Hygiene Und Infektionsschutz Auf Schiffen Der Kaiserlichen Marine
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Aus dem Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Heiner Fangerau Hygiene und Infektionsschutz auf Schiffen der Kaiserlichen Marine Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf vorgelegt von Sarah Barbara Sander geb. Kavajin 2016 Als Inauguraldissertation gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Gez.: Dekan: Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Windolf Erstgutachter: Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Alfons Labisch M.A. Zweitgutachter: PD Dr. med. Roland Schulze-Röbbecke ~ Für meine Familie ~ Barbara Kavajin Dr. med. Zoran Kavajin Dominik Kavajin ~ In memoriam ~ Flottenarzt a.D. Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans Schadewaldt Teile dieser Arbeit wurden veröffentlicht: Kavajin, Sarah B. (2013): Hygiene auf Fahrzeugen der Kaiserlichen Marine. In: Jahrbuch 2013 der Deutschen Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte, Berlin, 60-67. Zusammenfassung Der historische Rahmen dieser Arbeit wird durch das deutsche Kaiserreich (1871-1918) und die aufgrund von Flotten- und Kolonialpolitik aufstrebende Kaiserliche Marine gebildet. In wenigen Jahrzehnten erfolgte der Wandel von der hölzernen Segelfregatte zum Panzerschiff. Die Heimatgewässer wurden, besonders mit Einrichtung der Kolonien, immer häufiger verlassen. Vor diesem Hintergrund sollen die vier wichtigsten gesundheitlich-hygienischen Versorgungsfaktoren, Belüftung, Trinkwasserversorgung, Reinigung, Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten auf einem (Kriegs-)Schiff jener Zeit untersucht werden. Ziel ist eine Darstellung der sanitätsdienstlichen und versorgungstechnischen Verhältnisse und Maßnahmen an Bord. Parallel zum technischen und medizinischen Fortschritt wandelten sich auch die Gegebenheiten auf den Schiffen. Richtlinien und Vorgehensweisen im sanitätsdienstlichen Alltag an Bord wurden deshalb laufend überarbeitet und neu angepasst. Die Aufgaben eines Schiffsarztes waren nicht ausschließlich die Therapie und die Prävention von Krankheiten. Waren es doch gerade die ersten drei oben genannten Faktoren, die entschieden dazu beitrugen, ob sich Krankheiten, insbesondere des Gastrointestinal- oder des Respirationstraktes, in größerer Zahl unter der Besatzung entwickelten. Im Rahmen der Trinkwasserversorgung war zunächst nur das Wasserbunkern möglich. Ab den 1880iger Jahren bot die Seewasserdestillation schließlich Unabhängigkeit von Häfen und eine Verbesserung der Wasserqualität auf den Schiffen. Auch die Schiffsventilation als Bereich der Schiffstechnik wurde stetig verbessert und weiter technisiert, um auch entlegene Schiffsräume ausreichend mit Luft zu versorgen. Desinfektion und Reinigung des Lazaretts unterlagen besonders den Neuerungen des Hygienegedankens und den Fortschritten in der Medizin. Der Hygienegedanke wandelte sich allmählich von der Umgebungshygiene gemäß der Pettenkoferschen Prägung hin zur Auslösungshygiene und damit zu den Entdeckungen Robert Kochs. Dies spiegelte sich z.B. im Ausbau der Lazarette, der Sanitäreinrichtungen oder der Händedesinfektion wider. Methodisch erfolgte zunächst eine umfangreiche Literaturrecherche in Universitäts- und Landesbibliotheken, Staatsarchiven und Onlinediensten, besonders hinsichtlich offizieller Verordnungen, Berichte und Anweisungen seitens der Kaiserlichen Marine bzw. des Marineamtes. Im Zuge der Quellenauswertung soll dargelegt werden, welche Maßnahmen es zu Hygiene und Infektionsschutz in der Marine gab, welche Erfahrungen die Schiffsärzte damit gemacht haben und zuletzt, inwieweit Verbesserungen, vor allem in Bezug zur damaligen Forschung, am Beispiel der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten dargestellt, umgesetzt wurden. I Abkürzungsverzeichnis BA/ MA F.i.Brsg. Bundesarchiv/ Militärarchiv in Freiburg im Breisgau cm Zentimeter cm³ Kubikzentimeter g Gramm °C Grad Celsius HHU Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf kg Kilogramm l Liter m Meter m³ Kubikmeter MDv Marinedienstvorschrift mg Milligramm mm Millimeter % Prozent S. Seite ULB Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf ZBMed Deutsche Zentralbibliothek für Medizin in Köln II Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung.…………………………………………………………………..……..1 1.1 Entwicklung des Marinesanitätsdienstes.…………………………………....11 1.2 Ausbildung der Sanitätsoffiziere unter besonderer Berücksichtigung der Sanitätsoffiziere der Kaiserlichen Marine.………………………….….…26 1.3 Übersicht zur Flottenpolitik.…………………………………….………..…….37 1.4 Kolonialpolitik und Kaiserliche Marine…….…………………………...…..…47 2. Das Konstrukt (Kriegs-)Schiff.………………………………………………….56 2.1 Allgemeiner Aufbau und Besonderheiten.……………………………………56 2.2 Aufbau eines Schiffslazaretts…………………………….…………………...65 2.3 Belüftung.…………………………………………………...…………….……..74 2.4 Wasserversorgung.……………………………………………………..…...…89 3. Hygiene an Bord.………………………………………………………..……...98 3.1 Der Hygienegedanke in der Kaiserlichen Marine.…………………………..98 3.2 Reinschiff, Zeugdienst und Körperpflege.…………………………………..120 3.3 Besondere Reinigung und Desinfektion an Bord - Bilge, Lasten, Ungezieferbekämpfung……………..………………………………………...128 3.4 Maßnahmen bei Infektionskrankheiten unter besonderer Berücksichtigung der Maßnahmen innerhalb des Schiffslazaretts………133 4. Die venerischen Erkrankungen.………………………….……………….…144 4.1 Syphilis, Gonorrhoe und weicher Schanker in der heutigen Medizin....…145 4.2 Die venerischen Erkrankungen in der Kaiserlichen Marine am Beispiel der Syphilis und der Gonorrhoe...………………………………...…………152 5. Zusammenfassende Schlussfolgerungen und Diskussion.……………….166 III 1. Einleitung Gegenstand der hier vorliegenden Dissertation sind die Hygiene und der damit verbundene Infektionsschutz auf Schiffen der Kaiserlichen Marine. Der historische Rahmen der Arbeit wird durch das deutsche Kaiserreich (1871-1918) und die während dieser Zeit auf der Grundlage von Flotten- und Kolonialpolitik aufstrebende Marine gebildet. War bis zum Ausbau der Marine das Sanitätswesen des Militärs allein geprägt durch den Krieg an Land, so ergaben sich im Zuge des Flottenausbaus mit zunehmender Bedeutung und Zahl der Seestreitkräfte spezielle Anforderungen an den Sanitätsdienst, denen nur durch ein vom Heeressanitätsdienst getrenntes Marinesanitätswesen angemessen nachgekommen werden konnte. In wenigen Jahrzehnten erfolgt der Wandel von der hölzernen Segelfregatte zum eisernen Kreuzer bis hin zum Panzerschiff. Die Heimatgewässer wurden immer häufiger verlassen. Mit Einrichtung der deutschen Kolonien ab den 1880er Jahren befanden sich Schiffe und Mannschaften dauerhaft in in ihren Wirkungen auf Mensch und Material weitestgehend unbekannten tropischen Klimabereichen. Diesen besonderen Gegebenheiten musste sich die junge deutsche Schiffsmedizin laufend anpassen, ohne dabei auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgreifen zu können.1 Als Struktureinheit im Bereich Führung und Organisation der Kaiserlichen Marine wurde 1892 die Medizinalabteilung des Reichsmarineamtes geschaffen. Damit hatte der Marinesanitätsdienst innerhalb des Militärs nicht nur eine fachliche, sondern auch eine strukturelle Eigenständigkeit erreicht. Im Jahr 1896 erfolgte schließlich die Abspaltung des Sanitätskorps der Marine von dem der Armee.2 Ein Sachgebiet des Marinesanitätswesens umfasst bis heute die Hygiene auf Schiffen und den damit verbundenen Infektionsschutz an Bord. Es war und ist das Zusammenkommen von Enge, Dunkelheit, mangelnder Lüftung und einer großen 1 Friedel, Carl (1866): Die Krankheiten in der Marine. Geographisch und Statistisch. Nach den Reports on the Health oft the Royal Navy, Berlin, Vorwort. 2 Bauer, Werner (1958): Geschichte des Marinesanitätswesens bis 1945, Berlin, 20-65; Bauer, Werner (1959): Lebensbilder der Generalärzte, Generalstabsärzte und Sanitätschefs der Marine. In: Marinerundschau 56, 140–149; Lübbig, Uwe (1996): Geschichte des Sanitätsdienstes der deutschen Marine von 1868 bis 1914, Düsseldorf, 5-56; Engfer, Antje (2003): Die Ausbildung der Marinesanitätsoffizieranwärter in den deutschen Marinen, Heidelberg. 6-13, 27-38; Kapitel 1.1-1.4 dieser Dissertation. 1 Menschenzahl, die den Erhalt der Hygiene sowohl des einzelnen Menschen als auch des Materials erschwerten. Damit waren günstige Voraussetzungen gegeben, dass Infektionen entstehen und sie sich leicht über die Mensch-zu- Mensch-Übertragung verbreiten konnten. Es soll dargestellt werden, welche hygienischen Probleme an Bord der Schiffe entstanden und welche Maßgaben es gab, um ihnen entgegenzuwirken. Ebenso ist die Entwicklung von Maßnahmen und Verfahren im Spiegel des Fortschritts der Medizin zu beachten. Im Einzelnen soll zunächst das (Kriegs-)schiff mit seinen baulichen Besonderheiten beschrieben werden, besonders im Hinblick auf die Schiffslazarette, ihre baulichen Gegebenheiten und ihre Ausstattung. Im Weiteren sollen die Hygienemaßnahmen an Bord beschrieben werden; die Desinfektion, die Körperpflege, Wasserversorgung, Belüftung und die Isolation bei Infektionskrankheiten. Abschließend werden am Beispiel der venerischen Erkrankungen, einer an Bord häufig vorkommenden Krankheitsgruppe, die Verfahrensweisen im Einzelnen dargestellt. Methodisch erfolgte eine Literaturrecherche in Universitäts- und Landesbibliotheken und (Landes-)Archiven. Zunächst wurden die umfangreichen Bestände der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf (HHU) und der Fachbibliothek am Institut für Geschichte der Medizin genutzt. In der Fachbibliothek befindet sich eine eigene Abteilung zum Themenbereich