Helmut Altrichter Unter Mitarbeit Von Elisabeth Müller-Luckner
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Schriften des Historischen Kollegs Kolloquien 61 GegenErinnerung Geschichte als politisches Argument im Transformationsprozeß Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas R. Oldenbourg Verlag München 2006 GegenErinnerung Geschichte als politisches Argument im Transformationsprozeß Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas Herausgegeben von Helmut Altrichter unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner R. Oldenbourg Verlag München 2006 Schriften des Historischen Kollegs herausgegeben von Lothar Gail in Verbindung mit Etienne Francois, Johannes Fried, Klaus Flildebrand, Manfred Hildcrmeier, Claudia Märtl, Jochen Martin, Heinrich Nöth, Luise Schorn-Schütte, Ulrich Wilhelm und Dietmar Willoweit Geschäftsführung: Georg Kalmer Redaktion: Elisabeth Müller-Luckner Das Historische Kolleg fördert im Bereich der historisch orientierten Wissenschaften Ge lehrte, die sich durch herausragende Leistungen in Forschung und Lehre ausgewiesen haben. Es vergibt zu diesem Zweck jährlich bis zu drei Forschungsstipendien und ein Förderstipen dium sowie alle drei Jahre den „Preis des Historischen Kollegs“. Die Forschungsstipendien, deren Verleihung zugleich eine Auszeichnung für die bisherigen Leistungen darstellt, sollen den berufenen Wissenschaftlern während eines Kollegjahres die Möglichkeit bieten, frei von anderen Verpflichtungen eine größere Arbeit abzuschließen. Professor Dr. Helmut Altrichter (Erlangen) war - zusammen mit Professor Dr. Marie-Luise Recker (Frankfurt a. M.), PD Dr. Andreas Rödder (Stuttgart) und Prof. Dr. Jürgen Trabant (Berlin) - Stipendiat des Historischen Kollegs im Kollegjahr 2001/2002. Den Obliegenheiten der Stipendiaten gemäß hat Helmut Altrichter aus seinem Arbeitsbereich ein Kolloquium zum Thema „Geschichte im Transformationsprozeß Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas“ vom 5. bis 8. Juni 2002 im Flistorischen Kolleg gehalten. Die Ergebnisse des Kolloquiums werden in diesem Band veröffentlicht. Das Historische Kolleg wird seit dem Kollegjahr 2000/2001 - im Sinne einer „public private partnership“ - in seiner Grundausstattung vom Freistaat Bayern finanziert, seine Stipendien werden gegenwärtig aus Mitteln des DaimlerChrysler-Fonds, der Fritz Thyssen Stiftung, des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und eines ihm verbundenen Förderunterneh mens dotiert. Träger des Flistorischen Kollegs, das vom Stiftungsfonds Deutsche Bank und vom Stifterverband errichtet und zunächst allein finanziert wurde, ist nunmehr die „Stiftung zur Förderung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissen schaften und des Flistorischen Kollegs“. Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. © 2006 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbFI, München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu lässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigern Papier (chlorfrei gebleicht) Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbFI, München ISBN-13: 978-3-486-57873-7 ISBN-10: 3-486-57873-1 Inhalt Helmut Altrichter Einführung.......................................................................................................................... VII Verzeichnis der Tagungsteilnehmer................................... ....................................... XXII Joachim Hosier Perestroika und Historie. Zur Erosion des sowjetischen Geschichtsbildes 1 Karsten Brüggemann „Wir brauchen viele Geschichten“. Estland und seine Geschichte auf dem Weg nach E uropa?............................................................................................................ 27 Ulrike von Hirschhausen Denkmal im multiethnischen Raum. Zum Umgang mit der Vergangenheit in der Gegenwart Lettlands ......................................................................................... 51 Alvydas Nikzentaitis Gestürzte und neu errichtete Denkmäler: Geschichte im Transformations prozeß L itauens................................................................................................................ 67 Rainer Lindner Geschichtswissenschaft und Geschichtspolitik in Weißrußland. Erinnerungskonkurrenzen in spät- und postsowjetischer Zeit ..................... 79 Wilfried Jilge Nationale Geschichtspolitik während der Zeit der Perestroika in der U kraine................................................................................................................................. 99 Claudia Kraft Geschichte im langen Transformationsprozeß in Polen ................................... 129 Hans Lemberg Die Rolle von Geschichte und von Historikern im Zusammenhang mit der „Samtenen Revolution“ in der Tschechoslowakei............................................... 151 Attila Pök Geschichte im Transformationsprozeß U n garn s................................................. 173 VI Inhalt Iskra Iveljic Cum ira et studio. Geschichte und Gesellschaft Kroatiens in den 1990er Ja h re n .................................................................................................................................... 191 Carl Bethke, Holm Sundhaussen Zurück zur alten „Übersichtlichkeit“? Geschichte in den jugoslawischen Nachfolgekriegen 1991-2000 ....................................................................................... 205 Markus Wien Die bulgarische Monarchie: Politisch motivierte Revision eines Geschichtsbildes in der Transformationsgesellschaft.......................................... 219 Bogdan Murgescu Geschichte im Transformationsprozeß: Rumänien. Politische und institutionelle Rahmenbedingungen nach der W ende........................................ 237 Vasile D umbrava Warum Geschichte immer wieder neu betrachtet werden muß. Die Republik Moldova und der Umgang mit der Vergangenheit .......................... 261 Stefan Troebst „Wir sind Transnistrier!“. Geschichtspolitik im Ostteil Moldovas .............. 277 Rainer Eckert Die historische Erforschung der SED-Diktatur .................................................. 303 R egister.................................................................................................................................. 319 Helmut Altrichter Einführung I. Moskau im Herbst 1989. Das Land hatte stürmische Monate hinter sich. Im Früh jahr war ein „Kongreß der Volksdeputierten der UdSSR“ mit 2250 Abgeordneten zusammengetreten, der die „wichtigsten konstitutionellen, politischen und sozial ökonomischen Fragen“ des Landes entscheiden, einen Staatspräsidenten wählen und aus seiner Mitte einen wesentlich kleineren neuen „Obersten Sowjet“ bestel len sollte, dessen zwei Kammern dann übers Jahr hinweg die „Gesetzgebung und Kontrolle“ zu übernehmen hatten. Neu waren nicht nur die Institutionen, neu waren ebenso die Modalitäten ihrer Bestellung. Von den Abgeordneten des Volks- deputiertenkongresses waren 750 von gesellschaftlichen Organisationen delegiert, 1500 von der Bevölkerung direkt gewählt worden, je zur Hälfte in administrativ territorialen und in nationalen Wahlkreisen, wobei in den Wahlkreisen erstmals deutlich mehr Kandidaten aufgestellt werden sollten, als Sitze zu vergeben waren. Ein solches - landesweites und ergebnisoffenes - Referendum hatte es seit der Re volution nicht mehr gegeben1. Die Wahlen brachten für die politische Mobilisierung der Gesamtgesellschaft einen gewaltigen Schub. Zur Aufstellung der Kandidaten hatten schon seit Jahres beginn in den Städten und Gemeinden, in den Unternehmen und Behörden Ver sammlungen stattgefunden, worüber die Medien ausführlich berichteten. Um „ihren“ Kandidaten zu unterstützen, organisierten sich besonders Engagierte in „informellen Gruppen“, „Klubs“ und „Gesellschaften“; deren Zahl wurde übers Jahr hinweg auf mehrere Zehntausend geschätzt. Selbst bei den 750 Abgeordne ten, die nach festem Schlüssel von gesellschaftlichen Organisationen (der Partei, dem Gewerkschaftsbund, der Vereinigung der Kolchosbauern, der kommunisti schen Jugendorganisation, der Akademie der Wissenschaften usf.) delegiert wur den, gingen der Auswahl mitunter heftige interne Auseinandersetzungen voraus, die die Öffentlichkeit nicht weniger bewegten als die Kandidatenaufstellung in den Wahlkreisen. 1 Hierzu wie zum folgenden Helmut Altrichter, Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1985-1991, in: Handbuch der Geschichte Rußlands, Bd. 5, hrsg. von Stefan Plaggenborg (Stuttgart 2002) 519 ff., hier 537 ff. VIII Helmut Altrichter Ende März 1989 begannen dann die Abstimmungen. Erstmals mußten sich lokale und regionale Parteifunktionäre einer Konkurrenz stellen; drei Dutzend Prominente wurden schon im ersten Wahlgang spektakulär abgewählt. Ihre Nie derlage empfanden sie um so bitterer, als die Gegenkandidaten vordem oft kaum bekannt gewesen waren. Erreichte kein Kandidat die erforderliche absolute Mehr heit der Stimmen, mußte ein zweiter Wahlgang angesetzt werden. Auch wenn die amtliche Wahlkommission (wie in 384 Wahlkreisen) nur einen Kandidaten zuge lassen hatte, war er damit noch nicht gewählt; stimmten zu viele mit nein (was vorkam), verfehlte er das Quorum. Das Ergebnis war ein Volksdeputiertenkon- greß, der zwar noch immer