Bruno Jonas Kabarettist Im Gespräch Mit Rudi Küffner Küffner: Grüß Gott
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BR-ONLINE | Das Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks Sendung vom 16.06.2000 Bruno Jonas Kabarettist im Gespräch mit Rudi Küffner Küffner: Grüß Gott, meine Damen und Herren, und willkommen bei Alpha-Forum. Heute mit einem sehr bekannten Gast: mit Bruno Jonas. Grüß Gott, Bruno Jonas. Jonas: Grüß Gott. Küffner: Unser Gast ist aus Film, Funk und Fernsehen sehr bekannt. Eigentlich würde nun jeder erwarten, dass ich mich zurückziehe, gar nichts mehr sage, dass Bruno Jonas aufsteht, ein Riesenprogramm mit vielen Lachern abliefert und wir dann in einer Dreiviertelstunde damit auch schon wieder fertig sind. Das will ich Ihnen aber nicht zumuten. BR-alpha ist der Bildungskanal des Bayerischen Rundfunks: Also wollen wir uns nicht nur amüsieren, sondern durch Sie vielleicht auch ein wenig dazulernen, denn vielleicht gibt es in der jüngeren Generation unter den Zuschauern auch den einen oder anderen, der Kabarettist werden möchte. Aber eigentlich wollte ich in dieses Gespräch ganz anders einsteigen. Ich habe mich nämlich ein wenig über Sie informiert. Wie bedeutend Sie sind, können Sie hier an diesem Papierpaket abschätzen, denn das sind die Zeitungsausschnitte der letzten fünf, sechs, sieben Jahre aus dem Archiv des BR über Sie. Da habe ich mir ein bisschen was herausgesucht, u. a. über Ihr Verhältnis zu den Öffentlich-Rechtlichen und vielleicht auch zu den Privaten. Können wir damit anfangen? Jonas: Bitte. Küffner: Es gibt da einen Artikel aus dem Jahr 1995 aus der "Süddeutschen Zeitung", den Sie selbst geschrieben haben: "Offene Vollzugsanstalt Radio Bremen". Als ich diesen Artikel gelesen hatte, bekam ich auch gleich schon Probleme, weil ich ja gar nicht wusste, wie ich mich mit diesem Mann denn überhaupt noch unterhalten soll. Denn Sie haben da in dem Artikel geschrieben: "Wenn jemand zig Jahre im ARD-Vollzug ist, ist die Persönlichkeit angegriffen." Nun, jetzt sitze ich hier mit meiner angegriffenen Persönlichkeit – oder haben Sie das vielleicht gar nicht so gemeint? Jonas: Ja, es kann natürlich schon sein, dass ich das anders gemeint habe, gell. Es ist oft so, dass ich etwas schreibe und mich hinterher frage, wie ich das eigentlich meine. Oft meine ich auch etwas, aber dann schreibe ich das gar nicht auf. Aber in dem Fall war das, wie ich glaube, so: Ich habe es schon so gemeint, wie ich es hingeschrieben habe. Aber man kann es auch anders verstehen. Küffner: Sie haben in einer Sammlung, in der sich jeder über Sie kundig machen kann, als Adresse nicht irgendwie München und eine entsprechende Straße angegeben, sondern "c/o Radio Bremen". Sie haben also ein spezielles Verhältnis zu Radio Bremen. Jonas: Tatsächlich? Habe ich das wirklich gemacht? Küffner: Ja, ich kann Ihnen das sogar zeigen. Jonas: Ich weiß ja noch nicht einmal, wo dieses c/o überhaupt sein soll. Küffner: Ich kann es Ihnen zeigen. Sie arbeiten ja nun schon seit vielen Jahren für Radio Bremen und weniger für den Bayerischen Rundfunk. Jonas: Das stimmt eigentlich überhaupt nicht. Denn die Zusammenarbeit mit Radio Bremen haben wir beendet. Diese Partnerschaft ist ein wenig brüchig geworden. Das war schon vor circa fünf Jahren: Seitdem mache ich in Bremen keine Sendungen mehr. Küffner: Dann bin ich vollkommen missinformiert. Scheinbar hat sich darüber in dem Packerl nichts gefunden. Jonas: Ich kann das ganz offen sagen. Ich hatte damals einen Streit mit dem neuen Redakteur und dem neuen Programmdirektor, denn der Redakteur und der Programmdirektor hatten damals gewechselt. Die beiden wollten mich wohl ein bisschen verändern. Sie wollten auch die Sendung ein wenig verändern. Ich wollte allerdings in eine andere Richtung gehen: Ich wollte ein wenig mehr Entertainment machen. Sie wollten, dass die Sendung "noch schärfer" werden sollte. Wobei natürlich diese Schärfe selbstverständlich immer sehr kulinarisch präsentiert werden sollte. Wir hatten also ganz einfach ein paar Schwierigkeiten in der Kommunikation. Vielleicht lag es auch daran, dass ich ein Bayer bin, daher sehr süddeutsch geprägt bin und sie doch sehr norddeutsch sind . Sagen wir einmal so, es hat da einfach Gegensätze auch im persönlichen Bereich gegeben. Kurz, die Chemie hat halt nicht mehr gestimmt. Das ist aber in Ordnung, das ist abgeschlossen. Dafür ist es nun so, dass Programmteile von mir sogar im Bayerischen Fernsehen gesendet werden. Das letzte Programm von mir "Ich alter Ego" hat der Bayerische Rundfunk erst vor kurzem gesendet: Es ist nämlich eine Stunde lang aufgezeichnet worden. Das alte Programm hatte er ebenfalls aufgezeichnet. Darüber hinaus mache ich das "Paulaner Solo": Das macht ja auch der BR. Die Zusammenarbeit mit dem BR ist also doch auf einem guten Weg. Mal schauen, wie sich das noch entwickelt. Küffner: Das ist ja direkt versöhnlich. Jonas: Ich bin immer versöhnlich. Ich hatte eigentlich nie das Problem, mich nicht versöhnen zu wollen. Im Gegenteil, ich spreche mit allen. Ich spreche auch mit Menschen anderer politischer Couleur, mit Menschen, die ihre politische Heimat woanders haben als ich. Man muss halt reden mit den Leuten: Das mache ich ganz gerne, und es ist ja auch hochinteressant herauszufinden, was diese Leute sagen, was ich sage und wie wir gegenseitig darauf reagieren. Küffner: Kann man leichter unter Stoiber Kabarettist sein als meinetwegen unter Strauß? Jonas: Da gibt es überhaupt keine Unterschiede. Die Frage, wer gerade an der Regierung ist bzw. die Frage nach den Personen, die gerade eine Regierung leiten, führen und die Politik gestalten, ist hinfällig: Diese Personen sind meiner Meinung nach austauschbar. Es ist in diesem Land Bayern immer schön, Kabarettist zu sein. Aber es ist auch ansonsten schön, hier in diesem Land zu leben. Küffner: Einen der ersten wirklich großen Erfolge haben Sie allerdings auch dem "Bayrischen Rundfunk" zu verdanken. Dazu möchte ich noch einmal einen Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1989 vorlesen: "Der letzte wahre linke Kabarettist Bruno Jonas macht einen BR-Redakteur nach, der der letzte heimliche Linke sein soll – und der Angst vor seinen Programmdirektoren haben soll." Wie schauen Sie denn heute auf so etwas zurück? Jonas: Das war eine Figur, die ich erfunden hatte, um eine gewisse Atmosphäre in einem öffentlich-rechtlichen Sender klar zu machen. Das ist nicht nur für den Bayerischen Rundfunk symptomatisch, sondern es ist auch in den anderen Rundfunkanstalten spürbar, dass es Redakteure gibt, die Angst haben. Das habe ich eben in dieser Figur kabarettistisch überhöht und überzeichnet. Diese Figur hieß damals "Würmler", wenn mich nicht alles täuscht. An dieser Person habe ich das halt überhöht und aus einer sehr satirischen Perspektive dargestellt. Dass sich danach dann viele im Bayerischen Rundfunk in dieser Figur wiederentdeckt haben und dass sie gesagt haben: "du, der meint mich bzw. uns damit!", spricht für dieses Programm. Küffner: Hoffentlich auch gegen den Bayerischen Rundfunk – freilich in einem anderen Sinne. Weil wir hier im Bildungskanal sind, können Sie sich nun fast fühlen wie in der Sendung "Das war Ihr Leben". Aber eigentlich sind Sie ja erst 47 Jahre alt. Jonas: Ich möchte eigentlich nicht, dass ich mich jetzt schon fühle wie in der Sendung "Das war mein Leben". Ja, ich bin gerade 47 Jahre alt geworden. Küffner: Ich nehme nun dieses Schriftstück zur Hand, in dem eigentlich alles über Sie steht. Ihr Leben hat lediglich die "Bunte" vor einigen Jahren noch besser geschildert als dieser offizielle Schrieb, den es über Sie gibt. Jonas: Was ist das eigentlich für ein Schrieb? Küffner: Das ist eine Biografie über Sie, die ich gerne einmal zeigen kann. Ich wollte Sie halt schon mit sich selbst konfrontieren. Jonas: Das kommt mir vor wie in einer Verhandlung. Mir werden hier regelrecht Papiere vorgehalten. Nun gut, so ein Leben geht halt meistens los in der Kindheit. Ich bin auch ziemlich jung auf die Welt gekommen: Das kann man aus diesem Blatt Papier gut nachvollziehen. Küffner: Hier steht Ihre ganze niederbayerische Kindheit drin. Ich glaube, das ist ein Kapitel, das für Sie jedoch mehr oder weniger abgeschlossen ist. Sie sind ja jetzt fanatischer Münchner, was man so hört – bzw. bekennender Haidhausener. Jonas: Ich verleugne aber meine Herkunft nicht. Ich bin gerne in Niederbayern geboren. Ich meine, ich habe mir das ja nicht aussuchen können. Aber ich bin dort, wo ich herkomme, schon ganz gut zu Hause. Küffner: Es ist ja viel geredet und geschrieben worden über diesen kabarettistischen Schmelztiegel Niederbayern mit der Stadt Passau im Besonderen. Das ist diese "zerrissene Stadt, die die großen Koryphäen des politischen Lachens hervorgebracht hat". Ich weiß gar nicht mehr, wie genau all diese Formulierungen lauteten. Jonas: Ja, den Journalisten fällt manchmal schon etwas ein. Küffner: Ja, Sie sagen es. Jonas: Sie erfinden auch etwas, wenn es gerade hineinpasst: Sie schreiben das dann hin und finden es ganz toll, dass das eigentlich gar nicht stimmt. Wenn man dann damit konfrontiert wird und sagt, dass das aber gar nicht stimmen würde, sagt einem der Gesprächspartner meistens: "Was, das stimmt nicht? Ja, wie können denn die Journalisten so etwas schreiben?" Ich kann da nur sagen: "Ja, mei, ich weiß das auch nicht." Küffner: Im Nachhinein schaut es jedenfalls so aus, als hätten Sie das alles autorisiert. Jonas: Ja, ja, das machen die schon so. Das ist aber an sich auch gar kein Problem, weil es eigentlich eh Wurst ist. Denn schon morgen steht ja wieder etwas anderes in der Zeitungen über einen. Küffner: Die Dinge über Ihre Kindheit dürften allerdings schon Bestand haben. Jonas: Ja, das ich geboren wurde und eine Kindheit hatte. Küffner: Ich meine Ihre Anfänge. Ich weiß, Sie reden nicht mehr gerne darüber, aber ich würde Sie trotzdem gerne darüber befragen. Jonas: Ja, reden wir darüber. Küffner: Für junge Menschen, die vielleicht noch kein Berufsziel haben – dies ist ja ein Bildungskanal –... Jonas: Die sollten alle nach Passau ziehen: Vielleicht werden's dann Kabarettisten. Küffner: Genau das wollte ich eigentlich fragen. Sie waren ja Ministrant und dann Chor-Ensemblemitglied beim "Südostbayerischen Städtetheater". Geschah dabei diese Verwachsung mit den Brettern, die die Welt bedeuten? Was ist damals passiert? Jonas: Der Gesichtsausdruck, den Sie bei dieser Fragestellung haben, gefällt mir nicht.