Der Weg zur Schließung der Justizvollzugs- anstalt (vormals JVA IX)

Am 28. Februar 2005 teilte die Staatliche Pressestelle der Freien und Hansestadt mit, dass die Justizbehörde Hamburg die in den 1960er-Jahren errichtete Justizvollzugs- anstalt Vierlande (vormals JVA IX) schließen, die Gefange- nen in die JVA verlegen und das Gelände der KZ- Gedenkstätte Neuengamme überlassen werde.

Der Beschluss zur Verlegung der Justizvollzugsanstalt Vier- lande steht am Ende einer längeren Entwicklung: Im August 2004 war der Plan entstanden, die JVA Vierlande zu einer zentralen sozialtherapeutischen Anstalt umzubauen. Durch die Zusammenlegung der kleinen Sozialtherapeutischen Anstalten , und des Moritz-Liep- mann-Hauses könne, so der Justizsenator, jährlich ein Betrag von 700 000 Euro eingespart werden. Doch stellte sich heraus, dass allein der Umbau und die Sanierung des 1970 eröffneten Gebäudes der Justizvollzugsanstalt weit mehr als die bereits veranschlagten 5,85 Millionen Euro kosten würden.

KZ-Gedenkstätte Neuengamme | Reproduktion nicht gestattet 2 Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX) Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX) 3

Am 28. Oktober 2004 legte die GAL Hamburg (Bündnis 90/ Die Grünen) einen Alternativvorschlag vor: Die Justizvoll- zugsanstalt Vierlande solle geschlossen werden und die drei dezentralen sozialtherapeutischen Anstalten erhalten blei- ben. Damit könnten die notwendigen Einsparungen im Hamburger Strafvollzug realisiert werden.

Die Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande wurde bei diesem Vorschlag noch nicht mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme in Zusammenhang gebracht. Erst nachdem sich die Amicale Internationale KZ Neuengamme Ende 2004 unter Verweis auf die Lage dieses Gefängnisses mitten im Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers für den Abriss ausgesprochen hatte, geriet der Aspekt der histo- rischen Verantwortung verstärkt in die Diskussion. Die Ent- scheidung des Justizsenators fiel am Vortag eines Gesprächs der Vertreter der ehemaligen KZ-Häftlinge mit Hamburgs Erstem Bürgermeister, Ole von Beust.

Die Erweiterung der neuen Justizvollzugsanstalt Billwerder sowie der Umbau eines Teils der Strafvollzugsanstalten Fuhlsbüttel zur neuen Zentralstelle der sozialtherapeu- tischen Anstalten erfolgten weitgehend im Verlauf des Jah- res 2005. In der zweiten Februarwoche 2006 wurden die Gefangenen aus der Justizvollzugsanstalt Vierlande nach Billwerder verlegt. Das Gelände der Justizvollzugsanstalt Vierlande soll nach dem Abriss der Haftanstalt an die KZ- Gedenkstätte Neuengamme übergeben werden. 4 Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX)

Mitteilung der Staatlichen Presse- stelle der Freien und Hansestadt Hamburg zum Konzept der Verla- gerung der sozialtherapeutischen Anstalten in die Justizvollzugsan- stalt Vierlande vom 26. August 2004.

(PR HH)

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Presseinformation der GAL-Frak- tion in der Hamburgischen Bür- gerschaft vom 28. Oktober 2004. Die Abgeordneten fordern die Schließung der Justizvollzugsan- stalt Vierlande, um Kosten im Strafvollzug zu sparen und so den fortschrittlichen Strafvollzug der sozialtherapeutischen Anstalten zu erhalten.

(PR HH)

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„Hamburger Abendblatt“ vom 7. Dezember 2004. 12 Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX) Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX) 13 14 Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX)

In einem Antrag der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürger- schaft zur Rettung der sozialthe- rapeutischen Anstalten in Ham- burg vom 9. Dezember 2004 wurde gefordert, die Justizvoll- zugsanstalt Vierlande zu schlie- ßen. Das Gelände könne dann zur Erweiterung der Gedenkstätte genutzt werden.

(DOKRATES)

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Am 13. Dezember 2004 forderte die Amicale Internationale KZ Neuengamme (AIN) in einer Presseerklärung den Abriss der Justizvollzugsanstalt Vierlande. Vorausgegangen war ein Brief an Hamburgs Ersten Bürgermeister, Ole von Beust, vom 5. November 2004, in dem es hieß: „Überlegungen, die bisherige Justiz- vollzugsanstalt IX ohne dringende Not mit neuen sozialtherapeutischen Nutzungen [...] zu versehen, sind für uns nicht nachvollziehbar und wür- den bei zahlreichen Besuchern der Gedenkstätte aus ganz Europa auf Unverständnis stoßen. [Wir] finden es angebracht, dringend zu insistie- ren [...], die zweite Justizvollzugsan- stalt zu verlegen, damit das Gelände von fragwürdigen Nutzungen gänz- lich befreit wird.“

(AIN)

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Am 28. Februar 2005 teilte die Staatliche Pressestelle der Freien und Hansestadt Hamburg mit, dass die Justizbehörde die Justiz- vollzugsanstalt Vierlande schlie- ßen werde.

(PR HH)

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In einer Presseinformation stellte die GAL-Fraktion in der Hambur- gischen Bürgerschaft noch am selben Tag, dem 28. Februar 2005, fest, der Beschluss zur Schließung der Justizvollzugsan- stalt Vierlande sei eine nur den KZ-Überlebenden zu verdanken- de „erzwungene Umkehr“.

(PR HH)

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In der Presse wurde die Entschei- dung zur Schließung der Justiz- vollzugsanstalt Vierlande über- wiegend positiv kommentiert.

„die tageszeitung“ vom 1. März 2005.

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„Hamburger Abendblatt“ vom 1. März 2005. Anlässlich der geplanten Schlie- ßung der Justizvollzugsanstalt Vierlande berichteten einige Zei- tungen auch über die JVA Billwer- der, in die die Gefangenen verlegt werden sollten. Die JVA Billwerder verfügte zu diesem Zeitpunkt über 768 Plätze im geschlossenen Vollzug, 35 Plätze für Freigänger sowie 38 Arrest- und Sicherungshafträu- me. Die Anstalt ist von einer sechs Meter hohen Mauer umschlossen und stellt unter den Gesichtspunkten einer Resoziali- sierung und eines reformierten Strafvollzuges einen Rückschritt dar.

„Bild“ vom 1. März 2005.

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Dass das Gebäude der Justizvoll- zugsanstalt Vierlande nach der Schließung abgerissen werden sollte, stand zunächst noch nicht fest.

„Welt am Sonntag“ vom 6. März 2005. Der Weg zur Schließung der Justizvollzugsanstalt Vierlande (vormals JVA IX) 29