IPTV Und Web-TV Im Digitalen Fernsehmarkt U
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media perspektiven 10/2007 x478 ................................................................................................................................................................ Während beim Kabelrundfunk alle Programme Fernsehen und Internet rücken weiter gleichzeitig an der Anschlussdose verfügbar sind, zusammen wird bei IPTV nur dasjenige Programm an den Kunden adressiert, das er über einen Rückkanal U IPTV und Web-TV beim Provider anfordert. IPTV ist also nicht durch Kapazitätsengpässe eingeschränkt, weil immer nur im digitalen Fernsehmarkt ein Programm transportiert wird. Inhalte von IPTV- Von Christian Breunig* Angeboten können sowohl im engeren Sinne Broad- casting (lineares Fernsehen) als auch im weiteren Sinne individuelle Abrufdienste und interaktive Größter Verände- Während die Digitalisierung des Fernsehens über Zusatzdienste sein. (4) rungsprozess seit Kabel und Satellit weiter voranschreitet, gewinnen Im Gegensatz zu Web-TV im (offenen) Internet Einführung des Übertragungswege und Angebotsformen wie IPTV wird IPTV über von Netzbetreibern kontrollierte Farbfernsehens? (Internetprotokoll-Fernsehen) und Web-TV (Internet- geschlossene IP-Netze angeboten, um die erforder- fernsehen) – umgangssprachlich häufig synonym liche Bandbreite für die Übertragung von IPTV- als „IPTV“ und „Internetfernsehen“ bezeichnet – Diensten sicherzustellen. Diese Netze unterstützen langsam an Bedeutung. Laut einer Einschätzung IP-Multicast (d.h. die Datenübertragung an viele der Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Empfänger zur gleichen Zeit), wodurch die Voraus- Hamilton steht der deutsche Fernsehmarkt „tech- setzung für eine effiziente und ressourcensparende nologisch und strukturell vor dem größten Verän- Verteilung von Fernsehprogrammen geschaffen derungsprozess seit Einführung des Farbfernse- wird und gleichzeitig viele Kunden versorgt wer- hens“. (1) Marktanalysten und Industrievertreter den können. Die Bild- und Tonqualität von IPTV halten IPTV bereits für den technischen Standard entspricht der beim Digitalfernsehen. (5) des zukünftigen Fernsehens. Wieder einmal ist von einer „Revolution des Fernsehens“ die Rede. (2) Umstritten ist die rechtliche Einordnung der An- IPTV ist Rundfunk Im Folgenden sollen zunächst die Begriffe IPTV bieter von IPTV, das heißt zum einen die Frage, ob und Web-TV definiert und ihre Bedeutung im Fern- es sich um Rundfunk oder Telemedien handelt, sehmarkt erläutert werden. Eine kurze Darstellung und zum anderen die Frage, ob Plattformbetreiber der aktuellen Entwicklungen im In- und Ausland eine Rundfunklizenz benötigen. Während Teleme- sowie einige Zukunftsprognosen schließen sich an. dien zulassungsfrei und weniger Regelungen un- Als Akteure im IPTV-Markt fungieren vor allem Te- terworfen sind, fallen private Rundfunkprogramme lekommunikationsunternehmen, die mit IPTV-An- unter die Zulassungs- und Lizenzierungspflicht bei geboten in Konkurrenz zu den klassischen Verbrei- den Landesmedienanstalten. Nach vorherrschender tungswegen Kabel, Satellit und Terrestrik treten. Rechtsauffassung handelt es sich bei IPTV um Rund- Parallel dazu gibt es im Internet inzwischen zahl- funk, da für den Rundfunk laut Rechtsprechung reiche Web-TV-Angebote und erste Versuche, TV- des Bundesverfassungsgerichts nicht der Verbrei- Plattformen aufzubauen. Welche Konsequenzen die tungsweg von ausschlaggebender Bedeutung ist, etablierten öffentlich-rechtlichen und privaten Fern- sondern die Bedeutung des Angebots für die öffent- sehsender aus diesen Entwicklungen ziehen, wird liche Meinungsbildung (Aktualität, Breitenwirkung, anhand ihrer Onlineaktivitäten beschrieben: Video- Suggestivkraft). Die zweite Frage entzündete sich portale und Videoclipportale spielen hier eine am IPTV-Angebot der Deutschen Telekom (T-Home, wichtige Rolle. Abschließend soll auf die zu erwar- siehe unten), die als teilstaatliches Unternehmen tenden Folgen von IPTV und Web-TV für das klas- und Anbieter einer TV-Plattform gegen den Grund- sische Fernsehen eingegangen werden. satz der Staatsferne des Rundfunks verstoßen könnte. Die Telekom argumentierte gegenüber den Begriffsdefinitionen und technische Voraussetzungen Landesmedienanstalten, dass sie „Transporteur im Was ist IPTV? Während die drahtgebundene Übertragung von Sinne des Landesmediengesetzes“, also kein Pro- Fernsehprogrammen wegen der benötigten hohen grammanbieter sei, während der Partner Premiere Bandbreite bisher nur über Koaxialkabel möglich über eine entsprechende Lizenz verfüge. Die zu- war, erlaubt es die Weiterentwicklung der DSL-Tech- ständige Landesmedienanstalt (BLM) folgte dieser nik, herkömmliche zweiadrige Telefonkabel für Argumentation weitgehend: Die Deutsche Telekom Übertragungen von Fernseh- und Radioprogram- nehme nach der Vereinbarung mit Premiere eine men zu verwenden. Die Daten werden mit Hilfe Dienstleistungsfunktion ein. Entscheidend sei, dass des Internetprotokolls (IP) vom Provider an den die redaktionelle Gestaltung und die medienrecht- Empfänger adressiert. Unter IPTV (Internet Proto- liche Verantwortung bei Premiere liege. (6) col TeleVision) wird die digitale, auf dem Internet- protokoll basierende Übertragung von audiovisuel- Bei IPTV werden die verschiedenen Anwendungen Worin besteht der len Inhalten auf das Fernsehgerät verstanden. (3) über eine Benutzeroberfläche am Fernsehgerät Zusatznutzen von Die Übertragung erfolgt über eine Set-Top-Box, die ausgewählt. Der eigentliche Mehrwert liegt in in- IPTV? in der Regel an ein DSL-Modem angeschlossen ist. teraktiven Anwendungen, zeitunabhängiger Nut- zung (z. B. Video-on-Demand) und – je nach An- bieter – in der Vielfalt des Programmangebots. Ein Electronic Program Guide (EPG) stellt Informatio- ................................................................................. nen zum Programmangebot über mehrere Tage * Media Perspektiven. oder Wochen zur Verfügung. IPTV und Web-TV im digitalen Fernsehmarkt ................................................................................................................................................................ x479 media perspektiven 10/2007 Video-on-Demand Zu den wichtigsten Diensten in IPTV-Paketen ge- dern vielmehr ein Providerfernsehen, das nur die hört Video-on-Demand. Hierunter versteht man Kunden eines bestimmten Anbieters (z. B. T-Online) Fernsehangebote, deren Abruf zeitlich unabhängig abrufen können. (10) vom linearen Programmablauf eines Senders erfol- gen kann. Beispielsweise können aus einer um- Fernseh- und Videoangebote, die für die Nutzung Web-TV: fangreichen „virtuellen Videothek“ Filme ausge- am PC konzipiert wurden und in einem offenen, (Live-)Streaming und wählt und ohne Zeitverzug (d. h. ohne zeitraubende unkontrollierten Netz (World Wide Web) verbreitet Videodownloads Downloads) sofort angesehen werden. werden, sind kein IPTV nach obiger Definition. Dies gilt insbesondere für das so genannte Inter- Festplattenrecorder Eine mögliche Zusatzfunktion von IPTV sind Fest- netfernsehen bzw. Web-TV. Hier handelt es sich ers- und Timeshifting plattenrecorder, auch PVR (Personal Video Recor- tens um das (aus Rechtegründen bisher lediglich der) oder DVR (Digital Video Recorder) genannt. von Spartenkanälen, z. B. Nachrichten- oder Musik- Diese stehen entweder vor Ort im Wohnzimmer kanälen, realisierte) Livestreaming von Fernsehpro- (PVR) oder befinden sich im Netzwerk (NPVR, Net- grammen über das Internet in einer (nach heu- work based Personal Video Recorder) des Provi- tigem Stand der Technik) im Vergleich zu IPTV ge- ders. Mittels NPVR können die Nutzer sämtliche ringeren bzw. weniger konstanten Bild- und Ton- Fernsehprogramme, ohne selbst eine Programmie- qualität. Zum Internetfernsehen gehören zweitens rung vornehmen zu müssen, für einen bestimmten auch zeitversetzte Streamings sowie Videodown- Zeitraum (z. B. 24 Stunden) zwischenspeichern. Mit loads von Fernsehsendungen und Videoclips. Drit- dieser personalisierten Aufzeichnung im Netz kön- tens zählen Online-Videorecorder (z. B. shift.tv, nen mehrere Sendungen parallel oder überlappend save.tv, onlinetvrecorder.com) zum Web-TV, die al- aufgenommen werden. (7) In Zusammenhang mit lerdings immer wieder im (Urheber-)Rechtsstreit der NVPR-Funktionalität steht auch das so genann- mit (privaten) Fernsehsendern stehen. So hat RTL te Timeshifting, das heißt zeitversetztes Fernsehen. gegen den Münchener Anbieter shift.tv mit Erfolg Bei Bedarf kann ein laufendes Programm gestoppt, mehrere Prozesse an Landgerichten geführt, da der aufgezeichnet und später weitergesehen werden. werbefinanzierte Sender befürchtete, dass die Wer- Auch das Vor- und Zurückspulen eines Films ist bung aus den aufgezeichneten Sendungen heraus- möglich. Aus Anbietersicht dürfte hier von Bedeu- geschnitten würde. ProSiebenSat.1 erwirkte eine tung sein, dass die Zuschauer, die Timeshifting einstweilige Verfügung gegen onlinetvrecorder.com. nutzen, den Anschluss zum nachfolgenden Pro- (11) gramm verpassen. (8) IPTV funktioniert nur auf rückkanalfähigen Lei- Technische Voraus- Weitere (interaktive) IPTV erlaubt es auch, auf dem Fernsehgerät Web- tungen. Grundsätzlich muss es sich aber nicht um setzungen für IPTV Applikationen seiten aufzurufen, E-Mails zu lesen und an Online- Telekommunikationsnetze handeln. Technisch rea- und Web-TV von IPTV spielen teilzunehmen. Einschränkungen bestehen lisierbar ist auch die Distribution über Fernsehka- allerdings durch die Anpassung der grafischen bel, Satellit, Terrestrik oder Mobilfunknetze. Für Darstellung an das Fernsehgerät und dessen Be- den Empfang von Web-TV und den