Jahrgang 30 Januar – Dezember 2005 Nr. 1 – 4

Sorge um den Bestand. Die Situation der Herzog August Bibliothek

Schriftliches Kulturerbe schützen und bewahren. Eine Aktion deutscher Bibliotheken und Archive Veranstaltung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Aktion Lesezeichen am 2. September 2005 Vortrag von Helwig Schmidt-Glintzer Direktor der Herzog August Bibliothek

Meine sehr verehrten Damen und Herren: managements Braunschweig, die Herren – ich begrüße die Vertreter der Medien. Lehnhart und Hermann NDR 3 und heute auch die ARD haben Einleitung – ich begrüße die Vertreter der Feuerwehr sich des emas angenommen.

Ich habe die Initiative deutscher Bibliothe- kare und Archive zur Aktion Lesezeichen: “Schriftliches Kulturerbe schützen und be- wahren” sehr gerne aufgegriffen. – Ich freue mich, daß Sie so zahlreich mei- ner Einladung gefolgt sind. Besonders begrüße ich die Abgeordneten des Nie- dersächsischen Landtages, Frau Weddi- ge-Degenhard, Frau Siebert und Herrn Oesterhelweg. Ich weiß, daß Sie sich Ih- rer Mitverantwortung für dieses “Schatz- haus voller Bücher” bewußt sind. – Ich begrüße als Vertreterin des für uns zu- ständigen Ministeriums Frau Dr. Annette Schwandner! – Ich begrüße den Landrat, Herrn Drake – Vertreter des Rates der Stadt, Herrn Krumbholz und Herrn Rehm – Vertreter benachbarter und verwandter Einrichtungen, Herrn Dr. Jarck, Herrn Dr. v. l.: Der Leiter des Niedersächsischen Staatsarchivs Wolfenbüttel, Archivdirektor Dr. Horst-Rü- Ermert und Herrn Dr. Berthold diger Jarck, und Professor Dr. Helwig Schmidt-Glintzer, Direktor der Herzog August Bibliothek. – Repräsentanten des Staatlichen Bau- Foto: Braunschweiger Zeitung 2 3

Am 2. September 2004 zerstörte ein Brand Ganz vorne an aber steht der angemesse- hat dieses Glück immer größer strahlen las- das Gebäude der Herzogin Anna Amalia ne Umgang mit den Drucken und Hand- sen. Nachdem dann auch noch im Zweiten Bibliothek in Weimar und einen Teil ih- schriften sowie die angemessene Lagerung. Weltkrieg in große Teile des Altbe- rer historischen Buchbestände. Sie wer- Hinweise auf den Umgang konnten Sie standes vernichtet wurden, verfügt nun – den sich erinnern! Ich selbst erfuhr von der Präsentation unserer Restauratoren so- um nur ein Beispiel zu nennen – die Wol- der Katastrophe am frühen Morgen nach eben entnehmen. Und daher ist eine wich- fenbütteler Bibliothek über den größten der Brandnacht auf dem Weg nach Düssel- tige Maßnahme Bestand an Drucken von Werken Martin dorf, wo mich sogleich Anfragen zu Inter- – die vorbeugende Aufklärung und Schu- Luthers, die zu seinen Lebzeiten erschienen views erreichten, auch Fragen danach, ob lung von Mitarbeitern und Benutzern. sind. Ich könnte die Liste lange fortsetzen. ein solches Ereignis in der Herzog August Vor allem aber, und darin sehen wir die Dies hat dazu geführt, daß die Herzog Bibliothek möglich wäre. Wir hatten übri- wichtigste Maßnahme, muß eine August Bibliothek schon im 17. Jahrhun- gens spontan der Stiftung Weimarer Klas- – angemessene Lagerung dert als Weltwunder galt. Und vor weni- sik unsere Hilfe angeboten. Einem Redak- sichergestellt werden. Zu diesem ema, gen Tagen erhielt ich die Nachricht, daß teur der “Welt” gegenüber formulierte ich, dazu, daß eine alte Bibliothek nicht zur die UNESCO im Juni 2005 die Bibliotheca diese Katastrophe sei auch ein Beispiel da- Geisel eines denkmalgeschützten Gebäudes Corviniana in das Memory of the World-Regi- für, wie eine Bibliothek zur Geisel eines hi- wird, werde ich gleich noch mehr sagen. ster aufgenommen hat. Memory of the World storischen Bauwerks geworden ist. Nun ist es nicht neu, daß Bibliothe- ist ein 1992 von der UNESCO gegründe- Als mich kurz darauf der für uns zustän- ken etwas für ihren Bestand tun müssen. tes Programm zum “Erhalt des dokumenta- dige Minister Lutz Stratmann anrief und Schon die erste Bibliotheksordnung des rischen Erbes der Menschheit”. Nur wenige nach der Gefährdungslage fragte, konnte Herzog Julius von 1572 wies auf die Ge- der meist prachtvoll geschmückten Hand- ich ihn teils beruhigen, teils wies ich ihn fahren der unsachgemäßen Unterbringung schriften der Renaissance-Bibliothek von auf Gefährdungen auch für unsere Biblio- und auf die notwendige Pflege der Bücher König Matthias I. Corvinus von Ungarn thek hin. Dazu im einzelnen später. Über hin. Herzog August wußte das natürlich (1458 –1490) finden sich noch in heutigen das Interesse des Ministers habe ich mich auch und handelte danach, Büchersamm- Bibliotheken. Die Herzog August Biblio- gefreut, und ich bin sicher, daß er sich wei- ler haben das immer schon gewußt. Daß thek in Wolfenbüttel nennt neun “Corvi- ter für die Herzog August Bibliothek enga- Bibliotheken gefährdet sind, wissen wir seit nen”, wie die Bände aus Matthias’ Bibliothek gieren wird. der Antike, seit Alexandria. genannt werden, ihr eigen und verfügt damit Den Jahrestag dieser Katastrophe also Beispiele von Kriegszerstörungen von nach Wien, Budapest und Modena über den nehmen Bibliotheken und Archive zum Kulturgut und Bibliotheken haben wir in viertgrößten Corvinenbestand in der Welt. Anlaß, um auf Probleme und notwendi- unseren eigenen Tagen in Sarajevo und Die Bibliotheca Corviniana, die beim ge Maßnahmen zur Erhaltung öffentlichen im Irak erleben müssen. Und wir Deut- Tod ihres Besitzers über 2000 Bände zähl- Besitzes sowie zur Sicherung der Gebäude schen wissen es besonders gut, haben doch te, bildete eine der größten und wertvoll- aufmerksam zu machen. – Die Botschaf- deutsche Truppen im Jahre 1914 die Stadt sten Bibliotheken im Zeitalter der Renais- ten sind einfach und einprägsam, aber was Löwen/Leuven mit einer der ältesten Bi- sance. Nach dem Tod ihres Gründers ver- bedeutet das für die Herzog August Biblio- bliotheken Europas niedergebrannt und fiel sie und wurde zerstreut. Der Rest wurde thek Wolfenbüttel? Darüber möchte ich sich dabei noch als “Kulturmenschen” ge- 1526 und 1541 von den osmanischen Er- heute sprechen. fühlt,1 und dann, im Mai 1940, hat die Bi- oberern verschleppt. Die Botschaft ist eindeutig: Daß ein bliothek von Löwen/Leuven abermals ge- Gegenwärtig werden noch 232 “Corvi- großer Teil unserer schriftlichen Überliefe- brannt, und etwa eine Million Bände wur- nen” in 49 Bibliotheken in 16 Ländern ge- rung gefährdet ist, ist bekannt. Rechtzeiti- den zerstört. Doch von Kriegen soll hier zählt. Kennzeichnend für die Bibliotheca ges Handeln kann unser Kulturgut bewah- nicht weiter die Rede sein, obwohl es sich Corviniana sind die meist mit prachtvol- ren und folgende Schäden beseitigen und ja anböte, wo doch in diesem Monat Krieg ler Buchmalerei ausgestatteten Handschrif- verhindern bzw. mildern: und Frieden ema vieler Veranstaltungen ten, in die das königliche Wappen eingefügt – Brand- und Schimmelschäden in Niedersachsen sind. ist, und ihre Einbände: relieftragendes Le- – Tintenfraß Neben dem Erschließen und dem Ga- der, mit Gold verziert, und Samt in leuch- – Schädigungen durch säurehaltige Papie- rantieren der Zugänglichkeit für die Benut- tendem Rot und Grün. Die Wolfenbütteler re und sauren Leim zer ist es also immer schon die Aufgabe der Kodizes aus der Bibliothek des ungarischen – Beschädigung historischer Einbände Bibliothek, alles zu tun, um ihren Bestand Königs sind zu Lebzeiten Herzog Augusts – Verschleiß durch tägliche Benutzung zu sichern. Zwar wird es eine absolute Si- des Jüngeren hierher gelangt, als Ankäufe – Datenverluste bei der Archivierung mo- cherheit niemals geben, und die größte Ge- bzw. als Geschenke. derner Medien fahr für die kulturelle Überlieferung ist und bleibt der Mensch, doch er vermag auch als 1 Die damalige innerdeutsche Debatte und die Gängige Maßnahmen sind in den letzten ihr Garant zu wirken und tut das in wohl- Jahren und besonders in den letzten Mona- internationale Reaktion bleibt denkwürdig. verstandenem eigenen Interesse. In diesem Siehe hierzu Jürgen von Ungern-Sternberg, ten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt Sinne verdankt die Herzog August Biblio- Wolfgang von Ungern-Sternberg, Der Auf- gemacht worden, so wie sie auch der Flyer thek ihre Einzigartigkeit ihren Gründern ruf ‘An die Kulturwelt!’. Das Manifest der zum heutigen Tage auflistet: und ihren Leitern und Mitarbeitern durch 93 und die Anfänge der Kriegspropaganda – Restaurierung wertvoller Einzelstücke die Jahrhunderte, aber eben doch auch ei- im Ersten Weltkrieg, Wiesbaden: Franz Stei- – Ergänzung fehlender Stellen im Papier nem großen Maß an Glück. ner 1996. – Auf die Zerstörungen nimmt auch Bezug der Ausstellungskatalog “Leuven durch Anfasern und andere Techniken Denn es ist doch ein großes Glück, daß in Books /Books in Leuven. e Oldest Uni- – Anfertigung von Schutzbehältnissen diese Sammlung so lückenlos überliefert versity of the Low Countries and its Libra- – Entsäuerung von brüchigem Papier worden ist. Und das Unglück an anderen ry”, Leuven: Leuven University Press 1999, – Papier spalten als ultima ratio Orten – man muß es leider aussprechen – bes. S. 131–136 und S. 181–184. 2 3

I. Gefährdungslage das 16. Jahrhundert ist die Wolfenbütte- ler Bibliothek vielleicht die bedeutendste In aller Kürze will ich die Gefährdungen in Deutschland und für das 17. Jahrhun- für die Herzog August Bibliothek benen- dert ist sie zu Recht die Deutsche Natio- nen, die ergriffenen Maßnahmen beschrei- nalbibliothek. Dies hat sich im Zuge der ben und auf die Notwendigkeiten hinwei- Verzeichnung der im deutschen Sprach- sen, die ich sehe und die Sie alle kennen raum erschienenen Drucke des 17. Jahr- sollten. Denn die Verantwortung für die- hunderts, im Rahmen des sogenannten se kostbare Bibliothek tragen wir alle. Wir “VD 17”, wieder deutlich herausgestellt. schließen uns dem Aufruf zur Erhaltung Die Gefährdung ist also vielschich- der schriftlichen Überlieferung an und hal- tig und ihr muß sehr spezifisch begegnet ten uns auch an die dabei getroffenen Dif- werden. Vor allem aber wegen der nu- ferenzierungen. merischen Disproportionalität von eini- gen Hundertausend Drucken des 16., des 17. und des 18. Jahrhunderts auf der ei- Priscianus Lydus, In eophrastum Metaphra- nen Seite und der Massenproduktion im Die Chemie im allgemeinen, sis de sensu et de phantasia, Pergament 145 Bl., 19. und im 20. Jahrhundert auf der ande- der Papierzerfall und das Problem der 1487–1489, Florenz. Von Herzog August vor ren bekommt das Problem des säurehalti- 1627 erworben. Cod. Guelf. 10 Aug. 4°. Auf großen Zahl gen Papiers ein besonderes Gewicht. Dabei der Titelseite befindet sich in einem Medaillon ein Bild des Königs Matthias Corvinus. gerät die Gefährdung der älteren Bestände Denn, wie die VolkswagenStiftung, wel- leicht in den Hintergrund, und daher ist es che die konzeptionellen Vorbereitungen so wichtig, daß die von den Fachleuten ge- Durch die Aufnahme in das UNESCO für den Erhalt alter Buchbestände unter- troffene und von der VolkswagenStiftung Memory of the World Register wird die Be- stützt und auch die heutigen Aktionen bekräftigte Unterscheidung, das Jahr 1850 deutung der Handschriftensammlung der mitträgt, deutlich macht: Alle vor 1850 er- als ungefähre Trennlinie zu nehmen, im Herzog August Bibliothek erneut hervor- schienenen Originale sollen erhalten wer- Auge behalten wird. gehoben, denn erst im Jahr 2003 waren den; für Bücher und Dokumente aus der Gerade das Land Niedersachsen mit der Handschriften der Reichenauer Buchma- Zeit nach 1850 kann dies nicht mehr gel- Herzog August Bibliothek und der Nie- lerei, zu denen das Reichenauer Perikopen- ten; hier kann die Erhaltung aus wirtschaft- dersächsischen Staats- und Universitätsbi- buch der Herzog August Bibliothek zählt, lichen Gründen nur nach einem selektiven bliothek ist für die Zeit bis 1800 beson- dem UNESCO-Register hinzugefügt wor- und kooperativen Konzept erfolgen. Dies ders gesegnet und darf neben der notwen- den. Diese internationale Wertschätzung ist hat damit zu tun, daß seit etwa 1850 bei der digen Bekämpfung des Säureproblems und ein Signal an das Land Niedersachsen und industriellen Papierherstellung im Papier- der Beteiligung an einer nationalen Erhal- seine einmalige Bibliothek in Wolfenbüt- produkt Substanzen von realem oder po- tungs- und Verfilmungskampagne die so tel, mit den Kräften nicht nachzulassen, tentiellem Säurecharakter zurückgeblieben wichtigen älteren Bestände nicht vernach- damit dieses unschätzbare kulturelle Er- sind, was zu einer Zersetzung des Papiers lässigen, die ja allesamt erhalten werden sol- be der Menschheit gepflegt und bewahrt von innen her führt. Bei den so gefährde- len. bleibt. Wir werden demnächst die breitere ten Büchern handelt es sich um schätzungs- In diesem Zusammenhang verweise ich Öffentlichkeit auf diese Eintragung unserer weise 60 Millionen Bücher. auch auf die höchst problematische Ten- Handschriften in das Memory of the World Wir begrüßen diese Unterscheidung denz, im Zuge der Diskussion über die aufmerksam machen. ausdrücklich. Gerade weil die Bestände Zuschreibung der Funktionen einer Natio- Ich könnte noch weitere erfreuliche der Herzog August Bibliothek etwa zur nalbibliothek neben der Deutschen Biblio- Glanzlichter der Bibliothek nennen und Hälfte aus der Zeit vor 1850 datieren und thek nur an die Bayerische Staatsbibliothek über die Wahrnehmung unserer Bestände weil diese die Einzigartigkeit unserer Bi- und die Staatsbibliothek Stiftung Preußi- sowie unserer Forschungsergebnisse durch bliothek ausmachen, will ich mich diesem scher Kulturbesitz zu denken.2 die internationale Wissenschaft berichten. Bestand vor allem widmen. [Ich sehe hier Doch aus gegebenem Anlaß will ich mich einmal von einigen Sonderbeständen und Welches also sind, bezogen auf diesen un- auf die Gefährdungslage konzentrieren. insbesondere den Malerbüchern ab.] Für seren Bestand, unsere Sorgen, worin liegen die Gefährdungen? Ich zähle sie zunächst Wappen des ungarischen Königs Matthias I. Corvinus (1458 –1490). Cod. Guelf. 43 Aug. 2° einfach auf:

2 Die Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deut- scher Drucke, der neben den genannten Bi- bliotheken in München und Berlin für das 17. Jahrhundert die Herzog August Biblio- thek und für das 18. Jahrhundert die Göttin- ger Bibliothek zugehören sowie für das frühe 19. Jahrhundert die Frankfurter Bibliothek, sollte bei einer Diskussion über eine zukünf- tige Deutsche Nationalbibliothek in der be- vorstehenden Legislaturperiode Berücksich- tigung finden. 4 5

– Klima und Klimawandel – Schäden durch unsachgemäße Benut- zung – Hochwasser – Schädlinge, wie z. B. Silberfische – Feuer, Rauch, Löschwasser

Was es heißen kann, wenn einmal ein Schaden entsteht, davon kann man sich in Weimar ein Bild machen. 50.000 Bü- cher aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind verbrannt. Von den 62.000 von Feuer und Löschwasser stark beschädigten Bü- chern sind nach derzeitigen Schätzungen ca. 40.000 restaurierbar. Für die Restau- rierung und Wiederherstellung ihrer Be- stände “rechnet die Herzogin Anna Amalia Bibliothek mit einem Zeitraum von zwei Jahrzehnten und Kosten in Höhe von 67 Millionen Euro”.3 Ich nenne diese Zahlen, um auf die Dimensionen möglicher Schä- digungen aufmerksam zu machen, von den ideellen Verlusten einmal ganz zu schwei- Fraßgänge von Insektenlarven haben dieses Buch schwer beschädigt. Foto: Dag-Ernst Petersen, Her- gen, die sich nicht beziffern lassen. zog August Bibliothek Nun also zu den Gefährdungen der Be- stände der Herzog August Bibliothek: Fraßgänge in einem Buchdeckel. Foto: Dag-Ernst Petersen, Herzog August Bibliothek – Klima und Klimawandel

Wärmere und feuchtere Sommer haben uns in den letzten Jahren bereits große Schwie- rigkeiten bereitet. Schwankende Klimabe- dingungen führen zu einer beschleunigten Alterung aller organischen Materialien am Buch: Papier, Pergament, Leder, Holz. Da der größte Teil unserer Magazine für den Altbestand nicht klimatisiert ist, sind die Bestände nicht mehr optimal unterge- bracht. Es bedarf einer Optimierung der Unterbringung, die nur durch ein neues Magazin erreicht werden kann. Wir brau- chen dieses Magazin dringend!

Ausbrüche im Papier (oder Pergament) mit Textverlust sind das Endstadium tintenfraßgeschädigter – Schäden durch unsachgemäße Benut- Handschriften. Foto: Restaurierwerkstatt der Herzog August Bibliothek zung

Eine Bibliothek ist kein Museum: Jahrhun- dertealte Bücher werden benutzt, in die Hand genommen, geblättert. Ein Problem sind auch die derzeit langen Transportwege zwischen Magazin und Lesesaal.

3 So die Pressemitteilung der Stiftung Wei- marer Klassik und Kunstsammlungen vom 23. August 2005. Bei dieser Kostenermitt- lung hatte auch Dag-Ernst Petersen, der Chefrestaurator der Herzog August Biblio- thek, mitgewirkt. 4 5

Häufig entstehen Schäden an Büchern durch unvorsichtige Handhabung: durch falsches Her- ausziehen des Buches aus dem Regal ist das geal- terte Überzugsmaterial (Pergament) am Rücken eingerisssen. Foto: Restaurierwerkstatt der Her- zog August Bibliothek

– Hochwassersicherheit Schwerer Schimmelbefall führte zum Abbau des Papiers. Foto: Dag-Ernst Petersen, Herzog August Die Bibliothek ist nicht hochwassersicher; Bibliothek sie ist in ehemaliges Sumpfgebiet gebaut worden. Im Kellergeschoß befinden sich feuchtwarme Umgebung liebenden Silber- vor allem noch wertvolle Geräte und Da- fischchen, die auch gerne Papiere verzeh- tenspeicher, nachdem wir den Altbestand ren. Das Schädlingsproblem ist in erhebli- ausgelagert haben, was uns allerdings nun chem Maße auch ein Klimaproblem! die letzten Aufstellungsflächen nimmt. – Feuer, Rauch, Löschwasser – Schädlinge Und dann ist da die vielfältige Gefährdung Auch wenn wir im Rahmen der personellen durch Feuer, Rauch, Löschwasser und Ver- Möglichkeiten Buchpflege betreiben, d. h. rußung. Wir haben keine Segmentierung Säuberung der Regale und der Buchaußen- der Aufstellung; eine Sprinkleranlage, wie seiten durch Staubsauger, so besteht doch sie in den Vereinigten Staaten üblich ist, ist ein erhebliches Schädlingsrisiko. Ich nen- in den jetzigen Magazinen nicht realisier- ne nur als ein Beispiel das Problem der bar; Einsatz von Gas bzw. blitzschnellem

Hygiene am Buch: Maßnahmen der Buchpflege wie das Säubern der Regale und Absaugen verstaub- ter Buchschnitte verhindern das Eindringen von Schmutz während der Benutzung und verhindern die Gefahr von mikrobiellem Befall. Foto: Restaurierwerkstatt der Herzog August Bibliothek “Zahn der Zeit”: Mäusefraß an Buchseiten. Fo- to: Restaurierwerkstatt der Herzog August Bi- bliothek

Sauerstoffentzug ist wegen der Fluchtwege für Personal und auch wegen der ungeeig- neten baulichen Situation nicht denkbar.

Welches sind nun die Maßnahmen, die wir ergriffen haben und die wir vorschlagen?

II. Bisherige Maßnahmen

Wir unternehmen große Anstrengungen bei vorbeugenden Maßnahmen. Dazu ge- hören u. a. der Einsatz von Buchstützen im Lesesaal sowie die Unterweisung der Benutzer. Nicht zuletzt setzen wir buch- schonende Aufnahmesysteme bei der Er- stellung von Sekundärformen wie Digita- lisaten und Mikrofilmen ein. Hervorzuhe- 6 7 ben ist die Entwicklung des Wolfenbütteler – Notfallplan Buchspiegels bis zur Marktreife.4 Nach dem Brand in Weimar haben Angeregt durch Erfahrungen in den USA wir unsere Risiken nochmals einer kriti- hatten wir bereits seit längerem einen Not- schen Prüfung unterzogen. Wir haben die fallplan. Den haben wir nochmals überar- Dachböden und andere Orte von Brandla- beitet. Ein Wasserrohrbruch im Kornspei- sten befreit. Dabei haben wir uns von man- cher im letzten Herbst hatte uns zudem chem getrennt, was wir gerne aufgehoben gezeigt, daß hier noch manches verbesse- hätten. Und manches heben wir jetzt schon rungswürdig ist. Dieser Schaden hat aber nicht mehr auf, weil wir uns das einfach auch gezeigt, wie ungenügend die Unter- nicht mehr leisten können, auch wenn der bringung ist. Wenn ich die 2 Wasserschä- eine oder der andere vielleicht in fünfzig den, die ich in 12 Jahren meines Direkto- oder hundert Jahren auch in unserer Bi- rats erlebt habe, auf die etwa 430 Jahre des bliothek noch eine Zeitung von heute oder Bestehens dieser Bibliothek hochrechne, ein Magazin in Papierform würde durch- wären nach über 70 Wasserschäden wohl blättern wollen. Wir haben hierfür kei- kaum mehr unversehrte Bücher vorhan- nen Platz. Es ist dies eine Verlustgeschich- den. Alle Wasserschäden wurden frühzeitig te, die jetzt schon stattfindet. – Schwerer durch Hausmeister entdeckt, und ich wa- aber wiegt, daß wir uns angebotene kostba- ge mir nicht auszumalen, was wäre, wenn Halbbezogener Holzdeckelband aus der 1. Hälf- te des 16. Jahrhunderts mit schweren Einband- re Altbestände, die hier in der Herzog Au- wir auch hier weiter unser Personal einspa- schäden: Holzdeckel vorne abgebrochen und gust Bibliothek ihren angemessenen Platz ren müßten! Ein kleiner Trost für mich ist durch Wurmfraß geschädigt; Lederüberzug im finden würden, ablehnen müssen, weil wir der Umstand, daß neuerdings in Wolfen- Gelenk gebrochen und am Rücken stark abge- keinen Platz haben. Einen Teil unserer Be- büttel eine neue Wassermischung angebo- baut bzw. z. T. fehlend. Foto: Restaurierwerkstatt stände haben wir bereits außerhalb in ange- ten wird, die nicht wie das bisherige Was- der Herzog August Bibliothek mieteten Räumen unterbringen müssen. ser den notorischen Lochfraß in den Rohr- leitungen verursachen wird. – Zugangswege der Häuser. Hier besteht ebenfalls Hand- – Elektrische Anlagen lungsbedarf. Wir haben die für eine rasche Brandbe- kämpfung notwendigen Zugangswege Die elektrischen Anlagen haben wir ei- – Brandunterdrückung bzw. -bekämp- neuerlich überprüft, zum Teil frei ge- ner nochmaligen Überprüfung unterzo- fung macht. gen. Hier besteht weiterhin Optimierungs- bedarf. Die Gespräche mit den Vertretern Zur Brandunterdrückung und -bekämp- – Alarmanlage des Staatlichen Baumanagments sind noch fung, zur Ausweisung von Fluchtwegen nicht abgeschlossen. haben wir in den letzten Jahren und be- Zwar verfügen drei unserer Häuser über ei- sonders in den letzten Monaten weitere ne Brandmelde- und Einbruchsicherungs- – Luftkanäle/Brandschutzabschnitte Maßnahmen ergriffen. – Es bleibt aber das anlage; andere Häuser verfügen nur über Hauptrisiko Feuer und Wasser, einschließ- Einbruchsicherungsanlagen. [Ich will das Besondere Sorgen bereiten uns die Ver- lich Löschwasser. hier nicht detailliert spezifizieren!] bindungswege mit Leitungen innerhalb Ein Feuer in einer der höher gelegenen Etagen der Augusta würde eine unmittelba- re Gefährdung von Abertausenden von Bü- chern und Handschriften zur Folge haben. Während der Restaurierung: die beschädigten Hanfbünde werden verstärkt bzw. ergänzt. Foto: Re- Die europäische Kultur, insbesondere die staurierwerkstatt der Herzog August Bibliothek deutsche schriftliche Überlieferung, wür- de damit wieder zu einem unwiederbring- lichen Teil ausgelöscht!

Diese Sorge wollte ich heute bekunden, und ich bitte Sie, diese Sorge mit mir zu teilen. Ich appelliere an Sie, alles dazu zu tun, daß wir bald zu einer Reduzierung der Gefährdungen kommen. Das Staatliche Baumanagement Braunschweig, das uns ebenso wie die Abteilung Zivilschutz, Ret-

4 Siehe hierzu den Beitrag von omas Stäk- ker: Schonendes Verfahren zur Reproduk- tion alter Drucke – der “Wolfenbütteler Buchspiegel”, in: Wolfenbütteler Biblio- theks-Informationen, Jahrgang 28/29 (Ju- li 2003 – Dezember 2004), Nr. 3 – 4 /1– 4, S. 48 – 49. 6 7

erstellt. Leitlinien unserer Überlegungen se Stiftung, die ganz im Sinne des erklärten neben der Verbesserung unserer Arbeitsab- Ziels aller Fachleute tätig ist, weiter gestärkt läufe und der Aufgabenkonzentration ange- wird. Helfen Sie der Anneliese Speith-Stif- sichts schrumpfenden Personals waren stets tung durch Zustiftungen und Spenden. die Verbesserung der Sicherheit des Altbe- standes in den jetzt überfüllten Magazinen und die Schonung der Bestände in der all- IV. Die Herzog August Bibliothek im täglichen Nutzung. Die Herzog August Bi- Kontext bliothek benötigt dringend das vor Jahren geplante Servicegebäude zur besseren Be- Die Herzog August Bibliothek hat die Jahr- reitstellung des Altbestandes für die Nutzer. hunderte überdauert. Sie gehört heute zu Dieses Servicegebäude soll vor allem den den wenigen unversehrt erhaltenen Bi- integrierten zentralen “Rare Book”- und bliotheken und ist ein Zentrum zur Er- Handschriften-Lesesaal sowie die Digitali- forschung des Mittelalters und der Frühen sierungs- und Fotowerkstatt beherbergen. Neuzeit geworden. Gerade in den heutigen Zugleich sollen dort die Restaurierstätten Zeiten der fortschreitenden europäischen zusammengeführt werden. Zugleich benö- Integration und der drängenden Fragen tigen wir neue Magazinmöglichkeiten, und nach den Besonderheiten der europäischen zwar aus den genannten Gründen mit ho- Traditionen dürfte ihre Funktion als euro- her Dringlichkeit. Ein neues Magazin be- päisches Gedächtnis eine noch größere Rol- Nach der Restaurierung: Lederüberzug am Rük- deutet Brandsicherheit, Wasserschutz und le spielen. ken sowie Holzdeckel vorne ergänzt, fehlendes Teil der Messingschließe rekonstruiert. Foto: Re- Klimastabilität. Trotz ihrer Einzigartigkeit versteht sie staurierwerkstatt der Herzog August Bibliothek sich im Kontext der gesamten schriftlichen Ich komme zur Finanzierung. Es war von Überlieferung, und daher setzt sie sich den notwendigen 67 Millionen Euro für nachdrücklich für eine Zustandserhebung Weimar die Rede, und größere Zahlen wer- an niedersächsischen wissenschaftlichen Bi- den für die Erhaltung alter Buchbestände bliotheken ein. Denn für eine kurz-, mittel- genannt. Die ermittelten Kosten für das und auch langfristige Planung von Maß- Servicegebäude und die geschätzten Ko- nahmen der Bestandserhaltung werden be- sten für das neue Magazin darf man getrost lastbare Zahlen und statistisch auswertbare zu den Zahlen von Weimar in Beziehung Angaben benötigt. Eine Arbeitsgruppe für setzen. Auch hier gilt: Vorsorge ist weitaus Konservierungs- und Restaurierungsfragen kostengünstiger als Schadensbehebung! des Niedersächsischen Beirats für Biblio- Die VolkswagenStiftung hat vor gut ei- theksangelegenheiten, an der die Herzog nem Jahr 210.000 Euro für die konzep- August Bibliothek mit ihren Restauratoren tionelle Vorbereitung für den Erhalt alter maßgeblich beteiligt ist, möchte mit Unter- Buchbestände zur Verfügung gestellt und stützung des Niedersächsischen Ministeri- Während der Restaurierung: Stäbchenergän- jetzt erneut darauf hingewiesen, daß, so ihr ums für Wissenschaft und Kultur diese Pla- zungstechnik mit überplattetem Buchenholz- Generalsekretär Dr. Wilhelm Krull, “die nungsgrundlage schaffen. furnier an der Ecke eines Holzdeckels. Foto: Re- Mittel der öffentlichen Hand nicht ausrei- Die Bibliothek, ich sagte es, hat in der staurierwerkstatt der Herzog August Bibliothek chen können”. “Hier ist die Bürgergesell- Vergangenheit Glück gehabt. Doch auf schaft gefordert, sich auch finanziell für die das Glück ist bekanntlich nicht unbedingt Bewahrung ihres kulturellen Erbes einzu- Verlaß. Angesichts der durch die moderne setzen,” betont Dr. Krull. Dies hat die Her- Technik und durch den Klimawandel ein- tungs- und Feuerwehrwesen beim Land- zog August Bibliothek lange vor dem Ereig- getretenen zusätzlichen Gefährdungen ist kreis Wolfenbüttel beraten hat, ist infor- nis von Weimar erkannt und gewußt. Am es dringend geboten, die Nutzungsmög- miert,5 und gemeinsam werden wir an der 23. August 2002 konnte die Gesellschaft lichkeiten und die Aufbewahrung der Bi- Reduzierung der Gefährdungen arbeiten. der Freunde der Herzog August Biblio- bliotheksbestände den Gefährdungspoten- Ich will daher auf die einzelnen Maßnah- thek die Errichtung der Anneliese Speith- tialen entsprechend zu verbessern. Die Her- men hier nicht weiter eingehen. Stiftung für Bucherhaltung bekanntgeben. zog August Bibliothek hat in den letzten Soweit zu den eingeleiteten Maßnah- Mit einem Anfangsvermögen von 250.000 Jahren in Zusammenarbeit mit den für sie men. – Aber die wichtigste und dringlichste Euro fördert diese Stiftung “insbesonde- in der Politik Verantwortlichen Pläne ent- Maßnahme ist der Um- und Ausbau der Bi- re … den Erhalt der kostbaren Buch- und wickelt, die zur Sicherung ihrer Zukunft bliothek, das Servicegebäude und das Ma- Handschriftenbestände”. beitragen können. Sie darf keine Schön- gazin. Ich danke an dieser Stelle noch einmal wetterbibliothek sein, sondern sie muß im für diese großherzige Stiftung und danke eigenen Interesse und aus Verantwortung auch der Credit Suisse und dem Schatzmei- gegenüber der Nachwelt gesichert werden. III. Notwendigkeiten, Perspektiven und ster, Herrn Riecher, daß sie bisher so gut Ich appelliere an alle Verantwortlichen, Fragen der Finanzierung gewirtschaftet hat. Immerhin hat die Stif- diese Mahnung anzunehmen und mög- tung zur Erhaltung und Restaurierung ei- lichst bald das Notwendige zu veranlassen. In den letzten Jahren hat die Bibliothek ei- nes Teils unserer Topographischen Samm- ne eingehende Bauplanung für die Erwei- lung beigetragen. Aber das kann nur ein terung des gesamten Bibliotheksquartiers Anfang sein, und ich wünsche mir, daß die- 5 Schreiben vom 14.6.2005, Az. 05.2320/3. 8 9

Divina Officia. Liturgie und Frömmigkeit im Mittelalter

Ausstellungseröffnung am 28. November 2004 Begrüßung

Helwig Schmidt-Glintzer

Mit Musik zu beginnen ist gewiß eine treff- Wenn es um Kirche geht, geht es immer liar Bischof Bernwards aus Hildesheim liche Art, eine Ausstellung zur Liturgie des auch um Ordnung. Um rituelle Ordnung und das Wolfenbütteler Evangeliar Hein- Mittelalters zu eröffnen, und das zu Beginn und um Ordnung der Lehre. Und beides richs des Löwen. Gerade wegen ihrer litur- des Kirchenjahres, am 1. Advent. Ich dan- hängt aufs engste zusammen. Darum geht gischen Funktionen sind die Kommenta- ke dem Ensemble VOX Nostra, Berlin, für es in unserem Ausstellungsprojekt “Di- re zu den einzelnen ausgestellten Werken den Gesang. vina Officia”, das wir heute präsentieren. sehr viel ausführlicher ausgefallen als dies Ich begrüße Sie alle ganz herzlich, nament- Es geht um die Meßfeier, aber auch um bei Ausstellungen von Handschriften sonst lich und ganz besonders den Weihbischof das Studium der Texte. Und es geht um oft üblich ist. Den Texten sind Details wie von Hildesheim, Hans-Georg Koitz. Ich den Kalender. Wie aktuell das ist, zeigt Ämterhierarchie und Amtseinsetzungspro- begrüße unseren Festredner, Professor Pa- die Feiertagsdiskussion. Da gibt es welche, zeduren ebenso zu entnehmen wie speziel- ter Angelus A. Häußling aus dem Kloster die ständig das christliche Abendland im le Anweisungen zu Gebet und Frömmig- Maria Laach. Munde führen, aber dann nicht nur für keitspraxis und die Angabe von Amtsin- Ich begrüße für die Förderer des Ausstel- “verkaufsoffene Sonntage” plädieren, son- signien. Da der liturgische Vollzug nicht lungsprojektes den Generalsekretär der dern die Abschaffung des Bußtages hin- ohne Gerät wie Kreuz, Tragalter, Oblaten- Stiftung Niedersachsen, Herrn Dr. Domi- nehmen und Feste wie das Pfingstfest ver- schale und Kelch auskommt, sind auch die- nik von König. kürzen wollen. se vertreten, unter anderem mit dem Hil- Mit der Ausstellung “Divina Officia” desheimer Bernwardkreuz und zeitgenössi- thematisieren wir den Kern europäischer schen Arbeiten von Gerd Winner. Religions- und Frömmigkeitsgeschichte im Die in einzelne thematische Gruppen Kontext kirchlicher Regelungen wie er sich gegliederte Ausstellung repräsentiert nicht in den liturgischen Handschriften und Ge- nur das Ritual, sondern neben Aspekten der räten des Mittelalters spiegelt. Dabei stellen Frömmigkeit und der Spiritualität auch das wir die einzelnen Exponate geistig wieder Wechselspiel von Amt und Ritus sowie von in ihren ursprünglichen Wirkungszusam- Kirche und Priesteramt. Die liturgische Li- menhang. Natürlich wird keine wirksame teratur wird in ihrer Vielfalt und die Gottes- Liturgie vollzogen, aber die reichen Hand- dienstpraxis in all ihren Facetten deutlich, schriftenbestände der Herzog August Bi- einschließlich der Musik und der theore- bliothek ermöglichen es doch, zusammen tischen Begründung musikalischer Gestal- mit einigen Leihgaben, anhand von reprä- tung des Gottesdienstes. Die Ausstellung sentativen Beispielen die Zusammenhänge will nicht nur den Reichtum der Vergan- der Geschichte der christlichen Liturgie zu genheit präsentieren, sondern auch zur ak- rekonstruieren. Es wird gezeigt, welchen tuellen Debatte über Spiritualität und Ord- Stellenwert der Gottesdienst in den christ- nung beitragen. Die Aktualität der Ausstel- lichen Gesellschaften Europas und seiner lung wird schon allein daran deutlich, daß Nachbarregionen im Mittelalter hatte, und der Vatikan im April dieses Jahres die Nor- Einheit und Vielfalt der einzelnen europä- men für die katholische Meßfeier in einem ischen Regionen werden unter dem Ge- Regelwerk Redemptionis sacramentum fest- sichtspunkt kirchlicher Riten und liturgi- geschrieben hat, verbunden mit einer Er- scher Vorschriften deutlich. mahnung an die Priester der Weltkirche, Der Bogen spannt sich von der Früh- sich genau an die vorgeschriebene Litur- geschichte der liturgischen Formen, un- gie zu halten, während von seiten einiger ter Einbeziehung unterschiedlicher ter- Laienbewegungen diese Instruktionen kri- ritorialer und regionaler Entwicklungen, tisiert werden. bis in das Spätmittelalter. In das Zentrum Auch an die Diskussionen über die der einzelnen Ausstellungsthemen werden christliche Gebetsrichtung ist zu erinnern, in der Regel Handschriften gestellt, die zu um die Rolle des Altars und die Blickrich- den ältesten und wertvollsten Schätzen un- tung des Priesters. Dabei geht es auch um serer Bibliothek zählen. Die einzelnen Ci- die Frage der “Ursprünglichkeit”. Und die melien werden im Lichte der Ergebnis- Position der Katholischen Kirche ist da ein- se der Liturgieforschung dargestellt und deutig, wenn etwa Joseph Kardinal Ratzin- Handschrift mit mehrstimmiger Musik (Orga- kehren so gewissermaßen aus ihrer Muse- ger sagt: “Zu wissen, wie Gregor der Große na, Conductus und Motetten). Notre-Dame- alisierung zurück in einen virtuellen Ge- es gehalten hat, ist wertvoll, aber kein zwin- Handschrift W2 (Cod. Guelf. 1099 Helmst.) brauch. Dies gilt auch für das Evange- gender Grund, daß es heute wieder so sein 8 9

Zweifel zieht, untergräbt das Fundament unserer Kultur und unseres Gemeinwe- sens. Leider sitzen inzwischen Vertreter solcher Positionen auch in einigen kom- munalen und Landesparlamenten. Es geht uns, meine Damen und Her- ren, auch um das Hervorholen alter Perga- mente um ihrer selbst willen. Die Objek- te der Ausstellung sollen für sich sprechen. Uns ist aber auch klar, und das wollte ich besonders hervorheben, daß dieses Ausstel- lungsprojekt etwas mit unserer gegenwärti- gen Lage zu tun hat. Vielen ist zu danken bei der Eröffnung einer solch anspruchsvollen Ausstellung. Vor allem danke ich Patrizia Carmassi. Sie hat die Ausstellung konzipiert und dabei auch die Früchte geerntet, die ein zwölf- monatiges Stipendium des Landes Nieder- sachsen hier in Wolfenbüttel hat reifen las- sen, als sie sich mit Lektionarien aus Gallien und Oberitalien aus dem 6. bis 8. Jahrhun- dert beschäftigte. Sie hat die Beiträge der Autoren eingeworben und das Projekt bis zur Vollendung betreut. Ich danke den Au- torinnen und Autoren für ihre Beiträge zum Katalog, mit denen sie einen wichtigen Beitrag zur Vergegenwärtigung der zentra- len religiösen und kirchlichen europäischen Graduale, Ende des 15. Jahrhunderts. Cod. Guelf. 16 Helmst. Traditionen und damit auch zur gegenwär- tigen Debatte über Ordnung und Ritus lei- müsse.” Ein Protestant wird da notwendi- gen. Dies scheint heute in besonderer Wei- sten. Ohne die Expertise und den hohen gerweise anders formulieren müssen, aber se geboten, wird es für die Aufrechterhal- wissenschaftlichen Rang der Beiträge hät- im Kern wird er auch der Haltung zustim- tung des Friedens in der Welt doch dar- te das Ausstellungsprojekt nicht ins Werk men können. Man kann es auch in der po- auf ankommen, daß wir die eigenen Ri- gesetzt werden können. Ferner ist es der lemischen Schärfe eines Max urian (von ten und Frömmigkeitstraditionen ebenso Großzügigkeit der Leihgeber zu verdanken, 1996) formulieren, der neben dem Wort- respektieren lernen wie wir die Frömmig- daß manche Teile des Ausstellungsprojek- gottesdienst die kontemplative Orientie- keitstraditionen unserer Mitbürger respek- tes gelingen konnten. Ich danke daher dem rung der Eucharistiefeier einfordert (ich zi- tieren sollten. Viel Haß entsteht aus Über- Dom-Museum Hildesheim und Herrn Dr. tiere aus der deutschen Übersetzung von heblichkeit und Mißachtung. Und ganz ge- Michael Brandt, dem Niedersächsischen Uwe Michael Lang ): “[…] Das ständige ge- wiß ist ein Grund dafür der nichterfüllbare Staatsarchiv Wolfenbüttel, dem Stadtmu- genüber von Liturgen und Gläubigen be- Anspruch, auch das einem selbst Fremde seum im Knochenhauer-Amtshaus, Hil- wirkt, daß sich die Gemeinde in sich selbst verstehen zu können. Gerade in der Fröm- desheim, sowie Gerd und Martina Winner, verschließt. Eine gesunde Feier hingegen, migkeitspraxis der Religionen finden wir Liebenburg, für die Bereitstellung wertvoll- welche die Vorrangstellung des Altars, die wechselseitig unzugängliche Formen, und ster Handschriften und Kunstwerke. Der taktvolle Zurückhaltung im Dienst der Li- nicht jede Fremdheit ist aufhebbar, was ja Stiftung Niedersachsen danke ich für die turgen, die Orientierung aller auf den Herrn auch zwischen einzelnen Menschen immer Unterstützung des Begleitprogramms. Oh- hin und die Anbetung seiner Gegenwart, wieder der Fall ist. Die Fremde muß auch ne die Fertigkeiten der Restaurierwerkstatt zeichenhaft in den Symbolen und verwirk- als solche Anerkennung finden. Diese Po- und der Fotowerkstatt der Herzog August licht im Sakrament, berücksichtigt, verleiht sition redet nun aber nicht der Beliebigkeit Bibliothek hätte die Ausstellung nicht ein- der Liturgie jenen kontemplativen Atem, das Wort, im Gegenteil verbindet sich die gerichtet werden können. Ich danke daher ohne den sie Gefahr läuft, zu ermüden- Anerkennung der Andersartigkeit des An- Heinrich Grau und Heike Wenzel. Beson- dem religiösem Geschwätz und in die Lee- deren ganz bewußt mit dem unhintergeh- ders dankbar bin für den Katalog, der nur re laufendem Gemeinschaftsaktivismus zu baren Anspruch auf Geltung der Grund- dank des bewährten und selbstlosen Einsat- werden, zu einer Art von Salbaderei.” (Uwe rechtspositionen wie sie unmißverständ- zes von Herrn Oswald Schönberg und dank Michael Lang, Conversi ad dominum. Zur lich im Grundgesetz der Bundesrepublik der Professionalität der Druckerei braun- Geschichte und eologie der christlichen Deutschland niedergelegt sind. Der Ein- schweig-druck GmbH rechtzeitig hat fer- Gebetsrichtung, Freiburg 2003). gangssatz dort redet von der Unantastbar- tig werden können. Die Herstellungsko- Solche und weitere Gedanken zum Sinn keit der Würde des Menschen und meint sten hat ausschließlich die Alfried Krupp von Ordnungen, auch zur Macht der Ord- damit jeden Angehörigen unserer Gattung. von Bohlen und Halbach-Stiftung getra- nung, von Riten und Regeln werden uns Und jeder, der bei Anerkennung aller Un- gen, und ich bin der Stiftung und Herrn in den nächsten sieben Monaten wäh- terschiedlichkeit der Menschen diese prin- Professor Dr. Dr. h. c. mult. Berthold Beitz rend der Dauer der Ausstellung beschäfti- zipielle Ebenbürtigkeit aller Menschen in persönlich dafür überaus dankbar. 10 11

Divina Officia. Liturgie und Frömmigkeit im Mittelalter Patrizia Carmassi

Quid celebrando piis signet carissima Christi Sponsa sacramentis et studiis variis HRABANUS MAURUS, De institutione clericorum, Proemium

“Scapegoating worked in practice while it still had religious power behind it. You loaded the sins of the city on to the goat’s back and drove it out, and the city was cleansed. It worked, because everyone knew how to read the ritual, including the Gods. en the Gods died, and all of a sud- den you had to cleanse the city without di- vine help. Real action were demanded in- stead of symbolism”.1 Der südafrikanische Schriftsteller und Nobelpreisträger J. M. Coetzee erklärt in diesem Zitat die Bedeutung des Rituals in einer religiösen Gesellschaft. Es geht um ei- ne funktionierende Kommunikation zwi- schen Gott und den Menschen und inner- halb der Gesellschaft selbst durch die sym- bolische Sprache des Ritus. Unabdingbare Voraussetzung dafür ist, daß alle (Gott in- klusive) die symbolische Bedeutung der Ri- ten interpretieren können. Die Frage, die Coetzee interessiert, ist eigentlich: Wel- che Instrumente hat eine Gesellschaft oh- ne Gott zur Verfügung, die – um in den Bil- dern des Romans zu bleiben – vom Sym- bol zur realen Handlung, vom Sündenbock zur Zensur übergegangen ist? Die evozier- ten konstitutiven Elemente des Rituals blei- ben allerdings auch für die mittelalterliche Liturgie zutreffend. Ein weiterer zeitgenössischer Schriftstel- ler, Cees Nooteboom, bedient sich in sei- nem Roman, der den bezeichnenden Titel Rituale trägt, der christlichen Liturgie als einer Metapher für das kulturelle Erbe des Westens. Die Liturgie wird eine Gelegen- Johannes Chrysostomos, Auswahl aus den Homilien zum Matthäus-Evangelium, 2. Hälfte des heit, um sich mit dieser Tradition auseinan- 6. Jahrhunderts (Cod. Guelf. 75a Helmst.) derzusetzen, so wie das Teeritual im selben würdigen Zweisamkeit – der eine sechzehn, te, einen Kosmos voller Leere und Angst und Roman das Symbol einer östlichen Lebens- der andere hoch in den Achtzigern – schließ- Strafe um sich herum schuf, für diejenigen, die form und Philosophie wird. Auch bei No- lich doch mit geheimnisumwitterten, altertüm- an ihn glaubten. Was sie da trieben, Pater Ro- teboom stellt “der Tod” des Ritus das En- lichen Ritualen beschäftigt, die ihm, Inni, das mualdus und er, das hatte mit dem Minotaurus de des Glaubens an Gott in der westlichen Gefühl vermittelten, tief in die Zeit zurückzu- zu tun, mit Götteropfern und Rätseln, mit Sy- modernen Gesellschaft dar (das, was Coet- versinken, nicht mehr in diesem elenden, neu- billen, mit Schicksal und Verhängnis. Es war ein zee “religious power” nannte). Dies wird gotischen Hinterhofviertel gefangenzusitzen, ganz kleiner Stierkampf für zwei Herren, wobei anhand einer der bedeutungsreichsten und sondern in der Landschaft des alten Griechen- der Stier zwar fehlte, jedoch aus einer Wunde beeindruckendsten Riten inszeniert: der lands, in der Welt Homers angelangt zu sein, blutete, die leergetrunken wurde, ein Geheim- Eucharistiefeier. Es geht um die Hauptfi- ... oder bei den Tieropfern, die die Juden dem nis, begleitet von leisem lateinischem Geflü- gur, Inni, und seine Erfahrung als junger Gott mit der schrecklichen Stimme darbrachten, ster. Einmal aber, und dann für alle Zeit, ver- dem Gott, der hoch droben über den brennen- Meßdiener: den Wüsteneien thronte, dem Gott der Rache, – “Es war auch die Vorstellung von der Opferga- dem aus dem brennenden Dornbusch und dem 1 J. M. Coetzee, Disgrace (1999), Vintage Edi- be, von der Opferung. Sie waren in ihrer merk- von Lots Weib – einem Gott, der, wie Inni dach- tion, S. 91. 10 11

der Priester in der göttlichen Liturgie des Hl. Johannes Chrisostomos nach dem Tro- parion spricht, wenn er zur Kommunion schreitet: “Wenn du, Mensch, das göttlich wirkende Blut siehst, erschauere; denn es ist stark wirkend, und verbrennt die Unwür- digen; der Leib Gottes vergottet mich und ernährt mich, er vergottet meinen Geist und ernährt meinen Verstand in unerhör- ter Weise”.4 Oder die sakramentale und es- chatologische Vision der syrischen Kirche von Kenneschrin (= Chalcis) in einer Ho- milie zur Kirchweihe aus dem 5. Jahrhun- dert: “Sein Altar ist bereit und er hält sein Mahl mit uns; seine Herrlichkeit ist für die Menschen hingegeben und sie legen sich zu Tische; wir speisen mit ihm an unserem Ti- sche; einst wird er mit uns an dem seini- gen speisen. Angebetet sei seine Herrlich- keit und Majestät! Hier gibt er uns seinen Leib und dort seinen Lohn. Auf Erden steht der Altar, welcher seinen Leib trägt, und im Himmelreich verleiht er ewiges Leben und Glorie.”5 Unter den Exponaten – es sei daran erinnert! – gibt es auch eine Aus- wahl aus den Homilien des Johannes Chri- sostomos in einem Codex des 6. Jahrhun- derts (wahrscheinlich aus Konstantinopel) sowie ein syrisches Evangeliar ebenfalls des 6. Jahrhunderts mit einer Liste der liturgi- schen Lesungen aus dem 7. Jahrhundert.6 Auch die Einheit der Universalkirche bekommt ihr Siegel in der gemeinsamen liturgischen Feier durch die versammel- ten Patriarchen von Rom, Konstantinopel, Alexandrien und Antiochien. So wird die Syrisches Tetraevangelium mit Perikopenlisten und kreuzförmigen Kolophon, 2. Hälfte des 6. Jahr- Eröffnung des Konzils von Konstantino- hunderts (Cod. Guelf. 3.1.300 Aug. 2°) pel im Jahr 553 durch den Hagiographen des damaligen Patriarchen Konstantinopels ging die Zauberei in nichts. Der Kelch wurde bolismus zur nüchternen Realität (die “real wie folgt beschrieben: “Einig wie ein Kör- emporgehoben, dorthin, wo über der Kloster- actions” von Coetzee). per, der aus vier Elementen besteht, alle ein- kirche die Sonne schon bald ihre Bahn antre- Die Beispiele dieser kulturellen und stimmig, die Hände haltend, ... und damit ten würde, als der alte Mann plötzlich erbebte. künstlerischen Konfrontation mit den Ele- eine große goldene Kette bildend, traten Den Schrei, der da ertönte, sollte Inni nie ver- menten und dem Sinn der überlieferten gessen, nie. Die emporgehobenen Hände lösten sich vom Kelch, der Wein, das Blut strömte über christlichen Liturgie könnten mit weiteren das Meßgewand, über das Altarkleid, das die ver- Zeugnissen aus Dichtung, Malerei, Photo- 2 Cees Nooteboom, Rituale, Amsterdam 1980, krampften Hände des Mönchs mit einem Ruck graphie etc. fortgesetzt werden. Dies zeigt deutschsprachige Ausgabe Frankfurt a. M.: vom Altar zerrten, Kerzen, Hostie und Patene nur einen Aspekt der fortdauernden Aktua- Suhrkamp 1993, S. 62 – 64. mit sich reißend. Ein Schrei wie von einem gro- lität des emas, der u. a. in einigen Expo- 3 Vgl. Divina Officia. Liturgie und Frömmig- ßen, zu Tode getroffenen Tier, schmetterte ge- naten der Ausstellung ein Echo findet, die gen die steinernen Mauern. Der Mann finger- keit im Mittelalter. Konzeption von Ausstel- ein zeitgenössischer Künstler für den heuti- lung und Katalog: Patrizia Carmassi, Wies- te an seinem Meßgewand, als wolle er es aus- gen liturgischen Gebrauch entworfen hat.3 einanderreißen, und dann brach er, – langsam, baden: Harrassowitz in Kommision (Ausstel- Wenn wir nun die Perspektive wechseln noch immer schreiend, – zusammen. Sein Kopf lungkataloge der Herzog August Bibliothek schlug auf den Kelch, und Blut quoll aus ihm und einige Stimmen hören, wie die Chri- Nr. 83), Kat.-Nr. 98 – 99. hervor. Als er schon tot war, blutete er noch im- sten schon in den ersten Jahrhunderten die 4 Fairy von Lilienfeld (Hrsg.), Die göttliche Li- mer. Rot vermischte sich mit Rot auf den In- liturgische Feier wahrgenommen und sie turgie des Hl. Johannes Chrisostomus. 2. Aufl., seln glänzender Seide zwischen dem Goldbro- beschrieben haben, können wir darin er- Erlangen (Oikonomia 2), S. 157. kat. Es war nicht mehr zu erkennen, was wel- kennen, daß das Wesentliche an der ritu- 5 Ausgewählte Schriften der syrischen Dichter Cyrillonas, Baläus, Isaak von Antiochien und ches war: der Wein war zu Blut, das Blut war zu ellen Handlung in der Anteilnahme des Wein geworden“.2 Jakob von Sarug, übersetzt von Simon Lan- Menschen am göttlichen Leben, an sei- dersdorfer, Kempten und München 1913 Auch hier stehen wir für Noteboom vor ner heilenden und erleuchtenden Gna- (Bibliothek der Kirchenväter 6), S. 13. dem tragischen, wenngleich zum Teil iro- de besteht, individuell und gemeinschaft- 6 Vgl. Divina Officia (s. Anm. 4), Kat.-Nr. 11, nisch geschilderten, Übergang vom Sym- lich. Wir können z. B. die Verse lesen, die 2. 12 13 sie in den Tempel Gottes hinein, die hei- ligste große Kirche, und vollendeten dort die göttliche Liturgie und das unblutige Opfer”.7 Leitourg…a ist das Wort, das an dieser Stelle vorkommt. Der Name Liturgie aber, der heute für den christlichen Gottesdienst benutzt wird, wurde nicht im westlichen Mittelalter gebraucht. Erst mit der Früh- neuzeit setzte sich der Begriff im westlichen Sprachgebrauch durch. Der Gottesdienst wurde im lateinischen Mittelalter mit den Ausdrücken divina officia (Gott geschulde- te Dienste), ecclesiastica officia, opus dei, mi- steryum oder eben ritus bezeichnet.8 Die reichen Handschriften-Bestände der Herzog August Bibliothek zeigen, hier anhand von repräsentativen Beispielen do- kumentiert, welchen Stellenwert der Got- tesdienst in der christlichen Gesellschaft des Mittelalters innehatte. Nahezu alle Be- reiche des menschlichen Lebens wurden im Mittelalter in die christliche Liturgie inte- griert, von Geburt und Eheschließung bis zu Krankheit und Tod. Außerdem prägten Gebet, Kirchen- und Heiligenfeste die Zeit im Tages- und Jahresablauf. Die Liturgie ist Ausdruck des Glaubens der Kirche, für die Christen Ort der Offenbarung Gottes und der Begegnung mit Seiner heilbringenden Gnade in den Zeichen des Ritus. Viele der Formen der lateinischen Liturgie entstan- den in der Spätantike, wurden schriftlich fixiert und überschritten im Mittelalter räumliche, zeitliche und kulturelle Gren- zen. Das geschah nicht ohne Umstellun- gen, Bearbeitungen und Erweiterungen. Denn die Liturgie wurde auch vom Wan- del der materiellen, gesellschaftlichen und geistig-mentalen Lebensbedingungen mit- erfaßt und umgestaltet. Die Bemühungen um das Wohl im Diesseits, das Heil der See- Die Lehre über die Eucharistie war schon im 9. Jahrhundert ein diskutiertes ema geworden. Die le im Jenseits, neu aufkommende religiöse Abbildung zeigt die sogenannte Messe des Heiligen Gregor (aus Cod. Guelf. 54.11 Aug. 8°, fol. 73r): In der Miniatur wird ein eucharistisches Wunder dargestellt, das die Identität des eucharistischen Wei- Bedürfnisse, Veränderungen im Verständnis nes mit dem Blut Christi offenbaren sollte. Dementsprechend fließt das Blut Christi in der Vision des der liturgischen Ämter und anderes führten Papstes direkt von der Seitenwunde des Gekreuzigten in den Altarkelch. Im Hintergrund sind noch innerhalb dieses Wandlungsprozesses dazu, das Kreuz und die Marterwerkzeuge zu erkennen. Die Vision ereignete sich der Darstellung nach wäh- daß in der Liturgie bestimmte Traditio- rend der Meßfeier. Gregor der Große kniet vor dem Altar. Neben ihm sind zwei Kleriker, die Kerzen nen verschüttet oder nahezu wirkungslos halten. Auf dem Altar befinden sich die Hostie (mit einer Darstellung des Gekreuzigten), der Kelch, wurden, andere verstärkt oder erst entwik- die Patene, die Mitra des Papstes, das Sakramentar und eine Holztafel, ebenfalls mit dem Kreuz. kelt wurden, daß aber auch außerchristli- che Vorstellungen und damit verbundene ten in der Gesellschaft verstärkte Aufmerk- Handlungsweisen in die überkommene Li- samkeit geschenkt.9 7 Eustratius presbyter, Vita Euthychii pa- turgie eindrangen. Die so entstandene mit- Als Beispiel dieser Komplexität kann triarchae Constantinopolitani, ed. C. La- telalterliche Liturgie ist keineswegs einheit- hier wieder die Eucharistiefeier genannt ga = CC Series Graeca 25, Turnhout 1992, lich. Dementsprechend finden sich in der werden. An ihr lassen sich besonders im S. 28 – 29. Zitiert in Enrico Morini, Ro- Forschung neben theologischen, kirchen- Hoch- und Spätmittelalter verschiedene ma nella pentarchia, in Roma tra Oriente e historischen oder religionsgeschichtlichen Phänomene verfolgen, wie die theologische Occidente, Spoleto 2002 (Settimane di stu- dio del centro italiano di studi sull’alto me- Ansätzen auch Analysen vieler Aspekte der Auseinandersetzung über die Realpräsenz, dioevo 49, 2), S. 833 – 834. mittelalterlichen Liturgie und Frömmig- die Änderungen in der Vorstellung des Prie- 8 Cesare Alzati, Chiesa ambrosiana e tradizio- keit unter soziologischen, anthropologi- steramtes und in der Ekklesiologie, die Ent- ne liturgica a Milano tra XI e XII secolo, in schen und linguistischen Gesichtspunkten. wicklungen der eucharistischen Frömmig- Ambrosiana ecclesia. Studi su la Chiesa mila- Umgekehrt hat auch die (profane) mittelal- keit und die Entstehung des Fronleichnam- nese e l’ecumene cristiana fra tarda antichità e terliche Geschichte der Bedeutung der Ri- festes. medioevo, Milano 1993 (Archivio Ambrosia- 12 13

Insgesamt war das Anliegen dieser Aus- Viele der gezeigten Handschriften sind ner Bibliothek hatte anbringen lassen. Dort stellung, die Handschriften nicht nur gut bekannt und eingehend studiert wor- spricht die Bibliothek selbst: “Mit Eifer und als kostbare, isolierte Stücke zu betrach- den, andere ruhten aber seit Jahren, wenn großen Kosten schmückt mich mein Herr, ten, sondern sie in verschiedenen (histori- nicht Jahrzehnten in den Magazinen, und damit ich eine mit guten Büchern ausge- schen) Zusammenhängen zu untersuchen, wurden nun ans Licht gebracht. Wo mög- stattete Bibliothek bin” (Sumptu me mul- als Bücher, die gebraucht, verehrt, in ei- lich wurden auch existierende Zusammen- to Dominus studioque perornat / ut sim culta nem rituellen Kontext und von bestimm- hänge zwischen den Handschriften der bonis BIBLIOTHECA libris).12 ten Amtsträgern benutzt wurden. Nicht Bibliothek (und anderen), geographisch, Zu diesen boni libri kamen im Laufe der nur die liturgische Feier steht im Mittel- thematisch und textuell, historisch und Jahrhunderte weitere bedeutende einzelne punkt, sondern auch das ständige Bemü- kunsthistorisch angesprochen. Als Beispie- Codices sowie Handschriftensammlungen hen, die Riten zu verstehen, zu erklären, in le seien erwähnt: die Produktion für und in hinzu, bis zu den neuesten wertvollen Er- bezug auf den Glauben zu kommentieren. den Kirchen Hildesheim, die Gruppe der werbungen, gerade im Bereich des divinum Dazu kommt auch die institutionelle Sor- Codices aus der Stiftskirche St. Blasius in officium: das Evangeliar Heinrichs des Lö- ge, sie richtig zu feiern, zu reglementieren, Braunschweig, die Bücher aus den Klöstern wen und das Stundenbuch Herzog Augusts den Reformen anzupassen, das Bestreben, Wöltingerode, Lamspringe, Dorstadt, Hei- des Jüngeren.13 sie in einem Ordnungssystem einzubetten, ningen, Steterburg, Marienberg bei Helm- Einige Einwohner Wolfenbüttels sind das stark von ekklesiologischen Vorstellun- stedt, die hochmittelalterliche Herstellung vielleicht schon auf der Straße mit der Fra- gen abhängig sein konnte. ge konfrontiert worden: “Wie kommt man Der Katalog10 kann die Gesamtge- zum Evangeliar?”. Diese Ausstellung prä- schichte der liturgischen Entwicklung nur sentiert nicht nur das Evangeliar, sondern skizzieren und auf komplexe historisch- vieles mehr, was um den mittelalterlichen theologische Zusammenhänge nur verwei- Gottesdienst entstanden ist. Das “Mehr” sen. Anregungen werden durch einleitende besteht u. a. in den Exponaten selbst und Kapitel zu den vier Sektionen der Ausstel- entzieht sich jeder Beschreibung, denn – lung und durch ausführliche Abhandlun- um mit Wittgenstein zu sprechen – “Was gen zu einzelnen Bereichen gegeben, die gezeigt werden kann, kann nicht gesagt durchaus den neuesten Forschungsstand werden”.14 präsentieren. Die Handschriften stehen im Zentrum des Interesses und sollen als In- dikatoren und gleichzeitig als Impuls für no 65), besonders S. 256 – 262; Arnold An- weitere Untersuchungen gelten. Über die genendt, Geschichte der Religiosität im Mittel- Handschriften hinaus wurde allerdings alter, Darmstadt 1997, S. 351. versucht, den Ritus nicht nur auf die Tex- 9 Vgl. Gerd Alhtoff (Hrsg.),Formen und Funk- te zu beschränken, sondern als ein Ganzes tionen öffentlicher Kommunikation im Mittel- zu betrachten, in dem Raum, Musik, litur- alter, 2001 (Vorträge und For- gisches Gerät, Glanz, Symbolik von Gesten schungen 51); Jean-Claude Schmitt – Otto Gerhard Oexle (edd.), Les tendances actuelles und Objekten eine Rolle spielten. von kostbaren Büchern in Helmarshausen de l’histoire du Moyen Âge en France et Allema- Exkurse in die Zeit nach dem Mittelalter usw. Schon diese Liste zeigt die Bedeutung gne. Actes des colloques de Sèvres (1997) et Göt- werden z. B. durch einen Beitrag zur theo- der Bestände der Herzog August Biblio- tingen (1998), Paris 2002 (Histoire ancienne logischen Debatte über das Abendmahl thek für weitere Forschungen und würdigt et médiévale 66), besonders die Kapitel Reli- unter den protestantischen Gelehrten oder das hochwertige kulturelle Erbe des Lan- gion et liturgie, Rituel et institutions. durch einen Fall von Übernahme und Ad- des Niedersachsen. Dazu kommt als beson- 10 Divina Officia. Liturgie und Frömmigkeit (s. aptierung des Stundengebets in reformato- derer Bestand die Gruppe der Codices aus Anm. 4). rischer Zeit geboten.11 der Abtei Weissenburg, die es erlaubt, einen 11 Vgl. den Beitrag von H. Selderhuis: Die Leh- Die interdisziplinäre Arbeit hat verschie- Einblick in das liturgische und kulturelle re von der Eucharistie aus Sicht der refor- dene Forscher zu den selben Objekten zu- Leben des elsässischen Klosters im Mittel- matorischen eologen und der Rezeption sammengebracht (aus Musikwissenschaft, alter zu erhalten. Weitere wichtige Phäno- der Schriften Berengar von Tours in der Frü- hen Neuzeit, in: Divina Officia (s. Anm. 4), Kunstgeschichte, eologie, Geschichte, mene konnten nur am Rande erwähnt wer- S. 318 – 326, und, ebd., Kat.-Nr. 34. Philologie) und den internationalen wis- den, wie z. B. die zunehmende Benutzung 12 Vgl. für den vollständigen Text Paul Raabe, senschaftlichen Dialog gefördert. Die spe- der Volkssprache in liturgischen und devo- Sammler, Fürst, Gelehrter Herzog August zu zifische liturgiewissenschaftliche Analy- tionalen Büchern. Braunschweig und Lüneburg. 1579 –1666, se, die in vielen Fällen zugunsten anderer Exakt vor 360 Jahren (1644) hatte Her- Wolfenbüttel 1979 (Ausstellungskataloge Aspekte bei der Untersuchung der Codi- zog August kurz nach seinem Einzug in der Herzog August Bibliothek 27), S. 331, ces vernachlässigt worden war, konnte z. T. Wolfenbüttel seine in Kisten verpackten Nr. 707; Helwig Schmidt-Glintzer u. a. neue Perspektiven in der Gesamtinterpre- Bücher, wie bekannt, in der Rüstkam- (ed.), A Treasure House of Books. e Library tation einzelner Exponate sichtbar machen mer des nördlich vom Schloß gelegenen of Duke August of Brunswick-Wolfenbüttel, und erlaubte in einmaliger Weise Hand- Marstalls deponieren lassen. Die Erinne- Wolfenbüttel 1998 (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek 75), S. 2270, schriften aus Ost und West zu präsentie- rung an diese Anfänge ist ein zusätzlicher Nr. 58. ren. Darüber hinaus ist zu betonen, daß Grund zur Freude, in der heutigen Herzog 13 Vgl. Divina Officia (s. Anm. 4), Kat.-Nr. 70, die Herzog August Bibliothek auch in be- August Bibliothek einige solcher Schätze 30. zug auf die Geschichte der Riten herausra- zeigen zu dürfen. Es handelt sich um “gute 14 Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-phi- gende Dokumente für Alter und Überliefe- Bücher”, wie die Tafel pries, die Herzog Au- losophcus, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1963, rungslage besitzt. gust schon 1636 neben dem Eingang sei- S. 43. 14 15

Gotts verhengnis und seine straffe – Zur Geschichte der Seuchen in der Frühen Neuzeit

Begrüßung zur Ausstellungseröffnung am 14. August 2005

Helwig Schmidt-Glintzer

Meine sehr verehrten Damen und Herren, de Kreatur zum Mitmenschen erhebt – ich und Phantasie, von Phantasie und Kreati- erinnere an Lessings Satz: “der mitleidigste vität – und was anderes sind Seuchen als wie sehr Seuchen und Seuchenängste Aus- Mensch ist der beste Mensch”2 – so erfor- Kreationen der Natur, deren Teil wir sind wirkungen auf das Verhalten der Men- dert sie auch die Unterbindung der Dar- und deren Kreativität wir selber nutzen, im schen haben können, ist im Zusammen- stellung von Leiden, wo das Aufkommen Guten wie im Schlechten. hang von AIDS und SARS neuerlich evi- von Mitleid unerwünscht ist. Die heutige Als Kinder der Moderne und des Fort- dent geworden. Manche Ereignisse haben Kriegsberichterstattung stellt sich darauf schritts erkennen wir in neuen Seuchen sich nachhaltig in das Gedächtnis der Men- ein. Dieser durch die sich entfaltende Mit- auch die Ambivalenz menschlichen Tuns, schen eingebrannt. Neben den Hungersnö- leidsethik gesteuerte Mechanismus hatte wozu auch alle Gegenmaßnahmen gehö- ten als der anderen Kategorie häufig wie- auch Auswirkungen auf die Rezeption der ren, das Impfen eingeschlossen. derkehrender tödlicher Naturkatastrophen Pest und den Umgang mit ihr. Nicht also ein Vortrag über spezifisch war in der Vergangenheit unter allen Seu- In diesem neuzeitlichen Horizont ei- frühneuzeitlichen Umgang mit Seuchen, chen der “Schwarze Tod” des 14. Jahrhun- ner christlich geprägten Mitleidsethik sind mit Ausgrenzung von Seuchenkranken, derts eine “weltgeschichtliche Katastrophe auch wissenschaftliche und ärztliche Be- nicht eine Darstellung der Bemühungen ersten Ranges”1, und alle folgenden Seu- mühungen im Umgang mit Krankheit zu um Ursachen – das alles und vieles mehr chen standen im Schatten der Erinnerung verstehen, und so wird die Pest und die können Sie in der Ausstellung besichtigen an diese Epidemie, die in den Jahren 1347 Seuchenerfahrung im christlichen Deu- und im Katalog nachlesen – sondern die bis 1351 in Europa etwa 20 Millionen Op- tungshorizont prägend für die europäische ungebrochene Aktualität hat uns bei der fer forderte. Zivilisation und Wissenschaftskultur, in Planung der heutigen Eröffnungsveranstal- Was wäre, muß man fragen, unsere eu- deren Tradition bis heute auch die meisten tung geleitet, wozu auch beigetragen hat, ropäische Kultur ohne die Pest? Diese Seu- Bewohner Europas stehen, auch wenn sie daß diese Ausstellung in enger Zusammen- che war eine Katastrophe in den Augen und sich dieser Wurzeln selbst nicht mehr be- arbeit mit der Gesellschaft für biotechnolo- im Erleben der Zeitgenossen, und trotz wußt sind. gische Forschung in Braunschweig-Stöck- mancher früher Erklärungsansätze blieb sie Es kann übrigens auch offen bleiben, ob heim entstanden ist, deren wissenschaftli- ein Rätsel bis zur Entdeckung des Pestba- die Pest tatsächlich einem Mongolenkhan chen Geschäftsführer, Professor Dr. Rudi zillus Yersinia pestis im Jahre 1894. zu verdanken ist, der bei der Belagerung ei- Balling, ich besonders herzlich begrüße. Doch nicht die epidemiologischen und ner genuesischen Kolonie auf der Krim an- Besonders begrüße ich als Festredner des die bakteriologischen Seiten der Seuchen- geblich vor dem Abzug seiner erkrankten heutigen Vormittags Herrn Professor Dr. geschichte in der europäischen Frühen Truppen die Erreger in Form einiger Pest- Reinhard Kurth und Frau Dr. Carola Rei- Neuzeit sind das ema unserer Ausstel- leichen über die Stadtmauer schießen ließ,3 mann, Mitglied des Deutschen Bundes- lung, sondern deren Deutung. Die Er- so daß von dort über Italien und Frankreich tages, die zu uns ein Grußwort sprechen gebnisse der Recherchen schärfen unseren die Pest in Europa einziehen konnte. – Ge- wird. Blick dafür, wie verschieden Katastrophen wisser dürfte sein, daß auf ähnlichem We- Bei der Eröffnung einer solchen Aus- in der Geschichte interpretiert wurden und ge, nämlich durch fliegende Körper wie Vö- stellung ist vielen zu danken. Den Leihge- wie zugleich die Katastrophenkommunika- gel oder Flugreisende Erreger wie der Vo- bern: dem Braunschweigischen Landesmu- tion der heutigen Massenmedien eine lan- gelgrippevirus, bekannt unter dem Kürzel seum, dem Museum für Hamburgische Ge- ge Vorgeschichte hat. Bei einer Rekonstruk- H5N1, aus Ostasien nach Europa gelangen schichte, Hamburg, dem Antiquariat Rolf tion der Berichterstattungen über Seuchen werden. Schwing, Heidelberg, dem Dom-Museum zeigt sich deutlich ein sich über die Jahr- Für uns steht im Vordergrund das In- Hildesheim, dem Stadtmuseum Göhre in hunderte verändernder Deutungsrahmen, teresse, wie Seuchen als Katastrophener- Jena sowie dem Karl-Sudhoff-Institut für bei dem auffällt, daß erst im 20. Jahr- fahrungen von Menschen gedeutet wur- Geschichte der Medizin und der Natur- hundert naturwissenschaftliche und öko- den und deren Sinnhorizonte geprägt und wissenschaften in Leipzig. Ich danke den logische Optik die religiösen Deutungen verändert haben. Der Umgang mit der Ka- Verfasserinnen und Verfassern der Beiträ- verdrängt hat. Katastrophen haben ihre tastrophe verbunden mit der genannten ge, von denen ich einige unter den Gästen außerweltlichen Sinnhorizonte verloren. christlichen Mitleidsethik hat zu Innova- Dennoch haben Katastrophenereignisse ei- tionen und zur Überwindung fesselnder ne gesteigerte Karrierechance in der öffent- Gewohnheiten geführt. 1 Wolfgang Reinhard, Lebensformen Europas. Eine historische Kulturanthropologie, Mün- lichen Kommunikation. Wenn in dieser Bibliothek, in dieser chen: C. H.Beck 2004, S. 158. Dies hängt aber auch mit noch etwas an- Ansammlung von Wissen eine Ausstellung 2 G. E. Lessing, Werke und Briefe, Bd. 11.1, derem zusammen, nämlich mit der spezi- zum ema Seuchen gezeigt wird, so muß hier Brief Nr. 120 (an Nicolai, 1756). fisch neuzeitlichen und christlich gepräg- auch die produktive Seite des emas be- 3 Siehe Wolfgang Reinhard (s. Anm. 1), ten Mitleidsethik. So wie diese jede leiden- nannt werden, nämlich die Nähe von Angst S. 160. 14 15

begrüße, ich danke Herrn Oswald Schön- Ausstellungseröffnung nis der Menschheit verankert. So “hassen” berg für die Gestaltung und Herstellung wir – auch heute noch – “etwas wie die des Katalogs, der Digitalisierungs- und Fo- Petra Feuerstein-Herz Pest”, wenn wir größte Distanz oder Ab- towerkstatt, den Restauratoren und vor al- scheu ausdrücken wollen. lem der Organisatorin und Herausgeberin, Krankheiten wie Pest und Pocken wer- Frau Dr. Petra Feuerstein-Herz. Danken den – im Gegensatz zu anderen Krankhei- möchte ich auch Angelika Bethke, Gundu- ten – nicht nur als Angelegenheit des Kran- la Boveland und Alexandra Ilginus, die bei Sehr verehrte Damen und Herren, ken und seiner Angehörigen behandelt, an- den Vorbereitungen unterstützend zur Sei- steckende Krankheiten mit Massenwirkung te standen. “Wie verklebt man Türen pockensicher”, erlangen die negative Aufmerksamkeit der Der Druck des wunderbar gelunge- wurde 2003 im US-amerikanischen Fern- Anderen: sie spielen sich als komplexe Pro- nen instruktiven Katalogs war nur mög- sehen – im Vorfeld des Krieges gegen den zesse zwischen einer Vielzahl von Akteuren lich dank einer finanziellen Unterstützung Irak – besorgt diskutiert. Im Januar des ab. Und wie das erwähnte Planspiel zeigt, durch den Braunschweigischen Vereinig- gleichen Jahres ging in Deutschland die sind auch die lange vergangenen europä- ten Kloster- und Studienfonds und die Ge- Meldung durch die Presse, daß man in Hes- ischen Erfahrungen in der Kommunika- sellschaft für Biotechnologische Forschung sen gegen die Pocken gewappnet sei. Schon tion und obrigkeitlichen Organisation der mbH in Braunschweig-Stöckheim, vor al- 2001 wurde in den USA ein Planspiel unter sozialen Trennung von Seuchenverdächti- lem aber dank einer namhaften Spende ei- dem Namen “dark winter” entwickelt, das gen, Kranken und Gesunden, auf eine ei- ner ungenannten Freundin und Förderin ein Horrorszenario zu einem unvorhergese- gentümliche Weise heute gegenwärtig. der Herzog August Bibliothek. henen und in seinem Umfang katastropha- Zum ema “Die Renaissance der In- len Pockenausbruch entwarf: welche Qua- Begleiteten ansteckende Krankheiten die fektionskrankheiten” wird nun, wie an- rantänemaßnahmen sofort einzuleiten sei- Menschheit von alters her, so sind sie in gekündigt, Professor Dr. Reinhard Kurth en, wie Medizin, Militär und Polizei in besonderem Maße mit der großen Pande- sprechen, der Leiter des Bundesinstituts Aktion treten müßten .1 mie der Pest in der Mitte des 14. Jahrhun- für Arzneimittel und Medizinproduk- Niemand von uns hat das Wüten von derts in das allgemeine Bewußtsein Europas te und Präsident des Robert Koch-Insti- Seuchen erlebt, das den Pockenepidemien gerückt – etwa ein Drittel der europäischen tuts, das er seit 1996 leitet. Der Virologe des 18. und 19. Jahrhunderts, geschweige Bevölkerung soll diesem Seuchenausbruch und Mediziner Reinhard Kurth, im noch denn den Pestausbrüchen des Spätmittel- unzerstörten Dresden 1942 geboren, war alters und der Frühen Neuzeit vergleichbar 1 Anna Bergmann: Der entseelte Patient. Die nach seiner ärztlichen Approbation 1969 wäre. – Dennoch erlangen besiegte Krank- moderne Medizin und der Tod, Berlin 2004, in die Forschung gegangen, hatte 1973 mit heiten wie Pest und Pocken – wie wir an S. 96. einer eigenen Arbeitsgruppe an den Impe- diesen Beispielen erkennen können – oh- rial Cancer Research Fund Laboratories in ne Probleme auch Anfang des 21. Jahrhun- London gearbeitet und anschließend eine derts noch den Rang einer der schlimm- Nachwuchsgruppe der Max-Planck-Ge- sten vorstellbaren Natur-Katastrophen der sellschaft in Tübingen gegründet und bis Menschheit. Obwohl wir – mit der Aus- 1980 geleitet. Im Jahre 1980 ging Kurth nahme von AIDS – in der westlichen Welt als Leiter der Abteilung Virologie an das die Seuchen eigentlich nur noch als Ge- Paul-Ehrlich-Institut in Frankfurt, das er genstand von Erzählungen über frühere von 1986 bis 1999 als Präsident leitete. Zeiten kennen, sind sie – namentlich die Die letzten drei Jahre, also seit 1996, führ- Pest – wie keine andere Krankheit als Me- te er gleichzeitig das Robert Koch-Institut tapher und Synonym für größt- in Berlin. Seit September 2004 ist er zusätz- möglichen Schrecken lich kommissarischer Leiter des Bundesin- und den Unter- stituts für Arzneimittel und Arzneiproduk- gang schlecht- te in Bonn. hin im kultu- Im Zentrum der wissenschaftlichen Ar- rellen Gedächt- beiten von Professor Kurth stehen die Re- troviren, zu denen er in großer Breite geforscht hat. 16 17 zum Opfer gefallen sein. Es ist vor allem re ansteckende Krankheiten nicht nur von dizinliteratur: Angesichts einer sehr man- dieses Massensterben, das auch heute noch eologen als Strafe Gottes für die sündige gelhaften medizinischen Versorgung weiter die Erinnerung an die Geschichte der Seu- Menschheit zugleich verurteilt und meta- Teile der Bevölkerung war man anders als chen prägt. physisch gerechtfertigt. Der Titel der Aus- bei den handschriftlich verbreiteten Tex- Weniger bekannt ist vielleicht, daß die stellung “Gotts verhengnis und seine straf- ten mit dem Aufkommen des Buchdrucks Menschen in der Frühen Neuzeit – sagen fe” läßt diese Sichtweise prominent in Er- in der Lage, medizinisches Wissen gleich- wir grob vom Anfang des 16. bis Ende des scheinung treten. zeitig an viele Menschen weiterzugeben. 18. Jahrhunderts – mit der ständigen Prä- Es handelt sich dabei um ein Zitat Hier konnten Informationen über einzel- senz von zahlreichen Infektionskrankheiten aus einer der bekanntesten theologischen ne Krankheiten und Anleitungen zur Her- konfrontiert waren: nicht nur die Pest, die Schriften über die Seuchen: Martin Lu- stellung von Medizin und über andere in regelmäßigen Wellen bis zum Anfang des thers Ob man vor dem Sterben fliehen möge, Schutz- und Heilungsmaßnahmen erwor- 18. Jahrhunderts Europa durchzog, auch 1527 erstmals im Druck erschienen. Luther ben werden. Viel mehr noch vermittelten Typhus und andere Durchfallerkrankun- setzt sich hier mit der Pest als Strafe Got- gedruckte Arzneibücher nicht nur im Be- gen, Fleckfieber, Pocken, Syphilis, der sog. tes auseinander und diskutiert zugleich, ob darfs-, also Krankheitsfall, solches Wissen Englische Schweiß (also auch Krankheiten, man sich als guter Christ einer solchen Got- wie der Heiler, der nur im akuten Notfall die wir heute nicht mehr kennen) gehör- tesprüfung aussetzen muß oder vor ihr flie- aufgesucht wurde. In den Büchern ließen ten dazu: Infektionskrankheiten mit epide- hen darf. Unabhängig vom religiösen Cre- sich Kenntnisse zur Krankheitsprophylaxe mischen Ausmaßen zählten in dieser Zeit do, das in dieser Formulierung steckt, re- jederzeit, auch rechzeitig vor einer nahen- quasi zu den Alltagserscheinungen im Le- flektiert sie die unbedingte Ohnmacht, den Seuche, nachlesen. Was bei den regel- ben der Menschen. welcher sich die Menschen diesen Krank- mäßig durchs Land ziehenden Pestilenzen Die Herzog August Bibliothek als eine heiten gegenüber ausgesetzt fühlten. vor allem bedeutete, sich über die Vermei- im 16. Jahrhundert begründete und im fol- Luthers Schrift begründete einen in der dung von Ansteckung zu informieren. Da- genden systematisch ausgebaute Universal- Frühen Neuzeit eigenen Quellencorpus, her legten die Autoren und Verleger der bibliothek bezeugt mit ihren Beständen die- den die moderne Seuchenhistoriographie ersten gedruckten Pestschriften auch be- se Allgegenwart von ansteckenden Krank- als “theologische Pestschriften” bezeich- sonderen Wert darauf, ihre Werke in deut- heiten in den vergangenen Jahrhunderten: net und damit von den ebenfalls für die- scher Sprache und als allgemeinverständli- finden wir in der historischen Sammlung se Epoche eigentümlichen “medizinischen che Ratgeber gegen die “erschrockenliche doch zahlreiche und verschiedenartigste ge- Pestschriften” abgrenzt. Während letzte- Kranckheyt” für den gemeinen Mann an- druckte Quellen, die sich mit dem Phäno- re seit dem ersten pandemischen Auftre- zubieten, der die lateinisch verfaßten Arz- men auseinandersetzen. Das Konzept zur ten der Pest in Europa Mitte des 14. Jahr- neibücher der akademischen Medizin nicht Ausstellung ließ sich von dieser Vielfalt der hunderts lange Zeit das Schrifttum über verstehen konnte. Bücherwissen vermoch- Quellen leiten: Seuchen werden nicht nur solche Krankheiten dominierten, brach- te der beängstigenden Virulenz der anstek- als medizinisches Phänomen der Geschichte te der Buchmarkt mit der Reformation kenden Krankheiten etwas entgegensetzen: präsentiert, – auch die emotionalen, sozia- theologische Seuchenschriften in großer Sie machten die Menschen – zumindest in len und kulturellen Aspekte dieser Krank- Fülle hervor. Allein Luthers Schrift wur- bestimmten Maßen – unabhängig vom heiten werden aufgegriffen. de bis zum 18. Jahrhundert weit mehr als Arzt und Apotheker. ein dutzendmal gedruckt: Während die ka- Es ist nicht nur das unvorstellbare Aus- tholischen Frömmigkeitsübungen – Wall- Nach einem kurzen Einblick in die hand- maß der Pest im Spätmittelalter und in der fahrten, Heiligenverehrung, Prozessio- schriftliche Überlieferung werden in der Frühen Neuzeit, welches die Traumatisie- nen – dem menschlichen Bedürfnis entge- Ausstellung einige der ersten – schon in rung der Seuchenerfahrung seit dieser Zeit genkamen, in den schrecklichen Pestzeiten der Inkunabelzeit – gedruckten populä- heraufführte. Es sind vor allem die mas- nicht tatenlos zu bleiben und der Bestra- ren Seuchenschriften präsentiert. Das äl- siven psycho-sozialen Begleiterscheinun- fung durch einen erzürnten Gott mit Bu- teste gedruckte medizinische Buch im Be- gen und Auswirkungen, die Krankheiten ße begegnen zu können, blieben den Pro- stand der Herzog August Bibliothek ist das wie Pest und Pocken, Lepra und Syphilis testanten im Grunde nur die innere Be- 1472 in deutscher Sprache erschienene Ge- zum Schrecken der Menschheit, zur “Fres- wältigung und der sprachliche Ausdruck: sundheitsbuch aus der Offizin des Augsbur- serin der Erden” – so der Poet Martin Opitz Gesang, Gebet, Predigt. Das neue Medi- gers Johann Bämler, das ein Kapitel Von der im 17. Jahrhundert – werden ließen: neben um des Buchdrucks erfüllte mit zahllo- pestilentz enthält, dessen Eingangsseite wir der Unvorhersehbarkeit und Plötzlichkeit sen Erbauungsschriften, Leichenpredigten, im Bild sehen (Abb. 1). Es gilt heute als des Sterbens – nach Infizierung an der Lun- Trostbriefen, Gebetbüchern intensiv ent- die erste gedruckte medizinische Darstel- genpest konnte der Tod innerhalb von we- sprechende Bedürfnisse. Solche entstanden lung der Pest in deutscher Sprache. Um nigen Tagen eintreten, – erschreckte beson- freilich nicht nur aufgrund der Allgegen- 1470 war es im süddeutschen Raum zu ei- ders die Schutzlosigkeit vor Krankheiten, wart der Seuchen, – andere Krankheiten, nem erneuten schweren Ausbruch der Seu- die sich auf unerklärbare Art und Weise Naturkatastrophen, Hunger und der eben- che gekommen und nun begann die Pest- unter den Menschen verbreiteten und mit falls beinahe zum Alltag gehörende Krieg gefahr deutlich Einfluß auf das neue Me- den Mitteln der Medizin einfach nicht zu stellten den Menschen der Frühen Neu- dium Buchdruck zu gewinnen. Nachdem behandeln oder gar zu verhindern waren. zeit Todesangst und Leidenserfahrung mit- schon ein Jahr nach Bämlers Pestschrift der Bis heute sind die Angst vor Ansteckung ten ins Leben und weckten ein starkes Ver- Ulmer Stadtarzt Heinrich Steinhöwel nun wie auch die Stigmatisierung und Ausgren- langen nach Texten und Büchern, die Hil- ein ganzes Buch ausschließlich der Seuche zung Betroffener durchgängige Verhaltens- fe oder Trost versprachen. gewidmet hatte, regten Pestnot und zu er- muster geblieben. Gleichwohl erzeugte der spezifische wartender Verkaufserfolg in den kommen- Angesichts ihrer ungeheuren Ausma- “Druck der Seuchen” ein ganz eigenes den Jahrzehnten in zahlreichen deutschen ße und Folgen wurden die Pest und ande- Schrifttum im Kanon der gängigen Me- Städten den Druck solcher Seuchenschrif- 16 17

bei dem Nahen (vielleicht auch schon bei dem ersten Erwähnen) einer Seuche als Be- teiligte eines komplexen Prozesses in Wech- selbeziehung. Ohne Frage steht der Kranke im Mit- telpunkt, der sich an einem der grassie- renden Leiden angesteckt hat. Welche dieser Krankheiten kannte man eigent- lich? Weit verbreitet war die Bezeichnung der “Pestilentz” oder “pestilentzischen Fie- ber” als Sammelbegriff für diese – “klebri- gen, anhafftenden” Krankheiten wie man sie zeitgenössisch charakterisierte – ohne daß explizit die Beulen- oder Lungenpest gemeint sein mußte. Aufgrund der unspe- zifischen Beschreibungen in den vorhande- nen Quellen herrscht oftmals eine gewisse Ratlosigkeit in der retrospektiven Diagno- stik, ein Forschungsfeld, das lange Zeit zu den Kerngebieten der Seuchenhistoriogra- phie zählte. Gleichwohl finden wir in den umfassenden Beständen der Wolfenbütte- ler Bibliothek mehr als ein Dutzend In- fektionskrankheiten im zeitgenössischen Schrifttum einigermaßen präzise unter- schieden. Weiterhin wird in diesem Zusammen- hang die interessante Frage der Wahrneh- mung von ansteckenden Krankheiten bei den Betroffenen selbst bzw. bei den sich unmittelbar vor einer Ansteckung fürch- tenden Mitmenschen thematisiert. Marina Arnold untersuchte Leichenpredigten als seuchen- und krankengeschichtliche Quel- lengattung und stellt einige Kranken- bzw. Sterbegeschichten aus unserer Region vor. So eine Leichenpredigt, welche vom Leben und Sterben von 7 Geschwistern berichtet, die 1626 innerhalb weniger Wochen in der Stadt Lüneburg der Pest zum Opfer fie- len3. Während die Leichenpredigten zu den Abb. 1: Hie nach volgent gut nüczlich lere und underweysung ... . Augsburg: Johann Bämler 1472. lukrativen Auftragsdrucken für das städ- Bl. 88v. Signatur HAB: 151.2 Quod. 2°. tische Buchgewerbe gehörten, erschienen die vielleicht aussagekräftigsten kranken- geschichtlichen Quellen nur selten zeitnah ten an. Im Bild sehen Sie eine Kranken- beschriebenen populären Seuchenschriften im Druck: Gemeint sind sog. Selbstzeug- darstellung aus einer der populärsten Pest- aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, von wel- nisse – Briefe, Tagebücher, Familienchroni- monographien der Inkunabelzeit: Das chen in allen weiteren emenbereichen ken u. ä. –, die die Betroffenen nicht ver- Buch der Pestilentz des Straßburger Wund- der Ausstellung Beispiele gezeigt werden. öffentlichen wollten oder konnten – etwa arztes Hieronymus Brunschwig2. Auch an- weil sie der Krankheit zum Opfer fielen. dere ansteckende Krankheiten wie die En- Die emenbereiche wollen der Vielschich- Andreas Herz hat sich mit einigen solcher de des 15. Jahrhunderts massiv auftretende tigkeit des Seuchengeschehens Rechnung Selbstzeugnisse in Hinblick auf die Seu- “Franzosenkrankheit”, heute der Grup- tragen und orientieren sich an den betei- chenwahrnehmung zur Zeit des Dreißig- pe der Syphiliserkrankungen zugeordnet, ligten Hauptakteuren. Diesen Focus ent- jährigen Krieges beschäftigt. Im Bild sehen führten bald zu einschlägigen Veröffent- wickelte der Stuttgarter Medizinhistoriker wir den Beginn der Aufzeichnungen des lichungen. Martin Dinges in Hinblick auf Neue Wege Die Herzog August Bibliothek besitzt in der Seuchengeschichte – so der Titel sei- 2 Hieronymus Brunschwig: Liber pestilentia- unter ihren 13.000 medizinischen Druk- ner 1995 veröffentlichten Studie: Nicht nur lis, Straßburg 1500. Signatur HAB: 456.17 ken aus dem Zeitraum 1472 bis 1830 al- die Kranken und die Heiler, auch andere eol. 2° (2). lein etwa 1.000 einschlägige Werke über die Gruppen wie die “Obrigkeiten”, Institutio- 3 Matthias Händel: Christlich Leichgedächt- verschiedenen ansteckenden Krankheiten, nen wie die Kirche und – nicht zu vernach- niß Sieben frommer Geschwister, Lüneburg darunter einen dichten Kernbestand der lässigen – die “Öffentlichkeit” treten schon 1628. Signatur HAB: 270.1 eol. (4). 18 19

Ulmer Schumachers Hans Heberle, den bald war die Botschaft von der nahenden daß auch jener gerne pauschal genannte eine imposante Kometenerscheinung im Pest in Norddeutschland angelangt – nur völlige Sittenverfall im persönlichen Ver- Jahr 1618 bewegte, seine Erlebnisse aufzu- wenig später stand sie selbst vor den Toren halten, für das häufig das Beispiel der ih- schreiben. Bei einer Pestwelle 1634 verlor er der Städte. Hatten nicht auch die Meßrela- re Kinder im Stich lassenden Eltern be- zwei seiner Kinder, die Mutter, einen Bru- tionen im Herbst 1679 vor einer “schwar- müht wird, allenfalls eine Aspektwahrheit der, drei Schwestern und schließlich seinen zen Wolcke” über der Stadt Wolfenbüttel darstellt. Vater4. gewarnt, “[...] mit einem Menschen mit ei- In den obrigkeitlich veranlaßten Maß- Auch einzelne Krankengeschichten ge- ner Sense in der Hand, weit umb sich mä- nahmen können wir den Beginn einer or- raten ganz konkret in den Blick: So konn- hend”?5 ganisierten öffentlichen Gesundheitsvor- te Harald Bollbuck die letzten Lebenstage Michael Schilling hat im Zusammen- sorge und -pflege erkennen und gelangen des am 20. August 1639 in Danzig an der hang mit der Ausstellung den Niederschlag damit zum vierten Ausstellungssegment – Pest verstorbenen Martin Opitz anhand ei- der Seuchenthematik in den ältesten ge- dem medizingeschichtlichen Teil. niger schriftlich erhaltener Erfahrungsbe- druckten Massenmedien untersucht, den richte ihn in den Sterbestunden begleiten- illustrierten Einblattdrucken, von wel- In der Frühen Neuzeit lag die Beurtei- der Freunde rekonstruieren. chen wir einen interessanten Querschnitt lung und Behandlung von ansteckenden in der Ausstellung zeigen können. Im Bild Krankheiten keineswegs nur in den Hän- Unter dem ema “Kommunikation, (Abb. 3) sehen Sie ein 1680 veröffentlich- den akademisch ausgebildeter Ärzte, viel- Angst und Krisenbewältigung in Seuchen- tes Blatt über eine Kometenerscheinung, mehr suchte man auch Rat bei den zahlrei- zeiten” stehen im folgenden Ausstellungsse- die ein außergewöhnliches Ereignis wie die chen halbprofessionellen Heilern, wie den gment die beiden Akteure “Obrigkeit” und Pest mit den Versen ankündigt: Handwerkerärzten, Chirurgen und Ba- “Öffentlichkeit” im Mittelpunkt. Nur we- dern, ebenso wie bei Mitgliedern einer ge- nige Monate nach einem großen Pestaus- “Ach es redet ohne Rede/ Gott durch die- radezu unüberschaubaren Gruppe von Lai- bruch in Wien 1679 brachte der für sei- sen Straff-Propheten enheilern und -heilerinnen: dazu gehörten ne Volksnähe und Sprachgewalt schon von Ruthe/ Schwerdt/ Gifft stehen fertig/ dich die weisen Frauen, die eriackskrämer, den Zeitgenossen gerühmte Augustiner- o böser Mensch zu schlagen Marktschreier und Harnbeschauer, die aus Mönch Abraham a Sancta Clara (1644 – Mit Krieg’ Armut Krankheit/ Sterben/ und dem Arsenal eines großen praktischen Er- 1709) seinen “Mercks Wien” benannten mit allen JammerPlagen”. fahrungsschatzes schöpften. Nicht verges- Augenzeugenbericht zum Druck (Abb. 2): sen werden darf natürlich die dominieren- Obwohl die Obrigkeit sogleich strenge de Rolle, die die “geistliche Medizin” in Maßnahmen – verkündet in gedruckten der Bewertung und Behandlung von Seu- Erlassen – ergriff, war der Einzug der Seu- chen spielte. che in das Herzogtum Braunschweig nicht In der Ausstellung zeigen wir das Ko- zu verhindern. Mit dem Auftreten der er- stüm eines typischen Pestarztes, das ihn vor sten Pestfälle galt es nun, durch geeignete Ansteckung schützen sollte mit der mar- Sofortmaßnahmen das Schlimmste zu ver- kanten Schnabelmaske, die Kräuteressen- hindern: in schneller Folge erschienen in zen gegen die giftigen Miasmen enthielt. Braunschweig, Wolfenbüttel und anderen Im unteren Ausstellungsbereich erläu- umliegenden Städten Verordnungen und tern Arzneibücher, Seuchenschriften, Ein- Kleinschriften, die Verhaltensregeln für die blattdrucke, Kalender, Medizinalordnun- Bevölkerung empfahlen und vorschrieben. gen und Kräuterbücher die gängigen Er- Sie lassen uns die Strategien des öffentli- klärungstheorien sowie Prophylaxe- und chen Krisenmanagements nachvollziehen: erapiemaßnahmen. Die Bewegungsfreiheit um die Städte wur- Auftreten und Verbreitung der anstek- de eingeschränkt, Gesundheits- und Reise- kenden Krankheiten deutete man sowohl pässe waren vorzulegen. Die Häuser von als Ausfluß von übernatürlichen wie auch Betroffenen kennzeichnete man mit ein- natürlichen Ereignissen. Stand unbestritten fachen Kreidekreuzen an den Türen oder an erster Stelle ihre Interpretation als Strafe auch aufwendig hergestellten Fahnen, wie Gottes für die sündige Menschheit, so ver- uns die in der Ausstellung präsentierte trug sich diese durchaus mit “weltlichen” Abb. 2: Abraham a S. Clara: Mercks Wienn. Pestfahne aus dem Süddeutschen Raum Deutungen: In dieser Hinsicht erklärte der Wien: Vivian 1680. Kupfertitel. Signatur HAB: vergegenwärtigt. Vielerorts nahmen auch Lübecker Arzt und Astrologe David Her- Lo 23 (1). spezielle Seuchenspitäler die Kranken in litz 1607 den Ausbruch einer Pestilentz als Quarantäne. Annette Boldt-Stültzebach Folge bestimmter, ungünstiger Planeten- “Man sahe das gantze Monat umb Wienn, informiert uns über die seit dem 12. Jahr- konstellationen, die “dicke kaldte Wolk- und in Wienn nichts als Tode tragen, Tode hundert in der Stadt Braunschweig beste- ken in die höhe” aufgezogen haben sollten führen, Todte schlaiffen, Todte begraben”, henden Lepra-, Pest- und Pockenspitäler. und damit “hitzige/ schwefeliche salpetri- beklagte er bildhaft und wortgewaltig. Sei- Ohne Frage lösten die nahenden Seu- sche und irdische materia” sammelten. Die ne aufrüttelnde Darstellung – die noch im chen große Furcht aus, jedoch verdeutli- gleichen Jahr in nicht weniger als neun wei- chen uns die Quellen, die Otto Ulbricht 4 Hans Heberle: Zeytregister. Handschrift teren Ausgaben erschien – wie auch zahlrei- im Rahmen der Ausstellung unter der Fra- in der SBPK Berlin, Signatur: Ms. Germ. che Nachrichtenblätter, Kalender und Flug- gestellung “die Angst in Seuchenzeiten” de- Quart. 1125. schriften –, trugen die Kunde vom in Wien tailliert untersucht hat, daß nicht überall 5 Relationis Historicae ... dieses lauffenden wütenden Sterben weit ins Land. Schon und immer kollektive Panik herrschte und 1679. Jahrs, Frankfurt a. M. 1679, S. 77. 18 19

hard Strasser untersucht in seinem Beitrag die mikroskopischen Studien des Jesuiten- paters Athanasius Kircher im 17. Jahrhun- dert. Kircher wie auch andere Zeitgenos- sen ahnten vage einen Zusammenhang der Pest mit dem Vorkommen von Insek- ten und Ratten, ohne daß sie jedoch dem erst seit Ende des 19. Jahrhunderts bekann- ten genauen Übertragungsweg auf die Spur kamen. Erst dann war es mit den Mitteln der bakteriologischen Forschung gelungen, die Vielzahl der unterschiedlichen Erreger an- steckender Krankheiten zu identifizieren und geeignete Behandlungsmethoden zu entwickeln. Bis dahin standen dem Ratsuchenden – neben dem Beten, Büßen und der Flucht – die zahllosen Ratschläge und Heilmittel der Diätetik und Vier-Säfte-Lehre zur Ver- fügung. Diese Gesundheits- bzw. Krank- heitslehren gingen noch auf die antiken Ärzte Hippokrates und Galen zurück: Aderlässe und Medikamente wurden emp- fohlen, Pulver und Säfte, Pflaster und Sal- ben, hergestellt aus Heilpflanzen und Mi- neralien, die das durch die giftigen Mias- men oder Keime im menschlichen Körper ausgelöste Säfteungleichgewicht regulieren sollten. Die vielseitigen Purgationstherapi- en gegen die weitverbreitete Ruhr stellt An- drea Jessen vor. Im Bild (Abb. 4) sehen wir die gefürchteten Schwitz- und Räucherku- ren der Quecksilbertherapie gegen die Sy- philis.

Abb. 4: Steven Blankaart: Die belägert- und ent- setzte Venus. Leipzig: Gleditsch 1689. Kupferti- tel. Signatur HAB: Xb 1862 (1).

Abb. 3: Abbildung ... deß wunderwürdigen unvergleichlichen Cometen. Nürnberg: Schollenberger 1680. Signatur HAB: Einblatt Xb FM 190.

brennende Luft werde dann durch die Win- der Gedanke der Infektiosität dieser Krank- de ausgebreitet, “davon hernachmals Men- heiten durch ansteckende Partikel, Samen schen und Viehe die Gifft und infection be- oder Keime und wurde in der sog. Conta- kommen/ ... und also eine Pestilentz unter gionslehre weiter ausgebaut. Die in der pu- ihnen [...] erreget wird”. – Die eigentliche ren Erfahrung seit alters her immer wieder Ursache für das Zustandekommen solcher bestätigte Infizierung spielte jedoch noch schädlichen Dämpfe sei jedoch – so auch vor aller eorie eine große Rolle im prak- der Arzt und Astrologe – Gottes Zorn, der tischen Verhalten der Kranken und Heiler sozusagen “angezündet” durch die unend- wie bei den obrigkeitlichen Maßnahmen, liche Sündhaftigkeit der Menschen solche die das Ausbreiten der Seuchen zu ver- Konstellationen im Himmelsgeschehen hindern hatten. Auch die zeitgenössische herbeiführe. Wissenschaft befaßte sich – teils auf em- Neben diesem heute als Miasmatheorie pirischem Weg – mit den Umständen ei- bezeichneten Erklärungsmodell entwickel- ner möglichen Übertragbarkeit der Krank- te sich besonders seit dem 16. Jahrhundert heiten von Lebewesen zu Lebewesen. Ger- 20

Es versteht sich von selbst, daß die Seuchen rückgekehrt für die Bekanntmachung die- vor Augen führte. Daher freue ich mich, Eingang in die Literatur und die bildenden ser Methode. daß wir in der Ausstellung auch den Bo- Künste fanden, so die Pest in zahlreichen Jedoch erst beinahe einhundert Jah- gen in unsere Zeit spannen können und ei- Werken der Weltliteratur – Boccaccios De- re später konnten sich Impfungen mit ne international bekannte Repräsentantin camerone, Defoes Pest in London, Poe‘s Kö- der von dem englischen Arzt Edward Jen- der biomedizinischen Forschung aus unse- nig Pest, – schließlich sei als Beispiel un- ner entwickelten Kuhpockenimpfung tat- rer Region, die Gesellschaft für Biotechno- serer Zeit an Ingmar Bergmanns Film- sächlich allgemein durchsetzen. Im Bild logische Forschung in Braunschweig, über klassiker Das Siebte Siegel erinnert. Mit (Abb. 5) sehen wir die Hand der Kuhmagd Inhalte und Aufgaben der “Infektionsfor- ausgewählten Stücken aus den Wolfen- Sarah Melmes, die zu seinen Versuchsper- schung heute” informiert. bütteler Beständen wollen wir die Chance sonen gehörte. Jenner dokumentierte sei- Lassen wir uns nicht so sehr von der Ver- nutzen, einmal weniger bekannte Werke zu ne Fallstudien in aufwendiger Form im wunderung über Räuchermittel, Schnabel- präsentieren. So stellt mein Kollege Dieter Druck und der mich überraschende Fund masken, Purgations- und Schwitzkuren Merzbacher Stücke der deutschsprachigen eines Exemplars, der heute äußerst selte- der älteren Heilkunst gefangen nehmen, Erzählliteratur überwiegend des 16. Jahr- nen Erstausgabe von Jenners Studie aus bei welchen man sich teilweise fragen mag, hunderts vor und zeigt u. a., wie die Erfah- dem Jahr 1798 im Bestand der Herzog Au- wie die Patienten sie überleben konnten. – rung der Pest in Nürnberg den gealterten gust Bibliothek, stellt eine schöne Bereiche- Staunen muß man vielmehr, wie ernsthaft Hans Sachs noch einmal zu dichterischer rung der Ausstellung dar. und intensiv sich die menschliche Vernunft Produktion angeregt hat. am Gegenstand Krankheit und Seuche ab- Es mag aus heutiger Sicht irritieren, daß gearbeitet hat. Welchen grundlegenden Wandel die me- sich die von den großen Pockenepidemi- Am Ende unserer Ausstellung mag sich dizinische Vorsorge und erapie im en im 18. Jahrhundert geplagten Menschen zeigen, daß der Mensch zu allen Zeiten in 18. Jahrhundert erfuhr, dem gehen zum nicht mit großer Erleichterung umgehend der lebensbedrohenden Krankheit, seiner Abschluß der Ausstellung Peter Albrecht der völlig neuartigen Behandlungsmetho- “unausweichlichen materiellen Realität” – und Heiko Pollmeier nach: Den in dieser de zuwendeten, von der Lady Montagu wie die amerikanische Publizistin Susan Zeit überall grassierenden Pocken, die die berichtet hatte und die Ärzte und Obrig- Sonntag zusammenfaßt –, seiner angefoch- Pest als “Leitseuche” ablösten, begann man keiten der Bevölkerung bald eindringlich tenen kreatürlichen Physis begegnet. Uner- nun mit Impfungen zu begegnen. Nicht nahezubringen versuchten. – Zu unheim- kannt in ihren Ursachen, kaum heilbar in die Mediziner gaben den Anstoß für die lich erschien eine Methode, die die Krank- der Behandlung, alle und jeden in einer be- Einführung dieser – aus unserer Zeit nicht heit mit der Krankheit, also den Teufel mit fallenen Gemeinschaft bedrohend, gewan- mehr wegzudenkenden – Prophylaxemaß- dem Beelzebub austreiben wollte. Im Den- nen die Seuchen der Vergangenheit Züge nahme, sondern eine Schriftstellerin, die ken der beginnenden Neuzeit, etwa ihren eines mysteriösen, bösartigen und dämo- Engländerin Lady Montagu. Sie hatte bei religiösen Skrupeln, in die Vorsehung Got- nischen Feindes, gegen dessen zerstörende einem längeren Aufenthalt in Konstan- tes einzugreifen, lassen sich Bestandteile ei- und demoralisierende Wirkung ein ganzes tinopel das im Orient in der Volksmedi- ner ethischen Krankheitsbetrachtung auf- Arsenal an Bewältigungsstrategien aufgebo- zin seit Jahrhunderten schon praktizierte zeigen, die als solche auch bei heutigen ten wurde: rationale wie irrationale, medi- Verfahren kennengelernt, mittels der Ein- biomedizinischen Fragestellungen – Prä- zinische und administrative, soziale und so- pfropfung von Pockenschorf eine passive nataldiagnostik, Organspende, Stammzel- zialpsychologische, geistliche, philosophi- Immunisierung zu erreichen. Nachdem lenforschung – keineswegs obsolet ist. sche und künstlerische. sie selbst 1715 eine Pockenerkrankung Seuchen werden die Menschheit auch In diesem Sinne mag die Ausstellung überlebt hatte, ließ sie ihre Kinder erfolg- weiterhin pari passu begleiten und heraus- “Gotts verhengnis und seine straffe” dazu reich impfen und sorgte, nach England zu- fordern, wie uns Professor Kurth soeben beitragen, daß wir in der historischen Kul- tur des Umgangs mit den Seuchen das uns davon Trennende ebenso wahrnehmen wie Abb. 5: Edward Jenner: An inquiry into the causes and effects of the variolae vaccinae, a disease dis- das uns damit Verbindende. Ein ema, covered in some of the western counties of England, particularly Glucestershire, and known by the das uns eines der sicherlich anschaulich- name of the cow pox. London: Jenner, 1798. Signatur HAB: Mi 4° Kapsel 1: 6 sten Beispiele liefert, wie sehr der Mensch hier und heute bestimmt ist von seiner Ge- schichte. Ich hoffe, mit diesem virtuellen Gang durch die Ausstellung ihr Interesse für die Geschichte der Seuchen geweckt zu haben und danke für Ihre Aufmerksam- keit. 21

“Andachtsliteratur als Künstlerbuch: Dürers Marienleben”

Einführungsvortrag1 anläßlich der Eröffnung der Ausstellung

omas Schauerte

Lieber Herr Schmidt-Glintzer, Wie anders wäre es sonst zu erklären, daß gang mit den Kunstwerken selbst; so et- liebe Frau Wiener, nicht ein einziges Exemplar des “Marien- wa im Februar 1638 auf jener Amsterda- liebe Frau Scherbaum, lebens” in einer originalen Einzelbindung mer Versteigerung, die durch die Käufe lieber Herr Drescher, der Zeit auf uns gekommen ist. Anders aus- Rembrandts dortselbst berühmt geworden meine sehr geehrten Damen und Herren! gedrückt: Wären in großer Zahl aufwendig ist: Hier wurden die – möglicherweise so- gebundene Buchausgaben des “Marienle- gar originalen – Druckstöcke des “Mari- Wer von Ihnen jemals mit der Herstellung bens” in die damaligen Humanisten- und enlebens” angeboten und für ein horren- eines Buches in Berührung gekommen ist Patrizierbibliotheken gewandert, so hätten des Geld auch erworben. Das in seiner Ge- oder gar selber eines zum Druck befördert vermutlich doch einige Exemplare im Fa- samtheit bislang unpublizierte Dokument hat, der weiß, wie viele Mühen und Sor- milienbesitz bis in unsere Zeit halbwegs un- führt den betreffenden Aufruf mit folgen- gen, wie viele Irrtümer und deren intrikate versehrt überdauern müssen. dem Wortlaut: 1 vrouen leven van Albordu- Berichtigungen damit verbunden sind; er Zu dieser – zugegebenermaßen eher ver- er hout sneden Zijnder 21 plaeten á 13 fl. kennt die Probleme des Umbruchs und des drüßlichen als erbaulichen – Beobachtung 15 st. Obwohl anscheinend einzeln aufge- Satzspiegels, und die Kunsthistoriker unter fügt sich zwanglos das literarische Echo auf rufen, erwarb sie sämtlich der Amsterda- ihnen auch die einer ästhetisch ansprechen- Dürers Bücher, und dies folgerichtig zu- mer Verleger und Drucker Cornelis Dank- den – oder doch zumindest vertretbaren – nächst ex silentio: Keiner der humanisti- kertsz. Für stolze 288 Gulden. Und beiläu- Bebilderung. Die moderne Technik – auch schen Panegyriker auf den noch lebenden fig erwähnt: Die drei folgenden Nummern wenn sie bislang unbekannte neue Tücken oder bereits verewigten Künstler erwähnt liefern einen von vielen weiteren Gründen, mit sich bringt – hat hier manche gravie- diese heute so erstaunliche und – nicht diese Auktionsliste einmal vollständig zu rende Erleichterung geschaffen, und anders nur für einen Maler – vollkommen bei- publizieren, denn dort werden die Kup- als zu Dürers Zeiten bewirkt heute die Ein- spiellose Druckinitiative. So etwa spricht ferplatten von Dürers “Ungleichem Paar” gabe in die Tastatur Dinge, die damals ge- 1512 – kaum ein Jahr nach dem Erschei- (tas vloijer), vom sogenannten “Traum des wiegte Handwerker Tage oder gar Wochen nen – Johannes Cochläus, der mit Dürer Doktors” (droomer) und vom “Koch und in Atem halten konnten. und Chelidonius bestens bekannte Rektor seinem Weib” (cockje) angeboten, weiterhin Über diesen anachronistischen Ver- der Lorenzer Lateinschule (also sozusagen die Druckstöcke zum “Hl. Franziskus”, zur gleich kommen wir vielleicht einer gerech- der humanistisch gebildete Ideal-Käufer “Dreifaltigkeit” von 1511 und zu weiteren ten Einschätzung der staunenswerten Tat- des Marienlebens), in seiner “Brevis Ger- acht nicht näher bezeichneten Holzschnit- sache näher, daß Albrecht Dürer sich dieser maniae descriptio” ausschließlich von der ten Dürers – dies aber nur am Rande. Mühen im Jahre 1511 gemeinsam mit sei- Vortrefflichkeit derKupferstichpassion . Vor allem nämlich erhält in dieser Auk- nem Drucker Hieronymus Höltzel gleich Erst ein Menschenalter später ist es tionsliste das “Marienleben” seinen beson- viermal unterzogen hat, ohne daß anschei- ausgerechnet Giorgio Vasari, der – sonst deren Stellenwert auch dadurch, daß dort nend seine sonstige künstlerische Produk- vollkommen durchdrungen von der Al- neben den Druckstöcken nicht weniger als tion darunter erkennbar gelitten hätte. Dies leinherrschaft der italienischen Malerei – 85 Gesamtfolgen für durchschnittlich um bedeutete zugleich für den, der wollte und Dürer mit etwas süßsaurer Miene für das die 2 fl. versteigert worden waren. Handelt der die Mittel dazu hatte, daß er in diesem Marienleben als erster Literat überhaupt das es sich nun nicht um Nachdrucke, dann Jahr 1511 vier Bücher von ein und dem- geziemende Lob zollt. Er schreibt: scheint der offensichtliche Vorbesitzer Bar- selben Autorengespann – Dürer und Che- Im Jahre 1511 stellte [Dürer] [...] auf zwanzig tholomäus Spranger, Hofmaler des größten lidonius – erwerben konnte. Dies ist in vor- Blättern das ganze Leben der Madonna dar, so gut, Dürer-Sammlers der Kunstgeschichte, bei moderner Zeit allenfalls von den zahllosen daß es unmöglich ist, in Erfindung, perspektivischer seinen Erwerbungen für Kaiser Rudolf II. Luther-Drucken in den stürmischen Jah- Komposition, Architektur, Gewandung und jungen auf ein großes Konvolut von einstmals an- ren der Reformation übertroffen worden, und alten Köpfen Besseres zu leisten. scheinend unverkauften Marienleben ge- die aber natürlich qualitativ keinen ernst- stoßen zu sein – was ebenfalls kaum als In- Und 1675 – also wiederum erst nach haften Vergleichspunkt darstellen. diz für reißenden Absatz zur Zeit der Ent- fast hundert Jahren – folgt dem Floren- Damit jedoch ist das superlativische stehung zu werten wäre. tiner hierin Joachim von Sandrart in sei- dieser publizistischen Großtat noch kei- Zudem erweisen diese Beispiele, daß in ner “Teutschen Academie”, wenn er da- neswegs erschöpft: Denn es stellt ja schon keinem Falle von der Buchausgabe die Re- von schwärmt jedes Buch für sich genommen einen je- de war, sondern das “Marienleben” aus- weils eigenständigen Versuch dar, Bild und [...] wie köstlich er unserer Lieben Frauen Leben ge- schließlich als Blattfolge gewürdigt wird. Schrift nicht nur inhaltlich, sondern auch macht, als er dessen zwanzig Stück, jedes absonder- von ihrer ästhetischen Gesamterscheinung lich von Invention und Gedanken, wegen Natür- 1 Teile dieses Vortrages – insbesondere jene, her sorgsam gegeneinander auszutarieren. lichkeit und fremder Ausbildung sehr fürtrefflich, zumal aber ganz verwunderlich ist. die die angesprochenen Archivfunde betref- Um so mehr muß es heute erstaunen, fen – werden im Laufe des Jahres 2006 vor- daß dies die wenigsten unter den Zeitge- Diese Wertschätzung erst in so viel spä- aussichtlich im Wallraf-Richartz-Jahrbuch in nossen Dürers begriffen zu haben scheinen. terer Zeit zeigt sich aber auch im Um- ausführlicherer Form zu finden sein. 22 23

Dabei scheint es schwer vorstellbar, daß im Laufe der Jahrhunderte sämtliche Besitzer von gebundenen Ausgaben der Versuchung erlegen sein sollten, eine – womöglich so- gar wertvolle – Bindung zu Verkaufs- oder Präsentationszwecken aufzulösen. Hinzu kommt, daß ja gerade im 17. und 18 Jahr- hundert das Zusammenbinden von Gra- phik in Buchform gängig und verbreitet war. Nimmt man all diese Indizien zusam- men, so scheinen – wie auch immer der wirtschaftliche Erfolg für Dürer beurteilt werden mag – seine Bücher von 1511 ihr künstlerisches Anliegen – das sich vielleicht mit der “Etablierung des Typus humanisti- sches Kunstbuch” beschreiben ließe – ver- fehlt zu haben. Jedenfalls folgte kein weite- res derartiges “Kunstbuch” von der Hand Dürers mehr, und auch im übrigen Nürn- berg scheint seinem Beispiel niemand ge- folgt zu sein. War Dürers “Marienleben” also ein Miß- erfolg? Um dem erbaulichen Charakter dieses Vormittags keinen Eintrag zu tun, sei so- gleich vorweg genommen, daß davon na- türlich – vor allem aus kunsthistorischem Blickwinkel – keine Rede sein kann, schon allein angesichts der zahllosen Anregun- gen, die andere Künstler aus diesem rei- chem Motivschatz empfangen haben, wie ihn Vasari und Sandrart so treffend charak- terisiert haben. Aber noch eine andere Art von Erfolg gilt es für das “Marienleben” zu beleuchten, für den wir den Bogen ein we- nig weiter spannen müssen. Zu den hervorstechenden Charakteri- stika des Humanismus zählen bekanntlich nicht nur seine Antikenfixierung und der bildungsreformerische Anspruch, sondern auch die Tatsache, daß diese neuartigen Denkansätze nur vor dem Hintergrund ei- ner staunenswert dichten und die nationa- len Grenzen weit hinter sich lassenden Ver- netzung der Gelehrten untereinander mög- Epistolare beati Hieronymi lich waren. Der junge Dürer hatte dies am Abb. 1: Albrecht Dürer: Titelholzschnitt zu: , Basel (Nikolaus Kessler), 8. August 1492. 19 x13,3 cm (Bildgröße). Universitätsbibliothek Freiburg Sign.: 4° K2621 fe. eigenen Leibe wohl erstmals 1492 in Ba- sel erfahren, als dem Malergesellen offen- bar die Empfehlung seines Taufpaten, des mals von vielen Gelehrten begierig erwar- Schreibweise der griechischen, noch mehr Nürnberger Druckerfürsten Anton Kober- tet wurde, um nichts Geringeres als um das aber der hebräischen Buchstaben deuten auf ger, eine rasche Eingliederung ermöglich- Titelblatt ersucht (Abb. 1). Es zeigt zu Ein- entsprechende Impulse aus dem Umkrei- te – doch nicht etwa in die dortigen Ma- gang der Edition seiner Briefe den Heiligen se Reuchlins hin, des ersten und führenden lerwerkstätten, sondern in das Basler Buch- Hieronymus bei dem hübschen Märlein der Hebraisten im Reich, der nach Basel be- leben mitsamt seinen Verbindungen zu Dornausziehung des Löwen, zu dem er sich sonders enge Kontakte pflegte. Auch wenn städtischen Intellektuellenkreisen. für Augenblicke von seinem epochalen bi- es Dürer hier versagt blieb, sein Werk auch Und mit stupender Folgerichtigkeit ist blischen Übersetzungswerk abgewandt hat. im Druck namentlich zu kennzeichnen, so es also ein Buchholzschnitt, mit dem sich Unser Augenmerk ist dabei auf die drei auf- konnte er doch gewiß sein, daß die Blicke der 21-jährige Albrecht Dürer – unter geschlagenen Folianten zu richten: Sie zei- der geistigen Elite seiner Zeit alsbald dar- ausdrücklicher Nennung seines Namens gen den Beginn der Schöpfungsgeschich- auf ruhen würden. und seiner Herkunft auf dem erhaltenen te – “Im Anfang war das Wort” –, wieder- Vielleicht war dies ja eines der initialen Druckstock – in die Gattungsgeschichte gegeben in den drei biblischen Sprachen Momente für jenes Werk, das ihn sechs Jah- des Holzschnitts einführt: Der zugereiste Latein, Griechisch und Hebräisch. Die re später auf einen Schlag berühmt machte Malergeselle wurde für ein Buch, das da- bemerkenswert um Korrektheit bemühte und das das Schicksal, meist als Kunstwerk, 22 23

doch nur selten als Buch wahrgenommen tiefung des Gesehenen gibt, oder anders mann und selbstgewissen Künstler klar vor worden zu sein, mit dem “Marienleben” ausgedrückt: Durch das Nebeneinander ei- Augen gestanden haben, daß er mit seiner teilt. Die Rede ist natürlich von der “Apo- nes kanonischen Bibeltextes mit den Holz- Druckgraphik um jeden Preis in diesen – kalypse”, die 1498 – wohl angeregt von schnitten Dürers empfangen diese von je- modern ausgedrückt – “Verteiler” für an- Schedels Weltchronik – gleich in zwei Aus- nem die Aura von Authentizität, aber auch spruchsvolle Reproduktionskunst gelangen gaben mit dem deutschen Text und dem la- von Objektivität; und folgerichtig ist Dü- mußte, den das Buch im europäischen Hu- teinischen der Vulgata des Hieronymus zu rers Bildfolge zur Vision des Johannes ih- manismus darstellte. Der Weg der Buchpu- den 15 Holzschnitten erschien, die nun alle rerseits bis in unsere Zeit geradezu kano- blikation mit einem lateinischen Text, der das berühmte Monogramm tragen, wie Sie nisch geworden. auch gehobenen Ansprüchen genügte, war sich gleich in der Ausstellung selbst über- Dabei wird man aber wohl behaupten für Dürers Zwecke also in jeder nur denk- zeugen können (Abb. 2). Daß es Dürer hier dürfen, daß dieser Siegeszug nicht allein auf baren Hinsicht ideal. nicht um eine Textillustration im strengen der fulminanten Qualität der Holzschnitte Gerade der erste gesicherte Holzschnitt Sinne ging, ist bekannt; interessant er- beruhte; mitentscheidend wird auch der be- Dürers mit dem Kirchenvater Hieronymus scheint vielmehr der Gedanke, daß er dem sondere Weg ihres Vertriebs gewesen sein, aber zeigt auch – bei aller Nähe zur geisti- Betrachter seiner Holzschnitte durch die den Dürer instinktsicher einschlug: der des gen Elite des Humanismus – das Dilem- Beigabe des biblischen Referenztextes die Buches. Schon 1492, beim Hieronymus, ma, in das ihn diese Kontakte fast zwangs- Möglichkeit der Vergewisserung und Ver- dürfte dem vorausschauenden Geschäfts- läufig bringen mußten. Denn die Urquelle humanistischer Inspiration – also die anti- Abb. 2: Albrecht Dürer: Die vier apokalyptischen Reiter mit dem lat. Vulgata-Text. Doppelseite aus: ken Texte und ihre Rezeption in der zeit- ders., Apocalipsis cum figuris, Nürnberg (Hieronymus Höltzel) 1511. Holzschnitt, 39,6 x 28,3 cm genössischen, neulateinischen Literatur – (Bildgröße). Abb. nach: Andachtsliteratur als Künstlerbuch. Dürers Marienleben. Eine Ausstellung stand ihm aufgrund unabweisbar fehlen- der Bibliothek Otto Schäfer zu einem Buchobjekt des Nürnberger Humanismus. Schweinfurt, 23. Ja- der Sprachkenntnisse schlichtweg nicht zu nuar – 17. April 2005. Wolfenbüttel, 20. November 2005 – 29. Januar 2006. Hrsg. im Auftrag der Gebote. Wir können nur mutmaßen, ob Otto Schäfer-Stiftung e. V. von Georg Drescher, Schweinfurt 2005, S. 27. und inwieweit etwa das tägliche Latein der hl. Messe oder die vergleichsweise schlich- te Vulgata Dürer zugänglich war oder wie- weit er einen lateinischen Text in seinen Hauptzügen verstehen konnte. Das ändert aber nichts daran, daß er von der Teilnah- me an der Briefkommunikation und der li- terarischen Tätigkeit seiner humanistischen Freunde und Zeitgenossen definitiv ausge- schlossen blieb. Daß der Maler in seinem letzten Lebens- jahrzehnt aber dennoch zum Literaten wur- de, darf – gerade deshalb vielleicht – wohl zu den großen emanzipatorischen Leistun- gen der europäischen Geistesgeschichte ge- zählt werden. Dieser Tatsache soll nun ein abschlie- ßender Blick gelten. Es gibt bei Dürer keine nennenswerte Debatte um das berühmte “letzte”, das un- vollendete Bild, bei dem die Forschung mit Recht mutmaßen könnte, daß der Tod dem Meister bei der Arbeit daran Pinsel, Zei- chenkohle oder Reißfeder der sinkenden Hand entwunden hätte. Zum einen ist ein solches Kunstwerk für Dürer kaum nach- zuweisen; zum anderen liegen die Ansätze für ein solches “letztes Werk” – wenn über- haupt – auf einem Gebiet, das die Kunst- geschichte bis vor kurzem zwar ehrfurchts- voll, doch ohne rechten Zugriff eher um- schlichen als angepackt hätte. Die Rede ist natürlich von den drei Lehrbüchern Dü- rers, der “Unterweisung der Messung” von 1525, der “Befestigungslehre” von An- no ’27 und von der im Todesjahr darauf postum erschienenen “Proportionslehre”. Vor nunmehr bald zwanzig Jahren, 1986, zeigte das Dürer-Haus in Nürn- berg in einer feinen, doch zu wenig beach- 24 25

mene Gleichgewichtigkeit von Bild und humanistischer Hexameter-Dichtung er- reicht; und zu Ende seines Lebens vollzieht Dürer nun auch noch den letzten Schritt zur künstlerischen Autonomie, denn nun sind es eigene, mitunter fast hermetisch gelehr- same Texte, denen sich der Holzschnitt zu- meist funktional unterordnet. Meine Damen und Herren, aus den e- menkreisen, die diese kurzen Überlegun- gen gestreift haben, seien abschließend drei Gedanken herausgegriffen, die bei unserem Gang durch die Ausstellung vielleicht eine erste kleine Anregung bieten können: 1. Wollte man in die Fußstapfen Erwin Panofskys treten und eine “intellektuel- le Biographie” Albrecht Dürers konstruie- ren, dann böten sich diese Annäherungen an das humanistische Leitmedium “Buch” vielleicht als methodische Haltepunkte für ein solches Unterfangen an. 2. Der Maler und Graphiker Dürer war nicht nur als Illustrator und Verleger, son- dern auch als Verfasser von einer Produkti- vität, die – mit Ausnahme des fernen Eras- mus von Rotterdam – keiner seiner huma- nistischen Weggefährten – es seien dies Celtis oder Pirckheimer, Peutinger oder Chelidonius – erreicht hätte. Und 3. und letztens ist Dürer vollends kon- kurrenzlos durch die Tatsache, daß sich nie- mand sonst dem Phänomen “Buch” von je- der nur denkbaren Seite angenähert hat: als Abb. 3: Albrecht Dürer: Der Zeichner des liegenden Weibes, aus: ders., Vnderweysung der Messung Besitzer, als Illustrator fremder wie eigener mit dem Zirckel vnd richtscheyt. Überarbeitete Neuausgabe Nürnberg (Hieronymus Formschneider [Andreae] ) 1538. Holzschnitt, 7,5 x 21,6 cm (Bildgröße). Herzog August Bibliothek Sign.: Nb 4° Texte, als Verleger, als Händler und schließ- Sammelbd. 1 (2) lich auch als Verfasser. Ich wünsche Ihnen nun viel Freude in dieser sorgsam und kenntnisreich zusam- teten Ausstellung von Matthias Mende ein diesen Zeichnungen zur Neuauflage der mengestellten Ausstellung zu Dürers und anläßlich der Restaurierung zerlegtes Ex- “Unterweisung” also tatsächlich so etwas Chelidonius’ Kunstbuch vom “Marienle- emplar der “Unterweisung der Messung” wie ein “Vermächtnischarakter”. Darüber ben”. Vielen Dank! von 1525 aus dem Besitz der Bayerischen hinaus aber zeigen sie zugleich eine bemer- Staatsbibliothek, wo es 1983 erst entdeckt kenswerte Tatsache auf: Es war eine Buch- Der Katalog zur Ausstellung, s. Abb. 2 worden war. Das Buch erhält seinen un- illustration, mit der Dürer sich in die Ge- schätzbaren Quellenwert durch die Tatsa- schichte der Gattung Holzschnitt 1492 che, daß Dürer hier eigenhändig jene Kor- einreihte, und es waren wiederum Buchil- rekturen einfügte, die für eine zweite Aus- lustrationen, mit denen er 1528, nachdem gabe vorgesehen waren, die er jedoch nicht er ihre Ausdrucksformen revolutioniert hat- mehr erlebte, da sie erst 1538, zehn Jahre te, daraus wieder schied. Exakt in die Mit- nach seinem Tod, erscheinen sollte. Er ver- te dieser Zeitspanne von ganzen 37 Jahren sah sie zudem mit einigen Skizzen, die spä- fällt die große Druck-Kampagne des Jahres ter unter anderem zu dem Holzschnitt mit 1511. Damit sind hier vier Stationen in der dem “Zeichner der Kanne” oder dem noch geistigen und künstlerischen Entwicklung bekannteren “Zeichner des liegenden Wei- Albrecht Dürers gegeben, die mit der Annä- bes” wurden (Abb. 3). Die Skizze dazu ist herung an das Buch zugleich auch vielfältige bislang unpubliziert und zeigt bemerkens- Berührungspunkte mit dem Humanismus wert deutlich, daß das liegende Weib aus umreißen: 1492 mit dem hl. Hieronymus einem liegenden Mann hervorgegangen ist das Urbild des sprachgelehrten Humani- (was uns aus anderen Zusammenhängen ja sten als Auftragsarbeit zur Illustration ei- durchaus vertraut ist). nes fremden Textes; 1498 folgt die geniale Gemeinsam mit Dürers eigenhändi- Apokalypse, der der Bibeltext autoritativ an ger Reinschrift der “Proportionslehre” für die Seite gestellt wird. 1511 schließlich wird den – ebenfalls postumen – Druck eignet gemeinsam mit Chelidonius die vollkom- 24 25

Niemand weiß, wie lang’ er es hat, was er ruhig besitzet

Ausstellung für die Hans und Helga Eckensberger-Stiftung

Helwig Schmidt-Glintzer

Sehr verehrte Festversammlung, sehr geehrter Herr Webendoerfer, sehr geehrter Herr Blankenagel, sehr geehrter Herr Barrmeyer, sehr geehrter Herr Müller, sehr geehrter Herr Schnell vom Vorstand der Hans und Helga Eckensberger-Stif- tung, meine Damen und Herren! Die Herzog August Bibliothek bedankt sich heute öffentlich mit einer Präsenta- tion der Leihgaben der Hans und Helga Eckensberger-Stiftung, die diese im Laufe der Jahre dem Wolfenbütteler Schatzhaus anvertraut hat. Die Herzog August Bibliothek bedankt sich für die großzügige Unterstützung durch die Stiftung, welche sie erfahren hat. Ohne sie wäre der – Erwerb der Sammlung Jürgen Eyssen nicht möglich gewesen. Die Bibliothek bedankt sich für Flugblatt aus dem Jahr 1631. Aus der Sammlung Stopp, erworben durch die Hans und Helga Eckens- – die Dauerleihgabe seltener Flugblätter berger-Stiftung, Depositum in der Herzog August Bibliothek Sign.: Dep. 4.9 FM 56.1 des 16. bis 18. Jahrhunderts; dank zwei- maliger Ankäufe in den Jahren 1998 und 2004 hat die Flugblatt-Sammlung qualitativ hervorragend zu ergänzen. Dem genpol zu dem wirtschaftlich-zweckratio- der Eckensberger-Stiftung inzwischen Niveau der Drucke und der Illustrationen nalen Denken unerläßlich ist. Denn so erst 63 Blätter, entsprechen die kunstvollen Einbände, die kann das Kraftfeld entstehen, dessen eine – eine mittelalterliche Sachsenspiegel- Eyssen in vielen Fällen für seine Bücher hat freiheitlich verfaßte Gesellschaft bedarf, Handschrift aus dem Schloß Meinin- anfertigen lassen. um ihre Zukunft kreativ und verantwort- gen, erworben im Jahr 2002, Ich freue mich daher auch, heute Frau lich zu gestalten. – die Beteiligung an der Neugestaltung Brigitte Eyssen zu begrüßen. Sie hat die Wenn wir heute die Förderung durch der Lessing-Ausstellung im Lessinghaus Sammlung in die Herzog August Biblio- die Hans- und Helga Eckensberger Stif- im Jahr 2004, thek gegeben. tung dankend würdigen, so unterstreichen und schließlich Die Herzog August Bibliothek ist be- wir damit zugleich, daß es keinen Gegen- – die Auslobung von jährlich zwei For- strebt, zeitgenössische Buchkunst ebenso satz zwischen karitativer und kulturmäze- schungsstipendien zur Erforschung der wie die qualitätvollen Forschungsarbeiten natischer Förderung geben darf. Wir se- Braunschweigischen Landesgeschichte. und Editionen zur Kulturgeschichte Eu- hen unsere Wünsche denn auch nicht in Eine Stipendiatin, Frau Dr. Gabriele ropas umfassend zu erwerben. Doch sie Konkurrenz zu der Notwendigkeit karita- Wacker, wird übrigens im Rathaus Er- wird auch in Zukunft ihrem Sammlungs- tiver Zwecke, sondern wie Geist, Körper gebnisse ihrer Forschungen öffentlich auftrag nicht allein durch die kontinuierli- und Seele zusammenhängen, so sehen wir präsentieren. Christian Lippelt arbei- che Erwerbung von Einzeltiteln nachkom- die Förderung der Herzog August Biblio- tet derzeit über Franz Algermann, einen men können, sondern – wie in der Vergan- thek auch im Kontext der sonstigen Förder- Verwaltungsbeamten am Wolfenbütte- genheit – immer wieder auch geschlossene initiativen der Hans- und Helga Eckensber- ler Hofe. Sammlungen aufnehmen müssen. Dazu ger Stiftung. Es war ein Glücksfall, daß die Her- bedarf sie immer wieder auch außerge- Menschen im Alter und in Krankheit zog August Bibliothek im Jahre 1995 die wöhnlicher öffentlicher und privater Un- ein Leben in Würde zu ermöglichen, Bil- Sammlung Eyssen erwerben konnte. Dieses terstützung. Denn es scheint sich ja abzu- dung und Ausbildung zu fördern als Ver- Jahr sind dies 10 Jahre her! Dieser Ankauf zeichnen, daß unsere Kultur in Zukunft in pflichtung gegenüber der Zukunft junger einer mit großer Kennerschaft über Jahr- erheblich stärkerem Maße als bisher von Menschen und insbesondere dabei die För- zehnte aufgebauten geschlossenen Samm- solcher private-public-partnership abhän- derung der Behindertenarbeit – und dann lung ermöglichte es, den in der Herzog Au- gen wird, wie sie bei der Erwerbung der auch Kulturförderung –, dies alles sind För- gust Bibliothek vorhandenen Bestand an Sammlung Eyssen segensreich gewirkt hat. derungsziele Ihrer Stiftung, und ich möch- Pressendrucken und illustrierten Büchern Wir sind uns bewußt, daß Kultur als Ge- te Sie ermutigen: fördern Sie weiter in die- 26 27 ser umsichtigen Weise. Zu einem Leben in Würde gehört das Geistige und das Kul- turelle – ich persönliche meine: auch das Geistliche –, ebenso wie die Grundversor- gung bei Krankheit und Gebrechlichkeit und bei Behinderungen, alles Dinge, vor denen wir allzu leicht die Augen verschlie- ßen, solange wir oder engste Angehörige nicht betroffen sind. Kinder übrigens haben einen besonde- ren Sinn dafür – und es ist daher wichtig, daß sie in jungen Jahren das Ringen der Erwachsenen um Gerechtigkeit und Aus- gleich erfahren. Das Kapital und die Erträge sind das Eine, aber ebenso wichtig ist die Arbeit des Vorstandes, der “nach den Grundsät- zen der Stiftung nach freiem Ermessen” über Zuwendungen befindet. Das klingt für manche vielleicht wie Willkür und Be- liebigkeit, doch wir wissen, daß freies Er- Flugblatt “Wie sich ein Teutscher Monsieur All’modo kleiden soll”, Ausschnitt, Herzog August Bi- messen eigentlich genau das Gegenteil da- bliothek Sign.: Dep. 4.9 FM 23 von ist, es hat mit Verantwortung, mit Um- sicht und mit Augenmaß zu tun, auch mit Empathie und Mitgefühl, alles Dinge, die wenn wir unser Vertrauen in Entscheidun- nicht verordnet werden können und daher gen “nach freiem Ermessen” setzen. eben Freiheit ausmachen, die bekanntlich Im Schiller-Jahr 2005 lassen Sie mich – oft eine größere Bürde ist als die Unfreiheit. statt eines Schlußwortes – eine Passage aus In diesem Sinne danke ich – auch ganz per- Hermann und Dorothea (Klio, V. 192 ff.), sönlich – dem Vorstand für seine selbstlose dem Werk des anderen großen Weimara- Arbeit. ners, zitieren: Es wird Sie nicht überraschen, daß ich diese Präsentation zum Anlaß nehme, bes- Und der Geistliche zog ein Goldstück .... Und er reicht’ es dem Schulzen und sagte: “Tei- seren Rahmenbedingungen für privates En- let den Pfennig gagement das Wort zu reden, wie dies viele Unter die Dürftigen aus, und Gott vermeh- andere Kulturschaffende und Wirtschafts- re die Gabe!” vertreter auch tun. Zu solchen Rahmenbe- Doch es weigerte sich der Mann und sagte: dingungen gehört etwa die Gleichstellung “Wir haben gemeinnütziger Tätigkeit mit erwerbswirt- Manchen Taler gerettet und manche Kleider schaftlicher Arbeit im Steuerrecht. Bern- und Sachen, hard Freiherr von Loeffelholz hat als ge- Und ich hoffe, wir kehren zurück, noch eh’ es schäftsführendes Vorstandsmitglied des nachzudenken, die für die Aufnahme dieser verzehrt ist.” Kulturkreises der deutschen Wirtschaft Mittel genutzt, erweitert oder neu geschaf- Da versetzte der Pfarrer, und drückt’ ihm das vor Jahren vorgeschlagen: “Die Wirtschaft fen werden könnten, darunter Stiftungen Geld in die Hand ein: sollte als Stifter und Sponsor ihr Engage- für kulturelle, soziale oder auch ökologi- Niemand säume, zu geben in diesen Tagen, ment für die Kulturförderung weiter er- sche Zwecke.” (siehe Frankfurter Allgemei- und niemand höhen.” Und er hat einen mir sehr plau- ne Zeitung vom 18.9.1997) Weigre sich, anzunehmen, was ihm die Mil- siblen weiteren Vorschlag gemacht, den er Meine Damen und Herren, mir liegt de geboten! Niemand weiß, wie lang’ er es hat, was er ru- folgendermaßen formulierte: “Die christli- nicht daran, die Hans und Helga Eckens- hig besitzet; che Kirche war über Jahrhunderte einer der berger-Stiftung gewissermaßen als Ersatz- ... wichtigsten Kulturträger. Mehr und mehr korporation für die Kirchen zu empfehlen. Bürger treten jedoch heute aus der Kirche Lassen wir die Kirche im Dorf ! – Aber über Die Hans und Helga Eckensberger-Stif- aus, nicht zuletzt auch, um die Kirchen- die Bedeutung von Stiftungen muß in un- tung wird weiter segensreich wirken. Dafür steuer für eigene Zwecke zu nutzen. Wenn serem Lande auch weiterhin noch intensi- sind wir dankbar, und wir hoffen – denn: man davon ausgeht, daß alle Bürger direkt ver nachgedacht werden – und zwar keines- Niemand weiß, wie lang’ er es hat, was er oder indirekt Vorteile davon haben, in ei- falls, um Begehrlichkeiten zu entsprechen, ruhig besitzet; –, daß es weitere Stiftungen nem Kulturstaat zu leben, wäre daran zu sondern um bewußte Gestaltungskraft aus und Zustiftungen geben möge, Gaben auch denken, bei denjenigen, die aus der Kirche freier Entscheidung noch mehr zu ermög- freier Bürgerinnen und Bürger, damit im- austreten, als Ersatz für die Kirchensteu- lichen als dies bisher der Fall ist. Der Vor- mer wieder neu in freier Entscheidung für er eine Kulturabgabe zu erheben, über de- stand der Hans und Helga Eckensberger- die Menschen in der Region Braunschweig ren Zweckbestimmung und Zuordnung die Stiftung zeigt, gerade weil er nicht spekta- Gutes getan wird. Abgabepflichtigen selbst entscheiden soll- kulär, sondern im Stillen und zugleich in ten. Gegebenenfalls wäre über Strukturen großer Verantwortung wirkt, daß es gut ist, 26 27

Spenden für die Sammlung deutscher Drucke 1601–1700 Petra Feuerstein-Herz

Tombeau de la pauvreté, Grab der Armut, benannte der französische Adelige Henri d’Atremont publikumswirksam eine kleine Veröffentlichung, die er 1672 zum Druck brachte, und von welcher die nur wenige Monate später in Frankfurt am Main er- schienene gleichnamige deutsche Über- setzung nun in einem Exemplar von der Herzog August Bibliothek erworben wur- de (Abb. 1). Wer wollte nicht erfahren, wie die Ar- mut dauerhaft besiegt und zu Grabe ge- tragen werden kann? Und wer wollte an- gesichts strapazierter Staatskassen der öffentlichen Hand eine solche Kunde vor- enthalten? Doch leider bietet Atremont auch nur ein in der Frühen Neuzeit oft pro- biertes, aber nie gelungenes Rezept an: das Goldmachen. Und solange der Staat die- ses Kunststück nicht beherrscht, darf sich die Herzog August Bibliothek als deutsche

Abb. 1: H. d’Atremont: Das Grab Der Armut: Darinnen klärlich von der Veränderung der Metallen/ und dem Wege darzu zugelangen/ ge- handelt wird/ Durch Einen unbekanten Philoso- phum, für seine sonderbare Freund geschrieben. Auß dem Frantzösischen übersetzet durch einen Liebhaber der Weißheit, Franckfurt: bey Johann Peter Zubrodt und Johann Baptista Schönwet- ters sel. Erben, 1672. HAB: Xb 8180

Abb. 2: Der arme Pilgrimirende Nimmer-Till. Einblattdruck. 1632. HAB: Einbl. Xb FM 212

Nationalbibliothek des 17. Jahrhunderts zu nennen sind auch die erneuten Depo- auch über private Förderung ihres gewich- sita der Hans und Helga Eckensberger Stif- tigen Sammelauftrags freuen: So konnten tung in der Wolfenbütteler Bibliothek. Es das kleine Alchemiebuch und weitere 30 handelt sich dabei um zwei rare Schriften wertvolle Schriften des 17. Jahrhunderts aus der Gründungszeit der im Umfeld des im vergangenen Jahr mit großzügiger Un- evangelischen eologen Johann Valentin terstützung einer privaten Sponsorin, die Andreae (1586 –1654) begründeten christ- ungenannt bleiben will, wie auch der Ge- lichen Bruderschaft der Rosenkreuzer von sellschaft der Freunde der Herzog August Bi- 1615/1616. bliothek e. V. in Antiquariaten und auf Auk- Die Gesellschaft der Freunde unter- tionen angekauft werden. In diesem Zuge stützte die Bibliothek beim Ankauf eines 28 29

Konvoluts von illustrierten Flugblättern handenen Bestände um einzelne Spitzen- aus dem Dreißigjährigen Krieg. Seit dem stücke zu bereichern. Vielmehr soll sich in 16. Jahrhundert erfüllen solche Blätter, von dem Kaufprofil die gesamte Breite der rei- welchen sich eine der weltweit bedeutend- chen antiquarischen Ressourcen abbilden. sten Sammlungen in Wolfenbüttel befin- Um die wichtigsten und seltensten Stük- det, als Vorläufer erster Zeitungen für die ke gleichmäßig stark erwerben zu kön- öffentliche Meinungsbildung eine wichti- nen, sind verläßlich kalkulierbare Erwer- ge Funktion. Heute stellen diese beinahe bungsmittel in ausreichendem Umfang immer nur in wenigen Exemplaren über- erforderlich. Aufgrund von Einschränkun- lieferten Drucke für die kultur-, mentali- gen im Etat in den letzten Jahren ist es je- täts- und mediengeschichtliche Forschung doch schwieriger geworden, diesem An- unverzichtbare Quellen dar. Bei den Erwer- spruch gerecht zu werden. Zumal nicht bungen handelt es sich um einige der zahl- selten private Sammler und von zahlungs- reichen beliebten Spottblätter auf die kai- kräftigen Sponsoren unterstützte ausländi- serlichen Truppen, wie den Armen Pilgrimi- sche Bibliotheken auf den Buchauktionen renden Nimmer-Till (Abb. 2), entstanden höhere Summen für die wertvollen alten nach der Schlacht bei Breitenfeld im Sep- Bücher bieten. tember 1631. Nach großen Erfolgen erlitt Um so erfreulicher war es für die Her- der kaiserliche Feldherr Tilly hier eine ent- zog August Bibliothek, im Jahr 2005 von scheidende Niederlage, er selbst wurde ver- den genannten Spendern finanzielle Un- wundet, sein Heer löste sich auf. Das Blatt terstützung im Rahmen von rund 25.000 zeigt den ratlosen Feldherrn, der die Um- Euro erfahren zu haben. Nicht nur in Zei- kehr seines Kriegsglücks tief bedauert, im ten knapper öffentlicher Kassen ist über das Hintergrund Szenen, wie er von einem Hof in Deutschland im Vergleich etwa zu US- gejagt wird und an einem Haus bettelt. Abb. 3: Johann Yetzeler: Tobias, Gespilt vnd ge- amerikanischen Bibliotheken eher seltene Besondere Erwähnung verdient weiter- halten von einer Jungen Burgerschafft zu Schaff- Sponsoring seitens privater Geldgeber und hin eine bislang weltweit ohne Standort- hausen/ den 19. vnd 20. Tag Septembris/ deß Freundesvereine angesichts weitreichender nachweis gebliebene Ausgabe von Chri- 1605. Jars: Abgetheylt vnnd vnderscheiden in Aufgaben, zumal auf dem Sektor des Er- stian Weises lustig-geselligen Liebesdich- gewisse Actus vnd Scenas, wie gebräuchig/ samt haltens und Erschließens nationalen Kul- tungen Der grünen Jugend Überflüssige dero vorher gesetzten Argumenten/ oder Sum- turguts, verstärkt nachzudenken. Die nun Gedanken (Nürnberg: Felsecker 1677), die marischen Inhalts; Allen Ständen ... lustig vnd erworbenen allesamt seltenen Drucke wer- im Urteil der Fachwelt “zu den schönsten lieblich zu lesen, Getruckt zu Lindaw im Bo- den in der Bibliothek restauratorisch be- weltlichen Liedsammlungen des Jahrhun- densee/ Jn Verlegung Hans Jacob Fuchsen/ vnd treut, den modernen Maßgaben entspre- Bernhardin Wolffenspergers/ Burgern zu Schaf- derts”, die noch in “leiseren Schwingungen chend in weltweit zugänglichen Datenban- hausen, 1605. HAB: Xb 8112 ... in Goethes Leipziger Liederbuch ver- ken nachgewiesen und soweit es möglich nehmlich” ist, gehören. ist, in digitalen Volltexteditionen der brei- Mit dem geistlichen Drama Tobias antiquarisch zu ergänzen. Nachdem die ten Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht. (Abb. 3) konnte ein von der Schaffhause- VolkswagenStiftung den Programmbeginn ner Jugend 1605 öffentlich in deutscher mit 5 Mio. DM bis 1995 gefördert hatte, Sprache aufgeführt und von dem Schwei- wird die Sammlung Deutscher Drucke seit- zer eologen Johann Yetzeler im gleichen her aus Landesmitteln finanziert. Seit 1996 In der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deut- Jahr in Lindau am Bodensee zum Druck sind rund 2 Mio. Euro an Erwerbungsmit- scher Drucke (SDD) kooperieren sechs Bi- gebrachtes voropitzianisches Schauspiel teln in das ehrgeizige Projekt geflossen, die bliotheken, um eine umfassende Samm- oberdeutscher Herkunft angekauft werden. deutsche Buchproduktion des 17. Jahrhun- lung der gedruckten Werke des deutschen Diese bislang in keiner deutschen Biblio- derts in großem, idealer Weise vollständi- Sprach- und Kulturraums vom Beginn des thek nachgewiesene Schrift stammt aus der gem Umfang in der Herzog August Biblio- Buchdrucks bis in die Gegenwart aufzu- vor einigen Jahren aufgelösten Fürstlich- thek für Wissenschaft und Öffentlichkeit bauen und zu erschließen. Dadurch ent- Fürstenbergischen Hofbibliothek Donau- bereitzuhalten. steht eine virtuelle Nationalbibliothek, in eschingen. Es bleibt der germanistischen Auch wenn die Wolfenbütteler Samm- der die beteiligten Bibliotheken für folgen- Forschung nun überlassen, der Vermutung lung aufgrund der weitsichtigen Erwer- de Zeitsegmente verantwortlich sind: nachzugehen, es handele sich um eine sze- bungstätigkeit Herzog Augusts und seiner nische Bearbeitung des von Jörg Wickram Nachfolger die Buchproduktion des Ba- 1450 – 1600: Bayerische Staatsbibliothek 1551 zum Druck gebrachten Stückes Ein rockzeitalters wie keine andere Institution München schön und nutzlichs biblischs Spil von dem weltweit repräsentiert, liegen viele Jahre in- 1601 – 1700: Herzog August Bibliothek Wol- Tobia. tensiver antiquarischer Erwerbung vor der fenbüttel Im Laufe der letzten 15 Jahre konnte Bibliothek. Die mit der Aufgabe betrau- 1701 – 1800: Niedersächsische Staats- und die Herzog August Bibliothek annähernd te Arbeitsstelle wertet jährlich einige hun- Universitätsbibliothek Göttingen 1801 – 1870: Universitätsbibliothek J. Chr. 14.000 Originaldrucke aus dem 17. Jahr- dert Kataloge und Angebotslisten des deut- Senckenberg, Frankfurt am hundert erwerben. Als Mitglied in der 1989 schen und internationalen Auktions- und Main begründeten Arbeitsgemeinschaft Samm- Antiquariatshandels aus. Das Angebot von 1871 – 1912: Staatsbibliothek zu Berlin – lung Deutscher Drucke erfüllt die Bibliothek Barockdrucken ist trotz einzelner Schwan- Preußischer Kulturbesitz den Auftrag, ihren historischen Altbestand kungen insgesamt ausgesprochen gut und 1913 ff.: Die Deutsche Bibliothek Leip- mit deutschen Drucken dieses Zeitraums vielseitig. Dabei gilt es nicht nur, die vor- zig, Frankfurt am Main, Berlin 28 29

II. Deutsch-chinesisches hochschulpolitisches Strategiegespräch in der Herzog August Bibliothek

Überlegungen zu einem deutsch-chinesischen Studentenwerk unter den kritischen Blicken von Leibniz und Lessing

Irmy Schweiger

In den letzten Jahren hat sich die Anzahl chinesischer Studierender an deutschen Hochschulen beinahe verfünffacht. Sie stel- len die größte Gruppe ausländischer Stu- dierender in Deutschland, das nach den USA, Australien, Japan und Großbritan- nien auf Platz fünf im Beliebtheitsranking chinesischer Auslandsstudenten steht. Die meisten dieser Free Mover machen sich aus Eigeninitiative, ohne institutionelle Förde- rung und in der Regel mit einem hohen persönlichen und finanziellen Risiko auf den Weg. Auch immer mehr deutsche Stu- dierende – und hier ist jenseits der Sino- logie eine steigende Tendenz in den Inge- nieurs- und Wirtschaftswissenschaften zu beobachten – füllen chinesische Hörsäle. Kundige Feuilletonschreiber zeichnen dies gerne als Beginn einer Karriere, die, wenn man den richtigen Praktikumsplatz wählt, v. l.: Guoxing Cao, Abteilungsleiter im chinesischen Bildungsministerium, Professor Dr. Schmidt- schon auch gleich mal in die Chefetage füh- Glintzer, Direktor der Herzog August Bibliothek, Dr. Herbert Diehl, Bundesministerium für Bildung ren kann. Es sind diese Geschichten von und Forschung, Mingde Shi, chinesischer Gesandter in Deutschland, Dr. Josef Lange, Staatssekretär Erfolg und Misserfolg, die zu Verunsiche- im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Foto: Wöstmann rung und abenteuerlichen Risiken für den Einzelnen in der globalisierten Welt füh- ren. Allmählich jedoch zeichnet sich eine arbeit zu entwerfen. Mit dieser Aufgabe be- Im II. Hochschulpolitischen Strategie- Tendenz ab, die ihren Ausdruck in einer traut wurden kompetente Wissenschaftle- gespräch im September 2005 wurde die- “strukturierten Mobilität”1 auf der Grund- rinnen und Wissenschaftler deutscher und se Bestandsaufnahme nun vertieft und lage strukturierter Ausbildungspartner- chinesischer Universitäten und Fachhoch- schwerpunktmäßig mit der Frage verbun- schaften zwischen deutschen und chinesi- schulen, Vertreterinnen und Vertreter der den, welche Rolle ein Auslandsstudium schen Hochschulen findet. Wie diese unter Hochschulrektorenkonferenz (HRK), des beim Erwerb von Schlüsselqualifikationen den Bedingungen einer immer weiter fort- Deutschen Akademischen Austauschdiens- bzw. bei der Persönlichkeitsbildung junger schreitenden wirtschaftlichen Globalisie- tes (DAAD) sowie der jeweiligen Botschaf- Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- rung ausgebaut, intensiviert und vor allem ten, Ministerien und mit Hochschulpolitik ler spielt und wie die deutsch-chinesische nachhaltig gestaltet werden können, war befassten Behörden und Institutionen. Hochschulkooperation vor dem Hinter- nun zum zweiten Mal Thema eines bilate- Offizieller Auftakt dieser bilateralen Ge- grund wirtschaftlicher Globalisierung in- ralen Hochschuldialogs zwischen Deutsch- spräche bildete das I. Hochschulpolitische tensiviert und ausgeweitet werden könnte. land und der VR China. Strategiegespräch im Juli 2004 im tradi- Im April 2003 vereinbarten das Bun- tionsreichen Konfuziustempel in Beijing. desministerium für Bildung und For- Damals wurde in einer Art Bestandsaufnah- schung und das Bildungsministerium der me aus der jeweiligen “kulturfremden” Per- Volksrepublik China erstmals regelmäßige spektive über Bildungstraditionen und Lern- 1 Dieser Begriff wurde von Helmut Blum- Konsultationen in Form eines Hochschul- kultur im akademischen Bereich des jeweils bach (Leiter der Abteilung Süd, DAAD) in politischen Strategiegesprächs. Im Mittel- “anderen” Landes referiert. Im Vordergrund seinem Referat “Ausbildungsförderung im punkt sollten Fragen der Hochschulbil- standen dabei die historische Entwicklung DAAD im Zeichen der Globalisierung zwi- schen den Interessen von Wissenschaft und dung und Hochschulpolitik stehen, mit und Bedeutung von Bildung und Lernkul- Wirtschaft” verwendet. Der Gesamtwortlaut dem Ziel, anhand eines hochschulpoliti- tur, die Funktion von Bildung im Moderni- wird nachzulesen sein in einer Publikation schen Ländervergleichs gemeinsame The- sierungsprozess, die Praxis des Fremdspra- des BMBF, in der die Beiträge beider hoch- men und Vorhaben in diesem Bereich zu chenunterrichts, Reformen des Bildungs- schulpolitischer Strategiegespräche doku- identifizieren und eine gemeinsame Strate- und Hochschulwesens sowie die Bedeutung mentiert werden (Fertigstellung geplant für gie für die hochschulpolitische Zusammen- gemeinsamer Bildungsstandards. Dez. 2005). 30 31

Bevor sich die etwa vierzig Vertreterin- Gesichtspunkten als eine Ansammlung von schen Hochschulen und Unternehmen bis nen und Vertreter beider Länder am 7. Sep- austauschbaren Wissenselementen aufge- hin zur Notwendigkeit der Stärkung in- tember in der nicht weniger traditionsrei- fasst werden, vielmehr habe Wissenschaft terkultureller Kompetenz im Rahmen ge- chen Augusteerhalle der Herzog August auch die Aufgabe, Zweifel zu wecken und meinsamer Studiengänge – auch und vor Bibliothek in Wolfenbüttel – der einstigen vorgebliche Erkenntnisse grundsätzlich in allem in den Geistes- und Kulturwissen- Wirkungsstätte von Gottfried Wilhelm Frage zu stellen und damit im Humboldt- schaften. Leibniz (1690 bis 1716) und Gotthold schen Sinne nicht nur die fachliche Ausbil- Dass die Ausbildung internationa- Ephraim Lessing (1770 bis 1781) – zusam- dung, sondern auch die Bildung der Per- ler Fachkräfte zwangsläufig mit einer In- menfanden, hatte eine deutsch-chinesi- sönlichkeit zu befördern. Bildung im Sin- ternationalisierung der Ausbildung selbst sche Expertengruppe unter Leitung der ne einer Wechselwirkung zwischen Mensch einhergehen muss, zeigte der zweite Teil HRK tags zuvor schon ganze Arbeit ge- und Welt. des Dialogs, innerhalb dessen sehr exem- leistet. Auf der Grundlage einer detail- Die übergeordnete thematische Klam- plarisch und anwenderorientiert verfah- lierten Studie, die auf der Erhebung und mer, die den ersten Teil der Veranstaltung ren wurde. Es wurde keinerlei Hehl dar- Analyse bereits laufender deutsch-chine- umspannte, war gleichwohl sehr praxisori- aus gemacht, dass es in keinem Falle um sischer Studienprogramme beruht,2 hat- entiert. Wie, so lautete die Frage, der in die Quantität, sondern vor allem um die te sie einen gemeinsamen Katalog von sechs Kurzvorträgen und lebhaften, aus- Qualität der Hochschulkooperationen ge- “Empfehlungen zur Entwicklung von ge- giebigen Diskussionen nachgegangen wur- he und auch zukünftig gehen werde, ge- meinsamen deutsch-chinesischen Studien- de, könnten Lehr- und Lernmodelle für mäß der gängigen Devise: Klasse statt programmen” verabschiedet, in dem sich die Ausbildung der geforderten innovati- Masse. Vorgestellt wurden zunächst die systematisch zusammengefasst Überlegun- ven Fach- und Führungskräfte aussehen? konkreten Empfehlungen der HRK Ar- gen finden, die jedweder potentiell ange- Auch hier ließen die chinesischen Refe- beitsgruppe für gemeinsame Kooperatio- strebten deutsch-chinesischen Hochschul- rentinnen und Referenten mehr Pragma- nen, sowie eine Reihe von Beispielen er- zusammenarbeit vorangehen sollten. Die- tismus erkennen als ihre deutschen Gegen- folgreicher Hochschulkooperationen. Da- se Empfehlungen reichen von einer ersten über, die immer auch die Ambivalenz zwi- bei zeigte sich einmal mehr, dass der Erfolg Kooperationsanbahnung über die Finan- schen den Interessen der Wirtschaft und einer Hochschulzusammenarbeit ohne die zierung, die rechtlichen und formalen Wissenschaft thematisierten und die Fra- von offizieller Seite geschaffenen Struktu- Rahmenbedingungen, die Implementie- ge nach der Persönlichkeitsbildung stell- ren nicht auskommt, dass diese jedoch oh- rung der Studiengänge bis hin zu Fragen ten. Doch auch die chinesischen Vertrete- ne persönliches Engagement und Entge- der Zulassung, Betreuung und des Sprach- rinnen und Vertreter stellten klar, dass es genkommen, ohne Neugier und Interes- erwerbs von Studierenden sowie der nach- im chinesischen Bildungsdiskurs nicht al- se auf beiden Seiten nur mehr unbelebtes haltigen Qualitätssicherung. Die Tatsache, lein um die rein fachliche Ausbildung ge- Gerüst bleiben. Befördert oder gar geweckt dass das Interesse an einer hochschulpoliti- he, sondern dass Charakterbildung und wird dieses Interesse zweifelsohne durch schen Zusammenarbeit bereits im Vorfeld soziale Kompetenz wichtige Beigaben sei- den Austausch und gemeinsame Projekte von beiden Seiten als gleich dringlich und en. Nicht selten rief die chinesische Auf- von Studierenden, Wissenschaftlerinnen gleich viel versprechend dargestellt wurde, bruchsstimmung auf deutscher Seite Er- und Wissenschaftlern. Was also läge nä- versprach auch für das “II. Deutsch-chi- staunen und Bewunderung angesichts hie- her, so der Sinologe und gastgebende Di- nesische hochschulpolitische Strategiege- siger Bildungsmisere und leerer Kassen rektor der Herzog August Bibliothek Hel- spräch” einen Dialog zwischen Partnern hervor. Das Spektrum an Erfolgsgeschich- wig Schmidt-Glintzer, als die Einrichtung auf gleicher Augenhöhe. Die Erwartungen ten politischer Maßnahmen zur Förderung eines deutsch-chinesischen Studentenwer- wurden nicht enttäuscht. der Hochschulbildung war auf chinesischer kes?! Wie ein roter Faden zog sich die Beto- Seite entsprechend groß. Vorgestellt wur- nung der Gemeinsamkeiten und weniger den u. a. das im 9. Fünfjahresplan beschlos- der Unterschiede durch die Referate und sene und seit 1995 laufende “Projekt 211”, Gespräche. Das globale Dorf lässt eben al- das den Aufbau von 100 Schwerpunkt- le zu Nachbarn und Mit-Weltbürgern wer- hochschulen vorsieht mit dem Ziel der För- den und an den Segnungen und Problemen derung institutioneller Kapazitäten und ei- ökonomischer Globalisierung gleicherma- ner steigenden (finanziellen) Eigenverant- ßen teilhaben. Dennoch war augenfällig, wortung der Hochschulen aber auch dem dass sich in den chinesischen Beiträgen im Ausbau so genannter Schlüsselfächer und Großen und Ganzen ein relativ pragmati- Dienstleistungseinrichtungen. Nicht min- scher Optimismus kundtat, der Globalisie- der optimistisch wurde das “Projekt 985” rung im Wesentlichen als Motor wirtschaft- beurteilt, das mit gezielten strukturellen licher Entwicklung und Bildung als proba- und finanziellen Maßnahmen den Aufbau 2 Beate Rogler: Deutsch-chinesische Studien- tes Instrument der Vorbereitung auf einen von Spitzenuniversitäten vorantreibt. Al- programme: Analyse und Empfehlungen. Ei- globalisierten Markt sah; in den deutschen lerdings hat mit der zügigen Hochschulre- ne Studie gefördert vom Bundesministerium Beiträgen wurde eine auch kritische Stim- form das Problem der Akademikerarbeits- für Bildung und Forschung BMBF und in me vernehmbar, die diese Perspektive zu- losigkeit zwischenzeitlich auch die VR Chi- Zusammenarbeit mit dem Deutschen Aka- demischen Austauschdienst DAAD. Beiträge mindest erweiterte. So wurde betont, dass na erreicht. Folglich ging das gemeinsame zur Hochschulpolitik 8/2005. Bonn, 2005. die “Internationale Hochschulkooperation Nachdenken tendenziell in Richtung der 3 Vgl. Grußwort des niedersächsischen Staats- eines der wichtigsten Instrumente zur hu- inhaltlichen und strukturellen Anpassung sekretärs Dr. Josef Lange, Ministerium für manen Gestaltung der wirtschaftlich domi- der Studiengänge an den Bedarf des globa- Wissenschaft und Kultur. Gesamtwortlaut s. nierten Globalisierung”3 sei. Bildung dür- len Arbeitsmarktes. Hier reichten die Vor- Dokumentation des BMBF (voraussichtlich fe eben nicht nur unter rein ökonomischen schläge von einer engeren Kooperation zwi- Dezember 2005). 30 31

Der Aristotelismus in der Frühen Neuzeit nach dem Fall von Konstantinopel – Kontinuität oder Wiederaneignung?

58. Wolfenbütteler Symposion

Vom 21. bis 23. September 2005 fand un- Wandel. – Rolf Darge (Köln): “Diese Leh- rezeption bei der Disputation von Vallado- ter der Leitung von Privatdozent Dr. Gün- re ist von allen Lehren die gewisseste”. Die lid (1550/51) zwischen dem aristotelischen ter Frank (Bretten) und Professor Dr. An- Radikalisierung der aristotelischen Seins- Humanisten Juan Ginés de Sepúlveda und dreas Speer (Köln) in Verbindung mit dem lehre in der Zweiten Scholastik. – Sven Bartolomé de Las Casas. – Riccardo Pozzo Melanchthonhaus Bretten und dem o- Knebel (Berlin): Die scholastische Verhält- (Verona): Renaissance-Umdeutung der ari- mas-Institut Köln das 58. Wolfenbütte- nisbestimmung von Metaphysik und Lo- stotelischen Habituslehre. – Martin Stone ler Symposion der Herzog August Biblio- gik. – Henrik Wels (Berlin): Unsterblich- (Leuven): Explaining Freedom through the thek statt. keit der Seele und Ewigkeit der Welt bei Fe- texts of Aristotle: Pedro da Fonseca on libe- Folgende Referate wurden vorgetragen: dericus Pendasius. – Jacob Schmutz (Paris): rum arbitrium. – Sebastian Lalla (Berlin): Brigitte Mondrain (Paris): Die griechi- Aristoteles im Vatikan. Pietro Sforza Palla- Aristotelismus bei B. Pererius. – Marteen schen aristotelischen Handschriften nach vicino (1607– 67) und Frans Vanderveken J. F. M. Hoenen (Freiburg): Aristotelis- dem Fall von Konstantinopel. – Günter (1596 –1664) über die aristotelische Wahr- mus an den dominikanischen Studien des Frank (Bretten): Die Kommentare zur ari- heitstheorie. – David Alan Lines (Coral 17. Jahrhunderts. Der ‘Cursus philometa- stotelischen Politik nach 1453. – Alexandra Gables): e Greek accessus ad auctores physicus’ des Paulus Maria Cauvinus (Bolo- Trachsel (Neuchâtel): Johannes Sturm und and Renaissance commentaries on Aristo- gna 1692). – Bernd Roling (Münster): Ari- seine Übersetzung der Rhetorik des Ari- tle’s Ethics: e case of Lefèvre d’Étaples. – stoteles zwischen jüdischer Tradition und stoteles. – Nikolaus Hasse (Würzburg): Kees Meerhoff (Amsterdam): Some XVIth philosophia perennis: Das Aristotelesbild Generatio spontanea als ema spätmit- Centruy Readings of Aristotle’s Ethics. – der christlichen Kabbalisten. telalterlicher und frühneuzeitlicher Me- Mariano Delgado (Fribourg): Die Indios taphysik-Kommentare: Kontinuität und als Sklaven von Natur? – Zur Aristoteles-

Die Beziehungen Künstler – Literat in der Renaissance

Arbeitsgespräch des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Renaissanceforschung

Unter der Leitung von Professor Dr. Bo- dung des illustrierten Flugblatts. – Peter do Guthmüller (Marburg), Professor Dr. Schmidt: Ein Literat und «selbstgewachß- Berndt Hamm (Erlangen) und Professor ner moler». Jörg Wickram, der deutsche Dr. Andreas Tönnesmann (Zürich) fand Prosaroman und prosaische Bilder. – Klaus vom 28. Februar bis 2. März 2005 ein Ar- Bergdolt: Der Künstler als Autor: das Bei- beitsgespräch des Wolfenbütteler Arbeits- spiel Ghiberti. – Bodo Guthmüller: «Per kreises für Renaissanceforschung statt, das dar invenzione al pittore». Auftraggeber, die “Beziehungen Künstler – Literat in der Literat und Maler in Annibal Caros Brie- Renaissance” zum Gegenstand hatte. fen an Vicino Orsini. – Michael imann: Folgende Referate wurden vorgetragen: Antike Weltschöpfung und poetische Ima- Andreas Tönnesmann: Bild und Text. Zur gination in Jean Jacques Boissards Zeich- Konkurrenz der Kulturen in der europä- nungen zu Ovids Metamorphosen von ischen Renaissance. Öffentlicher Vortrag 1556. – Rainer Stillers: Bilder einer Aus- in der Augusteerhalle. – Lothar Schmitt: stellung. Zur Kunstwahrnehmung in G. B. «Mentem non potuit pingere docta ma- Marinos «Galeria». – Heidi Marek: Der nus». Die heikle Allianz von Künstlern Wettstreit zwischen Architektur und Dich- und Gelehrten in der frühen Neuzeit. – tung bei den Autoren der Pléiade. – Ul- Berndt Hamm: Normative Zentrierung – rich Pfisterer: Kopfgeburten – eorien eine gemeinsame Vision von Malern und und Metaphern der Werkentstehung bei Literaten im Zeitalter der Renaissance. – Künstlern und Literaten. – Anja Wolken- Gerlinde Huber-Rebenich: Zur Wahrneh- hauer: Epigramme in der Druckgraphik des mung der Bildenden Kunst durch Litera- 16. Jahrhunderts. – Susanne Tichy: Renais- ten im Umfeld Dürers. Eobanus Hessus – sanceidee und Künstlertum in Gobineaus Joachim Camerarius. Ein Vergleich. – Falk ‘Scènes historiques’ «La Renaissance». Eisermann: Sebastian Brant und die Erfin- 32 33

Präsenz und Verwendung der Heiligen Schrift im christlichen Frühmittelalter: exegetische Literatur und liturgische Texte

Arbeitsgespräch der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 7. bis 8. März 2005

Patrizia Carmassi

Die Veranstaltung hatte den Charakter ei- fangreichen Forschung über den Psalmen- sucht. Die Forschung bewegt sich für viele nes Arbeitsgesprächs unter Wissenschaft- kommentar vor, den Gregor von Tours als dieser Quellen auf neuem Terrain. Beson- lern aus verschiedenen Ländern und Diszi- neunzehntes Buch seines Gesamtwerkes ders interessant sind die Spezialisierung ei- plinen ohne die Teilnahme eines externen in den Historiae anführt. Die Edition von niger Frauenkonvente auf die Abschrift von Publikums. Das Kolloquium wurde als wis- Krusch in den MGH ist unvollständig und Bibelcodices sowie die Präsenz in Frauen- senschaftliches Begleitungsprogramm im basiert nicht auf eigener Handschriftena- klöstern von zum Teil außergewöhnlichen Rahmen der Ausstellung ‘Divina Officia. nalyse. Nach einer Darstellung der neu re- und sonst selten überlieferten Bibelkom- Liturgie und Frömmigkeit im Mittelalter’ konstruierten Quellenbasis zeigte Heinzel- mentaren. der Herzog August Bibliothek zu Wolfen- mann, dass Objekt der Abhandlung Gre- Jean-Paul Bouhot (Lyon) widmete sei- büttel (28.11.2004 – 31.7.2005) geplant. gors nicht der Inhalt der Psalmen, sondern nen Beitrag der Auswahl von liturgischen Der liturgische Gebrauch der Bibel ist die Bedeutung der Tituli psalmorum war. Lesungen für die Messe in der römischen durch die Ausstellungsexponate reich do- Die Christologie und der Christozentris- Kirche (“Le choix des lectures liturgiques kumentiert, wie der Katalog zeigt (Ausstel- mus der theologischen Bibelinterpretation, dans l’Église romaine: quelques exemp- lungskataloge der Herzog August Biblio- anhand von ausgewählten emen gezeigt, les”). Ausgehend von einer Handschrift thek Nr. 83). Es ging im Arbeitsgespräch stimmen mit der Anschauung Gregors von aus dem 8. Jahrhundert, die eine römische darum, die historischen und theologischen Tours in den anderen Werken überein. Leseordnung von der Mitte des 7. Jahrhun- Kriterien der Auswahl und Benutzung der Klaus Zechiel-Eckes (Köln) sprach über derts wiedergibt, erhellte Bouhot durch die Heiligen Schrift in den verschiedenen li- ‘Politische Exegese und Recht am Bei- philologische und historische Analyse ver- turgischen Textgattungen und Traditionen spiel der falschen Dekretalen des Pseudo- schiedener Entwicklungsstufen und Neu- zu vertiefen und zu erörtern. Darüber hi- Isidors’. Die Analyse der Bibelverwendung ordnungen der Lesungen vor dem 7. Jahr- naus sollte der allgemeinere Horizont der in den falschen Dekretalen des Pseudo- hundert. Insbesondere erwiesen sich als An- Exegese und der funktionalen Anwendung Isidor unterstützte die durch weitere Ar- lass zu Veränderungen in der Leseordnung der Bibel im Frühmittelalter anhand aus- gumente fundierte Hypothese, dass Corbie liturgische Reformen wie die Einführung gewählter Beispiele erhellt werden. Anlie- als Ort der Fälschung und Paschasius Rad- der sechswöchigen Adventszeit oder die gen der Veranstaltung waren ferner: Die bertus als deren Autor anzusehen sind. Pa- Verknüpfung der Fastenzeit mit der Vor- internationale, fachübergreifende Diskus- schasius kommentierte z. B. in den Jahren bereitung auf das Taufsakrament. Anderer- sion zwischen den Bereichen Geschichte, 831 bis 850 das Matthäusevangelium, das seits erscheint manche Auswahl als willkür- Liturgiewissenschaft, Philologie, Kunst- dort am meisten zitiert wird. Bemerkens- lich oder war einfach durch die Disposition und Musikgeschichte sowie die Berück- wert erweist sich ferner die Methode, die der biblischen Bücher bestimmt. sichtigung der Übergangsprozesse, Über- Bibel in den falschen Dekretalen zu poli- Patrizia Carmassi (Frankfurt a. M.) ana- lieferungsstränge und -brüche in der Zeit tischen Zwecken im Sinne der Propaganda lysierte das Lektionar Cod. Guelf. 76 Weiss. von Spätantike und frühem Mittelalter. Die zu nutzen. Der Bibeltext wird benutzt, um Das Buch wurde um 500 oder wenige Jah- Konzeption und Organisation der Tagung das Potenzial der göttlichen Sanktion im re danach höchstwahrscheinlich in Frank- lag bei Patrizia Carmassi, die auch das Ar- Fall des Anklageverfahrens gegen Bischö- reich geschrieben. Ca. 200 Jahre liturgi- beitsgespräch leitete. fe, Hauptthema der Dekretalen, vor Augen scher Benutzung sind anzunehmen, bevor Stephan Kessler (München) sprach über zu führen und zu verstärken. Die Begriffe der Codex in Burgund palimpsestiert und ‘Präsenz und Verwendung der Heiligen von persecutio/accusatio werden durch die mit De vita contemplativa des Julianus Po- Schrift bei Gregor dem Großen: Exegese in geschickte und wiederholte Verwendung merius überschrieben wurde. Neben bisher den Spannungsfeldern zwischen Spätantike von passenden Bibelstellen mit der göttli- unbeachtet gebliebenen Indizien zum Ent- und Frühmittelalter, zwischen Mönchtum chen Strafe assoziiert. stehungskontext des Lektionars wurden ei- und Mystik’. Nach einem Einblick in die Hedwig Röckelein (Göttingen) sprach nige Aspekte der liturgischen Verwendung gegenwärtigen Forschungsergebnisse und über ‘Die Heilige Schrift in Frauenhand: und Adaptierung der Heiligen Schrift er- -perspektiven legte Kessler zuerst Gregors Besitz und Gebrauch biblischer Bücher in örtert, wie die liturgischen Einführungs- Bibelinterpretation anhand von Beispie- geistlichen Frauengemeinschaften und bei formeln, die Auslassungen von biblischen len aus den nichtexegetischen Werken dar, Herrscherinnen des Frühmittelalters’. In Textstellen und die Bildung von Cento-Pe- dann präsentierte er die exegetische Metho- den gesellschaftlichen Eliten wurde die Bi- rikopen. Als Beispiel wurden die Lesungen de als Schlüssel zum Verständnis Gregors bel von Frauen regelmäßig gelesen, beson- für die Messe in ordinatione episcopi unter- und seiner mittelalterlichen Wirkungsge- ders das Psalmenbuch, sowohl zum Zwe- sucht. schichte. cke des Studiums als auch der Kindererzie- Angelus A. Häußling (Maria Laach) Martin Heinzelmann (Paris) legte hung. Eine breite Liste von Handschriften sprach über die ‘Die Bibellesungen im im Beitrag ‘Die Psalmen bei Gregor von wurde von Röckelein auf Besitz, Herkunft Stundengebet’. Die erste Verwendung der Tours’ Auszüge aus seiner aktuellen um- und Gebrauchsspuren von Frauen unter- Bibel im Stundengebet ist die Lesung, die 32 33

allerdings immer in einem bestimmten tur der Texte geprägt, die Musik ist Aus- auf einen möglichen Zusammenhang mit Kontext geschieht, sei es zum Lob, als lec- druck liturgischer eologie und Spiritua- der Liturgie oder dem (monastischen) Stu- tio continua des Alten Testaments oder als lität in der Tradition eines zeitgenössischen dium hin. Ist in seinen Federzeichnungen, lectio brevis in den kleinen Horen. Die Bibel Schriftverständnisses der karolingischen wie Gerd Bauer annahm, eine Folge von Pe- dient als Identifikationsmittel für die Be- Ära. Der Gregorianischer Choral erweist rikopen der Weihnachtszeit illustriert, oder tenden, als Basis für die Meditation, z. B. sich so nicht nur als Kunstmusik von ho- richten sich die Bilder auf eine Leseerfah- durch die Responsorien, oder als anamne- hem Rang, sondern damit verbunden als rung im privateren Rahmen? Um eine Ant- tische Vergegenwärtigung des Heilsgesche- musikalische Bibelexegese im Kontext der wort zu suchen, wurde der weitere Kontext hens. Ferner stellte Häußling die verschie- Liturgie. der Corveyer Buchmalerei herangezogen, denen Formen der Verwendung der Psal- Eric Palazzo (Poitiers) sprach über ‘Exé- deren Spannbreite an ikonographischen men im Stundengebet dar. gèse et liturgie autour des autels portatifs’. und zyklischen Variationen geradezu in Er- Franz Karl Praßl (Graz) präsentierte die Am Beispiel der Tragaltäre kann man der staunen versetzt. Das Phänomen wird als ‘Gregorianische[n] Gesänge als klingen- Frage nach dem Verständnis vom heiligen ein Versuch der bildhaften Verständigung de Exegese im Kontext der Liturgie’: Mit Raum und den damit verbundenen ekkle- über die spirituellen und theologischen In- nur wenigen Ausnahmen sind die Texte siologischen Vorstellungen nachgehen. Ins- halte gedeutet, der am ehesten dem Studi- der etwa 650 Messgesänge des gregoriani- besondere analysierte Palazzo die biblischen um und der Lektüre zumindest der Zeich- schen Kernrepertoires (8./9. Jahrhundert) Stellen, die in den liturgischen Texten zur ner zuzurechnen ist. Ganz ähnlich läuft die der Bibel entnommen, etwas mehr als die Segnung und Konsekration der Tragaltäre gemeinsame ikonologische Grundtendenz Hälfte davon dem Psalter. Die Texte stam- verwendet wurden sowie die biblischen Zi- der Wolfenbütteler Zeichnungen auf ei- men aus sehr unterschiedlichen lateini- tate, die die eologen des 9. und 10. Jahr- ne konsequente “Dialogisierung” der Sze- schen Übersetzungen und sind z. T. auch hunderts in Bezug auf die Tragaltäre in ih- nen hinaus, die sowohl inhaltlich als auch das Ergebnis einer liturgisch-theologischen ren Schriften benutzten. in Widerspiegelung kolloquialer Praktiken oder auch sprachlich-rhetorischen Redak- Christoph Winterer (Frankfurt) richte- auf die Textauslegung hinweist. tion. Die Auswahl der Gesänge folgt teils te ebenfalls seine Aufmerksamkeit auf einen An dem Arbeitsgespräch nahmen auch thematischen Gesichtspunkten, teils dem Codex der Herzog August Bibliothek: ‘Das Michael Hermes (Meschede) und Arnold Prinzip der lectio currens und ist auch vom Wolfenbütteler Evangeliar mit den Feder- Angenendt (Münster) teil. Dieser hielt am Prinzip des mehrfachen Schriftsinns ge- zeichnungen (Cod. Guelf. 16.1. Aug. 2°). 7. März einen öffentlichen Vortrag in der leitet. Neben der christologischen Deu- Ikonographische Vielfalt und Dialogdar- Augusteerhalle der Bibliotheca Augusta tung sind viele Gesänge – vor allem in der stellungen im ottonischen Corvey’. In ei- mit dem Titel: ‘Kult – Wort – Schrift. Das nicht festgelegten allgemeinen Kirchenzei- nem spezifisch kunsthistorischen Beitrag Christentum als Buchreligion’. ten – ad litteram zu verstehen. Die musika- befragte Winterer dies ottonische Corvey- Eine Veröffentlichung der Tagungsbei- lische Gestalt der Gesänge ist zutiefst von er Evangeliar, das mit einem der frühesten träge ist geplant. der sprachlichen und theologischen Struk- westlichen Bildproömien ausgestattet ist,

Kalkül – Transfer – Symbol: Europäische Friedensverträge der Vormoderne

Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 14. bis 16. März 2005 Leitung: Heinz Durchhardt und Martin Peters

Bernd Klesmann

Die Möglichkeiten der elektronischen Er- vom IEG Mainz initiierte Projekt einer di- gattungen hin und hob insbesondere die schließung historischer Quellenbestän- gitalen Edition der Friedensverträge des 15. Friedenspamphlete der Fruchtbringenden de haben in den zurückliegenden Jahren bis 18. Jahrhunderts. Durch die drei Leit- Gesellschaft aus den Wolfenbütteler Be- deutlich an Vielseitigkeit und Akzeptanz motive des Kolloquiums – Kalkül, Trans- ständen hervor, die mittlerweile ebenfalls gewonnen. Die Vorteile rascher Zugriffs- fer, Symbol – wurden aktuelle Forschungs- Gegenstand digitaler Erschließung gewor- und Vernetzungsoptionen werden zuneh- debatten aufgegriffen. Gerade durch die den sind. Heinz Duchhardt (Mainz) gab mend für die Erforschung verschiedens- Beschäftigung mit Friedensverträgen, die in seiner Begrüßung einen Überblick über ter Zusammenhänge genutzt, die Publi- als Resultat eines politischen, juristischen Entstehung und erste Schritte des von Her- kation der Materialien in unterschiedlicher und auch kulturellen Dialogs beschrieben mann Weber (Mainz) in den 1990er Jah- Weise gefördert. In Zusammenarbeit mit werden, können kommunikative, symboli- ren konzipierten Vorhabens einer kri- dem Institut für Europäische Geschichte sche und konsensstiftende Aspekte ausge- tischen Edition frühneuzeitlicher Frie- Mainz veranstaltete die Herzog August Bi- leuchtet werden. densabkommen, das von Anfang an auf bliothek Wolfenbüttel ein Arbeitsgespräch Der Direktor der Herzog August Biblio- archivalischen Forschungen in allen Tei- mit dem Titel Kalkül-Transfer-Symbol: Eu- thek, Helwig Schmidt-Glintzer, wies einlei- len Europas beruhte. Die wissenschaftliche ropäische Friedensverträge der Vormoderne. tend auf die umfassende Bedeutung der Dokumentierung der Vertragstexte, die als Im Mittelpunkt der Konferenz stand das Friedensthematik für verschiedenste Text- Erinnerungsorte von europäischem Rang 34 35 unter verschiedensten Gesichtspunkten ten, die über den Horizont der anfängli- Anlehnung an Heinrich Lutz die Kaiseri- das Interesse der Forschung finden, könne chen Kriegsbegründung hinausgingen. dee als eigenständiges, nicht ohne Weiteres grundlegende und wertvolle Erkenntnisse Bernd Klesmann (Berlin) stellte Formen dem Mittelalter zuzuordnendes Konzept zur Geschichte des Völkerrechts vermit- der Instrumentalisierung älterer Friedens- wieder entdeckt habe. Als Forschungsdesi- teln, die zur Zeit noch kein zentrales Be- abkommen innerhalb der Argumentation derate wären vor diesem Hintergrund die tätigungsfeld der deutschen Geschichtswis- frühneuzeitlicher Kriegsmanifeste dar und Neubewertung der Betrachtung Karls V. senschaft bilde. versuchte aufzuzeigen, wie der häufige Vor- außerhalb der Thematik der Universalmo- In seinem Vortrag zum Thema „Vor- wurf des Vertragsbruches vielfach auf den narchie sowie die Präzisierung eines “Sys- sprüche zu und in Friedensverträgen der Wortlaut der entsprechenden Abkommen temzwangs” zur Rivalität zwischen dem Vormoderne“ stellte Heinhard Steiger (Gie- Bezug nahm und dessen politisches Ge- Kaiser und dem König von Frankreich zu ßen) typologische Annäherungen an ver- wicht im Kontext der Kriegslegitimation bezeichnen. schiedene Rechts- und Kommunikations- verschiedener Konfliktparteien nutzte. Sel- In die Geschichte Osteuropas führte funktionen der den eigentlichen Ab- tenere Komponenten der Manifeste zeigten der Vortrag von Christine Roll (Konstanz). kommen vorangestellten Texte vor. Die eine negative Wendung der Vertragsthema- Angereichert mit Hinweisen auf damalige Präambeln vermittelten neben juridischen tik in Form der Anfechtung bestehender Symbole und Rituale (Kreuzkuss) präsen- Informationen wie der Bekanntmachung Übereinkünfte Dritter oder des Vorwurfs tierte die Referentin die Verträge zwischen des Vertrages und der Nennung der Ver- der Vertragsvereitelung durch den politi- Zar und Kaiser des 16. und 17. Jahrhun- tragsschließenden und ihrer Bevollmäch- schen Gegner. Durchgängig sei auch im derts und griff dabei auch auf die Vertrags- tigten auch allgemeinere Wahrnehmungs- Rahmen der Kriegsmanifeste eine religiös verhandlungen zurück. Trotz der geogra- muster der Herrschaftsauffassung und konnotierte Friedensrhetorik zu beobach- phischen Distanz und der Inexistenz krie- der Deutung des politischen Geschehens ten, die für die öffentliche Wirksamkeit der gerischer Konflikte zwischen Moskau und im Spannungsfeld von Krieg und Frie- Friedensverträge spreche. Wien im Untersuchungszeitraum kam es den. Die Untersuchung langfristiger Ent- Im Mittelpunkt der beiden folgenden 1490 und 1514 zu Bündnissen Maximi- wicklungstendenzen zeige ein Zurück- Vorträge standen die Anfänge der früh- lians I. mit Iwan III./Vassilij III. gegen die treten konfessioneller Komponenten wie neuzeitlichen Staatenwelt. Die normativen Jagiellonen und 1697 zu einer Offensival- auch emphatischer Hinweise auf Monar- Aspekte der Völkerrechtspraxis des frühen lianz gegen die Osmanen, die bereits in ei- chie und Gottesgnadentum, die zuneh- 16. Jahrhunderts analysierte Randall Lesaf- nem geheimen Präliminarvertrag von 1675 mend durch nichtpersonale Benennungen fer (Tilburg) in seinem Vortrag über die vorbereitet worden war. Die diplomatische der beteiligten Staaten ersetzt würden. Ei- ersten Verträge zwischen Karl I. (V.) und Einbeziehung Russlands stellte sich so als ne insgesamt zunehmende Tendenz zur Ra- Franz I. 1515 –1517. Lesaffer zeigte auf, ein die gesamte Frühe Neuzeit durchzie- tionalisierung der Präambeln lasse bereits wie die Autorität des Römischen und des hender Prozess dar, wobei Absprachen die völkerrechtlichen Brüche der Revolu- Kanonischen Rechts in unterschiedlicher zum “status libertatis Poloniae” bereits im tionszeit erkennen. Das in den Texten zum Hinsicht die zwischen den Herrschern ge- 17. Jahrhundert die spätere “Außensteue- Ausdruck kommende Friedensbild enthal- troffenen Abkommen überlagert habe, die rung” (K. Zernack) Polens ankündigten. te bis ins 18. Jahrhundert Bezüge zum Wir- auch durch das Fortbestehen lehensrecht- Eine vergleichende Untersuchung der in ken Gottes als Inspirator des Friedens, wer- licher Bindungen noch nicht in einen au- russischer und deutscher (später lateini- de jedoch zunehmend durch Hinweise auf tonomen Völkerrechtskontext einzuordnen scher) Sprache abgefassten Vertragstexte politische Vermittlungsleistungen ergänzt seien. Am Vorabend der Reformation habe verdeutlichte das überwiegende Bestreben oder ersetzt. noch einmal – auch unter dem Eindruck der Vertragspartner, das Problem konkur- Im Anschluss an diese vergleichende des Vordringens der Osmanen – die Ein- rierender Majestätstitel zu umgehen und Betrachtung der Friedensverträge befass- heit der Christianitas ihre Bedeutung als ließ eine langfristige politische Rationali- ten sich die beiden folgenden Referate politische Leitvorstellung entfaltet. tät gemeinsamer Interessen innerhalb der mit dem Verhältnis von Friedensschluss Arno Strohmeyer (Bonn) stellte in sei- Christenheit erkennen. und Kriegslegitimation. Anuschka Tischer nem Vortrag “Das Ende der Universalmo- Axel Gotthard (Erlangen) stellte unter (Marburg) verfolgte am Beispiel des West- narchie? Der Friede von Madrid 1526” dem Titel “Neutralität im vormodernen fälischen Friedenskongresses den Weg von unterschiedliche Tendenzen der deutschen Europa – politische Theorie und Praxis” der Kriegsbegründung zur Friedensdiplo- Geschichtsschreibung in der Beurteilung sein aktuelles, von der DFG gefördertes matie. Sowohl die nachträgliche Legiti- der Herrschaftsauffassung Karls V. dar. Forschungsprojekt vor. In seinem Werk- mierung der schwedischen Intervention Während die Biographie Hermann Baum- stattbericht präsentierte er Überlegungen 1630 als auch die französische Kriegserklä- gartens das Konzept der Universalmonar- zum fragilen völkerrechtlichen Status der rung von 1635 seien im Verlauf des Frie- chie überwiegend als politisch überspann- Neutralität und ihrer überwiegend nega- denskongresses zugunsten differenzierterer tes Trugbild dargestellt habe, sei im Werk tiven politischen Bewertung im 16. und Verhandlungsziele zurückgetreten, die sich des Baumgarten-Schülers Karl Brandi der 17. Jahrhundert. Gotthard warf die Frage auch aus der Eigendynamik des Kongresses Universalismus der Kaiseridee zum zentra- auf, inwiefern unterschiedliche Topoi der sowie der veränderlichen militärischen Ge- len Deutungsmuster erhoben worden. Pe- Diplomatensprache ein Akzeptanzproblem samtlage ergaben. Innerhalb der schwedi- ter Rassow habe unter dem Einfluss Fried- widerspiegelten, das Neutralität im Span- schen wie auch innerhalb der französischen rich Meineckes wiederum den Gegensatz nungsverhältnis zum Lehenswesen sowie Kongressdelegation seien zudem gegensätz- zwischen kaiserlichem Universalismus und zum Konzept des bellum iustum als Form liche Auffassungen über den Umfang der moderner Staatsräson stärker in den Vor- des Ungehorsams, als sündhafte Trägheit anzustrebenden Vereinbarungen zur Gel- dergrund gestellt und besonders in Franz I. oder Käuflichkeit begreife und einer Aus- tung gekommen, die das Vertragswerk einen moderneren Repräsentanten des sou- blendung des Phänomens in der völker- insgesamt als ein Ergebnis komplizierter veränen Nationalstaats gesehen, während rechtlichen Literatur bis zur Neubewertung Kommunikationsprozesse kennzeichne- die Historiographie der Nachkriegszeit in durch Bynkershoek und Vattel entspreche. 34 35

senschaften umfasst inzwischen so unter- schiedliche Editionsprojekte wie die Do- kumentierung des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wihelm Grimm, verschie- dener Lexika zum Mittelhochdeutschen oder das Heinrich-Heine-Portal mit der integrierten Präsentation historisch-kriti- scher Werkausgaben sowie Handschriften und Bildmaterialien. Die Referentin leg- te dar, dass insbesondere die schnelle Ab- rufbarkeit des Materials und die Möglich- keiten des statistischen Vergleichs langfris- tig der wissenschaftlichen Transparenz und der Vielseitigkeit der Quellenarbeit zugute kommen werden. Martin Peters (Mainz) stellte abschlie- ßend das Mainzer Editionsprojekt “Euro- päische Friedensverträge der Vormoderne” in einen breiten wissenschaftsgeschichtli- chen Kontext und zeigte auf, wie verschie- dene ältere Editionsvorhaben den Erkennt- niswert der Vertragswerke für die europäi- sche Geschichtsschreibung genutzt und sich um teilweise sehr umfassende Dokumen- tierung bemüht haben. So entstanden etwa zum Frieden von Belgrad 1739 verschiede- ne Textausgaben (J. J. Moser, Laugier), die teilweise bereits einen kritischen Abgleich Eine Mentalitätsgeschichte der über Krieg für den Bereich frühneuzeitliche Geschich- der zugrunde liegenden Handschriften ent- und Frieden Entscheidenden könne in die- te an der Bayerischen Staatsbibliothek vor. hielten. Die schon durch Leibniz angesto- sem Zusammenhang, so Gotthard, genau- Neben bibliographischen Diensten, die ßene und im 18. Jahrhundert intensivier- ere Erkenntnisse über handlungsleiten- u. a. Aufsatzdatenbanken mit Abstracts, ei- te Verwendung edierter Friedensverträge de Kategorien ergeben und den Einfluss ne Sammlung wissenschaftlicher Internet- in der älteren Historiographie, wie sie bei- zeitgenössischer Ehrbegriffe präziser sicht- Ressourcen sowie ein umfassendes Kata- spielsweise in der 1806 erschienenen “Ge- bar machen. logangebot mit Inhaltsübersichten ausge- schichte der drey letzten Jahrhunderte” des Drei Referentinnen und Referenten be- wählter Zeitschriften und Sammelbände Göttinger Hochschullehrers Johann Gott- fassten sich eingehender mit Fragen der umfassen, ergänzen digitale und integrier- fried Eichhorn zur Geltung kam, markierte EDV-gestützten Erschließung historischer te Dienste das Angebot. Die digitale Prä- einen methodisch zukunftsweisenden An- Textbestände. Die technische und ästhe- sentation verschiedener Quellenkorpora satz, dessen Möglichkeiten auch der aktu- tische Umsetzung des digitalen Editions- wie frühneuzeitlicher Einblattdrucke, Em- ellen Forschung zugänglich gemacht wer- projekts “Europäische Friedensverträge blembücher oder des Zedlerschen Univer- den sollten. der Vormoderne” erläuterte Marc Osch- sal-Lexicons wird durch die Möglichkei- Die Tagung stellte insgesamt ein vielsei- mann (Erfurt). Dabei verwies er auf den ten einer parallelen Volltextsuche und ver- tiges Diskussionsforum dar, das Fragen der Mehrwert gegenüber print-Editionen, der schiedener Bestell- und Recherchedienste Quellenedition mit aktuellen Problemen z. B. durch die komfortable Suchfunkti- zu einem umfassenden Forschungsinstru- der Forschung auf verschiedenen Ebenen on, Mehrsprachigkeit, Aktualisierbarkeit mentarium ergänzt (Informationen unter verknüpfen konnte. und multimedialen Ausrichtung erreicht www.chronicon.de). Eine Veröffentlichung der Beiträge ist wird. Langfristiges Ziel ist die elektroni- Methoden, Verfahren und Perspekti- geplant. sche Abbildung und Dokumentierung von ven digitaler Editionen stellte Andrea Rapp annähernd 1.500 – 2.000 Vertragswerken (Trier) vor. Zentrale Herausforderungen be- der Frühen Neuzeit mit den zugrunde lie- stehen projektübergreifend in der professi- genden Handschriften und leicht zugäng- onellen Bereitstellung und Vernetzung des lichen Druckversionen. Ein Textkommen- Quellenmaterials und der Gewährleistung tar ist online durch einfaches manuelles der Nachhaltigkeit des Angebots vor dem Ansteuern markierter Passagen einsehbar, Hintergrund der zu erwartenden techni- eine Suchfunktion ermöglicht das Auffin- schen Weiterentwicklung. Die Verwen- den bestimmter Begriffe oder Wendungen dung plattformunabhängiger Standards im gesamten Text. Die kontinuierliche Be- und die Festlegung eindeutiger Dateina- arbeitung der Quellen wird auch in Zu- men sollen langfristige Nutzung, Intero- kunft Einheitlichkeit und Zugänglichkeit perabilität und Zitierfähigkeit garantie- gewährleisten. ren. Die Arbeit des Trierer Kompetenzzen- Alessandra Sorbello Staub (München) trums für elektronische Erschließungs- und stellte das Spektrum der Dienstleistungen Publikationsverfahren in den Geisteswis- 36

Recht und Literatur um 1800

Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 4. bis 7. April 2005 Leitung: Ulrike Zeuch (Wolfenbüttel) und Ulrich Kronauer (Heidelberg)

Ulrich Kronauer

Den Auftakt des Arbeitsgesprächs bilde- er, als Monstrum, zur Einsicht, daß jeder tragung, die eine Leistung der Literatur sei, te der Vortrag von Klaus Lüderssen über Mensch in sich die Anlage zur verbrecheri- dahingehend transformiert, daß der gewis- “Schiller und die Jurisprudenz” am Abend schen Tat trage, der Verbrecher mithin ein se Besitz der Wahrheit suspendiert werde. des 4. April im Gartensaal des Lessinghau- Mensch aus unserer Mitte sei, und schließ- Die Existenz einer ‘überholten’ Rechts- ses. Lüderssen sieht im Denken des Deut- lich von der Annahme, es gebe Menschen, form, des Majorats, diente als Erklärungs- schen Idealismus eine deutliche Zäsur für die von Natur aus eine schwarze Seele hät- grund für das Scheitern menschlicher Be- die literarische Behandlung der Rechtsthe- ten, zur Frage, wie ein Mensch zum Verbre- ziehungen (Peter König), die Verdrängung matik und gab damit Anlaß zu einer ersten cher werden könne. eines eindeutig rechtlichen Zusammen- wissenschaftlichen Kontroverse mit Wil- Ein weiterer Schwerpunkt der Vorträge, hangs bei der Beschreibung und Bewer- helm Kühlmann. der auch in besonderer Weise das Denken tung des von Schiller so genannten “Na- Am 5. April führte Ulrike Zeuch in die ‘um 1800’ charakterisiert, lag auf problema- iven der Überraschung” sorgte für Verwir- ematik der Tagung ein. Sie skizzierte das tisierenden Darstellungen eines sogenann- rung (Ulrich Kronauer). An Johann Peter Spektrum der Fragen, die sich in der be- ten goldenen Zeitalters und ‘rousseauisti- Hebel schließlich ließ sich das Bemühen sonderen Konstellation eines Gesprächs scher’ Vorstellungen einer bonté naturelle ablesen, auf auch dem einfachen Menschen zwischen Juristen, Literaturwissenschaft- bei Wieland (Jörn Garber), Kleist (Susan- verständliche Weise den Gehorsam gegen- lern, Historikern und Philosophen zur Er- ne Kaul) und Droste-Hülshoff (Wilhelm über einem Recht zu lehren, das in der in- örterung anbieten. Kann etwa das Lesen li- Kühlmann). neren Stimme des Gewissens verankert ist terarischer Werke dazu beitragen, das Recht Die Rechts- und Moralauffassung Kants (Gerhard Sprenger). besser zu verstehen, oder muß die Darstel- war gegenwärtig bei der Interpretation von John McCarthy wird sich dafür ver- lung von Rechtsproblemen in der Litera- Werthers Selbstmord als letzter Möglich- wenden, daß die Tagungsbeiträge als Sam- tur akzidentiell bleiben, weil es der Litera- keit, moralische Integrität zu bewahren melband in dem Verlag Rodopi erscheinen tur wesentlich um anderes, um die conditio (Andreas Bähr) und gab Anlaß zu Über- können. Hierzu müssen die Beiträge aller- humana geht? Von Interesse ist beispiels- legungen über Kants Verdikt der Rhetorik dings – darin waren sich die Organisatoren weise auch, inwieweit das Recht selbst lite- bei der Fixierung des Gesetzes (Daniel Mül- mit den Tagungsteilnehmern zusammen ei- rarische Strukturen aufweist und ob es hier ler Nielaba): Das Gesetz als Evidenz einer nig – noch stärker auf das Spezifikum des Vergleichsmöglichkeiten in der Auslegung unhintergehbaren Wahrheit, als apodikti- emas “Recht und Literatur” zugeschnit- literarischer und rechtlicher Texte gibt. scher Sachverhalt werde durch die Über- ten werden. Diese Frage erörterte Claus Michael Ort in seinem Beitrag zum juristischen, medizini- schen und moralischen Erzählen am Bei- Aktenvermerke von Goethe zur Bestrafung des Kindermordes (25.10. und 4.11.1783) spiel von E. T. A. Hoffmanns Votum im Strafverfahren gegen Daniel Schmolling (1818/19). Daß die Literatur seit dem Zeitalter der Aufklärung Rechtsverhältnisse kritisch re- flektiert, zeigen die Dramen und Erzählun- gen zum Kindsmord. Bei dem Arbeitsge- spräch standen die Rechts-Fall-Geschich- ten des Pitaval (Michael Niehaus, Harald Neumeyer), die Kriminalerzählungen von August Gottlieb Meißner (Jürgen Weit- zel) und Karl Friedrich Müchler (John Mc- Carthy) im Vordergrund, und das Scharf- richtermotiv wurde bis in das 19. Jahr- hundert verfolgt (Jutta Nowosadtko). Der Vergleich der Rechts-Fall-Geschichten des alten und neuen Pitaval ließ eine für die Rechtsgeschichte wichtige Verlagerung er- kennbar werden: von der Beurteilung der Tat als eines moralischen Lasters zur psy- chologisierenden Beurteilung des Täters, seiner Triebfedern und Motive, von der Beurteilung des Verbrechers als Ungeheu- 37

e Triumphs of the Defeated

Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 12. bis 14. Mai 2005 Leitung: Peter Davidson (Aberdeen) und Jill Bepler (Wolfenbüttel)

Vom 12. bis 14. Mai 2005 fand unter der Recusant Household. – Alison Shell (Uni- al and dynastic strife – ambivalent funeral Leitung von Professor Dr. Peter Davidson versity of Durham): Festivals of the Recu- ceremonies at the Protestant courts of the (Aberdeen) und Dr. Jill Bepler (Wolfenbüt- sant Catholics – ceremonies at St Win- German Empire. – Marika Keblusek (Uni- tel) ein Arbeitsgespräch “e Triumphs of fried’s Well. – James Knowles (University versity of Amsterdam/Leiden): eatre and the Defeated” statt. of Stirling): Our concealed solemnities: festival at the courts of Elisabeth of Bohe- Folgende Referate wurden vorgetragen: the alternative masque in early modern mia and Mary of Orange. – Jelena Todo- Peter Davidson (University of Aberdeen): Britain. – Mary Pryor (University of Aber- rovic (University of the Arts, Belgrade): e Exiled Catholic constructions of the idea deen): For Covenant and King. Charles II “paper-triumphs” for the enthronement of of Britain; plays and festivals in Rome and and Aberdeen 1650 –51. – John Morrison the Orthodox Bishop Moise Putnik. – Valladolid. – Patricia Bruckmann (Trinity (University of Aberdeen): Caught in the Jane Stevenson (University of Aberdeen): College, Toronto): Continental festivals for Springe of the Kirke. Charles II in Scot- Funerary celebrations for a learned Wom- the Jacobite exiled Queen Maria Clementi- land 1650 –51. – Dietrich Briesemeister an; the forgotten public festivals in Padua na. – John Moore (Smith College, North- (Wolfenbüttel/Jena): e New World on and Rome honouring Elena Cornaro Pisco- ampton): Purple Reign: the Stuart Court in display. French pageantry and the dramat- pia. – Dr. omas Stäcker (Herzog August Eighteenth-Century Rome. – Anne Dillon ic incorporation of indigenous Brazilians Bibliothek): Festival Culture Online: 17th- (Cambridge): Public Liturgy Made Private: in the 16th Century. – Jill Bepler (Herzog century German Imprints of Baroque Festi- e Rosary Confraternity in the Life of a August Bibliothek): Mirrors of confession- val Culture – Project presentation.

Diskurse der Aufklärung: Luise Adelgunde Victorie und Johann Christoph Gottsched

Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 9. bis 10. Juni 2005 Leitung: Gabriele Ball, Helga Brandes, Katherine Goodman

Gabriele Ball

Es besteht Konsens über die herausragende im eigenen Hause mit einer internationa- Concerning Virtue or Merit” sowie Joseph Stellung der Gottscheds in der frühen Auf- len Gruppe von Gottsched-Wissenschaft- Addisons “Cato”. Luise Gottscheds Über- klärung und in der Buchmessestadt Leip- lern zu verbinden. Helga Brandes begrüß- tragung weist eine Offenheit für Addisons zig. Johann Christoph wie Luise Adelgun- te die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sensualistische Sprache auf, die in Johann de Victorie Gottsched nutzten weit bli- und machte in ihrer Einführung deutlich, Christoph Gottscheds Versuch, Addisons ckend die am Anfang des 18. Jahrhunderts dass – o. g. Zielsetzung zufolge – zunächst Sprache zu übersetzen, nicht zu finden ist. sich entwickelnden Gattungen und Me- jene Beiträge im Vordergrund stehen soll- Im Gegensatz zu Gottsched, der für ver- dien der literarisch-wissenschaftlichen Öf- ten, die beiden Frühaufklärern gewidmet nünftige “verblümte Redensarten” durch- fentlichkeit zur Verbreitung ihrer literari- waren. Ausgehend vom universalistischen aus eintritt, misstraut die Gottschedin die- schen, philosophischen und sprachlichen Werk würden die philosophischen, die po- sen völlig. Sie nähert sich innerpsychischen Standpunkte. Dennoch blieb die jahrzehn- etologischen und literarischen (Schwer- Vorgängen, indem sie die Verhaltensweisen telange Kooperation der beiden entweder punkt: Drama) Fragestellungen bearbeitet e. g. des Dramenpersonals nüchtern und unbeachtet oder geprägt von dem Bild des werden, bevor am folgenden Tage Johann präzise beschreibt. Goodman machte in Literaturpapstes Johann Christoph und Christoph und Luise Adelgunde Victorie diesem Zusammenhang darauf aufmerk- der am Lebensende erschöpften, resignier- als Einzelpersonen, auch in ihrer konkre- sam, dass die im Laufe der Jahre stärker ten “Gehülfin” Luise Adelgunde Victorie ten Lebenswelt, in den Blick genommen hervortretenden Distanzierung der Gott- Gottsched. Mit Unterstützung der Herzog werden könnten. schedin von Addison und die große Nähe August Bibliothek war es möglich, dieses Katherine Goodman (Providence/ Rho- zu Albrecht von Haller möglicherweise in frühe Beispiel einer Arbeits- und Lebens- de Island) kontrastierte die Schreibpraxis ihrem (durch den Vater und Onkel) evo- gemeinschaft in ihren Facetten genauer in beider Gottscheds mit Blick auf die Schil- zierten Interesse für den Mediziner Boer- den Blick zu nehmen und inhaltliche Ge- derung von Empfindungen. Philosophi- haave begründet ist. Haller, der Boerhave meinsamkeiten und Differenzen der beiden sche und literarische Folie, auf der Gele- gegen den Vorwurf des Materialismus ver- Aufklärer herauszuarbeiten. genheitsgedichte bzw. dramatische Texte teidigt hatte, versuchte, genau wie die Gott- Ulrich Johannes Schneider betonte der Gottscheds analysiert wurden, bilde- schedin, Religion und neue Naturwissen- in der Einleitung die Chance, die Kräfte ten zum einen Shaftesburys “An Inquiry schaften zu verbinden. 38 39

Gabriele Ball (Wolfenbüttel) setzte sich bungen der Gottscheds in den Vorder- in ihrem Vortrag das Ziel, zwei bisher un- grund zu stellen. Diese belegte sie am Bei- beachtet gebliebene Quellen in die Gott- spiel der französischen Kultur. Sie machte sched-Forschung zu integrieren: die in auf die verschiedenen Formen der Vermitt- Auktionskatalogen dokumentierten Privat- lung aufmerksam: Neben Übersetzungen, bibliotheken der beiden Gottscheds. Die Übertragungen, Sammlungen beispielhaf- Büchersammlung Johann Christophs re- ter Texte (“Deutsche Schaubühne”) und präsentiert eine gut ausgestattete Gelehr- Stücken, die sich an französischen Autoren tenbibliothek der Zeit. Luise Gottsched orientieren (“Pietisterey”) spielen die ästhe- fehlen zwar die objektiven Voraussetzun- tisch-poetologischen Arbeiten und die pu- gen (eines Studiums) für den Besitz einer blizistischen Diskurse, die Brandes insbe- Gelehrten-Bibliothek, ihre Büchersamm- sondere in den Moralischen Wochenschrif- lung belegt jedoch die Vertrautheit mit al- ten geführt sieht, eine herausragende Rolle. len Disziplinen der Gelehrsamkeit. – Im Dass das eigene Profil bei diesem Vermitt- zweiten Teil des Vortrages rückte der phi- lungsprozess nicht verloren geht, wird losophische Anteil von Luises Bibliothek durch textliche Auswahl, Abweichung, auf der Folie der seinen in den Vorder- Auslassung oder Ambivalenz der Darstel- grund. Die weitaus deutlichere Hinwen- lung gewährleistet. Die Fontenelle-Rezep- dung der Gottschedin zur englischen Li- tion wird von Johann Christoph Gottsched teratur bestätigt sich einmal mehr. Sowohl insbesondere im Kontext der Querelle-Dis- der physikotheologische Bestand als auch kussion nutzbar gemacht. Schon früh ist die Werke der Mathematikerin und Philo- sein literaturtheoretisches und geschichts- sophin Châtelet lassen sich einzig in ihrer philosophisches Denken dadurch geprägt Bibliothek nachweisen und deuten auf ei- worden. Nicht zuletzt verdankt die Leip- genständige philosophische Interessen hin, ziger Theaterreform diesen theoretischen volte bei gleichzeitigem moralischem Sieg welche die o. g. These Goodmans hinsicht- Diskussionen ihr Fundament. Brandes lei- der republikanischen “Verlierer” enden. lich der naturwissenschaftlichen Vorlieben tete damit zu einem Schwerpunkt des Ar- Neben der politischen Achse Republika- stützen. Die Diskussion führte u. a. zu ei- beitsgespräches, dem Drama, über. nismus / Tyrannei fällt die familiale Gene- ner ersten Einordnung der beiden Biblio- Heide Hollmer (Kiel) fokussierte inner- rationenachse auf. Einerseits wirkt die auf- theken in den Kontext “Gelehrtenbiblio- halb dieses Themenkomplexes die “Deut- klärerische Erziehung durchaus als familial theken im 18. Jahrhundert”. sche Schaubühne”, eine Sammlung von begründete Verpflichtung auf die republi- Marie-Hélène Quéval (LeMans) stell- deutschsprachigen Originaldramen und kanische Einstellung, jedoch wird der in- te die Leistungen des Ehepaars Gottsched, Dramenübersetzungen, ergänzt um theore- härente Perfektibilitätsgedanke durch die insbesondere jene Johann Christophs, be- tische Darlegungen und knappe kritische nicht in Frage gestellte Heredität unterlau- züglich der Übertragung des “Dictionnaire Auslassungen, die in sechs Bänden in nicht fen. Auch mittels der historischen und ge- historique et critique” als französisch-deut- einmal einer halben Dekade (1741–1745) ographischen Distanz der Stoffe, hier ko- schen Wissenstransfer in den Vordergrund entstanden ist. Die beiden Gottscheds tru- lonialer Raum Afrika (Cato), da römische und kritisierte die Rezeption durch Erich gen dazu fast die Hälfte der 38 Dramen Welt (Cornelia) wird die “vernünftige” Kul- Lichtenstein (1974), Alfred Kind (1908) (17 Übersetzungen, 21 deutschsprachi- turnorm gleichsam ins Utopische transpor- und Erich Beyreuter (1974). Nicht nur ge Texte) bei. Diese Anthologie ist für die tiert, zumal sie nur im Tod symbolisch be- die Übersetzung selbst, sondern auch die Bühnendichtung in verschiedener Hinsicht schworen werden kann. Ob die politische Dialoge zwischen dem Calvinisten Pierre richtungsweisend: Sie begründet zum einen (nicht moralische) Interpretation mögli- Bayle und dem Aufklärer Johann Chris- das bürgerliche Sprechtheater der “Leipzi- cherweise unterschiedliche Sehweisen der toph Gottsched, die in den Anmerkun- ger Schule”, welches das Theater als mora- beiden Gottscheds zutage fördert, war gen gleichsam konserviert sind, zeugen lische Anstalt legitimiert. Sie legen außer- Hauptgegenstand der sich anschließenden von der herausragenden wissenschaftlichen dem ein Repertoire an kanonischen Texten Diskussion. und philosophischen Qualität dieser Über- für die Theatermacher, die Theaterkritik Anett Lütteken (Bern) erweiterte das tragung. Die auch in den Zeitschriften re- und für die jungen Schauspieldichter vor. Thema Drama um die literaturkritische ge geführte Debatte über eine “vernünfti- Sie verpflichten das Regietheater auf Werk- Dimension und leitete damit über zu Luise ge” Religion wird im “Dictionnaire” eben- treue (mögliche Identität von Lesefassung Adelgunde Victorie Gottsched. Sie näherte so öffentlich geführt. Quéval betonte auch und Bühnenfassung) und etablieren da- sich der einzigen Tragödie aus der Feder der die politische Brisanz des Themas, die in durch das bürgerliche Lesedrama. Schließ- Gottschedin mittels der Bodmerschen Kri- der (notwendig) ironischen Schreibweise lich beweist die “Deutsche Schaubühne” tik “Beurtheilung der Panthea” von 1746. Gottscheds zum Ausdruck kam. Nicht nur die internationale Leistungsfähigkeit des Obwohl der Zürcher Verriss nicht als spek- Fragen des Aberglaubens (und damit auch deutschen Theaters. takuläres Zeugnis der Deutsch-Schwei- solche des Katholizismus), zur Freiheit der Der zweite Tag des Arbeitsgespräches zer Literaturfehde gilt, erscheint er als be- Wissenschaft, zur Theodizee und Bibelkri- stand unter dem Vorzeichen des Dramas. merkenswert frühes literaturkritisches Do- tik werden in extenso behandelt und zeu- Gaby Pailer (Vancouver) untersuchte die kument. Lütteken wies auf die polemische gen von einer ernstzunehmenden Toleranz politische Dimension des Sterbenden Cato Seite des Werkes hin, die durch die weibli- der Gottscheds dem Vordenker Bayle ge- Johann Christophs und der Cornelia, die che Autorschaft des Dramas verstärkt wor- genüber. Mutter der Grachen Luises. Im Drama der den sein dürfte. Besonders interessierte sie Helga Brandes (Oldenburg) kam das Frühaufklärung sind häufig solche Episo- jedoch die deutlich werdenden Suchbewe- Verdienst zu, die Popularisierungsbestre- den gestaltet, die mit dem Scheitern der Re- gungen Bodmers nach Möglichkeiten einer 38 39

“neuen” Literaturkritik. Dass er der Tragö- und subversiv erweist. Der Vortrag Kor- grammatik der Gottschedin, wie sie sich im die so viel Aufmerksamkeit schenkt, deutet dings führte zu einer kontrovers geführten Vorwort des “Siegs der Beredsamkeit” ihren zumindest auf einen gewissen Respekt für Diskussion: Besonders Kordings Zurück- Weg bahnt, im Kontext dieses neuen wort- diese Leistung hin. Das Unbehagen Bod- haltung der historischen Quelle “Brief” ge- mächtigen Frauentyps. mers angesichts der “Mustertragödie Pan- genüber – die Bearbeitung der Briefe durch Albert Meyer (Kiel) betrachtete die En- thea” führt zwar am Ende nicht zu einer Runckel wurde e. g. nicht in die Betrach- gland-Rezeption bei beiden Gottscheds angemessenen oder gar tatsächlich rich- tung einbezogen – begegneten einige Teil- mit Konzentration auf Shaftesbury. Das tungsweisenden Literaturkritik z. B. eines nehmerinnen und Teilnehmer mit Unver- tradierte, wenn auch nicht haltbare Vorur- Lessings, dennoch ist die Station “Beurtei- ständnis. teil, die Gottscheds seien einzig ‘Französ- lung der Panthea” auf dem Wege dahin eine Walter Hettche (München) arbeite- linge’, veranlasste Meyer, einen genaueren notwendige. Die Mikroanalyse des “Bau- te die Förderung des vorrangig als Fabel- Blick auf die Rezeption englischer Litera- plans” dieser Kritik schließlich konnte den dichter bekannten Autors Magnus Gott- tur zu werfen. Er betonte das gemeinsame literarischen Wertungshorizont der Zür- fried Lichtwer durch Gottsched heraus. Interesse der beiden Gottscheds an der lite- cher abstecken. Die Rezension der anonym erschienenen rarischen Entwicklung in England. Meyers Nach der Zürcher literaturkritischen Au- “Vier Bücher Äsopischer Fabeln in gebun- These geht von dem hauptsächlichen Re- ßensicht wandte sich Detlef Döring (Leip- dener Schreib-Art” von 1751 im “Neues- zeptionsinteresse der Gottscheds am eng- zig) der konkreten Alltagswelt Luises im ten” begründeten Lichtwers bis heute an- lischen “Klassizismus” (Addison) aus. Man Buchhandelszentrum Leipzig zu. Die bis- haltenden, wenn auch begrenzten Ruhm. findet keinerlei Hinweise auf ein am Sen- herigen biographischen Darstellungen zu Auch das die Wolffsche Philosophie po- sualismus ausgerichtetes Übersetzungswe- L. A. V. Gottsched berücksichtigen in der pularisierende Lehrgedicht “Das Recht sen. Dies spiegelt sich in der sehr einge- Regel in einem zu geringen Maße die kon- der Vernunft” (1758) macht den Aktions- schränkten und einschränkenden Rezep- krete Lebensumwelt, in der sich die Schrift- radius des literarischen Vermittlers Jo- tion Shaftesburys wider. Gefragt wurde in stellerin und Wissenschaftlerin bewegte. hann Christoph Gottsched sehr deutlich. der Diskussion nach den Unterschieden Die Professorenkreise der Universität und Der Schüler Lichtwer wurde eingeschwo- der beiden Frühaufklärer hinsichtlich ih- das breit gefächerte gesellschaftliche Leben ren auf die Gottschedsche Sprachreform rer Sprach- und Übersetzungskompetenz. der Stadt Leipzig wurden en détail betrach- und konnte seine Mitgliedschaft in zwei Erwähnt wurde die Fähigkeit Gottscheds, tet. Besondere Bedeutung wurde der Anwe- Deutschen Gesellschaften, der Leipziger englische Korrespondenz zu führen. Dem senheit des Adels in Leipzig beigemessen. wie der Königsberger erreichen. Er gehör- Zusammenhang, dass die Gottschedin so- Die Stadt ist nicht nur ein Ort der bürger- te zu jenen Schülern, die bei aller Dankbar- wohl in den Zeitschriften (als Übersetzerin lichen Aufklärung, sondern auch der Adels- keit für Unterstützung und wohlwollende und Renzensentin) als auch im Briefwech- kultur. Die Gottscheds nahmen am Leben Rezensionen eine kritische Distanz zu sei- sel, hinsichtlich ihres Bücherbesitzes und in des Adels in und um Leipzig regen Anteil. nem Meister bewahrte, wenn er auch nie in Bezug auf ihre Biographie deutlichere Ten- Hier verwies Döring vor allem auf die Fa- das Klopstocksche Lager überwechselte. In denzen in Richtung England aufweist als milien der Reichsgrafen von Manteuf- der Diskussion wurde unterstrichen, dass ihr Gatte, müsste möglicherweise noch ge- fel (“Gesellschaft der Alethophilen”) und die Förderung Lichtwers als prototypisches nauer nachgegangen werden. von Seckendorff. Schließlich ging es auch Beispiel für Gottscheds Vermittlerposition Die Konzeption, für den Vortrag und darum, die Wohnung der Gottscheds im gelten kann. die Diskussion jeweils 20 Minuten vor- Hause Breitkopfs (“Goldener Bär”) als ei- Die Auseinandersetzung mit den weni- zusehen, erwies sich als sehr positiv und nen Mittelpunkt gesellschaftlicher und li- ger bekannten Original-Lustspielen (“Die führte zu einem angeregten Meinungsaus- terarischer Begegnungen zu zeichnen. Dö- Hausfranzösin”, “Das Testament”, “Die tausch. Neue Impulse beziehen sich ins- ring betonte die sich durch die Arbeit an ungleiche Heirat” und der “Witzling”) der besondere auf ein durchaus verändertes, der Gottsched-Edition gleichsam täglich Gottschedin, die allesamt in der “Deut- ja radikaleres Bild der beiden Gottscheds, verändernde Forschungslage. schen Schaubühne” abgedruckt wurden, philosophische (Bayle-Übersetzung), po- Es folgte der Beitrag Inka Kordings untersuchte Barbara Becker-Cantarino litische (“Cato”, “Cornelia”) und theolo- (Flein). Sie geht davon aus, dass ein para- (Columbus / Ohio) mit Blick auf die für gische (Wertheimer Bibel) Fragen betref- digmatisches Medium der autoreflexiven das frühe Lustspiel charakteristischen Ge- fend. Die erstmals näher betrachtete Quel- Kommunikationsstruktur die Brieflitera- schlechterdiskurse. Deutlich wird die Do- le “Auktionskatalog” und die für sämtliche tur (als Ausdruck der neu gewonnenen Pri- minanz des rationalen Vernunftdiskur- Forschungszusammenhänge grundlegen- vatheit in der Aufklärung) ist. In ihr kreu- ses für beide Geschlechter. Die Lustspiele de Quelle “Brief” könnten noch durch ei- zen sich Ich-Entwürfe, kollektive Selbstver- der Gottschedin kreieren die redegewand- nen genaueren Blick auf das Popularisie- ständigungen über die Konzeptionen von te und redemächtige Frauenfigur, die ihren rungsmedium “Zeitschrift” ergänzt wer- Individuum und Gesellschaft sowie die Standpunkt klar darlegt und sich selbst be- den. Nicht nur diesen Zusammenhang zeitgenössisch nicht reflexierbare Bedin- hauptet. Dieser Frauentyp als Vorform des könnten – für den Fall der Publikation – gungen. Durch die Bedingungen von In- Minna-von-Barnhelm-Typs wurde in der die beiden geplanten Beiträge von Susan- dividualität resp. die spezifischen Relatio- Empfindsamkeit recht schnell vom beina- ne Niefanger (Erlangen) und Thorsten Un- nalitäten der Briefgattung entsteht ein in he stummen Geliebtentyp abgelöst. Beson- ger (Göttingen), die leider ausfallen muss- sich hochgradig konstruktionales Gebilde. ders die Frage nach französischen und eng- ten, weiter erhellen. Ohne Frage wird die Die Lücken und Brüche im individuellen lischen Vorbildern für den intelligenten, Arbeit an der Gottsched-Edition der Säch- Selbstentwurf führen zu Umschreibungen, redegewandten Frauentyp beschäftigte die sischen Akademie der Wissenschaften zu denen Kording nachging. Sie kam zu dem Diskussionsteilnehmer. Auch ihre Bücher- Leipzig die Gottsched-Forschung konti- Ergebnis, dass sich die Brisanz des theore- sammlung sollte als Quelle genutzt wer- nuierlich vorantreiben. Die Veranstalterin- tisch gewollten Lebenskonzepts der Gott- den, sich den außerdeutschen Vorbildern nen beabsichtigen die Veröffentlichung ei- schedin als praktisch zu grenzgängerisch zu nähern. Möglicherweise steht die Pro- nes Tagungsbandes. 40 41

Friedrich Niewöhner 7. September 1941 – 1. November 2005

Rede in der Kirche zu Kalme am 5. November 2005

Helwig Schmidt-Glintzer

Die Herzog August Bibliothek nimmt Ab- anzulegen, wenn die Situation es erfordert, schied von Friedrich Niewöhner. Wir tra- und bei privaten und dienstlichen Proble- gen ihn hier in Kalme zu Grabe, wohin er men menschlich und warmherzig und auf vor mehr als einem Jahr mit seiner Frau Diskretion bedacht zur Beilegung beizutra- übersiedelte, ganz gewiß mit Plänen. Er gen bemüht ist.” Diese Beurteilung fand ich hatte auf diese Weise Distanz zu Wolfen- vor, als ich 1993 nach Wolfenbüttel kam und büttel gesucht und gefunden, doch daß er Friedrich Niewöhner das erste Mal begegne- sich so bald ganz von uns entfernen würde, te, und ich fand sie immer wieder bestätigt. hat keiner geahnt, am wenigsten er selbst. Heute haben wir alle nicht den Ab- Hatten wir doch alle gehofft, daß der Weg stand, über unsere eigenen Erfahrungen von der Herzog August Bibliothek hierher mit Friedrich Niewöhner offen zu spre- und von hier nach Wolfenbüttel leicht zu chen. Zu sehr lähmt uns die Trauer. Wir überbrücken sein würde. Auch nach dem sind dankbar für viele Erfahrungen. Die Beginn seines nahenden “Ruhestandes”. Herzog August Bibliothek dankt in be- Darüber haben wir häufiger gesprochen, sonderem Maße diesem Mann, der über und nun ist er am Vormittag des 1. No- 20 Jahre etwa 300 Tagungen mit vielleicht vember an einem Wolfenbütteler Herbst- zehntausend Teilnehmern organisiert hat. tag ganz von uns gegangen, kehrt nicht in Dabei hat er sich nicht nur um die Großen die Bibliothek und in seine Kreise zurück, Foto: Robert Frisch in ihrem Fach, sondern ebenso um die Jün- in jene Bibliothek, in die er auf den Tag ge- geren, um den wissenschaftlichen Nach- nau am 1. November 1986 eingetreten war. Jahren 1986 in die Wolfenbütteler Biblio- wuchs gekümmert. Die Sommerkurse und Wenn es nicht so erschütternd wäre, könn- thek kam, um die Forschungsförderung zu die Gastseminare lagen ihm ebenso wie die te man ihn vielleicht mit einem schelmisch betreiben, zusammen mit Sabine Solf und Wolfenbütteler Symposien am Herzen. verschmitzten Lächeln darauf hinweisen Peter Ganz, blieb diese Herzensprägung Nach kurzer schwerer Krankheit ist hören, daß dies eben doch auch Präzision durch den Orient erhalten. Ihm war es der Friedrich Niewöhner nun verstorben. Er und Exaktheit repräsentiere und so ganz in Erwähnung wert, daß er “als Bratscher des hat sich seit der Aufnahme seiner Tätigkeit Ordnung sei. Vom 1. November 1986 zum Tübinger Kammerorchesters in vier Konti- in der Herzog August Bibliothek im Jahre 1. November 2005! nenten konzertiert” hatte. 1986 unermüdlich und mit Leidenschaft Friedrich Niewöhner, in Schwelm ge- Friedrich Niewöhner war und blieb ein für das wissenschaftliche Profil dieser au- boren, kam aus Berlin zu uns mit seiner Suchender, doch er verfolgte diese Nei- ßeruniversitären Forschungs- und Studien- Frau Elke, mit der er seit 1973 verheira- gung nicht als Einzelgänger, sondern such- stätte für europäische Kulturgeschichte tet war, und den drei Kindern, Philipp, La- te Kontexte, sachliche und menschliche. engagiert und mit bedeutendem Erfolg dan und Johanna. Schon seine Studienkar- Dabei blieb er unabhängig. “Einer politi- ein wissenschaftliches Veranstaltungspro- riere: Tübingen, Hamburg, Bonn, Bochum schen Partei gehöre ich nicht an” bekennt gramm organisiert und betreut. Dabei hat- und Berlin, wo er sich 1983 habilitiert hat- er in seinem Lebenslauf, doch in Berlin war te er Sinn für das Machbare und hat die te, zeigte seine Weltoffenheit und seinen er Assistentensprecher. Er war ein zutiefst zum Teil auch durch knapper werdende Fi- Blick über Horizonte hinweg. Der Enge der sozialer Mensch. Er konnte zuhören, enga- nanzmittel erforderlichen Veränderungen Sprache begegnete er mit begriffsgeschicht- gierte sich im Gespräch, und er lehrte mit unserer Einrichtung konstruktiv begleitet. licher Fragestellung, der Enge des Geistes Leidenschaft. Mit seinem Namen verbindet sich ein we- mit Freundschaften in aller Welt. Dabei In der Bibliothek wurde er wahrgenom- sentlicher Teil unserer wissenschaftlichen half ihm sein Charme, sein Sinn auch für men als einer, der “über Durchsetzungskraft Aktivitäten der letzten zwei Jahrzehnte, die Eitelkeit, die Eitelkeit der anderen – und im Auftreten und in der Argumentation er mit seiner Sachkenntnis und seinen weit auch für ein bißchen eigene Eitelkeit. Und und ein selbständiges Urteil [verfügt], das über Deutschland hinaus reichenden wis- ein bißchen eitel sind wir Wissenschaftler auf fundierten wissenschaftlichen Kennt- senschaftlichen Kontakten gestaltete. doch alle, auch wenn wir uns ganz beschei- nissen und Lebenserfahrung beruht, die ihn Wir trauern um einen liebenswerten den geben und sagen, daß wir uns nur auf befähigen, seine Auffassung bestimmt und Kollegen und Freund. Wir trauern, jeder den Schultern von Riesen befinden. couragiert auch gegen Widerstände zu ver- auf seine Weise, um einen großen Verlust, Die Professur in Schiras im Iran von treten. Er ist dabei offen und hält mit seiner und manches in der Gemeinsamkeit Unge- 1975 bis 1980 hat ihn geprägt, und den Meinung nicht zurück, wenn es gilt, Din- lebte, manches nicht gespielte Streichquar- Orient, auch seine Zeit in Jerusalem, hat ge beim Namen zu nennen und Entschei- tett, mancher nicht geführte Disput lasten er seither nicht aus seinem Herzen gege- dungen zu treffen, die er energisch durch- noch auf unserer Seele, und wir beginnen ben, zu dem ja auch Griechenland zu zäh- setzt. Wegen dieser Klarheit und Direktheit erst langsam zu verstehen, daß manches len ist, wo er sich zuletzt noch aufgehalten ist er als Vorgesetzter geschätzt, zumal er sich nunmehr endgültig und nicht mehr mög- hat. Als er dann nach abermaligen Berliner nicht zu schade ist, auch praktische Hand lich ist. 40 41

Das Potential menschlicher Vernunft erweitern

Raymond Klibansky 15.X.1905 – 5.VIII.2005

Kurt Flasch

Wenige Wochen vor seinem hundertsten die Übersetzung des Standardwerkes über Geburtstag starb in Montreal Raymond Saturn und Melancholie, das er mit Panofs- Klibansky, der Spezialist für mittelalter- ky und Saxl verfaßt hat. Diese verspätete liche Mystik und Philosophie. Raymond Rezeption hat die Perspektiven verschoben: Klibansky kam regelmäßig nach Wolfen- Das große Melancholiebuch greift aus auf büttel in die Herzog August Bibliothek, wo die Medizingeschichte und Kunstgeschich- er bis 1996 im Sommer las und Gespräche te, auf die Geschichte der eologie wie der führte. Er pflegte im Lessinghaus zu woh- Dichtung, aber es gibt nur einen schma- nen und teilte mit Lessing viel mehr. Ka- len Ausschnitt von Klibanskys Forschun- ren Michels schrieb einmal in der Frank- gen wieder. Wer sein Lebenswerk kennen- furt Allgemeinen Zeitung (18. Mai 1994) lernen will, muß seine Texte in englischer über den Hamburger Lessing-Preisträ- und italienischer, in französischer und vor ger Klibansky, dem es um die Erschlie- allem in lateinischer Sprache lesen. Mehr- ßung von philosophischen Texten ging: fach erreichte er Durchbrüche durch “Mit Lessing teilt Klibansky die Überzeu- Schriften von auffallend kleinem Umfang gung, daß die Erschließung von philoso- und durch die Edition lateinischer Texte. Er phischen Texten und ihre Aktivierung das zeigte der Forschung für Jahrzehnte die We- Potential menschlicher Vernunft erweitern ge durch wohl dokumentierte, aber knap- Foto: Spiridon Polichronopoulos, aus Hommage könnten.” pe Einordnungen dieser Texte in den Gang à Raymond Klibansky, Montreal 1991 Mit Genehmigung des Autors drucken der Geschichte. wir den Nachruf von Kurt Flasch ab, der Klibansky war Europäer, und er war zuerst unter der Überschrift “Kleine große Frankfurter. Er wurde 1905 in Paris gebo- Cues, “De mente”, über den menschlichen Schriften” in der Frankfurter Allgemeinen ren. Als der Krieg 1914 ausbrach, mußte Geist, herausgegeben von Joachim Ritter. Zeitung (16. August 2005) erschien. die Familie Frankreich verlassen; es folgten Im zweiten Werk des französischen Philo- Helwig Schmidt-Glintzer Jahre in Frankfurt und in der Odenwald- sophen Carolus Bovillus, “De sapiente”, schule. Als Student lernte er im Kreis von über den Weisen, herausgegeben von dem Am 5. August 2005 ist Raymond Kli- Marianne Weber das Heidelberg der zwan- Studenten Klibansky. Cassierer hatte seit bansky kurz vor seinem hundertsten Ge- ziger Jahre von innen kennen; früh trat Jahrzehnten daran gearbeitet, den dunk- burtstag gestorben. Bis zuletzt wirkte der er in enge Arbeitsverbindungen zu Cassi- len Zeitraum von Descartes zu erforschen. freundlich-frische ältere Herr als Anreger rer und Warburg. 1931 war er habilitiert; Er war tief ins sechzehnte Jahrhundert vor- und Berater. Als Wissenschaftsorganisator 1933 mußte er nach London und Oxford gedrungen und hatte die Grenze zwischen war er in der ganzen Welt präsent. Viele emigrieren. Da er die Gefahr früh kommen Philosophiegeschichte und Wissenschafts- Forscher auf dem Feld der Geschichte des sah, konnte er wesentlich zur Rettung der geschichte eingerissen. Er hatte begonnen, Wissens sahen in ihm ihren Generalsekretär Bibliothek Warburg beitragen. Während am Käfig der Epocheneinteilung in Mittel- für Inspiration und Genauigkeit. des Krieges war er Mitarbeiter im Foreign alter und Neuzeit zu rütteln. Mit seinem Tod schließt sich ein Kreis. Office zur politisch-strategischen Feinder- In dieser Richtung ist Klibansky mit Wenn vor zehn oder zwanzig Jahren Ideen- kundung; seine Gewohnheit, exakte Detail- nachhaltigem Erfolg vorangegangen, und historiker in Oxford oder Florenz, in Paris arbeit mit großen Perspektiven zu verbin- zwar zunächst durch zwei Projekte, durch oder Krakau zusammensaßen, trieben sie den, kam ihm dabei zugute und verstärkte die Ausgabe der Werke des Nikolaus von gern folgendes Spiel: Jeder solle eine Liste sich zur Methode. 1946 wurde er Professor Kues und des Meister Eckhart. der drei bedeutendsten eoriehistoriker in Montreal. Er übte hohe wissenschafts- Der vierundzwanzigjährige Klibansky zusammenstellen und die Rangordnung diplomatische Funktionen im Dienste der gab uns durch seine kurz gehaltene, fol- verteidigen. Regelmäßig wurden drei Na- Unesco aus und erhielt höchste akademi- genreiche Studie “Ein Proklos-Fund und men genannt, Diskussionen gab es über die sche Ehren. Einen Lehrstuhl in Deutsch- seine Bedeutung” einen antiken Text von Rangfolge. Nur darin machten die “Schu- land bekam er nie. fundamentaler Bedeutung zurück; er ent- len” sich bemerkbar. Die Namen waren: Eu- Er war 21 Jahre alt, als er die Bühne der deckte das fehlende Stück des Parmenides- genio Garin in Florenz, Paul Oskar Kristel- wissenschaftlichen Öffentlichkeit betrat. Kommentars des Proklos. Dies gelang ihm ler in New York und Raymond Klibansky in Im Juli 1926 feierte Aby Warburg seinen aufgrund einer lateinischen Übersetzung Montreal. Garin ist im letzten Winter ge- sechzigsten Geburtstag. Zu diesem Anlaß aus dem dreizehnten Jahrhundert. Die- storben; Kristeller war ihm vorausgegan- widmete ihm Ernst Cassirer das berühmt ser Fund stellte ein Bindeglied wieder her, gen. Nun ist ihm Klibansky gefolgt. Eine gewordene Buch: “Individuum und Kos- das die spätantike Philosophie mit Cusanus Generation der Größten ist abgetreten. mos in der Philosophie der Renaissance”. und mit der Dialektik Hegels verknüpft. In Einem breiteren deutschen Lesepubli- Das Buch enthielt zwei Textanhänge. Im weiteren Studien zeigte Klibansky, wie es kum ist Klibansky erst spät bekannt, durch ersten stand die Schrift des Nikolaus von mit der gesamten arabischen und lateini- 42 43 schen Platon-Tradition zusammenhängt. Er schrieb die Programmschrift über die Stipendiaten und Gäste Kontinuität der platonischen Tradition; er 2005 inspirierte und organisierte den Plato Lati- nus und Plato Arabus. Er stellte eine gro- ße Zahl von oft neu entdeckten Texten in ihren geschichtlichen Zusammenhang; ne- ben der hohen philosophischen Problema- tik des späten Platon mißachtete er nicht Stipendiaten des vom Land mation of the efficient cause from the late alchimistische Traktate und die Platon-Iko- Niedersachsen finanzierten scholastics to Descartes. nographie; er blieb als Philosophie- und Stipendienprogramms der Herzog Dr. Tengiz Iremadze (Bochum): Die Rezep- Wissenschaftshistoriker in der Nähe der August Bibliothek tion der Aristotelischen Logik im georgi- Warburg-Gruppe und ihres Programms schen Denken der Neuzeit: Anton Bagra- einer allgemeinen Kulturwissenschaft. toni (18. Jh.) und seine Aristoteles-Studien. Durch Feldarbeit, durch politische Erfah- Der Einfluß der deutschen Schulphiloso- rung und durch philosophisches Nachden- Dr. Simone De Angelis (Bern): Von Juan phie auf sein Werk. ken über das Verhältnis von Wahrheit und Luis Vives zu omas Willis. Die Konfigu- Dr. Peg Katritzky (Oxford): Women, med- Geschichte vermied Klibansky die nahelie- ration einer “Wissenschaft vom Menschen” icine and theatre: itinerant performers gende Gefahr, die von ihm dokumentierte, in der Frühen Neuzeit. 1550 – 1750. nicht bloß behauptete Kontinuität als star- Dr. Alla Aleksandrovna Aronova (Moskau): Prof. Dr. Marika Keblusek (Leiden): Trad- re Unbeweglichkeit zu denken. Architectural settings of royal ceremonies, ing Books and News: Cultural and Polit- Klibansky belegte: Lessing trieb in dem church and civic festivals in early modern ical Agents in the Service of Duke August Jahr, als er den Nathan schrieb und als ihm Russia. and Duke Anton Ulrich. wegen des Goetze-Streits jede religionsphi- Prof. Tatiana Artemyeva (St. Petersburg): Dr. Hans-Jörg Künast (Augsburg): Die losophische Publikation verboten war, ei- Robert Fludd and the Hermetic Tradition Augsburger Drucke des 16. Jahrhunderts. nen Freund an, die Schrift des Cusanus in 18-century Russia. Bibliographie, Typenrepertorium und über den Religionsfrieden zu übersetzen. Dr. Giliola Barbero (Mailand): e Or- Buchillustration. Lessing wollte die Übersetzung des cusa- thographia of Gasparino Barzizza (1360 Dr. Rolf Lohse (Göttingen): La sperimenta- nischen Religionsgespräches herausgeben; ca. – 1430): An Early Italian Humanistic zione drammatica: Das Italienische eater nur sein Tod hat ihn daran gehindert. Der Grammar. des 16. Jahrhunderts zwischen Experiment Nathan und die Präsentation des Cusa- Dr. omas Biskup (Oxford): Poten- und Tradition (Projektskizze). nus-Textes von 1453 waren Lessings List, te Monarchen: Diskurse über Ehepflicht Dr. Elia Iordanova Marinova (Sofia): e die Zensur zu unterwandern. Dann nahm und Herrschertugend im Frühneuzeitli- Self-Consciousness of the Renaissance die Bosheit wieder einmal zu, und es war chen Europa. Commentator. Klibanskys List, antike und mittelalterli- Dr. Daniel Bolliger (Montpellier): Die Ca- Dr. Radmila Pavlickova (Olomouc): Die che Texte auszugraben, um “wieder ein- techismus-Milch (1642 – 1673) Johann kirchliche Aristokratie in den Leichen- mal” die Intoleranz aus einer Position der Conrad Dannhauers (1603 – 1666) – Ka- predigten der Frühen Neuzeit. Mitteleu- Ohnmacht anzugreifen. techismuspredigt als öffentliches Medium ropa und das Heilige Römische Reich im Die Wolfenbütteler Gelehrtenrepublik individualisierender Praxis in der späten Vergleich. trauert um ihr langjähriges Mitglied. Die Lutherischen Orthodoxie. Dr. Ulrich Pfisterer (Hamburg): Liebe – Herzog August Bibliothek wird diesem Dr. Elke Bujok (München): Der Umbruch Zeugung – Geburt. eorien zur künstle- bedeutenden Gelehrten aus Europa und in der Rezeption des Fremden um 1670. rischen Produktion in der Frühen Neu- Deutschland ein ehrendes Andenken be- Dr. Alejandro Coroleu (Nottingham): A zeit. wahren. survey of non-Italian editions of Italian Dr. Austra Reinis (Springfield): e ars Humanist texts (1494 – ca. 1550) from a moriendi and Leichenpredigten of Ae- Pedagogical Perspective. gidius Hunnius (1550 – 1603). Dr. Pascal Dubourg Glatigny (Paris): Scien- Dr. Antonella Romano (Paris): Scientific tific culture in Renaissance Rome. culture in Renaissance Rome. Dr. Adam Fijalkowski (Warschau): Medi- Dr. Henadz Sahanovich (Minsk): Das eval Dominican Authors in the Herzog Großfürstentum Litauen und Heiliges Rö- August Bibliothek Wolfenbüttel Manu- misches Reich im 16. und 17. Jahrhundert: scripts Collection. die politische Adelskultur im Vergleich. Dr. Reinhard Flogaus (Berlin): Die grie- Dr. phil. Yossef Schwartz (Tel Aviv): Juan chischsprachige katechetische Literatur des Caramul Lobkowitz: e changing notion 16. und 17. Jahrhunderts. of orthodoxy in the 17th century. Dr. Elene Gogiaschwili (Tbilissi): Mythi- Dr. Vladimir Somov (St. Petersburg): Les sche und Religiöse Aspekte des Volksmär- relations livresques entre la principauté chens. de Braunschweig et la Russie à la fin du Dr. Susan Lewis Hammond (Victoria): Ita- XVIIIe et au début du XIXe siècle. Les im- lienische Madrigale in der Druckwelt des primeurs-libraires Fauche et Pluchart. Nordeuropa in der FrühenNeuzeit. Dr. Jan R. Veenstra (Groningen): Das Hei- Dr. Helen Hattab (Crawfordsville, IN): lige Almadel: Critical Edition, Commen- Causes, law and mechanisms: e transor- tary and Study. 42 43

Dr. Annett Volmer (Berlin): Die Ergrei- Stipendiaten der Hans und Helga Dr. Wlodzimierz Zientara (Torun): Kom- fung des Wortes. Betrachtungen über Au- Eckensberger-Stiftung munikation in den europäischen ehemali- torstatus, Kanon und Poetik in Texten ita- gen Hansestädten der Frühen Neuzeit. lienischer Autorinnen vom 15. – 17. Jahr- Dr. Frank Horstmann (Berlin): Kepler-Re- hundert. zeption an deutschen Universitäten wäh- Prof. Dr. Timothy J. Wengert (Philadel- rend des 17. Jahrhunderts. Stipendiaten der Dr. Günther Findel- phia): Philipp Melanchthon: 1546 – Christian Lippelt (Wolfenbüttel): Franz Stiftung (Doktorandenprogramm) 1560. Algermann: Verwaltungsbeamter und Hi- storiograph. Biographische Studien zu ei- Abbas Amin (Regensburg): Ägyptomanie nem fürstlichen Diener am Wolfenbütte- und Orientalismus. Ägypten in der deut- Kooperation Herzog August Bibliothek – ler Hofe. schen Reiseliteratur um 1800. Deutungs- Akademie der Wissenschaften Budapest Gabriele Wacker (Braunschweig): Die Leib- muster der Eigen- und Fremdwahrneh- ärzte am Wolfenbütteler Hof, ihr Verhältnis mung. Dr. S. Katalin Németh (Budapest): Ungarn- zur Universität Helmstedt und zur Wolfen- Mariya Baramova (Sofia): Die Donau in beschreibungen – Aspekte des Vergleichs. bütteler Hofapotheke 1570 – 1740. den europäisch-osmanischen Beziehungen Dr. Eva Petroczi (Budapest): Reformations- 1396 – 1566. Geostrategische und militä- forschungen. risch-politische Aspekte. Dr. Andras Szabó (Budapest): Reforma- Stipendiaten der Andrew W. Mellon- Katharina Sabine Beiergrößlein (Bayreuth): tionsforschungen. Stiftung (Mittel- und Osteuropa- Robert Barnes (1495 – 1540): Biographie Programm) und politisches Wirken in England und Deutschland. Einladungen des Direktors Dr. Mihály Balazs (Szeged): Tätigkeit von Linda Brüggemann (München): Begräbnis- Ferenc Dávid im europäischen Kontext. zeremoniell und Totenkult bei preußischen Prof. Dr. Gian Mario Anselmi (Bologna): Dr. Adam Fijalkowski (Warschau): Medi- Monarchen im 18. Jahrhundert. Studien zu den europäischen Literaturen eval Dominican Authors in the Herzog Charles-Henri Depezay (Orleans): Aufklä- des 15. und 16. Jahrhunderts und ihrem August Bibliothek Wolfenbüttel Manu- rung und gelehrte Geselligkeit am Ende des Bezug zu den Traditionen der italienischen scripts Collection. 18. Jahrhunderts. Georg Christian Crollius Renaissance. Dr. Mihály Imre (Debrecen): Studien zur (1728 – 1790) und seine Beziehungen. Prof. Dr. Jörg Jochen Berns (Marburg): Rhetorik in der Frühen Neuzeit. Erik Margraf (Augsburg): Geschichte der Mnemonik in der Frühen Neuzeit. Dr. Anna Manko-Matysiak (Wrocław): frühneuzeitlichen Hochzeitspredigt. Tex- Prof. Dr. Franco Buzzi (Mailand): Religion Das evangelische Gesangbuch Schlesiens tuelle Organisation, rituelle Funktion, dis- und Christentum als Erziehungsmittel der von der Luther- bis zur Preußenzeit. Ge- kursive Praxis. Menschheit bei G. E. Lessing. schichte – Gestalt – Gebrauch. Alexander Nebrig (Paris): Übersetzungs- Dr. Helmut Claus (Gotha): Melanchthon- Prof. Dr. Tomasz Mikocki (Warschau): Gar- geschichte als Literaturgeschichte. Die bibliographie. dens with antiquities in Central and East- sprachliche Transformation des ‘hohen Prof. Dr. Wolfgang Harms (München): ern Europe – the search for a common cul- Stils’ im Trauerspiel. Untersuchungen an Heidelberg/Straßburg in der Literatur um tural background. den Übersetzungen der Tragödien Racines 1615 bis 1635. Prof. Dr. Jaroslaw Wenta (Torun): Die Bi- in Alexandriner (bis 1767) und Blankvers Prof. Dr. Mieczyslaw Markowski (Krakau): bliothek von Oxenstierna und Bogislav v. (um 1800). Lateinische Kommentare zu den Werken Chemnitz. Alessandro Palazzo (Lecce): Ulrich von des Aristoteles vor 1550. Strassburg “De Summo Bono”, Lib. IV Dr. Bärbel Rudin (Kieselbronn): Berufs- Tract III. Edition und Kommentar. theater und Wanderbühnen in der Frü- Stipendiaten der Kurt und Marga Leigh Travis Ian Penman (Melbourne): hen Neuzeit/Speziell Rezeption der Comé- Möllgard-Stiftung (Stifterverband) Chiliasm in German , 1590 – die italienne. 1650. Prof. Dr. Richard Ernest Walker (College Dr. Jolanta Gelumbeckaite (Vilnius): Wol- Sebastian Posth (Bochum): Zwischen Recht Park): German-Spanish Literary Relations fenbütteler Postille. und Decorum – Der Gesandte in der Lite- in the 17th Century. Prof. Dr. Andris Rubenis (Riga): Geschich- ratur der Frühen Neuzeit. te der Ethik in Europa. Veronika Rücker (Dresden): Die Grabin- Dr. Kristi Viiding (Tartu): Laurentius Lede- schriften der Hohenzollern. nius – ein Greifswalder Professor in Dorpat. Eine Untersuchung zu nordeuropäischer Bildungsgeschichte. Stipendiaten der Rolf und Vilma Zubaitiene (Vilnius): Philipp Ruhigs Ursula Schneider-Stiftung (1675 – 1749) Lexikographie. (Doktorandenprogramm)

Izolda Gulczynska-Zalewska (Torun): Die Stipendiaten der Dorothee Wilms- Wahrnehmung des königlichen Preußen Stiftung (Stifterverband) des 17. Jahrhunderts im “eatrum Eu- ropaeum”... Sona Cernocká (Prag): Frühneuzeitliche Richard Kirwan (Dublin): Representations Drucke über südöstliches Asien in den Be- of new universities in late sixteenth cen- ständen der Fürstenbibliotheken. tury . 44 45

André Johannes Krischer (Münster): Susan F. LongfieldKarr (Chicago): Nature, Mission Historique, Göttingen Reichsstädte und Fürstengesellschaft: Ei- Self and History in the Works of Guillaume ne Fallstudie zum politischen Zeichenge- Budé, Andrea Alciati and Ulrich Zasius: A Alice Perrin (Tours): Herkunft und Erbau- brauch in der Frühen Neuzeit. study of the role of legal Humanism in ung des französischen Bestandes der Her- Miriam Rieger (Erfurt): Phänomene au- Western Natural Law. zog August Bibliothek im 17. Jahrhundert ßerordentlicher Frömmigkeit und ihre Be- Dr. Irakli Simonia (Tbilisi): Old Georgian im Sinne vom deutsch-französischen Kul- wältigung zwischen Orthodoxie und Auf- astronomical manuscripts. turtransfer. klärung. Birute Triskaite (Vilnius): Das handschrift- Christoph Schmälzle (Berlin): Von Lao- liche deutsch-litauische Wörterbuch des koon bis zu den Elgin Marbles – alter- 17. Jahrhunderts Clavis Germanico-Lith- Pro Fide et Christianismo, Schweden tumskundliches Wissen in der Ästhetik der vana. Goethezeit. Ola Larsson (Ljungby): Auslegung von Arne Spohr (Bonn): Studien zum engli- Joh. 14,26 und 16,13(12 – 15) in syste- schen Einfluß auf norddeutsche instrumen- matisch-theologischem Kontext. tale Ensemblemusik im frühen 17. Jahr- Deutsche Management Akademie hundert. Niedersachsen Verena eile (Pullman, WA): Representa- Social Sciences and Humanities Research tions of Attitudes towards the Occult in the Nadezhda Derkach (Moskau): Erfahrungs- Council of Canada Literature of the Renaissance. austausch zwischen deutschen und russi- Elena Vasileva (Moskau): Studien zum Be- schen Museen und wissenschaftlichen Kul- Gregory S. Johnston (Toronto): A Heinrich griff und Phänomen der eatralität an tureinrichtungen. Schütz Reader: Letters and Documents in Beispielen der westeuropäischen Malerei Translation. des 18. Jh.

Finnische Akademie – Suomen Akatemia Summer Faculty, Marquette University Stipendiaten der Fritz Wiedemann- Stiftung (Stifterverband) Dr. Aino Kärnä (Helsinki): Impact und In- Prof. Dr. Mickey Mattox (Milwaukee): e novation: Beziehungen der frühen europä- ‘In Genesin Enarratio’ of Iohannes Deco- Ana-Stanca Tabarasi (Bukarest): Symboli- ischen Grammatiken zueinander. lampadius, 1531. sche Funktionen der “Gartenrevolution” in Liia Rebane (Helsinki): Die Entwicklung der englichen, französischen und deutschen der Tallinner (Revaler) Bucheinbände in Literatur des 18. und frühen 19. Jahrhun- der Zeit der Renaissance. derts. Universität Warschau

Dr. Igor Kakolewski (Warschau): Melan- Gerda Henkel-Stiftung cholie der Herrschaft. Ein Studium unter- schiedlicher Formen von Tyrannei im Zeit- Stipendiaten anderer Dr. Manuela Anton (Bukarest): Von der alter der Renaissance. Institutionen katechetischen Unterweisung zur staats- bürgerlichen Bildung: Die rumänische Re- Alexander von Humboldt-Stiftung zeption der deutschen Frühaufklärung im Gäste der Herzog August Bibliothek Elementarschulwesen. Dr. Matthew Erlin (St. Louis): Die Kultur Dr. Andrej Doronin (Moskau): Mythos Minna Ahokas (Helsinki): Aufklärung in des Konsums und der deutsche Roman des und Nation. Zum Problem der Nationen- ihren literarischen Kontexten in Finnland 18. Jahrhunderts. bildung in West- und Mitteleuropa in der im 18. Jahrhundert. Prof. Dr. Mara R. Wade (Urbana, IL): Di- Frühneuzeit. Prof. Dr. omas Althaus (Münster): Klei- gitalisierung von Emblembüchern HAB/ Dr. Jolanta Gelumbeckaite (Vilnius): Wol- ne Prosa um 1500/Harsdörffer: Apoph- UIUC. fenbütteler Postille. thegmata / Die “Stücklein” (Schwankpro- Prof. Dr. David Yearsley (New York): Die Ina Ulrike Paul (Berlin): “Alle Kreter lü- sa) in Grimmelshausens “Simplizissimus” / Stelle der Frauen in der Bach-Familie in gen”. Nationale Stereotypen in Enzyklopä- Logaus Anfänge. der Gesellschaft. dien, Universal- und Konversationslexika Pernille Arenfeldt (Sharjah/VAE): Prince- Europas vom 17. bis zum frühen 19. Jahr- ly Women at the Protestant Courts of Six- hundert und ihre Quellen. teenth-Century Germany. DAAD Irmtraud Baier (Marburg): Die Italienrei- se des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel Dr. Silke Falkner (Saskatchewan): e Turk 1699/1700 und ihre Folgen: Reisebericht, as Licence to Write: Catharina Regina von Getty Foundation Kunstrezeption, Kulturtransfer. Greiffenberg’s Sieges-Seule. Prof. Dr. Jochen Becker (Utrecht): Die An- Tuomo Fonsen (Turku): “Horrendum Dr. Barbara Uppenkamp (Hamburg): Die tike in der niederländischen Kunstliteratur Bellum Grammaticale” des Justus Georg Stadt als gebautes Bild – Untersuchungen des 17. Jahrhunderts. Schottelius. zur Perspektive und zur Entwicklung des Prof. Dr. Barbara Becker-Cantarino (Co- Gavin Hammel (Toronto): Geisslergesell- Stadtbildes in der Frühen Neuzeit. lumbus): Die Lustspiele von L.A.V. Gott- schaften im späten Mittelalter. sched. 44 45

Dr. Reinhard Flogaus (Berlin): Evangeli- scher Glaube in der Sprache des Evange- liums. Carmen Furger (Basel): Briefsteller. Zur Codierung und Entwicklung des Medi- ums “Brief” im 17. und frühen 18. Jahr- hundert. Dr. Mariacarla Gadebusch-Bondio (Greifs- wald): Medizinästhetik im 16. Jahrhun- dert. Prof. Martin van Gelderen (Florenz): ‘Con- cordia res parvae crescunt’. Civil and reli- gious conflict in the political thought of the Low Countries (1500 – 1672). Maria Golubeva (Riga): Models of political competence in early modern texts (the ex- ample of Leopold I). Prof. Dr. Istvan Gombocz (Vermillion, SD): Akademische Satiren des 18. Jahrhun- derts. Anita Gutmann (München): Hofkultur in Bayreuth zur Markgrafenzeit (1603 – 1726). Prof. Dr. Susanne Hafner (Austin). Mittel- alterliche Vergilglossen. Dr. Mitchell Lewis Hammond (Victoria): Contagious disease, honor and urban life in early modern Germany. Dr. Erna Handschur (St. Johann in Tirol): Foto: okerland-archiv. Stadtmarketing Braunschweig Christian Knorr von Rosenroth – De prae- existentia animarum. PD Dr. Claudia Benthien (Berlin): Barok- craft in the Holy Roman Empire and the Dr. Johannes Hartau (Hamburg): Ausstel- kes Schweigen. Rhetorik und Performativi- British Isles. lung “Don Quijote”. tät des Sprachlosen im 17. Jahrhundert. Prof. Dr. Marco Antonio Coronel Ramos Yukiko Hashimoto (Tokyo): Zu Harsdörf- Alison L. Beringer (Princeton): Wort und (Valencia): Übersetzungen des Hohenlie- fers “Poetischem Trichter”. Bild in frühen Drucken Joerg Wickrams. des in der Renaissance. Claudia Heidemann (Tönning): Mythi- Prof. Dr. Susan R. Boettcher (Austin): Lu- Cesare Cuttica (Florenz): Sir Robert Filmer sche Traditionslinien barocker Frömmig- therische Predigt, Luther-memoria, Cyria- (1588 – 1653), his works in the context keitsliteratur. kus Spangenberg als Geschichtsschreiber. of seventeenth-century European political Prof. Dr. Simo Heininen (Jyväskylä/ Carolin Bohn (Münster): Literaturpro- thought and his intellectual background. Helsinki): Ankunft des Humanismus in gramme kultureller Einrichtungen (HAB/ Charles-Henri Depezay (Orleans): Aufklä- Finnland. Bundesakademie). rung und gelehrte Geselligkeit am Ende des Dr. Gizella Hoffmann (Szeged): Hungari- Prof. Dr. Emilio Bonfatti (Padova): Der 18. Jahrhunderts. Georg Christian Crollius ca in den Handschriftensammlungen der Grobianus im 17. Jahrhundert. (1728 – 1790) und seine Beziehungen. Herzog August Bibliothek. Prof. Dr. Urs Boschung (Bern): Ärztliche Nadezhda Derkach (Moskau): Erfahrungs- Dr. Gerda C. Huisman (Groningen): Früh- Praxis im 18. Jahrhundert. austausch zwischen deutschen und russi- moderne gedruckte Handschriftenkatalo- Dr. Martin Cable (Lucca): e Priest’s schen Museen und wissenschaftlichen Kul- ge. war in Brunswick (1413 – 1420) and the tureinrichtungen. Johannes Hund (Mainz): Erstellung ei- Council of Constance. Yaacov Deutsch (Jerusalem): Religious Rit- ner bio-bibliographischen Datenbank zu Dr. Patrizia Carmassi (Frankfurt/Main): uals Observed: Ethnographic Descriptions den innerprotestantischen nachinterimisti- Ausstellung “Divina officia”. Lithurgie und of Oriental Rituals in Early Modern Eu- schen Streitigkeiten. Frömmigkeit im Mittelalter. rope. Julian Jachmann (Marburg): Zwischen Dr. Anna Carrdus (Bristol): School and civ- Dr. C. Scott Dixon (Belfast): Herrschafts- Stadt, Hof und Reich: Öffentliche Kunst ic festivals in 17th Century Germany. ideologie und Reformation. in Augsburg 1588 – 1631. Axelle Chassagnette (Tours): Geographi- Misia Sophia Doms (Mainz): Einheit oder Dr. Stephan Jaeger (Winnipeg): Narratolo- sches Wissen im protestantischen deut- Pluralität der Seele? – Seelenmetaphern im gische und ästhetische Herausforderungen schen Raum (1520 – 1610). 17. und frühen 20. Jahrhundert. in der Historiographie des späten 18. Jahr- Prof. Dr. David J. Collins (Washington): Dr. Dorothee Elm (Freiburg). Liebe als hunderts. Deutsche Frühhumanisten und Hagio- Wahnsinn. Götterdarstellung in der flavi- Dr. Henning Jürgens (Mainz): Erstellung graphie. schen Epik: einer bio-bibliographischen Datenbank zu Andreas Corcoran (Florenz): Professors, De- Prof. Dr. James M. Estes (Toronto). Philipp den innerprotestantischen nachinterimisti- mons, Witches. Conceptualising Witch- Melanchthon. schen Streitigkeiten. 46 47

Prof. Dr. Susan Karant-Nunn (Tucson): Die religiösen Emotionen in den deut- schen Reformationen. Dr. Peg Katritzky (Oxford): Women, med- icine and theatre: itinerant performers 1550 – 1750. Prof. Dr. Marika Keblusek (Leiden): Trad- ing Books and News: Cultural and Polit- ical Agents in the Service of Duke August and Duke Anton Ulrich. Ursula Kiermeier (Krakau): Lohensteins geistliche Dichtung. Prof. Dr. Hans-Martin Kirn (Kampen): Quellenforschungen. Dr. Astrid Klocke (Flagstaff): e German Concept of Literary Humor in the 16th and 17th Centuries. Anton Knoll (Wien): Informationsbesuch in der Herzog August Bibliothek – Schwer- punkt Wissenschaftliche Veröffentlichun- gen einer Forschungsbibliothek. Kolb Prof. Dr. Robert A. (Saint Louis): Bi- Foto: okerland-archiv. Stadtmarketing Braunschweig belexegese in der Zeit der Konfessionali- sierung. Hans Kurig (Norderstedt): Jakob Bernays Prof. Dr. David Myers (New York): Death Sebastian Pranghofer (Durham): Visualisa- Vorlesung über die Geschichte der klassi- and a Maiden: e Tragical History of Mar- tions of the human body in anatomical dis- schen Philologie. gareta Schmidt, Infanticide. courses in early modern Europe. PD Dr. Esko Laine (Jyväskylä): Ankunft Rainer Mühle (Rostock): Erschließung Dr. Maria Antonietta Pranteda (Turin): des Humanismus in Finnland. und Verzeichnung der Spruchakten der Ju- Quellen und Probleme in der semeiotica PD Dr. Tuija Laine (Jyväskylä): Ankunft ristenfakultät der Universität Helmstedt universalis Christian Wolffs. des Humanismus in Finnland. (1576 – 1810). Laura Prosperi (Florenz): Ernährung und Arina Lasareva (Moskau): Die Entwick- Dr. Harriet Murphy (Oxford): Anti-ka- Fortpflanzung: Diätetik in Frankreich (16. lung der Nationalideen in der Flugschrif- tholische Polemik in der deutschsprachi- und 17. Jahrhundert). tenliteratur und dem intellektuellen Erbe gen Literatur. Dr. omas Rahn (Berlin): Konzepte der der Sprachgesellschaften im Zeitalter des P. Val Naval (Zaragoza): “Summa supra Tier/Mensch-Grenze in der Frühen Neu- Dreißigjährigen Krieges. physiognomoniam” des Wilhelm von Ara- zeit. Prof. Dr. Ingrid Maier (Uppsala): Russische gon. Dr. Sina Rauschenbach (Berlin): Menasse Übersetzungen von westeuropäischen ge- Prof. Dr. Monika Nenon (Memphis): Re- ben Israel – Biographie eines jüdischen In- druckten Zeitungen im 17. Jahrhundert. writing Lessing’s Freimaurergespräche – tellektuellen im 17. Jahrhundert. Prof. Dr. José Francisco Preto Meirin- Herder’s and Schlegel’s historical Turns in Peter Robbins (Oxford): Die aus medizi- hos (Porto): Bibliotheca manuscripta Pe- regard to Lessing’s Ernst und Falk. nischer Hinsicht betrachtete Darstellung tri Hispani. Annemarie Nooijen (Nijmegen): Balthasar der Krankheit und des Todes in Lei- Prof. Dr. Outi Merisalo (Jyväskylä): An- Bekkers Betoverde Weereld in den deut- chenpredigten und Lyrik des deutschen kunft des Humanismus in Finnland. schen Landen. Barock. Dr. Detlef Metz (Gießen): Protestantisches Ursula Paintner (Mainz): Antijesuitische Stefan W. Römmelt (Würzburg): Jubiläen Drama. Polemik im deutschsprachigen Raum vor des Augsburger Religionsfriedens in den Dr. Mikhail Mikeshin (St. Petersburg): His- 1618. Jahren 1655, 1755, 1855 und 1955. tory of European ideas in the 18th century Prof. Dr. Andrew Pettegree (St. Andrews): Dr. Martin Rothkegel (Hamburg): Edition and the history of education in Europe. Sixteenth Century French Vernnacular der Korrespondenz des Joachim Jungius Radka Miltová (Brno): Die Rezeption der Books. (1587 – 1657). Metamorphosen des Ovid in der mitteleu- Dr. Mikko Piippo (Jyväskylä): Ankunft des PD Dr. Raija Sarasti-Wilenius (Jyväskylä): ropäischen Barockkunst. Humanismus in Finnland. Ankunft des Humanismus in Finnland. Prof. Dr. Cornelia Niekus Moore (Hawaii): Beth Plummer (Bowling Green): Priester- Prof. Dr. Hiromitsu Sasaki (Osaka): Ent- Augusta Elisabeth von Posadowskys Ly- ehe und Zoelibat in der Reformations- wicklung der Geschichtswissenschaft in rik als Beispiel pietistischer Erbauungs- zeit. Deutschland. dichtung. M. A. Annette Popel Pozzo (Mailand): In- Silke Schaeper (Oxford): Katalogisierung Anja Moritz (Frankfurt am Main): Apoka- kunabelforschung. der gedruckten Hebraica der Herzog lyptik und politisches Denken im Luther- Gerhild Pothmann-Brebeck (Düsseldorf): August Bibliothek 15. – 19. Jh., in Ko- tum des 16. Jahrhunderts. Die Frauenheilkunde am Beginn der Frü- operation mit der Bodleian Library, Ox- Dr. Marie-érèse Mourey (Bois Colom- hen Neuzeit. ford. bes): Forschungen zum Ballett und zur Dr. Riccardo Pozzo (Verona): Die Genese Dr. Otto Scheib (Freiburg): Kirchenge- Tanzkultur in der Frühen Neuzeit. der Subjektivität. schichte als eologie. 46 47

Jacob Schilling (Berlin): Repräsentationen von Wasser und Heilquellen in der Frü- hen Neuzeit zwischen Sakralität und Sä- kularität. Dr. Ulrike Schneider (Berlin): Boccaccio und die Transformationen mittelalterlicher Gattungstraditionen. Prof. Dr. Gerhild Scholz Williams (St. Lou- is): Arbeit zum eatrum Europaeum. PD Dr. Georg Schuppener (Leipzig): Ent- wicklung der mathematischen Fachsprache im 16. und 17. Jahrhundert. Prof. Dr. Karin Schutjer (Norman/OK): Goethe’s wanderers and the wandering jews: Identity, Idolatry, Modernity. Carsten Seifert (Berlin): Städtebaugeschich- te der Stadt Frankfurt (Oder). Prof. Dr. Douglas H. Shantz (Calgary): Selbstmord in der frühen Neuzeit. Prof. Dr. Joachim Sliwa (Krakau): Giovan- ni Nardi (ca. 1580 – ca. 1655) und Geburt der “Ägyptologie”. Dr. Anna Somfai (Cambridge): Natur, Foto: okerland-archiv. Stadtmarketing Braunschweig Rolle und Überlieferung von philosophi- schen, wissenschaftlichen, kosmologischen und encyclopaedischen Diagrammen: Be- nen in Drucken des 16. Jh. im deutschen Prof. Dr. Jaroslaw Wenta (Torun): Die Bi- weis der mittelalterlichen Handschriften Sprachbereich. bliothek von Oxenstierna und Bogislav v. (7. – 12. Jh.). Katsumi Takimoto (Halle-Wittenberg): Chemnitz. Dr. Friederike Spitzl-Dupic (Clermont- Sprachgeschichte des Deutschen vom 17. Robert Weston (New York): Philanthropis- Ferrand): Sprachphilosophie im 17. und bis zum 19. Jahrhundert. mus, Volksaufklärung und Aufopferungs- 18. Jahrhundert. Prof. Dr. Lynne Tatlock (St. Louis): Catha- semantik im reformpädagogischen Diskurs Arne Spohr (Bonn): Studien zum engli- rina Regina von Greiffenberg. um 1780. schen Einfluß auf norddeutsche instrumen- Neil omas (Durham): Prolegomena zu ei- Prof. Dr. Renate Wilson (Baltimore): Medi- tale Ensemblemusik im frühen 17. Jahr- ner Parzival-Studie. zin im Pietismus. hundert. Dr. Janette Tilley (New York): Musikali- Rosmarie Zeller (Villars-sur-Glàne): Die Monika Sproll (Gießen): “Kunstkarakter” – sche Vertonungen der Parabel “vom reichen Kabbala-Handschriften Knorrs von Ro- Zu einer Ästhetik des Charakteristischen Mann und Lazarus” im 17. Jahrhundert. senroth. bei Friedrich Hölderlin im Horizont der Francesco Valerio Tommasi (Rom): Die Chunjie Zhang-Günther (Stuttgart): Les- Charakterdebatten im 18. Jahrhundert. Kantischen Quellen des Begriffs “Trans- sing und der Poststrukturalismus. Erzsébet Szökefalvi-Nagy (Szeged): Bild zendental”. und/zum Text – Holzschnittillustratio- Dr. Anita Traninger (Berlin): Akademische Streitkulturen zwischen Scholastik und Foto: okerland-archiv. Stadtmarketing Braun- Humanismus. schweig Dr. Marta Vaculinová (Prag): Untersu- chungen zur Ausgabe der gesamten Dich- tung von Bohuslav von Lobkowicz und Hassenstein. Dr. Iolanda Ventura (Münster): Die italie- nischen Enzyklopädien der Frühen Neu- zeit. Rienk Vermij (Utrecht): Astronomie und Apokalyptik im 16./17. Jahrhundert. Prof. Dr. Jean-Pierre Vittu (Paris): Zeit- schriften und wissenschaftliche Kommu- nikation in der Frühen Neuzeit. Prof. Dr. Mara R. Wade (Urbana, IL): Di- gitalisierung von Enblembüchern HAB/ UIUC. Dr. Malcolm Walsby (St. Andrews): Six- teenth Century French Vernacular Books. Jennifer L. Welsh (Duke, N. C.) Verehrung der hl. Anna im Spätmittelalter und Früh- neuzeit. 48

Seine Welt wissen. Enzyklopädien in der Frühen Neuzeit

Ausstellung in der Universitätsbibliothek Leipzig vom 7. Januar bis 6. März 2006 und in der Herzog August Bibliothek vom 11. Juni bis 12. November 2006

Fragen wir heute nach der alten Wissens- orientieren und sie dokumentieren, sie Enzyklopädien sind drittens Bücher mit kultur der buchgestützten Kenntnisse zu- geben Überblick und Fülle des Materials. einem für den Zugriff des Lesers disponier- rück, überschreiten wir die Horizonte unse- Die Vielfalt der frühneuzeitlichen Enzyklo- ten Wissen. rer eigenen Welt. Die “Sachen selbst” schei- pädien weist auch höchst unterschiedliche Diese Definition der Enzyklopädien als nen ganz andere zu sein, wenn man im 16., und nicht selten schwer erkennbare Ord- Buchgattung der Frühen Neuzeit lässt sich 17. oder 18. Jahrhundert nach ihnen in En- nungskriterien auf. Tomaso Garzoni hat wie folgt zusammenfassen: Enzyklopädien zyklopädien Ausschau hält. Das, was man im 16. Jahrhundert für seine Enzyklopädie sind im pragmatischen Sinn Wissensma- wusste, wie man es wusste und wie man es der Berufe kein gliederndes Prinzip jenseits schinen mit einem Anspruch auf Orien- darstellte, unterscheidet sich stark von un- der unterhaltsamen Abwechslung gewählt; tierung, mit einer hohen Leistung der In- serer heutigen Wissenskultur. Wir begeg- bei Johann Heinrich Alsted gibt es in ei- formationsvermittlung und mit einer Aus- nen einer lebendigen antiken Bildungswelt ner durchweg systematisch aufgezogenen richtung auf möglichst unkomplizierte mit einer Fülle von Figuren aus der griechi- Encyclopaedia am Schluss eine “Scheune” Benutzbarkeit. schen Mythologie. Wir begegnen auch der (lat. farrago), in welcher ausgelassene Dis- Welt des alten Testaments und verschiede- ziplinen aufgeführt werden (wie Gedächt- Ausstellung in der Augusteerhalle, Schatz- nen heidnischen Kulturen; wir finden eine niskunst und Tabakanbau). Die früh schon kammer und Kabinett vom 11. Juni bis intensive Auseinandersetzung mit der Na- zur Verwendung gelangende alphabetische 12. November 2006 tur (Pflanzen, Tiere, Steine), wobei Mons- Anordnung (so bei Mirabellius 1507) steht ter und andere Anomalien immer mitbe- durchweg in Konkurrenz zu systematischen Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11– rücksichtigt werden. Auch symbolische Konzeptionen, die den Leser stärker leiten 17 Uhr Horizonte haben in der Frühen Neuzeit und führen statt ihn suchen und wählen häufig reale Welten abgesteckt. zu lassen. Autoren und Verleger, Zeich- Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Die Bereiche des Wissens waren an- ner und Stecher haben immer wieder neu Ulrich Johannes Schneider: Seine Welt wis- ders voneinander getrennt als heute. Vie- versucht, die Aufmerksamkeit eines Publi- sen. Enzyklopädien in der Frühen Neuzeit. le Zeugnisse über fremde und ferne Kul- kums zu fesseln, das im Zeitraum vom 16. 240 S., 64 Abb., 24,90 € (Ausstellungsaus- turen und Ereignisse kamen aus zweiter zum 18. Jahrhundert nicht nur Gelehr- gabe). oder dritter Hand und wurden doch als te, sondern auch Laien, nicht nur Wissen- quellenmäßig abgesicherte Kenntnisse re- schaftler, sondern auch Neugierige, nicht zipiert. Wörter und Dinge standen in ei- nur Entscheidungsträger, sondern auch al- Veranstaltungen in der Augusteerhalle nem intimen Verhältnis zueinander. Bü- le Lernbegierigen umfasste. cherwissen wird komplex repräsentiert, mit So bilden die enzyklopädischen Wer- P D. U J S- Einschluss auch alter Information. Was wir ke der Frühen Neuzeit eine abwechslungs- , Universitätsbibliothek Leipzig: Johann heute etwa eindeutig als naturwissenschaft- reiche Bibliothek des Wissens, deren ge- Heinrich Zedler und die größte Enzyklopädie liche Gegenstände ansehen, waren in der legentlich wunderbare Gegenstände und des 18. Jahrhunderts Frühen Neuzeit häufig mehrfach bedeutsa- nicht selten merkwürdig anmutende Glie- Ausstellungseröffnung Sonntag, 11. Juni me Dinge. So sind Pflanzen nicht vordring- derungen uns deutlich machen, dass wir 2006, 11.30 Uhr lich als Elemente des Naturreichs themati- heute vielleicht mehr wissen, ganz sicher siert, sondern als Heilmittel: die Register aber auf ganz andere Weise wissen. Es sind D. T S, Süddeutsche Zei- der entsprechenden Werke listen nicht sel- neue Welten, die sich für uns in den alten tung: Philologie als Lebensform ten Krankheiten auf, weil für sie ein lin- Büchern öffnen. Donnerstag, 15. Juni 2006, 20 Uhr derndes Kraut existiert. In den Tierlexi- Die Enzyklopädien der Frühen Neu- ka überlebte lange Zeit das Einhorn, die zeit findet man nicht, wenn man nach dem P D. R S, Uni- Sirene oder der “Mönchsfisch”, was heu- Namen sucht, denn das Wort “Enzyklopä- versität Luzern: Epistemische Communities te belächelt wird. Man hat den Sinn für die” haben nur sehr wenige entsprechen- als Institutionen der Wissenschaftsgesellschaft Wundertiere und monströse Erscheinun- de Werke im Titel. Man findet sie aber so- Donnerstag, 6. Juli 2006, 20 Uhr gen unproblematisch mit dem Inbegriff fort, wenn man auf ihre praktischen Funk- des Natürlichen (griech. physis, lat. physi- tionen achtet, von denen drei herausragen H-J H, Schriftsteller: ca) verbinden können. Nicht zuletzt gibt es und in einer pragmatischen Definition Der Mensch hat eine Zukunft. Spielräume für einen Sinn des Staunens, der sich oft auch dieser Buchgattung zusammengenommen Wissen und Bewusstsein im neuen Zeitalter durch Abbildungen vermittelt, die keines- werden können. Mittwoch, 11. Oktober 2006, 20 Uhr wegs nur Illustrationen waren. Enzyklopädien sind erstens solche Bü- Bücher waren mehr als stumme Wis- cher, die ein Wissensgebiet ordnen oder da- P D. U J S- senszeugen, sie konnten ganze Welten evo- rin eine Orientierung bieten. , Universitätsbibliothek Leipzig: Enzyk- zieren und für deren Gegenstände begeis- Enzyklopädien sind zweitens solche Bü- lopädische Wissensordnungen in Bibliotheken tern. Die enzyklopädischen Werke sind cher, die selbst Wissen speichern. und Büchern. Finissage der Ausstellung Landkarte und Wanderweg zugleich, sie Samstag, 18. November 2006, 20 Uhr 49

Europas Weltbild in alten Karten – Globalisierung im Zeitalter der Entdeckungen

Ausstellung der Herzog August Bibliothek vom 19. Februar bis 4. Juni 2006

Die Ausstellung zeigt in drei Kapiteln den Herzog August Bibliothek sind einmalige Veranstaltungen in der Augusteerhalle Wandel des europäischen Bildes von der Beispiele für die exakte Kartographie des Erde vom Spätmittelalter bis in das frühe frühen 16. Jahrhunderts. N K, Schriftsteller und Orien- 18. Jahrhundert. Durch die Wiederentde- Begegnung oder Unterwerfung? Die eu- talist: Der Schrecken Gottes. Das Hiobsprob- ckung antiker Texte kam es im 15. Jahr- ropäische Expansion führt im Zusammen- lem und die metaphysische Revolte im Islam, hundert zu einer Verwissenschaftlichung prall von europäischen Entdeckern und Er- Judentum und in der europäischen Moderne der Kosmographie. Sie war die Bedingung oberern mit den indigenen Kulturen in den Donnerstag, 9. März 2006, 20 Uhr der Möglichkeit einer Umsegelung des neu entdeckten Ländern zu einem Clash of Globus und der Entdeckung vormals un- Civilizations. Die Voreingenommenheit P D. U M, Tech- bekannter Kontinente. Dabei verliefen die der Europäer zeigt sich etwa an der Na- nische Universität Braunschweig: Tausend Begegnung, der “clash of civilizations” zwi- mengebung (“Neue Welt”, “Westindien”, Jahre Globalisierung im Rückblick schen Europäern und indigenen Völkern in “San Salvador”/Guanahani), der vertrag- Donnerstag, 30. März 2006, 20 Uhr Übersee ganz unterschiedlich. Während die lichen Aufteilung der Welt unter Spani- “Wilden” in Amerika in kurzer Zeit unter- en und Portugal und der Beurteilung der P D. B J, Hum- worfen, ausgebeutet und teilweise ausge- fremden Lebensgewohnheiten und religi- boldt-Universität zu Berlin, 1981 bis 2003 rottet wurden, herrschte beim Kontakt mit ösen Riten. Zugleich enthüllen die syste- Ausländerbeauftragte des Senates von Ber- den asiatischen Großreichen oft Bewunde- matischen Entdeckungsreisen und Welt- lin: Wie viel kulturelle Differenz verträgt rung und Faszination angesichts der frem- umsegelungen im 16. und 17. Jahrhundert Deutschland? den Hochkultur vor. Die Ausstellung the- die weißen Flecken auf dem Globus. U. a. Donnerstag, 20. April 2006, 20 Uhr matisiert anhand von Karten und Bildma- wird die Reise Magellans, die Erforschung terial die unterschiedlichen Formen des der Polargebiete, die Erkundung Ostasiens P D. D. .. H Umgangs mit dem Fremden. und die Entdeckung Australiens themati- G, Universität Hamburg: Gibt es We- Die Ausstellung stellt zunächst das Welt- siert. Im Mittelpunkt stehen Karten der ge aus der globalen Umweltkrise? bild der Antike und des Mittelalters vor, wie Barockzeit, die sich durch reichen figürli- Donnerstag, 27. April 2006, 20 Uhr es vor allem in Handschriften greifbar wird. chen Schmuck auszeichnen und neben ge- Auch im Mittelalter galt die Erde als Ku- ographischen Informationen eine Fülle von P D. H S-G- gel, nicht als Scheibe. Biblische Vorstellun- völker- und naturkundlichem Wissen bie- , Direktor der Herzog August Biblio- gen prägten die meist sehr schematischen ten, aber auch großen mentalitätsgeschicht- thek Wolfenbüttel: Die Vermessung Euro- Darstellungen. Im Zentrum dieses Kapi- lichen Quellenwert besitzen. pas tels steht die prachtvolle Weltkarte im Li- Freitag, 5. Mai 2006, 19 Uhr ber floridus (um 1180). Die Entwicklung des Kartenbilds vom Mittelalter (TO-Sche- Ausstellung in der Augusteerhalle, Schatz- P D. V K, Direkto- ma) bis zum 18. Jahrhundert dient als In- kammer, Kabinett und Malerbuchsaal vom rin des Ethnologischen Museums Ber- dikator für den Wandel des europäischen 19. Februar bis 4. Juni 2006 lin: “Landkarte oder Porträt?” Ikonographi- Weltbildes, aber auch des Beharrungsver- sche und kartographische Importe aus Europa mögens vorgeformten Wissens, wie dies Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und indigene Entscheidungsprozesse in Mexi- am Beispiel Columbus deutlich wird. Das 11 – 17 Uhr ko und dem Andenraum in der Kolonialzeit Kartenbild zeigt den Prozess der Verwissen- Dienstag, 23. Mai 2006, 20 Uhr schaftlichung und des Verschwindens my- Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: thischer Vorstellungen. Christian Heitzmann: Europas Weltbild Die Enthüllung des Globus im Zeital- in alten Karten. Globalisierung im Zeit- Informationen ter der Entdeckungen, die See- und Welt- alter der Entdeckungen. 224 S., 201 Abb., Herzog August Bibliothek karten des 16. Jahrhunderts bilden mit der 10 Karten (63 x 49 cm) im Schuber. Der Lessingplatz 1, Wiederentdeckung des Ptolemäus und der Katalog kostet in der Ausstellung 30,– € 38304 Wolfenbüttel Entdeckung Amerikas ein neues Kapitel. (broschierte Ausgabe), den Vertrieb über Tel.: 05331/808-214 Die Rezeption der ptolemäischen Geo- den Buchhandel besorgt der Harrassowitz (samstags und sonntags: graphie, die seit 1482 auch im Druck vor- Verlag Wiesbaden (ISBN 3-447-05352- 05331/808-112) lag, und die Existenz der sehr genauen See- 6). www.hab.de fahrer-Karten im Mittelmeerraum (Portu- lankarten) ermöglichten weit ausgreifende Entdeckungsfahrten der Portugiesen und Gefördert von: Spanier. Die auf Ptolemäus beruhende ir- rige (weil zu geringe) Vorstellung vom Erd- umfang führte zur Fahrt des Columbus. Die handgezeichneten Portulankarten der 50 51

Neue Veröff entlichungen

Einzelveröff entlichungen

den: Harrassowitz Verlag in Kommission mann: Zur Verbreitung des Englischen im 1972 ff . (ISSN 0300-2012). Einzelpreis achtzehnten Jahrhundert im Spiegel von 59,– €, Fortsetzung 49,– € Buchmarkt und Bibliotheken. – Werner Wolfgang Milde: Die Wolfenbütteler Cor- Hüllen: Fremdsprachen in Weimar. An- vinen. Herzog August Bibliothek 2005. Bd. 13. 2005. 335 S., 15 Farbtafeln, 26 Abb. regungen und Beispiele zu einer  ese. – 24 S., 9 Farbtafeln. 7,80 € Inhalt: Helwig Schmidt-Glintzer: Vor- Andreas Fritsch: Zweck und Methode wort. – Jörg Fisch: Eine gescheiterte Ent- des Lateinlernens nach Friedrich Gedike Europäisierung der Welt. – Birgit Fratzke- (1754 –1803). – Stefan Kipf: Griechisch- Weiß: Europäische und nationale Konzep- lernen mit Homer und Herodot – Versu- tionen im Rheinbund. Darstellungen in che einer Neugestaltung des griechischen der zeitgenössischen periodischen Publizi- Anfangsunterrichts seit dem Neuhuma- stik. – Jan Ulrich Büttner / Mark Feuer le: nismus. – Katrin Gut-Sembill: “Anwei- Schilderung des Balkan 1530/1531. Edi- sung zur Erlernung der Französischen tion einer bislang unbekannten Hand- Sprache” oder: Wie und warum Franzö- schrift der Herzog August Bibliothek Wol- sisch 1773 auf den Lehrplan der Zürcher fenbüttel. – Heimo Reinitzer: Leserspu- Kunstschule kam. – Herbert Christ: Re- ren in Bibeln. –  omas Schauerte: Die konstruktion von Fremdsprachenlehrme- Luther-Bibel des Hans Ulrich Kraff t. – thoden um 1800. – Fritz Abel: “Quia no- Wolfgang Burgdorf: Sachsentradition und minor leo. Je suis un exemple de gram- Gleichgewichtsideologie. Der publizisti- maire.” Zu den Beispielen in deutschen sche Kampf gegen die Idee der europä- Französischgrammatiken aus der zweiten ischen Integration im Alten Reich der Frü- Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit einem hen Neuzeit. Nachtrag zur Grammatik von Collmann / Dietz (1849). – Friederike Klippel: Engli- sche Literatur im Englischunterricht des Wolfenbütteler Forschungen 19. Jahrhunderts. – Jan Franz: Emigrating to America! Travel books, Dolmetscher und Wolfenbütteler Forschungen. Herausgegeben Sprachführer für deutsche Auswanderer von der Herzog August Bibliothek. Bd. 1 ff . nach Amerika im 19. Jahrhundert. – Mi- Wolfgang Milde und  omas Wurzel: Wiesbaden: Harrassowitz Verlag in Kom- chael Riedl: Hermann Wilhelm Breymann Heinrich der Löwe und sein Evangeliar. mission 1977 ff . (1843 –1910) – Ein bayerischer Neuphi- Herzog August Bibliothek 2006. 48 S., lologe und Hochschulreformer. – Barbara 21 Farbtafeln. 4,50 € Bd. 107 Sprachen der Bildung – Bildung Kaltz: Der Fall Beaumont oder: Wie lernten durch Sprachen im Deutschland des 18. Mädchen im 18. Jahrhundert Französisch und 19. Jahrhunderts. Hrsg. von Wer- als Fremdsprache ? – Sabine Doff : Der Bei- Wolfenbütteler Beiträge ner Hüllen und Friederike Klippel. 2005. trag der neueren Fremdsprachen zur Kon- 316 S. (3-447-05264-3), geb. € 64,– stituierung der deutschen höheren Mäd- Wolfenbütteler Beiträge. Aus den Schät- Inhalt: Werner Hüllen und Friederi- chenschule. – Renate Haas: Töchter des zen der Herzog August Bibliothek. Hrsg. ke Klippel: Vorwort. – Konrad Schröder: Imperialismus: die Auslandslehrerinnen von Helwig Schmidt-Glintzer (Bd. 1–10 Die modernen Fremdsprachen im frühen  ekla Trinks und Anna Harriette Leono- hrsg. von Paul Raabe). Bd. 1 ff . – Wiesba- 18. Jahrhundert. – Marie-Louise Spiecker- wens. – Personenregister. 50 51

Inhalt: Helwig Schmidt-Glintzer: Vorwort. – gen. – Françoise Bléchet: De l’Europe à la Marc Fumaroli: Avant-propos. – Ulrich Chine, de Leibniz aux jésuites: les réseaux Johannes Schneider: Einleitung. – I. MI de l’abbé Bignon. – Ute Schneider: Die LIEUS. Nicholas Phillipson: Some Reflec- Funktion wissenschaftlicher Rezensions- tions on the Circulation and Appropriation zeitschriften im Kommunikationsprozeß of Ideas in the Scottish Enlightenment. – der Gelehrten. – Merio Scattola: Roman Jean-Loup Seban: Les Beausobre et la vie und praktische Philosophie in der Tradi- intellectuelle de Berlin. – Michel Henri Ko- tion der Gelehrtengeschichte. – Hanspeter walewicz: Les échanges épistolaires de Jo- Marti: Kommunikationsnormen der Dis- hann Albrecht Euler, interlocuteur privilé- putation. Die Universität Halle und Chri- gié de la “République des savants” en Russie stian omasius als Paradigmen des Wan- (1769 –1800). – Joaquín Álvarez Barrien- dels. – Ulrich Johannes Schneider: Leibniz tos: Politica y República de las Letras en la und Lessing als Bürger der Gelehrtenrepu- España del siglo XVIII. Los proyectos no blik. – Personenregister. académicos. – II. PRAKTIKEN. Martin Gierl: Kanon und Kritik. Aufklärung und die Vertextung des Sozialen. – Rainer Ma- ria Kiesow: Der Fall Pitaval. – Frank Gru- nert: Die Pragmatisierung der Gelehrsam- keit. Zum Gelehrsamkeitskonzept von Christian omasius und im omasia- nismus. – Reimund Sdzuj: Die Figur des Bd. 108 Der Einfluß des Hellenismus auf Neuerers und die Funktion von Neuheit die Philosophie der Frühen Neuzeit. Hrsg. in den gelehrten Disziplinen des 17. und von Gábor Boros. 2005. 200 S. (3-447- 18. Jahrhunderts. – III. BEGEGNUN 05288-0), geb. € 64,– GEN. Martin Mulsow: Eine Reise durch Inhalt: Ulrike Zeuch: Stoische Implikatio- die Gelehrtenrepublik. Soziales Wissen in nen in Robortellos Begriff des Allgemeinen Gottlieb Stolles Journal der Jahre 1703 – als Gegenstand literarischer Mimesis. Ro- 1704. – Jeroom Vercruysse: Le Prince bortellos Kommentar zur “Poetik” des Ari- Charles Joseph de Ligne (1735 –1814). Ci- stoteles und die Folgen für die Literatur- toyen de la République des Lettres. – Ur- theorie der Neuzeit. – Péter Lautner: Fi- sula Goldenbaum: Das Publikum als Ga- cino’s View that the Aim of the Intellect rant der Freiheit der Gelehrtenrepublik is Rest and Priscian’s Metaphrasis. – Gá- gegen Maupertuis und Friedrich II. im bor Borbély: Sceptical arguments in lat- Jahre 1752. – Edoardo Tortarolo: Ein Op- er medieval philosophy, their sources and fer der Zensur in Den Haag: Johann Con- their impact upon Descartes. – Jan Papy: rad von Hatzfeld. – IV. MEDIEN. Anne Neostoizismus und Humanismus. Lipsius’ Saada: La communication à l’intérieur de Wolfenbütteler Mittelalter-Studien neue Lektüre von Seneca in der Manuduc- la République des Lettres observée à partir tio ad Stoicam philosophiam (1604). – Mar- de la bibliothèque universitaire de Göttin- Wolfenbütteler Mittelalter-Studien. Heraus- kus Schmitz: Stoische Erkenntnistheo- gegeben von der Herzog August Bibliothek. rie bei René Descartes und ihre Funktion Bd. 1 ff. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag in für die Wissenschaftstheorie. – Gábor Bo- Kommission 1990 ff. ros: Descartes über Senecas De vita bea- ta. – Jon Miller: Stoics and Spinoza on su- Bd. 18 Die Erschließung der Quellen des icide. – Catherine Wilson: e Lucretian mittelalterlichen liturgischen Gesangs. eses of Dissolution and Mortality: Some Hrsg. von David Hiley. 2004. 256 S., Early Modern Responses. – Bernd Ludwig: 29 Abb. (3-447-05145-0), geb. € 74,– Cicero oder Epikur? Über einen “Paradig- Inhalt: David Hiley: Vorwort. – Giaco- menwechsel” in Hobbes’ politischer Phi- mo Baroffio: Colligere fragmenta ne pe- losophie. – József Simon: Sed cur nihilo reant – I frammenti liturgici italiani. – minus athei vocantur? Die hellenistischen Gunilla Björkvall: MPO – A Database Quellen des Atheisten-Katalogs von Chri- Project for Cataloguing Medieval Frag- stian Franckens Werk Disputatio de incerti- ments at the National Archives in Swe- tudine religionis Christianae, und sein Bild den. – David Chadd: Liturgical Books – über den antiken Atheismus. – Personen- Catalogues, Editions and Inventories. – register. László Dobszay: Corpus Antiphonarium Officii Ecclesiarum Centralis Europae. – Bd. 109 Kultur der Kommunikation. Die Kurt Dorfmüller: Choralquellen in RISM: europäische Gelehrtenrepublik im Zeital- Einige Fakten und offene Fragen. – Ste- ter von Leibniz und Lessing. Hrsg. von fan Engels: Die Katalogisierung von Neu- Ulrich Johannes Schneider. 2005. 364 S. menhandschriften, Erfassung – Systema- (3-447-05302-X), geb. € 88,– tisierung – Auswertung. – Andreas Haug: 52 53

Fragmente liturgischer Musikhandschrif- holzen. – Sabine Mödersheim: Duce virtu- ten in deutschen Archiven. – Felix Hein- te, comite fortuna. Das emblematische Pro- zer: Nach welchen Kriterien erschließen wir gramm des Goldenen Saals im Nürnberger musikalisch-liturgische Quellen des Mittel- Rathaus. – Mara R. Wade: Von Schedels alters? oder: Haben wir eine eorie un- Weltchronik bis zu Birkens Friedensdich- serer Katalogisierungspraxis? – David Hi- tungen: eine Nürnberger emblematisch- ley: A Checklist of Liturgical Manuscripts ikonographische Tradition im Kontext. – in British Libraries. – Andrew Hughes: Li- Sara C. Smart: “So gehts hinan zur Ster- turgical Books – In Order to Order. – Mi- nen-bahn”: Das emblematische Programm chel Huglo: Les Manuscrits du Procession- eines 1694 am Wolfenbütteler Hof gehal- nal – Premier Bilan. – omas Forrest tenen Festessens. – Claudie Balavoine: e Kelly: Notes on a Census of Beneventan Validity of Emblematic References for In- Manuscripts. – Gábor Kiss: e Interrela- terpreting 16th-Century Images: Two Por- tionship Between Repertory Analysis and traits by Hans Holbein. – Johann Anselm Codicology – e Kyriale. – Ann-Marie Steiger: Luthers Bild-eologie als theolo- Nilsson: Plainchant in Medieval Sweden gisches und hermeneutisches Fundament – Sources and Catalogues. – Ruth Steiner: der Emblematik der lutherischen Ortho- e Lessons of CANTUS. – Janka Szen- doxie. – Werner Braun: Visuelle Elemen- drei: Die Erschließung der Choralhand- te in der Musik der frühen Neuzeit: Ra- schriften in Ungarn – Geschichte und me- stralkreuze. – Carsten Bach-Nielsen: e thodologische Erfahrungen. – Ilkka Taitto: Runes: Hieroglyphs of the North. – In- Cataloguing Fragmentary Antiphoners in grid Höpel: Embleme auf Möbeln des Helsinki University Library. – Hana Vlho- das astrologische Schrifttum protestan- 18. Jahrhunderts im Umkreis Husums. – vá: Katalogisierung und Edition mittel- tischer Autoren und die Astrologiekritik Gerhard F. Strasser: Die Verbindung von alterlicher liturgischer Handschriften aus der Jesuiten.esen über einen vermute- Mnemonik und Emblematik in didakti- Böhmen. – Elżbieta Witkowska-Zaremba: ten Zusammenhang. – Daniel Schäfer: scher Literatur des 17. Jahrhunderts. – Jo- Medieval Liturgical Chant Books in Poland Hora incerta – Die Prognose des Todes in chen Becker: Geistlich oder geistreich: vom – A Report on Extant Source Collections der Medizin der Renaissance. – Wolfgang Sinn “emblematischer” Bilder. – Karl Josef and Work on eir Documentation. – Re- Hübner: Astrologie in der Renaissance. – Höltgen: Englische emblematische Titel- gister der Personennamen. – Register der Klaus Bergdolt: Petrarca und die Astrolo- blätter der frühen Neuzeit und ihr kultu- Handschriften. gie. – Heinz-Günther Nesselrath: Erasmus reller Kontext. – Register. und die Astrologie. – Stephan Heilen: Lo- renzo Bonincontris Schlußprophezeiung Wolfenbütteler Abhandlungen zur in De rebus naturalibus et divinis. – Sarah Renaissanceforschung Slattery: Astrologie, Wunderzeichen und Propaganda. Die Flugschriften des Huma- Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renais- nisten Joseph Grünpeck. – Wolfgang G. sanceforschung. In Zusammenarbeit mit Müller: Die prophetische Rede in Shake- dem Wolfenbütteler Arbeitskreis für Re- speares Geschichtsdramen. – Wolfgang Au- naissanceforschung hrsg. von der Herzog gustyn: Zur Bildüberlieferung der Sibyllen August Bibliothek. (Bd. 1– 3 Stuttgart: in Italien zwischen 1450 und 1550. – Ab- Dr. Ernst Hauswedell & Co. 1981–1982) bildungsnachweis. – Adressen. – Personen- Bd. 4 ff. Wiesbaden: Harrassowitz Verlag in register. Kommission 1983 ff.

Bd. 23 Zukunftsvoraussagen in der Re- Wolfenbütteler Arbeiten zur naissance. Hrsg. von Klaus Bergdolt und Barockforschung Walther Ludwig. 2005. 444 S., 26 Abb. (3-447-05289-9), geb. € 98,– Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockfor- Inhalt: Klaus Bergdolt und Walther Lud- schung. In Zusammenarbeit mit dem In- wig: Vorwort. – Walther Ludwig: Zu- ternationalen Arbeitskreis für Barocklite- kunftsvoraussagen in der Antike, der frü- ratur hrsg. von der Herzog August Biblio- hen Neuzeit und heute. – Ulrich Muhlack: thek. Bd. 11 ff. Wiesbaden: Harrassowitz Zukunftsvorstellungen bei humanisti- Verlag in Kommission 1983 ff. schen Geschichtsschreibern des 15. und 16. Jahrhunderts. – Sabine Schmolinsky: Bd. 39 Die Domänen des Emblems: Au- Bd. 40 Barock als Aufgabe. Hrsg. von An- Prophetia in der Bibliothek – die Lectio- ßerliterarische Anwendungen der Emble- dreas Kreul. 2005. 288 S., 98 Abb. (3-447- nes memorabiles des Johannes Wolff. –Vol - matik. Hrsg. von Gerhard F. Strasser und 05263-5), geb. € 69,– ker Leppin: Humanistische Gelehrsamkeit Mara R. Wade. 2004. 308 S., 98 Abb. Inhalt: Andreas Kreul: Vorwort. – Fried- und Zukunftsansage: Philipp Melanch- (3-447-05066-7), geb. € 74,– rich Polleroß: “Dieses neue Rom, ein thon und das Chronicon Carionis. – Bar- Inhalt: Gerhard F. Strasser und Mara R. Wohn-Sitz Römischer Kayser”. Zur hi- bara Mahlmann-Bauer: Die Bulle cont- Wade: Einleitung. – Johannes Köhler: Die storischen Legitimation des habsburgi- ra astrologiam iudiciariam von Sixtus V., emblematischen Monatsfliesen in Wrisberg- schen ‘Kaiserstils’. – Franz Matsche: Jo- 52 53

mus. Gründe und Grenzen eines neuzeitli- chen Begriffs. –Personenregister .

Bd. 42 Europäische numismatische Lite- ratur im 17. Jahrhundert. Hrsg. von Chri- stian Dekesel und omas Stäcker. 2005. 376 S., 261 Abb. (3-447-05301-1), geb. € 88,– Inhalt: Vorwort. Christian Dekesel und omas Stäcker: Die europäische numis- matische Literatur im 17. Jahrhundert. – Einleitung. Christian Dekesel: Die numis- matische Literatur in Europa im 17. Jahr- hundert: Ein Gesamtbild. – I. Leben und Arbeit berühmter Numismatiker. Jean-Bap- tiste Giard: Numismates et antiquaires dans la première moitié du XVIIe Siècle. – Andrew Burnett: John Evelyn (1620 – 1706) and Obadiah Walker (1616 –1699): their significance for numismatics. – Hadrien Rambach: Louis Savot (c. 1579 – 1640), la modernité d’un regard nova- hann Bernhard Fischers von Erlach Kup- ten, Rechte, Glauben und die Rekonfi- teur. – Christian Dekesel: Jean Foy-Vaillant pelrotunden mit Kolonnadensaal und ih- gurierung europäischer Gemeinwesen im (1632 –1706): l’antiquaire du roy. – Edith re Rezeption in Österreich und im Reichs- 17. Jahrhundert. – Antony Black: Patria in Lemburg-Ruppelt: Zur Position Ezechiel gebiet. Symbolarchitektur des fürstlichen Islamdom and Christendom: What does Spanheims (1629 –1710) in der numisma- Merito und Reichsstil-Architektur alla Ro- the absence of Patria in Islamic Political tischen Literatur. – Marco Callegari: Ce- mana. – Martin Raspe: Fischer von Erlach ought tell us about its Presence in the sare Ripa, his Iconologia and the Numis- und die italienische Architektursprache. – West? – Conal Condren: Historical Epis- matic. – Jørgen Steen Jensen: Hans Mule Anders Hammarlund: Entwurf einer histo- temology and the Pragmatics of Patriotism (1605 –1669) und der Anfang der Däni- rischen Topographie. Carl Gustav Heraeus in Early-Modern England. – Philip M. schen Numismatik. – Torbjörn Sundquist: auf dem Wege von Tessins Stockholm nach Soergel: Religious Patriotism in Early- Heinrich Bünting and his “Itinerarium” in Fischers Wien. Bildungsgeschichte eines Modern Catholicism. – Xavier Gil: One Scandinavia. – II. Geschichte der numisma- Konzeptverfassers. – Barbara Arciszewska: King, One Faith, Many Nations: Patria tischen Sammlungen. Dave Berry und Hen- Johann Bernhard Fischer von Erlach and and Nation in Spain, 16th – 17th Centur- ry Kim: A Great Ornament to the Univer- the Wolfenbüttel Library – the Hanoveri- ies. – Xavier Torres: Making and Remak- sity: the development of numismatics in an connection. – Martin Eberle: Zur politi- ing Patriotism: the Catalan Revolt against Oxford during the seventeenth century. – schen und gesellschaftlichen Bedeutung des the Spanish Monarchy (1640 –1659). – Bernhard Overbeck: “De Vitis Impera- Neorokokos am Beispiel höfischer Ausstat- Steven G. Ellis: Building the nation: patri- torum et caesarum Romanorum tam Oc- tungen in Stuttgart. – Christian Drude: Fin otism and national identity in early mod- cidentalium quam Orientalium...” von de siécle in Wien. Max Klinger und der Ba- ern Ireland. – Hans W. Blom: Patriots, Octavius Strada von Rosberg. Einige Ge- rock. – Eric Garberson: Baroque Architec- contracts and other patterns of trust in a ture and German National Identity in Art polyarchic society: the Dutch 17th cen- Historical Texts ca. 1900. – Joseph Imorde: tury. – Glenn Burgess: Patriotism in Eng- Barock und Moderne. Zum Problem zeit- lish Political ought, 1530 –1660. – Se- gebundener Geschichtsschreibung. – Gun- bastian Olden-Jørgensen: Humanistic and dula Rakowitz: Entwurf einer architectura Political Patriotism in 16th and 17th Cen- vetera sed novissima. – Dieter Wieczorek: tury Denmark. – Inken Schmidt-Voges: Von der Forschung zur simultanen Präsen- “Vincat amor patriæ”. Zum Verhältnis tation. Konzepte des Wissens und Formen von Historiographie und patria-Verständ- der Wissensarchivierung. – Walter Seitter: nis im Schweden des 16. und 17. Jahrhun- Zugänge zum Barock in der französischen derts. – Mark Greengrass: Passions and the Philosophie: Foucault, Lacan, Deleuze. – Patria: Michel de L’Hospital and the Ref- Literaturverzeichnis. – Personenregister. ormation of the French Polity in the Wars of Religion. – Heiko Droste: Patrioten aus- Bd. 41 ‘Patria’ und ‘Patrioten’ vor dem ländischer Herkunft. Zum Patriotismus in Patriotismus. Pflichten, Rechte, Glauben Schweden im 17. Jahrhundert. – Michael J. und die Rekonfigurierung europäischer Seidler: “Wer mir gutes thut, den liebe ich”: Gemeinwesen im 17. Jahrhundert. Hrsg. Pufendorf on Patriotism and Political Loy- von Robert von Friedeburg. 2005. 560 S. alty. – Horst Dreitzel: Zehn Jahre “Patria” (3-447-05262-7), geb. € 98,– in der politischen eorie in Deutschland: Inhalt: Robert von Friedeburg: ‘Patria’ und Prasch, Pufendorf, Leibniz, Becher 1662 ‘Patrioten’ vor dem Patriotismus. Pflich- bis 1672. – Reinhart Koselleck: Patriotis- 54 55 danken und Beobachtungen zur Bildaus- su. – Sektion 1: Passion, Affekt und Leiden- wahl. – III. Einfluß numismatischer Pu- schaft in eologie, Predigt, Rhetorik, Fröm- blikationen auf andere Aspekte des Lebens. migkeit und geistlicher Dichtung. Guillau- Robert ompson: e Academy of Ar- me van Gemert und Johann Anselm Stei- moury by Randle Holme (1627–1700). – ger: Einleitung. – Johann Anselm Steiger: Alberta Bedocchi: Une relation probable Zorn Gottes, Leiden Christi und die Af- entre les Illustrium Imagines ex Fulvii Ursi- fekte der Passionsbetrachtung bei Luther ni Bibliotheca et un médaillon sculpté d’un und im Luthertum des 17. Jahrhunderts. – portail de Gênes. – Peter Berghaus: Numis- Bernd Wannenwetsch: Affekt und Gebot. matische Bezüge in der Pompa Introitus des Zur ethischen Bedeutung der Leidenschaf- Caspar Gevaerts, Antwerpen 1643. – Jona- ten im Licht der eologie Luthers und than Kagan: Numismatics in Britain from Melanchthons. – Lothar Steiger: “Meine 1600 until the Outbreak of the Civil War. – Seele ist betrübt bis an den Tod.” Geth- IV. Numismatische Publikationen in Münz- semane als geometrischer Ort der Gewiß- kabinetten und Bibliotheken. Oriana Car- heit bei und seinen Nach- taregia: Les Livres de numismatique dans folgern in der Frühen Neuzeit. – Anja Lo- l’ancienne “Libraria” du Collège des Jé- benstein-Reichmann: Affekt, Passion und suites de Gênes au XVIIe siècle. – o- Leidenschaft im Frühneuhochdeutschen – mas Stäcker: Numismatische Literatur in Anmerkungen zu einem ganz besonderen der Bibliotheca Augusta – Zufall oder ge- Fall von Sprachwandel. – Hartmut Lauf- planter Aufbau. – Jean-Marie Darnis: Essai hütte: Passion Christi bei Sigmund von sur la Bibliothèque de la Monnaie Royale Birken und Catharina Regina von Greif- des Médailles au Palais du Louvre à Paris fenberg. – Vanessa Lohse: Poetische Passi- im Spannungsfeld von Bußpredigt und An- (1609 –1715). – Clas-Ove Strandberg: e onstheologie. Beobachtungen zu Catharina tijudaismus. – Lothar Steiger: Affekt und 17th century books in the Queen Lovisa- Regina von GreiffenbergsBetrachtungen des Leidenschaft in biblischer Streitkultur oder Ulrika Library in Stockholm. – V. Die po- Leidens Christi. – Ferdinand van Ingen: Lei- daß unsere Unfähigkeit zu streiten, z. B. litische Rolle numismatischer Publikationen. den, Folter, Marter und die literarische Pas- dies über ‘Antijudaismus’ zu tun, nicht zu- Ulrich Rosseaux: Inflation und Öffentlich- sionsfrömmigkeit in der frühen Neuzeit. – letzt darin seinen Grund hat, daß wir nicht keit. Die Publizistik zur Kipper- und Wip- Ralf Georg Czapla: Jesuitische Bildapologie mehr von der Hermeneutica sacra der Frü- perzeit 1620 –1626. – Paul Arnold: Die und Bildmeditation. Johann Armbrusters hen Neuzeit wissen, weshalb die folgen- Histoire Métallique der sächsischen Kur- Gedicht auf den Speyerer Ölberg. – Bar- de Erörterung hier zu orten ist. – Mark P. fürsten und Herzöge im Spiegel der Ab- bara Mahlmann-Bauer: Nicolaus Caussi- Bangert: e Meaning of the Great ree handlungen von Wilhelm Ernst Tentzel. – nus’ Affekttheorie im Vergleich mit Des- Days as Context for the Passions of Bach. – VI. Europäische Zentren der numismatischen cartes’ Traité sur les passions de l’âme. – Sven Hermann Jung: Traditionen und Wandlun- Buchproduktion. Giovanni Gorini: Publica- Grosse: Fünffeckichte Brustwehr, Schmer- gen. Zu Georg Philipp Telemanns Verto- tions on Ancient Numismatics in the Re- zens-Schauspiel, gespießte Fledermauß. nungen der Leidensgeschichte Christi. – public of Venice in the 17th Century. – Die Passionsbetrachtung im Pentagonum Jason B. Grant: e Rise of Lyricism and Werner Waterschoot: Das Haus Plantin Christianum des Johann Hülsemann. – the Decline of Biblical Narration in Georg (Officina Plantiniana) und die Numisma- Inge Mager: Weshalb hat Martin Luther Philipp Telemann’s Lukaspassion (1764). – tik im 17. Jahrhundert. – VII. Wichtigkeit kein Passionslied geschrieben? – Matthias Werner Braun: Georg Künstel und die Pas- der numismatischen Bibliographien. Christi- Richter: Schlafes Bruder. Spuren einer Me- sionslibretti in Römhild um 1700. – Don an Dekesel: Lipsius’ (1756 –1820) “Suple- tapher in der eologie- und Geistesge- O. Franklin: Carl Philipp Emanuel Bach’s ment” analysed. – Personenregister. schichte, insbesondere im 16. bis 18. Jahr- 1789 Matthew Passion as Pasticcio and Par- hundert. – Nicola Kaminski: “Der grosse ody. – Manfred Fechner: Die 1748 in Ru- Bd. 43 Passion, Affekt und Leidenschaft Pan ist todt!” – ein kryptoprotestantisches dolstadt aufgeführte Johannes-Passion von in der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Johann Passions-Spiel. – Fritz Krafft: Heilen durch Georg Gebel d. J. – Sektion 3: Passion, Af- Anselm Steiger in Verbindung mit Ralf Leiden: Der heilende Heiland und seine fekt und Leidenschaft in eater, Oper, Georg Bogner, Ulrich Heinen, Renate Arzneien. Herkunft und Geschichte des Ballett und Festkultur. Helen Watanabe- Steiger, Melvin Unger, Helen Watanabe- Sinnbildes ‘Christus als Apotheker’ in der O’Kelly: Einleitung. – Rosmarie Zeller: O’Kelly. 2005. 2 Bde., 1178 S., 50 Abb. protestantischen und katholischen Volks- Tragödientheorie, Tragödienpraxis und (3-447-05336-4), geb. € 159,– kunst. – Teil II. Sektion 2: Passion, Affekt Leidenschaften. – Cecilia Campa: ‘Musi- Inhalt: Teil 1. Carsten-Peter Warncke: Star- und Leidenschaft in der musikalischen Passi- ca flexanima’ und andere Utopien. Philo- ke Frauen – starke Gefühle. Zur Darstel- onstradition des Barock. Renate Steiger: Ein- sophie der Leidenschaften und Musikty- lung weiblicher Leidenschaft in der bilden- leitung. – Ernst Koch: Passion und Affekte pen im 17. Jahrhundert. – Barbara Bek- den Kunst des Barock. – Renate Steiger: in der lutherischen Erbauungsliteratur des ker-Cantarino: Gewalt und Leidenschaft: Affektdarstellung und Allegorese in Jo- 17. Jahrhunderts. – Friedhelm Krumma- Zu Sixt Bircks und Martin Opitz’ Judith. – hann Sebastian Bachs Passionen. – Clau- cher: Affekt als Struktur – Über Solosätze Philine Lautenschläger: Leidenschaften in dia Benthien: Schweigen als Pathosfor- aus Bachs Matthäus-Passion. – Melvin P. Sprechtragödie und Oper: Racines Phèdre mel in der Frühen Neuzeit. – Ralf Georg Unger: “Ich elender Mensch”: Bach on the und ihre Vertonung durch Jean-Philip- Bogner: Bewegliche Beredsamkeit, pas- Soul’s Torment. – Johann Anselm Steiger: pe Rameau. – Sara Smart: Die Darstel- sionierende Poesie. Zur rhetorischen Sti- “Omnis Israel salvus fiet”. Zur Interpreta- lung der Affekte im frühen deutschen Hof- mulierung der Affekte in der lutherischen tion von Röm 11 bei Luther sowie in der ballett. – Helga Meise: Affektdiskurs und Literarisierung der Leidensgeschichte Je- lutherischen und reformierten Orthodoxie “Hertzneigung”. Die Ballette des Land- 54 55

ans II. von Anhalt-Bernburg (1599 –1656) in seinen Tagebüchern und anderen Zeit- und Lebensdokumenten. – Birgit Praxl: Die “Wollebenskunst” des Justus Georg Schottelius. Streben nach irdischem Wohl- ergehen als Ziel einer frühneuzeitlichen Sitten- und Affektenlehre. – Michael Stol- berg: “Zorn, Wein und Weiber verderben unsere Leiber”. Affekt und Krankheit in der Frühen Neuzeit. – Gerhard F. Strasser: “Niemals nüchter und niemals voll tut in Sterbens-Läufften wohl”. Der Stellenwert der Affekte in der Pest-Prophylaxe nach 1348. – Stefanie Stockhorst: Das frühneu- zeitliche theatrum anatomicum als Ort der Affektenschulung. Überlegungen zum Ver- hältnis von Anatomietheater und Schau- bühne. – Joseph Imorde: Gustus Mysticus. Zur Geschichte und Metaphorik geistlicher Empfindsamkeit. – Marianne Koos: Kunst und Berührung. Materialität versus Imagi- nation in Caravaggios Gemälde des “Un- grafen Ludwig VI. von Hessen-Darmstadt gläubigen omas”. – Johann Anselm Stei- Eva Welsch: Der Kalte Krieg im Spiegel 1649 –1674. – Marie-érèse Mourey: Af- ger: Nachwort. – Personenregister. der hessischen Lizenzzeitungen. – Reiner fektdiskurse in den deutschen Tanzlehrbü- Oschmann: Medien im Kalten Krieg: Ost chern. – Jan W. H. Konst: “Medoogen en und West im Clinch – und ein DDR-Kor- schrick uit te wercken”: Der emotionale Ef- Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte respondent mittendrin. – Edgar Lersch: fekt von Vondels Jeptha (1659). – Heidrun des Buchwesens “Aus der Zone für die Zone” – Streiflichter Führer: Liebe und Leidenschaft in Momen- zum Kalten Krieg im Hörfunk der beiden ten großer Entscheidung in Jacob Baldes Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des deutschen Staaten 1945 –1970. – Wolf- Tragödie Jephtias. – Alan Maddox: Sing- Buchwesens. In Zusammenarbeit mit den gang Hesse: Kontinuitäten und Brüche ing to the Ear and to the Heart. Perform- Wolfenbütteler Arbeitskreisen für Biblio- in den Sammlungen der Deutschen Fo- ance Practice and the Rhetorical Tradition theks-, Buch- und Mediengeschichte hrsg. tothek. – Karlheinz Blaschke: Die Stellung in Early and Mid Eighteenth-Century Ital- von der Herzog August Bibliothek, Bd. 9 ff. des Archivwesens im Herrschaftssystem der ian Vocal Music. – Irmgard Scheitler: Mu- Wiesbaden: Harrassowitz Verlag in Kom- DDR. – Personenregister. sik und Affekt im Schauspiel der Frühen mission 1983 ff. Neuzeit. – Christiane Caemmerer: Die Lie- be als Affekt im höfischen Schäferspiel. – Bd. 40 Bibliotheken, Bücher und ande- Ausstellungskataloge Ulrike Wels: “... daß man die A re Medien in der Zeit des Kalten Krieges. der Herzog August Bibliothek auch durch saubere Künste  kön- Hrsg. von Peter Vodosek und Wolfgang ne ...”. Affekt im protestantischen Schult- Schmitz. 2005. 216 S., 41 Abb. (3-447- Ausstellungskataloge der Herzog August Bi- heater – Gottfried Hoffmanns Vorrede zur 05287-2), geb. € 59,– bliothek. Nr. 1 ff. – Wolfenbüttel: Herzog Eviana (1696). – Sektion 4: Passion, Affekt Inhalt: Peter Vodosek: Der Kalte Krieg: August Bibliothek. 1972 ff. und Leidenschaft an der äußeren Grenze der ein Forschungsthema für die Bibliotheks-, Kultur und in der inneren Erfahrung. Ul- Buch- und Mediengeschichte. – Wolfgang Nr. 84 “Gotts verhengnis und seine straf- rich Heinen und Johan Verberckmoes: Ein- Schmitz: Medien im Kalten Krieg. – Wolf- fe” – Zur Geschichte der Seuchen in der leitung. – Nils Büttner: Bilder von “Grim- gang Marienfeld: Kalter Krieg und Deut- Frühen Neuzeit. Konzeption von Ausstel- migen Menschfresser Leuthen” – Von der sche Frage im Spiegel der politischen Ka- lung und Katalog: Petra Feuerstein-Herz. Autopsie zum Topos. – Johan Verberck- rikatur. – Otto-Rudolf Rothbart: Kalter 2005. 272 S., 112 Abb. Broschierte Aus- moes: Overseas passions and the self. Jap- Krieg in den bibliothekarischen Bespre- gabe nur in der Herzog August Biblio- anese martyrs in the Ecclesiastical History chungsdiensten. – Friedhilde Krause: Der thek, Buchhandelsausgabe Harrassowitz of the Entire World by Cornelius Hazart. – Kalte Krieg und die Öffentliche Wissen- Verlag, Wiesbaden, in Kommission (ISBN Zrinka Blažević: Plorantis Croatiae saecula schaftliche Bibliothek zu Berlin unter dem 3-447-05225-2), geb. € 39,– duo. Discursive adaptations and performa- Direktorat von Rudolf Hoecker. – Claudia- Inhalt: Helwig Schmidt-Glintzer: Vor- tive functions of the baroque ‘stabat mater’ Leonore Täschner: Persönliche Erfahrun- wort. – Petra Feuerstein-Herz: Einlei- topos. – Dirk Niefanger: Affekt und Kata- gen bei der Nutzung und Präsentation von tung. – Martin Dinges: Seuchen in Mit- strophengedächtnis bei Andreas Gryphi- Literatur mit Nutzungsbeschränkungen in telalter und Früher Neuzeit. – Petra us. – Cordula van Wyhe: Between Chasti- Bibliotheken und Archiven der DDR. – Feuerstein-Herz: Im Druck der Seuchen – ty and Passion. e Impact of the French Alexandra Habermann: Wanderer zwi- Seuchen und Buchdruck in der Frühen exiles on the Cult of Courtly Love at the schen zwei Welten – Über die innere Zeris- Neuzeit am Beispiel der Bestände der Her- Brussels Court in the 1630s. – Andreas senheit von Menschen im Kalten Krieg. – zog August Bibliothek. – Marina Arnold: Herz: “... ma fatale destinèe ...”. Krisen- Louise S. Robbins: American Libraries Das Pestjahr 1626 in Norddeutschland: und Leidenserfahrungen Fürst Christi- in Germany and e Freedom to Read. – Leichenpredigten als seuchengeschichtli- 56 57

den Krankheiten. – Diätetik. – Pharmazie. Wolfenbütteler Arbeitskreis für – Chirurgie. – 6 Die Pocken im 18. Jahr- Renaissanceforschung hundert – Der Beginn der modernen me- dizinischen erapie von ansteckenden Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen. Krankheiten. – 7 Pest und Seuche in der Im Auftrag des Wolfenbütteler Arbeits- älteren Literatur. – Personenregister. kreises für Renaissanceforschung hrsg. von Bodo Guthmüller. Wiesbaden: Harrasso- witz Verlag. Autoren lesen in der Herzog August Bibliothek Jg. 29, Heft 1 (2005) Inhalt: Beiträge. Manfred Lentzen, Die Tu- Autoren lesen in der Herzog August Biblio- genden, “vita activa” –“vita contemplativa” thek Wolfenbüttel. Eine Veranstaltungsreihe und das Konzept der “nobilitas” in den Wer- von der Herzog August Bibliothek und Ra- ken von Cristoforo Landino. – Tobias Leu- dio Bremen. Redaktion: Helwig Schmidt- ker, Panegyrik zugunsten eines ‘Verlierers’ – Glintzer und Oswald Schönberg, Jörg- Polizianos Vita Lucani als Antwort auf Sa- Dieter Kogel und Norbert Lorenz. Wies- lutatis De tyranno. –Wilhelm Ribhegge, baden: Harrassowitz Verlag in Kommission omas More’s Utopia. e humanist view 2005 ff. of city and court in the Renaissance. – Zur che Quellen. – Andreas Herz: Die Pest in Renaissanceforschung. Referate zu wissen- Selbstzeugnissen aus der Zeit des Dreißig- Durs Grünbein liest in der Augusteerhal- schaftlichen Neuerscheinungen. B. Kö- jährigen Krieges. – Harald Bollbuck: Tod le der Herzog August Bibliothek. Gudrun nig, Novela picaresca y libros de cabal- in Danzig – die letzten Tage des Martin Boch im Gespräch mit dem Autor. 2005. lerías (P. Alonso). – S. Kivistö, Creating Opitz. – Gerhard F. Strasser: Ansteckungs- Audio-CD, Jewelcase. 100 min. (ISBN 3- Anti-Eloquence. Epistolae obscurorum vi- theorien der Pest in der Frühen Neuzeit 447-05257-0), € 14,80 rorum and the Humanist Polemics on Style am Beispiel von Girolamo Fracastoro und (R. G. Bogner). – Il volgare come lin- Athanasius Kircher. – Annette Boldt-Stül- Uwe Timm liest Rot. Gudrun Boch im Ge- gua di cultura dal Trecento al Cinquecen- zebach: “tobehouf der armen pockenden spräch mit dem Autor. 2005. Audio-CD, to, hg. von A. Calzona u. a. (F. Bruni). – lude…” – Seuchenhospitäler im mittelal- Jewelcase. 112 min. (ISBN 3-447-05253- Frauen in der italienischen Renaissance, terlichen Braunschweig. – Andrea Jessen: 8), € 14,80 hg. von D. Hoeges (S. Ebbersmeyer). – “Hilfe zur Selbsthilfe” – Anleitungen zur Lateinische Lyrik der Frühen Neuzeit, hg. Selbstmedikation bei Ruhrerkrankungen Peter Härtling liest aus Leben lernen. Erin- von B. Czapla, R. G. Czapla und R. Sei- in der Frühen Neuzeit. – Michael Schil- nerungen. Gudrun Boch im Gespräch mit del (J. Göbel). – Valentin Weigel, Sämt- ling: Pest und Flugblatt. – Otto Ulbricht: dem Autor. 2005. Audio-CD, Jewelcase. liche Schriften. Bd. 4, hg. von H. Pfefferl Angst und Angstbewältigung in den Zei- 112 min. (ISBN 3-447-05255-4), € 14,80 (W. Kühlmann). – Marsilio Ficino, Index ten der Pest, 1500 –1720. – Dieter Merz- nominum et index geographicus, bearb. bacher: Die gschwind kranckheit der pesti- von D. Gall u. a (M. Lentzen). – M. Ott, lenz. Pest, Blattern, Aussatz, miselsuht – Er- Die Entdeckung des Altertums (J. Leon- zählmotive in Meisterliedern und weiteren hardt). – Wallfahrten in Nürnberg um deutschsprachigen Texten des Mittelal- 1500, hg. von K. Arnold (G. Litz). – Jo- ters und der Frühen Neuzeit. – Peter Al- hann Fischart, Eulenspiegel reimenweis, brecht: Von den vergeblichen Mühen, die bearb. von U. Seelbach und W. E. Speng- Bevölkerung der Stadt Braunschweig von ler (H.-J. Lope). – Joachim Camerarius, der Nützlichkeit des Impfens gegen Blat- hg. von R. Kössling und G. Wartenberg tern zu überzeugen (1754 –1787). – Hei- (L. Mundt). – J. Favier, Louis XI (C. Ohne- ko Pollmeier: Wie bei Bauern so bei Für- sorge). – U. Rehm, Stumme Sprache der sten – Europäische Herrscherhäuser im Bilder (U. Pfisterer). – Die Kunstlitera- “Zeitalter der Pocken”. – Hannes Schlen- tur der italienischen Renaissance, hg. von der und Heidrun Riehl-Halen: Infektions- U. Pfisterer (U. Rehm). – Joachim Came- forschung heute: Herausforderung für die Wissenschaft. – Katalog. 1 Medizinische Handschriften in der Herzog August Bi- bliothek. – 2 Seuchen und die Anfänge des Buchdrucks. – 3 Der kranke Mensch – An- steckende Krankheiten und Krankheitser- fahrung. – 4 Öffentlichkeit und Obrigkeit: Kommunikation, Angst und Krisenbewäl- tigung in Seuchenzeiten. – Angstbewälti- gung und geistliche Bücher. – 5 Die Hei- ler – Erklärung, Diagnose, Prophylaxe und erapie von ansteckenden Krankheiten. – Die Diagnose ansteckender Krankheiten. – Prophylaxe und erapie von anstecken- 56 57

rarius, Narratio de Helio Eobano Hesso, übersetzt von G. Burkhard, hg. und er- läutert von G. Burkard und W. Kühlmann (R. Seidel). – Grotius and the Stoa, hg. von H. W. Blom und L. C. Winkel (R. Sei- del). – Eustratius Nicaenus, Commenta- ria in II Librum Posteriorum analyticorum Aristotelis, übersetzt von Andreas Gratio- lus, Neudruck der Ausgabe 1542, eingelei- tet von C. Lohr (R. iel). – M. Wiele, Die Erfindung einer Epoche. Zur Darstellung der italienischen Renaissance in der Lite- ratur der französischen Romantik (S. Ti- chy). – Nachrichten und Hinweise auf Veranstaltungen.

Wolfenbütteler Arbeitskreis Seit dem Jahr 1983 erscheinen die Schriftenreihen der Herzog August Bibliothek im Harrassowitz für Bibliotheks-, Buch- und Verlag, Wiesbaden, in Kommission. Beginnend mit der Buchmesse 2002 ist die Herzog August Bi- Mediengeschichte bliothek im Stand des Verlages vertreten, 2005 in der Halle 3.1, Stand F 178. Die Buchmesse 2006 findet vom 4. bis 8. Oktober statt. Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte. In Zusammenarbeit mit den Wolfenbütte- ler Arbeitskreisen für Bibliotheks-, Buch- und Mediengeschichte hrsg. von der Her-

Wolfenbütteler Bibliotheks-Informationen

Herausgegeben von der Herzog August Bibliothek Postfach 13 64, 38299 Wolfenbüttel Telefon: (05331) 808-0 Redaktion: Oswald Schönberg Druck: braunschweig-druck GmbH, Braunschweig ISSN 0931-4032 58 59

(1582 –1637) und seines Sohnes Johann Jill Bepler und Petra Feuerstein-Herz. Bi- Ernst Gerhard (1621–1668). Hrsg. von bliographie: Ingrid Nutz. Wiesbaden: Har- Johann Anselm Steiger. Bearb. von Alexan- rassowitz Verlag. der Bitzel, Volker Hartmann, Ralf Georg Bogner, Chrib. – Christine Haug: “Lieb- Jg. 31, Heft 2 (2004) ster, Bester, Einziger Freund”. Erinnerun- Inhalt: Beiträge. Dieter Merzbacher: “Ver- gen an den Verleger, Buchdrucker und suchens halber mich etwas in Italiam be- Buchhändler Johann Christian Dieterich geben”. Die Italienreise des Wernigeroder (1722 –1800). Hrsg. und mit einer Ein- Junkers Barthold von Gadenstedt (Cod. leitung von Elisabeth Willnat. – Kathari- Guelf. 67.6 Extrav. – Marion Kobelt- na Mähler: Peter F. Tschudin: Grundzü- Groch: “Freudiger Abschied Jungfräulicher ge der Papiergeschichte. – Gottfried Kratz: Seelen”. Himmelsphantasien in protestan- Kniga. Issledovanija i materialy. Sb. 82. – tischen Leichenpredigten für Kinder. – Uwe Czubatynski: Eckhard Düker: Freu- Hans Kuhn: Andreas Gryphius am Schreib- denchristentum. Der Erbauungsschrift- tisch. – Alice Perrin: Netzwerk- und Sam- steller Stephan Praetorius. – Wolfgang Ir- melpolitik Herzog Augusts d. J. Der Aufbau tenkauf †: Romain Juriot, unter Mitarbeit des französischen Bestandes der Bibliothe- von Rudolf Gamper: Katalog der Hand- ca Augusta. – Rezensionen. Uwe Czubatyn- schriften der Abtei Pfäfers im Stiftsarchiv ski: Dietrich Blaufuß: Korrespondierender St. Gallen. Pietismus. Ausgewählte Beiträge. Hrsg. von Wolfgang Sommer und Gerhard Philipp Jg. 30, Heft 1 (2005) Wolf. – Andreas Herz: Michael Ludscheidt: zog August Bibliothek. Redaktion: omas Inhalt: Beiträge zur Buch- und Bibliotheks- Georg Neumark (1621–1681). Leben und Stäcker und Erdmann Weyrauch. Wiesba- geschichte. Patrizia Carmassi: Due pseu- Werk. – Detlef Haberland: Gerhard Bonn: den: Harrassowitz Verlag. doepigrafi agostiniani in appendice Engelbert Kaempfer (1651–1716). Der all’omiliario Wolfenbüttel, Herzog Au- Reisende und sein Einfluß auf die europä- Jg. 29, Heft 1/2 (2004) gust Bibliothek, Cod. Guelf. 99 Weiss. ische Bewußtseinsbildung über Asien. Mit Inhalt: Provenienzforschung und ihre Pro- (VIII sec.). – Elmar R. Gruber: Ein un- einem Geleitwort von Josef Kreiner. – Jo- bleme. Armin Schlechter und omas bekannter Nostradamus-Almanach als chen Bepler: Bibliotheca Gerhardiana. Re- Stäcker: Auf den Spuren der Bücher – Pro- Schlüssel für die Publikationsgeschichte konstruktion der Gelehrten- und Leihbi- venienzforschung und ihre Probleme. – der Prophéties. – Meik Matzki: Henning bliothek Johann Gerhards (1582 –1637) Jos. M. M. Hermans: Ex origine lux: Be- Rüdem – Leben und Werk eines Druk- und seines Sohnes Johann Ernst Gerhard sitz- und Benutzerangaben als Schlüs- kers im 16. Jahrhundert. – Volker Bauer: (1621–1668). Hrsg. von Johann Anselm sel zum Verständnis von Handschrift und Der gedruckte Herrschaftsapparat. Perio- Steiger. Bearb. von Alexander Bitzel, Vol- Frühdruck. – Jürgen Leonhardt: Gedruck- dische Personalverzeichnisse des Alten ker Hartmann, Ralf Georg Bogner, Christi- te humanistische Kolleghefte als Quelle Reiches, seiner Institutionen und Territo- an Hermann und Johann Anselm Steiger. – für Buch- und Bildungsgeschichte. – Paul rien. – Adolf Laminski: Ein Berliner Bi- Klaus-Peter Möller: Hubert Gersch: Lite- Needham: e Late Use of Incunables bliothekar. – Friedhilde Krause: Evge- rarisches Monstrum und Buch der Welt. and the Paths of Book Survival. – Chri- nij L’vovič Nemirovskij, Inkunabelexperte Grimmelshausens Titelbild zum “Simpli- stian Coppens: Provenances: Files & Pro- und Gutenbergforscher. Zum 80. Ge- cissimus Teutsch”. – Andreas Merzhäuser: files. – Susanne Knackmuß: Ein preußi- burtstag. – Rezensionen. Jos. M. M. Her- Satyrische Selbstbehauptung. Innovation scher helluo librorum des 17. Jahrhunderts mans: Zwolse boeken voor een markt und seine animadversiunculae: eine biblio- zonder grenzen 1477–1523 (Detlef Ha- theksgeschichtliche Entdeckung in den berland ). – Charles E. O’Neill / Joaquín Sammlungen des Berlinischen Gymnasi- María Domínguez (Hrsg.): Diccionario ums zum Grauen Kloster. – Bettina Wag- histórico de la Compañía de Jesús: biográ- ner: Von Adam bis Zwykopf. Die Inku- fico-temático (Franz Obermeier). – Cave, nabelsammlung der Bayerischen Staatsbi- Roderick and Sarah Manson: A History of bliothek und ihre Provenienzen. – Jürgen the Golden Cockerel Press 1920 –1960. – Weber: esaurus der Provenienzbegrif- Tidcombe, Marianne: e Doves Press. – fe. Konzeption und Anwendung. – Johan- Watry, Maureen: e Vale Press: Charles nes Mötsch: Das Provenienzprinzip im Ar- Ricketts, a Publisher in Earnest. – Genz, chiv. – Jutta Bendt: Provenienzen und Marcella D.: A History of the Eragny Press Profile. Aspekte bestands- und exemplar- 1894 –1914 (John Roger Paas). spezifischer Erschließung im Deutschen Li- teraturarchiv. – Armin Schlechter: Jüngere pfalzgräfliche Bestände aus den Neuburger, Wolfenbütteler Arbeitskreis für Düsseldorfer und Mannheimer Hofbiblio- Barockforschung theken in Heidelberg. – Nekrolog. Hel- mar Härtel: Wolfgang Irtenkauf †. – Re- Wolfenbütteler Barock-Nachrichten. In Zu- zensionen. Uwe Czubatynski: Bibliotheca sammenarbeit mit dem Wolfenbütteler Ar- Gerhardina. Rekonstruktion der Gelehr- beitskreis für Barockforschung hrsg. von ten- und Leihbibliothek Johann Gerhards der Herzog August Bibliothek. Redaktion: 58 59

und Tradition in Grimmelshausens “Aben- Johannes Schneider über Antonio Lamarra, theurlichem Simplissimus Teutsch”. – Bi- Roberto Palaia, Pietro Pimpinella: Le pri- bliographie zur Barockliteratur. me traduzioni della Monadogoie di Leib- niz (1720 –1721) (2001). – Matthias Wol- Jg. 32, Heft 1/2 (2005) fes über Ulrich Krämer: »... meine Philoso- Inhalt: Körperrepräsentation in der Frü- phie ist kein Buch«. August Ludwig Hülsen hen Neuzeit. Geleitwort. – Markus Fauser, (1765 –1809). Leben und Schreiben eines Körperrepräsentation in der Frühen Neu- Selbstdenkers und Symphilosophen zur zeit: Einleitung. – Robert Jütte, “Bei le- Zeit der Frühromantik (2001). – Martin bendigem Leibe” – Vivisektion am Men- Bollacher über omas Martinec: Lessings schen in der Frühen Neuzeit. Legende eorie der Tragödienwirkung. Humani- oder Realität. – Helen Watanabe-O’Kelly, stische Tradition und aufklärerische Er- “Den schönsten Garten schau ich hier”: kenntniskritik (2003). – Heinz Durchardt Die Dresdner Anatomiekammer (1616 – über Der Aufgeklärte Absolutismus im eu- 1680). – Kristin Marek, Körperförmiges ropäischen Vergleich. Hg. Helmut Reinal- Rechtsdenken und bildförmige Politik. Re- ter, Harm Klueting (2002). – Eingegange- präsentation und Körperbild des Königs in ne Bücher. Spätmittelalter und Früher Neuzeit. – Dirk Niefanger, Gesundheit und Politik. Kör- Jg. 29, Heft 2 (2005) perrepräsentationen im Diæteticon (1682) Inhalt: Aus der Arbeit der Deutschen Ge- von Johann Sigismund Elsholtz. – Jörg sellschaft. Zu diesem Heft (Carsten Zel- Wesche, Die Leibhaftigkeit der Gespen- le). – Urte Stobbe: Das Erdbeben von Lis- ster. eatergeists Rollenspiel bei Gryphius Zedlers Universal-Lexikon im Spannungs- sabon und der Katatrophendiskurs im und Der Höllische Proteus Erasmus Francis- feld zeitgenössischer Lexikonproduktion. – 18. Jahrhundert. Wissenschaftliche Tagung cis. – Rezensionen. Helwig Schmidt-Glint- Ulrich Dierse: Die »trügerischen Gedanken- der DGEJ in Göttingen vom 6. bis 8. Okt. zer, Andreas Anter: Die Macht der Ord- blitze unserer Vernunft«. Voltaire über das 2005. – Stefanie Stockhorst, Susanne Grei- nung. Aspekte einer Grundkategorie des Poli- Recht der Vernunft und ihre Grenzen. – lich: »Occasional Poetry Revisited« – »In- tischen. – Sylva Dobalová, Bibliographie der Aus der Forschung. Gerhard Kölsch: Inven- tercultural Studies on the Enlightenment: vor 1750 erschienenen deutschen Gartenbü- turen zur deutschen Malerei und Graphik Approaches, Perspectives, Challenges«. cher, Hrsg. Clemens Alexander Wimmer des 18. Jahrhunderts – zwei neue Bestands- Zwei deutsch-amerikanische Panels auf der und Iris Lauterbach. – Bibliographie zur kataloge. – Jan Cölln: Gelehrtengeschichte 36. Tagung der American Society for Eight- Barockliteratur. und literarische Sinnlichkeit – zwei Mo- eenth Century Studies (ASECS), Las Vegas, nographien der Aufklärungsforschung USA, 31. März bis 3. April 2005. – Gat- unter besonderer Berücksichtigung Wie- tung und Geschlecht. Zusammengestellt lands. – Friedrich Niewöhner: Neues In- von Anne Fleig und Helga Meise. Anne Deutsche Gesellschaft für die teresse an Salomon Maimon – drei Publi- Fleig, Helga Meise: Zur Einführung. – An- Erforschung des 18. Jahrhunderts kationen zu einem großen Intellektuellen ne Fleig, Helga Meise: Das Geschlecht der und Philosophen des 18. Jahrhunderts. – Innovation: Bedeutung und Reichweite Das achtzehnte Jahrhundert. Zeitschrift der Franz Fillafer: Die Aufklärung und ihre der Verknüpfung von Gattungs- und Ge- Deutschen Gesellschaft für die Erforschung Feinde – zwei Bücher zur ›Gegenaufklä- schlechterdisdurs bei Gellert, Sulzer und des 18. Jahrhunderts. Göttingen: Wallstein rung‹. – Andreas Urs Sommer über Chri- Wieland. – Helga Brandes: Die Zeitschrift Verlag. stoph Böhr: Philosophie für die Welt. Die im 18. Jahrhundert und die Diskurse der Popularphilosophie der deutschen Spätauf- Geschlechter. – Johannes Birgfeld: Patrio- Jg. 29, Heft 1 (2005) klärung im Zeitalter Kants (2003). – Stefan tische Erregung als literarische Chance. Inhalt: Aus der Arbeit der Deutschen Ge- Jordan über Johann Salomo Semler: Beant- Vom Einfluß der Geschichte auf das Ver- sellschaft. Zu diesem Heft (Carsten Zel- wortung der Fragmente eines Ungenann- hältnis von Gattung und Geschlecht im le). – Manuela Böhm, Gunilla Eschenbach, ten insbesondere vom Zweck Jesu und sei- 18. Jahrhundert oder: Anna Louisa Karsch Ulrich Müller: Mehrsprachigkeit und kul- ner Jünger (2003). – Brigitte H. E. Niestroj und die Kriegslyrik. – Angelika Schlimmer: turelle Vielfalt im Zeitalter der Aufklä- über Vernünftige Ärzte. Hallesche Psycho- Der Roman als Erziehungsanstalt für Leser. rung. Internationales Seminar für Nach- mediziner und die Anfänge der Anthropo- Zur Affinität von Gattung und Geschlecht wuchswissenschaftler in Beuggen, 12. – logie in der deutschsprachigen Frühaufklä- in Friedrich von Blanckenburgs Versuch 17. Sept. 2004. – Jörg Paulus: Zukunft rung. Hg. Carsten Zelle (2001). – Sonja über den Roman (1774). – Anita Runge: der Lessingforschung. Bericht über ein Ar- Asal über Michael Kempe: Wissenschaft, Konstruktionen von Geschichte und Ge- beitsgespräch der Lessing-Akademie Wolfen- eologie, Aufklärung. Johann Jakob schlecht im Geschichtsroman deutschspra- büttel am 13. Nov. 2004 in Wolfenbüt- Scheuchzer (1672 –1733) und die Sint- chiger Autorinnen um 1800: Das Beispiel tel. – Beiträge. Tomáš Hlobil: Aesthetics in fluttheorie (2003). – Maurizio Pirro über Benedikte Naubert (1756 –1819). – Aus the Lecture Lists of the Universities of Hal- Il Settecento tedesco in Italia. Gli italiani e der Forschung. Alexandra Košenina: Von le, Leipzig, Würzburg und Prague (1785 – l’immagine della cultura tedesca nel XVIII ›wohltemperierten‹ und anderen Men- 1805). – Helmut J. Jacobs: »El sueño de la secolo. Hg. Giulia Cantarutti, Stefano Fer- schen. Neue Forschungen zur psychischen razón produce monstruos«. Die strukturel- rari, Paola Maria Filippi (2001). – Stefan und physischen Anthropologie im 18. Jahr- le Gestaltung von Chaos und Ordnung in Reichmuth über Carsten Niebuhr (1733 – hundert. – Gideon Stiening über Zwischen Goyas Capricho 43. – Ines Prodöhl: »Aus de- 1815 und seine Zeit. Hg. Josef Wiesehö- Empirisierung und Konstruktionsleistung: nen besten Scribenten«. Johann Heinrich fer, Stephan Conermann (2002). – Ulrich Anthropologie im 18. Jahrhundert. Hg. 60

Jörn Garber, Heinz oma (2004). – Wal- Kataloge zu Ausstellungen im Jahr 2006 ter Erhart über Imagination und Sexualität. (vgl. S. 48 und 49) Pathologien der Einbildungskraft im medi- zinischen Diskurs der frühen Neuzeit. Hg. Stefanie Zaun, Daniela Watzke, Jörn Stei- gerwald (2004). – Clemens Schwaiger über Die Psychologie Christian Wolffs. Syste- matische und historische Untersuchungen. Hg. Oliver-Pierre Rudolph, Jean-François Goubet (2004). – Mark-Georg Dehrmann über Christopher Voigt: Der englische De- ismus in Deutschland. Eine Studie zur Re- zeption englisch-deistischer Literatur in deutschen Zeitschriften und Kompendien des 18. Jahrhunderts (2003). – Bernd Zego- witz über Hofoper in Schwetzingen. Mu- sik – Bühnenkunst – Architektur. Hg. Sil- ke Leopold, Bärbel Pelker (2004). – Barba- ra Schmidt-Haberkamp über Alessa Johns: Women’s Utopias of the Eighteenth Cen- tury (2003). – Linda Simonis über Fram- ing Women. Changing Frames of Repre- sentation from Enlightenment to Postmod- ernism. Hg. Sandra Carroll, Birgit Pretzsch, Peter Wagner (2003). – Andreas Urs Som- Christian Heitzmann: Europas Weltbild in Ulrich Johannes Schneider (Hrsg.): Seine mer über Helmut Zedelmaier: Der Anfang alten Karten. Globalisierung im Zeitalter Welt wissen. Enzyklopädien in der Frühen der Geschichte. Studien zur Ursprungs- der Entdeckungen. Mit einem Beitrag von Neuzeit. Katalog zur Ausstellung der Uni- debatte im 18. Jahrhundert (2004). – Anna-Dorothee von den Brincken: Die Ku- versitätsbibliothek Leipzig (Januar – April Gotthardt Frühsorge über Urte von Berg: gelgestalt der Erde in der Kartographie des 2006) und der Herzog August Bibliothek eodor Gottlieb von Hippel. Stadtprä- Mittelalters. 224 S., 201 Abb., 10 Karten Wolfenbüttel (Juni – November 2006). Li- sident und Schriftsteller in Königsberg (63 x 49 cm) im Schuber. Der Katalog ko- zenzausgabe für die Herzog August Biblio- 1741–1796 (2004). – York-Gothart Mix stet in der Ausstellung 30,– € (broschierte thek Wolfenbüttel und die Universitäts- über Bert Kasties: J. M. R. Lenz unter dem Ausgabe). Den Vertrieb über den Buchhan- bibliothek Leipzig. Darmstadt: Wissen- Einfluß des frühkritischen Kant. Ein Bei- del besorgt der Harrassowitz Verlag Wies- schaftliche Buchgesellschaft 2006. 240 S., trag zur Neubestimmung des Sturm und baden (ISBN 3-447-05352-6), 60,– €. 64 Abb., 24,90 €. Drang (2003). – orsten Unger über He- ribert Tommek: J. M. R. Lenz. Sozioanaly- se einer literarischen Laufbahn (2003). – Martin Füssel über Alexander Košenina: Abraham Ortelius, eatrum Orbis Terrarum, Antwerpen 1570. HAB: Cb gr.-2° 91. Die schön kolo- Der Gelehrte Narr. Gelehrtensatire seit rierte Weltkarte zu Beginn des Kartenteils trägt den Typus Orbis Terrarum (“Abbild des Weltkreises”) der Aufklärung (2003). – Norbert Jung und zeigt die gesamte Erdoberfläche in einem Oval. Der von Franz Hogenberg signierte Kupferstich über Hans-Bernd Spies: Friedrich Carl Jo- mißt 50 x 34,5 cm. Die Weltkarte ist eine von 10 Karten, die dem Katalog im Schuber beigegeben seph Freiherr von Erthal 1719 –1802. Erz- sind. Diese Karten sind auch einzeln über die Herzog August Bibliothek zu beziehen. bischof von Mainz und Kurfürst des Rei- ches (1774 –1802). Kleine kultur- und so- zialgeschichtliche Studien zu seiner Zeit (2002). – Walter Göbel über Europäischer Kulturtransfer im 18. Jahrhundert. Litera- turen in Europa – Europäische Literatur? Hg. Barbara Schmidt-Haberkamp, Uwe Steiner, Brunhilde Wehinger (2003). – Hanspeter Marti über Paul Raabe, Barba- ra Strutz: Lessings Bucherwerbungen. Ver- zeichnis der in der Herzoglichen Biblio- thek Wolfenbüttel angeschafften Bücher und Zeitschriften 1770 –1781 (2004). – Clemens Schwaiger über Alexander Gott- lieb Baumgarten: Metaphysik. Ins Deut- sche übersetzt von Georg Friedrich Meier. Nach dem Text der zweiten, von Joh. Aug. Eberhard besorgten Ausgabe 1783. Hg. Dagmar Mirbach (2004). – Eingegange- ne Bücher.