<<

Quellenmaterial für den Unterricht

Herausgegeben von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg Nr. 28 Mai 2004

Die Darstellung der Herrschaft Schramberg und der benachbarten Territorien um 1750 auf der Karte des Anton Beiller

Bearbeitet von Günter Buchholz

Die Beillersche Karte, eigentlich auf Grund von Grenz- Kirche, Fruchtkasten und Pfarrhaus. Da die Herren und Gra- disputen zwischen dem Herzogtum Württemberg und der fen von Bissingen auch Patronatsherren waren und die oberösterreichischen, später vorderösterreichischen Herr- gesamte kirchliche Organisation in der Herrschaft beaufsich- schaft Schramberg entstanden, bietet anschauliche Darstel- tigten, war neben dieser räumlichen Verbindung auch eine lungen der Orte der Herrschaft Schramberg, die hier im Ein- inhaltliche und organisatorische Verbindung gegeben. zelnen vorgestellt werden sollen. Seit 1772 war dann ein Barockschloss nahe der Ein- mündung des Flusses Göttelbach in die die Resi- denz der Grafen von Bissingen. Die Beillersche Karte zeigt in Herrschaftssitze Umrissen bereits den Schlossgarten, der also schon vor dem Schlossbau vorhanden war. In idealisierter Darstellung finden sich die längst verfal- lenen Burgen Falkenstein (eigentlich Ober- und Unterfalken- stein) und Schilteck. Aber auch das Alte Schloss Schram- berg wird noch gezeichnet, als sei es funktionsfähig. Dabei war es im Dreißigjährigen Krieg schwer beschädigt worden, dann unter den Pfandherren und späteren Lehennehmern, den Herren von Bissingen, notdürftig repariert und schließ- lich 1689 von französischen Truppen in Schutt und Asche gelegt worden. Die hier sehr idealisierte Darstellung stammt also aus einer Zeit, in der die Grund-, Leib- und Gerichtsher- ren gar nicht mehr in dem Schloss wohnten. Diese Beob- achtung, dass die Darstellung in Bezug auf diesen Herr- schaftssitz nicht auf der Höhe der Zeit ist, lässt sich im Ver- gleich auch bei der Betrachtung der Karte zur Historia Silvae Nigrae des Abts Martin Gerbert machen, wo die Festung Hohenschramberg als Mittelpunkt der Herrschaft Schram- berg so dargestellt wird, als könne sie ihre militärische Funk- tion noch erfüllen. Schramberger Historiker rätseln bis heute, wo die Her- ren und Grafen von Bissingen nach der Zerstörung des Schlosses Hohenschramberg (1689) wohnten. Man weiß, dass dies im Tal gewesen sein muss, da sich die Tennen- bronner Bauern, die Holzfuhren leisten mussten, darüber Ausschnitt aus der beigebundenen Tafel 2 in der Historia beschwerten, dass der Weg – wohl durch das wilde Lauter- Nigrae Silvae Ordinis Sancti Benedicti Coloniae / Opera Et bachtal – viel beschwerlicher sei, da die Herrschaft nun im Studio Martini Gerberti … Collecta Et Illustrata, Typis Tal wohne. Die Beillersche Karte gibt einen Anhaltspunkt, ein monasterii S. Blasii, Band 1, mit der Festung Hohenschram- entsprechend markiertes Gebäude, das auf der jenseitigen berg in der linken Bildhälfte, 1783. Schiltachseite liegt, etwa im Bereich des heutigen Schloss- Vorlage: Badische Landesbibliothek Karlsruhe O 57 bergtunnels. Dort stand ein Bürgerhaus aus dem späten B 160, 1 R 19. Jahrhundert, von einem residenzartigen Vorgängerbau gibt es in Schramberg keine Hinweise. Überzeugend wirkt aber die Nähe zum kirchlichen Bezirk mit St.-Nikolaus-

1 Herrschaftsorte: ein Marktflecken und fünf Mühlegrabens oder Mühlbachs noch genauer. Er endet Dörfer gewissermaßen im Wasserhaus der gräflichen Mühle. Auf der anderen Schiltachseite steht noch die alte St.-Nikolaus- Schramberg Kirche (2), daneben der Neubau der Basilika St. Maria in Die vereinfachte, aber in ihren Strukturen realistische Süd-Nord-Richtung (1). Das Gebäude neben der mit (5) Darstellung des Marktfleckens und Hauptorts Schramberg bezeichneten, 1817 fertiggestellten Volksschule könnte die zeigt den Kern, aus dem heraus sich Schramberg erst im Lage der kurzzeitigen gräflichen Residenz auf der Beiller- Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einem mehr industriell ge- schen Karte wiedergeben. Das Schloss ist bereits der so- prägten Gemeinwesen entwickelt hat. Noch bäuerlich-hand- eben, 1843 fertiggestellte klassizistische Bau, der auch werklich strukturiert, besteht der Marktort im Wesentlichen heute das Schramberger Stadtbild prägt. aus einer Bebauung am Schlossberg/am Fuße des Schloss- bergs jenseits der Schiltach mit einem von der Kirche domi- Sulgen nierten Bezirk und aus der Vorderen Gasse (Hauptstraße) Mittelpunkt des Dorfs Sulgen war die St.-Laurentius- und der dem Betrachter zunächst liegenden Hinteren Gasse Kirche, umgeben von einigen Bauernhöfen und Taglöhner- (heute Marktstraße) Im Grunde zeigt sich Schramberg so, häusern. Dorfstruktur und Form des Kirchturms ähneln der wie es sich nach einer verheerenden Feuersbrunst 1716 – Darstellung Sulgens auf der Rottweiler Pürschgerichtskarte der Wiederaufbau folgte ohne Veränderungen im Straßenver- von 1564 (siehe Seite 7). lauf – den Zeitgenossen darstellte. Die Kirche besitzt einen Turmchor mit einem spätgoti- Der Mühlegraben wurde oberhalb des südlichen Endes schen Netzgewölbe. Ihr 1564 noch recht klein dargestelltes des alten Marktfleckens vom Fluss Schiltach, der bis zur Kirchenschiff wurde 1658 verlängert und erhöht und erst Einmündung des Lauterbachs als Berneckfluss oder Bern- 1826 durch ein neben den Turm gebautes Schiff mit einem eckbach bezeichnet wird, abgeleitet und trieb Wasserräder großzügigen, mit einer Apsis abgeschlossenen Chor erneu- in der gräflichen Mühle an. Ein weiterer Graben, der Ham- ert. So wird durch die Beillersche Karte in Verbindung mit mergraben, führte zur Schmelze, einem Eisenwerk, das noch anderen Darstellungen ein Blick auf die Baugeschichte die- bis ins 19. Jahrhundert bestand. So zeigt die Karte Spuren ser Kirche möglich. der Frühindustrialisierung in Schramberg. Bemerkenswert ist, dass die Grenze der Rottweiler Eine vergleichbare Karte, die der Pfarrer von Lauter- Freien Pürsch durch das Dorf Sulgen hindurch geht und die bach im Jahr 1845 vom Bauernberg, gegenüber dem Allmende (das Gemeindeland), die an die Kirche heranreicht, Schlossberg aus gesehen, zeichnete, zeigt den Verlauf des noch im Grenzbereich der Jurisdiktion Rottweils lag.

Plan von Schramberg, gezeichnet von Pfarrer Eduard Buhl in Lauterbach, 1845. Vorlage: Diözesanarchiv Rottenburg Bestand F IIa Schramberg, Faszikel Erledigung und Wiederbesetzung der Pfarrei IV

2 Mariazell Das Dorf bestand aus zwölf Urhöfen, einem Pfarrhof und einigen Taglöhnerhäusern. Sie gruppieren sich um die Kirche, die noch heute den Dorfmittelpunkt bildet. Zum Ver- gleich bietet sich die Zeichnung eines Schulinzipienten aus dem Jahr 1829 an: immer noch – und das sollte noch bis in die 1950er Jahre gelten – ist Mariazell bäuerlich geprägt, die unterschiedlich wohlhabenden Bauernhöfe und Taglöhner- häuser umgeben die Kirche. Noch heute liegt der Friedhof (ursprünglich als Freihof und damit gesonderter Rechtsbe- zirk hervorgehoben und abgegrenzt) um die St.-Markus-Kir- che herum.

Lauterbach Auch hier zeigt sich eine realistische, informative und gleichzeitig vereinfachende Darstellung. Auch die Lauter- bacher St.-Michaels-Kirche mit ihrem bis Ende des 19. Jahr- hunderts so erhaltenen Zwiebelturm steht in exponierter Lage auf einem Hügel und bildet den Mittelpunkt eines Dorfs, das sozial durch kleine Handwerker- und Taglöhner- häuser größtenteils im Dorf und durch wenige große Bauern- höfe, die nur teils in den Dorfetter hineinreichen, gekenn- zeichnet ist. Beiller hat dies durch unterschiedliche Größe der Häuser zweier Gebäudegruppen zumindest angedeutet. Die Kirche selbst war 1737 fertiggestellt worden, nach- dem der Vorgängerbau abgebrochen worden war. So zeigt die Beillersche Karte die erste Darstellung dieses Gotteshau- ses nach seinem Bau. Die Namen Lautterbach und Sultzbach weisen auf zwei unterschiedlich strukturierte Ortsteile hin. Sie waren in zwei Talschaften oder Bauernschaften organisiert. Sulzbach besteht im Wesentlichen aus Einzelhöfen, die bis heute das Seite aus dem Lagerbuch / Urbar des Rochus Merz von 1549 Bild des Tals bestimmen. mit der Erwähnung der beiden T(h)äler Laut(t)erbach und Sul(t)zbach. Tennenbronn Vorlage: Hauptstaatsarchiv Stuttgart H 180 Bd. 570 XVIII Auf den ersten Blick macht die Karte den Eindruck, als Rückseite würden die Territorialgrenzen der Herrschaft Schramberg die Gemarkung des Dorfs Tennenbronn (manchmal auch Then- nenbrunn oder Thennenbrunnen geschrieben) umschließen. nach dem Kirchenneubau seit 1739 mit einer eigenen Pfarr- In Wirklichkeit war das Dorf mit zwei ineinander verzahnten stelle besetzt worden war und sich von Sulgen gelöst hatte, Gemarkungen zwischen Württemberg und der Herrschaft wurden die Pfarrkinder von Heiligenbronn vorübergehend Schramberg geteilt. Zur Zeit der Beillerschen Karte war ein der Pfarrei zugeordnet, verlangten aber dann Streit um die hier abgebildete Tennenbronner Kirche längst wegen der besseren Wegeverhältnisse (einer Chaussee- ausgestanden. Es war darum gegangen, ob das katholische straße zwischen Oberndorf und Sulgen, die über Heiligen- Schramberg oder das evangelische/lutherische Württemberg bronn führte) wieder von Sulgen aus versorgt zu werden. die Pfarrstelle besetzen dürften. Letztlich hatte sich Würt- Die Karte zeigt deutlich die Randlage Heiligenbronns an der temberg, das die Schutzvogtei über das Kloster St. Georgen Grenze zum rottweilischen Seedorf, gibt aber über die Stra- ausübte und dies ausnutzte, um das Kloster der Reforma- ßenverbindungen kaum Auskunft. tion zu unterwerfen, durchgesetzt. Dies war aber nur mög- lich, weil dieses inzwischen württembergische Kloster das Patronatsrecht über die Pfarrei Tennenbronn und somit das Grenzen Recht der Ernennung und Einsetzung des Pfarrers, des Mes- ners und des Schulmeisters besaß. Die realistisch abgebildete evangelische Kirche mitten Trotz einer Steinsatzung zwischen Württemberg und im Dorf stand so bis zu einem Brand Ende des 19. Jahrhun- dem damaligen Herrn von Schramberg, Rochus Merz, im derts. Soeben (im Oktober 2003) feierte die evangelische Jahr 1558, waren nicht alle Grenzstreitigkeiten beseitigt und Gemeinde das 100-jährige Jubiläum des Neubaus von nicht alle Grenzverläufe geklärt. So blieben an manchen 1903. umstrittenen Stellen die Grenzsteine liegen. Die Rottenbur- ger Konferenz, Anlass für die Verfertigung dieser Karte, sollte Aichhalden und Heiligenbronn hier Klarheit schaffen. Der Weiler Heiligenbronn war kirchlich lange Zeit Sulgen Die rot verlaufende Grenze ist die schrambergische Ter- zugeordnet. In Höhe der heutigen Schwarzwaldstube, einer ritorialgrenze zu Württemberg, Fürstenberg und zur Reichs- inzwischen aufgegebenen Gaststätte, befand sich ein Kirch- stadt , die aber in den Bereichen, in die die Farbe hof mit der Oberen Kapelle, auf einem etwas sumpfigeren gelb in sie hineinreicht, strittig war. Gebiet unterhalb davon ein Wallfahrtskirchlein. Beide sind Dazu fällt noch auf, dass das schrambergische Territo- auf der Beillerschen Karte abgebildet. Nachdem die Pfarrei rium durch eine weitere gelbe Grenze, die nichts mit den Aichhalden mit der Kirche als beherrschendem Mittelpunkt württembergischen Ansprüchen zu tun hat, durchschnitten

3 Karte der Herrschaft Schramberg um 1750 von Anton Beiller

Vorlage: Hauptstaatsarchiv Stuttgart B 33 Bü. 102 a Nr. 70 Aufnahme: Hauptstaatsarchiv Stuttgart

4 5 wird. Es ist die Grenze der Rottweiler Freien Pürsch und des Eine Besonderheit: die Heiligenfabrik Rottweiler Pürschgerichts. Wie die Grenzsteine, mit denen Schramberg die Rottweiler – nicht immer unumstritten – ihren Pürsch- (gerichts)bezirk umgaben, aussahen, veranschaulicht wie- Nach dem Erwerb der Herrschaft Schramberg 1547 war derum ein Ausschnitt aus der Pürschgerichtskarte von 1564. Rochus Merz von Staffelfelden daran gegangen, die kirch- Umstritten zwischen Württemberg und Schramberg war liche Organisation in seiner neuen Herrschaft zu vereinheit- ein Wildhag auf dem Imbrand. Hier hatte die schrambergi- lichen. Bisher hatten Heiligenpfleger, die von den Bauern- sche Seite das ihr von Württemberg als Gewohnheitsrecht schaften der Pfarreien gewählt worden waren, das Vermö- zugestandene Recht, über die Territorialgrenzen hinweg ein gen einschließlich der Stiftungen der einzelnen Kirchen Stück weit in württembergisches Gebiet hinein zu jagen, dezentral verwaltet. Nun zog ein Gehilfe des neu ernannten etwas überstrapaziert und bis zu einem Karrenweg auf würt- Kastenvogts überall den Zehnten ein. Zu der Heiligenfabrik, tembergischem Gebiet die Landesgrenze vorgeschoben. später Kombinierte Kirchenstiftung genannt, gehörten auch Zudem hatte die schrambergische Seite ein Wildhag auf Wälder, vornehmlich der Heiligenwald auf Mariazeller Ge- dem umstrittenen Gebiet angebracht und so die Jagdmög- markung nahe der St.-Erhards-Kirche auf dem Hugswald lichkeiten der Gegenseite eingeschränkt. (Hauxwald). Diese Hugswaldkirche wurde von der zentralen Die gelb markierte Grenze mit den (kleineren) Güterstei- Heiligenfabrik derart vernachlässigt, dass sie 1811 auf den nen erkannte die Rottenburger Konferenz dann als Territori- Abbruch verkauft werden musste. Zu den bereits erwähnten algrenze an, doch durften die Schramberger bei der Jagd Kirchen war auch noch die Falkensteiner Kapelle grundsätz- über sie hinwegreiten. Umstritten war auch der Grenzverlauf lich von der Kombinierten Kirchenstiftung zu unterhalten. Die an der Rohrhalde zwischen Aichhalden und Schiltach. Hier Besoldung der Pfarrer und Mesner, der Bau und die Erhal- lagen bereits auf einer Beschreibung der Marckungen zwi- tung der Kirchen und Kapellen, aber auch der Friedhofsmau- schen Wirtemberg und der Herrschaft Schramberg von ern lag in der Verantwortung der Heiligenfabrik, über die der Johannes Oettinger 1609 sechs Steine an der Rohrhalde, da jeweilige Herr von Schramberg die Oberaufsicht hatte. Die sich schon um 1558 beide Seiten nicht über den Grenzver- Bauern und Taglöhner der gesamten Herrschaft mussten in lauf hatten einigen können (siehe Seite 8). Für schier endlose Form von Zugfronen und Handfronen zum Bau kirchlicher Streitereien sorgten der Verlauf von Grenzen und Nutzungs- Gebäude, auch zum Bau von Pfarrhäusern und zur Ausbes- rechten im Gebiet Hugswald/Wonnenberg, wo die Gemar- serung der Brücken und Stege, die zu diesen Gebäuden kungen von Mariazell (schrambergisch), Weiler und Burgberg führten, beitragen. Erst 1892 wurde diese Kombinierte Stif- (württembergisch) aufeinander stießen. Immer wieder ver- tung als Institution aufgelöst und ihr nicht unbeträchtliches suchten die Bürger der württembergischen Nachbargemein- Vermögen auf die einzelnen Pfarrgemeinden verteilt. Doch de Burgberg, ihre Holzrechte im Heiligenwald geltend zu Namen wie Heiligenwald bei Hardt, früher Gemarkung machen. 1743 sperrte die Heiligenfabrik Schramberg als Mariazell, an der Grenze zu Burgberg und Weiler (siehe Eigentümer des Walds den Zugang von Burgberg her mit oben) erinnern noch an diese besondere Institution. einem Hag ab. Auf der Rottenburger Konferenz konnte die württembergische Seite die Rechte Burgbergs durchsetzen. Dennoch kam es auch danach zu Konflikten in diesem sen- Literatur siblen Grenzgebiet, wo Burgberger und Weiler Allmende- rechte, die Weiderechte der Bauern auf dem Hugswald und Alfons Brauchle: Die Schramberger Heiligenfabrik. In: die ungeklärte Frage, ob Württemberg noch Teilverwaltungs- D’Kräz. Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raum- rechte über die Hugswaldkirche zu beanspruchen hatte, sich schaft Schramberg 3 (1983) S. 4ff. mit der Eigentümerschaft der zentralen Heiligenfabrik oder Günter Buchholz: Die Beschwerden der gemeinen Unterta- kombinierten Kirchenstiftung Schramberg (siehe unten) über- nen der Herrschaft Schramberg gegen Anna Merz. In: schnitten. D’Kräz. Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raum- Es fällt auf, dass in diesem Grenzgebiet die unumstrit- schaft Schramberg 19 (1999) S. 20ff. ten schrambergischen Gebiete als oberösterreichisch klassi- Günter Buchholz: Der Pürschgerichtskonflikt zwischen Rott- fiziert werden. Dies ist korrekt, da Schramberg seit 1583 zu weil und Schramberg (1769–1790). In: D’Kräz. Beiträge Österreich gehörte. 1648 erhielten die Freiherren, später zur Geschichte der Stadt und Raumschaft Schramberg Grafen von Bissingen die Herrschaft Schramberg zunächst 9 (1989) S. 31– 35. als Pfandherren, Ende des 17. Jahrhunderts als Lehen von Franz Flaig: Die Grenzsteine des Rochus Merz. In: D’Kräz. Österreich. Verwaltungsmäßig gehörte die Lehenbare Herr- Beiträge zur Geschichte der Stadt und Raumschaft schaft Schramberg mindestens bis 1752 zu Oberösterreich Schramberg 9 (1989) S. 25ff. mit Innsbruck als Hauptstadt. Dies hieß auch für die unzu- Die lateinischen Pfarrerchroniken von Schramberg friedenen schrambergischen Bauern, dass sie ihre 1675 –1734. Entziffert und ins Deutsche übersetzt von Beschwerden über gesteigerte Frondienste und übermäßige Prof. Dr. Dankwart Schmid. Sonderdruck der Stadt Abgaben bei der Regierung und Kammer in Innsbruck vor- Schramberg aus: Schriften des Vereins für Geschichte bringen mussten. Österreich als Landesherr hatte die Appel- und Naturgeschichte der Baar 43 (2000) S. 27 – 90. lationsgerichtsbarkeit, das Bergwerksregal und das Recht, Lothar Späth: Zur Geschichte der Schramberger Landkarten die Festung Hohenschramberg militärisch zu besetzen. Die des 16. und 18. Jahrhunderts. In: D’Kräz. Beiträge zur Freiherren von Bissingen waren Grund-, Leib- und Gerichts- Geschichte der Stadt und Raumschaft Schramberg 9 herren. Bei jeder Neuvergabe des Lehens versprachen sie (1989) S.19ff. dem Landesherrn, treu beim katholischen Glauben zu blei- ben. Territorialgrenzen waren somit auch Konfessionsgren- zen.

6 Ausschnitt aus der Rottweiler Pürschgerichtskarte des David Rötlin, 1564. Originalvorlage: Stadtmuseum Rottweil

7 Beschreibung der Markungen zwischen Württemberg und der Herrschaft Schramberg von Johannes Oettinger, 1609. Vorlage: Hauptstaatsarchiv Stutt- gart A 219 Bü. 823 Nr. 20

Verwendung im Unterricht

Die neuen Bildungsstandards verpflichten die Schule zen auch Konfessionsgrenzen waren. Die Lebenswelt der vor allem im Geschichtsunterricht zur Öffnung nach außen, Schülerinnen und Schüler, von denen viele in dieser Gegend zur Einbeziehung außerschulischer Lernorte und zur Anbin- aus entweder überwiegend katholisch oder überwiegend dung der Lerninhalte an die Lokal- und Regionalgeschichte. evangelisch-lutherisch geprägten Gemeinden kommen, wird Mit der Beillerschen Karte liegt eine lokal- und regional- selbstverständlich ebenso einbezogen wie weitere regional- geschichtliche Quelle vor, die sich wegen ihrer Anschaulich- geschichtliche Quellen zur Konfessionalisierung oder Auf- keit und wegen des Wiedererkennungswerts herausragender sätze, die in guten Heimatzeitschriften oder Chroniken meist Gebäude, vor allem Kirchen, und charakteristischer Land- zuverlässig und verständlich dargeboten werden. So kann schaftsmerkmale wie Flussläufe oder Wege hervorragend die Beillersche Karte Ausgangspunkt eigener Forschungen einsetzen lässt, um Schülerinnen und Schülern Vergleiche der Schülerinnen und Schüler sein, in deren Verlauf sie mög- mit ihrer heutigen Umgebung im entsprechenden, mittler- licherweise die Großeltern befragen, in Chroniken oder weile ganz anders strukturierten Wohnort zu ermöglichen. Archiven stöbern. Die genaue Zeichnung der Grenzsteine kann Schülerin- Hat man als Ziel formuliert, die Entwicklung der Karto- nen und Schüler möglicherweise schon im Heimat- und graphie anschaulich zu erarbeiten, bietet sich dafür ein Sachunterricht der Grundschule motivieren, diese Steine im fächerverbindendes Projekt Geschichte/Erdkunde an. Die Gelände tatsächlich aufzusuchen und dabei Erkenntnisse Beillersche Karte wird dabei als eine damals nicht zur Ver- über frühere Grenzverläufe und territoriale Veränderungen zu vielfältigung geeignete, aber dafür auch nicht vorgesehene gewinnen. So sind die alten, 1558 und kurz danach gesetz- kolorierte Federzeichnung herausgestellt werden, die zu ten Grenzsteine zwischen der Herrschaft Schramberg und einem ganz bestimmten Anlass, nämlich zur Bereinigung von Württemberg beim Langwieserhof bis hinauf zur Hutneck Grenzstreitigkeiten zwischen Württemberg und der Herr- (heute Fohrenbühl bis hinauf zum Gedächtnishaus) lückenlos schaft Schramberg, angefertigt wurde. am Wegrand zu finden. Sie wurden 1842 mit neuen Wappen Der Umgang mit Quellen durchzieht den gesamten versehen, da seit 1810 das bislang württembergische Gebiet Geschichtsunterricht. Am Beispiel der sehr anschaulichen, badisch geworden und die ehemals vorderösterreichische bildhaften, aber in ihrer Information reduzierten Karte können Herrschaft Schramberg zu Württemberg gekommen war. So wir den Informationsgehalt, den Interessenhintergrund und kann Territorialgeschichte vor Ort erlebt werden. die Zielsetzung, unter der diese Karte entstand, erarbeiten. Im Fächerverbund Geschichte/Religion/Ethik kann die Die Auswahl der Leitfragen sei dem Erkenntnisinteresse Beillersche Karte veranschaulichen, dass Herrschaftsgren- der Schulgemeinschaft überlassen.

8