HG. Butzko Politischer Kabarettist Im Gespräch Mit Birgit Muth Muth
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Sendung vom 25.11.2014, 20.15 Uhr HG. Butzko Politischer Kabarettist im Gespräch mit Birgit Muth Muth: Herzlich willkommen zum alpha-Forum. Bei uns ist heute HG. Butzko zu Gast, politischer Kabarettist. Schön, dass Sie da sind. Butzko: Vielen Dank für die Einladung. Muth: Inzwischen sind Sie im Olymp der politischen Kabarettisten angekommen. Stimmt das so? Denn 2014 haben Sie den Deutschen Kleinkunstpreis erhalten. Man kann doch sagen, dass das so ungefähr der Oscar für Kabarettisten ist, oder? Butzko: Wenn Sie das so sagen, dann will ich nicht widersprechen. Meine ganzen Kolleginnen und Kollegen, die diesen Preis vor mir gewonnen haben, sagen das alle ähnlich. Wenn ich mich umschaue in der Reihe derer, die diesen Preis vor mir schon gewonnen haben, dann kann ich ... Groucho Marx sagte jedoch mal, er würde niemals einem Verein beitreten, der Leute wie ihn aufnehmen würde. Davon abgeleitet müsste ich fragen: Was ist der Deutsche Kleinkunstpreis noch wert, nachdem ich ihn bekommen habe? Muth: Ach. Butzko: Die Antwort lautet: Solange keiner meiner Vorgänger aus Protest gegen meine Ernennung seinen Preis zurückgibt, ist alles in bester Ordnung. Muth: Und das ist ja bis jetzt nicht passiert. Butzko: Genau. Muth: Sie haben ja auch schon andere Preise gewonnen wie den Deutschen Kabarettpreis, das Memminger Maul usw. Was haben Sie denn noch so alles bekommen? Butzko: Mindener Stichling, Reinheimer Satirelöwe, von der Zeitung "Handelsblatt" das "Sprungbrett" – es nimmt kein Ende. Muth: Das heißt, Ihr Selbstbewusstsein müsste doch ganz oben sein. Butzko: Ja, mein Ego passt zurzeit nicht mehr durch die Tür. Muth: Ich muss jetzt die Frage stellen, die vermutlich auch alle unsere Zuschauer hören wollen: HG. Butzko! Haben denn Ihre Eltern gesagt, dass Sie HG. heißen müssen? Oder ist das ein ganz normaler Hans- Günter gewesen? Butzko: Oh, jetzt haben Sie es verraten. Natürlich ist es so. Wenn ich als kleiner Junge in den 70er Jahren am Sonntagnachmittag Fernsehen geschaut habe, dann liefen da immer etwas ältere Schwarz-Weiß-Filme. Dabei gab es zwei Schauspieler, die aus allen anderen herausragten wegen ihres merkwürdigen Vornamens, das waren O. E. Hasse und O. W. Fischer. Das habe ich mir gemerkt, und als es dann irgendwann darum ging, dass ich selbst auch auf eine Bühne gehe, habe ich mich gefragt, welchen originellen Künstlernamen ich mir verpassen könnte. Da hat es sich dann angeboten, aus meinem Vornamen Hans-Günter einen HG. zu machen: So wurde HG. Butzko mein Künstlername, mein Markenname, ein Produkt, bei dem man sich Gedanken macht, was das mit dem HG. wohl bedeuten könnte. Muth: Und schon haben wir dieses Rätsel gelöst. Wir wissen aber noch nicht, was der Punkt bei HG. Butzko bedeutet. Butzko: Das ist ja genau das Kuriose daran: Die normale Abkürzung wäre doch H.-G. Butzko. Ich mache einfach nur "HG." daraus und schon stellt man sich bei diesem Namen die zweite Frage und beschäftigt sich länger mit mir, als wenn mein Vorname ausgeschrieben dastehen würde. Muth: Jetzt wollen wir uns mal mit Ihrer ganzen Vita beschäftigen. Also, der Hans-Günter ist 1965 in Gelsenkirchen geboren. Butzko: Fast. Ich bin in Birkesdorf bei Düren geboren, aber noch in der ersten Woche sozusagen nach Gelsenkirchen verschleppt worden. Muth: Sie wuchsen dann ganz nahe am Stadion von Schalke 04 auf. Butzko: Ja, direkt gegenüber der "Glückauf-Kampfbahn". Ich habe quasi von unserem Küchenfenster aus in das Stadion hineinschauen können. Es gibt ja hier in München in Giesing in der Tegernseer Landstraße noch so einige Wohnungen, die ins Grünwalder Station hineinschauen können. Früher gab es einfach noch diese Stadien mitten in den Stadtvierteln. Ich bin also tatsächlich gegenüber diesem Stadion mit dem Namen "Glückauf-Kampfbahn" aufgewachsen: Das war damals, als dieser Verein noch ein guter Verein gewesen ist. Das erste Wort eines jeden Menschenkindes ist ja "Mama". Mein zweites Wort war "Papa" und das dritte war "Schaaaaalke". Muth: Warum sind Sie nicht Fußballer geworden? Da hätten Sie doch ordentlich verdient, vielleicht mehr als ein politischer Kabarettist. Butzko: Natürlich hatte ich, wie alle kleinen Jungen, die in diesem Stadtteil aufwuchsen, den Berufswunsch Fußballer. Als ich acht Jahre alt war, meinten meine Eltern, ich sollte Musiker werden, und haben mich mal zum Geigenunterricht geschickt. An der Ecke standen aber meine Kumpels mit dem Ball unter dem Arm. Und Kinder können ja grausam sein. Ich sag's mal so: Wäre z. B. ein André Rieu in Schalke aufgewachsen, dann wäre der Welt einiges erspart geblieben. Das Blöde ist nur, dass meine Eltern noch diese Mentalität hatten, dass man sich hochdienen solle. Sie waren also der Meinung, dass ich als Fußballer zuerst einmal bei einem kleinen Amateurverein anfangen sollte, nämlich bei "Teutonia Schalke": Dieser Verein spielte in demselben Stadion, allerdings in der Kreisklasse und nicht in der Bundesliga. Muth: Was ist aus der Geige geworden? Butzko: Die haben ich nach einem halben Jahr André Rieu geschenkt, und der macht seitdem eine Weltkarriere als Geiger. Ich wollte also unbedingt Fußballer werden und bin ich auch in einen Verein gegangen, aber eben zu diesem kleinen Kreisligaverein Teutonia Schalke. Das Fatale in solchen Vereinen war und ist aber: Die Trainer sind meistens Väter, die das ehrenamtlich machen. Hätte ich tatsächlich bei Schalke angefangen, hätte ich einen Trainer mit einem geschulten Blick getroffen, mit einem Auge, das ihm gesagt hätte: "Dieser Junge hier ist so talentiert, den müssen wir unbedingt fördern." Dann säße ich heute nicht hier als Kabarettist, sondern als der neue Trainer von Bayern München. Muth: Man hat also zumindest beim Fußball Ihr Genie nicht erkannt. Das heißt, der Hans-Günter hat dann irgendwann Abitur und anschließend Zivildienst gemacht. Die Eltern wollten dann natürlich, dass etwas Vernünftiges aus ihm wird. Aber nein, er wollte Schauspieler werden. Butzko: Ja, ich bin dann ans Theater gegangen. Davor hatte ich noch "Zuvieldienst" gemacht: Ich war der einzige Jahrgang, der 20 Monate lang Zivildienst machen musste. Vorher waren es weniger Monate gewesen, danach waren es auch weniger und inzwischen gibt es den Zivildienst bekanntermaßen gar nicht mehr. Ich hatte eigentlich schon einen Studienplatz für Psychologie, d. h. ich wollte ganz klassisch studieren. Muth: Warum Psychologie? Butzko: Das hat mich interessiert. Muth: Haben Sie die Menschen immer schon interessiert? Butzko: Vielleicht ist das Moment ... Muth: Vielleicht war das schon der politische Kabarettist in Ihnen? Butzko: Und natürlich auch der Schauspieler, der sich auch intensiv mit der Psyche und den Charakteren von Menschen beschäftigen muss. Aber ich bin zuerst einmal tatsächlich ans Theater gegangen. Ich war in Wuppertal am Theater, in Hof am Theater und in Würzburg am Theater und es sah zuerst einmal alles danach aus, als würde ich eine klassische Stadttheaterlaufbahn machen. Muth: Was ist dann schief gelaufen, was war der entscheidende Moment, dass es nicht so gekommen ist und Sie gesagt haben: "Ich will nicht als Schauspieler auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stehen, sondern als Kabarettist!"? 1997 starteten Sie Ihr Soloprogramm. Was war da ausschlaggebend? Haben Sie sich damals so sehr über die Politik geärgert? Oder dachten Sie: "In mir steckt etwas ganz anderes, ich bin eher so ein kleiner Revoluzzer!"? Butzko: Da kam alles zusammen. Aber entscheidend ist wohl, dass ich bereits in meiner Jugend Kabarettfan gewesen bin. Noch bevor ich ans Theater ging, bin ich sehr oft ins Kabarett gegangen. Hanns Dieter Hüsch, die Lach- und Schießgesellschaft, Dieter Hildebrandt, "Scheibenwischer" usw.: Das hat mich immer schon alles begeistert. Aber mir lag der Gedanke völlig fern, dass ich das eines Tages selbst machen würde. Ich bin also zuerst einmal ans Theater gegangen. Aber dann gab es eben zwei Schritte. Der eine Schritt war, dass ich aus dem festen Engagement raus wollte. Muth: Sie waren zehn Jahre in einem Festengagement. Butzko: Sieben Jahre insgesamt. Nach diesen sieben Jahren war ich an dem Punkt, dass ich irgendwie so einen Kreativitätskonflikt hatte: Ich wollte als Schauspieler nicht immer Anweisungen annehmen, um Fremdtexte zu sprechen. Wir nannten das damals "Text aufsagen im Kostüm" und produziert haben wir dabei nur ... Muth: Sie waren also doch ein kleiner Revoluzzer: so ein bisschen gegen alles eingestellt. Butzko: Na, das weiß ich nicht. Ich bin ja zunächst einmal ins Regiefach gewechselt, weil ich den Schauspielern dann all diese Freiräume bieten wollte, die ich selbst nie bekommen hatte. Aber ich bin dabei leider auf Schauspieler gestoßen, die ihrerseits diese Freiräume gar nicht wollten. Ich habe mich dann also zuerst einmal aus dem Stadttheaterbetrieb verabschiedet und mich drei Jahre lang als Freiberufler herumgetrieben: mit Inszenierungen an kleinen Bühnen, mit Gastspielen, mit Fernsehaufträgen, mit Workshops, in denen ich Schauspielunterricht gegeben habe. Das heißt, ich habe halt all das gemacht, was man eben so macht als freiberuflicher Schauspieler und Regisseur. Und auf einmal gab es da eine Flaute, d. h. ich hatte keinen Auftrag mehr vor mir. Ich dachte mir: "Oh, was mache ich jetzt? Ein bisschen Geld ist noch da, aber in einem halben Jahr musst du ja auch noch deine Miete bezahlen können." Ich hatte also Zeit und dann kam mir eben irgendwie, ich weiß nicht wie, in einer schlaflosen Nacht der Gedanke: "Du hast doch da diese alte Liebe zum Kabarett, probier das doch mal aus!" Ich habe mir daraufhin in Würzburg ein kleines Theater gemietet und war dann doch ein bisschen gespannt, denn es hätte ja sein können, dass die Leute anschließend zu mir sagen: "Weißt du, Butzko, du kannst zwar gut schauspielern und Regie führen, aber das mit dem Kabarett lässt du wieder bleiben!" Das Höchste der Gefühle wäre für mich schon gewesen, wenn die Leute gesagt hätten: "Hey, super! Bei uns im Stadtteil gibt es eine öffentliche Leihbücherei, willst du da nicht auch auftreten?" Mein Kosmos war also beschränkt auf Würzburg und Umgebung und der Plan war eigentlich, danach dann wieder Schauspieler und Regisseur zu sein. Muth: Und auf diese Weise ist dann Ihr Programm "Butzkolonne" entstanden.