. Text und Melodie sind in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. 1858, ein denkwürdiges Jahr (!), erschien es in unserer Lahrer Bibel, aber viel später erst wurde es in weitesten Studentenkreisen gesungen.

„O jerum“ (der Refrain der ersten vier Strophen) bedeutet O jemine, o weh. „O quae mutatio rerum“ – o welch Wandel der Dinge (des Daseins, der Lebenseinstellung halte ich für die besseren Interpretatio- nen). Der „breite Stein“ (3. Strophe) bezeichnet den schmalen Steinbelag in der Mitte der zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch selten zur Gänze gepflasterten Straßen, der bei schlechtem Wetter die Straße einigermaßen passierbar machen sollte. Fast in allen Studienorten war es ein von den dreisten Burschen gegenüber den Bürgern in Anspruch genommenes Vorrecht, auf dem breiten Stein zu gehen, während die anderen ausweichen mussten. Als Folge entstanden verbale Duelle, auch wurde häufig der Säbel gezogen.

„Da schreibt mit finsterm Angesicht der eine Relationen…“ (4.Strophe). Relation ist eine juristische Arbeitsmethode zur Erfassung von Akten. Eine Rezension (von lateinisch recensio: Musterung oder auch Besprechung) ist die schriftlich niedergelegte und veröffentlichte Form einer Kritik, einer Beur- teilung eines komplexeren zivilrechtlichen Streitstoffs. Beide Begriffe stammen aus der „Juristerei“. Also sind das im Wesentlichen Arbeiten eines pflichtgetreuen, der Metternich’schen Zensur entspre- chenden höheren Beamten, der gezwungen war, so zu arbeiten, aber mit seinen eigentlichen Ansichten in krassem Widerspruch, vor allem zu seinem einst so freien Studententum stand. Daher die finstere Amtsmiene!

Burschen heraus! wird traditionellerweise anschließend an die Burschung gesungen. Die Studenten hatten eine besonde- re rechtliche Stellung – durch die Akademische Gerichtsbarkeit, die bis 1879 gültig war. Das führte zu häufigen Konflikten mit der Polizeigewalt der Universitätsstädte, denn diese war nicht befugt, einen Studenten zu verhaften oder zu bestrafen, bevor nicht ein Universitätsgericht über ihn befunden hatte. Übergriffe der Staatsmacht oder einzelner Bürger auf Studenten waren nicht selten; mit dem Ruf „Bur- schen heraus!“ konnte durch Zusammenrufen von mehreren (stets bewaffneten) Studenten einem sol- chen Übergriff der Ordnungshüter entgegengetreten werden. Häufig ergaben sich aus dem Ruf größere Tumulte in Universitätsstädten, besonders im 17. und 18. Jahrhundert. (Halle wurde in dieser Hinsicht häufig erwähnt.) Erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Ruf und das damit verbunde- ne gemeinsame, bewaffnete Auftreten der Studentenschaft durch die Universitäten verboten.

In der letzten (3.) Strophe, wo es heißt, „Wenn es gilt fürs Vaterland, treu die Klingen dann zur Hand …“ wird die alte Bedeutung des Rufes geradezu in ihr Gegenteil verkehrt, da nun nicht mehr nach studentischer Solidarität gegen die diktatorische Staatsmacht gerufen wird, sondern der Ruf der Vater- landsverteidigung und damit auch der Verteidigung seiner Repräsentanten gilt.

Wenn alle untreu werden ist an F. L. Jahn (1778 – 1852), den „Turnvater“, gerichtet, der 1811 den ersten Turnplatz auf der Ber- liner Hasenheide mit der Zielsetzung schuf, die Jugend auf den Kampf gegen die napoleonische Beset- zung und für die Rettung Preußens und der deutschen Kleinstaaten vorzubereiten. Text von Schenken- dorf, 1814, ursprünglich nach einer französischen Jagdweise gesungen, nach der auch das folgende Eichendorff-Lied gesungen werden kann.

Nach Süden nun sich lenken ist ein Lied der Prager Studenten. Dazu gibt es allerdings noch eine zweite, der ursprünglichen ziem- lich ähnliche Melodie, welche die bekanntere ist. Manche Vereinigungen (z. B. die farbentragende, nicht akademische „Tafelrunde zu Wien“) singen die alte Fassung, und das ist auch seit 1932 die Me- lodie der niederländischen Nationalhymne. Sie ist an Wilhelm von Oranien wegen des Aufstandes ge- gen Spanien im späten 16. Jahrhundert gerichtet, und beginnt mit „ von Nassau bin ich vom deutschen Blut“. Übrigens auch ident die Luxemburgische Hymne! Ein feste Burg ist unser Gott bildet einen Teil des Schlusses der Reformationssymphonie von Mendelssohn-Bartholdi, der uns von Vertonungen einiger Eichendorff-Lieder besonders gut bekannt ist.

Dieses sehr bekannte Lied von Martin Luther zitiere ich heute nicht nur deshalb, weil am 31. Oktober das Reformationsfest ist, sondern weil es im Kommersbuch enthalten ist. Es wurde nämlich gleich zu Beginn des Wartburgfestes, anlässlich der 300. Wiederkehr des Anschlages der 95 Thesen durch Lu- ther, und gemeinsam mit dem 4. Jahrestag des Sieges in der Völkerschlacht von Leipzig, nämlich am 18. Oktober 1817, angestimmt und von allen Festteilnehmern (rund 1000) magna voce gesungen. Dann erst begann der Lützow’sche Jäger und Jenaer Student Heinrich Herrmann Riemann mit seiner großar- tigen Festrede, die auf der Wartburg in verschiedenen Ausgaben zu erstehen und heute noch aktuell ist!

Deutschland, Deutschland über alles ist seit 1922 die deutsche Nationalhymne, seit 1952 wird offiziell nur mehr die 3. Strophe gesungen. Der Text wurde von Hoffmann von Fallersleben als „Lied der Deutschen“ 1841 auf ver- fasst. Helgoland wird zwar seit dem 7. Jahrhundert ausschließlich von Friesen bewohnt, gehörte aber 1841 zu England, eine Folge der Wirren der napoleonischen Kriege. Aber auf Grund dieser Hymne kehrte Helgoland noch lange nicht zu Deutschland zurück. Die Insel wurde den Deutschen erst 1890 im Vertrag von Sansibar zurückgegeben.

Die Melodie wurde von Haydn 1797 komponiert und zur offiziellen Volkshymne „Gott erhalte Franz, den Kaiser“ für den damals noch römisch-deutschen Kaiser Franz II., der allerdings 1806 auf die deut- sche Kaiserkrone verzichtet hat, und zwar in Wien auf der Brüstung der Kirche am Hof! Haydn ver- wendete diese Melodie später noch im zweiten Satz des Kaiser-quartetts.

Vor 1922 gab es keine deutsche Nationalhymne. Es wurde häufig „Was ist “ (E. M. Arndt) gesungen – das ganze Deutschland soll es sein, expressis verbis auch mit Österreich. Um 1870 herum wurde ersatzweise auch die „Wacht am Rhein“gesungen, und ab 1871, dem Jahr des Sie- ges über die Franzosen, „Heil Dir im Siegeskranz“, mit der Melodie der jetzigen englischen Hymne. Und schließlich wurde im 3. Reich zusätzlich zur Bundeshymne meist nach der ersten Strophe das Horst-Wessel-Lied, die offizielle Hymne der NSDAP, gesungen.

Wir hatten gebauet wurde im Jahr 1819 zur Auflösung der erst 1815 gegründeten Jenaer (Ur)Burschenschaft (aufgrund der Karlsbader Beschlüsse) von Daniel August von Binzer gedichtet. Mit der siebten Strophe („Das Band ist zerschnitten, war schwarz, rot und gold…“) liegt die früheste schriftliche Erwähnung der Farben Schwarz-Rot-Gold vor, die 1848 die Farben der Nationalflagge. Nach dieser Melodie, ei- ner thüringischen Volksweise, sind auch „Ich hab mich ergeben mit Herz und mit Hand“ (Hans F. Maßmann, 1820) und ferner das Turnerlied von Wilhelm Hauff „Ein Ruf ist erklungen, durch Berg und durch Tal, heraus ihr deutschen Jungen zum grünen Waffensaal“ zu singen.

Im Krug zum grünen Kranze wurde 1821 vom Wilhelm Müller aus Dessau verfasst, der als Student Freiwilliger in den Befreiungs- kriegen gegen war und welcher im „Krug“ erstmals seinen künftigen Schwager traf, den Medizinstudenten Basedow. Aus dieser Begegnung heraus entstand dieses so populäre Lied. Müller wurde, wie es die Jahre eines höheren Beamten so bringen, Hofrat und reiht sich daher genauso würdig in die Reihe der dichtenden Hofräte ein, wie Wittekind/Wedekind als Schöpfer des Krambambulilie- des oder unser EM Josef V. von Scheffel. Noch bekannter ist Wilhelm Müller allerdings durch den Text des Liederzyklus „Die schöne Müllerin“, vertont von Franz Schubert.

Das Gasthaus „Im Krug…“ steht heute noch an der Saale, gegenüber der Burg Giebichenstein, also etwas stromabwärts von Halle. Früher wurde es besonders gerne von Studenten besucht und dort wur- den Mensuren gefochten und Kommerse abgehalten. Nach DDR und Wiedervereinigung ist es nun eine nette Ausflugsgaststätte und es steigen, wie ich aus profunder Quelle erfahren habe, dort auch wieder Couleurveranstaltungen!

Mit der Fidel auf dem Rucken stammt auch von Wilhelm Müller und ist auch ein Lied der Prager Studenten. Nach dem Ende der letzten Strophe wird oft „am Schipkapass geht’s lustig zu“ angefügt. Gemeint ist damit nicht der Pass im bulgarischen Balkangebirge, denn der war ein blutgetränkter Pass im russisch-türkischen Krieg. Im bulgarischen Nationalbewusstsein ist die Schlacht um den Schipkapass tief verankert geblieben als der entscheidende Kampf für die Befreiung Bulgariens vom türkischen Joch. Im Zusammenhang „Mit der Fiedel ...“ handelt es sich beim Schipkapass um ein Ausflugsgasthaus nordwestlich von Prag, welches die Prager Studenten besonders gerne besuchten.

Über die Karlsbrücke, erst durch liebliche Gärten und dann durch ein echt wildes Gebiet führte der Weg dorthin. Heute findet man bestenfalls noch Ruinen davon. Aber der heilige Nepomuk steht immer noch mitten auf der Karlsbrücke, etwas näher der Kleinseite zu. Jetzt wieder mit Sternenkränzel, wel- ches wir Barden 1992 dort vergeblich suchten.

Hoch auf dem gelben Wagen wurde in den 1870 Jahren von Rudolf Baumbach gedichtet und erreichte Ende 1973/Anfang 1974 ei- nen erneuten Popularitätsschub, nachdem es vom damaligen deutschen Bundesaußenminister und spä- teren Bundespräsidenten Walter Scheel mit Begeisterung in der Öffentlichkeit gesungen wurde. Im vergangenen September hörte ich zuletzt eine Aufnahme von ihm, ausgestrahlt in einem bundesdeut- schen FS. Im Liedtext wird das Leben als Reise in einer Postkutsche beschrieben. In der Liedzeile „… sitz’ ich beim Schwager vorn …“ ist mit dem „Schwager“ der Postillon gemeint. Der jeder Strophe in leicht abgewandelter Form anhängende Liedtext „… Ich wäre/würde/bliebe so gern in der Schenke, aber der Wagen, der rollt“ stellt den Bezug zum dahinfließenden Leben her, dessen Lauf man nicht aufhalten kann.

Wohl ist die Welt so groß und weit ist auch als Bozner Bergsteigerlied bekannt, wurde 1921 von Karl Felderer (1895 - 1989) verfasst und ist ein Hymnus auf das deutsche Südtirol, welches bekanntlich 1919 im Vertrag von St. Germain defi- nitiv Italien zugesprochen wurde. Das kommt im Text nur beiläufig („mit seinem schweren Leid“) zum Ausdruck. Es wurde zum populärsten Südtiroler Lied, ein wahres Heimatlied. Aber es wird bei uns auch überall dann gesungen, wenn es irgendwie ums Bergsteigen geht. Mit diesem Lied hat Felde- rer sicherlich zu seinem Ziel, Einigkeit unter den Tirolern zu bewahren und das deutsche Südtirol in der schwersten Zeit, in der das Lied entstanden ist, nicht zu vergessen, einen schönen Beitrag gelei- stet.

Vale universitas ist gemäß Text und Melodie ein 100-prozentiges Grazer Gothenlied und im späten 19. Jahrhundert entstanden. Melodie von Hans Klöpfer, der als „Dichterarzt“ der Südsteiermark weithin bekannt wur- de. Text vom „Priesterdichter“ der Festenburg im Wechselgebiet, Ottokar Kernstock. Dieser hat übri- gens auch die wunderschöne Hymne Österreichs (1929 – 1938) „…“ mit der Melodie der alten Kaiserhymne verfasst.

Wohlauf, die Luft geht frisch und rein stammt von unserem EM Josef Viktor von Scheffel. Das , gelegentlich auch „Lied der Franken“ genannt, ist ein literarisches Zeugnis der Wanderlust und zur inoffiziellen Hymne dieser Region geworden. Sie wird im ganzen Land der Franken auch bei offiziellen Anlässen, meist nach der deutschen Nationalhymne und der , gesungen. Papst Benedikt zu Ehren von einer Ju- gendmusikkapelle aus Mittelfranken gespielt, durfte ich sie vor ein paar Jahren sogar am Petersplatz hören!

Der Text der inoffiziellen „Frankenhymne“ wurde von Scheffel im Sommer 1859 geschrieben. Er hielt sich damals mehrere Wochen im Kloster Banz nahe dem Staffelberg (zwischen Bamberg und Coburg), auf und bereiste in dieser Zeit die nähere und weitere fränkische Umgebung. Der Text wurde vielfach vertont, geblieben ist nach einem wahren Preisausschreiben an die verschiedendsten Liedschöpfer die Vertonung von Valentin Eduard Becker, 1861.

Obwohl sich Scheffel naturgemäß einige dichterische Freiheiten herausnahm, entsprechen doch we- sentliche Bestandteile des Liedes der historischen Realität; insbesondere da es in diesem Lied heißt: "Einsiedelmann ist nicht zu Haus dieweil es Zeit zu mähen. Ich seh’ ihn an der Halde draus bei einer Schnitt’rin stehen...". Dieser Einsiedelmann nämlich ist der Franziskanerpater Ivo (Johann) Henne- mann (1823 - 1900) und die schöne Schnitterin ist Eva Lämmlein, die zu diesem Zeitpunkt 20-jährige Tochter des Gastwirtes von Romansthal am Fuße des Staffelberges. Beide haben also tatsächlich exi- stiert.

Die vierte Strophe beginnt mit „Zum heil’gen Veit vom Staffelstein komm’ ich empor gestiegen…“ Die Kapelle auf dem Staffelberg oberhalb von Staffelstein ist allerdings der heiligen Adelgundis ge- weiht, nicht dem hl. St. Veit, einem der populärsten Heiligen Frankens, der aus diesem Grunde bei Scheffel nicht fehlen durfte. Auf diesen Lapsus hingewiesen soll Scheffel mit dem Zitat von Pilatus „Quod scripsi, scripsi!“ geantwortet haben.

Im schwarzen Walfisch zu Askalon – ist ebenfalls von Scheffel. Askalon (jetzt Aschelom) ist eine Stadt in Israel, ca. 25 Kilometer nord- nordöstlich von Gaza gelegen. Sie war eine der fünf Hauptstädte der biblischen Philister. Dort gab es das Wirtshaus „Zum schwarzen Walfisch“, wo der Baktrer-schnaps, ein in Baktrien (historische Land- schaft im Nordosten Persiens) gebrannter Fusel, ausgeschenkt wurde. Von einem (berauschenden) Dattelsaft ist allerdings nirgends die Rede – aber auch das sind dichterische Freiheiten! Wie im Lied beschrieben, kam hier ein Gast aus Ninive (assyrische Hauptstadt, in der Nähe von Mossul, Irak) an, der sein ganzes Geld im dortigen Gasthof „Lamm“ vertrunken hatte. Es musste sich dabei um eine sehr lange Zechreise gehandelt haben, liegen doch Askalon und Ninive 950 Kilometer auseinander.

Das war der Zwerg Perkeo

Das war ein Kleinwüchsiger, der sich Perkeo nannte und eigentlich Clemens Pankert, nach anderen Quellen Giovanni Clementi hieß. Sein Künstlername soll sich daraus ableiten, dass er auf die Frage, ob man nicht noch ein Glas Wein heben könnte, auf italienisch antwortete: „perche no?“ (Warum nicht? = Na klar doch!). Perkeo war zunächst als Hofzwerg zur Belustigung des Fürsten und des Hofstaates und später als Mundschenk nach Heidelberg gekommen. Der 1702 in Salurn/Südtirol Geborene wurde dort im Jahr 1720 vom pfälzischen Kurfürsten Karl III. entdeckt und als Kuriosität mitgenommen. Die Erinnerung an ihn ist von Legenden und Anekdoten umwoben. Perkeo erhielte eine farbige Uniform und statt eines Degens einen riesigen Kellerschlüssel an die Seite. Damit zog er an den Hof des Kurfürsten, wo er bald der Liebling der Hofleute und der Bürger von Heidelberg wurde. Noch zu seinen Lebzeiten setzte man ihm ein Denkmal, das von ihm selbst entwor- fen und geschnitzt wurde. Im Fassbau ist es aufgestellt, zusammen mit der Uhr, die Perkeo ebenfalls selbst gefertigt hatte. Zwar zeigt sie nicht die Zeit an, erschreckt aber den ahnungslosen Schlossbesu- cher beim laut schnarrenden Aufziehen und mit einem herausschnellenden Fuchsschwanz.

Perkeos Aufgabe später als Hofmeister und Mundschenk war, auf den Inhalt des kurfürstlichen Weinkellers und insbesondere auf den Inhalt des Großen Fasses des Heidelberger Schlosses, mit 221.726 Litern Fassungsvermögen das größte Fass der Welt (nicht das in Bad Dürkheim, das konnte nämlich gar nicht gefüllt werden!), Acht zu geben. Das zweitgrößte Fass befindet sich in Nikolsburg (Südmähren).

Perkeo wurde in seinem achten Lebensjahrzehnt erstmals krank. Ein Arzt riet ihm dringlich von Weingenuss ab und empfahl, Wasser zu trinken. Trotz großer Skepsis und Furcht nahm Perkeo diesen Rat an und verstarb am Folgetag.

Wütend wälzt sich einst im Bette

Kurfürst Friedrich IV. (1574 bis 1610) von der Pfalz. Während seiner Regierungszeit trieb Friedrich den Ausbau des Heidelberger Schlosses voran. Zu dieser Zeit entstand der Friedrichsbau. Friedrich soll im Übermaß Wein konsumiert haben, ein „Trinker“ gewesen sein, was Zeitgenossen zu der Sorge ver- anlasste, er könne vor der Zeit und ohne volljährigen Erben versterben – was eine erneute Regentschaft notwendig gemacht haben würde. Jedoch gingen aus seiner Ehe immerhin acht Kinder hervor.

Der begabte Zecher, der gerne oft und in bester Gesellschaft feierte, notierte in seinem Tage- und Aus- gabenbuch ganz genau, wann er einen „Rausch gehabet oder fol gewest“. Er war auch recht gefräßig, bei einer Schlossführung in Berchtesgaden wurde ein Esstisch gezeigt, welchen man wegen des gewal- tigen Bauches des Kurfürsten richtiggehend ausschneiden musste!

Die Gicht, welche ihn frühzeitg (spätestens 1603) befallen, hatte die untere Hälfte seines Körpers steif und schwach gemacht, welche Schwäche denn freilich, wie der Sekretär Kolbinger am 1. Juli 1610 bemerkt, bei seiner Lebensart nicht gemindert werden konnte. Im September ergriff ihn eine Krank- heit, der er am 19. dieses Monats erlag. Friedrich starb also 1610, wie es heißt, „an seinem ausschwei- fenden Lebenswandel“ in Heidelberg, wo er in der Heiliggeistkirche begraben wurde.

Und wer diese Zeilen jetzt gelesen hat, der sollte dieses Lied magna voce, die 5. Strophe allerdings leise, erschallen lassen oder zumindest ein (oder mehrere) Gläschen zu seinem ehrenden Andenken trinken!