DaF-Szene

Rundbrief der Lektoren-Vereinigung Korea

Bildung in Korea

Nr. 18 November 2003

Inhaltsverzeichnis

Kai Köhler: Editorial ………. 5

“Bildung in Korea”

Michael Menke: Bildung in Korea - ein historischer Überblick ………. 6

Allgemeine Statistiken zur koreanischen Bildung ………. 13

Michael Menke: Kindergarten ………. 16

Kai Rohs: Grundschule ………. 17

Subin Kim: Eine koreanische Deutschlehrerin an der Oberschule ………. 19

Michael Menke: Oberschule – ein deutscher Lehrer ………. 22

Kai Rohs: Anmerkungen zum Phänomen des Hagwons ………. 25

Edeltrud Kim: Die studentische Perspektive: Aspekte des koreanischen Bildungssystems aus der Sicht koreanischer Studentinnen ………. 27

Jiyon Kim: Eine Welt im Osten von Deutschland - Schulerfahrungen in Deutschland und Ko- rea ………. 33

Armin Kohz: Deutsche Schule Seoul ………. 35

Frank Grünert: Geschichte und Aufgabe von EBS ………. 39

Klaus Polap: Das Suhaknûnglyôkshihom ………. 41

Edeltrud Kim: Das Grundstudium an koreanischen Universitäten ………. 44

Klaus Polap: Lokales Lehren, oder: Warum das koreanische Bildungssystem so ist wie es ist ………. 50 Erich Thaler: Leben und Studieren in Berlin - Warum sich koreanische Studentinnen und Studenten in der deutschen Hauptstadt so wohl fühlen ………. 55

Eine koreanische Universität im Wandel der Zeit: Die SNU – Lektoren berichten Georg Neumann 1963 – 1965 ………. 57 Hans Heinrich Rohrer 1987 – 1989 ………. 61 Frank Grünert 1996 – 2003 ………. 63

Konferenzberichte

Michael Menke: Übungstypologie, Symposium der KGDaF in Daejeon ………. 65

Gernot Haidorfer: Bericht über das 11. Sorak-Symposium 2003 ………. 66

Edeltrud Kim: Deutscher Literaturpreis für einen Roman aus Korea - 16. LiBeraturpeis für: Oh Jung-Hee „Vögel“ ( ) ………. 68

Hinweis zum Symposium der KGDaF im April 2004 ………. 74

Forum

Kurzvorstellungen:

Liane Garnatz, Informations- und Beratungszentrum des DAAD in Seoul ………. 76

Gerd Benke, Presse- und Kulturabteilung der Deutschen Botschaft Seoul ………. 76

Susanne Sermen: FTP, JMix und Mozilla ……… . 77

Kai Rohs: Unterrichtsvorschlag für die erste Deutschstunde ………. 78

Anne Gellert: Odyssee: Ein Internet-Suchspiel, auch für den Anfängerunterricht ………. 79

Michael Menke: Hinweis auf Foto-Website der LVK ………. 81

Holger Nord: LektorInnen in Südkorea – ein grobes Profil ………. 82

Armin Kohz: Rezension, Sigbert Latzel, Der ernste Mensch und das Ernste. Eine sprachbezogene Analyse ………. 89

Holger Nord: Rezension, Mattheus Wollert “Gleiche Wörter - Gleiche Welten. Interkulturelle Vermittlungsprobleme im Grundwortschatzbereich.“ ………. 90

zum Schluss:

Thomas Schwarz: DaF-Szene 19 mit Schwerpunkt zur koreanischen Literatur in deutscher Übersetzung ………. 93

Impressum ………. 94

Autorenverzeichnis ………. 95

Kontakte ………. 97

Editorial

Kai Köhler

„Bildung in Korea“ – diszipliniertes Auswendiglernen in riesigen Klassen, bis tief in die Nacht dann noch im Hagwon? Das Resultat dessen auf einfachen In- und Output program- mierte Wissensmaschinen, die bei jeder Idee zu innovativem Sprachunterricht fehlfunktionie- ren? Oder umgekehrt: das PISA-Paradies Korea, ein Schlaraffenland nicht nur für die Genie- ßer breiten Allgemeinwissen, sondern auch für die Fans komplizierter Transfer-Aufgaben? Die Schlaglichter, die unser Rundbrief Nr. 18 wirft, erlauben Blicke auf eine widersprüchli- chere Bildungslandschaft, damit hoffentlich auch ein besseres Verständnis der Lernkarrieren unserer Studierenden und so ihres gegenwärtigen Lernverhaltens. Erfahrungen prägen sowohl eine Gesellschaft als auch die Einzelnen; der erste Aspekt ist in einem Beitrag akzentuiert, der die Geschichte koreanischer Bildung wenigstens umreißt. Ausführlicher sind die gegenwärti- gen Institutionen dargestellt, in denen die Individuen lernten, was denn Lernen sei. Vom Kin- dergarten über Grundschule und Oberschule, möglicherweise über die Deutsche Schule, fast immer übers Hagwon und jedenfalls die universitäre Eingangsprüfung führt der Weg, an des- sen Rand vielleicht noch Bildungsfernsehen und -radio stehen, bis in unsere Unterrichtsräume. Alle diese Institutionen sind vorgestellt, teils aus den verschiedenen Perspektiven der Lehrer, der Schüler und nicht zuletzt der Eltern, von denen sich ja im Lektorenkreis auch einige fin- den. Das Resultat ist so widersprüchlich, wie es eine Gesellschaft im schnellen Wandel erwarten lässt. In Kindergärten und Grundschulen scheint eine Reformpädagogik erfolgreich, die frei- lich auf die Vermittlung umfangreichen Wissens nicht verzichten muss; im Oberschulbereich ist die Stoffmenge, die es zu lernen gilt, immerhin reduziert, aus unserer Perspektive leider zu Lasten der zweiten Fremdsprache. Doch steht den staatlichen Reformbemühungen vielleicht die Unvernunft überzogener privater Konkurrenz entgegen, die vor allem von Seiten der El- tern betrieben wird? Ermuntert nicht die staatliche Organisation des Universitätszugangs ge- radezu zu dieser Konkurrenz? Einmal an der Universität, treten die Studierenden in ein Bewertungssystem ein, das von au- ßen gar nicht leicht zu durchschauen ist. Zwar ist auf den ersten Blick erkennbar, dass zuletzt am besten A+ auf dem Notenbogen stehen soll und jedenfalls ein C als Ergebnis hartnäckigen Schweigens als unangemessen gilt. Wie über solch nachvollziehbare Interessen hinaus die Leistungsmessung funktioniert, ist in einem eigenen Beitrag erklärt – und in einem anderen die positiven Erfahrungen, die mit viel Glück die Studierenden im Land ihrer Zielsprache ma- chen können. Die Entwicklung der Lektorenarbeit ist anhand der National-Universität Seoul dargestellt, durch Erfahrungsbereichte aus den 60er und 80er Jahren sowie der Gegenwart. Wie stellt sich nun das Verhältnis von Beharrung und Reform in koreanischer Bildung dar? Der Überblick legt nahe, dass das alte Lernideal von der Aneignung vorgegebener Bildung in vielen Bereichen überdauert hat. Wer aus Europa einfliegt und in vielleicht nur einigen weni- gen Jahren des Aufenthalts hier die eigenen Vorstellungen rein verwirklicht sehen möchte, mag irgendwann mürrisch sich abwenden. Aber, erstens und allgemein, entwickelten sich ko- reanische Bildungsinstitutionen im vergangenen Jahrhundert um ein mehrfaches schneller als sich die europäische Universität im Verlauf der Neuzeit herausbildete. Zweitens ist die koreanische Bildungsgeschichte eine des Erfolgs; kaum je gab es eine 5 derart schnelle und effektive nachholende Industrialisierung. Der historische Blick, wie stets, relativiert. Wenn heute eifrig reformiert wird, manchmal allzu eifrig, wäre statt: „Jetzt erst?“ vielleicht zu fragen: „Schon?“

„Bildung in Korea“

Bildung in Korea - ein historischer Überblick

Michael Menke

1. Von den Anfängen bis zum Ende des Choson-Reichs

Der Anfang der Bildung in Korea war we- König Sejong beauftragte Gelehrte für die sentlich vom Einfluss Chinas bestimmt. koreanische Sprache eine eigene Schrift zu Korea fand zur Zeit der drei Königreiche schaffen. 1443 wurde , das korea- (Koguryo, Paekche und Shilla, 37 vor – nische Alphabet, vorgelegt, das leicht vari- 935 nach Chr.), aber natürlich auch später, iert bis heute verwendet wird. Nach Se- im mächtigen Nachbarland seinen wich- jongs Tod wurde Hangul jedoch vernach- tigsten Partner. Im Jahr 639 sollen etwa lässigt, zugunsten von Chinesisch. Korea- 8000 Koreaner nach zum Studium nische Texte bis zum Anfang des 20. Jahr- gesendet worden sein, um Wirtschaft, Poli- hunderts bezeichnen es teilweise abschät- tik und Kultur zu lernen. zig als „Frauenschrift“. In Koguryo, das an China grenzte, wurde Im Reich Koryo entstanden private Schu- 372 n. Chr. die Ausbildungsanstalt Taehak len, genannt Sodang, die auch für männli- gegründet. Taehak (verwandt mit dem che Schüler aus niedrigeren Schichten of- heutigen koreanischen Wort für Universi- fen waren. Im Kukjagam, einer höheren tät) war die höchste Bildungseinrichtung Schule für Kinder von Beamten wurde des Staates. Für das Reich Shilla wurde Chinesisch, Rechnen und Technik unter- 682 erstmalig eine Fremdsprachenschule richtet. Einen praktischen Nutzen als Aus- erwähnt. Eine Ausbildungsstätte namens bildungsstätte dürften diese Schulen jedoch Gukhak (Staatsschule) baute man nach nicht gehabt haben. Es galt das konfuziani- chinesischem Vorbild auf. Diese war der sche Prinzip, dass Bildung an sich den höchste Ausbildungsort, wo Begabte ge- Menschen tugendhaft und moralisch fördert wurden. Söhne aus der gesellschaft- macht, losgelöst von einem berufs- oder lich höheren Schicht lernten chinesische arbeitsbezogenen Nutzen. Schrift und Klassiker. 985 wurde das Staatsexamen Kwago ein- In den folgenden Reichen Koryo (918- geführt, die Beamtenprüfung nach chinesi- 1392) und Chosun (1392-1910) gab es In- schem Vorbild, die bis zum Ende der Cho- stitutionen für den Sprachunterricht und sun-Periode 1894 regelmäßig stattfand. Sprachprüfungen für Dolmetscher und Ü- Diese Einrichtung wurde 992 zu einer Art bersetzer in den Sprachen Chinesisch, Ja- Universität (Kukchagam) ausgebaut. panisch, Mandschurisch und Mongolisch. Sie diente allein der Beamtenausbildung.

6 Unter dem universitären Dach richtete man in heutiger Zeit. Nur die Quantitäten des sechs Schulen ein. Sie unterschieden sich Problems haben sich gewaltig verändert. in der Rangfolge und in den Lehrinhalten. Während das Shilla-Reich noch ganz das Die oberen drei Einrichtungen folgten der Geburtsprinzip als Auswahlkriterium für chinesischen Tradition, die klassischen hohe gesellschaftliche Positionen ange- konfuzianischen Texte lagen dem Lernen wandt hatte, begann sich im Koryo-Reich zugrunde. Die Differenz dieser drei Schu- der Beamtenstaat durchzusetzen. Es entwi- len bestand vornehmlich in den Zulas- ckelte sich, ähnlich wie in China, ein Stand sungsbedingungen. Eingang fanden die konfuzianisch gebildeter Beamten. Anders Studierenden hierarchisch gestuft nach als in China war in Korea der Zugang zu dem Status der Eltern. Für die niedrige den Bildungseinrichtungen und damit zu Aristokratie und die untere Beamtenschaft lukrativen Beamtenposten der sozialen standen die unteren drei Schulen der Uni- Oberschicht (Yangban) vorbehalten. Da- versität offen. Dies waren eine Schule für mit blieb auch die Feudalstaatlichkeit un- Recht, eine für Kalligraphie und eine Schu- angetastet. le für Rechnen. Zu diesen unteren drei Während der Yi-Dynastie (Choson-Reich, Schulen konnten auch begabte Nichtadeli- 1392-1910) setzte sich die Entwicklung ge zugelassen werden. In den folgenden des Schulsystems bruchlos fort. Der Staat Jahren fanden auch Astrologie und Medi- bekannte sich weltanschaulich ganz zum zin Eingang in die Universität. Konfuzianismus. Der Adel (Yangban) nahm zahlenmäßig zu, die Beamtenschaft Die Beamtenanwärter erfuhren eine rein wurde immer feiner hierarchisiert, was sich literarische Bildung, ganz im konfuziani- auch im nach wie vor auf die Ausbildung schen Stil. Es ging um das Lesen- und von Beamten konzentrierten Bildungssys- Schreibenkönnen auf hohem Niveau und tem niederschlug. um sichere Fähigkeiten der Interpretation Im Choson-Reich blieben die Sodangschu- und Kommentierung klassischer Schriften. len bestehen. Es waren Privatschulen, de- Die Kunst des Redens, die Rhetorik, gehör- ren Gründung frei war, die Trägerschaft ten nicht dazu. Folglich waren die Examen aber unterschiedlich: von Einzelpersonen auch nur schriftlich. Außer der literatur- bis zu dörflichen Kooperationen. Sie dien- historischen Qualifikation in den Beamten- ten ausdrücklich zur Vorbereitung auf die Examen mussten keinerlei fachliche Kom- Beamten-Laufbahn. Die Lehrinhalte blie- petenzen nachgewiesen werden. ben gleich: Konfuzianische Texte, chinesi- Die besten Absolventen der oberen "allge- sche und koreanische Klassiker und Kalli- meinbildenden" Schulen konnten sich der graphie. "königlichen Prüfung" für die höchsten Seit 1543 gab es einen neuen Typ höherer Stellen am Hof und in der Regierung un- Schule, genannt Sowon. Auch diese war terziehen. Der Bedarf an Nachwuchs war eine kostenpflichtige Privatschule, häufig hier aber sehr gering, die Konkurrenz muss mit einer konfuzianischen Gedenkstätte sehr scharf gewesen sein. Im Schnitt be- kombiniert. Etwa 100 dieser Schulen ent- standen nur etwa 14 männliche Bewerber standen im ganzen Land. Ihr Ansehen war pro Jahr. Vermutlich gehörten also hohe wohl recht hoch - einige bekamen sogar Lernanstrengungen und ein beachtlicher königliche Zuwendungen. Nach mehreren Konkurrenz- und Prüfungsdruck schon Jahren des Studiums konfuzianischer "immer" zum koreanischen Bildungssys- Schriften konnten die Teilnehmer sich zur tem - sind also wohl keine Neuerscheinung Vorprüfung des Beamten-Examens melden.

7 Von dem ersten Lehrer der deutschen Hilfe benutzt wurde. Sobald die Aufgabe in Sprachenschule in Seoul, Johannes Boll- poetischer oder konversationeller Form - jahn, liegt aus der Zeit kurz vor der Jahr- je nach Vorschrift - bearbeitet war, setzte hundertwende eine anschauliche Beschrei- jeder Examinand seinen Namen und den bung einer solchen Kwago-Prüfung in Se- Stand des Vaters oder Adoptivvaters dar- oul vor: unter, rollte das Papier zusammen, wickel- te einen Faden herum und dann wurde "Wie heute noch in China, so fand auch bis diese Rolle durch eine kleine Öffnung in zum Beginn des japanisch-chinesischen den Palastgarten gleichsam hineinge- Krieges alle Jahre in Söul ein großes Ex- schossen, so schon eine Anzahl Kulis ihrer amen, Kwagga genannt, statt, wozu Schü- warteten, um sie aufzusammeln und den ler aus allen Teilen des Landes herbei- Korrektoren zu überbringen. Es wird be- strömten. Das war ein Leben und Treiben hauptet, daß Seine Majestät sämtliche Ar- in der Hauptstadt. Tausende von Scholaren beiten selbst durchzusehen pflegte. Sobald wanderten am festgesetzten Tage schon in die Korrektur beendet war, wurden die aller Frühe mit Papier, Schreibmaterial Namen der Bestandenen mit Hinzufügung und mit der hohen, schwarz gefärbten Prü- des erreichten Grades, deren es zwei, einen fungskappe in der Tasche nach dem Pa- ersten Grad: "Kupja" und einen zweiten: laste; denn dort, hinter dem königlichen "Jinssa" gab, öffentlich bekannt gemacht. Garten, auf einem großen Platze wurde Die Diplomverteilung übernahm der König das Examen abgehalten. Das betreffende selbst. In seidener Amtstracht begab sich Thema wurde von Sr. Majestät bestimmt; der glückliche Kandidat, dem jetzt der Weg der König erschien gewöhnlich selbst, - zu den höchsten Staatsämtern offen stand, freilich oft erst, nachdem die Kandidaten, nach dem königlichen Palaste." darunter häufig schon recht bejahrte Her- (Johannes Bolljahn, Das koreanische ren, drei oder vier Stunden geduldig ge- Schulwesen) wartet hatten, - um es zu verkünden. Auf einer mächtigen Papierrolle, die so hoch Für die Yangban-Schicht war der einzig gezogen wurde, daß jeder sie sehen konnte, akzeptable Beruf der, ein staatliches Amt stand das Thema groß und deutlich aufge- einzunehmen. Ihre "literarische Allge- schrieben. Ehrfurchtsvoll wurde es kopiert, meinbildung" war die "Berufsbildung" der und dann verschwand der Kandidat mit sozialen Oberschicht. Nun entwickelte sich noch neun seiner Genossen unter einem im Laufe der Jahrhunderte natürlich ein mächtigen Schirme, der mit seinem Tuch zunehmender Bedarf an Fachkräften: Me- vorhange ein richtiges Zelt bildete. Solche diziner, Übersetzer, Astronomen und Me- Zelte waren oft hunderte da. Auf einer Pa- teorologen, Buchhalter, Experten für Ge- pierlaterne, die an einer bei jedem Zelte setze und auch Handwerker. Es entstand befindlichen Bambusstange hochgezogen eine mittlere soziale Schicht (Chungin), die wurde, stand ein gewisses chinesisches dafür vorgesehene Ausbildungseinrichtun- Zeichen, wodurch die Zeltinsassen von gen besuchte, für die sich die Yangban ihren Bekannten und Angehörigen, die aber ebenso wenig interessierten wie für etwa zum Besuche kamen, erkannt werden Landwirtschaft und Handel. konnten. Es ging überhaupt bei diesem Der seit 1919 in Deutschland lebende und Kwagga ziemlich ungezwungen und lustig auf Deutsch schreibende koreanische Autor her; auch an musikalischen Unterhaltun- Mirok Li beschreibt seine Jugend in Korea gen fehlte es nicht. Der Form halber waren zu Beginn des 20sten Jahrhunderts. wohl Inspektoren und Aufseher da; diese In seinem Buch „Der Yalu fließt“ findet verfuhren aber nicht besonders strenge; sich die Schilderung eines Ge- denn es geschah nicht selten, daß fremde sell- 8 schaftsspiels, das der Vater mit Mirok, Haus kommen ließ und eine Art Hausschu- seinem Bruder Suam und dem Vetter le im Außenhof eröffnete, zu der auch die Siebengestirn spielt: Kinder der befreundeten Familien eingela- den wurden. Es kamen über dreißig Jungen "Vater rief uns eines Abends, als kein Be- und ein Mädchen. Wir ... sollten von nun such da war, zu sich und zeigte uns ein an jeden Morgen ... und den ganzen Tag merkwürdiges Spiel. Auf einem steifen Pa- unter der Aufsicht des Lehrers lesen und pierbogen waren alle Bezeichnungen der schreiben. Uns gefiel dieses neue Leben Beamten vom höchsten bis zum niedrigsten nicht, weil wir bis zum Abend stillsitzen Range eingetragen. Wir sollten unsere und lernen mußten. Laufbahn an der untersten Stufe anfangen, (Mirok Li, S. 19) und wer zu erst den Rang eines Senators erreicht hatte, hatte das Spiel gewonnen. Vater nahm ein Buch und schlug es an ei- ner beliebigen Stelle auf. Das erste Wort der jeweils folgenden Seite wurde als Reimwort gewählt und jeder von uns mußte nun irgendein Gedicht der klassischen Dichter hersagen, welches mit diesen Wor- ten endete. Wer das konnte, durfte seine Laufbahn beginnen. Das erste Wort, wel- ches Siebengestirn traf, lautete "Beherr- scher". Er schwieg lange, denn er wußte kein Gedicht, das so endete. Dann kam Da es üblich war, die Jungen der Bauern Suam an die Reihe; sein Reimwort hieß zur Feldarbeit heranzuziehen, war der "Frühling", ein Universalreimwort, um das Schulbesuch häufig nur im Winter möglich. wir den glücklichen Suam beneideten. Eine Einteilung in Jahrgangsklassen war Nach einigem Stottern sagte er: "Am Weg auch noch nicht üblich, das Alter der Schü- nistete der Frühling." "Gut", sagte der ler schwankte zwischen 6 und 25 Jahren. Vater und versetzte ihn in den Rang eines Auf einen Lehrer entfielen 30 bis 70 Schü- Literaturbeamten." ler, wobei die fortgeschrittenen Teilnehmer (Mirok Li, Der Yalu fließt, 1983, S. 40 f.) auch eingesetzt wurden, ihr Wissen an die

Anfänger weiter zugeben. Einheitliche Bis zum Ende des Choson-Reiches gab es Lehrbücher gab es noch nicht, die Schul- in Korea kein geregeltes Schulwesen. Die zucht war streng. Ein bestimmter Ab- Einrichtung und Unterhaltung der Schulen schluss war an diesen niederen Schulen in den kleineren Städten und Dorfgemein- nicht vorgesehen. Wenn man glaubte, ge- den war den Eltern ohne Auflagen oder nug gelernt zu haben, verließ man ohne staatlichen Zwang überlassen. Die Entloh- jede Formalität die Schule. nung der Lehrer geschah durch Naturalien, Mit untergeschlagenen Beinen sitzen die die von den Eltern aufgebracht werden verschiedenalterigen Jungen dicht zusam- mussten. Die Bildungseinrichtungen stan- mengedrängt auf dem Boden, und jeder den nur Jungen offen. Mädchen hatten schreit in monotoner Weise aus dem vor- durch alle Schichten hindurch zu Hause zu liegenden Textbuche das Einstudierte so bleiben und lernten dort die für ihre Funk- laut, wie er kann. Der Herr Lehrer, der ... tionen notwendigen Fertigkeiten. schon ziemlich bejahrt ist, sieht zwar in

seiner schwarzen Amtskappe und Eine große Wendung trat in unserem Le- ben ein, als mein Vater einen Lehrer ins 9 der mächtigen Hornbrille auf der Nase und chergasse liegen und viele glänzende Glas- einer dünnen Ruthe in der Hand sehr ehr- fenster haben, Was in dieser Schule gelehrt würdig und schulmeisterlich aus, aber um wurde, schien höchst seltsam zu sein. Es seine Zöglinge kümmert er sich recht we- hieß, die Kinder würden dort weder in den nig. Er raucht gemächlich seine Pfeife und Klassikern noch im Schönschreiben, noch denkt an alles andere, nur nicht an den in der Dichtung unterrichtet, sondern in Unterricht. ganz neuartigen Wissenschaften, die man (J. Paske, Das Koreanische Schulwesen, von einem neuen Erdteil eingeführt habe, S. 66) den man ‚Westlich des Ozeans’ oder ‚Eu- ropa’ nannte. Wo dieser Erdteil wirklich Die koreanische Regierung stand bis zum lag und was seine Wissenschaften waren, Beginn des 20. Jahrhunderts dem Aufbau wußte man nicht genau. ... Alle fürchteten eines Schulwesens (abgesehen von der aber, dass die Kinder in dieser Anstalt Beamtenausbildung) teilnahmslos gegen- verdorben würden, weil sie eben keine über. Klassiker lernten. (Mirok Li, S. 71)

Eine allgemeine Erziehung (nur für männ- liche Schüler) begann 1894 mit der Re- formbewegung Gapo Kyungchang. Die Regierung richtete Volksschulen ein, neun davon in Seoul, 21 auf dem Land. Der Un- terricht war auf drei Jahre angelegt, das erste Unterrichtsmaterial befasste sich tra- ditionell mit chinesischen Schriftzeichen. Es gab danach die Möglichkeit, weitere Die unruhige politische Geschichte der drei Jahre an einer Mittelschule weiterzu- Folgezeit wirkte sich spürbar auf das Bil- lernen, auch hier die Fächer Lesen, Schrei- dungssystem aus. In der Zeit von 1880 bis ben, Rechnen und Turnen. Ein Lehrerse- 1910 zeigte sich der westlich-christliche minar bestand seit 1897, die Leitung hatte Einfluss auf die Bildung in Korea. Schulen ein Amerikaner, der koreanisch sprach. nach westlichem (amerikanischem oder europäischem Vorbild) wurden von Missi- Die Regierung, der leider die Mittel fehlen, onaren gegründet, etwa die Ehwa- um hier gründlichen Wandel zu schaffen, Mädchenschule 1886, aus der dann später hat einen schwachen Versuch zur Hebung eine Universität hervorging, oder der Vor- des Volksschulwesens gemacht, indem sie läufer der Yonsei-Universität. Allein 1904 in verschiedenen Teilen Söuls neun Ele- wurden 1402 Privatschulen gegründet, da- mentarschulen errichten ließ, worin über von waren 801 Einrichtungen der Missi- 800 Knaben von Lehrern unterrichtet wer- onsgesellschaften. den, die ihre Ausbildung auf dem Lehrer- seminar empfangen haben. Jeder Lehrer Von dieser sogenannten neuen Schule hatte hat etwa 30 Schüler in seiner Klasse. Un- ich schon früher oft gehört und seit dem terrichtsmethode und Disziplin lassen hier vorigen Herbst hatten auch meine Eltern auch noch viel zu wünschen übrig. (Boll- ab und zu davon gesprochen. Diese merk- jahn, Das Schulwesen in Korea) würdige Anstalt, die erst vor einigen Jah- 1895 erließ die Regierung Bestimmungen ren gegründet worden war, sollte im Nor- für die Fremdsprachenschulen, die den der Stadt, in der Nähe der Tuchma- 10 festlegten, dass Schüler zwischen 15 und len für Chinesisch, Japanisch, Englisch, 23 Jah- Französisch, Deutsch und Russisch. Aus- ren diese besuchen konnten. Diese Fremd- ländische Lehrkräfte wurden eingestellt, sprachenschule hatten eine Ausbildungs- für die deutsche Schule der oben zitierte dauer, differierend nach Sprachen, zwi- Johannes Bolljahn. schen 3 und 6 Jahren. Es gab solche Schu-

2. Japanische Besetzung

1910 wurde Korea von annektiert. enge Kontakte zum Deutschen Reich spie- Unter der japanischen Besetzung wurden gelten sich auch im Bildungswesen wider. die Fremdsprachen in normale Schulen An der Staatlichen Universität Seoul wurde integriert, das gesamte staatliche Schulwe- 1926 Deutsch in den Geisteswissenschaf- sen nach japanischem Modell umgebaut. ten Pflichtfach, an der medizinischen Ab- Japan wiederum hatte sein Schulmodell teilung 1931, Englisch wurde zweitrangig. nach preußischem Vorbild gestaltet, was 1938 wurden die koreanische Sprache und sich heute noch deutlich an den japani- die Fremdsprachen (außer Japanisch und schen Schuluniformen erkennen lässt. Ja- Deutsch) im Unterricht abgeschafft. Die panisch war an allen Schulen Pflichtfach, noch verbliebenen Missionare, die bislang das Oberschulensystem bot den gesamten an Privatschulen auch Koreanisch unter- üblichen Fächerkanon an, meist war eine richteten, mussten das Land verlassen. zusätzliche Fremdsprache wählbar.

3. Südkorea

In einer kurzen Periode der Nachkriegszeit und der Zeit des Koreakrieges übte die Als in den 60er Jahren koreanische Berg- Besatzungsmacht USA auf Südkorea direk- arbeiter nach Deutschland ins Ruhrgebiet ten Einfluss aus. Nach 1953 folgten die oder ins Saarland gingen, waren nicht alle Jahre, in denen Südkorea die Verantwor- gelernte Bergleute, sondern etliche Studen- tung für sein Bildungssystem übernahm ten oder ehemalige Angestellte. Das lag und versuchte, zwischen Tradition und daran, dass sich die damalige Militärre- "Moderne" ein effizientes Bildungs- und gierung nicht blamieren wollte und die Ausbildungssystem zu entwickeln. vielen Bewerber strengen Prüfungen in Allgemeinwissen unterzog,. So kam es, Der allgemeine Ausbildungsstand in Korea dass die ersten 180 koreanischen Ver- ist heute als sehr hoch anzusehen. Die An- tragsarbeiter, die 1963 unter Tage in Cast- alphabetenquote liegt unter einem Prozent. rop-Rauxel, Aachen und Duisburg ihre Es gibt 1254 Oberschulen und 741 Fach- erste Schicht fuhren, zu einem Gutteil Aka- Oberschulen mit zusammen etwa 1.8 Mil- demiker waren. lionen Schülern, fast 500 Fachhochschulen (Christian Schnitzler in der F.A.Z. vom und Universitäten mit 3,3 Millionen Stu- 20.03.02) denten.

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4. Nordkorea

Die Situation in Nordkorea ist, wie das ganze Land, ziemlich rätselhaft. Von offi- zieller Seite gibt es lediglich propaganda- gefärbte Informationen und Absichtserklä- rungen, wie die folgende:

Elf Jahre Schulausbildung sind kostenfrei und verbindlich. Hierzu gehören ein Jahr Vorschule, vier Jahre Grundschule und sechs Jahre weiterführende Schule. Der Besuch von Kinderkrippen und Kindergär- ten ist kostenlos. Plätze zur Kinderbetreu- Es besteht ein Lehrstuhl für Germanistik an ung stehen in ausreichender Anzahl zur der Kim-Il-Sung-Universität (ca. 60 Stu- Verfügung. denten), auch an der Fremdsprachenschule In der KDVR entstanden seit der Grün- in Pjöngjang wird Deutsch unterrichtet. dung über 200 Universitäten und Hoch- Seit Aufnahme diplomatischer Beziehun- schulen, mehr als 4 000 Ober- und Fach- gen hat sich der Kulturaustausch (Konzerte, schulen sowie fast 5 000 Grundschulen. Austausch von Wissenschaftlern, Sportlern Die bekannteste Bildungseinrichtung ist und Künstlern) intensiviert. Seit Januar die Kim-Il-Sung-Universität in Pyongyang, 2002 lehrt eine Lektorin des Deutschen die 1946 gegründet wurde. Vorher existier- Akademischen Austauschdiensts (DAAD) ten in Korea keine Universität und Hoch- an der Kim-Il-Sung-Universität in Pjöng- schulen. jang. Alle Bildungseinrichtungen der KDVR Das Goethe Institut Inter Nationes e.V. hat arbeiten nach einem zentralen Bildungs- mit dem „Nordkoreanischen Komitee für system. Die Ausbildung ist modern und den kulturellen Austausch mit dem Aus- wird entsprechend den technisch- land“ eine Vereinbarung über die Einric h- technologischen Erfordernissen mit einem tung eines deutschen Lesesaales in Pjöng- hohen wissenschaftlichen Standard durch- jang abgeschlossen (ca. 8000 Bände). Der geführt. Lesesaal soll Ende 2003/Anfang 2004 er- öffnet werden.

4. Fazit

Das konfuzianische Bildungsideal wirkt bis gleichzeitiger Geringschätzung einer „n ütz- in die heutige Zeit nach. Spürbar sind die lichen“ Berufsausbildung. Die Länge des Nachwirkungen z. B. auch beim Lehrer- Bildungsweges, die Höhe des Examens Schüler-Verhältnis, bei der Belastbarkeit und der Ruf der Universität entscheiden der Schüler bis zur Leidensgrenze, bei der auch heute noch über die Karrierechancen Buchorientierung, bei dem Streben nach im Staat und dazu auch noch in den füh- Widerspruchsfreiheit und Harmonie im renden Unternehmen der Wirtschaft. Unterricht, bei der ungebrochenen Wert- schätzung der Allgemeinbildung bei

12 Quellen: Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland, Website Ulrich Ammon, Chong Si-Ho (Hg.), Die deutsche Sprache in Korea, München 2003 Radio Korea International , Korea in Zahlen - eine wöchentliche Rubrik in der Magazinsen- dung "Kreuz und quer durch Korea" Eberhard Schönfeld, Das Edle ist kein Instrument, Korea, Beispiel für eine Bildungsmeri- tokratie, Kassel 1996 Li Mirok, Der Yalu fließt, Seoul 1983 Christian Schnitzler in der F.A.Z. vom 20.03.02 Die Texte von Johannes Bolljahn „Das Schulwesen in Korea“ aus Zeitschrift für Philosophie und Pädagogik 6 (1899) S. 125 – 127, Abhandlungen. Das koreanische Schulwesen, in Deutsche Zeitschrift für Ausländisches Schulwesen, Heft 3, April 1900, und Das koreanische Schulwesen von J. Paske, aus der Zeitschrift Der ferne Osten, Bd. 3 (1903) erhielt ich aus dem Archiv von Alexander Kneider, Seoul.

Zahlen zu Ausbildungsstätten und Schülern bzw. Studenten

Die folgenden Angaben stammen von der Statistik-Website des koreanischen Erziehungsmi- nisteriums http://std.kedi.re.kr/ Anzahl der Ausbildungsstätten Number of Schools Classification Total National Public Private Grand Total 19,124(927) 103(151) 12,807(13) 6,214(763) Kindergarten 8,343 3 4,237 4,103 Elemen- Total 5,385 17 5,291 77 tary Elementary School 5,384 17 5,291 76 School Civic School 1 - - 1 Course Total 2,824 10 2,131 683 Middle Middle School 2,809 9 2,129 671 School Civic High School 4 - 1 3 Course Miscellaneous School 11 1 1 9

Total 2,060 17 1,093 950 General High School 1,254 12 621 621 High Vocational High School 741 5 425 311 School Air & Corr. High School 39 - 39 - Course Trade High School 15 - - 15 Miscellaneous School 11 - 8 3 Special School 136 5 44 87 Junior Total 160 7 9 144 College Junior College 159 7 9 143 Course Miscellaneous School 1 - - 1 Total 198 44 2 152 University 163 24 2 137 Under- Univ. of Education 11 11 - - graduate Industrial University 19 8 - 11 Course Technical College 1 - - 1 Air & Corr. University 1 1 - - Miscellaneous School 3 - - 3 Total 18(927) (151) (13) 18(763) Independent Graduate School 18 - - 18 Graduate School (927) (151) (13) (763)

Anzahl der Schüler und Studenten Number of Students Classification Total National Public Private 11,953,17 6,545,18 Grand Total 970,687 4,437,312 9 0 Kindergarten 550,256 267 119,301 430,688 4,076,28 Total 4,138,511 11,070 51,155 Elementa- 6 ry 4,076,28 School Elementary School 4,138,366 11,070 51,010 6 Course Civic School 145 - - 145 1,447,67 Total 1,845,672 6,948 391,054 0 Middle 1,447,51 School Middle School 1,841,030 6,648 386,868 4 Course Civic High School 156 - 15 141 Miscellaneous School 4,486 300 141 4,045 Total 1,817,840 16,298 844,696 956,846 General High School 1,220,146 9,705 547,355 663,086 High Vocational High School 575,363 6,593 281,035 287,735 School Course Air & Corr. High School 13,799 - 13,799 - Trade High School 4,911 - - 4,911 Miscellaneous School 3,621 - 2,507 1,114 Special School 23,453 1,218 8,864 13,371 Junior Total 963,509 14,225 24,620 924,664 College Junior College 963,129 14,225 24,620 924,284 Course Miscellaneous School 380 - - 380 Total 2,351,071 843,420 20,399 1,487,252 University 1,771,738 366,900 20,399 1,384,439 Under- Univ. of Education 23,259 23,259 - - graduate Industrial University 187,040 85,956 - 101,084 Course Technical College 200 - - 200 Air & Corr. University 367,305 367,305 - - Miscellaneous School 1,529 - - 1,529 Total 262,867 77,241 3,344 182,282 Graduate Independent Graduate School 2,511 - - 2,511 School Graduate School 260,356 77,241 3,344 179,771

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Lehrbuch (180 Seiten), 15.000 Won [+ Cassette und Lehrerhandbuch]

Ein kulturkontrastives Lehrwerk, das von den Lektoren des DAAD und einem koreanischen Kollegen in Südkorea entwickelt wurde. 12 Lektionen behandeln den Alltag der deutschen und der koreanischen Kultur im Vergleich.

D-Link richtet sich speziell an koreanische Studenten, die bereits Grundkennt- nisse der deutschen Grammatik mitbringen.

Benedict Press http://www.bundobook.co.kr/

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Kindergarten

Michael Menke

Das koreanische Wort für Kindergarten ist Etwa eine halbe Million Kinder in Korea „Juchiwon„, man trifft aber auch inzw i- besuchen einen Kindergarten, das ist rela- schen oft auf die deutsch-englische Version tiv wenig, gerade ein Viertel aller Knirpse „Kindergarten„. in diesem Alter. In Deutschland liegt die Es gibt viele Kinder in Korea, das steht Vergleichsrate bei ca. 80 Prozent. Das liegt fest. Mein erster Eindruck, als ich in dieses zum einen daran, dass es in Korea noch Land kam, war der, dass das Straßenbild relativ viele intakte Großfamilien gibt, in viel mehr von sehr jungen als von alten denen sich der Nachwuchs aufhalten kann, Leuten geprägt war. Vor einigen Jahren besonders in den ländlichen Regionen. Es mag das auch noch der Realität entspro- liegt aber auch daran, dass der Besuch ei- chen haben, mittlerweile aber fängt die nes Kindergartens Geld kostet, in Seoul Geburtenrate die Sterberate nicht mehr auf. sind das als Grundgebühr 150.000 – Korea teilt das Schicksal wohlhabender 200.000 pro Monat, und nach oben hin Industrieländer: die Bevölkerung wächst sind kaum Grenzen gesetzt, je nach Aus- nicht mehr. stattung und Angebot, besonders der priva- Es gibt auch viele Kindergärten in Korea, ten Kindergärten. Neben „normalen„ Ki n- im letzten Jahr waren es 8343. An jeder dergärten existieren seit einigen Jahren Ecke sieht man bunte Fenster in Häusern auch etliche alternative Projekte, z.B. Mon- oder Spielgeräte in kleinen Gärten oder auf tessori-Einrichtungen etc. Ein Kindergar- Flachdächern. Das Platzproblem, das noto- ten, der etwas auf sein Prestige hält, bringt risch für die koreanischen Städte ist, macht und holt die Kinder mit eigenen Bussen ab. vor den Kindergärten nicht Halt. So sind Durch all diese Kostenfaktoren sank die diese Einrichtungen meist in Geschäftshäu- Belegungsrate z.B. in den Jahren der jüngs- sern oder Wohngebäuden untergebracht, ten Wirtschaftskrise (hierzulande auch ein- selten hat mal ein Kindergarten ein Haus fach „IMF„ genannt) deutlich und ist heute für sich, und dann ist es sicher ein privater, noch nicht wieder auf dem Stand von 1995. der bestimmt auch teurer ist. Das mag unproblematisch klingen, ist es Die meisten Kindergärten sind privat. Sie aber nicht, da die Erziehung in koreani- werden geführt, um einen wirtschaftlichen schen Kindergärten klar auf die folgende Gewinn zu erzielen. Das Angebot reicht Grundschule hinzielt. So lernen Kinder von einfacher Spielbetreuung und – beispielsweise bereits im Vorschulalter die anleitung bis hin zum Computer- und Eng- Grundzüge von Lesen, Schreiben und lischunterricht, der teilweise von Mutter- Rechnen, und haben sie keinen Kindergar- sprachlern abgehalten wird. Taekwondo ist ten besucht, dann sind sie in der Schule scheinbar obligatorisch. Im Curriculum des deutlich benachteiligt. Es gibt Pläne, be- Erziehungsministeriums werden die Ziele sonders einkommensschwachen Familien wie folgt beschrieben: Gesundheit, soziales die Gebühren zu erlassen. Deren Umset- Verhalten, Ausdrucksfähigkeit, Sprachfä- zung hängt aber immer von vorhandenen higkeit und Lernwillen. Die Erzieherinnen oder nicht vorhandenen Mitteln ab. (zu 98 Prozent sind es Frauen) haben eine Der Bildungsanspruch, der also auch be- universitäre Ausbildung und werden mit reits das Vorschulalter umschließt, führt „Lehrer“ angesprochen. dazu, dass auch das gesamte 16 Erscheinungsbild der Kindergärten etwas Kindergärten in Korea sind durchaus kore- schulisch wirkt. So gibt es Kindergarten- anisch. Mein Sohn kam, als er noch eine uniformen, an manchen Einrichtungen so- solche Einrichtung in unserer Nachbar- gar „Graduationsfeiern„, wo dann die „M i- schaft besuchte, des Öfteren mit einer ni-Doktoren„ in Anwesenheit der sto lzen selbstgemalten koreanischen Flagge nach Eltern geehrt werden. Haus, und niemand störte sich daran, dass er eigentlich eine andere Nationalität hat. Und auch die Elternabende, an denen die Kinder Spiele und Musik aufführen, sind besonders von traditioneller koreanischer Musik, Trommeln und Theater um Legen- dengestalten geprägt. Den Kindern scheint es jedenfalls Spaß zu machen, und auch meinen Sohn konnte ich um 14 Uhr, wenn der Kindergarten zu Ende war, nur schwer herausholen. Allerdings kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass Spiel und Spaß natürlich das Hauptelement sind.

Die Grundschule in Korea

Kai Rohs

Es ist Montagmorgen. Die Grundschüler In der Grundschule werden die Erstklässler versammeln sich auf dem Hof der regulä- behutsam an den Unterricht herangeführt. ren koreanischen G-Grundschule in Seoul. Bezeichnend dafür ist, dass die Erstklässler Die Nationalhymne erklingt, dann folgt die in den ersten beiden Wochen erst morgens Schulhymne – im Anschluss daran hält der um zehn zum Unterricht erscheinen müs- Schuldirektor seine allwöchentliche Rede sen und lediglich zwei Schulstunden ha- zur geistigen Erquickung der auf dem ben, bis sie nach etwa fünf Wochen dann Schulhof versammelten Grundschüler. die gewöhnlichen vier Unterrichtstunden Nach diesem Ritual begeben sich die Schü- absolvieren. In den ersten beiden Schuljah- ler in ihre jeweiligen Klassenzimmer, in ren steht das Malen im Mittelpunkt. Der Erwartung des Erscheinens ihrer Klassen- Lehrer gibt den Schülern ein Thema, z.B. lehrerin oder auch des Klassenlehrers. Be- “Weltraum”, “Familienausflug” oder “Fe- grüßt wird diese Person bei Betreten des rien”, welches die Schüler ohne weitere Klassenraumes von beiden Klassenspre- Vorgaben in eine Zeichnung umsetzen chern – der eine ist der Vertreter der Jun- müssen. Die besten Bilder werden belohnt. gen, die andere ist die Vertreterin der Mäd- Einen Schatten auf diese recht kreative chen. Nun kann der Unterricht beginnen … Übungsform wirft jedoch die Tatsache, . dass viele Eltern, um ihren Kindern

17 möglichst viele Auszeichnungen bei den ren eines Roboters) oder auch koreanische schulischen Malübungen zu sichern, ihre traditionelle Spiele. Sprösslinge in privaten Malinstituten ei- Zum Abschluss eines jeden Schulhalbjah- nem speziellen Maltraining unterziehen res gibt es Zeugnisse. Noten werden in lassen – und dies in der Regel bereits etwa diesen Zeugnissen nicht vergeben, viel- zwei Jahre vor Schulbeginn. mehr enthält das Zeugnis allgemeine An- Neben dem Malen gibt es noch weitere gaben zum Lern- und Sozialverhalten des Unterrichtsfächer wie Koreanisch, Mathe- Schülers. Das Sozialverhalten des Schülers matik, Musik, Sport und auch Computer. wird recht ausführlich dargestellt, insbe- Bereits bei Hausaufgaben in der ersten sondere der Umgang mit Klassenkamera- Klasse werden die Schüler zum Gebrauch den, wobei nicht nur die Anpassungsfähig- des Internets motiviert, wenn es beispiels- keit beurteilt wird, sondern beispielsweise weise bei einer Aufgabe darum geht zu auch der Umgang mit aus schwierigen ge- recherchieren, welche traditionellen sellschaftlichen Verhältnissen kommenden Musikinstrumente es in Korea gibt. Über- Mitschülern. haupt sind die Hausaufgaben recht Die Schulklassen werden jedes Jahr neu vielfältiger Natur. So ist es Pflicht, dass zusammengesetzt. Dies soll dazu dienen, jeder Schüler von der ersten Klasse an – dass den Schülern die Möglichkeit gegeben Schreiben und Lesen lernt man bereits im wird, Freundschaften mit neuen Schulka- Kindergarten - ein Tagebuch führt, meraden zu schließen und somit soziale dessen regelmäßige Führung von der Kompetenz zu erwerben. Lehrkraft kontrolliert wird. Zudem werden Die Eltern, insbesondere die Mütter, wer- die Schüler dazu angehalten, jeden Tag den insofern miteinbezogen, als sie zu ge- etwa zehn Seiten aus einem Buch zu lesen, wissen Hilfsarbeiten herangezogen werden, welches die Schüler selbst aussuchen wie beispielsweise zu Aufräumarbeiten in können. der Schule, zur Begleitung bei Schulaus- flügen oder auch zur Arbeit als Schülerlot- se. In der regulären koreanischen Grundschule wird somit in den ersten Schuljahren ge- zielt die Ausbildung der kreativen Fähig- Ein beachtenswerter Punkt ist es auch, dass keiten der Schüler gefördert und dem sozi- die Schüler in unregelmäßigen Abständen alen Verhalten in der Beurteilung ein hoher die Gelegenheit haben, ihre besonderen Stellenwert beigemessen. Auch individuel- Talente vor der Klasse zu präsentieren. Es le Talente der Schüler finden Beachtung. kann etwas Sportliches sein wie Taekwon- Leider ist es aber oft so, dass die Egozent- do oder Ballett, etwas Musikalisches wie rik vieler Eltern dazu führt, dass aus krea- Flöten- oder Klavierspiel oder irgendeine tiven Tätigkeiten wie dem Malen in den andere kreative Tätigkeit. ersten Grundschuljahren ein harter Wett- Nachmittags gibt es dann freiwillige Ange- bewerb wird, auf den die Kinder bereits in bote wie Geigenunterricht, Fußballspielen, vorschulischer Zeit in privaten Hakwons technische Tätigkeiten (z.B. das Konstruie- (Bildungsinstituten) vorbereitet werden.

18 Eine koreanische Deutschlehrerin an der Oberschule

Subin Kim

Obwohl ich schon einige Jahre im Geschäft hin und her und meine SchülerInnen stellen bin, entsteht das Gefühl der angenehmen dabei folgende Frage: Ich heiße Soundso Spannung erstaunlicherweise jedes Jahr und wie heißt du? Bald lernen sie dazu neu, bevor ich meine neuen SchülerInnen noch einige neue Wörter, wie z.B. "er, sie, kennen lerne. Das hält dann die ganze Wo- wohnen in, kommen aus, sein, hallo, che an und gefällt mir gut. tschüs..." Sie kennen sich namentlich un- tereinander und führen ein kleines Ge- Die allererste Stunde spräch, natürlich auf Deutsch. Außerdem Ich habe einen bunten Ball in der Hand. haben sie schon ein deutsches Lied gesun- Der Unterricht kann beginnen. gen, und zwar das erste Lied aus "Hallo aus Ich betrete das Klassenzimmer, und 34 Berlin" mit Rolli und Rita! oder 36 erwartungsvolle Augen sind auf In der nächsten Stunde schreibe ich auf 16 mich gerichtet. Ich gehe zur Tafel und Zettel je eine Frage und Antwort und ver- schreibe nur zwei Wörter und verschiedene teile sie an meine SchülerInnen. Sie gehen Uhrzeiten an die Tafel: Guten Morgen und dann durch den Raum und suchen die Per- guten Tag. Ich lese ein Grußwort von den son, die die entsprechende Frage oder beiden - je nach der Uhrzeit - langsam Antwort auf dem Zettel hat: "Wie heißt du? und mehrmals vor und beuge mich ganz - Ich heiße Soundso", "Wo wohnst du? - leicht, bis es mir die SchülerInnen nachma- Ich wohne in Soundso" etc. Dadurch erfah- chen. Danach lasse ich sie alle aufstehen re ich, ob sie behalten haben, was sie ge- und einen Kreis bilden. Die meisten fühlen lernt haben. Außerdem schadet ihnen ein sich noch unsicher und gucken einander an, bisschen Bewegung nicht. Denn sie haben um sich zu vergewissern, ob sie dies richtig noch Hemmungen, und es ist noch kalt im machen. So stehen wir in einem Kreis und Klassenzimmer im März. ihre Blicke wandern zwischen meinem Gesicht und dem Ball in meiner Hand. Nun Spielend Deutsch lernen sind wir so weit! Die Aussprache mancher Buchstaben ist nicht einfach, und meine SchülerInnen Ich spreche mehrmals langsam und deut- beschäftigen sich an einem Tag spielerisch lich meinen Namen aus und werfe den Ball intensiv mit der Aussprache. Ich schreibe zu einer Person. Danach fliegt der Ball auf Zettel 17 oder 18 Buchstaben, die für weiter hin und her durch die Luft. Irgend- sie nicht einfach auszusprechen sind und wann hören wir den Gong: die 50 Minuten lasse den Zettel sichtbar auf der Brust an- sind um. Ich schreibe noch "Auf Wieder- bringen. Dann sitzen sie im Kreis. Die ers- sehen" an die Tafel, lese es vor und meine te Person spricht ihren Buchstaben aus und SchülerInnen sagen es mir nach. In ihrem ruft einen anderen Buchstaben. Dabei klat- Buch stehen die beiden Wörter auf der ers- schen sie nach einem bestimmten Takt in ten Seite. ihre Hände. Einige sprachen die Buchsta- ben falsch aus oder hörten nicht richtig zu. Noch eine weitere Stunde wandert der Ball Wie oft? Das sieht man nach der

19 Unterrichtseinheit: sie haben verschiedene Sie wundern sich, dass sie schon so viele bunte Sterne im Gesicht und sehen damit Wörter gelernt haben und damit richtige ganz süß aus. Zum Karneval schminkt man Sätze bilden können. Sie sind stolz auf sich auch in Deutschland. sich. Das dürfen sie auch, oder? Wenn meine SchülerInnen mit dem Schema "Ins Auf meinem Tisch liegen viele verschiede- Kino gehen" oder "Sich verabreden" arbei- ne Sachen. Wie sie heißen, habe ich in der ten, schreiben sie Texte in Gruppen und letzten Stunde an die Tafel geschrieben machen damit Rollenspiele. Für die betrof- und auf Deutsch erklärt. Falls sie doch fene Gruppe und mich ist das Rollenspiel nicht alles verstehen, schlagen sie sicher zu ganz nett und lustig. Aber für die Restli- Hause im Wörterbuch nach. Dann kommt chen ist es ein bisschen langweilig. Denn jeder nach vorne und fragt die Klasse, wie sie verstehen nicht alles. Im nächsten Un- die Dinge auf Deutsch heißen oder was sie terricht teile ich meine SchülerInnen in bedeuten. Deklinationen und un- oder be- Zweiergruppen auf. Eine/r von jeder Grup- stimmte Artikel bereiten ihnen keine Prob- pe kommt nach vorne und merkt sich einen leme. Oder doch? Im nächsten Unterricht Satz, den er/sie in seinem/ihrem Text auf teile ich die Klasse in Zweiergruppen auf dem Zettel hat und flüstert ihn dem nächs- und bitte eine/n von jeder Gruppe nach ten ins Ohr. Nach achtmal Flüstern entste- dem anderen nach vorne zu kommen. Ich hen manchmal komische Sätze mit neuer zeige ihnen jeweils ein Wort auf dem Zet- deutscher Grammatik und die Lehrerin ist tel. Da stehen die Namen der Sachen. Die irgendwie schwer enttäuscht. Aber eins ist beiden gehen an die Tafel und zeichnen. ihnen allen klar, wie hartnäckig ihre Lehre- Alle anderen raten, wie die Dinge auf rin doch ist. Sie geben sich deshalb die Deutsch heißen oder was sie darstellen. Mühe, um zu behalten, was sie gelernt ha- Entscheidend ist nur, welche Gruppe ben. schneller ist. Danach singen sie ein ab- schließendes Lied: Wie heißt das auf Ab und an arbeiten sie ordentlich. Sie müs- Deutsch? Das Lied muss nicht immer Rös- sen doch geprüft werden, bevor sie in die lein auf der Heide sein! Ferien gehen. Sogar zweimal! Und ich will ihnen unbedingt Hausaufgaben mitgeben. Ich weiß, dass das Malen nicht jedermanns Ich weiß wohl, dass sie auch in den Ferien Sache ist. Für solche Personen habe ich zur Schule kommen und lernen. Was ma- auch eine geheime Karte. Ganz einfach! che ich aber, falls sie alles verlernen, was Ich male oder zeichne für sie; auf 25 Stü- sie gelernt haben. Aus diesem Grund müs- cken quadratischer Pappe sind Zeichnun- sen alle einen Tagesablauf von einem Tag gen und auf den anderen 25 Stück sind während ihrer Ferien schreiben; einen Ta- deren Namen. Sie sind alle dreifach ko- gesablauf im Präsens nach den Sommerfe- piert. Meine SchülerInnen räumen das rien und im Perfekt nach den Winterferien! Zimmer auf, machen es sich gemütlich und Ich bin mir ganz sicher, dass sie ihren Ta- spielen das "Memory". Wir spielen auf gesablauf schreiben, kurz bevor sie zum Deutsch noch "Bingo", wenn sie die Zah- Konversationsunterricht kommen. Das len gelernt haben oder "369". Wortketten- habe ich auch in meinen jungen Jahren spiele mögen sie auch. Manche wollen gemacht. Aber bevor sie in die Ferien ge- nicht nach vorne kommen, weil sie sich hen, belohne ich sie mit richtig deutschem Sorgen machen, dass sie das, was die ande- Frühstück. Denn sie waren wirklich fleißig. ren sagen falsch oder zu langsam auf- Die meisten SchülerInnen von den anderen schreiben. Danach bilden sie mit den Wör- Fremdsprachenabteilungen wollen im tern Sätze und wischen die Wörter weg. letzten Unterricht

20 vor den Prüfungen keinen Unterricht, son- gewusst hätten. Genau das wollte ich nicht. dern für die Prüfung lernen. Meine nicht. Das ist doch klar. Wer sagt, dass die deutsche Sprache lang- Die "große Schultüte mit Süßigkeiten", weilig und schwer zu lernen ist? "Hochzeit feiern im Familienkreis" und "Weihnachtszeit" in Deutschland beeindru- Chatten cken meine SchülerInnen am meisten. Es Den ersten Konversationsunterricht nach kann auch sein, dass mein Koreanisch be- den Ferien mache ich im Computerraum. eindruckend ist. Wir sehen auch deutsche Ich schreibe einige Adressen der Websei- Filme. "Bandits" und "Knocking on hea- ten des Deutschen Lernprogramms und von ven’s door" finde ich am schönsten. Leider Magazinen usw. auf. Sie surfen dann, wie ist der Film "Knocking on heaven’s door" sie wollen. Manche versuchen einen Brief- in Englisch synchronisiert. freund zu bekommen. Manche sogar zu chatten. Einmal winkte mir eine Schülerin Vor Weihnachten ganz aufgeregt zu. Ich eilte zu ihr hinüber. Meine SchülerInnen schreiben eine Weih- Auf dem Bildschirm stand: "Hallo, Süße! nachtskarte und wichteln vor Weihnachten. Wie alt bist?" "Was bedeutet das?", fragte Die Karten schicke ich dann nach Deutsch- sie mich. Ich antwortete: "Das Bonbon ist land an meine Freunde, die an der Schule süß, die Schokolade ist süß, du bist süß arbeiten. Natürlich schreiben nicht alle und du bist eine Süße. Aha ... Sie freute zurück. Ich bekomme trotzdem mit, dass sich. Leider hatte ihr Partner keine Geduld etliche E-Mail-Adressen tauschen. Ich be- und war schon weg. Fünfzig Minuten sind komme auch Karten von meinen Schüle- viel zu kurz und vergehen schnell. Die rInnen. Sie bedanken sich. Es habe ihnen SchülerInnen überstehen die erste Stunde sehr viel Spaß gemacht, und sie würden gut. Danach liegen 140 Tagesberichte auf sich auf nächstes Jahr freuen. Bin ich ihr meinem Tisch. Auf den ersten Blick sehe Wicht? Sie sind doch alle meine Wichte! ich schon, dass sie sich viel Mühe gegeben Oder? haben. Was ich geschrieben habe, ist meine Scho- koladenseite. Im zweiten Semester merke ich deutlich, dass mich meine SchülerInnen immer weniger auf Deutsch ansprechen, wenn sie in der Pause zu mir kommen. Landeskunde Denn sie sind nur zweimal in der Woche In fast jeder Unterrichtseinheit gibt es eine bei mir und bei meinen Kollegen sechs- Überraschung. An einem Tag habe ich nur oder siebenmal. Meine zwei Kollegen un- eine Videokassette in der Hand. Ich begrü- terrichten auf Koreanisch und arbeiten mit ße meine SchülerInnen und sie grüßen Rastern. Ich rufe sie auch an und frage, was mich zurück. Ich erkläre ihnen auf Korea- die SchülerInnen in der Woche gelernt nisch, was ich vorhabe. Wir sehen ein Vi- haben und noch lernen. Manchmal bitte ich deo! Keiner versteht mich, und es gibt kei- sie, ob sie bestimmte Lektionen mit ihnen ne Reaktion! Kurz danach machen sie gro- durchgehen könnten. Manchmal klappt es ße Augen und stöhnen. Ihre Lehrerin und manchmal nicht. Zwischendurch stelle spricht ja Koreanisch. Alle dachten, ich ich meinen SchülerInnen das Programm hätte Deutsch gesprochen. Sie erholen sich vom DAAD (Deutsche Akademiker Aus- von dem Schock und machen mir Vorwür- tausch Dienst) vor. Eine war sogar mit fe. Sie hätten doch gern ab und zu auf Ko- der Stiftung in Deutschland. reanisch mit mir gesprochen, wenn sie das

21 Einige möchten später in Deutschland stu- ze, so wie z.B. "Guten Tag" und "Wie geht dieren oder eine Reise machen. Auf jeden es Ihnen?" Fall wollen sie fleißig Deutsch lernen. Wenn es mir irgendwann schwarz auf weiß Während des Schulfestes sehe ich immer erlaubt wird, dann schreibe ich noch von wieder ehemalige SchülerInnen, die sich in dem 2. Jahrgang. Übrigens ... ich bin keine meinem Unterricht langweilten. Gerade sie Germanistin, sondern staatlich anerkannte studieren Germanistik. Dann weiß ich Diplom Sozialpädagogin. Das habt ihr doch, wofür mein Unterricht gut war! Au- schon gemerkt, oder? ßerdem sagen sie sogar mehr als zwei Sät- Ciao

Oberschule – ein deutscher Lehrer

Michael Menke

„Gu -ten Mor-gen Herr Men-ke!“ 45 Ke h- Koreanische Ausbildungserfolge sind we- len brüllen mich an, ich stehe vorn in der niger das Resultat eines soliden Schulsys- Klasse, neben mir qualmt ein Ölofen, vor tems oder besonderer Unterrichtsmethoden mir stehen 45 Schülerinnen und Schüler, als das Ergebnis von Nachhilfeschulen, stramm, ordentlich in Schuluniformen ge- ohne die es kaum mehr zu schaffen, ist das kleidet, die Jungen mit Krawatten, die Notenniveau zu halten und die Universi- Mädchen mit Schleifen um den Hals. Ich tätsaufnahmeprüfung zu bestehen. Demzu- bin in einer koreanischen Oberschule, folge sind auch die PISA-Vergleiche, bei komme mir aber vor wie in seligen Zeiten denen koreanische Schüler vor allem in der Bundeswehr. Nur eins stört: Alle, auch den Naturwissenschaften weitaus besser als ich, tragen diese merkwürdigen Pantoffeln. ihre deutschen Altersgenossen abschnitten, Selbst der Schuldirektor schlurft mir mor- ziemlich hinkende Konstrukte. Der Lerner- gens auf dem Gang damit entgegen. folg in Korea ist nicht allein den Schulen Es ist ein sehr kalter Wintermorgen, 9 Uhr. zu verdanken, sondern wesentlich auch den Die meisten Schüler sind schon eine Stun- kostenintensiven Privat-Institutionen nach de oder länger im Gebäude. Sie hatten be- oder vor dem eigentlichen Unterricht. reits Unterricht oder haben eine andere erstaunliche Tätigkeit betrieben: das ge- Die Berliner “tageszeitung” zitiert den k o- samte Schulgebäude gewischt und gerei- reanischen Pädagogen Chong-Jae: nigt. Und vor dem späten Abend, manch- " Ergebnis sieht wirklich sehr gut mal oft gegen Mitternacht, werden sie nicht aus. Ich war einer der Leiter der Untersu- nach Haus kommen. Oberschule in Korea, chung und weiß, dass wir uns an die Re- das heißt ziemlich viel Stress für die Schü- geln gehalten haben. Doch wir glauben der ler. Denn nicht nur in der Schule selbst Studie nicht. .... Koreas Schüler sind dar- wird gebüffelt, danach geht es in die Nach- auf gedrillt, bei Tests gute Ergebnisse zu hilfeschule, „Hakwon“ g enannt, in der al- erzielen, aber es mangelt ihnen an Sub- les wiederholt und eingebläut werden stanz. ... Schüler und Eltern haben kein muss, was in der Schule vielleicht nicht Vertrauen mehr in die Schulen. Die Kinder begriffen wurde. 22 werden in privaten Zusatzunterricht ge- sisch, Russisch, Spanisch, Japanisch und steckt. Der findet am späten Nachmittag Chinesisch. Die Lehrer sind streng, aber statt, abends und am Wochenende. Er führt scheinbar bei den Schülern beliebt. dazu, dass Koreas Schüler bis zu 18 Stun- den täglich schulischem Drill ausgesetzt Korea investiert viel in den Bildungssektor, sind. Ohne diese Hardcore-Nachhilfe ha- nämlich 7,5 Prozent seines BSP. Dieser ben junge Koreaner kaum Chancen auf die hohe Prozentsatz schlägt sich auch in den Uni.“ Und ein koreanischer Schüler der 12 Gehältern der Lehrer nieder. Südkoreas Klasse wird zitiert: „Wer in der 12. Klasse Lehrer haben nach einer Umfrage, die in mehr als 4 Stunden täglich schläft, ver- den wichtigsten Industrieländern durchge- schläft seine Karriere.“ führt wurde, gemessen an der Kaufkraft die zweithöchsten Gehälter. Nur die Lehrer der Ich unterrichte Deutsch, d.h. auf dem Plan Schweiz verdienen mehr. Die Gehälter der steht deutsche Konversation. Was ich aber japanischen Lehrer lagen an dritter Stelle, eigentlich machen soll, ist aufgelockerter die der USA an vierter Stelle. Die durch- Grammatik-Unterricht. Ich habe ein korea- schnittliche Arbeitszeit liegt aber in Korea nisches Schulbuch, an das ich mich halten mit 829 Stunden pro Jahr höher als die der kann. Ich kann aber auch etwas anderes Lehrer in anderen OECD-Ländern. machen, Lieder, Videos usw. Die Schule ist sehr gut ausgestattet, von der Heizung Anfangs der 70er Jahre wurde erstmals die abgesehen. Schulpflicht für die Grundschule einge- führt. 1985 wurde dann in der Verfassung eine Schulpflicht von 9 Jahren vorge- schrieben. Die Entwicklung des modernen Schulwesens hat sich in Korea den Anfor- derungen der Industrie entsprechend entwi- ckelt. Die Industrie konnte je nach Ent- wicklungsphase mit entsprechenden Ar- beitskräften versorgt werden. So wurde im Anfangsstadium der industriellen Entwick- lung in den 60er Jahren die Grundschulbil- dung gefördert, wodurch ausreichende Ar- Manchmal unterrichte ich allein, manch- beitskräfte für die Leichtindustrie gebildet mal gemeinsam mit meinem koreanischen werden konnten. In den 70er Jahren wurde Kollegen. Es gibt drei Deutsch-Lehrer an die Bildung der mittleren Stufe und insbe- meiner Schule, alle sprechen relativ gut sondere die praktische Berufsausbildung Deutsch und waren teilweise zu Fortbil- verstärkt. Das Land verfügte nun über ge- dungsveranstaltungen schon einmal in nügend qualifizierte Arbeitskräfte, welche Deutschland. Meine Schule ist eine Fremd- die Industrie in dieser Zeit benötigte. sprachenoberschule, etwa 150 km südlich Durch die konstante Förderung der höheren von Seoul. Wie der Name schon andeutet, Bildung ist in den 80er Jahren die Zahl der sind Fremdsprachen ein wesentlicher Teil Hochschulabsolventen im großen Maße des Unterrichts. Der allgemeine Fächerka- gestiegen. In Korea vollzog sich ein Wan- non steht aber auch auf dem Lehrpro- del in der informations- und technologie- gramm, so dass die Schüler hier ein größe- gestützten Industrie. res Unterrichtspensum haben als normale Die Zahl der Mittel- und Oberschulen ist Oberschüler. Es gibt neben Englisch die zwischen 1965 und 2000 kon- Zweitfremdsprachen Deutsch, Franzö- tinu-

23 ierlich gestiegen. Die Zahl der Grundschu- Der Schulbesuch ist in Korea, mit Aus- len dagegen verringerte sich. Auch die nahme der Grundschulen, nicht umsonst. Zahl der Fachhochschulen und Universitä- Das jährliche Schulgeld für den Besuch ten hat zugenommen. Die Statistiken zei- einer Oberschule betrug 1999 an nationalen gen, dass das Interesse und der Bedarf der und privaten Oberschulen im Durchschnitt Koreaner nach einer höheren Ausbildung 800.000 Won, umgerechnet etwa 660 Euro. außerordentlich groß ist. Auch die Zahl der Es gibt immer noch Jugendliche, die aus Schüler ist gestiegen. finanziellen Gründen ihre Schulausbildung nicht abschließen können, weil sie arbeiten Das Niveau meiner Schüler ist beachtlich, müssen. Dafür gibt es sogenannte Bürger- die meisten sind weitaus besser als die schulen, wo diese Jugendlichen sich a- Studenten, die ich in der gleichen Stadt bends berufsorientiert weiterbilden oder unterrichte. Ein paar Jahre später treffe ich einen Abschluss nachholen können. (Spä- einige wieder - sie haben es geschafft an ter an den Universitäten wird es noch teu- die Eliteuniversitäten des Landes zu kom- rer, die Studienkosten liegen zwischen 2,4 men, manche werden später von ausländi- und 4,5 Millionen Won im Jahr, je nach schen Firmen angestellt. Studienfach, ein Studium in Geistes- und Sozialwissenschaften ist wesentlich güns- Zum Lehrplan der normalen Mittel- und tiger als in Medizin- oder Naturwissen- Oberschule gehören 11 Pflichtfächer und schaften. Auch der Unterschied zwischen eine Reihe Wahlfächer. Die Fremdspra- privaten und nationalen Universitäten ist chengymnasium setzen etwas andere sehr groß.) Schwerpunkte, unterrichten aber auch den Hauptfächer an den Oberschulen sind Ko- übrigen Fächerkanon. Neben dem Unter- reanisch, Mathematik und Englisch. Die richt gibt es häufig Sonderveranstaltungen, Notenvergabe amerikanischen Ursprungs beispielsweise Fremdsprachenwettbewerbe. ist dieselbe wie in der Universität, ein Diese werden mit großem Ernst betrieben, "A+" ist sehr gut, die schlechteste ein "F" - sowohl von den Schülern als auch von den durchgefallen oder nicht bestanden. Den Lehrern, und die Eltern stehen dem in einzelnen Noten sind Punktzahlen zuge- nichts nach. Bei solchen Veranstaltungen ordnet, die Höchstpunktzahl ist 100. Ich versammeln sich alle in der Aula, ein Meer werde von meinen Kollegen angehalten, von Uniformen, und wieder habe ich als immer nur gute Noten zu geben, also nicht ausländischer Lehrer dieses Gefühl der schlechter als ein B. überall in Korea vorherrschenden Men- schenfülle.

Die durchschnittliche Klassenstärke der Mittel- und Oberschule liegt bei 43 (1998). Durch das Stadt - Landgefälle sind in Seoul und Umgebung höhere Klassenstärken von 40 bis 45 Schülern normal. 99,9% aller Grundschüler besuchen nach dem Ab- schluss eine Mittelschule. 99,4% der Mit- telschüler gehen nach dem Mittelschulab- schluss auf eine Oberschule und davon gelangen 83,9% an die Universitäten. Die Meine Schüler können nicht nur gut Zahlen von 1998 dürften auch heute noch Deutsch. Manchmal singen wir gemeinsam Gültigkeit haben. Volkslieder, ein Schüler dirigiert,

24 eine Schülerin begleitet auf dem Klavier. wurde, trat Murata Naoki, Abteilungsleiter An vieles habe ich mich in meiner Zeit als im Bildungsministerium in Tokio zwar Schullehrer in Korea gewöhnt oder es ir- selbstbewusster auf als seine koreanischen gendwann als normal betrachtet, an eines Kollegen. Doch sein Tenor klingt ganz nicht: Es muss irgendwann in den 50er ähnlich: "Die Pisa-Studie besagt nicht, Jahren, vielleicht auch schon früher, einen dass Japan ein besseres Schulsystem als Architekten gegeben haben, der eine Schu- Deutschland hat, auch wenn Japans Schü- le aus Beton baute. Gradlinig, langge- ler besser abschnitten." Viele Japaner, so streckt, drei- oder vierstöckig, davor ein sagt Murata, hätte das sehr gute Abschnei- sandiger Sport- und Versammlungsplatz den ihrer Schüler selbst überrascht. mit Fahnenmast und Tribüne. Dieser Ar- Japan orientiert sich stark an westlichen chitekt hat dann, der Einfachheit halber, und skandinavischen Bildungssystemen. alle anderen Schulen des Landes gleich "Wirtschaft und Wissenschaft sagen uns, mitgebaut. Oder alle anderen Schularchi- dass mangelnder Individualismus unsere tekten haben seine Pläne geklaut und ge- Schwäche ist", berichtet Murata. "Wir wol- nauso gebaut wie er. Ich weiß es nicht. Als len die Individualisierung und Kreativität ich jedenfalls anfing, in meiner Oberschule stärken." Japan brauche nicht nur eine zu arbeiten, bin ich einige Male an der fal- breite Basis guter Grundbildung - sondern schen Schule ausgestiegen. auch Spitzenleute mit neuen Ideen und Ini- Uniformität ist ein Wesensteil der Bildung tiativen.“ in Korea. Sicherlich stecken jedoch in den Uniformen, das kann ich nach meiner Er- Ich denke, ein Gleiches gilt für Korea. fahrung sagen, durchaus auch individuelle Persönlichkeiten. (einige Informationen dieses Textes stam- men von den Websites des Koreanischen Abschließend noch ein Zitat aus der tages- Ministeriums für Erziehung KMOE, von zeitung: „Bei einer asiatisch-europäischen Radio Korea International und aus der Bildungskonferenz, die von der Asia- Berliner Ausgabe der „tageszeitung“ Nr. Europe-Foundation (Asef) auf der südko- 7093 vom 2.7.2003, Artikel von Sven Han- reanischen Pazifikinsel Jeju ausgerichtet sen)

Anmerkungen zum Phänomen des Hagwons

Kai Rohs

Der Großteil der koreanischen Schüler in folgende Schuljahr dient. Es bereitet zu- Korea besucht während der gesamten dem gezielt auf die berüchtigte Eintritts- Schulzeit neben der Schule noch ein priva- prüfung, den Su-neung, vor. tes Institut, das sogenannte Hagwon. Bei Die Vorbereitung auf den Su-neung dürfte diesem Hagwon handelt es sich um ein wegen seiner Bedeutung die wichtigste kommerzielles Unternehmen, das der Wie- Funktion und auch das lukrativste Geschäft derholung des bereits Erlernten und auch dieser Hagwons sein. Denn vom Er- dem Erlernen des Unterrichtsstoffes für das

25 gebnis des Su-neung hängt ab, ob die Es ist ja nicht so, dass uns in Deutschland Schüler an einer der besseren Universitäten ein derartiges Phänomen unbekannt ist. studieren und somit den Grundstein für Vielmehr gibt es solche privaten Institute eine erfolgreiche berufliche Karriere legen in der juristischen Ausbildung zur Vorbe- können. reitung auf das Erste und Zweite juristische Es gibt einige mächtige Hagwons, – bei- Staatsexamen in Form der privaten juristi- spielsweise das Daesung oder das Jongro schen Repetitorien. Es handelt sich dabei Hagwon - die gezielte Analysen der voran- um Einrichtungen, die eine lange über ein gegangenen Su-neung Prüfungen vorneh- halbes Jahrhundert andauernde Tradition in men und auch zur Vorbereitung derartige der juristischen Ausbildung haben und von Prüfungen simulieren. fast allen Studenten genutzt werden. Auch Die Notwendigkeit solcher Hagwons ist hier wird mit der Angst der Prüfungsabsol- zunächst nicht einzusehen. Immerhin sind venten Geschäfte gemacht – eine Angst, es die Oberschullehrer, die die Prüfungs- die darauf beruht, dass insbesondere das aufgaben vor dem Hintergrund des Unter- Erste juristische Staatsexamen von relativ richtstoffes der gesamten drei Oberschul- hohen Durchfallquoten geprägt ist. Auch jahre erstellen. Sind die Oberschullehrer hier stoßen die von der Universität angebo- mit dem Prüfungsstoff nicht viel vertrauter tenen Examenskurse auf wenig Interesse – als die Verantwortlichen des Hagwons? und das, obwohl – im Gegensatz zu den Man muss sich auch fragen, welchen Sinn privaten Repetitorien - in den Klausuren- es hat, wenn die Oberschüler in den letzten kursen der Universitäten in der Regel Ori- Schuljahren, ermüdet durch das tägliche ginalexamensklausuren angeboten werden. Lernen im Hagwon, nicht mehr aufnahme- Die Parallelität zu den auf den Su-neung fähig für den Unterrichtsstoff der Ober- spezialisierten Hagwons liegt auf der schule sind, der ja die Grundlage für den Hand. Su-neung bildet. Abschließend sei noch eines angemerkt. In den Hagwons hat man es offenbar ver- Das koreanische Schulsystem wird nicht standen, Kapital aus der nachvollziehbaren selten vor allem auch von Koreanern selbst Prüfungsangst der Oberschüler und deren kritisiert. Zu Recht wird die Wurzel aller Eltern zu ziehen. Für viele Eltern, die in Probleme in der Existenz der Hagwons Korea vielleicht noch mehr als in Deutsch- gesehen. Es ist ja nicht nur so, dass diese land bereit sind, alles für eine gute Ausbil- Hagwons die Angst der Eltern vor dem Su- dung ihrer Kinder zu geben, käme es gar neung ausnutzen. Es ist auch so, – und das nicht in Betracht, ihr Kind nicht auf das dürfte in meinem Beitrag Einblicke in den Hagwon zu schicken, wenn dies doch alle Alltag einer koreanischen Grundschule am anderen Eltern tun. Es ist ja schon bei den Beispiel des zweijährigen vorschulischen Grundschülern zu beobachten, dass sich Trainings auf den Malunterricht in den Eltern bei der Auswahl der Freizeitbeschäf- beiden ersten Jahren der Grundschule deut- tigung der Kinder nicht selten von dem lich geworden sein - dass durch die Exis- leiten lassen, was unter den Grundschülern tenz der Hagwons egozentrisches Verhal- gerade üblich ist. Wenn dieser Trend zur ten der Eltern gefördert und Zielen der ko- Homogenität bereits in diesen Freizeitbe- reanischen Schulausbildung wie der Ent- reichen zu verzeichnen ist, kann man nicht wicklung von Kreativität und Sozialverhal- erwarten, dass dies gerade im Fall des so ten entgegenlaufen wird. wichtigen Su-neung anders sein sollte.

26 Die studentische Perspektive: Aspekte des koreanischen Bildungssystems aus der Sicht koreanischer Studentinnen

Edeltrud Kim

Als ich zu Semesteranfang durch den wird wohl auch nichts prinzipiell Neues Rundbrief erfuhr, dass die nächste Num- erfahren, aber ich denke doch, dass es inte- mer der DaF-Szene Korea den Bildungser- ressant ist zu sehen, wie genau die Studen- fahrungen „unserer“ Studierenden gewi d- tinnen das System durchschauen, und dass met sein soll, gingen mir gleich verschie- ihre Ausführungen uns einen guten Ein- dene Themen durch den Kopf, zu denen blick in ihre Befindlichkeiten gewähren. ich nach vielen Jahren tagtäglichen Kamp- In diesem Zusammenhang muss ich noch fes mit den Gegebenheiten des koreani- darauf hinweisen, dass die Ewha- schen Schul- und Universitätsalltags und Universität in Korea noch zu den Spitzen- nach vielerlei Beobachtungen in meinem universitäten zählt, so dass der Eintritt in familiären Umfeld möglicherweise einen diese Hochschule, auch wenn er in vielen ernsten oder ironisch verfremdenden Arti- Fällen eigentlich nicht die Wünsche der kel hätte verfassen können, aber dann ka- Eltern und den Hoffnungen der Studentin- men mir doch viele Bedenken dagegen, nen erfüllt, als Erfolg gewertet werden wieder einmal nur meine Sicht des Ganzen kann, der die Leiden der Oberschulzeit im zu Papier zu bringen. Und ich fragte mich, Nachhinein etwas versüßt. ob es nicht sinnvoller wäre, die Studieren- Einige Studentinnen haben in ihrem Auf- den selbst zu Wort kommen zu lassen. satz zunächst das koreanischen Schulsys- So habe ich die insgesamt leider nur 22 tem selbst beschrieben und die verschiede- Teilnehmerinnen an meinen Konversati- nen Arten der Oberschulen vorgestellt. onskursen für den zweiten und dritten Diese Ausführungen werde ich hier nicht Jahrgang gebeten, mir für unsere Lektoren- behandeln, weil ich davon ausgehe, dass zeitschrift DaF-Szene Korea etwas von dies in diesem Heft an anderer Stelle dar- ihren Erfahrungen aufzuschreiben. Ich ha- gestellt wird. Ich möchte hier jetzt zu- be ihnen kein genau formuliertes Thema nächst die wichtigsten und häufigsten Aus- gegeben, sondern nur gesagt, sie sollten sagen zu den Bildungserfahrungen zusam- erklären, was sie am koreanischen Bil- menfassen und dann etliche Studentinnen dungssystem gut oder schlecht fänden, und selbst zu Wort kommen lassen. Die Aussa- diejenigen, die im Ausland gewesen seien, gen der Studentinnen habe ich inhaltlich sollten auch Vergleiche anstellen. 18 Auf- natürlich nicht verändert, wohl aber sätze habe ich daraufhin bekommen, das sprachlich und stilistisch überarbeitet, zeigt, dass die Studentinnen meine Bitte wenn sie zu fehlerhaft waren. sehr ernst genommen haben und auch be- reit waren, uns etwas von ihren Erfahrun- Als Thema könnte über fast allen Aufsät- gen mitzuteilen. Natürlich sind diese Aus- zen der Satz stehen, mit dem eine Studen- sagen im statistischen Sinne nicht reprä- tin beginnt: sentativ, und wer schon länger in Korea ist,

27 „Korea ist ein berühmtes Land, wo die des Studiums an einer als besonders gut Schulausbildung sehr streng ist.“ (Man geltenden Universität als Voraussetzung darf wohl annehmen, dass sie eigentlich für beruflichen Erfolg und gesellschaftliche sagen wollte: Korea ist ein Land, das dafür Anerkennung bekannt ist, dass seine Schulausbildung 2. Leistungsdruck wegen 1, verstärkt sehr rigide ist.) Es wird niemanden, der in noch durch den Konkurrenzdruck, weil von Korea unterrichtet, überraschen, dass die der Grundschule an allen SchülerInnen ein

Aussagen insgesamt um als negativ emp- ihren Leistungen entsprechender Rang zu-

✆ ✝ ✞ fundene Aspekte kreisen. Einer Studentin gewiesen wird. ( ☎ ) erschien diese Negativität als problema- 3. Vernachlässigung der individuellen tisch, und so begann sie ihren Aufsatz mit und kreativen Ausbildung zugunsten der dem Eingeständnis: „Zuerst schäme ich schematischen Lehrstoffaneignung, mich, weil ich mich jetzt nur an das Nega- (sprich: gnadenlose Paukerei) und die feh- tive der Schule in Korea erinnern kann.“ lende Schulung zur Meinungsäußerung und Dieses Negative lässt sich in vier Punkten Diskussion als Folge der großen Klassen zusammenfassen: und des Auswendiglernens sowie wegen 1. Ausrichtung des gesamten Schul- der Betonung der Lehrerautorität. wesens auf die Akademische Eignungsprü- 4. die „Verschulung“ des Studiums

1

✂ ✄ fung ( ✁ ) wegen der Überbetonung und die Fortsetzung des Leistungsdrucks und Notenkampfes auch an der Universi- 2 1 Zur Übersetzung des Namens dieser Prüfung tät. verwenden viele Koreaner und auch Deutsche die Begriffe „Universitätsaufnahmeprüfung“ oder „Abitur“, ich vermeide das ganz bewusst, dam it wird an einem Tag von etwa 8 Uhr bis 17 Uhr bei Lesern, die Korea nicht kennen, keine fal- abgelegt. schen Vorstellungen aufkommen.. Die Akademi- 4. Während die Abiturnoten nur darüber sche Eignungsprüfung ist zwar die unabdingbare entscheiden, ob man bestimmte Numerus- Voraussetzung für den Eintritt in eine Universität, clausus-Fächer studieren kann, entscheidet das aber zusätzlich dazu gibt es bei jeder Hochschule Ergebnis der koreanischen Prüfung in der Praxis noch besondere Aufnahmekriterien und auch un- zunächst einmal darüber, an welcher Universität terschiedliche Gewichtungen des Prüfungsergeb- man studieren kann d.h. ob man eine Hochschule nisses. Mit dem deutschen Abitur (oder mit der schaffen kann, die in der Rangliste ganz oben Matura in Österreich oder in der Schweiz) kann steht oder ob man sich mit einer auf den mittleren die koreanische Akademische Eignungsprüfung oder gar auf den unteren Rängen zufrieden geben (in etwa vergleichbar mit dem amerikanischen muss. SAT) auch nicht gleich gesetzt werden, denn die 5. Das Abitur ist zwar ein Zeugnis über die Unterschiede sind zu groß: Erlangung der Hochschulreife, aber als Ab- 1. Ein Abitur gilt sozusagen für immer als schlusszeugnis der Sekundarstufe II ist es Berechtigung zum Studium, die koreanische Prü- zugleich von Bedeutung für den Einstieg ins Be- fung muss man vor Studienbeginn stets wieder- rufsleben. Die koreanische Prüfung hat diese holen, wenn man nicht direkt im auf die Prüfung Funktion nicht. Für das Berufsleben ist das Ab- folgenden Studienjahr mit dem Studium beginnt. schlusszeugnis der Oberschule wichtig, das man 2. Das Abitur wird an der jeweiligen Schule unabhängig von der Teilnahme an der abgelegt, und die Aufgaben werden – mit der Eignungsprüfung bzw. von deren Ergebnis erhält. Ausnahme von Baden-Württemberg – von den Lehrern gestellt, die den Unterricht gegeben ha- 2 Diese Einschätzung der Lage wird von Universi- ben. Die koreanische Prüfung ist eine zentrale, tät zu Universität anders sein, an der Ewha- landesweit zur selben Zeit an bestimmten Prü- Frauen-Universität gelten ziemlich feste Rege- fungsorten abzulegende Prüfung, deren Aufgaben lungen für die Fächerwahl und ein sehr strenges von einem Komitee ausgearbeitet werden, dabei Quotensystem für die Benotung der Semesterleis- sind viele Aufgaben nach dem Multiple-Choice- tungen. Die Software zur Noteneingabe durch die Verfahren angelegt. Professoren ist so programmiert, dass der Com- 3. Das Abitur kennt schriftliche und mündli- puter streikt, wenn diese Quoten überschritten che Prüfungen, die Prüfungen sind über mehrere werden. So dürfen z.B. nur 15 – 25% A vergeben Tage verteilt. Die koreanische Eignungsprüfung werden. Für Klassen unter 20 Teilnehmerinnen ist ein schriftlicher Test in mehreren Fächern und dürfen es maximal 30% sein. Als positive Erfahrung werden vor allem ausgerichteter Unterricht betrieben wird. von Studentinnen, die Deutschland kennen, ...... Ein anderes Problem ist es, dass die das größere Gemeinschaftsgefühl und die koreanischen SchülerInnen zu viele Fächer Gruppenaktivitäten in Schule und Univer- haben und zu viele Stunden Unterricht ha- sität herausgestellt. Das größere Gemein- ben, meistens 8 bis 9 Stunden an einem schaftsgefühl bei den Studierenden führt Tag. Deshalb haben sie nicht genug Frei- eine Studentin mit Deutschlanderfahrung zeit und können keine verschiedenen Er- auch darauf zurück, dass die koreanischen fahrungen machen.“ Dazu sagt eine andere Universitäten im Unterschied zu den meis- Studentin: ten deutschen Universitäten Campus- „Vielleicht können deutsche Sc hüler sich Universitäten seien. Die relativ abge- nicht vorstellen, dass ich in der letzten schlossene Welt eines Uni-Campus bringe Klasse bis 23.30 Uhr in der Schule lernte. die Studenten enger zusammen und mache Nicht nur ich, die anderen Schüler ver- es leichter, in Zirkeln und Gruppen ge- brachten auch im letzten Schuljahr mehr meinsamen Aktivitäten nachzugehen, da- Zeit in der Schule als zu Hause...... Ich her nennt sie die koreanische Universität denke, wir lebten nicht zu Hause, sondern „eine verbundene Gemeinschaft“ . Dass die in der Schule. Die traurigste Erinnerung Förderung der Gruppenidentität und des ist, dass wir in den Sommerferien auch in Gemeinschaftsdenkens an sich ein positi- die Schule gehen mussten. Manchmal fühl- ves Erziehungsziel sei, wenn man darüber te ich mich wie im Gefängnis.“ Eine an- die Entfaltung der individuellen Fähigkei- dere wiederum meint: ten nicht vernachlässige, unterstreicht eine „Wir lernen fast alle denkbaren Schulf ä- Studentin, die ihre Ausbildung in Deutsch- cher, von Koreanisch über Mathematik bis land, in Korea und in den USA erfahren zur Haushaltskunde. Als ich alle Fächer hat. Sie meint: „In Deutschland fördert nicht freiwillig, sondern als Pflicht lernen man die Individualität, verlangt Selbstver- musste, fand ich es sehr stressig und unnö- antwortlichkeit und setzt beim Studium auf tig, aber wenn ich mich jetzt daran erinne- Fachspezialistentum,“ während man in re, denke ich, dass ich dadurch allgemeine Korea und in den USA „die Gemeinschaft Kenntnisse über alle Fächer haben konnte. betont, die gesellschaftliche Kompetenz der Aber was mir dabei gar nicht gefällt, ist Schüler und Studenten ausbilden will und der Umstand, dass ich fast alle Fächer nur daher eine breite Allgemeinbildung vor- auswendig lernen musste.“ zieht“. Ihren Vergleich beendet sie dann Viele Studentinnen fragen sich, welchen mit dem Ratschlag, dass beide Seiten ein Sinn das Ganze hatte. Eine meint: wenig von einander lernen sollten. „Da gibt es auch Vorteile, wenn man in verschiedenen Bereichen etwas erfahren Die meisten Studentinnen befassen sich in und Kenntnisse gesammelt hat. Aber was ihren Aufsätzen intensiv mit dem Lern- ist die Essenz unserer Ausbildung? Ich stress in der Oberschule und versuchen, die befürchte, ob wir (wegen der Vorbereitung Ursachen dafür zu analysieren. So schreibt auf die Eignungsprüfung) die wichtige Sei- man z.B. te der Ausbildung verlieren könnten.“ „In der koreanischen Gesellschaft ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium sehr wichtig, Deshalb geht es nicht zu weit, wenn man sagt, dass das Ziel des ganzen

Unterrichts – nicht nur an der Oberschule, sondern auch an der Grund- und Mittel- schule, der Eintritt in die Universität ist. Das ist ein sehr großes Problem, weil des- halb ein einheitlicher, nur auf dieses Ziel 29 Und eine andere schreibt ganz lapidar: selbständige Mitdenken im Unterricht von „Ich glaube, dass alles nur für die Prü- vorneherein unterbunden werden; es deutet fung war und dass schließlich nichts auf die Problematik der schulischen Auto- bleibt.“ ritätsstrukturen, denn es untergräbt die sachgebundene Autorität des Lehrers, die Viele bedauern, dass man in der Schule auf seinem Wissen, seinen Erfahrungen keine großen Wahlmöglichkeiten hat und und seiner Kompetenz bei der Wissens- so viele Fächer lernen muss, die einen gar vermittlung basiert, so dass sich die nicht interessieren. Für die Ausbildung der Autorität des Lehrer praktisch nur aus individuellen Fähigkeiten und zur Vergrö- seiner Position in der schulischen ßerung des Lernerfolgs wäre es besser, Hierarchie ergibt.) wenn die Schüler „außer an einigen wic h- Die Studentin schreibt: tigen obligatorischen Fächern an Unter- „Hier beschreibe ich, wie mir das Lernen richtsfächern teilnehmen könnten, die sie an koreanischen Schulen vorkommt. Aller- interessieren und für die sie begabt sind,“ dings bin ich mir nicht sicher, ob es Ihnen gibt eine Studentin zu bedenken. viel helfen wird, denn ich bin eher der Als äußeres Zeichen für den schulischen Meinung, dass sich Korea die deutschen Zwang und die gewollte bzw. sich Schulen etwas zum Vorbild nehmen sollte. zwangsweise ergebende Einheitlichkeit Trotzdem hoffe ich, dass Ihnen meine führt eine Studentin den dresscode der O- Schilderung ein wenig hilfreich ist. berschulen an: „Und jeder zieht die Schu l- Etwas, das mir sehr anders als in Deutsch- uniform an, hat eine bestimmte Haarlänge land vorkommt, ist, dass man sich beim und bestimmte Schuhe. Also, viele Schüler Unterricht in Korea streng an die Lehrbü- und Schülerinnen fühlen sich, als ob sie cher hält. Es scheint sehr genau vorgege- gar keine Freiheit hätten.“ ben, was man lernen soll. Wahrscheinlich liegt das daran, dass man letztendlich für Eine Studentin, die als Kind in Deutsch- die Akademische Eignungsprüfung lernt. land war, hat ihren Beitrag adressatenbe- Sie ist keine Abschlussprüfung wie das zogen geschrieben und darin wohl alle deutsche Abitur, sondern ähnelt eher dem wichtigen Punkte zusammengefasst und amerikanischen SAT. erläutert, deshalb möchte ich ihn hier ganz Um bei Eignungsprüfung die Objektivität zitieren, auch wenn es dadurch Wiederho- zu bewahren, müssen alle Schüler diesel- lungen gibt. (Sie ist im übrigen die einzige, ben Aufgaben lösen. Das ist wohl der die auf den Zwang zum Vorlernen eingeht, Grund dafür, dass man sich an einen fest das ist der Aspekt im koreanischen Schul- vorgeschriebenen Lehrplan hält. Aber das wesen, den ich persönlich, diese Anmer- hat zur Folge, dass dabei die Individualität kung sei mir erlaubt, sozusagen für den der Lehrers und die des Schülers kaum negativen Brennpunkt hiesiger schulischer eine Rolle spielen. Denn hauptsächlich Gegebenheiten halte, weil das Vorlernen, wird nur das Vorgegebene auswendig ge- das nicht mit einer sinnvollen Vorbereitung lernt. Und für etwas, das nicht im Lehrplan verwechselt werden darf, weitreichende steht, hat man kaum Zeit. Der Lehrplan ist Konsequenzen hat: es symbolisiert quasi nämlich sehr dicht. Und weiterer Grund das Auswendiglernen, weil beim Vorlernen dafür, dass das Lernen in Korea so schwer Unbekanntes und Unverstandenes einfach gemacht wird, ist, dass man wegen der

angelernt wird; es verweist auf den Mangel Leistungsranglisten ( ✟✡✠☞☛✍✌ ) beim Ler- an intellektueller Schulung, weil durch das nen mit den anderen konkurrieren muss. vorangegangene Auswendiglernen entde- Das soll das Lernen effektiver machen, ckendes Lernen und das aber ich finde diese Methode nicht be-

30 sonders effektiv. Zwar lernt man recht viel, Uni nicht immer jeden Tag. Aber bei uns und wenn man alles gut gelernt hat und müssen alle Studierenden immer den Un- auch gut im Gedächtnis behält, dann kann terricht besuchen, zweimal im Semester man ein sehr gutes Grundwissen erlangen. haben wir Klausuren und außerdem viele Aber meistens vergisst man doch den größ- Referate, Team-Projekte und Hausaufga- ten Teil davon, wenn man die Eignungs- ben.“ Und eine andere meint: „Jeder muss prüfung hinter sich hat. besser sein als andere Studenten, damit er Noch ein großer Unterschied zwischen eine gute Note bekommt. Wegen des Sys- Deutschland und Korea, der auch auf Effi- tems der relativen Notengebung kann man zienz zielt, ist, dass in Korea das Vorberei- nämlich keine gute Note bekommen, ob- ten auf den Unterricht und das Wiederho- wohl man gute Tests gemacht hat, wenn len als sehr wichtig gelten, aber in einem andere noch besser waren.“ anderen Aspekt als in Deutschland. Wäh- Eine andere Studentin mit Erfahrungen in rend in Deutschland Hausaufgaben eine Deutschland meint, dass man es sich an wichtige Rolle beim Lernen und Wiederho- deutschen Universitäten leisten könne, len spielen, wird von den Schülern in Ko- während der Semesterzeit etwas faul zu rea erwartet, dass sie zu Hause vorlernen, sein, wenn man später für die Abschluss- damit sie schon mal ein Bild davon haben, examina fleißig arbeite. Sie bedauert, dass was in der kommenden Stunde durchge- dies in Korea nicht möglich sei, sondern macht wird,3 damit der Unterricht schnel- das man unter Dauerstress stehe, weil man ler vorankommt. Und schließlich müssen Anwesenheitspflicht habe und von Prü- sie das Gelernte unabhängig von den fungsterminen und Hausaufgaben gehetzt Hausaufgaben meistens selbstständig wie- werde. Zwar hält sie es nicht für so derholen und üben. schlecht, wenn die Verhältnisse einen zum

Das treibt die meisten Schüler in die priva- Lernen zwingen, aber anderseits findet sie ✏ ten Lehrinstitute ( ✎ ). Aber das Lern- es „immer noch zie mlich oberflächlich, prinzip bleibt grundsätzlich das gleiche, was und wie koreanische Studenten für die nur das man in solchen Instituten mehr Prüfung lernen“. Was sie an der koreani- Übungsaufgaben bekommt. Hier wird wie- schen Universität am meisten irritiere, sei derholt und wiederholt und geübt und ge- zum einen die fehlende Möglichkeit, sich übt. Das größte Problem dabei ist, dass während des Studiums auf selbstgewählte das Ganze den Schülern sehr viel Stress Themenbereiche konzentrieren zu können, bereitet, sehr aufs Geld geht und dabei und zum anderen der Umstand, dass das doch nicht den erwarteten Erfolg bringt.“ Studium heutzutage eigentlich nicht mehr um der Wissenschaft willen betrieben wer- Zum Universitätsstudium haben sich nur de, sondern dass man nur noch danach fra- einige Studentinnen geäußert. Der Tenor ge, ob das Fach einem hilft, einen guten ihrer Ausführungen betrifft das Fehlen der Job zu bekommen. „Aber,“ so fügt sie akademischen Freiheit für Studenten. Sie hinzu, „das ist natürlich nich t nur ein beklagen, dass das Studium in Korea sehr Problem der Universitäten, sondern auch passiv, aber stressig sei und dass das Kon- des gesellschaftlichen Umfelds.“ kurrieren um die besseren Noten auch an der Universität fortdauere. So heißt es: Aus den negativen Aspekten des koreani- „In Deutschland lernen die Studierenden schen Bildungssystems leiten die Studen- manchmal individuell und sie besuchen die tinnen auch ihre Schwächen im Deutschen und die Art ihres Verhaltens im 3 Ich konnte mich nicht entschließen, die falsche Deutschunterricht ab. Sie betonen, dass sie Wortwahl „durchgemacht wird“ zu korrigieren, stets zum – mehr oder weniger schemati- weil die Konnotationen dieses Wortes so gut da- schen – zu passen, wie viele meiner Studentinnen ihre 31 Oberschulzeit durchlitten haben. Grammatiklernen angehalten worden seien, Eine weitere Studentin, die in Deutschland da man Grammatik in Korea für das Wich- gelebt hat, widmet ihren ganzen Beitrag tigste beim Sprachenlernen halte, und dass diesem Problem, sie schreibt: sie daher das Sprechen nicht geübt hätten. „Seit langer Zeit betrachten die Koreaner Davon abgesehen falle es ihnen überhaupt den Respekt vor den Älteren als sehr wich- sehr schwer, im Unterricht aktiv zu sein tig. So ist es auch heute. Man kann in der und sich zu äußern, weil sie nie gelernt Schule oder an der Universität leicht be- hätten, frei ihre Meinung zu sagen. Daher merken, dass Schüler oder Studenten die säßen sie meistens still da und würden nur Meinung des Lehrers oder Professors ohne zuhören. Und eher indirekt wird noch ein Kritik nur hören. Auch wenn sie eine ande- weiterer Grund für diese Zurückhaltung re Ansicht haben, äußern sie ihre Meinung angesprochen, nämlich die in der Konkur- nie direkt. Eine Meinungsäußerung ma- renzsituation der Schule erworbene Angst, chen sie erst dann, wenn sie vom Lehrer Fehler zu machen und sich dadurch zu oder Professor ausdrücklich danach ge- blamieren und den Tadel des Lehrers sowie fragt werden. Das zurückhaltende Beneh- den Spott der Mitschüler auf sich zu zie- men der koreanischen Studenten ist für hen. Von ihren Erfahrungen in Sprachkur- ältere, konservative Professoren immer sen in den USA und in Deutschland berich- noch selbstverständlich. Aber die jüngeren tet eine Studentin: Professoren, die im Ausland promoviert „Man kann sagen, dass unsere Grammatik haben, erachten dies für eine alte Sitte, die viel besser als die Grammatik der europäi- sofort abgeschafft werden sollte. In der schen Studenten ist. Aber im Unterricht ersten Vorlesungsstunde des Semesters sprechen wir selten und nur sehr leise. Das erlebe ich es oft, dass junge koreanische überrascht viele europäische Studenten, Professoren und ausländische Professoren und sie wundern sich, warum wir in der in meiner Universität die Studentinnen um Klasse sehr ruhig sind. Obwohl die ande- aktive Teilnahme bitten. Während die akti- ren Studenten in der Grammatik nicht si- ve Meinungsäußerung für europäische cher sind, sprechen sie nämlich immer laut oder amerikanische Studenten notwendig und mit Selbstvertrauen.“ ist, denken die meisten koreanischen Stu- Eine andere Studentin, die hier in Korea in denten tief darüber nach, ob ihre Meinung der Fremdsprachenoberschule Deutsch die Autorität der Professoren verletzten gelernt hatte, gesteht, dass sie beim Einstu- könnte.“ fungstest in Deutschland bei der mündli- chen Prüfung kaum ein Wort herausge- Fast alle Studentinnen wünschen sich Ver- bracht habe, obwohl sie den Grammatiktest änderungen im koreanischen Ausbildungs- ziemlich gut gemacht habe. Sie führt die system, die dazu führen, dass die Eigen- fehlende Sprechfähigkeit zum einen darauf verantwortung stärker betont wird und In- zurück, dass der Einzelne in den großen dividualität und Kreativität gefördert wer- Klassen in Korea keine Gelegenheit be- den. Dazu, wie das geschehen soll, werden komme, das Sprechen zu üben, und zum keine Vorschläge gemacht. So sagt eine anderen macht sie die fehlende Erziehung kritische Stimme: zur Diskussion dafür verantwortlich und „Aber das große Problem ist, dass die k o- schreibt, auch nach einem Jahr als Aus- reanischen Studenten zu passiv studieren. tauschstudentin in Berlin „finde ich es i m- Das ist so, weil sie das schon gewöhnt sind, mer noch schwierig, meine Meinung münd- seit sie sehr jung waren, denn koreanische lich zu äußern, weil ich daran nicht ge- Eltern und Lehrer sagen immer, was die wöhnt bin“. Schüler oder Studenten tun sollen. Aber eigentlich kann man nur froh sein und Gu- tes leisten, wenn man etwas sponta- 32 ner tut. Also brauchen wir die selbststeu- Aus meiner eigenen Unterrichtspraxis kann ernde Ausbildung in Korea.“ ich diesen Hoffnungsschimmer bestätigen: Eine andere meint nicht weniger kritisch: Auch wenn es ihnen sichtlich schwer fällt, „Die koreanischen Studenten haben sich sind immer mehr Studentinnen bereit, im an dieses System (autoritäre Lehrer und Unterricht aktiv mitzuarbeiten und ihrer passive Schüler) gewöhnt. Sie reden nicht Professorin Fragen zu stellen. Und wer die viel im Unterricht, stellen keine Fragen Universitätszeitungen betrachtet, wird viele und wahrscheinlich haben sie wirklich Artikel finden, in denen die Studentinnen keine. Ob in Deutschland oder Korea, die sich kritisch zu Universitätsentscheidungen ProfessorInnen sollten das Denken lehren, und zu Unterrichtsveranstaltungen äußern. lehren alleine zu studieren.“ Dabei gibt es allerdings wiederum ein Problem: sie wissen wegen mangelnder Aber einige weisen auch daraufhin, dass es Erfahrung nicht, was konstruktive Kritik ist doch Hoffung gebe: „Glücklicherweise und gehen daher oft zu weit, oder sie ver- wandelt sich das Schulsystem langsam zum wechseln ihre ganz persönliche Frustration Positiven. Es gibt nun verschiedene Pro- mit den objektiven Gegebenheiten. Aber gramme, damit die Schüler ihre eigenen das ist ein anderes, weites Feld ..... Fähigkeiten verbessern können.“

Eine Welt im Osten von Deutschland – Schulerfahrungen in Deutschland und Korea

Jiyon Kim

Die Autorin ist Studentin im ersten Studienjahr des geisteswissenschaftlichen Fachbereichs an der Ewha-Universität in Seoul/Korea. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr lebte sie mit ihren koreanischen Eltern in Bochum und besuchte daher fünf Jahre lang die Schule in Deutsch- land. Sie schildert ihre Erfahrungen mit dem koreanischen Schulsystem vor dem Hintergrund ihrer Kenntnis des deutschen Schulalltags.

Ab und zu sehne ich mich nach einem Leh- Schuljahr in Deutschland auf und meine rer oder einer Lehrerin, mit dem oder der Ideallehrerin lernte ich in der ersten Klasse ich mich gemütlich unterhalten kann. Es kennen. Nach der Rückkehr nach Korea soll ein großes Glück sein, eine solche Per- schrieben wir uns nicht selten Briefe – a- son zu haben, denn ein solcher Lehrer oder ber, wie schon gesagt, die Kontaktmög- eine solche Lehrerin kann einen großen lichkeiten sind begrenzt. Einfluss auf das Leben haben. Glückli- In der koreanischen Schule oder Universi- cherweise hatte ich eine solche Lehrerin, tät habe ich noch keine Person kennen ge- deretwegen ich meine Grundschulzeit reif lernt, die ich als Ideallehrer bezeichnen und glücklich verbringen konnte. Leider ist kann. Wie kann es sein, dass man keinen sie elf Flugstunden von mir entfernt und Lehrer hat, mit dem man sich gemütlich wir haben deshalb Schwierigkeiten, uns zu unterhalten kann, obwohl man doch schon verständigen – ich wuchs bis zum fünften eine achtzehnjährige Studentin ist?

33 Den Grund dafür kann man erkennen, Die Ursache für all dies ist im “Su-neung” wenn man auch nur etwas über das korea- zu sehen. Beim “Su-neung” handelt es sich nische Schulsystem erfährt. um die sogenannte schulische Abschluss- Korea hat verglichen mit Deutschland ver- prüfung und gleichzeitig die Eintrittsprü- hältnismäßig wenig Schulen. Als ich zur fung für die Universität – eben um das ko- Mittelschule ging, waren in einer Klasse reanische Abitur. Im “Su-neung” gilt – über fünfzig Schüler, was sehr unange- ausgenommen sind die mathematischen nehm war – für den Lehrer und auch den Aufgaben- ausschließlich das Multiple- Schüler. Vor Kurzem wurde das Schulge- choice-Verfahren. Geprüft wird der gesam- setz jedoch um die Bestimmung ergänzt, te Schulstoff der drei Oberschulklassen. dass nicht mehr als 35 Schüler eine Klasse Die Noten bestimmen, an welcher der Uni- bilden sollten. Die Lehrer haben Schwie- versitäten man studieren kann. Da es der rigkeiten, sich um alle Schüler zu küm- Wunsch der Schüler und natürlich auch der mern. Das Auswendiglernen der Schüler- Eltern ist, die Aufnahme an einer der we- namen ist schwierig, weshalb jedem Schü- nigen zur Elite gehörenden Universitäten ler eine Nummer zugeteilt wird. Diese zu erreichen, sind Schüler und Eltern auf- Nummer symbolisiert das ganze Schuljahr grund der Fülle des Schulstoffs und der hindurch sein “Ich”. Wer die Chance hat, nicht ausreichend zur Verfügung stehenden die Aufmerksamkeit des Lehrers zu erre- Lernzeit sehr besorgt. Deswegen gibt es die gen, hat die glückliche Gelegenheit, ein Hagwons, die koreanischen privaten Nach- Vertrauensverhältnis zum Lehrer aufzu- hilfeinstitute, in denen den Schülern beim bauen. Lernen des umfangreichen Prüfungsstoffes Der Unterricht läuft in Korea ganz anders geholfen wird und diese auf den Su-neung ab als in Deutschland. Beispielsweise wird vorbereitet werden. Die meisten Schüler in im Unterricht in Korea nicht so viel disku- Deutschland würden denken, dass in diese tiert. Der Unterricht wird vom Lehrer ge- koreanischen Nachhilfeinstitute nur die führt und die Schüler müssen ganz genau Schüler gingen, die Probleme mit dem Un- zuhören, was der Lehrer sagt, denn in sei- terricht haben – aber so ist es nicht. Es sind nen Worten stecken all die Antworten und interessanterweise gerade die guten Schü- Lösungen. So ein Unterricht ist zwar sehr ler, die nach der Schule ein Hakwon besu- praktisch für die Schüler, aber sie verlieren chen und dort den ganzen Tag, die ganze die Kraft, selbst eine Lösung für die Auf- Woche oder, man kann auch sagen, die gaben zu suchen. Es gibt auch Fälle, in ganze Schulzeit verbringen. Um dieser denen dieser Unterrichtsstil Schülern nicht Hagwon-Plage entgegenzuwirken, hat das gefällt und diese in der Schulstunde den Schulministerium einen Erlass verkündet, Unterrichtsstoff aus anderen Fächern ler- durch den an den Oberschulen abendliche nen. freie Lernstunden eingeführt wurden. Diese Heute versuchen Lehrer einen freien, schü- freien Lernstunden können bis neun Uhr lerzentrierten Unterricht zu gestalten. In abends oder auch noch länger dauern. Dies einem derartigen Unterricht fehlt es jedoch hindert die Schüler auf der einen Seite am oft an der Tiefe, mit der ein Thema behan- Besuch des Hakwons – auf der anderen delt wird. In Deutschland nimmt sich der Seite wird die Freizeit der Schüler dadurch Lehrer dagegen viel mehr Zeit, ein Thema noch mehr eingeschränkt. Der Wunsch der umfassend abzuhandeln. “Nicht viel, aber meisten koreanischen Schüler ist es, we- genauer” lautet nämlich das Motto in nigstens ein Mal am helllichten Tage nach Deutschland – dieses Motto ist in Korea Hause gehen und dort zu Abend es- umgekehrt “Nicht genau, aber um so sen zu mehr”. können. Diese Situation können deut-

34 sche Schüler, die doch nachmittags immer wo man seine Kinder in eine Klasse mit schon spätestens um vier Uhr Schulschluss zwanzig Schülern, ohne Hakwons und haben, nicht verstehen. ohne Su-neung gehen lässt. Viele Leute Dies alles hört sich sehr negativ an. Kei- fragen mich, ob ich es bereue, die koreani- neswegs soll aber der Eindruck entstehen, sche Schule zu besuchen. Aber erstens bin dass die koreanische Schule einen falschen ich Koreanerin, die selbstverständlich eine Weg ginge. Man bemüht sich in Korea, das koreanische Schule besucht. Und zweitens Erziehungssystem immer weiter zu entwi- stehe auch ich in einer Verantwortung ge- ckeln. Die Schulen in Europa, oder auch in genüber den Nachfahren, diesen eine bes- Deutschland, waren nur ein bisschen sere Erziehungslandschaft zu hinterlassen. schneller – es wird noch der Tag kommen,

Die Deutsche Schule Seoul

Armin Kohz

Neben den koreanischen Schulen existieren in Korea eine Reihe ausländischer Bildungsein- richtungen. Es sind dies einmal staatsgetragene Kulturinstitute wie das British Council, Alli- ance Francaise, Goethe-Institut, Portugiesisches und Japanisches Kulturinstitut usw., auf der anderen Seite ausländische Schulen wie die deutsche, französische, chinesische usw. Korea- ner können diese Schulen nur besuchen, wenn sie a) eine Sondererlaubnis vom Erziehungsmi- nisterium bekommen, oder b) eigentlich keine Koreaner sind, d.h. eine andere Staatsbürger- schaft besitzen. Für viele Heimkehrer aus Amerika, aber auch aus Deutschland und anderen Ländern (und das sind jährlich Hunderte wenn nicht Tausende) trifft das zu, und natürlich auch für Kinder aus gemischtnationalen Familien. Eine dieser Schulen, die Deutsche Schule Seoul, stellen wir hier vor.

Die Deutsche Schule Seoul, eine deutsch- der DSS ist der VEREIN DEUTSCHE sprachige, internationale Schule, wurde SCHULE SEOUL, dessen Mitglieder ü- 1976 als Privatschule gegründet. Sie ist berwiegend Eltern der Schüler der DSS Teil des Netzwerkes deutscher Auslands- sind. schulen in Asien, fühlt sich der europäi- Der Unterricht der DSS setzt hohe Quali- schen Bildungstradition verpflichtet und tätsstandards. Dem Schulprogramm liegen sucht gleichzeitig den Dialog mit dem ko- vereinheitlichte, an deutsche Richtlinien reanischen Gastland. Seit 1994 führt die angelehnte Lehrpläne zugrunde. Die DSS DSS bis zur 10. Klasse. 1995 wurde sie zielt auf den Erwerb von Abschlüssen, die eine von der Bundesrepublik Deutschland in Deutschland und international anerkannt anerkannte und geförderte Deutsche Aus- werden. landsschule. In den letzten Schuljahren hatte sie zwischen 80 und 100 Schüler so- Mit der Auflistung dieser (ihrer eigenen wie 30 bis 40 Kindergartenkinder. Träger Selbstdarstellung entnommenen)

35 nüchternen Tatsachen wird man aber der der DSS erfolgreich als Preisträger teilge- Leistung und Bedeutung nicht gerecht, nommen. deswegen sei es mir als Vater eines ehema- Die DSS unterstreicht ihre Attraktivität ligen Kindergarten- und jetzigen Schulkin- auch durch Aktualität. So ist es ihr z. B. des der DSS gestattet, zur Charakterisie- zur Freude der Schüler (insbesondere der rung dieser Schule noch ein paar persönli- Mitglieder der Fußball AG) während der che Bemerkungen anzuschließen. Fußballweltmeisterschaft in Korea gelun- Neben dem normalen schulischen Lehr- gen, Franz Beckenbauer zu einem Besuch stoff, der in kleinen Klassenverbänden un- einzuladen. terrichtet wird und deswegen eine optimale Zu den festen Einrichtungen im Veranstal- Betreuung der Schüler ermöglicht, bietet tungskalender der DSS gehören u. a. ein die DSS in Form von Arbeitsgemeinschaf- jährlich stattfindender Laternenumzug, ein ten und anderen Aktivitäten aber auch noch Seifenkistenrennen und Flohmärkte auf eine ganze Reihe weiterer Betätigungsmög- dem Schulhof. Diese Veranstaltungen sind lichkeiten, die künstlerische Neigungen nicht nur kleine gesellschaftliche Ereignis- ebenso berücksichtigen wie sportliche Inte- se für die deutsche Gemeinde in Korea, sie ressen. Davon seien hier nur die besonders tragen auch dazu bei, den Kindern deut- beliebten jährlich stattfindenden Skikurse sches Brauchtum nahe zu bringen oder die und die Theater AG hervorgehoben. Diese Erinnerung daran wach zu halten. hat gerade mit großem Erfolg (u. a. auch Ein sehr wichtigstes (von den beiden deut- im Goethe – Institut Seoul) das Stück ‚Die schen Kirchengemeinden organisiertes und Reise durch das Schweigen’ des bekannten von der Wirtschaft unterstütztes) gesell- Kinderbuchautors Paul Marr aufgeführt. schaftliches Ereignis für die deutsche Ge- Besondere Attraktivität gewannen die Ver- meinde in Korea ist das alljährlich im Mai anstaltungen durch die Teilnahme des da- auf dem Gelände der DSS stattfindende für extra aus Deutschland angereisten Au- Gemeindefest. Hier treffen sich Deutsche tors. (teilweise mit ihren koreanischen und/oder Die Schüler der DSS, unterstützt von ihren internationalen Freunden), um bei Bier, jeweiligen Fachlehrern, engagieren sich Würstchen und Musik inmitten einer vielen aber auch in internationalen Partner- doch fremden Kultur ungezwungenes schaftsprojekten, insbesondere mit der Deutschtum zu pflegen. Dieses Gemeinde- französischen und britischen Schule in fest symbolisiert gleichzeitig die Bedeu- Seoul. In sehr eindrucksvoller Weise su- tung der DSS, die über die einer reinen chen sie auch den oben erwähnten Dialog Bildungsinstitution weit hinausgeht und sie zu ihrem koreanischen Gastland. Jährlich zu einem Zentrum und einem Ort des Aus- finden in der DSS sogenannte ‚koreanische tausches für Deutsche und ihre Freunde in Kulturwochen’ statt. In diesem von der Korea macht. koreanischen Regierung unterstützten Pro- jekt erhalten die Kinder von anerkannten Ein sehr wichtiger Aspekt der DSS ist ihre koreanischen Künstlern eine Woche lang Internationalität. Sie dokumentiert sich Unterricht in Fertigkeiten wie Tanz, Male- nicht nur in der Tatsache, dass viele Kinder rei, Töpferei, Trommeln etc. und stellen zweisprachig sind, sondern auch in der das Erlernte und Hergestellte dann ab- Multikulturalität der Elternschaft (nach schließend zur Schau. Auch an internatio- einer vor einiger Zeit durchgeführten Un- nalen Wettbewerben, wie z. B. dem in die- tersuchung sprechen die Eltern 18 ver- sem Jahr von der Stadt Seoul anlässlich der schiedene Sprachen als jeweilige Mutter- internationalen Kulturtage ausgeschriebe- sprache). Zunehmende Bilingualisierung nen Kindermalwettbewerb haben Kinder des Unterrichtsprogramms durch frühzeitig

36 einsetzenden und vertieften Unterricht ist ist. Insofern befruchten sich Schule und auch eins ihrer erklärten Ziele. Ein sehr Wirtschaft gegenseitig. erfolgreicher Schritt in diese Richtung war Eine Förderung der DSS (und anderer die Einstellung einer australischen Lehr- deutscher Auslandsschulen) liegt aber auch kraft für den Kunstunterricht, den diese auf im Interesse des deutschen Staates, dessen Englisch abhält. Darüber hinaus bietet die führende Politiker auf den grundsätzlichen, DSS Stützkurse an, um Kindern, deren engen Zusammenhang zwischen Bildungs- Muttersprache nicht Deutsch ist, dabei zu und Kulturaustausch einerseits und Ex- helfen, sprachliche Defizite abzubauen. portwirtschaft andererseits auch immer Die DSS kooperiert eng mit allen deutsch- wieder hingewiesen haben. sprachigen Schulen in Asien und Austra- lien und mit anderen internationalen Schu- len in Korea. Somit sichert sie nicht nur die Wiedereingliederung der Schüler in eine deutsche Inlandsschule, sondern auch den Wechsel zu deutschsprachigen Schulen an anderen Standorten und den Übergang an andere internationale Schulen.

Die DSS wird getragen von einem an In- landsschulen wahrscheinlich unvorstellba- ren Engagement von Seiten der Schullei- tung, der Lehrerschaft, des Vorstandes des Schulvereins und der Elternschaft glei- chermaßen. Auch die deutsche Botschaft Seoul setzt sich seit Anbeginn tatkräftig für die Belange der DSS ein. Das Gleiche gilt Es ist deswegen bedauerlich, dass die DSS für das Goethe - Institut Seoul, die korea- (im Gegensatz zu anderen Auslandsschulen nisch – deutsche Industrie- und Handels- in Korea) zur Zeit noch nur bis zur 10. kammer und die deutsche Wirtschaft in Klasse führt, d. h., dass die Schüler, um Korea. Insbesondere die Bereitschaft der das Abitur machen zu können, gezwungen deutschen Wirtschaft, eine positive Ent- sind, nach Deutschland zurückzukehren wicklung der DSS durch verschiedene und oder an eine andere internationale Schule teilweise sehr großzügige Förderungs- zu wechseln, und dass deswegen anderer- massnahmen zu unterstützen, scheint mir seits Wirtschaftsvertreter mit Kindern im hier erwähnenswert. Damit handelt die für diese Klassen in Frage kommenden Wirtschaft aber sicherlich auch in ihrem schulpflichtigen Alter eine Tätigkeit in eigenen Interesse, denn die DSS ist, (das einem deutschen Unternehmen in Korea gilt natürlich entsprechend für alle anderen nicht ernsthaft in Erwägung ziehen können deutschen Auslandsschulen) über ihre oben und damit der DSS wiederum potentielle erwähnte Bedeutung als Bildungsinstituti- Schüler nicht zuführen. on und Zentrum für die deutsche Gemeinde hinaus für deutsche Unternehmen sehr Erfreulich dagegen ist die Tatsache, dass wichtig, weil diese qualifizierten Mitarbei- die DSS seit einiger Zeit ein sehr professi- tern, die Kinder haben, eine Tätigkeit in onelles und erfolgversprechendes Schul- ihren Auslandsniederlassungen nur dann marketing betreibt. Im Rahmen dieser schmackhaft machen können, wenn vor Ort Entwicklung ist besonders auf den vor eine deutsche Schulausbildung gesichert Kurzem gegründeten Förderverein

37 Deutsche Schule Seoul hinzuweisen. Ihm ihnen deutsche Inlandsschulen nicht zu gehören juristische wie natürliche Perso- bieten haben. nen, d. h. in erster Linie deutsche Wirt- 2. Deutsche mit Bildungspolitik und schaftsunternehmen und Eltern der Schüler deren Förderung befasste Entscheidungs- der DSS an. Erfreulich ist auch, dass kore- träger sollten verstärkt darauf aufmerksam anische Unternehmen ihr Interesse am Bei- gemacht werden, dass die vielen bilingual tritt erklärt haben, womit sie deutlich auch und bikulturell aufgewachsenen und erzo- ihr Interesse an einer Förderung des kultu- genen Kinder an Auslandsschulen, deren rellen und wirtschaftlichen Austausches schulische Leistungen wohl oft auch über zwischen Deutschland und Korea signali- denen ihrer Altersgenossen an deutschen sieren wollen. Inlandsschulen liegen, gerade im Zeitalter Dank dieser und anderer Aktivitäten ist der Internationalisierung und Globalisie- inzwischen die Erweiterung des Schulge- rung für den deutschen Staat ein wertvolles bäudes durch Aufstockung sicher gestellt Potential darstellen, das in dessen eigenem worden. Außerdem konnte ein neuer und Interesse nach besten Kräften gefördert sehr viel größerer Schulbus angeschafft werden sollte. werden. 3. Die koreanische Regierung erwägt Maßnahmen, um dem Abdriften koreani- scher Schüler in eine Schulausbildung im Ausland entgegen zu wirken. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Förderung von Auslandsschulen in Korea. Es könnte durchaus im Interesse der koreanischen Regierung liegen, wenn einer bestimmten (noch genauer zu definierenden) Gruppe koreanischer Schüler der Zugang zur DSS gewährt würde. Korea braucht in zuneh- mendem Maße internationalisierte junge Leute, die in der Lage sind, effektiv im Effektives und innovatives Schulmarke- kulturellen und wirtschaftlichen Austausch ting, das insbesondere darauf abzielen soll- mit verschiedenen Ländern zu arbeiten. te, eine Oberstufe, die bis zum Abitur Gerade die hier erwähnten Schüler könnten führt, einzurichten, könnte in verschiedene später einen wichtigen Beitrag zu diesem Richtungen vorstoßen: Austausch leisten. Da es sich bei ihnen in 1. Deutsche Wirtschaftsvertreter in erster Linie wahrscheinlich um Rückwan- Korea und Deutschland z. B. sollten ver- dererkinder handeln würde, kämen sie für stärkt darauf aufmerksam gemacht werden, die DSS gerade für die unter mangelnden dass ihre Kinder an der DSS nicht nur Schülerzahlen leidende Oberstufe in Be- fachlich und persönlich optimal betreut tracht. werden, sondern dass diese durch ihren Auslandsaufenthalt und die damit verbun- Zur Unterstützung meiner Argumente zitie- dene Horizonterweiterung Erfahrungen von re ich das ‚Mission Statement’ der DSS: unschätzbarem Wert machen können, die „Unsere Schüler erhalten eine herv orra- gende, internationale Ausbildung und

38 erwerben zukunftsorientierte Kompetenzen ne schon wegen der interessanten Links zu auf einem sprachlich und geistig gefestig- Deutschland und Korea lohnt. ten Hintergrund deutscher Geschichte und Wem diese Ausführungen zu trocken wa- europäischer Kulturtradition.“ ren, dem empfehle ich einen Besuch des Weihnachtsmarktes, der am 13. 12. auf Abschließend sei noch auf die ansprechend dem Gelände der DSS veranstaltet wird. gestaltete und informative Homepage der Dieser Besuch wiederum lohnt sich allein DSS hingewiesen, deren Besuch sich allei- schon wegen des dort angebotenen haus- gemachten Glühweins.

Geschichte und Aufgabe von EBS

Frank Grünert

Die Vorläufer von EBS reichen bis 1951 EBS soll in erster Linie die Möglichkeiten zurück. Es begann mit Radiosendungen. für lebenslanges Lernen erweitern, die 1980 wurden dann die ersten TV- Schulbildung unterstützen und die Chan- Programme ausgestrahlt. Seit 1990 heißt cengleichheit verbessern. Bildung soll kein der Sender „Korea Educational Broa d- Privileg der wohlhabenden Stadtbevölke- casting System - (EBS)„ und ist eine von rung sein. Mit dem Sender kann jeder im drei landesweiten Rundfunkanstalten. Au- ganzen Land, auch in abgelegenen Dörfern, ßer dem Radioprogramm auf UKW und lernen, ohne viel Geld ausgeben zu müs- dem TV-Kanal, die beide konventionell sen. Auf der Webseite von EBS ist auch über Antenne zu empfangen sind, strahlt auf Englisch nachzulesen, welch hehre EBS seit 1997 auch zwei Satellitenpro- Ziele man sich noch gesteckt hat: gramme aus. „We live in an era in which people' s know- EBS wird vom koreanischen Erziehungs- ledge level is often equated with national ministerium finanziell und administrativ strength. Educating people would be the unterstützt. Rund 40 % des Budgets kommt best form of national investment, since the von der koreanischen Regierung, der Rest most valuable resource of a nation is its aus verschiedenen anderen Quellen (Ver- people. (…) Since lifelong education be- marktung von Videokassetten, Büchern, comes crucial to every generation ranging Werbung, u. a.) from children to adults, EBS (Korea Edu- Neben typischen Bildungsprogrammen wie cational Broadcasting System) will conti- etwa Sprachkursen sendet EBS auch zahl- nuously provide not only Koreans but also reiche Dokumentarfilme aus dem In- und people all over the world with the pleasure Ausland. Außerdem werden anspruchsvol- of learning. le ausländische Filme oder Fernsehserien This new era will be shaped by pragmatic im Original mit Untertiteln ausgestrahlt. Im broadcasting, and EBS will make the world letzten Jahr lief z. B. das Doku-Drama a better place to live for all mankind by „Die Manns„ von Heinrich Breloer. pursuing the spirit of pragmatism.“

39 Nachzulesen auf der Website: Deutschstudenten. Zu den meisten Sende- http://www.ebs.co.kr/Etc/Etc/abt_evision.a staffeln gehört auch ein Landeskundeteil, sp?leftmenu=menu indem eine Stadt oder Region Deutsch- lands vorgestellt wurde. (Die Präsentation Der Gedanke, dass EBS nicht nur Korea- österreichischer oder schweizerischer ner, sondern Menschen auf der ganzen Landschaften war die Ausnahme, nicht Welt mit den Freuden des Lernens versor- zuletzt weil es an Sendematerial und – gen wird, klingt in deutschen Ohren nett, rechten fehlte.) aber etwas seltsam. Schließlich wird auf Die Sendungen, die zur Zeit zu sehen sind, EBS auch in den Fremdsprachenprogram- basieren auf dem Multimedia-Sprachkurs men hauptsächlich Koreanisch gesprochen. Redaktion D, der vom Goethe-Institut Inter Und doch ist die Idee vom weltweiten Ler- Nationes, der Deutschen Welle u. a. entwi- nen nicht so absurd, wie sie hier zunächst ckelt wurde. Der Fernsehkurs, wie er von scheint. Für mich war es jedenfalls sehr der Deutschen Welle ausgestrahlt wurde, interessant, als ich erfuhr, dass es koreani- besteht aus: insgesamt 13 Folgen à 15 Mi- sche Studenten gibt, die in Deutschland nuten, 12 Spielfilmsequenzen à 4 - 5 Minu- den Fernsehsprachkurs von EBS via Inter- ten, 13 Dokumentarfilmen, 12 Sprachkurs- net sehen und auf der EBS-Homepage mit Sequenzen à 3-3.30 Minuten. Deutschlernern in Korea auf Deutsch und Für den EBS-Kurs wurde das Material auf Koreanisch chatten, um Lernerfahrungen ein halbes Jahr gestreckt. Für jede Woche auszutauschen. entstanden zwei 20 minütige Folgen. Der

EBS-Kurs verfügt über dieselben Kompo-

✑ ✒

✒ ✓

✓ ✔

✔ ✕ EBS TV ✕ nenten wie die Vorlage, wurde aber um den oben erwähnten Studioteil ergänzt. Deutschkurse werden beim EBS-Fernsehen Außerdem schrieb Kang Chang-Uh ein schon seit vielen Jahren - allerdings mit neues Begleitbuch für Korea.

Unterbrechungen von bis zu zwei Jahren –

✗ ✘ ✙ ✚ unter dem Titel „ ✖ „ (Deutsche „Im Mittelpunkt der Einzelepisoden stehen Konversation) regelmäßig gesendet. Es mysteriöse Fälle im Spannungsfeld von waren und sind stets Kurse im unteren deutscher Geschichte und Sagenwelt auf Grundstufenbereich. Meist wurde mit in der einen und moderner, technologiege- Deutschland von deutschen Organisationen prägter Gegenwart auf der anderen Seite. produzierten Material („Alles Gute!„, Diese Fälle müssen von den beiden jungen „Was?„, „Hallo aus Berlin„, „Einblicke„, Internet-Redakteuren Paul und Laura re- „Redaktion D„) gearbeitet, das den kore a- cherchiert und gelöst werden. Der Doku- nischen Lehrtraditionen entsprechend mentarteil ist eng mit dem Spielteil ver- adaptiert wurde. Im Studio wurden die Dia- knüpft; in ihm werden wichtige Aspekte loge auf Koreanisch von einem Koreaner des alltäglichen Lebens in Deutschland erklärt und von ein oder zwei Mutter- vermittelt. (…) Durch eine ästhetisch a n- sprachlern wiederholt. In der Sendestaffel, spruchsvolle visuelle Darstellung werden die zurzeit läuft und die im letzten Jahr auch komplexere Sachverhalte deutlich, entstand, sind dies Kang Chang-Uh, Pro- die sprachlich von den Lernern noch nicht fessor für Linguistik an der SNU, Iris Bro- vollständig bewältigt werden können. Prin- se, Hongik Univ. und ich. zipiell gilt, dass alles möglich ist, was kein EBS produzierte jedoch auch eigene Spiel- Verstehenshindernis darstellt.„ Aus einer szenen, brachte Ausschnitte aus deutschen Projektbeschreibung von Bernd Kast (Goe- Spielfilmen, Interviews mit Deutschen in the-Institut München) Korea und mit vielen koreanischen

40 Website: http://www.germanistik.fu- sprachen im neuen Millennium sonntag- berlin.de/~daf/comp-fu- morgens um 6.00 – 6.20 Uhr. Inzwischen public/RedaktionD.html. ist er gar nicht mehr über Antenne zu emp- Die Filme sind in der Tat sehr professionell fangen, alle Folgen wurden bereits ausge- gedreht und interessant gemacht, sprach- strahlt. Neue Produktionen sind bislang lich sind sie meiner Meinung nach für An- nicht geplant. Allerdings werden alle Sen- fänger etwas zu anspruchsvoll. Als störend dungen über „Plus 2„, einem der beiden und peinlich empfinde ich die permanente Satellitenkanäle von EBS, wiederholt. Au- Schleichwerbung für das Produkt eines ßerdem kann man sich im Internet per Li- Sponsors. Dem chinesischen Fernsehen ve-Stream und VOD die Sendungen an- war das zu viel, es lehnte die Ausstrahlung schauen. Wen es interessiert, hier sind die

von Redaktion D aus diesem Grunde ab. Sendezeiten: ✜ EBS ✛ -2TV (EBS – Plus 2 TV) Don- Sendezeiten nerstag und Freitag 08:30~08:50, 12:00~12:20 und Sonntag 01:10~01:50 Während der EBS-Deutschkurs in den 90er EBS UKW Radiokurs Mi, Do ,13:10 - Jahren sehr attraktive Sendeplätze hatte 13:25

(21.00 - 21.20 Uhr bzw. 21.20 – 21.40 Begleitbuch ✢✤✣✦✥★✧✦✩ 4,800 Won Uhr), sendete man ihn und die anderen Homepage: www.ebs.co.kr uninteressant gewordenen Zweitfremd-

Das Suhaknûnglyôkshihom (Sunûng)

Klaus Polap

Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.

Das koreanische Bildungssystem ist von und eben vor allem außerschulische Vorbe- den hiesigen Medien einer ständigen Kritik reitungen. Mit einem schlechten Tester- ausgesetzt. Neben der angeblich zu kurz gebnis wird der Student von keiner der kommenden Kreativität wird vor allem Prestigeuniversitäten aufgenommen. So- auch über die immensen finanziellen Be- fern er den Test im Jahr darauf nicht wie- lastungen geklagt, die die Familien be- derholen möchte, muss er entweder auf das lasten. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Studium verzichten oder sich bei einer Ji- Kosten fällt durch Hagwons an, die auf das bang-Universität (Universität in der Pro- Sunûng (auf Englisch CSAT College Sco- vinz) bewerben, wovon viele sagen, dass es lastic Apptitude Test) vorbereiten. mit einer Bewerbung in die Arbeitslosig- Dieser Test ist für die koreanischen Schü- keit gleichzusetzen ist. ler die Stunde der Wahrheit, oder sollte Da der Test so immens wichtig für Korea- man nicht besser Stunden der Wahrheit ner, ist man fast versucht zu sagen, dass am sagen, den er dauert (zumindest dieses Testtage Korea still steht. Arbeiter und Jahr) von 8Uhr30 bis 18Uhr30. Auf diesen Angestellte sollten tunlichst eine Stunde Test reduzieren sich zwölf Jahre schulische später zur Arbeit gehen, um den

41 Frühverkehr zu entlasten, Flugzeuge dürfen Russisch (605/0,4%). Setzt man diese Zah- während der Hörtests nicht starten und len in Relation zu den Schülerzahlen fällt landen, ganz zu schweigen von den Müt- auf, das die beiden europäischen Sprachen tern, die in Kirchen und Tempeln für hohe Deutsch und Französisch als „Testspr a- Testergebnisse beten. chen“ beliebt sind, Japanisch und Chin e- Wegen seiner Wichtigkeit wird immer sisch aber nicht. Diese beiden erreichen wieder gefordert, dass der Test öfter als nicht den Prozentanteil ihrer Schülerzah- einmal jährlich abgehalten wird. Dies er- len, Deutsch und Französisch liegen deut- scheint dem Autor als technisch unmög- lich darüber, und Russisch und Spanisch lich, jedenfalls in der Form in der er zur im Schnitt: Zeit erstellt wird. Um dieses näher zu be- Japanisch 399720 (66,0%) gründen, bedarf es nur einer Beschreibung, Chinesisch 99417 (16,4%) wie der Test entsteht und was darin geprüft Deutsch 57742 (9,6%) wird. Französisch 40752 (6,7%) Zunächst ein paar Zahlen aus dem Jahr Spanisch 6060 (1,0%) 2003. Der diesjährige Test ist derjenige für Russisch 1985 (0,3%) 2004. Im Bereich der 2. Fremdsprache sind ins- Das KICE (Korean Institut of Curriculum gesamt 40 Punkte zu erreichen. and Evaluation), das den Test vorbereitet, registrierte 655384 Testteilnehmer. Davon Der gesamte Test wird nach amerikani- waren 472489 Schulabgänger, 169916 (o- schem Vorbild im Multiple-Choice- der fast 28%) Wiederholer und 12979 Verfahren abgehalten und anschließend Sonstige (Rentner, Heimkehrer, Hochbe- zentral von einem Computer eingelesen gabte, ...). und ausgewertet. Der Test besteht aus fünf obligatorischen Wie bereits eingangs erwähnt hängt von und einem fakultativen Teil. Pflichtfächer der erreichten Punktzahl ab, an welcher sind Koreanisch (insgesamt 120 Punkte), Universität man sich bewerben kann. Al- Mathematik, Englisch (jeweils 80 Punkte), lerdings sollte bedacht werden, dass auch sowie ein sozialwissenschaftlicher Teil und die einzelnen Fakultäten eine unterschied- ein naturwissenschaftlicher Teil (beide liche Wertigkeit besitzen. Möchte man z.B. addieren sich zu 120 Punkten; die Gewich- Medizin, Informatik oder Jura an der Seoul tung variiert je nachdem welche Ausrich- National studieren, benötigt man dafür tung der Teilnehmer wünscht 72/48 bzw. etwa 380 Punkte. Für Deutsch aber nur vice versa). Die Fächerbandbreite unter- etwa 350. An weniger prestigeträchtigen scheidet sich nicht sonderlich von den auch Universitäten in Seoul etwa 330. Je weiter in Deutschland üblichen Fächern. Bemer- man sich vom Zentrum entfernt und je kenswert sind allerdings Ausnahmen: Zum niedriger die Universität im nationalen einen wird zwischen koreanischer Ge- Ranking steht, desto weniger Punkte wer- schichte und Weltgeschichte unterschie- den benötigt. den, zum anderen erscheint das Fach Geo- Allerdings ist es den Universitäten freige- logie im Kanon. Insgesamt können also stellt, inwieweit sie den Test nutzen. Bei- 400 Punkte erreicht werden. An diese Fä- spielsweise verwendet man, wenn man cher schließt sich das Wahlfach 2. Fremd- eine Fremdsprache an der Chung-Ang stu- sprache an. Diese sind derzeit Japanisch dieren möchte, nur den Koreanisch-, Eng- (67790 haben den Test absolviert; = lisch und sozialwissenschaftlichen Teil des 39,7%), Deutsch (45099/9,6%), Franzö- Tests. Auch finden bei den meisten Uni- sisch (35770/20,9%), Chinesisch versitäten noch eigene universitätsinterne (19389/11,3%), Spanisch (2189/1,4%) und Interviews und Aufsatzübungen, sowie

42 die Schulnoten Verwendung. Grob kann schen Schüler viel besser als die Professo- man sagen, dass unter den Kriterien, die ren und der Lehrer, der ja nur gute zur Anwendung bei einer Aufnahme kom- Deutschschüler hat. Er weist darauf hin, men, der Test etwa 50 % ausmacht, 30- welche Aufgaben er für zu schwer hält. 40% die Schulnoten und der Rest auf In- Woraufhin einige Fragen wieder geändert terviews und Essays entfällt. werden bzw. vorbereitete Ersatzfragen ein- Nach diesen allgemeinen Ausführungen gewechselt werden. will ich noch näher auf die Erstellung des Gleichzeitig mit dem Deutschen sind noch Deutschtestes eingehen. zwei weitere Lehrer eingetroffen, die die Etwa vier Wochen treffen sich in einem nächsten zwei Tage nutzen, um alte Tests zumeist idyllisch gelegenen Hotel die ers- anzuschauen, um sich in das Niveau einzu- ten Kommissionsmitglieder. Im Falle lesen und sich bereits gestellte Fragen zu Deutsch sind dies vier Professoren und ein merken. Nach den zwei Tagen prüfen sie Lehrer von einer Foreign Language High- den Test und erheben Einwände gegen school. Diese erste Vorgruppe erstellt die Fragen, einzelne Wörter. Das Niveau wird ersten 30 Testfragen. Diese 30 Fragen un- erhöht oder gesenkt. Wenn jede einzelne terliegen mehreren Auflagen. Zum einen Gruppe mit Ihrem Test zufrieden ist, wird dürfen die Fragen nur den Wortschatz und er den anderen Gruppen aus der Abteilung die Grammatik von Deutsch 1 verwenden. 2. Fremdsprache vorgestellt. Es wird ver- Dies limitiert sie auf einen Wortschatz von sucht, das Niveau in etwa anzugleichen, etwa 500 Wörtern und die Grammatik des um für alle gleiche Testbedingungen zu ersten Halbjahres. Erschwerend kommt schaffen. außerdem hinzu, dass eine Frage nur ein- Dieses Niveau ist vom KICE vorgegeben. mal gestellt werden darf. Sie darf also nicht Die besseren 50% aller Schüler, die am bereits in einem der Tests der letzten Jahre Test teilnehmen, sollen etwa 78% aller vorhanden sein und sollte auch nicht Punkte bekommen. Der letztjährige Test bereits als in einer Highschools als Test- lag mit 78,1% nur knapp daneben. Er ist vorbereitung verwendet worden sein. Um also für das angestrebte Niveau anschau- die Sache noch etwas zu verschärfen wird lich. Für den diesjährigen Test liegen dem noch eine zweite Wortliste verwendet (zu- Autor noch keine Ergebnisse vor. sätzlich zu der Curricularliste), in der die Über die bisherige Arbeit sind nun annä- Verwendungshäufigkeit in den in Korea hernd zwei Wochen vergangen, und es verwendeten Schulbüchern angegeben kommen zwei Wochen vor Testbeginn wird. Wenn möglich sollte das Wort in nochmals zwei Lehrer, um den Test einer 80% aller Bücher auftauchen. Leider ist nochmaligen Prüfung zu unterziehen und auch die Verwendung von Wörtern im weitere kleine Änderungen vorzunehmen. Deutschtest untersagt, die zwar nicht Hiernach wird der Test allen anderen deutsch sind, bei denen man aber davon Gruppen im Plenum vorgestellt. Auch kann ausgehen könnte, dass die Schüler sie man zu anderen Gruppen gehen und die kennten, z.B. E-Mail. Aus den dann noch dortige Arbeit anschauen (der Autor bevor- verbleibenden 200 Wörtern versuchen die zugt Englisch und Französisch). fünf dann die 30 Fragen mit den dazugehö- Und wenn dies alles getan ist, wird der rigen fünf Antworten zu zimmern. Test zu einer Druckerei gebracht. Nun be- Hierzu haben sie fünf Tage Zeit. Danach ginnt das Warten bis zum Testtage, an dem trifft der Native Speaker ein. Er übernimmt man abends in die Freiheit entlassen wird. den ersten Check der Aufgaben. Außerdem An dieser Stelle sei eine persönliche Be- kennt er durch den Unterricht der Erstse- merkung erlaubt. Die Teilnahme an der mester das Leistungsniveau der koreani- Prüfungskommission ist vermutlich

43 nicht jedermanns Sache. Zwar ist das Ho- Kassetten für die Hörtests gemacht werden tel, wie schon erwähnt, idyllisch gelegen, (Englisch und Koreanisch). Außerdem doch kann man diesen Vorteil nicht nutzen, werden Spezialdrucke Sehgeschädigt und denn mit dem Eintritt in das Hotel (nach Blinde angefertigt. Eine weitere Woche Leibesvisitation durch Sicherheitsbeamte) behält man sich als Reserve vor. Wer also gibt man seine Freiheit für drei bzw. vier gebeten wird am Test mitzuwirken, weiß Wochen auf. Das Hotel kann man nicht worauf er sich einlässt. Ein Lektor drückte verlassen. Das Heraustreten in den um- es dem Autor gegenüber so aus: Man hat mauerten Hof oder Parkplatz ist nur zwei- genug Zeit zu eingehenden biologischen mal täglich für höchstens eine Stunde er- Studien, wie lange ein Blatt brauche gelb, laubt, was Ähnlichkeiten mit dem moder- dann rot und schließlich braun zu werden. nen Strafvollzug aufweist. Türen und Fens- Welche Windstärke benötigt wird um es ter des Hotels sind verschlossen und ver- vom Aste fallen zu lassen und wie apa- siegelt. Wohl dem, der genug zum Lesen thisch man werden kann, wenn man drei mitbrachte. Kontakt mit der Außenwelt ist Wochen nichts anderes sieht. unterbunden. Handys werden konfisziert Um 18 Uhr am Prüfungstag ist die Warte- und Internetanschlüsse aus den Notebooks rei dann beendet. Die letzten Testteilneh- entfernt. Selbst MP3-Player sind ab- mer haben die Griffel geworfen und damit zugeben. Und so bleiben neben dem Lese- öffnen sich auch die Türen für die zirka vorrat nur ein wenig Tischtennis und Bad- 180 Gefangenen. Man eilt zu den Bussen minton zum Vergnügen. Dies jedoch erst und schwört sich insgeheim nie wieder nach Fertigstellung des Tests. mitzumachen, nur um im Jahr darauf wie- Die zirka zwei Wochen Wartezeit sind der viele bekannte Gesichter zu sehen. lang. Innerhalb einer Woche müssen die

Das Grundstudium an koreanischen Universitäten

Edeltrud Kim

Auf Wunsch der Redaktion wird hier eine Neufassung der Hochschulabschnitte aus dem Bei- trag “Das Erziehungswesen in Korea“ aus den »Informationen für deutschsprachige Lekto- ren und Lektorinnen in Korea 1993/94« vorgelegt.

Die Organisation der Hochschulen status und in jeder Provinz befindet sich je eine staatliche Universität, die anderen Die koreanischen Universitäten orientieren Hochschulen sind (in der Regel staatlich sich bei der Organisation des Studiums und anerkannte) Hochschulen in privater Trä- bei den Verwaltungsstrukturen am US- gerschaft. Die Studiengebühren sind ziem- amerikanischen Hochschulsystem. In Ko- lich hoch, so dass trotz verschiedenster rea gibt es mehr als 200 Hochschulen: In Stipendienprogramme viele begabte junge Seoul, in den anderen Städten mit Provinz- Leute aus armen Familien aus finanziellen

44 Gründen nicht studieren können. in den Köpfen der Leute ebenfalls eine Rangordnung existiert, aufgenommen wer- In Korea gibt es zwei bzw. drei Typen von den kann. Hochschulen: ✪ Universität als Volluniversität oder Jede Hochschule hat das Recht, die Moda-

als College mit begrenzter Fächerzahl litäten der Aufnahme selber zu regeln, d.h.

✬ ✭ ( ✫ = dae hak gyo), viele Universitäten die Hochschulen entscheiden, wie die haben auch Fakultäten, die den deutschen Punkte der Eignungsprüfung und die Kunst-, Musik- und Sporthochschulen ent- Schulleistungen für die einzelnen Fachbe-

sprechen. reiche gewichtet werden, ob sie eine zu-

✮ ✰✲✱✴✳✶✵ Junior College ( ✯ = chon sätzliche Aufnahmeprüfung machen lassen mun dae hak gyo), das in etwa einer deut- oder ob sie Sonderregelungen einführen, schen Fachhochschule entspricht und zwei- um begabte Studienanfänger zu gewinnen. oder dreijährige praxisorientierte Ausbil- So werden z.B. an vielen Universitäten dungsgänge anbietet. schon vor der Eignungsprüfung einige Stu-

✷ Pädagogische Hochschule denten ausgewählt, die über besondere ✸✲✹✻✺✶✼ ( ✵ = kyo yuk dae hak gyo) nur Fähigkeiten wie z.B. gute Fremdsprachen- zur Ausbildung von Grundschullehrern mit kenntnisse verfügen. Sie müssen sich so- einem zwei- oder dreijährigen Studiengang. fort für ein Hauptfach entscheiden, haben im letzten Semester der Schulzeit schon Für alle Hochschulen gilt ein numerus Aufgaben für die Uni zu erledigen, können clausus, da das Erziehungsministerium sich auf diese Weise aber einen Studien- vorschreibt, wie viele Studienanfänger eine platz in einer der besseren Universitäten Hochschule jedes Jahr maximal aufnehmen sichern und dabei die Teilnahme an der darf. Die Verteilung der Studienanfänger schrecklichen Eignungsprüfung umgehen. auf die Fakultäten bzw. auf die Fächer re- geln die Hochschulen dann selbst. Der Aufbau des Studiums

Zugang zum Hochschulstudium An den Universitäten unterscheidet man generell zwischen Grundstudium und Gra-

Studieren kann jeder, der bei der zentralen duate School. Das Grundstudium ist nach

✾ ✿ ❀ ❁ staatlichen Eignungsprüfung4 ✽ su Jahrgängen mit je zwei Semestern geglie-

nung shi hom ❂ die vorgeschriebene Min- dert. Die Matrikelnummern der StudentIn-

destpunktzahl erreicht und die Oberschule5 nen enthalten daher immer in irgendeiner ❄❆❅✶❇ ( ❃ , go dung hak gyo) absolviert oder Form das Jahr des Studienbeginns.

eine entsprechende Sonderprüfung abge- ❈

❉ ❊

legt hat. Die Punktzahl bei der Eignungs- Grundstudium ( ❊ = hakbu), ● prüfung und die Schulnoten aus der Ober- Studienabschluss: BA ( ❋ = haksa), Re- schule entscheiden darüber, wo man was gelstudienzeit: 4 Jahre. Das erste Studien-

studieren kann, bzw. (realistischer formu- jahr ist generell für allgemeinbildende Fä-

■ ❏ ❑ liert) von welcher Hochschule auf welcher cher ( ❍ gyo yang gwa mok, Rangstufe der fetischisierten Rangordnung general studies) vorgesehen. koreanischer Hochschulen man für welches Während des Grundstudiums kann Fach bzw. für welchen Fachbereich, für die man als Austauschstudent an eine ausländische Universität gehen 4 Vgl. die entsprechende Anmerkung im Bei- oder sich beurlauben lassen, z.B. trag „Die studentische Perspektive“ . für Auslandsaufenthalte zum 5 Die koreanische „high school“ sollte man Fremdsprachenlernen oder aus fi- nicht mit „Gymnasium“ übersetzen, da sie nanziellen Gründen. Aber insge- nur drei Klassen umfasst, nämlich die Klas- samt darf das Grundstudium nicht sen 10 bis 12. mehr als 7 Jahre in Anspruch des Doktorkurses kann man sich nehmen. zu Studienaufenthalten im Ausland oder aus privaten Gründen beur- An einigen Universitäten gibt es lauben lassen oder an bestimmten für bestimmte Fächer auch die Austauschprogrammen teilnehmen. Möglichkeit zu einem integrierten Viele Doktoranden arbeiten heute Grund- und Masterstudium, das an Forschungsprojekten ihrer Fa- dann insgesamt 5 Jahre dauert. kultäten mit oder/und unterrichten

in allgemeinbildenden Kursen..

▼❖◆

◆ Graduate School ( = dae hak won), Reformbestrebungen seit den neunziger

6 ❙

2 Jahre Masterkurs ( ◗✻❘ Jahren ❨ ❚❱❯❳❲ = dae hak won sok sa gwa chong), Mitte der neunziger Jahre wurde vom Er- Studienabschluss ist der Master ziehungsministerium eine große Universi-

MA ( ❩❆❬ = sok sa). tätsreform angeordnet. Die neue Ordnung Im MA-Kurs muss man an 8 bis wird Fachbereichsordnung (= Hak bu che) 10 Seminaren teilnehmen, die genannt. Masterarbeit sollte man im 4. Se- Vor dieser Reform hatten die Universitäten mester schreiben, aber heutzutage festgelegt, wie viele der ihnen von der Re- beginnt man mit der Arbeit meist gierung zugestandenen Studienanfänger erst nach dem 4. Semester, so dass jedes einzelne Fach aufnehmen konnte, viele 2,5 oder 3 Jahre im MA-Kurs und alle Studienanfänger mussten sich bei sind. der Anmeldung schon für ein bestimmtes

Fach entscheiden. Und in der Regel konnte ❴✻❵❳❛❆❜ Doktorkurs ( ❭✻❪❳❫ = auch nur dieses eine Fach studiert werden. dae hak won bak sa gwa chong), Angesichts der riesigen Bedeutung des Studienabschluss ist der Doktor Studiums an einer der Spitzenuniversitäten

( ❴✻❵ = bak sa) für die Stellensuche und für das gesell- Im Doktorkurs muss man in der schaftliche Ansehen war der Maßstab für Philosophischen Fakultät meist an die Fächerwahl nicht das Interesse bzw. die insgesamt 10 Seminaren teilneh- Begabung, sondern die Überlegung, mit men, die normalerweise über 6 welchem Fach man in eine möglichst gute Semester verteilt werden. Die Universität gelangen könne. So hatten auch Doktorarbeit muss spätestens am die deutschen Abteilungen stets ihr festes Ende des 10. Jahres nach Eintritt Kontingent an Studenten, die natürlich in den Doktorkurs abgegeben sein. leider zum größten Teil nicht sehr lernwil- Geschieht das nicht, ist die ganze lig waren. Ausbildung hinfällig. Durch die Reform sollten die Schüler nun Auch während des Master- und angeregt werden, bei der Wahl ihres Stu- dienfaches ihren Interessen und Begabun- 6 Die Übersetzungen Magisterkurs und MA = gen zu folgen. Daher sollten die Studienan- Magister sollte man vermeiden, weil in fänger jetzt nicht mehr für ein ganz be- Deutschland zwecks Anwerbung ausländi- stimmtes Fach, sondern für einen Fachbe- scher StudentInnen jetzt Masterstudiengän- reich oder für ein Fakultät aufgenommen ge angeboten werden, deren Studienordnung werden und sich erst am Ende des ersten sich von den Regelungen für den Studienab- allgemeinbildenden Studienjahrs für ihr schluss mit dem deutschen Magister unter- erstes Hauptfach entscheiden. scheiden. (Vgl. z.B. Uni Jena, Masterstu- diengang DaF.) Bei der Studienreform wurde außerdem anbieten und andere z.B. Jura nur noch in angeregt, dass jeder zwei Hauptfächer oder der Graduate School. So spricht man z.B. ein Hauptfach und maximal zwei Nebenfä- darüber, dass die Seoul National University cher studieren sollte, dabei dürfen das eine Graduate Hochschule mit nur noch zweite Hauptfach und die Nebenfächer sehr wenigen undergraduate Studenten auch aus einem anderen Fachbereich ge- werden solle. wählt werden als aus dem, für den man Zur Zeit wird die baldige Einführung eini- aufgenommen wurde. ger Graduate Schools für Medizin ange- In der Philosophischen Fakultät gibt es strebt, ansonsten befindet sich diese Re- kaum besondere Regelungen für die Wahl form noch im Stadium der Planung, wird der zusätzlichen Fächer, die meist gegen aber bei Entscheidungen in Personal- oder Ende des zweiten Studienjahres erfolgt. Sachbereichen heute schon bedacht. Unter Bei den anderen Fakultäten existieren al- den Hochschulneugründungen gibt es aber lerdings von Hochschule zu Hochschule heute schon einige Graduate Hochschulen und von Fach zu Fach wechselnde Be- für bestimmte Fächer. schränkungen. Seit der Einführung dieser Reform sind die Credits im derzeitigen Grundstudium Studentenzahlen für die deutschen Abtei- lungen leider drastisch gesunken, da Wie in den USA ist das Grundstudium sehr Deutsch für sehr schwierig und leider auch verschult, allerdings wegen der besonderen für ziemlich nutzlos gehalten wird. koreanischen Verhältnisse beim Studien- Inzwischen wird die Fachbereichsordnung zugang nicht so leistungsorientiert. an einigen Universitäten schon wieder rückgängig gemacht, weil das Erziehungs- An koreanischen Universitäten gibt es für ministerium nicht mehr darauf besteht. das vierjährige Grundstudium in der Philo- sophischen Fakultät eigentlich keine Ab- Die Reform an sich geht aber weiter. Wie- schlussprüfung. In einigen, sehr beliebten derum nach amerikanischem Vorbild sol- Fächern führt man an einigen Universitäten len etliche Universitäten nur noch das einen Schlusstest durch, der den Lehrstoff Grundstudium anbieten, und zwar etwa als der beiden letzten Studienjahre berücksich- vierjährige Ausbildung in General Studies tigt, anderswo gibt es eine schriftliche mit einigen Schwerpunkten im Hinblick Hausarbeit, die aber im Grunde nur eine auf das Berufsleben oder ein späteres Stu- Formalität ist. dium an einer Graduate School. Andere Hochschulen sollen nur noch Graduate Zum Erreichen des Studienziels und da- Schools haben, in die man auch aufge- mit zur Ausstellung einer Abschlussurkun- nommen werden kann, wenn man für das de muss nachgewiesen werden, dass man betreffende Fach keinerlei Vorbildung im eine von der Universität vorgeschriebene Grundstudium erhalten hat. Einige Hoch- Mindestzahl an sog. Credits (= akademi- schulen wollen die beiden Typen auch sche Punkte) erworben hat und dass kombinieren und z.B. geisteswissenschaft- liche Fächer nur noch fürs Grundstudium

47 die Leistungen nicht schlechter als D (oder Für eine Unterrichtseinheit sind vom Er- 1,7) sind. ziehungsministerium 150 Minuten pro Zu diesem Zweck unterhält die Universi- Woche und 16 Wochen pro Semester vor- tätsverwaltung für jeden Studierenden eine geschrieben. An einigen Universitäten Karteikarte, die alle Kurse nennt, die man werden diese 150 Minuten pro Woche als je besucht hat, und die Zahl der Credits, die drei Stunden zu 50 Minuten gegeben, an der Kurs wert war, sowie die Note, die man anderen als zwei Stunden zu 75 Minuten. erhalten hat. Als Gesamtnote wird am En- Für eine 150minütige Unterrichtsveranstal- de auch ein Durchschnittswert in Zahlen tung gibt es pro Semester in aller Regel genannt. Die beste Note ist 4, wer in vielen drei Credits, es gibt allerdings auch einige Fächer A+ erhalten hat, kann auch schon praktische Fächer (z.B. Sport), Praktika mal einen höheren Durchschnittswert als 4 (z.B. Übungen im Sprachlabor) oder all- erreichen. Dieser Karteikarte entspricht gemeine Einführungen, für die es nur 2 der Studiennachweis, den jeder sich von oder 1,5 Credits oder nur 1 Credit gibt. der Verwaltung ausstellen lassen kann. Dieser Studiennachweis ist das eigentliche Zeugnis, und er ist bei der Stellensuche usw. wichtig, viel wichtiger als die Urkun- de, die bei der Absolvierungsfeier ausge- händigt wird. Von diesem Studiennachweis kann man sozusagen sein Leben lang bei Die Studenten müssen im Grundstudium je der Universitätsverwaltung eine Kopie nach Fach mindesten 120 bis 170 Credits machen lassen. erwerben. An der Ewha müssen die Stu- dentinnen der Philosophischen Fakultät, Die Organisation des Curriculums und die 1998 mit dem Studium angefangen die Festlegung der Zahl der Credits, die haben, noch 140 Credits erwerben, die bis zur Absolvierung in den Haupt- und Studentinnen, die 2002 begonnen haben, Nebenfächern erreicht werden müssen, brauchen nur noch 120 Credits. Sie können insbesondere die Verteilung der Credits auf einige mehr erwerben, dürfen aber nicht allgemeinbildende Fächer und Haupt- und mehr als 5 Kurse pro Semester belegen. Nebenfächer variieren von Uni zu Uni und von Fakultät zu Fakultät. Ich gebe hier, da Von den Credits sind jeweils 36 Credits wir es zur Hauptsache mit Fremdsprachen- Pflicht für das erste Hauptfach ( = [so sok] studentInnen zu tun haben, einige Durch- chon kong) und für das zweite Hauptfach schnittswerte nach dem Schema der Ewha (bok-su chon kong), 15 Credits müssen in Womans University 7 für Fächer in der allgemeinbildenden Pflichtkursen (= kyo Philosophischen Fakultät an. yang pilsu kwa mok), die einen Bezug zum ersten Hauptfach haben, erworben werden und 12 Credits in anderen allgemeinbil- denden Pflichtkursen. Für ein Nebenfach

7 Die Schreibung Ewha Womans University müssen mindestens 21 Credits erworben ist die offizielle Schreibweise. „Wo- werden. Weitere Credits können nach mans“ wu rde gewählt, weil das Bildungsin- Wunsch und Interesse aus dem Angebot stitut, aus dem die Universität erwachsen ist, der Universität in der Allgemeinbildung mit einer einzigen Schülerin begonnen hatte, oder in den Hauptfächern ausgewählt wer- man hat nur das lästige Apostroph bei wo- den. man’s we ggelassen. Ewha hat nichts mit Theoretisch könnte man auch nur ein

Eva zu tun, sondern E ( ❝ ) =Birnbaum, und Hauptfach studieren und dafür aus dem

wha ( eigentlich hwa ❞ ) =Blüte. Wörtlich Hauptfachangebot 72 Credits sammeln, übersetzt müsste es daher eigentlich heißen: aber das tut heute kaum noch jemand. Birnenblüten-Universität der Frau. Erstes Zweites Nebenfach Allgemeinbildung Allgemeinbildung freie Hauptfach Hauptfach (freiwillig) Pflichtkurse mit Pflichtkurse Wahl Bezug zum. ers- für alle ten Hauptfach Credits 36 36 (21) 15 12 ? Minimum

Eine Mindestanforderung von 36 Credits in Germanistik als erstem Hauptfach bedeu- Das Notensystem folgt wieder dem US- tet, dass die Studentinnen in den drei Jah- amerikanischen Vorbild: Gezählt werden ren des Hauptfachstudiums nur 12 germa- nicht die Fehler, sondern die richtigen nistische Kurse zu besuchen brauchen, und Antworten. dies einschließlich der Sprachkurse der native speaker. (Wie viel kann man da von 1 00 – 91 Punkte = A der deutschen Sprache und Landeskunde (An einigen Universitäten wird noch oder gar von der Germanistik lernen?) zwischen A+, Ao und A–, etc. unter- schieden.) 90 – 81 Punkte = B 80 – 71 Punkte = C 70 – 60 Punkte = D unter 60 Punkte = F (Bei F muss der Kurs wiederholt oder durch einen gleichwertigen ersetzt werden.)

An einigen Universitäten, so an der Ewha- Uni, gibt es ein relatives Notensystem mit festen Prozentsätzen für jede Note. An

anderen Unis herrscht Freiheit. Gibt es Prüfungen und Semesternoten keine Quoten, ist man mit den Noten sehr

großzügig, so dass die Mehrzahl der Teil- Zweimal im Semester gibt es Prüfungen, nehmer immer A und B erhält, F kommt eine Zwischenprüfung und die Schlussprü- fung. Wie man die Prüfungsaufgaben stellt, kaum vor, D ist auch schon eine Katastro- phe. Deutsche Lektoren haben meist steht jedem frei, aber gemacht werden ß ü müssen diese Prüfungen. Man kann sie Schwierigkeiten mit dieser Gro z gigkeit allerdings auch durch eine Serie von bzw. mit dem Verlangen der StudentInnen ä schriftlichen und mündlichen Tests erset- nach guten Noten unabh ngig von ihren zen, aus denen man die Endnote errechnet. Leistungen, aber der DaF-Lektor sollte sich Dieses Verfahren muss aber mit der Abtei- an das System bzw. an die Gepflogenheiten ä lung und den StudentInnen abgesprochen seiner Universit t halten, denn zu strenge werden. An einigen Universitäten gibt es Noten bewirken keinesfalls eine Leistungs- einen zentralen Prüfungsstundenplan, an steigerung der Kursteilnehmer, sondern nur anderen gibt es den nur für die allgemein- leere Klassen. bildenden Fächer, an wieder anderen gibt es gar keine zentrale Regelung.

49 Lokales Lehren, oder: warum das koreanische Bildungssystem so ist wie es ist

Klaus Polap

Der etwas merkwürdig anmutende Titel systeme näher skizzieren. Es ist zwar reich- entlehnt sich dem deutschen Titel eines lich spät für die Rezession eines Buches, amerikanischen Buches eines niederländi- dass zwölf Jahre alt ist, aber ich stellte in schen Autoren: Lokales Denken, globales Diskussionen fest, dass viele dieses Werk Handeln. In diesem Buch geht es eigentlich noch nicht kennen. Nach meinem Dafür- um interkulturelle Kommunikation, was halten ist es jedoch ein Buch, dass man für Lektoren immer ein Thema ist. gelesen haben muss, selbst wenn man ihm Ein komplexes Thema, und in den letzten dann skeptisch gegenüberstehen sollte. zehn Jahren ist viel darüber geschrieben Und eine Rezession im eigentlichen Sinne worden. Vor allem die Soziologie und die ist das Folgende auch nicht. Außerdem Ökonomie haben sich im Globalisierungs- mag das Buch Neuankömmlingen einige rausch des Themas angenommen und auch schmerzliche Erlebnisse ersparen. Und viel Nonsens verbrochen. zudem sind seit kurzem Schulvergleiche Es fiel mir jedoch auch an mir selbst auf, von PISA bis TIMMS en vogue, wobei ja wie schwer es zuweilen fällt, Dinge zu bekanntlich festgestellt wurde, das Korea akzeptieren, die ich ganz deutsch urteilend Spitze und Deutschland eher das Gegenteil für Unsinn halte. Um es gleich vorweg zu davon ist. sagen: Ich rede hier keinem Kulturrelati- Hofstede hat in seiner Studie Menschen vismus das Wort, und einige Dinge sind aus einigen Dutzend Ländern auf ihre nati- Unsinn, auch wenn man sie erklären kann. onalen Kulturen und somit Eigenheiten Allerdings erleichtert es das Leben im Aus- untersucht. Er unterscheidet fünf kulturelle land doch erheblich, wenn man über einige Dimensionen: Determinanten des Lebens unterrichtet ist. - Machtdistanz (Gleichheit und Un- Für unsere Zwecke ist es somit hilfreich gleichheit) sich über die Unterschiede zwischen der - Individualismus/Kollektivismus koreanischen Gesellschaft und der Deut- - Maskulinität/Femininität schen klar zu werden, und hier ganz be- - Unsicherheitsvermeidung (Tole- sonders über die Auswirkungen auf das ranz/Intoleranz) Bildungssystem. - Tugend/Wahrheit Direkte Studien gibt es meines Wissens darüber nicht, aber in zwei Büchern, die Trompenaar unterscheidet sieben Katego- sich mit dem Thema beschäftigen, werden rien, kommt aber in seiner einige Jahre die Schul- und somit auch die Hochschul- jüngeren Untersuchung im Wesentlichen systeme gestreift. Dies sind “Cultures and zu denselben Ergebnissen. Wie Hofstede Organizations” von Geert Hostede (eben zu seinen Ergebnissen kommt, kann hier jenem obengenannten Niederländer), sowie wegen der Limitierung des Platzes nicht “Riding the waves of culture” von Fons wiedergegeben werden. Seine Einteilungen Trompenaars. können nicht näher diskutiert werden. Sei- Im folgenden möchte ich die Ergebnisse ne Werte sollen für einige Länder wieder- von Hofstedes Buch bezüglich der Schul- gegeben werden. Ich wählte hierfür

50 aus naheliegenden Gründen Deutschland, Hofstede hat für unsere ausgewählten Län- Frankreich, das Vereinigte Königreich, die der folgendes ermittelt: USA, Japan und natürlich Korea. Beginnen wir also Hofstede folgend mit Position Land Machtdis- dem Komplex Machtdistanz. Gemeint ist tanzpunkte hiermit, wie sich Gesellschaften mit der 1. Malaysia 104 (höchste gegebenen Ungleichheit umgehen. Warum Machdistanz) einige eine breite Mittelschicht ausbilden 15. Frankreich 68 und andere nicht. Warum in einigen Ge- 27. Korea 60 sellschaften Lehrer ein hohes Ansehen ge- 33. Japan 54 nießen und in anderen nicht. Hier in Kürze: 38. USA 40 Je höher die Machtdistanz, desto größer die 42/43. UK 35 Ungleichheit. 42/43. Deutschland 35 Für den Bereich Schule beschreibt er Kul- 53. Österreich 11 (niedrigste turen mit großer und geringer Machdistanz. Machdistanz) In Ländern mit geringer Machtdistanz Nach Hofstede sind Frankreich, Korea und - behandeln Eltern ihre Kinder wie Japan Länder mit großer Machtdistanz, die ihresgleichen drei anderen solche mit geringer. Generell - erwarten Lehrer von Schülern Ei- unterscheidet er die „römisch - geninitiative konfuzianische“ Gruppe (Römisches - sind Lehrer Experten, die losgelös- Reich mit Lateinamerika und chinesischer tes Wissen vermitteln Einflussbereich) mit hoher Machtdistanz - behandeln Schüler Lehrer wie ih- und die „germanische“ Gr uppe (D-A-CH, resgleichen die Angelsachsen und mit Abstrichen auch - neigen Menschen mit höherer Bil- Israel, die Niederlande und Skandinavien) dung zu weniger Autorität mit niedriger Machtdistanz. - bedeuten hierarchische Strukturen (also z.B. Schulen) Ungleichheit aus prak- Als nächstes untersucht Hofstede die Indi- tischen Gründen vidualität in den Ländern. Dazu erstellt er - ist der ideale Lehrer ein einfallsrei- einen Individualitätsindex: cher! Demokrat Position Land IDV- In Ländern mit großer Machtdistanz: Punktwert - erziehen Eltern ihre Kinder zu Ge- 1. USA 91 (höchster horsam Wert) - geht jede Initiative vom Lehrer aus 3. UK 89 - sind Lehrer Gurus (Allwissende 10. Frankreich 71 Führer), die ihr eigenes Wissen vermitteln 15. BRD 67 - behandeln Schüler Lehrer mit Re- 22. Japan 46 spekt 43. Korea 18 - haben alle Bildungsschichten die 53. Guatemala 6 (niedrigster gleiche Einstellung zu Autorität Wert) - sind hierarchische Strukturen, die sich als naturgegebene Ungleichheit in der Es ist festzustellen, dass die meisten Län- Gesellschaft widerspiegeln der mit hohen Punkten bei der Machtdis- - ist der ideale Lehrer der wohlwol- tanz niedrige Individualitätswerte aufwei- lende Autokrat

51 sen. Ausnahmen sind hier die Länder des - hat die gute Beziehung Vorrang vor römischen Reiches, die hohe Individualität der Aufgabe vorweisen. Was unseren Bildungsbereich angeht, verweist Hofstede auf das Problem In individualistischen Kulturen der Entwicklungshilfe. Die meisten Ent- - wächst jeder Mensch heran, um für wicklungshelfer treffen mit hohen Indivi- sich selbst und seine direkte (Kern-) Fami- dualitätswerten auf Kulturen mit gering lie zu sorgen ausgeprägter Individualität. Dies lässt sich - lernen Kinder in Ich-Begriffen zu aber ohne weiteres auf die Situation Deut- denken scher, Franzosen und Amerikaner in Korea - herrscht Low-Context-Kommuni- übertragen. Er erwähnt, dass die häufigste kation Klage der Lehrer sei, dass die Kinder in - führen Übertretungen zum Verlust den Klassen nichts sprächen und dass man der Selbstachtung und Schuldgefühlen sich immer an einen bestimmten Schüler - ist das Ziel der Erziehung, wie man wenden müsse, um ihn zum sprechen zu etwas lernt bewegen. Ein weiteres Problem sei es, dass - steigern Diploma die Selbstachtung es in der Klasse immer ein oder zwei Schü- und haben einen wirtschaftlichen Wert ler gäbe, die als „Klassensprecher“ der - hat Aufgabe Vorrang vor der Be- Klasse vorsagten. Er empfiehlt Klassen in ziehung Kleinstgruppen aufzubrechen und Grup- penergebnisse vortragen zu lassen. In kol- Die nächste Kategorie, die Hofstede unter- lektivistischen Kulturen sei damit zu rech- sucht, Maskulinität und Femininität, sollte nen, dass dann die Gruppensprecher häufig man nicht mit den biologischen Kategorien wechselten und man so zu den gewünsch- männlich und weiblich verwechseln. Es ten Sprechergebnissen komme. sind vielmehr soziale Rollen und Katego- Des weiteren stellten die Lehrer ein Desin- rien und Geschlechterrollen bei der Arbeit teresse an Lehr- und Lernvorgängen fest. und im Privaten gemeint. In Russland sind Nur das Ergebnis sei interessant., was bei die meisten Ärzte Frauen, in Pakistan die den Lehrern auf Unverständnis stieß. Die meisten Sekretärinnen Sekretäre. In Japan Hauptunterschiede zwischen kollektivisti- findet man kaum Frauen auf Managerpos- schen und individualistischen Kulturen ten, während sie in Thailand keine Selten- charakterisiert er: heit sind. Für diese Kulturdimension ermit- telt Hofstede Maskulinitätsindices: In kollektivistische Kulturen - wird man in die Wir-Gruppe hin- Position Land MAS-Punkte eingeboren und erhält dafür Loyalität 1. Japan 95 (höchster - lernen Kinder in Wir-Begriffen zu Wert) denken 9/10. BRD 66 - herrscht High-Context-Kommuni- 9/10. UK 66 kation 15. USA 62 - führen Übertretungen zum Ge- 36. Frankreich 43 sichtsverlust der Gruppe 41. Korea 39 - ist das Ziel der Erziehung, wie man 53. Schweden 5 (niedrigster etwas macht Wert) - schaffen Diploma Zugang zu Grup- pen mit höherem Sozialstatus Auch in dieser Kategorie steht die bereits oben erwähnte „germanische Gruppe“ dem

52 Rest der Welt gegenüber. Ausnahme ist selben Fächer hier allerdings Japan, dass in seiner - werden Konflikte durch Kompro- Maskulinität in ganz Asien einmalig ist. misse beigelegt Welche Auswirkungen hat diese Kategorie In maskulinen Kulturen nun auf die Schule? In maskulinen Kultu- - wird von Männern erwartet, dass ren setzen die Schüler alles daran, in der sie ehrgeizig, bestimmt und hart sind Klasse aufzufallen. Man will der/das beste - dass Mädchen weinen und Jungen Junge/Mädchen der Klasse sein. In femini- nicht; dass Jungen sich wehren, aber Mäd- nen Kulturen sind Noten nicht so wichtig. chen sich verteidigen lassen „Durc hkommen“ reicht hier völlig aus. Der - gilt die Sympathie den Starken beste Junge ist hier eher eine bemitlei- - ist der beste Schüler die Norm denswerte Figur. Versagen in der Schule - ist Versagen in der Schule sehr kommt in maskulinen Kulturen in der Re- schlimm gel einer Katastrophe gleich. In femininen - wählen Jungen und Mädchen ver- Kulturen ist es ein unangenehmer Zwi- schiedene Fächer schenfall. Wenn man die Selbstmörderquo- - werden Konflikte durch austragen te deutscher und japanischer Schüler bei gelöst ihren Maturaprüfungen mit Korea ver- gleicht wird dies ganz deutlich. In diesem Im nächsten Kapitel widmet sich Hofstede wurden insgesamt „nur“ fünf Selbstmor d- dem Unsicherheitsfaktor, oder, um es an- fälle bei 674000 Absolventen berichtet. In ders auszudrücken, wie eine Kultur mit Deutschland und Japan sind die Zahlen dem Anderen, dem Fremden umgeht. Wel- weitaus höher. che Ängste bei Kontakten zu Fremdem In maskulinen Ländern unterrichten Frauen entstehen und welches Maß an Intoleranz eher jüngere Schüler (Männerquote an sie Fremden entgegenbringen. Hierfür er- deutschen Grundschulen!), die Männer stellt er einen Unsicherheitsvermeidungs- unterrichten an der Universität. In femini- index nen Ländern sind die Rollen eher gemischt, d.h. die Männer unterrichten auch jüngere Position Land UVI- Schüler. Paradoxerweise lassen also mas- Punktwert kuline Kulturen ihre Kinder viel länger in 1. Griechenland 112 (höchster der Obhut von Frauen, allerdings hat hier Wert) die Lehrerin einen so geringen Sozialsta- 7. Japan 92 tus, dass sie bereits eine Antiheldin ist. In 10. Frankreich 86 Breve: 16. Korea 85 In femininen Kulturen 29. BRD 65 - wird erwartet bescheiden zu sein 43. USA 46 - dürfen Jungen und Mädchen wei- 47. UK 35 nen, sollen aber nicht kämpfen 51. Dänemark 23 (niedrigs- - gilt die Sympathie den Schwachen ter Wert) - ist der durchschnittliche Schüler die Norm Hier ist auffallend, dass zum einzigen Mal - ist Versagen in der Schule nicht so die „germanische“ Kerngruppe auseina nder schlimm fällt und sich D-A-CH mit mittleren Wer- - wird ein freundlicher Lehrer ge- ten von den Angelsachsen mit niedrigen schätzt Werten abtrennen. Hohe Werte erreichen - wählen Jungen und Mädchen die auch wieder die römisch-

53 konfuzianische Gruppe und hier besonders - Aggressionen können bei bestimm- Japan und Korea, während der Rest Asien ten Gelegenheiten gezeigt werden (nicht abgedruckt) ähnliche, mittlere Werte - Akzeptanz eindeutiger, auch wie Deutschland erreicht. schwieriger Aufgabenstellungen Wie wirkt sich die Unsicherheit/Angst nun - Was anders ist, ist gefährlich auf den Unterricht aus. Am auffälligsten ist - Schüler bevorzugen strukturierte die Neigung derjenigen mit hohem UVI Lernsituationen und richtige Antworten strukturierten Unterricht zu bevorzugen. - Lehrer müssen eine Antwort wissen Deutsche bevorzugen strukturierte Lernsi- - Zeit ist Geld tuationen, Koreaner noch mehr. Sie bevor- - Bedürfnis nach Geschäftigkeit; zugen detaillierte Aufgaben mit einer Drang nach harter Arbeit einzigen Lösung (siehe Sunông). Englän- - Präzision und Pünktlichkeit sind der und Amerikaner bevorzugen Open- natürliche Eigenschaften End-Lernsituationen. Sie bevorzugen vage - Widerstand gegen Innovation Zielsetzungen und Aufgabenstellungen ohne Stundenplan (z.B. Projekttage). Ein- Weitere Unterschiede zwischen den beiden deutige Antworten werden nicht gesucht. Ländergruppen sind für die wissenschaftli- Stattdessen werden originelle Aufgaben- che Arbeit interessant. In Ländern mit ho- stellungen und Antworten angestrebt. Man hem UVI (Deutschland, Frankreich,) wer- stelle sich die folgende Aufgabenstellung, den eindrucksvollere Theorien und Philo- die im Physikseminar der Universität Seat- sophien (Descartes, Kant, Hegel, Marx, tle gestellt wurde in einem deutschen oder Nietzsche, Sartre) entwickelt als in sol- koreanischen Seminar vor: Ist die Hitze der chen mit geringen (UK, Schweden), die Hölle endo- oder exothermisch? mehr Empiriker hervorbringen (Darwin, Auch hier soll wieder eine Gegenüberstel- Newton, Smith, Linaeus). lung stattfinden: Von Deutschen geschriebene Arbeiten ha- Schwacher UVI ben häufig ausführliche Schlussfolgerun- - geringer Stress in der Schule gen ohne Datenbasis. Von Amerikanern - Aggression darf man nicht zeigen geschriebene haben immense Datenbasen, - Uneindeutige Aufgabenstellungen verzichten jedoch auf die Schlussfolge- bevorzugt rung. Deutsche und Koreaner bevorzugen - Was anders ist, ist seltsam deduktive Argumentation, Angelsachsen - Schüler mögen Diskussionen und arbeiten induktiv. Wissenschaftliche Dis- Open-End-Lernsituationen pute verbergen oft kulturelle Unterschiede. - Lehrer können „Ich weiß nicht“ Der Streit zwischen Einstein und Bohr, ob sagen „Gott würfelt“ ist so einer. Einstein arg u- - Nicht mehr Regeln, als unbedingt mentierte deutsch (hoher UVI), Bohr skan- notwendig dinavisch (niedriger UVI). - Zeit ist ein Orientierungsrahmen Die fünfte Kategorie, mit der sich Hofstede - Harte Arbeit, nur wenn erforderlich beschäftigt, ist der Unterschied zwischen - Präzision und Pünktlichkeit werden Tugend und Wahrheit. Diese Kategorie ist erlernt der Versuch einer westlichen Verzerrung - Toleranz gegenüber abweichenden, entgegenzuwirken. Es ist seine Auswertung innovativen Gedanken einer chinesischen Studie, die aber im We- sentlichen zu denselben Ergebnissen mit Demgegenüber Kulturen mit starken UVI anderen Mitteln erlangte. Deshalb soll hier - großer Stress in der Schule auf sie verzichtet werden, um die Ge-

54 duld des geneigten Lesers nicht überzu- den Unterricht in Korea vorbereitet sind. strapazieren. Das gleiche lässt sich allerdings auch, Inwieweit der Leser den Ergebnissen wenn auch in etwas geringerem Maße, über Hofstedes folgen möchte bleibt ihm über- die Deutschen sagen. Ebenso lässt sich lassen. Dieser Artikel versteht sich als Le- sagen, dass Korea mit der Übernahme des seanregung und als kleiner unverbindlicher amerikanischen Schul- und Hochschulsys- Leitfaden für Neuankömmlinge und solche, tems schlecht beraten war und das An- die Korea immer noch nicht begreifen (so himmeln angelsächsischer Erziehungsprin- wie ich). Die Ergebnisse sind, wie auch zipien vermutlich auch nicht der Sache Hofstede selbst schreibt, nicht statisch. dienlich ist. Ebenso deutlich ist, dass Zumindest innerhalb von Ländergruppen Deutschland, anders als von vielen behaup- gibt es Veränderungen. Historische Erfah- tet, nicht in diese Bresche springen könnte. rungen, Wohlstandsgrade (mehr Individua- Schaut man sich die Ergebnisse Hofstedes lismus) und Fremdheitserfahrungen (größe- an, dann erscheint hier eher Frankreich als re Toleranz) spielen eine Rolle, ebenso wie kongeniales Land. Dieses sogar noch mehr der Grad der Vergreisung (Feminisierung). als Japan, was wohl die nahe liegendste Die Anfänge der Studie liegen in den Mit- Vermutung gewesen wäre. achtzigern. Inwieweit die Werte für Selbstverständlich sind Untersuchungen Deutschland nach der Wiedervereinigung dieser Ausrichtung cum grano salis zu ge- noch stimmig sind, sei ebenso dahingestellt nießen, wie der Autor gerne zugibt. Solche wie die Werte für Korea, mit seiner gerin- Untersuchungen, zumal wenn sie Wertun- gen Geburtenquote und seinem rasanten gen vornehmen, was Hofstede nicht tut, Wirtschaftswachstum. Ganz von der Hand verraten meist mehr über das Wertesystem zu weisen sind sie jedoch nicht. des Auswerters, als über das des Ausge- Wenn man die Studie sehr kurz zusam- werteten. Denn schließlich wusste auch menfassen möchte, könnte man sagen, dass Schopenhauer schon: Der Vergleich ist die Angelsachsen kulturell sehr schlecht auf Wurzel allen Übels.

Leben und Studieren in Berlin - Warum sich koreanische Studentinnen und Studenten in der deutschen Hauptstadt so wohl fühlen -

Erich Thaler

Frau Kim Ji-Young war schon ein wenig gen in Seoul und aufgeregt zugleich, wie es müde, als sie um halb elf Uhr Ortszeit am in diesem Land wohl sein werde, von dem Flughafen Berlin-Tegel ankam. 13 Stunden sie so oft im Deutschunterricht an ihrer Flug hatte sie hinter sich. Erschöpft von Universität gehört hatte, stand sie an der den letzten Tagen ihrer Reisevorbereitun- Zollabfertigung und würde in weni-

55 gen Augenblicken durchgewinkt werden Stadt Koreas. und ihr Reisegepäck vom Förderband 12 Restaurants in Berlin haben so klingende der Lufthansa-Maschine nehmen, mit der Namen wie „Ginseng“,“Seoul“, „Kore a- sie eben in Berlin gelandet war. haus“ oder „Arirang Shiktang“.

Endlich in Berlin! Das Brandenburger Tor, Die etwa 35 koreanischen Studenten, die die wiedervereinigte Stadt, ein wenig derzeit am Spracheninstitut BSI Deutsch Wehmut, wenn sie dabei an ihre Heimat lernen, sind ein weiterer Grund, warum Korea dachte, die immer noch in zwei koreanische Studenten hier in Berlin so Landeshälften geteilt war, und der Alexan- schnell Anschluss an das soziale Leben der derplatz, von dem ihr ein engagierter Stadt finden und sich auch sehr schnell Deutsch-Lektor in seinem Literaturunter- über die Studienbedingungen an den Berli- richt erzählt hatte. Das alles kannte sie be- ner Universitäten und an Universitäten reits. „Frau Kim?“. Wo sollte sie jetzt hin? deutschlandweit aus erster Hand informie- Sie wurde mit den vielen Reisenden in den ren können. Eingangsbereich des Flughafen aus dem Darüber hinaus gibt der koreanische Verein Zollbereich nach draußen gespült und sah Berlin eine eigene Monatszeitschrift mit sich fragend um. „Wo war Daniel?“. Er dem Namen „Haninhoebo“ heraus, die eine sollte sie abholen und in ihre Gastfamilie sehr umfassende Sammlung aller wichtigen bringen. „Frau Kim?“ Adressen für in Berlin lebende Koreane- Ein drahtiger, junger Mann, etwa 1 Meter rinnen und Koreaner darstellt. 75 groß, mit kantigem Gesicht und einem beinahe unwiderstehlichen Lächeln stand Informationen über Berlin und das Leben perfekt gekleidet vor ihr. „Daniel, von der hier erteilt der Vereinsvorsitzende, Herr BSI Sprachenschule. Sind Sie Frau Kim?“ Chae (E. [email protected]. Frau Kim war überglücklich. Der junge T.030 216 9052. Mann nahm ihr Gepäck an sich, brachte sie Das junge koreanische Berlin informiert zum Wagen und fuhr sie in weniger als 20 sich beim Verein Hangaram (Frau Lee Minuten zu ihrer Gastfamilie, die die An- You-Jae [email protected] oder Frau kunft von Frau Kim bereits erwartete. Na-Rhee Scherfling [email protected]) und ist auf diese Bei dieser Familie verbringt nun Frau Kim, Weise immer am Puls der Zeit. wie viele andere Studenten aus Korea, die am BSI in Berlin Deutsch gelernt haben, Wer nun also Berlin noch nicht kennt, soll- ihren Aufenthalt. te dies in jedem Fall schnell nachholen und die unglaubliche Dynamik dieser jungen Berlin ist für viele Sprachstudentinnen und Stadt erleben. Für die ersten Kontakte ste- Sprachstudenten aus Korea sehr attraktiv hen die genannten Vereine zur Verfügung, geworden. Nicht nur die individuelle Sprachenschulen wie BSI, aber genauso die Betreuung von Sprachenschulen wie BSI rührige und unermüdliche Lektorenverei- sind dafür ausschlaggebend, sondern auch nigung Korea sowie die DAAD- die knapp über 7000 Koreanerinnen und Beauftragte am Goethe-Institut in Seoul, Koreaner, die mittlerweile in Berlin leben. Frau Garnatz. Wer Koreanisch essen gehen, koreanische Spätestens 2005 sollten aber alle jungen Lebensmittel einkaufen oder Sport wie Koreaner hier in Berlin sein, wenn Korea Taekwondo betreiben möchte, kann dies das Thema der nun schon weit über die mittlerweile ebenso gut in Berlin tun wie in Grenzen hinaus bekannten Asien-Pazifik- Seoul oder in jeder anderen großen Wochen sein wird. Jede Stimme zählt!

56 Die folgenden drei Artikel befassen sich mit dem Wandel einer Hochschule in Korea. Am Bei- spiel der Seoul National-Universität möchten wir, vielleicht exemplarisch, vorweisen, was sich im Laufe der letzten 30 – 40 Jahre geändert hat. Die SNU ist natürlich nicht irgendeine Uni, sondern schlechthin DIE Universität in Korea, aber vieles, was hier angemerkt wird, dürfte an anderen Hochschulen im Lande ähnlich sein.

Als Lektor an der Seoul National-Universität Teil 1: 1963 bis 1965

Georg Neumann

„Wissen Sie, woran ich merke, da ss ich alt haltlichen Rahmen eines Lektorenbriefes werde?“ fragte mich vor einigen Jahren ein möglicher Weise hinausgeht, könnten den- Tübinger Professor und fügte schmunzelnd noch ein paar kurze Anmerkungen schon hinzu: „daran, dass mein Sohn in Kürze aus landeskundlicher Perspektive interes- emeritiert wird“. An diese nette Geschichte sant sein. musste ich bei meinem letzten Besuch in Seoul denken, ging es mir doch nicht an- Korea war ein recht abgeschlossenes Land. ders, als ich einige meiner früheren Studen- Zwei internationale Flugverbindungen e- ten traf, die kurz vor dem Eintritt in den xistierten pro Woche, und zwar mit kleine- Ruhestand stehen. ren Maschinen der Northwest Airlines von Seoul nach Tokio, dazu eine wöchentli- Vor nunmehr 40 Jahren, im September che Fährverbindung von Pusan nach Shi- 1963, trat ich die damals noch recht aben- monoseki. Eine einzige Brücke überquerte teuerliche Reise von Deutschland nach den Han-Fluss, der Kurs der DM betrug 30 Seoul an und eröffnete das Lektorat an der Won und für eine Unterrichtsstunde erhielt Seoul National University, ein Lektorat, ich an der SNU 200 Won. Für diesen Be- das wohl zu den Wenigen gehört, das bis trag konnte ich mir 2 Flaschen Bier, OB heute ununterbrochen vom DAAD durch oder Crown, leisten. Vermittlung von Lektoren gefördert wird. Das Gehalt eines Professors betrug 13.000 Ununterbrochen geblieben sind auch die Won, kein Wunder also, dass jeder Lehrer vielen Beziehungen und Freundschaften zu neben den Unterrichtsverpflichtungen an meinen ehemaligen Schülern und Kolle- seiner eigenen Hochschule an anderen U- gen, wozu allerdings auch meine sich an niversitäten zusätzlich unterrichtete, um die Lektorenzeit anschließende Mitarbeit in finanziell einigermaßen über die Runden der Zentrale des DAAD und meine Tätig- zu kommen. Der Lehrkörper an der SNU keit als Leiter von zwei seiner asiatischen hatte dabei noch Glück: 1963 war diese Außenstellen beitrugen. Universität unangefochten die erste im Lande, und private Hochschulen schmück- Seoul 1963 war natürlich nicht das Seoul ten sich gerne mit klangvollen Namen von von 2003. Auch wenn die Darstellung Professoren aus der SNU und waren dem- des Lebens in Seoul vor vierzig Jahren zufolge auch gerne bereit, sich bei der Ver- nicht in einem unmittelbaren Zusammen- gütung von Unterrichtsstunden diesen Do- hang mit der Beschreibung meiner Lekto- zenten gegenüber großzügiger zu zeigen rentätigkeit steht und somit über den in- 57 als es einer staatlichen Universität möglich Kriegsberichtserstattungen kannte. Hohe war. Politiker Koreas, z. B. der Ministerpräsi- dent Choi Doo Soon und der Präsident des Auch als ausländischer Lektor konnte ich Parlaments Rhee sowie der erst kürzlich mich nicht auf meine vereinbarten 12 Un- mit über 90 Jahren verstorbene Erzie- terrichtsstunden beschränken, obwohl ich hungsminister Ahn sprachen fließend auf Grund meines DAAD-Status nicht un- Deutsch, und als deutscher Lektor war man bedingt auf finanzielle Mehreinnahmen mehrfach Gast in ihren Familien. angewiesen war. Jedenfalls kam ich auf 24 Wochenstunden, Das „Wunder am Rhein“ sollte Vorbil d für und zwar an der SNU jeweils 4 Stunden in ein „Wunder am Han“ sein, wie es der d a- drei Jahrgängen an der Abteilung für Ger- malige Staatspräsident Park Chung-Hee manistik in der Philosophischen Fakultät nach einem Staatsbesuch in Deutschland und jeweils 2 Stunden an der Deutschen bei der Rückkehr in Seoul offiziell verlaut- Abteilung der Pädagogischen Fakultät, an baren ließ. Dass es Korea gelingen würde, den Juristischen und Wirtschaftswissen- Deutschland in nur wenigen Jahrzehnten schaftlichen Fakultäten sowie an einem auf einigen Gebieten den Rang abzulaufen, Kurs für Dozenten aller Fakultäten. Dar- hätte in den 1960er Jahren wohl niemand über hinaus unterrichtete ich an der Sung für möglich gehalten, gehörte Korea doch Kyun Kwan Universität und ein Jahr lang zu den ärmsten Ländern der Welt. an der Air Force Academy. Nie werde ich vergessen, wie ich im Mili- Dem Interesse an Deutschland allgemein tärjeep, manches Mal mit Blaulicht, zum entsprach auch der Ansturm auf die deut- Unterricht gefahren wurde, und von allen sche Sprache. Bis zu 90% der Oberschüler Polizisten und Soldaten, von denen es in sollen sich für Deutsch als zweite Fremd- der Stadt nur so wimmelte, militärisch sprache entschieden haben und die deut- stramm gegrüßt wurde und ich als Angehö- schen Abteilungen an den Universitäten riger des weißen Jahrgangs, der also nie konnten es sich erlauben, ihre Studenten eine Uniform getragen hatte, nicht wusste, unter Anlegen strenger Kriterien auszu- wie ein solcher Gruß korrekt zu erwidern wählen. sei. Wie dem auch sei, die Offiziersanwär- ter dieser Akademie, ca 30 an der Zahl, lernten äußerst fleißig Deutsch, wobei ich nicht erfahren konnte, ob sie sich nun frei- willig für diesen Sprachunterricht ent- schieden hatten oder einfach abkomman- diert wurden.

Bei den Studenten an der SNU stand das Studium der Germanistik weit oben auf der Beliebtheitsskala, wie überhaupt alles Deutsche und was man irgendwie mit Deutschland in Verbindung bringen konn- Bei der Unterrichtsgestaltung hatte ich te, eine überaus große Wertschätzung ge- freie Hand, wobei besonders hervorzuhe- noss. Deutsche Politik wurde in Korea mit ben ist, dass ich von den koreanischen Kol- großer Aufmerksamkeit verfolgt, während legen gebeten wurde, im Rahmen einer man in Deutschland zu dieser Zeit Korea Literaturveranstaltung insbesondere allenfalls aus 10 Jahre zurückliegenden 58 Bertolt Brecht zu behandeln, da sie unter gut arbeiten können, zumal es keine Alter- den Bedingungen während der Militärherr- nativen auf dem deutschen Büchermarkt schaft es nicht für angebracht hielten, sich gab. Wenn man es verstand, die Texte ein mit Thesen von Brecht im Unterricht zu wenig zu variieren, d.h. zeitgemäßen Ge- befassen. Immerhin herrschte „martial law“ gebenheiten anzupassen und über die faden und jede Art linker oder besser sozialisti- Witze einmal hinwegzusehen, konnte man scher Ideologie wirkte verdächtig. Als aus- den Sprachunterricht auch mit diesem ländischer Lektor hatte ich in diesem Zu- Buch inhaltlich so gestalten, dass die Stu- sammenhang aber keine Probleme, zumal denten ihren Spaß daran nicht verloren. ich mich aber auch nicht unbedingt dazu Dennoch: Dass die Notwendigkeit besteht, veranlasst sah, zum Klassenkampf aufzuru- Lehrmaterialien für den Deutschunterricht fen. Die Studenten waren jedenfalls von zu verbessern, und zwar sowohl im Hin- Brecht-Gedichten und Dramen geradezu blick auf den Sprachunterricht als auch auf begeistert, und ich kam nicht darum herum, landeskundliche Materialien, war schon eine zusätzliche Arbeitsgemeinschaft ein- damals im Kreise der Lektoren eine wich- zurichten, die sich ausschließlich mit dem tige Themenstellung, und wenn ich die Thema Brecht befasste. Diese AG traf sich Diskussionen unter den Lektoren von heute dann aber bei mir zu Haus, wobei man sich verfolge, hat sich daran auch nicht viel darunter nicht eine Lektorenwohnung nach geändert. heutigen Maßstäben bzw. Ansprüchen vor- stellen sollte. Das Fach „Deutsch als Fremdsprache“ war an deutschen Hochschulen noch nicht etab- Überhaupt waren die Studenten an den liert, und so brauchte sich ein Lektor in den Germanistischen Fakultäten, und das galt 60er Jahren noch nicht mit den verschiede- auch für die Sung Kyun Kwan Universität, nen Theorien des Deutschunterrichts für sehr an Dramen des 19. und 20. Jahrhun- Ausländer herumzuschlagen. Später in derts interessiert, und so konnte ich die meinem beruflichen Leben hatte ich häufig Geschichte des modernen Dramas zu ei- Gelegenheit, an Tagungen von DaF- nem Schwerpunkt meiner Arbeit machen, Experten teilzunehmen, und stellte mir was auch meinen persönlichen Neigungen angesichts oft hitziger Debatten mehr als sehr entgegen kam. einmal die Frage, inwieweit diese teils hef- tigen Auseinandersetzungen den prakti- An den anderen Fakultäten war in erster schen DaF-Unterricht im Ausland weiter Linie Sprachunterricht angesagt, den ich gebracht haben. Ich hoffe, dass mir nicht allerdings mit landeskundlichen Themen unterstellt wird, etwas gegen harte wissen- anzureichern versuchte. Da als einziges schaftliche Diskussionen zu haben, mir Lehrbuch lediglich das später viel ge- geht es in diesem Zusammenhang lediglich schmähte Werk von Schulz-Griesbach zur um deren praktische Verwertbarkeit im Verfügung stand, musste man schon recht Sprachunterricht. einfallsreich sein, um an angemessene Tex- te, über die man mit den Studenten im Die koreanischen Dozenten unterrichteten Sprachunterricht diskutieren konnte, he- mit einheimischen Lehrbüchern, zum Teil ranzukommen. Inter Nationes war aber mit selbst verfassten, was angesichts der auch damals bereits eine unverzichtbare dürftigen Hochschulgehälter natürlich auch Hilfe. als eine zusätzliche Einnahmequelle ge- schätzt war. Wirft man heute den koreani- Mit Schulz-Griesbach hatte ich im übrigen schen Autoren vor, mit der Erstellung von aber gerne und, wie ich glaube, auch recht

59 Lehrbüchern lediglich einem lukrativen Abteilungen aus der Zeit vor 40 Jahren zu Nebenerwerb nachzugehen, so war dieses verfolgen oder gar darüber eine Übersicht in den 1960er Jahren eine Frage des Über- zu erstellen. Ich darf dennoch festhalten, lebens. Es steht mir nicht zu, und es wäre dass ich noch heute mit ehemaligen Stu- aus heutiger Sicht auch völlig unange- denten aus meiner Lektorenzeit zusammen bracht, diese Lehrbücher unter dem Ge- komme, die Karriere im diplomatischen sichtspunkt eines Erfolg versprechenden Dienst, im öffentlichen Leben und im Sprachunterrichts kritisch zu untersuchen, Hochschulbereich gemacht haben. So zählt habe ich doch noch in lebendiger Erinne- auch der derzeitige koreanische Botschaf- rung, unter welchen Entbehrungen die Au- ter in Berlin zu meinen damaligen Schü- toren unter den damals herrschenden Be- lern. dingungen gelitten hatten und mit welcher Hingabe sie sich für das Fach Deutsch en- An eine Begebenheit erinnere ich mich in gagierten. Zu einem großen Teil war es diesem Zusammenhang besonders gern: gerade ihnen zu verdanken, dass die deut- Als ich vor einigen Jahren von Kimpo aus sche Sprache sich eines großen Zulaufs wieder einmal den Flug nach Deutschland unter der jungen Generation erfreuen konn- antrat, kam ein uniformierter Herr freudig te. Weit abgeschlagen folgten unter den auf mich zu, stellte sich als ehemaligen westlichen Sprachen Französisch und Spa- Studenten und jetzigen stellvertretenden nisch. Direktor des Flughafens vor. Nach einem kurzen netten Gespräch bat er mich um Hohe Besucher aus Deutschland waren meine Bordkarte, die mich als Reisenden immer wieder beeindruckt von der Präsens der Y-Class auswies. Nach wenigen Minu- der deutschen Sprache in Korea, was sich ten Wartezeit hatte ich ein Erster Klasse- für die Koreaner auch auszahlte. Als Bei- Ticket in der Hand, und erreichte zum ers- spiel möge hier der Besuch des damaligen ten Mal nach langem Flug völlig ausgeruht Bundestagspräsidenten Gerstenmaier die- und entspannt meinen Zielort Frankfurt. nen, der im Anschluss an die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die SNU und Seit meinem Eintritt in den Ruhestand vor den darauf folgenden Gesprächen mit Wis- nunmehr drei Jahren bin ich auf Anregung senschaftlern mehrerer Fakultäten dem meiner koreanischen Partner beratend bei Universitätspräsidenten einen Scheck von der Planung eines ehrgeizigen Vorhabens DM 50.000 für die Bibliotheken der Deut- im Rahmen der deutsch-koreanischen schen Abteilung und der Juristischen Fa- Hochschulbeziehungen tätig. Es wird sich kultät überreichte. Und mit dieser Summe in nächster Zukunft zeigen, ob dieses auf konnte man seiner Zeit schon etwas anfan- koreanische Initiative entstandene Projekt gen. konkrete Formen annimmt, worüber ich dann gerne bereit bin, ausführlicher zu be- Es ist nicht einfach, den beruflichen Wer- richten. degang der Absolventen Germanistischer

60 Als Lektor an der Seoul National-Universität Teil 2: 1987-1989

Dr. Hans-H. Rohrer

Welch ein anderer Empfang: Bei meiner tektur und einem beeindruckenden spiritu- Ankunft in Seoul im September 1987 wur- ellen Leben. Auch in den privaten Häusern de ich von einem Professor der SNU, einer fand ich oftmals eine stilvolle traditionelle Kollegin des Goethe-Instituts und dem Einrichtung. Überhaupt war die Alltagskul- damaligen deutschen Kulturattache be- tur an traditionellem Essen, am Möbeln, grüßt. Kaum waren die Koffer abgestellt Häusern und die Lebensform für mich im- bekam ich nach einer kurzen Pause gleich mer wieder faszinierend. Bis zum Schluss eine eindrucksvolle Einführung in das ko- war es mein Hobby, durch die Kunstge- reanische Nachtleben. Drei Jahre zuvor werbeläden in Insadong oder durch die war ich in Beijing angekommen, wo alle Viertel mit den Händlern für alte Möbel zu eingereisten neuen DAAD-Lektoren in ein spazieren. Am Wochenende gehörte ein gut bewachtes Hotel gebracht wurden. Ausflug in das Institut für traditionelle Mu- Nach dem Abendessen war damals in Chi- sik oder in die Taehagno oftmals zu mei- na das Nachtleben beendet. nem Programm, wenn ich nicht mit meiner Familie einen Ausflug ins Land machte. Viele meiner damaligen Eindrücke von Korea sah ich im Spiegel der vorausgegan- Das Leben an der Universität erforderte genen Erfahrungen in China. Während in auch eine gewisse Umstellung. In China in den Achtziger-Jahren das Alltags- war ich es gewohnt, in der Regel sehr eifri- leben doch noch sehr bescheiden war, war ge Studenten zu haben, die nach einem ich von Korea doch überrascht oder über- Jahr straffen Unterrichts mit 16 Stunden wältigt, welch ‚modernes‘ Land Korea da- Deutsch in der Woche in kleineren Grup- gegen war. Dieser Eindruck war insofern pen doch sehr schnell Deutsch gelernt ha- für mich oftmals irritierend, als ich auf der ben. Keine Stunde fiel aus, alles war sehr einen Seite die spiegelnden Fassaden des straff organisiert, die Ferien eher knapp modernen Seoul sah, auf der anderen Seite bemessen. In Korea musste ich erst einmal eine koreanische Gesellschaft, die im Ver- damit umgehen lernen, dass das Leben der halten, Denken und in Familienstrukturen Studenten doch ein Angebot sehr vielfälti- vergleichsweise traditionell und ‚altmo- ger Aktivitäten beinhaltet, die nicht immer disch‘ war. Nach meinem Eindruck passte mit dem Fach zu tun haben. Neben Ausflü- die ‚neue äußere Seite‘ Koreas nicht so gen, MT, Sportfesten, Clubs bestimmte zu recht mit der ‚inneren Seite‘ zusammen. In dieser Zeit die freitägliche Demonstration China hatte Mao und die kommunistische den Rhythmus des studentischen Lebens. Partei versucht, den ‚neuen Menschen‘ zu Besonders im Jahr 1987 gab es sehr heftige schaffen und dabei gleichzeitig sehr viel Auseinandersetzungen zwischen den Stu- der alten Kultur und Tradition zerstört. In denten und der Polizei. An der SNU konn- Shanghai gab es in den Achtziger Jahren te ich das Szenario oftmals beobachten, gerade mal drei Tempel und die ohne Le- wenn auch unter taktischen Gesichtspunk- ben, in Seoul und Korea fand ich eine le- ten nicht verstehen. Die Studenten bendige Kultur mit einer erhabenen Archi-

61 versammelten sich vor dem Hauptgebäude oft über Stunden im Büro und dann kamen und riefen ihre Parolen, bis sich vom nach und nach die älteren Studenten, Haupttor die Polizei näherte. Fast regelmä- Assistenten und auch Professoren anderer ßig blies der Wind das Tränengas genau in Fakultäten zu mir, um sich mit mir über Richtung des Hauptgebäudes, von wo die alle möglichen Hilfen, Programme oder Studenten die Polizisten frontal mit Stei- Stipendien für Deutschland zu beraten. So nen bewarfen. Mir kam es oft vor, als sei lernte ich Wissenschaftler und Studenten es eher ein Ritual als eine ernste aus allen möglichen Gebieten kennen und Auseinadersetzung. Politische konnte Ihnen helfen, ihre Forschungsarbei- Diskussionen mit meinen Studenten waren ten und Studien weiter voran zu bringen. leider nicht einfach. Einmal gab es die Auch die Arbeit mit den Magisterstudenten Sprachbarriere, aber dann auch die war stets eine sehr anregende und persönli- Meinung vieler Studenten, die che Sache. Etliche von Ihnen habe ich dann ‚Koreanische Frage‘ sei eine interne Frage, in Deutschland wieder getroffen und auch die Ausländer sowieso nicht so gut weiter betreut. verstehen könnten. Durch die vielen anderen Aktivitäten und Verpflichtungen der Studenten kam der Unterricht leider oft zu kurz. Das war für mich als Lehrer und wohl auch für die kleinere Zahl der ernsthaft interessierten Studenten ein gewisses Problem. Im Lehr- buch, damals in der Regel eine schwarz- weiße Raubkopie von ‚Themen‘ kamen wir nur sehr langsam voran. Die Kluft zwi- schen einigen wenigen an Deutsch stärker interessierten Studenten und der Masse der Studenten, die nicht so fleißig mitarbeite- Neben der Arbeit an der SNU ergaben sich ten, wurde mit zunehmender Semesterzahl noch viele andere interessante Aufgaben immer größer. So wurde auch der Unter- für mich als Lektor. Besonders die Teil- richt immer mehr zu einem Spagat zwi- nahme an Tagungen und Versammlungen schen der Notwendigkeit, im Stoff weiter der verschiedenen germanistischen Verei- zu kommen und die Guten zu fördern und nigungen in Korea zeigten mir, welch un- der Aufgabe, die weniger engagierten Stu- glaublich hohes Niveau die wissenschaftli- denten doch noch mitzuziehen und ir- che Diskussion und das Engagement unter gendwie zu begeistern. Als in einer be- den Fachkollegen hatte. Auf der anderen stimmten Zeit zu viel Unterricht durch Seite tat es mir dann oft leid, dass sich die- Demonstrationen usw. ausfiel, fragte ich ses Engagement nicht so auf die Studenten einmal einen koreanischen Kollegen, ob und meinen Arbeitsalltag an der Universi- ich denn den Unterricht nachholen könne. tät niederschlug. Da meinte der Kollege: ‚Ach lassen Sie mal, die Studenten müssen ihre Freiheit Eine weitere Betätigung war die Mitarbeit haben‘. Als ich mir dann auch die Freiheit an verschiedenen Deutsch-Lehrwerken. genommen habe, in den ausgefallenen Hier konnte ich sicher helfen, in einem Stunden teilweise nach Hause zu fahren, gewissen Maße die Lehrbücher für eine bekam ich dann durch einen Assistenten Generation von Mittelschülern zeitgemäßer den Hinweis, dass ich besser im Büro blei- und attraktiver zu machen. Diese ben sollte. In der Folgezeit blieb ich dann

62 Erfahrung war auch schon auch schon ein unsere Seouler Wohnung dann endgültig Vorgriff auf die Tätigkeit, die ich im An- ein Heerlager für mehrere deutsche Kolle- schluss an meine Lektorenzeit für die gen, die aus der ‚Provinz‘ zur Olympiade nächsten zehn Jahre machen sollte, die gekommen waren. Seoul war wie verwan- Arbeit als Redakteur für Lehrbücher. Was delt, eine tolle internationale Gemeinde ich allerdings nie mehr erlebt habe, war die und eine anregend festliche Stimmung lag Geschwindigkeit, mit der damals in Korea über der Stadt. Bücher produziert wurden. Als ich dieses Jahr nach 7 Jahren wieder einmal die Gelegenheit hatte, Seoul zu besuchen, war ich glücklich und auch ü- berwältigt, wie sich die Stadt nochmals entwickelt hat. Ganz besonders hat mich aber das Wiedersehen mit vielen alten Be- kannten gefreut und nicht selten hörte ich den Satz: Kennen Sie mich noch? Ich bin jetzt Professor an der ... Uni. Auch wenn die zahlenmäßige Bedeutung des Faches Deutsch zurückgeht, so spürt man aber bei

den heutigen jungen Professoren und Pro- Ein Höhepunkt meiner Zeit in Korea war fessorinnen eine tiefe Empathie, sich für jedenfalls die Olympiade 1988. Nicht nur, Deutsch und den Kontakt nach Deutsch- dass in der ganzen Stadt ein unglaublicher land zu engagieren. Im Mittelpunkt stehen Bauboom einsetzte, nein das ganze Land auch nicht mehr so sehr literarische oder wurde ‚auf Vordermann‘ gebracht. Viele sprachwissenschaftliche Spezialthemen, Parks wurden angelegt, die Han-Ufer ver- sondern eher der Wunsch zwischen den schönert. Im Goethe-Institut liefen alle modernen Kulturen und unseren Völkern möglichen Vorbereitungen zusammen, wie auf vielfältigen Gebieten eine Brücke zu sich Deutschland in Korea und der Welt schlagen. Und wenn ich damals bei dem präsentieren konnte. In meiner damaligen einen oder anderen Studenten dazu eine relativ großzügigen, aber fast leeren Woh- Anregung gegeben habe, so hat sich mein nung wohnte neben meiner Familie der Aufenthalt in Korea gelohnt. Eine unwie- damalige deutsche Olympia-Attache eh- derbringliche, schöne Zeit und unglaubli- renhalber, auch ein ehemaliger Lektor teil- che Lebenserfahrung waren es allemal. weise mit Familie. Während der Spiele war

Als Lektor an der Seoul National Universität Teil 3: 1996 bis 2003

Frank Grünert

Eins gleich vorne weg - anders als Georg gungen, aber dafür musste ich auch nicht Neumann und Hans H. Rohrer bin ich kein nach maximal 5 Jahren meine Koffer pa- Lektor des DAAD, sondern ein freier Lek- cken und kann jetzt hier schon im 11. Jahr tor. So entgehen mir zwar viele Vergünsti- an der SNU unterrichten. Die Bedingungen

63 in Korea und an der SNU haben sich seit dem Brecht in Korea nicht mehr verboten den 60er Jahren natürlich deutlich verbes- war, stand er in den 90er Jahren eine Zeit- sert, ein Bier kostet zwar nicht mehr 100, lang recht weit oben in der Beliebtheitsska- sondern ca. 1400 Won. Dafür verdient man la der Magisterarbeiten und universitärer jetzt hier Millionen – in Won. Ich habe Theaterinszenierungen. auch eine wesentlich geringere Unter- Die raschen politischen und sozialen Ver- richtsverpflichtung als mein Vorgänger, es änderungen der koreanischen Gesellschaft sind 12 Stunden, d.h. 3 Veranstaltungen an zeigen sich auch in der Studentenschaft. der Deutschen Abteilung der Pädagogi- Während die Studierenden vor zehn bis schen Fakultät und eine für Hörer aller fünfzehn Jahren häufig aus Bauernfamilien Fachbereiche an der Germanistischen Ab- mit vielen Geschwistern kamen, sind sie teilung der Philosophischen Fakultät. Hier heute oft Einzelkinder aus der neubürgerli- gibt es auch nach wie vor einen DAAD- chen Mittelschicht. Das Interesse an Politik Lektor, seit einem Jahr ist dies Kai Köhler. ist bis auf Ausnahmen so gut wie erlo- Die Deutschkenntnisse der Studierenden schen. Trotzdem sind die Studierenden sind vermutlich deutlich besser als Anfang heute meiner Einschätzung nach emanzi- der 60er Jahre. Nicht wenige haben pierter und selbstbewusster als früher. Deutsch an Fremdsprachenoberschulen gelernt, oder sind in Deutschland jahrelang zur Schule gegangen. Die Begeisterung, das Interesse an deutscher Literatur scheint mir aber heute nicht mehr so groß zu sein. Dafür glaube ich ein stark angestiegenes Interesse an Film, Kunstgeschichte, Neuen Medien und direktem Austausch mit Deut- schen feststellen zu können. Georg Neuman schreibt über das Interesse an Brecht während der Diktatur der 60er

Jahre. Als ich 1989 nach Korea, nach Gwangju kam, war die Studentenschaft Die, auch in der DaF-Szene, oft beschwo- hoch politisiert. Immer wieder kam es zu rene Krise der koreanischen Germanistik sehr gewalttätigen Demonstrationen. Nicht ist an unserer Abteilung im Grunde bislang wenige Studenten und auch Polizisten – recht glimpflich verlaufen. Erst kürzlich häufig wehrpflichtige Studenten - starben wurde sogar eine neue Professorenstelle in den 80ern. Auch an der SNU steht ein geschaffen. Fast alle „Shigangkangsas“ - Denkmal für einen ums Leben gekommen Stundendozenten, die ich im Laufe der Studenten. Dieses kämpferische, aufge- Jahre an unserer Abteilung kennen lernte, heizte Klima wirkte sich natürlich auch auf haben mittlerweile Professorenstellen an den Unterricht aus. An der SNU war die anderen Universitäten. Allerdings nur die Situation, als ich dort 1993 begann, anders. Männer, für Frauen ist es nach wie vor Sogar am 18.Mai, dem Jahrestag des sehr schwierig. Ein großes Problem ist für Gwangju-Massakers kamen die Studenten unsere Abteilung, die ja im Prinzip für die in den Unterricht. Nur in das Studium Ausbildung von Deutschlehrern zuständig vertieft und generell unpolitisch waren die ist, dass so gut wie keine Deutschlehrer SNU-Studenten jedoch keineswegs. Viele mehr neu eingestellt werden. Meine Stu- waren nicht unbedingt an der traditionellen denten berichten mir daher auch von Germanistik, sehr wohl aber an bestimmten Texten z. B. von Brecht interessiert. Nach-

64 der Schwierigkeit einen guten Arbeitsplatz studieren KaF - Koreanisch als zu finden. Dabei haben sie es immer noch Fremdsprache. leichter als Absolventen anderer Universi- täten. Die Hörer aller Fachbereiche, die Deutsch Nicht wenige setzen wohl auch wegen der lernen, nimmt mit den Jahren stetig ab, da angespannten Lage am Arbeitsmarkt ihr es an den Oberschulen immer weniger un- Studium an einer „Graduate School“ der terrichtet wird. Aber es sind immer noch SNU fort. Sie studieren also nicht unbe- genügend, die mit großer Motivation dingt bei uns weiter, sondern z.B. am „Co l- Deutsch lernen. Musiker, Juristen, Philo- lege for International Studies“ oder s ie sophen lernen es auch, weil sie es ihnen in ihrem Fachstudium nützen kann.

Konferenzberichte

“Übungstypologie“ Symposium der KGDaF in Daejeon

Michael Menke

Am 30. und 31. Mai 2002 fand an der Aufgaben zum Deutschlernen außerhalb Hannam-Universität in Daejeon das 7. in- des deutschsprachigen Raums war das ternationale Symposium der Koreanischen Thema des Einleitungsvortrags, den Diet- Gesellschaft für Deutsch als Fremdsprache mar Rösler anhand von multimedialen Bei- (KGDaF) statt. Seminarleiter war Prof. Dr. spielen vortrug. Dietmar Rösler von der Justus-Liebig- Vom Allgemeinen zum Konkreteren ging Universität in Gießen. Das Thema dieses es im Referat von Anne Gellert aus Ku- Symposiums lautete „Übungstypo logie“. mamoto (Japan), die ihre Arbeit mit Wör- Zahlreiche koreanische Kollegen hatten terbüchern vorstellte, von der Auswahl bis den Weg nach Daejeon gefunden, überra- hin zur Benutzung. Ausspracheübungen schend besuchten auch viele Lektoren die- waren der nächste Punkt, daran schloss se Veranstaltung. sich einer von mehreren Vorträgen an, die sich mit der Nutzung von Computern und Übungen sind sicherlich ein wesentlicher dem Internet auseinander setzten. Bestandteil des Deutsch-Unterrichts. Die Kai Rohs zeigte am Beispiel von sechs Vielfalt von Übungen vorzustellen und die Postern, die verwandte Wörter in deutscher verschiedenen Möglichkeiten, Übungen zu und englischer Sprache zeigten, wie man gestalten und anzuwenden, war Zweck damit üben kann, was aber auch nachteilige dieses Seminars. Aspekte dieses Übungsmittels seien. Vielfalt und Funktion von Übungen und Am zweiten Seminartag stellte

65 Dietmar Rösler Übungen und Aufgaben mein-Plätzchen“ aus dem Seminar -Papier aus dem Internet vor. Dieser Vortrag fand von Prof. Rösler sagte: „Wenn man sich in einem Computerraum statt, so dass jeder nichts zu sagen hat, ist es egal, in welchem selbst vor einem Terminal diese Aufgaben Medium man sich nichts zu sagen hat.“ probieren konnte. Deutschunterricht am Oder noch deutlicher: „Der Einsatz von Computer - aber weniger im Internet, son- neuen Medien ist nur dann sinnvoll, wenn dern eher mit CD-Rom-Software - stellte er sinnvoll ist.“ Da ist wohl richtig! Prof. Sohn Sung-Ho vor. Ha Su-Guen Die Seminarteilnehmer konnten wichtige brachte einige Übungsbeispiele aus dem und interessante Informationen mit nach Sprachunterricht, und das Symposium Haus nehmen. Einmal mehr zeigte sich, schloss mit einem Workshop zu Internet- dass die KGDaF mit ihren Veranstaltungen übungen von Lehrwerken. auf der Höhe der Zeit ist. Man konnte erkennen, dass Übungen und Unterricht am Computer und im Internet Die einzelnen Vorträge sind nachzulesen weithin Einzug in die Lehrsäle erhalten im neuen Sammelband der KGDaF haben. Allerdings sollte man sich nicht „Deutsch als Fremdsprache in Korea“ Nr. immer vom attraktiven Schein des Inter- 12, August 2003. nets blenden lassen, denn wie ein „Ge-

Das 11. Sorak-Symposium 2003

Gernot Haidorfer

Vom 25. bis 28.9. fand im Mujuresort in am Beispiel von Rilkes Gedicht „Arch ai- Jeollabuk-do das diesjährige Sorak- scher Torso Apolls“ auf, wie andere Fac h- Symposium der Koreanischen Gesellschaft bereiche außerhalb der Literatur- und für Germanistik in Zusammenarbeit mit Sprachwissenschaft (Bild-, Technikge- dem DAAD statt. Es stand unter dem schichte) zum Erfassen von Literatur bei- Thema „Kulturwissenschaft als Herausfo r- tragen können. derung und Potential der Germanistik“. Auch auf die Fachgeschichte der Germa- Leiter der Tagung war Prof. Peter Matus- nistik rekurrierte der Referent, um eine sek, der an den Universitäten Siegen (Me- kulturwissenschaftliche Ausrichtung zu dienwissenschaft) und Düsseldorf lehrt. rechtfertigen. Auf die deutschen Philologen Neben 46 koreanischen Professoren waren Ende des 18. Jahrhunderts mit ihrem uni- auch sieben deutsche Lektoren anwesend. versellen Anspruch, der u.a. Religion, Aus dem ostasiatischen Raum waren Dr. Mentalitäten und Traditionen des Volkes Lins von der Außenstelle des DAAD in untersuchen wollte, wurde hier verwiesen. Tokio gekommen, Prof. Yosida aus Japan, Lange Zeit habe dann der Primat der Text- Dr. Bucher aus Taiwan und Prof. Jiang aus philologie gegolten, der erst in jüngerer Peking. Zeit wieder aufgebrochen wurde. Wertvol- In seinem Eröffnungsvortrag strich Prof. le Anstöße für eine erneute Weiterfassung Matussek das Potential der Kulturwissen- des Faches seien gerade von der Auslands- schaft für die Germanistik heraus. Er zeigte germanistik gekommen, die sich um

66 eine interdisziplinäre Ausrichtung bemüht dernde Lücke zu und lasse deren imagina- (Einbeziehung von Geographie, Geschich- tives Potential nicht zur Geltung kommen. te, Wirtschaft im Sinne der Landeskunde). Zudem sei das Vergleichen schon eine der In weiteren 17 Vorträgen wurde über eine Auslandsgermanistik innewohnende Me- große Bandbreite von Themen referiert thode: Vergleich der deutschen mit der (max. 20 Min. pro Vortrag) und anschlie- einheimischen Sprache, der deutschen mit ßend diskutiert (max. 20 Min. pro Diskus- der einheimischen Literatur, der deutschen sion). So hatte ein Vortrag den Blick der mit den einheimischen Sitten. Europäer auf Korea in den letzten 300 Jah- Im Vortrag „Leerstellen als Erinnerungsa n- ren zum Thema, andere setzten sich mit lässe“ zeigte Prof. Matussek einen konkr e- Ähnlichkeiten zwischen Rilke und dem ten Anwendungsfall für sein postuliertes Zen-Buddhismus auseinander oder mit Programm einer „Germanistik als Medie n- Romanen aus dem Genre der Alternate kulturwissenschaft“ - die Leerstelle. History, also virtueller Geschichte. Verkürzt dargestellt ist das das vom Schreiber, Künstler, Musiker bewusst Einige kleine Schlussbemerkungen zum Nicht-ausgedrückte, Nicht-Gesagte, das Symposium möchte ich gerne anbringen. beim Rezipienten die Phantasie beflügelt Wie ich eben aufgezeigt habe, wurden in und diesen somit die Leerstelle imaginativ den Vorträgen viele interdisziplinäre As- ausfüllen lässt. pekte ausgeleuchtet - dies auch ganz im Anhand von Beispielen der drei Informati- Sinne einer Germanistik als Kulturwissen- onsträger Schrift, Bild und Klang zeigte schaft. der Vortragende das Potential dieses Ges- In dreierlei Hinsicht hätte ich mir gerne taltungsmittels auf. noch ein klein wenig mehr gewünscht: Als wohl extremstes Beispiel für eine sol- 1. Bei manchen Vorträgen fehlte noch che Leerstelle führte der Referent das Mu- ein letzter kleiner Schritt, nämlich die Fra- sikstück 4` 33“ von John Cage an, bei dem ge: Welchen Ertrag bringt uns diese Er- gar nichts zu hören ist – die absolute audi- kenntnis (z.B. ähnliche Gedanken, Muster tive Leerstelle also. oder Motive in der europäischen Literatur Meines Erachtens darf der Hörer neben all und der fernöstlichen Philosophie) für das der Imagination durchaus auch den gesun- Wissen um die Autoren? Wird das Bild, den Menschenverstand walten lassen und das wir von ihnen haben, erweitert oder gar ein solches „Leerstellenklangangebot“ als verändert? effekthascherische Möchtegern- 2. Die beiden Hauptvorträge deuteten Avantgarde bzw. als Veräppelung des Mu- zwar Bezüge zur Auslandsgermanistik an, sikpublikums zurückweisen. hätten aber mehr der Fragestellung nach- Neben musikalischen und literarischen gehen können: Was bedeutet eine Leerstellen ging Prof. Matussek auch auf kulturwissenschaftliche Ausrichtung für die bildnerischen ein. Hierbei machte er die Germanistik im Ausland? Welchen deutlich, dass durch das Aufkommen im- Nutzen/ Schaden könnte sie daraus ziehen? mer realistischerer Animationen im Zeital- 4. Eine etwas klarere Ausrichtung ter der Virtual Reality die Leerstellen im vieler Beiträge in Richtung auf die Aus- Abnehmen begriffen sind. Gerade die gangsfrage der Tagung wäre hilfreich ge- technische Realisierung des Virtuellen, das wesen, also: Kulturwissenschaft – Heraus- sonst vom Rezipienten in der Vorstellung forderung oder Potential der Germanistik aktiviert wird, schütte die phantasieför-

67 Deutscher Literaturpreis für einen Roman aus Korea

Edeltrud Kim

16. LiBeraturpeis für: Oh Jung-Hee „Vögel“ ( ❡ ) Übersetzt von Edeltrud Kim und Kim, Sun-Hi erschienen 2002 im Pendragon Verlag Bielefeld Übersetzung und Drucklegung wurden von der Daesan-Kulturstiftung Seoul gefördert.

Die Preisverleihung fand am Sonntag, dem 5. 10. 2003 um 16.00 Uhr in der Chris- tuskirche in Frankfurt am Main statt, die Laudatio hielt Dr. Thomas Hocke von der Kulturabteilung des ZDF, Autorenlesung im Frankfurter Literaturhaus am Dienstag, dem 7. 10. 2003 um 20.00 Uhr.

Der LiBeraturpreis als Kombination von Literatur und Befrei- ung zu verstehen. Wahrscheinlich ist dieser besondere Litera- turpreis nicht bekannt. Er wird von der Mit dem Preis Initiative „Initiative LiBeraturpreis im Ökumen i- werden nur LiBeraturpreis schen Zentrum Christuskirche e.V.“, deren Praunheimer Autorinnen aus Vorsitzende Ingeborg Kaestner ist, verge- Landstr. 202 Afrika, Asien, ben. Der Preis ist durch die Initiative von 60488 Frankfurt/M Ozeanien und Frau Kaestner aus dem Engagement kirch- www.LiBeraturpreis.org Lateinamerika licher Gruppen in Frankfurt für die Dritte ausgezeichnet, Welt hervorgegangen und soll dabei helfen, und zwar für die deutsche Öffentlichkeit über das Medi- einen Roman, der im Vorjahr zum ersten um Literatur mit den Regionen der Dritten Mal in deutscher Übersetzung erschienen Welt und ihren Kulturen bekannt zu ma- ist. Die Beschränkung auf Autorinnen wird chen. Außerdem will die Initiative LiBera- damit begründet, dass es Autorinnen in der turpreis der Leseförderung dienen. Dritten Welt besonders schwer haben, Be- achtung zu finden. Eine Autorin kann die- sen Preis aber nur einmal erhalten.

Der Preis wird im Grunde von Leserinnen und Lesern vergeben. Während der Buch- messe sammeln Mitglieder der „Initiative LiBeraturpreis“ Informationen über neue Übersetzungen von Romanen von Autorin- nen der Dritten Welt, nach der Messe wird dann eine Liste der gefundenen Titel auf der homepage der Initiative veröffentlicht. Die Mitglieder und Freunde der Initiative Der Name des Preises spielt absichtsvoll mit der doppelten Bedeutung des lateini- schen Wortes liber – Buch oder frei und ist 68 und jeder Interessierte kann nach der Lek- und Organisation mit der Preisverleihung türe Bücher aus dieser Liste, die ihm oder und der Einladung der Autorin verbunden ihr besonders geeignet erscheinen, zur ist, wird ehrenamtlich geleistet. Preisverleihung vorschlagen. Im Sommer wird aus diesen Vorschlägen vom Vor- Die „Initiative LiBeraturpreis“ würdigt stand eine Short List zusammengestellt. ausdrücklich auch die Arbeit der Überset- Aus dieser Liste wählt dann eine professi- zerInnen, auf die sie ja angewiesen ist. So onelle Jury, der Kritiker, Übersetzer, Ver- werden sie immer zur Preisverleihung und leger, Buchhändler und Wissenschaftler Lesung eingeladen, allerdings reichen die angehören, die Preisträgerin aus. finanziellen Mittel der „Initiative“ nicht aus, um ihnen auch die Reise und den Auf- Die Preisverleihung findet immer am enthalt finanzieren zu können, doch das Sonntag vor Beginn der Frankfurter Buch- kostenlose Wohnen im gastfreundlichen messe statt, und am Vorabend der Eröff- Haus von Ingeborg Kaestner, der Initiatorin nung gibt es dann im Frankfurter Literatur- des Preises, wird ihnen angeboten. haus eine Lesung aus dem ausgezeichneten Dankenswerterweise hat die Daesan- Werk. Von der Autorin wird auch erwartet, Kulturstiftung die Flugkosten und die in dass sie auf der Buchmesse am Stand ihres Frankfurt noch anfallenden Kosten für die Verlags und am Stand der „Initiative“ e r- beiden Übersetzerinnen übernommen, so scheint und zu Gesprächen und zum Sig- dass sie die Autorin begleiten konnten, nieren ihrer Bücher bereit ist. außerdem hat die Daesan-Stiftung ihren Mitarbeiter Ahn Young Guk mit auf die Reise geschickt, der dort auch Erfahrungen für den Auftritt Koreas als Gastland der Buchmesse 2005 sammeln sollte.

Genaue Informationen zur Initiative und zum Preis sowie zu den Auswahlkriterien und Angaben zu den zuvor ausgezeichne- ten Werken und Autorinnen findet man auf der homepage der Initiative ebenso wie die neueste Liste: http://www.LiBeraturpreis.org Jeder, der sich für die Arbeit der Initiative interessiert und diese unterstützen möchte, kann Mitglied werden, aber auch Nicht- mitglieder können sich an der Auswahl der preiswürdigen Bücher beteiligen. Wäre die Das Preisgeld beträgt nur 500 Euro, für Mitarbeit in dieser „Initiative“ nicht auch wichtiger hält man die persönliche Begeg- eine lohnende Aufgabe für DaF- nung mit der Autorin, daher wird sie für LektorInnen in Asien? eine Woche nach Frankfurt eingeladen und hat so Gelegenheit, ihre deutschen Lese- An dieser Stelle sei hier nun allen Mitglie- rInnen zu treffen und auf der Messe Kon- dern der Initiative, die sich so liebenswür- takte aller Art zu knüpfen. Die Reise- und dig um die Organisation und um die Aufenthaltskosten und das Preisgeld Betreuung der Autorin und der Übersetze- werden aus den Mitgliedsbeiträgen und aus rinnen gekümmert und ihre Dienste als Spenden finanziert. Alles, was an Arbeit

69 Stadtführer und Fahrer angeboten haben, Hause kommt, sind die Kinder sich selbst herzlich gedankt. Ein besonderer Dank überlassen, und Uumi versucht, für sich gebührt natürlich Frau Ingeborg Kaestner und ihren Bruder zu sorgen. Sie kann aber und ihrem unermüdlichen Helfer, Herrn dem geistig und körperlich zurückgeblie- Claus-Ludwig Dieter. benem Bruder nicht mehr helfen, nachdem er in eine Kinderbande geraten ist und zu- sammenbricht. Schließlich macht Uumi sich auf in ihre eigene unbekannte Zukunft. Vögel ist, so heißt es in Begründung zur Preisverleihung „der ehrgeizige Versuch, ein ganzes Buch aus der Perspektive eines 10-12jährigen Mädchens namens Uumi zu schreiben. Und die Jury war tief beein- druckt, wie OH Jung-Hee dieses Unter- nehmen konsequent umgesetzt hat.“ ... Sie „hält mit Bravour die Perspektive von Uumi durch - ohne falsches Pathos, fast erbarmungslos, lernen wir die Welt durch die Augen "alleingelassener" Kinder zu sehen. Diese Erzählhaltung ermöglicht es die Autorin Frau OH, ein Phänomen, das auch in Deutschland eher verschwiegen wird, ohne Zur Preisverleihung moralisierenden Zeigefinger, ohne heroi- 1. Die Begründung für die Preisverleihung sierenden Tenor darzustellen.

Mit einer nüchtern-präzisen Prosa, die nie In der offiziellen Begründung für die spröde wirkt, lernen wir den Alltag in Ko- Preisverleihung wird nach der Vorstellung rea kennen, und dennoch erleben wir ihn der Autorin zunächst einmal festgestellt, gleichzeitig teils durch die Fantasievorstel- dass es sich bei Vögel um einen „äußerst lungen von Uumi, die die Welt noch nicht gelungenen Roman“ handele. In ihm e r- erkennen bzw. richtig interpretieren kann. zählt die Autorin, das sei eingefügt, die Allein auf sich gestellt und ihren Bruder Geschichte von Uumi, einem 10-12 jähri- schützend muss sie sich dennoch durch- gen Mädchen, und ihrem jüngeren Bruder schlagen. Immer verstehen die Leser mehr Uuil. Die Mutter der Kinder hat den Vater als sie, aber können ihr nicht helfen - so verlassen, weil sie von ihm brutal geschla- wie die Situation vieler Kinder ohnmächtig gen wurde, die Kinder leben dann zunächst von der Gesellschaft toleriert wird. Er- bei verschiedenen Verwandten, schließlich schütternd ist der Roman nicht, aber lange holt der Vater sie zurück, weil er eine neue spukt sein Geist im Kopf des Lesers Frau gefunden hat, die wohl eine ehemali- nach...“ [ Begründung von: Dr. Jeremy ge Prostituierte ist. Der Vater arbeitet auf Gaines (Vorsitzender der Jury) Zitiert nach Baustellen außerhalb der Stadt und kommt der homepage der Initiative LiBeraturpreis] nur am Wochenende in das schäbige Zim- mer, das er für die Familie in einem einfa- 2. Presseecho chen Haus mit mehreren Einzimmerwoh- nungen gemietet hat. Die Frau verschwin- Als die Meldung über die Preisverleihung det nach einiger Zeit wieder, weil sie das Anfang Juli in Korea bekannt wurde, ha- trostlose Leben nicht mehr aushalten kann. Da der Vater danach auch nicht mehr nach

70 ben beinahe alle seriösen koreanischen erschienen, darunter natürlich auch etliche Zeitungen darüber berichtet, denn es han- Koreaner. delte sich ja um die erste Auszeichnung Die koreanischen Musikerinnen Chun, eines koreanischen literarischen Werkes in Hi-Jong (Klavier) und Ha, So-Hee (Sop- Deutschland. ran) bestritten das musikalische Rahmen- Auch in der einen oder anderen deutschen programm mit Klaviermusik von J. S. Zeitung fand sich eine entsprechende No- Bach und zwei koreanischen Kunstliedern. tiz, wie ich erfahren habe, Belege hatte man aber für mich nicht gesammelt. Nach dem Erscheinen der Übersetzung hatte es einige wenige Rezensionen gegeben, die von der „Initiative LiBer aturpreis“ zum Teil in einer kleinen Pressemappe gesam- melt worden waren, aber in keiner der gro- ßen deutschen Zeitungen oder Zeitschriften hatte man von diesem koreanischen Buch Notiz genommen. Podiumsdiskussion In der Neuen Zürcher Zeitung vom 20.

Sept. 2003 erschien ein interessanter, wenn Die Eröffnungs- und Schlussrede hielt In- auch nicht fehlerfreier, Artikel von Ludger geborg Kaestner, die als Initiatorin des Lütkehaus: „Dissonanzen im »Land der Preises und als Vorsitzende der „Initiative Morgenstille«. Koreanische Gegenwartsli- LiBeraturpreis“ auch die Preisverleihung teratur in deutschen Editionen“. Dort wir vornahm. der Roman „Vögel“ auch e rwähnt. Die Laudatio hielt Dr. Thomas Hocke von Im Zusammenhang mit der Preisverleihung der Kulturabteilung des ZDF, der Frau Oh ist dann am 1. Oktober 2003 in der Frank- bei einem Koreabesuch kennen gelernt furter Rundschau auf S. 19 unter dem Titel hatte. Er betonte die biografischen und „Das Eisbergprinzip“ ein Interview mit Oh sozialen Wurzeln ihres Werks und würdig- Jung-Hee erschienen, in dem die Autorin te sie als Autorin, die nicht so tue, als ob u.a. angibt, dass ihre bedrohte Kindheit im sie Lösungen für Missstände oder die Ü- und nach dem Koreakrieg der entscheiden- berwindung von Einsamkeit und Angst de Anstoß für ihre schriftstellerische Arbeit anzubieten habe, sondern die - nach ihren geworden sei und dass sie aufgrund dieser eigenen Worten „an der Grenze zwischen Erfahrungen auch immer wieder aus der der sichtbaren und der unsichtbaren Welt“ Perspektive von Kindern, insbesondere von stehend – versuche, dazu beizutragen, Mädchen erzähle. Als „Eisbergpri nzip“ „dass wir wiedererlangen, was wir inzw i- charakterisiert Oh Jung-Hee ihre besondere schen vergessen haben“. sprachliche Technik des konkreten und In ihrer Dankrede würdigte Frau Oh die doch lyrischen Schreibens mit vielen Leer- Verdienste der „Initiative“ um die intern a- stellen. tionale Verständigung und die Verbreitung

fremdländischer Literatur in Deutschland 3. Bericht über die Preisverleihung und und bedankte sich bei ihren deutschen Le- die Autorenlesung serInnen für ihre Bereitschaft, sich auf ein

fremdkulturelles Werk einzulassen. Nach Die Preisverleihung fand wie, gesagt, am einigen wenigen Erläuterungen zu dem Sonntag um 16 Uhr in einem festlichen Roman „Vögel“ und zu ihrem Selbstve r- Rahmen in der Christus-Kirche am Beet- ständnis als Autorin schloss sie ihre kurze hovenplatz statt. Etwa 130 Gäste waren

71 Ansprache so: „Einen Preis zu empfa ngen, Die Preisträgerin des LiBeraturpreises wird das ist etwas Erfreuliches, wofür man für eine Woche nach Frankfurt eingeladen, dankbar sein muss, aber mit der Auszeich- damit sie auch die Frankfurter Buchmesse nung wächst auch die Verantwortung für besuchen kann, sie soll dabei am Stand der die Aufrechterhaltung der Hoffnung. Wie „Initiative“ erscheinen, um Signierwü n- meine schriftstellerische Arbeit, die im schen und Gesprächswünschen nachzu- Zorn und Hass gegen die inneren und äuße- kommen, auch ein Besuch bei ihrem deut- ren Verhältnisse ihren Ursprung hat, sich schen Verleger wird von ihr erwartet. Au- zum Mitleiden hin gewandelt hat, so hoffe ßerdem steht es ihr frei, nach eigenen ich, dass ich mich in meinen Werken in der Wünschen Kontakte zu suchen und an Ver- Zukunft noch stärker einer tieferen Liebe anstaltungen teilzunehmen. So hat Frau Oh zwischen den Menschen und dem Guten in Begleitung ihrer beiden Übersetzerinnen für alle Menschen widmen kann.“ (Laud a- am 8. und 9. Okt. viele Stunden auf der tio und Dankrede können als pdf-file von Messe verbracht und etliche Bücher sig- der homepage der Initiative niert. www.LiBeraturpreis.org runtergeladen werden.) Trotz ihrer Sprachschwierigkeiten – Frau Oh kann kein Deutsch – hat sie teilge- Zur Autorenlesung im Frankfurter Litera- nommen an einer Panel-Diskussion zum turhaus am Dienstagabend (7. Okt. 2003) Thema "Koreanische Literatur in deutscher waren etwa 130 Personen erschienen, dar- Übersetzung". Bei der Diskussion ging es unter viele Koreaner. In Vertretung der hauptsächlich um Überlegungen, wie man Leiterin des Kulturhauses begrüßte Frau bei den deutschen Lesern ein größeres Inte- Ingeborg Kaestner die ZuhörerInnen. resse für die koreanische Literatur wecken Danach las Birgitta Assheuer den Anfang könne, und was unternommen wurde bzw. des Romans in deutscher Übersetzung vor, was geplant wird, um die koreanische Lite- damit die Gäste einen ersten Eindruck von ratur in Deutschland bekannter zu machen. dem Werk bekommen konnten. Nach Er- Ein anderer wichtiger Punkt waren die läuterungen des Moderators Dr. Jeremy Probleme bei den Übersetzungen, die sich Gaines zur Person der Autorin, zum Ge- daraus ergeben, dass im Team übersetzt samtwerk und zum Roman „Vögel“ las Oh wird, wobei meistens Koreaner literarische Jung-Hee etwa 10 Minuten lang aus dem Werke aus ihrer Muttersprache ins Deut- Original vor, etwa 30 Minuten dauerte sche, also in eine Fremdsprache, überset- dann die sehr schön vorgetragene deutsche zen, während bei literarischen Übersetzun- Lesung wichtiger Textstellen gen aus einleuchtenden Gründen norma- Die anschließenden Fragen an die Autorin lerweise in die Muttersprache übersetzt kreisten zum einen ganz allgemein um ihr wird. Dass Koreaner ins Deutsche überset- Selbstverständnis als Schriftstellerin, und zen, liegt natürlich daran, dass zu wenige zum anderen beschäftigten sie sich mit den Deutsche über ausreichende koreanische Figuren im Roman „Vögel“ und mit dem Sprachkenntnisse verfügen, dazu kommt Realitätsgehalt ihres gesellschaftlichen leider noch, dass viele deutsche Teampart- Umfelds. Einige Fragen verstiegen sich so ner der koreanischen ÜbersetzerInnen so in realistische Details, dass Frau Oh daran gut wie keine Ahnung von der koreani- erinnern musste, dass es sich um einen schen Sprache oder gar von Korea haben. Roman handele. Daher gibt es unter den bisher erschienen Bänden leider zu viele, die Mängel im 4. Besuch auf der Frankfurter Buchmes- Deutschen aufweisen, oder andere, die sich se 2003

72 viel zu weit vom Original entfernen, weil zung koreanischer Literatur fördern, haben deutsche TeampartnerInnen keine Rück- einige große Verlage darüber gesprochen, sicht auf das Original nehmen können. In dass sie im Hinblick auf die Gastlandrolle letzter Zeit sind allerdings einige gute Ü- Koreas Anthologien koreanischer Literatur bersetzungen erschienen, die Hoffnung auf herausbringen wollen. Es bleibt abzuwar- Besserung der Lage machen. ten, was daraus wird.

Korea auf der Buchmesse 2003 Am Freitagnachmittag (10.10.2003) haben die Vertreter der Stiftungen und die Über- Oh Jung-Hee und ihre Übersetzerinnen setzerinnen sowie der Pendragon Verlag im haben natürlich auch dem Stand Koreas in Pressezentrum der Messe an der kurzen Halle 6 mehrere Besuche abgestattet. Als Feier zur Unterzeichnung des Gastlandver- zukünftiges Gastland hatte Korea einen trages teilgenommen: Das Grußwort des relativ großen Stand gemietet. Man präsen- Messedirektors Volker Neumann, die An- tierte eine kleine Kunstausstellung mit mo- sprache des Stellvertretenden Direktors dernen Werken zu buddhistischen Themen und Sprechers der Messe Holger Ehling, von Jaeyeun Park, traditionelle koreanische sowie die Reden des Präsidenten und Vize- Keramik, sehr schöne Poster, Untermalung präsidenten des Koreanischen Verlegerver- mit traditioneller koreanischer Musik, ge- bandes und des für das Verlagswesen zu- mütliche Sitzecken und natürlich die deut- ständigen leitenden Beamten aus dem ko- schen Übersetzungen koreanischer Werke reanischen Kulturministerium machten und viele koreanische Übersetzungen deut- Hoffnung auf einen guten und interessan- scher Werke. Zum Mitnehmen lagen Post- ten Auftritt Koreas im Jahre 2005 und auf karten einiger Bilder aus der Ausstellung gute Zusammenarbeit mit der Messeleitung, bereit und viele Exemplare von „Tatsachen die zu jeder erdenklichen Hilfe bereit ist. über Korea“ und „Hallo aus Korea“. Korea plant offensichtlich einen großen Eindrucksvoll vertreten war Korea auch in Auftritt und eine großangelegte Offensive Halle 3 in der Abteilung für Comics. zur Vorstellung des Landes und zur An- Welche Geschäfte die koreanischen Verle- bahnung von weiterer kultureller Zusam- ger während der Messe abgewickelt oder menarbeit, zur Ausdehnung des Tourismus angebahnt haben, hat man bei unseren Be- und zur Verbesserung wirtschaftlicher Be- suchen nicht erfahren können. Mit dem ziehungen. Korea Literature Translation Institute und der Daesan-Stiftung, die ja die Überset-

Koreanische Literatur in Deutschland: einige Informationsquellen

Peter Ripken, der das Internationale Zentrum auf der Messe leitet, ist auch der Präsident der Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V. Reineckstr. 3, D - 60313 Frankfurt am Main, email: [email protected], http://www.litprom.de Diese Gesellschaft, bzw. Herr Ripken, der schon mehrmals in Korea war und bei der Vorberei- tung des Gastlandauftrittes Koreas mitarbeitet, ist prinzipiell bereit, Übersetzern bei der Ver- legersuche zu helfen, sofern die Qualität der Übersetzung stimmt.

73 Übersetzung und Drucklegung fördern in Korea:

Korea Literature Translation Institute (LTI Korea) www.korealit.net Von der homepage gibt es auch eine englische Version. Besonders wichtig sind die Virtuelle Bibliothek und die Listen aller Übersetzungen, die bei Sammelbänden auch jede Erzählung angeben. Für alle, die daran denken, koreanische Literatur zu übersetzen, und für alle, die ein- fach wissen wollen, welche Übersetzungen es schon gibt, lohnt sich das Surfen auf diesen Seiten.

Daesan Foundation http://www.daesan.or.kr Die Daesan-Stiftung wird von der kyobo-Versicherung getragen. Auch sie hat eine englische Version ihrer homepage mit Berichten über all ihre Aktivitäten und mit Listen der übersetzten Werke.

Deutsche Verlage mit koreanischem Programm:

Pendragon Verlag, Stapenhorststr. 15, D - 33615 Bielefeld, www.pendragon.de [Edition moderne koreanische Autoren] edition peperkorn, Hauptstr. 45, D - 26427 Thunum / Ostfriesland, www.peperkorn.de [Korea] secolo Verlag, in der sec Kommunikation und Gestaltung GmbH, Rolandsmauer 13/14, D - 49076 Osnabrück. www.secolo-verlag.de [Asien – Kultur und Politik] EOS VERLAG Erzabtei St. Ottilien, D - 86941 St. Ottilien, www.eos-verlag.de [Korea erzählt – Edition Bonner Übersetzungen] Ein Internetshop für koreanische Bücher u.a. in Deutsch und Englisch: Korean Book Services – Versandbuchhandlung, Inh. Helmut Hetzer, Prinzenweg 18, D - 93047 Regensburg, http://www.koreanbook.de/BookServices/

Das 8. Internationale Symposium der KGDaF

Thema: Lehrwerk für DaF-Unterricht Veranstalter: KGDaF in Verbindung mit dem Goethe-Institut Seoul Leitung: Prof. Dr. Hermann Funk (Universität Jena) Termin: 2. - 3. April 2004 Ort: Seoul, Kyo Yuk Mun Hwa Hoe Gwan

Zum Thema Die meisten Sprachlehrer behaupten, angemessene Lehrmaterialien sind eine Voraussetzung guten Unterrichts. Gilt das auch für den Deutschunterricht in Korea? Die koreanische Germanistik wurde von der Universitätsreform, die im Jahre 1995 in vielen Fachbe- reichen der meisten Universitäten Koreas durchgeführt wurde, am stärksten betroffen. Durch die Uni- versitätsreform wurde nicht nur die Studentenzahl stark reduziert, sondern auch die für einen Ab- schluss vorgeschriebenen Semesterwochenstunden stark reduziert. Die StudentInnen haben also weni- ger Gelegenheit, sich überhaupt mit dem Fach Germanistik zu beschäftigen. Das hat zur Folge, dass die Deutschkenntnisse der StudentInnen immer geringer werden, ganz zu schweigen von ihren Kennt- nissen in der deutschen Literaturwissenschaft und Linguistik. 74 Um diese Krise zu überwinden, wurden an den meisten Universitäten neue attraktive Curricula entwi- ckelt. Anstatt Fachliteratur und Linguistik wurden deutsche Sprachkurse, Landeskunde und derglei- chen als Lehrveranstaltungen angeboten. Die Zahl der Lehrveranstaltungen in Form von Sprachkursen ist bis zu 60% gestiegen. Die Erstellung neuer Curricula selbst erreicht das eigentliche Ziel natürlich nicht. Denn ein gutes neu- es Curriculum nützt nichts, wenn der Lehrinhalt weiterhin mit der bisherigen traditionellen Lehrer orientierten Lehrmethode (meistens Übersetzungsmethode) und mit den für die koreanische Lehrsitua- tion unangemessen Lehrwerken vermittelt wird. Bisher gab es in Korea nur wenige gezielte Entwicklung der geeigneten Lehrwerke für den Deutsch- unterricht. Der Sprachunterricht für die GermanistikstudentInnen wird sehr oft von den deutschen Lektoren ge- geben, die in Deutschland entwickelte überregionale DaF-Bücher benutzen und dabei mit dem Prob- lem konfrontiert sind, wie sie diese Bücher in der koreanischen universitären Situation Erfolg ver- sprechend einsetzen können. Es gibt auch einige Deutschabteilungen, die für den Deutschunterricht selbst Lehrbücher entwickelt haben. Da die Autoren aber zum Teil keine Fachleute für die Lehrbuchentwicklung sind, fehlt es oft an didaktisch-methodischen Grundlagen und theoretisch fundierten Konzepten. Aus diesem Anlass hat die Koreanische Gesellschaft für Deutsch als Fremdsprache (KGDaF) sich bewusst entschlossen, im Jahr 2004 einen Experten zu diesem Thema einzuladen um darüber Überle- gungen anzustellen und Lösungen zu suchen.

Zum Seminarleiter Professor Dr. Hermann Funk ist seit 2000 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena tätig. Er ist Vor- sitzender der Fachgruppe DaF im Fachverband Moderne Fremdsprachen und Mitglied des Beirats des Goethe-Instituts Inter Nationes. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Allgemeine Didaktik und Methodik DaF, Lehr- medien und berufsbezogener Deutschunterricht. Er ist außerdem Autor zahlreicher Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache (Eurolingua Deutsch, Deutsch konkret, Sowieso, Genial).

Verfahren Prof. Dr. Hermann Funk als Seminarleiter hält zwei Einführungsvorträge und leitet einen Workshop. Im Workshop ist mit praktischen Übungen und Anregungen durch simulierende Praxis zu rechnen. Darüber hinaus sollen durch weitere Teilnehmer etwa 10 Referate gehalten werden. Für den Einfüh- rungsvortrag sind etwa 50 Minuten vorgesehen und für jedes Referat einschließlich der Diskussion 40 Minuten. Es werden ca. 50 bis 60 Teilnehmer erwartet. Alle Beiträge und Diskussionen werden auf Deutsch gehalten bzw. geführt.

ANMELDUNG Anmeldefrist für die Teilnahme am Symposium ist der 31. 01. 2004. Für die Anmeldung wird gebe- ten, sich bei Frau Prof. Dr. Lee, Hae-Wook zu melden. Wir würden uns über Ihre Teilnahme an dem Symposium freuen. Mit freundlichen Grüßen das Organisationskomitee

Kontaktadresse : Prof. Dr. Lee, Hae-Wook Busan University of Foreign Studies (Dept. of German) 55-1 Uam-Dong, Nam-Gu (608-738) Busan, Korea Tel.: 011-282-9208 (priv.), 051-640-3073 (dienstl.), Fax: (051) 645-4525 E-Mail: [email protected]

75 Forum

Vorstellungen

Seit September hat das Informations- und Fächer Germanistik, Amerikanistik, Indo- Beratungszentrum des DAAD in Seoul germanistik, Sanskrit/Klassische Indische eine neue Besetzung: Liane Garnatz. Literatur und das Zusatzstudium Deutsch als Fremdsprache. Manche in Korea Ihre „zweites Bein“ in Korea ist die kennen Sie noch DAAD-Stelle an der Yonsei-Universität in aus den Jahren Seoul. 1998 – 2001, als Das DAAD-Informationsbüro kann man sie DAAD- auch persönlich besuchen, um sich beraten Lektorin in zu lassen und zwar im Goethe-Institut Se- Gwangju war. oul jeden Dienstag von 14 Uhr bis 17 Uhr In der Zwischen- und jeden Mittwoch von 16 Uhr bis 18 zeit hat sie bei Uhr. Die Beratung findet auf Deutsch, einer Unterneh- Englisch oder Koreanisch statt und ist, mensberatung in genauso wie alle Materialien zum Mitneh- Frankfurt gear- men, kostenlos. beitet. Homepage: http://www.daad.or.kr/ Liane Garnatz hat in Rostock, Poona (In- E-Mail: [email protected] dien) und Greifswald studiert, und zwar die Telefon: (02) 754-1442

Gerd Benke, der neue Presse- und Kultur- Aufnahme, die ich überall erfahren habe, referent an der Deutschen Botschaft in und von der Sympathie, die mir hier entge- Seoul: gengebracht wird. Seit Juli 2003 bin Ich würde gerne die guten Kontakte der ich als Nachfolger Botschaft mit der Lektorenvereinigung von Klaus Streich- Korea fortsetzen, freue mich sehr auf die er Presse- und künftige Zusammenarbeit und möchte auch Kulturreferent an Dienstreisen im Lande zu Gesprächen mit der Deutschen Bot- den dort tätigen Lektoren nutzen. Gerne schaft in Seoul. Ich nehme ich an der nächsten Lektorenver- bin seit 20 Jahren sammlung im Dezember teil. im Auswärtigen Wenn Sie meinen, dass wir Ihre Aktivitä- Dienst und komme ten unterstützen können, zögern Sie bitte direkt aus dem nicht, Kontakt zum Kulturreferat der Deut- Auswärtigen Amt schen Botschaft aufzunehmen: zu mir oder in Berlin, wo ich in den letzten vier Jahren meiner Mitarbeiterin Monika Rättich, die beschäftigt war. Davor war ich auf Posten ebenfall erst kürzlich ihre Arbeit in Seoul an den Botschaften in Tokio, Islamabad begonnen hat. Wir werden gerne unser und Stockholm, mit Unterbrechungen in Möglichstes tun, müssen allerdings darauf der Zentrale in Bonn. Noch befinde ich hinweisen, dass unsere Mittel leider sehr mich in der Einarbeitungsphase; ich bin begrenzt sind. aber sehr beeindruckt von der freundlichen

76 FTP, JMix und Mozilla

Susanne Sermen

Irgendwann im Frühjahr flatterte uns allen lich macht (JMix, mit dem man Schü- eine Rundmail der Lektorenvereinigung in telsätze erstellen kann, stellt einen der die E-Mail-Box , in der mitgeteilt wurde, Übungstypen dar), dass der DAAD in diesem Jahr zum ersten 2. die Einrichtung von Mailinglisten und Mal zwei Workshops für Ortslektoren an Infobriefen, ausländischen Universitäten organisiert. 3. die Erstellung einer Website und das Daraufhin hatte ich mich spontan zur Teil- Überspielen dieser ins Netz mit Hilfe nahme an dem vom 24.07.-26.07.03 in eines FTP-Programms. Bonn stattfindenden Workshop “Internet Jeweils zwei KursteilnehmerInnen, welche im Sprach- und Landeskunde-Unterricht aus Italien, der Türkei, China, Japan, Deutsch als Fremdsprache” entschieden. Großbritannien und Finnland angereist Durchgeführt wurde der Workshop von waren, arbeiteten gemeinsam an einem drei Mitarbeitern des IKK (Institut für In- Computer und konnten so jeden einzelnen ternationale Kommunikation) Düsseldorf Arbeitsschritt direkt ausführen. e.V.: Dr. Rüdiger Riechert, Andres Das Seminar wurde im Gustav- Westhofen und Filipp Nentwig. (Der Ver- Stresemann-Institut in Bonn durchgeführt, ein ist eventuell durch verschiedene per E- in dem neben den gut ausgestatteten Kurs- Mail erhältliche Rundbriefe, z.B. E-DaF- räumen auch die Einzelzimmer (!) aller Info und den Infobrief Wirtschaftsdeutsch, Kursteilnehmer waren. Außerdem wurden bekannt). Den ersten positiven Eindruck wir dort außerordentlich gut verpflegt. gewann ich dadurch, dass schon vorab ein Der DAAD, insbesondere Frau Susanne umfangreicher Fragebogen von allen Teil- Lüdtke, hat auch für ein sehr schönes kul- nehmern ausgefüllt werden sollte, in dem turelles Rahmenprogramm gesorgt. Am bisherige Kenntnisse und Erfahrungen im 25.07. haben wir “Marlene” im Bonner Umgang mit Computern und darüber hin- Kontra-Kreis-Theater gesehen und am aus spezielle Wünsche zum Inhalt des Se- nächsten Abend waren wir zu einem Mo- minars erfragt wurden. Dass diese sehr zart-Konzert im Poppelsdorfer Schloss. gewissenhaft studiert wurden, zeigte sich Natürlich kam auch die Verkostung der im Verlauf des Workshops. Trotz der recht regionalen Weine nicht zu kurz. knappen Kurszeit reichte das Angebot von Der DAAD hat in einer Abschlussveran- “Webbasierten Unterrichtsmaterialien” staltung betont, dass eine engere Zusam- über “Recherchetechniken” bis hin zum menarbeit mit den sogenannten Orts- Thema “Sicherheit im Internet”. Für mich lehrkräften angestrebt wird und dass waren die drei folgenden Punkte von be- Workshops dieser Art wieder angeboten sonderem Interesse: werden sollen. Außerdem wurde die Lek- 1. das Auffrischen meiner vor zwei Jah- torenvereinigung in Korea für ihre Arbeit, ren erworbenen und seitdem wieder insbesondere für die Gestaltung und verschütteten Kenntnisse über den Verbreitung des Rundbriefes gelobt. Umgang mit “HotPotatoes”, einer Leider bin ich bisher aus verschiedenen Software, welche das Erstellen eigener Gründen noch nicht dazu gekommen, Übungen nach fünf verschiedenen Ü- meine neu erworbenen Kenntnisse in Ko- bungstypen leicht und für JEDEN mög- rea in die Praxis umzusetzen, dennoch bin

77 ich sicher, dass ich alle Arbeitsschritte mit- Und ich weiß nun, dass Mozilla keine grü- tels des umfangreichen Kursmaterials je- ne Bakterie mit Antennenfühlern oder ein derzeit wieder nachvollziehen und ausfüh- bedrohlicher Menschenaffe ist, sondern ein ren kann. Composer zur Erstellung von Internetsei- ten …

Unterrichtsvorschlag für die erste Deutschstunde

Kai Rohs

Die Deutschlerner im universitären An- vorschlag für die erste Unterrichtsstunde fangsunterricht in Korea verfügen bereits darauf abzielen, die Deutschlerner zum über erhebliches Weltwissen sowie Ausnutzen dieser bereits vorhandenen Sprachlernerfahrungen zumindest in der (Fremd)sprachlernerfahrungen anzuregen. Ausgangssprache und der ersten Fremd- sprache Englisch. Diese Tatsache ist den Gegenstand des Vorschlags ist das bekann- Deutschlernern in der Regel jedoch nicht te moderne deutsche Kirchenlied “Danke bewusst. Von der ersten Deutschstunde an für diesen guten Morgen” vom Anfang der sollte man als Lehrer daher darauf bedacht 1960er Jahre. Text und Melodie stammen sein, eine Sensibilität für diese im Verbor- von Martin Gotthard Schneider. Im genen liegenden Kenntnisse bei den einheitlichen Gesangbuch der Evange- Deutschlernern zu entwickeln. Vor diesem lischen Kirche Deutschlands findet es sich Hintergrund soll der folgende Unterrichts- unter der Nummer 334.

1. Danke für diesen guten Morgen, danke für jeden neuen Tag. Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag. 2. Danke für alle guten Freunde, danke, o Herr, für jedermann. Danke, wenn auch dem größten Feinde ich verzeihen kann. 3.Danke für meine Arbeitsstelle, danke für jedes kleine Glück. Danke für alles Frohe, Helle und für die Musik. 4. Danke für manche Traurigkeiten, danke für jedes gute Wort. Danke, dass deine Hand mich leiten will an jedem Ort. 5. Danke, dass ich dein Wort verstehe, danke, dass deinen Geist du gibst. Danke, dass in der Fern und Nähe du die Menschen liebst. 6. Danke, dein Heil kennt keine Schranken, danke, ich halt mich fest daran. Danke, ach Herr, ich will dir danken, dass ich danken kann.

Zunächst kann anhand des Liedtextes das Strophen ermöglicht es, die Klasse in klei- Lesen deutscher Texte geübt werden. Ist ne Gruppen aufzuteilen und nach dem vo- der Text hinreichend eingeübt, bietet es rangegangen gemeinsamen Singen aller sich an, zur Auflockerung das Lied bereits Strophen die einzelnen Strophen jeweils in dieser Phase zu singen. Die Vielzahl der von einer Kleingruppe vortragen zu lassen.

7 8 So lassen sich eventuelle Aussprachefehler Glück luck effektiver korrigieren. Musik music Wort word Die sprachliche Struktur des Textes ist Hand hand einfach - fast durchweg wird die Konstruk- Geist ghost tion “danke für …“ verwendet, deren Be- deutung zunächst zu klären ist. Sodann Im Anschluss daran ist die Bedeutung der können sich die Studenten auf die Bedeu- noch unbekannten Vokabeln zu klären. tungsermittlung der Substantive konzent- rieren. Hier sollten die Studenten gezielt Im Gegensatz zur Eintönigkeit der konven- aufgefordert werden, auf ihre Sprachlerner- tionellen Vorstellungsrituale in der ersten fahrungen, sei es aus der koreanischen Deutschstunde zum gegenseitigen Kennen- Ausgangssprache, sei es aus dem Engli- lernen der Vor- und Familiennamen - ein schen, sei es aus anderen Fremdsprachen für Korea angesichts der Unüblichkeit der zurückzugreifen. gegenseitigen Anrede mit Namen doch zumindest zweifelhaftes Unterfangen - Das Ergebnis könnte etwa so aussehen: oder auch der Einführung des deutschen Alphabets ermöglicht dieser Unterrichts- aus vorangegangenen Sprachlernerfah- vorschlag den Studenten den Einstieg auf rungen bekannte Wörter: einem Niveau, das gerade vor dem Hinter- guten Morgen good morning gr und de s vorhandenen Weltwissens und neuen Tag new der (Fremd)sprachlernerfahrungen der

guten Freunde good friends Deutschlerner angemessen zu sein scheint.

✁ ✂ ✄ ☎ Arbeitsstelle

Odyssee: Ein Internet-Suchspiel, auch für den Anfängerunterricht

Anne Gellert

Odyssee, das klingt nach langwieriger Irr- die die Briefe als E-Mails verschickt und fahrt, ist aber in unserem Fall der Name bekommt, nicht vergisst, vor der Weiterga- eines kurzweiligen E-Mail-Suchspiels, das be die Angaben des Absenders zu entfer- sich Ronald Grätz vom Goethe-Institut nen bzw. unkenntlich zu machen. Die Auf- ausgedacht hat. Das Konzept ist einfach: gabe ist, das Land und die Stadt der Mit- Drei bis vier Deutschklassen (vermittelt spieler herauszufinden. Damit die Klassen durch den Spielleiter beim Goethe-Institut) sich ansprechen können, werden Codena- schreiben sich gegenseitig Briefe, in denen men gewählt, und zwar jeweils der Name sie verschiedene Aspekte ihrer Umgebung einer berühmten (deutschen) Persönlichkeit beschreiben, ohne jedoch den Namen ihres aus einem bestimmten Bereich (Philoso- Landes oder ihrer Stadt zu nennen. Keine phie, Medizin, Physik, Musik, Film, ...). Klasse weiß also, wo auf der Welt sich die Der Bereich wird vom Spielleiter vorgege- anderen befinden - sofern die Lehrperson, ben und ist für alle Mitspieler verbindlich,

79 so dass dann z. B. Archimedes, Einstein, typ sagen" (2. Brief) oder "Was es bei uns Newton und Kettler in einer „Physiker-“, nicht gibt" (3. Brief) sind sehr interessant Dörrie, Schlöndorff, John Ford und Tyk- und von den Studenten eigentlich nicht wer in einer "Filmemacherrunde" zusam- ohne die Befragung von vor Ort ansässigen menspielen. Ausländern oder auslandserfahrenen Landsleuten zu beantworten. Auch die Briefe schreiben klingt nun so, als ob die kulturelle Gebundenheit von Sprache wird Studenten schon über sehr fortgeschrittene thematisiert: "Was bei uns Wörter wie Deutschkenntnisse verfügen müssten. Das Wald, Fahrrad, Wasser, Brot, Feuer usw. trifft zu, wenn man es nach der auf der bedeuten" (3. Brief). Sehr aufschlussreich Homepage vorgeschlagenen Weise durch- ist auch der internationale Preisvergleich führen, also gleichzeitig eigene Briefe anhand der Preise von Brot, Wasser, Kino- schreiben und die der anderen Klassen eintritt und kurzer Taxifahrt in den einzel- lesen will. Aber dieses Spiel eignet sich nen Ländern (Brief 3). leicht abgewandelt auch als längeres Pro- jekt im Anfängerunterricht. Die Briefthe- In einem vierten Brief kann man gezielt men stehen nämlich schon fest und können Fragen an die anderen Mitspieler stellen auf der Odyssee-Homepage im Schülerheft und um Erklärung der bis dahin noch nicht (http://www.goethe.de/dll/pro/odyssee/sch entschlüsselten Hinweise bitten. Auch die ueler/einleitu.htm > Wochenplan 1-5) ein- Wahl des Codenamens soll begründet wer- gesehen werden. Deshalb kann man den den. In der fünften Woche wird das Spiel Haupttext der ersten drei Briefe schon vor diskutiert und ein Resümee gezogen, das in der eigentlichen fünfwöchigen Spielphase einem fünften und letzten Brief auch an die schreiben. Dazu sollte die Klasse in kleine- anderen Klassen geht. Das WWW ist beim re Gruppen von ca. sechs Lernern geteilt Suchen eine wichtige Informationsquelle. werden und jede Gruppe sich die Themen Die Studenten - oder zumindest einige - aussuchen, zu denen sie etwas schreiben müssen daher Zugang zum Internet haben will. Die Lehrperson setzt dann die kurzen und auch auf Suchmaschinen hingewiesen Einzeltexte zu Briefen bzw. E-Mails zu- werden. Außerdem sollte jeder Gruppe sammen. So vorbereitet, konzentriert man beim Lesen im Unterricht ein guter und sich in den ersten drei Spielwochen dann umfangreicher Atlas zur Verfügung stehen. ganz auf das Lesen der Partnerbriefe und das Suchen. Führt man das Spiel mit Lern- In den letzten Jahren habe ich das Spiel an anfängern durch, sollten die Gruppen wie- meiner japanischen Universität mit vier der nur die Abschnitte zu den Themen le- Anfängerklassen durchgeführt und habe sen, die sie selbst vorher bearbeitet haben dies auch wieder in diesem Winter vor. und die darin gefundenen Hinweise an- Das Vorhandensein wirklicher Kommuni- schließend im Plenum in der Mutterspra- kationspartner nicht nur außerhalb des che vorstellen und gemeinsam diskutieren. Klassenzimmers, sondern auch außerhalb des eigenen Landes hat immer sehr bele- Die Briefthemen eignen sich sehr gut für bend gewirkt und die Studenten zu aktiver interkulturelles Lernen. Sie gehen weit Mitarbeit angeregt. Das Beschreiben der über die Beschreibung klimatischer und eigenen Situation und das Suchen anhand geographischer Gegebenheiten hinaus und verschlüsselter Hinweise hat zudem viel bieten vielfältigen Anlass, über landestypi- Spaß gemacht. Da man bei der Anmeldung sche und kulturspezifische Verhaltenswei- zum Spiel auch das Niveau der Lerner an- sen und Gepflogenheiten nachzudenken geben muss, gab es in dieser Hinsicht we- und sie auf Deutsch zu formulieren. The- niger Probleme. Einige Texte waren den- men wie "Was andere über uns als Stereo- noch etwas schwer oder fehlerhaft. Als

80

Lehrkraft sollte man sich nicht scheuen, zu sönlichen Mail um genauere Hinweise bit- schwierige Passagen zu vereinfachen und ten. Fehler zu korrigieren. Das Land der Mitspieler wurde meist schnell erraten, bei Wir hatten bisher Partner in Spanien, der Stadt ist dies bisher nur in zwei Fällen Frankreich, Polen und den Niederlanden, gelungen. Die Auflösung wird zwar in der also nur aus europäischen Ländern. Das vierten Woche gegeben, aber man sollte war zwar interessant, aber eine stärkere den Teilnehmern nicht das Erfolgserlebnis Streuung könnte die Suche noch wesent- vorenthalten, ein gesuchtes Ziel selbst zu lich interessanter machen. Ich möchte da- finden. Das heißt, man muss darauf achten, her auch Kollegen in Korea und anderen dass keine allzu stark verschlüsselten Hin- Ländern auf dieses Unterrichtsprojekt hin- weise gegeben werden und gegebenenfalls weisen und bitten, sich bei Interesse zur auch bei der Partnerlehrkraft in einer per- Teilnahme anzumelden.

Ein Anmeldeformular sowie ausführliche Informationen zur methodisch-didaktischen Kon- zeption, zu den Lernzielen, zur Durchführung usw. gibt es auf der Odyssee-Homepage: http://www.goethe.de/dll/pro/odyssee/lehrer/einleitu.htm.

Hinweis:

Im letzten Rundbrief hatten wir unsere Fotoseite „Deutsches in Korea“ v orgestellt. Diese Sei- te http://www.lvk-info.org/lvk-bilder1.htm soll weiter ausgebaut werden. Wenn Sie Fotos oder Bild-Dateien zum Thema haben, senden Sie diese bitte an unseren Webmaster Alexander Kneider, [email protected].

81 LektorInnen in Südkorea – ein grobes Profil

Holger Nord

1. Einleitung Im letzten Jahr hatte ich eine Untersuchung innerhalb meines Dissertationsprojekts zum The- ma Identitätskonstruktionen und Professionalitätsdiskurs unter deutschen Lektoren und Lekto- rinnen in Süd-Korea (fortan Korea) durchgeführt. Im Rahmen einer qualitativen Untersu- chung hatte ich zunächst einen Fragebogen an alle Lektoren, die in der LVK vertreten waren, per Email verschickt. Dieser war dann aber auch Dank der großartigen Hilfe von Konstantin – Danke! - auf einer Webseite abrufbar. Von den rund 60 Mitgliedern erhielt ich von 21 Perso- nen Rückantwort, wobei eine Person aber im Verlaufe der Untersuchung ihre Angaben aus dem Projekt widerrufen hatte, so dass ich insgesamt auf 20 Fragebögen zurückgreifen konnte.

Der Fragebogen war so konzipiert, dass eine auto-ethnographische Retrospektion über meine Erfahrungen in Korea den Fragen jeweils vorangestellt wurde, die den Befragten eine ganz bewusste und offene Auseinandersetzung – so weit das im Rahmen von einigen Seiten mög- lich war - mit der persönlichen Position des Fragenden ermöglichen sollte.1 Der Fragentypus variierte von offenen zu geschlossenen Fragen, numerischen Einschätzungen und einfachen Ja/Nein Antworten. Es standen neben beruflichen Aspekten, Fragen aus dem Privatleben und generelle sozio-politische Ansichten im Mittelpunkt der Befragung, die indi- rekt von einer vorab angenommenen Dichotomie einer Selbst- und Fremderfahrung ausging.

2. Übersichten und Ansichten Von den 20 TeilnehmerInnen waren es 9 Frauen und 11 Männer, die in jeweilige verschiede- ne Kategorien unterteilt wurden. Die Altersspanne verlief von 31 Jahren bis 62 Jahren. Mit drei ausgebliebenen Nennungen ergab sich ein Durchschnittsalter von 42 Jahren, das für mich erstaunlich hoch lag. 8 Personen waren zum Zeitpunkt der Erhebung nicht mehr in Ko- rea tätig, während von den 12 in Korea Tätigen nur 1, maximal 2 Personen nach der Erhebung nach Deutschland zurückkehren wollten. Immerhin gaben 6 von ihnen an, dass sie für immer in Korea bleiben wollten, während ein/e TeilnehmerIn angab, dort so lange bleiben zu wollen, so lange es dort Arbeit gäbe, und drei andere Personen noch einen Zeitraum von weiteren 10- 20 Jahren angaben, die sie in Korea bleiben wollten. Fazit: Korea scheint für gut 50% von den Befragten ein dauerhafter Verbleib zu sein. (Ich denke, dass diese beindruckende Quo- te durchaus in Deutschland zur Kenntnis genommen werden sollte, gerade wenn es um Fragen wie Kranken-, Rentenversicherungen und Kindergeld geht.)

Eine andere beeindruckende Zahl ist die Durchschnittsaufenthaltsdauer in Korea. 8 Jahre lang waren/sind die LektorenInnen in Korea. Allerdings waren nur 7 Personen unter ihnen länger als 8 Jahre in Korea und die anderen 12 meistens zwischen 5 und 6 Jahren. Erstaunlicherweise hatten 10, also 50%, einen koreanischen Lebenspartner, respektive eine koreanische Lebens- partnerin. Dies ist ebenfalls eine interessante Tatsache, die auch nicht so bekannt gewesen sein dürfte.

1 Für Interessierte: Unter anderem habe ich mein Vorgehen aus den Ansätzen der kritischen Pädagogik (Arono- witz, Giroux etc.) , dem Gebiet der narrativen Untersuchung (Clandinin), dem poly-methodischen Ansatz von Lincoln und Guba und des Aspektes der Kollaboration/Emanzpation (Lincoln, und Denzin, Argyris, Schön) hergeleitet. [Aronowitz, Giroux (1991), Giroux (1994, 1997, 2000), Giroux, Simon (1992), Clandinin, Connelly (1991, 1998), Denzin, Lincoln, Hrgs (1998), Denzin (1998), Denzin, Lincoln, Hrsg. (2000), Argyris, Putnam, Smith (1985), Schön (1987, 1991).] 82 Von den 20 TeilnehmerInnen lebten 9 zum Zeitpunkt ihrer Anstellung in Seoul. Das Berufs- bild zeigte, dass alle von ihnen einen höheren Ausbildungsabschluss hatten. In der Mehrheit waren es 12 Magisterabschlüsse, 2 Staatsexamen und 5 Doktoren, und eine Nichtnennung. Nur 2 Teilnehmer verfügten über eine Ausbildung im Bereich DaF, 4 andere hatten einen Ab- schluss auf dem Gebiet der Germanistik, 3 im Bereich der Literaturwissenschaften, 4 im Be- reich der Philosophie, 2 in Geschichte, 3 in Koreanistik (im weitesten Sinne), ein Abschluss in Ethnologie und einmal keine Angabe.

2.2 erfüllend, abwechslungsreich und gut bezahlt 2.2.1 Allgemein Unter Fragenummer 5l wurde erfragt, wie die TeilnehmerInnen ihre Stelle allgemein ein- schätzten. Sie sollten zwischen 12 verschiedenen Kategorien Punkte zwischen 1 (vollkommen unzutreffend) bis 10 (trifft genau zu) urteilen, wobei eine weitere offene Kategorie Platz für eine eigene Kategorie ließ, die insgesamt viermal einen Eintrag fand; mit „weird“ (sic!;1x); „viel Freiheit“ (2x) und „leicht, angenehm und selbstbestimmend“ (1x). Die Kategorien 1 -12 hießen wie folgt:

1=sicher; 2=privilegiert; 3=erfüllend; 4=respektiert; 5=interessant; 6=abwechselungsreich; 7=anstrengend; 8=langweilig; 9=eintönig; 10=gut bezahlt; 11=herausfordernd; 12=unabhängig.

Insgesamt war das Resultat, dass die LektorInnen sich privilegiert (2), erfüllend (3) und un- abhängig (12) fühlen. Darüber hinaus runden sie das positive Bild ab, indem sie die Katego- rien langweilig (8) und eintönig (9) verneinen. Es folgt daraus, dass die Teilnehmer ihr Ar- beitsfeld sehr positiv bewerten und die Unabhängigkeit und die Vielseitigkeit ihrer Tätigkeit schätzen. In der absoluten Zählung nehmen sich die Kategorien respektiert mit genau 7,7368 Durchschnittspunkten und privilegiert mit 7,6842 Durchschnittspunkten als die vorteilhaftes- ten Merkmale der Lehrtätigkeit in Korea aus. Jedoch ist die Kategorie privilegiert in der Mo- dus-Rechnung, also der Häufigkeit der Nennung eines Wertes, mit 7 x 10 Punkten als die am positivste Kategorie auszumachen, während die Kategorie respektiert nur viermal die maxi- male Punktzahl zugesprochen bekam.

Aus einer vergröberten Perspektive nach positiven und negativen Werten unterteilt, kann man sagen, dass die LektorInnen sehr mit ihrer Arbeit in Korea zufrieden sind. Die insgesamt neun positiven Kategorien erhielten bei einem vergebenen Durchschnittswert von 6,5 Punkten (ge- rundet) eher starke Zustimmung, während die negativen Eigenschaften mit 4,1 Durchschnitts- punkten (gerundet) eher abgelehnt wurden.

2.2.2 Geschlechtsspezifische Differenzierung: herausfordernd oder nicht? Ein interessanter Unterschied stellte sich bei einigen internen Vergleichen heraus. So wurden zum Beispiel nicht alle Kategorien im geschlechterspezifischen Vergleich gleich evaluiert. Sicherlich lässt die begrenzte Anzahl der TeilnehmerInnen nur einen recht limitierten Blick auf Spekulationen hinsichtlich einer solchen Differenzierung zu, jedoch sind die unterschied- lichen Durchschnittsbewertungen m.E. schon erwähnenswert.

Die Frauen fanden ihre Arbeit mit 7,2 Punkten im Durchschnitt interessanter (Kategorie Nr. 5) als die Männer mit 5,2 Punkten. Gut bezahlt (Nr. 10) sahen die Frauen eher ihre Lehrtätig- keit (Nr. 10) mit 7,1 Punkten und die Männer nur mit 5,6 Punkten, und letztere sahen auch

83 keine, oder vielleicht nur eine kleine Herausforderung (Nr. 11) in ihrer Arbeit, was mit 3,4 Punkten bewertet wurde, die Frauen hingegen mit 6,1 Punkten doch schon eine stärkere Zu- stimmung äußerten.

2.2.3 Altersdifferenzierungen: „Je älter – je interessanter?“ Die jüngeren LektorInnen sehen die Arbeit nicht so interessant an (5,3) wie die Älteren (7,4). Der Unterschied in der Beurteilung , ob die Arbeit anstrengend sei, konnten die Jüngeren fast gar nicht teilen, während aber die Älteren dem schon eher stark zustimmten. Die Frage, die sich daran anschließt: Kann damit die Arbeit eher nur Jüngeren empfohlen werden, ist daraus eine Belastung und eine Begrenzung des Lehrberufs im Ausland hinsichtlich des Alters zu sehen?

Auch die Kategorie eintönig wurde nicht gleichermaßen bewertet. Die höhere Altersgruppe stimmte mit 4,6 Punkten dem eher zu als die niedrigere Altersgruppe mit 2,4. Die Kategorien herausfordernd und gut bezahlt wurden ebenfalls unterschiedlich stark auf die Arbeit bezo- gen. Die über dem Durchschnittsalter stehenden Befragten sahen mit 5,1 Durchschnittspunk- ten ihre Arbeit weniger gut bezahlt an und sahen doch eher eine Herausforderung im Unter- richten in Korea (6,3), während die unter dem Durchschnittsalter stehenden Personen der Be- zahlung viel positiver gegenüberstanden (6,4) aber die Arbeit weniger herausfordernd beur- teilten (3,7).

2.2.4 Geographische Differenzierungen: „Seouler Blues“?

In der Betrachtung von Unterschieden hinsichtlich lokalspezifischer Unterschiede (Seoul und Nicht-Seoul) haben sich 3 sehr überraschende Kategorien unter den 8 Seoulern und den 12 Nicht - Seoulern hervorgehoben, die eine stärkere unterschiedliche Betrachtung erfuhren: er- füllend, abwechslungsreich und gut bezahlt. Außerhalb Seouls wurde die Arbeit viel eher erfüllend, abwechselungsreich, und gut bezahlt empfunden, während die „Seouler“ diesen Kategorien nicht zustimmen konnten. Ich meine, dass dies schon eine interessante Entde- ckung ist, vor allem für jemanden, der sich entschließt in Korea arbeiten zu wollen oder einen Stellenwechsel vorsieht.

3. Lehrziele-Lehrorientierungen

In einem anderen Teil des Fragebogens wurde ebenfalls ein eher quantitativ orientierter Be- reich zum Thema Lehrziele vorgestellt. Hier wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Einschät- zung durch Zustimmung (ankreuzen) oder Ablehnung (nicht ankreuzen) hinsichtlich einiger aufgelisteter Aspekte in Bezug auf ihre Arbeit anzugeben. Diese Einschätzung wurde in der Emailversion auf folgende Weise strukturiert:

3.1 Die Arbeit im Klassenraum

Hier habe ich einige Merkmale bezüglich der Arbeit in der Klasse aufgeführt. Bitte kreuz die Punkte an, denen Du zustimmst. (Mehrfachnennungen erbeten)

84 • Ich wähle mein eigenes Textmaterial aus und schreibe meinen eigenen Syllabus. Nr.1 • Ich kenne das Curriculum nicht. Nr.2 • Soweit ich weiß, gibt es keinen curricularen Rahmen für mich. Nr.3 • Mein Hauptziel sind die kommunikativen Fähigkeiten. Nr.4 • In der Klasse versuche ich Lektor zu sein, außerhalb eher ein Freund. Nr.5 • Ich unterrichte kaum die ´Sie´ Form und bin ziemlich auf das ´Duzen´ fixiert. Nr.6

• Ich möchte, dass die StudentInnen mich ´Duzen´. Nr.7 • Ich versuche immer möglichst viele authentische Texte einzuset- zen, z.B. Rap-Lieder, Umgangssprache, Fluchwörter, Werbeanzei- Nr.8 gen… • Ich möchte, dass sie eine andere menschliche Beziehung zu mir und zu ihren KommilitonInnen erkennen und erlernen, d.h., nicht so förmlich, Spaß am Unterricht, witzig zu sein. Halt anders als die Nr.9 koreanischen KollegInnen.

• Eigentlich mache ich in der Klasse immer, was ich möchte, oder was meine StudentInnen möchten Nr.10 • Ich versuche ihre Lernstile (und indirekt auch die Lehrstile mei- ner Kollegen) positiv zu beeinflussen: unabhängiger, kreativer, ver- antwortlicher und akademischer zu werden. Nr.11 • Ich hoffe darüber hinaus, dass sie in dem Prozess des Sprachen- lernens eine Bereicherung für die eigene Persönlichkeit erkennen und schätzen lernen. Nr. 12 • Ich möchte sie außerdem auf Probleme außerhalb der Universi- tät hinweisen und sie bewusst machen auf Aspekte wie z.B., Umwelt- schutz, Demokratie, politisches oder soziales Engagement, Weltfrie- Nr.13 de, Rassismus… • Ich versuche irgendwie, einen Beitrag zur Globalisierung Koreas zu leisten. Nr.14

3.1.1 Die Top Five Daraus ergibt sich ein klares Bild - hierarchisch geordnet- dass die LektorInnen 1. ihr eigenes Textmaterial auswählen und ihren eigenen Syllabus schreiben.(20) 2. als Hauptziel die kommunikativen Fähigkeiten sehen.2(19) 3. hoffen, dass die koreanischen StudentInnen in dem Prozess des Sprachenlernens eine Bereicherung für die eigene Persönlichkeit erkennen und schätzen lernen. (17) 4. die StudentInnen auf Probleme außerhalb der Universität hinweisen und sie be- wusst machen wollen auf Aspekte wie z.B., Umweltschutz, Demokratie, politisches oder soziales Engagement, Weltfriede, Rassismus… (16) 5. versuchen, die Lernstile (und indirekt auch die Lehrstile der KollegInnen) positiv zu beeinflussen: unabhängiger, kreativer, verantwortlicher und akademischer zu wer- den. (14)

2 Zu einem genaueren Einblick hinsichtlich eines utopischen Ideals und einer pragmatischen Realisierung des ominösen Konzepts „kommunikative Fähigkeiten“ in Süd -Korea möchte ich nur den Artikel von Mattheus Wol- lert (2000) in Info-DaF 27/5, S. 259-284 empfehlen, sowie seine in Buchform veröffentlichte Dissertation (2002) Gleiche Wörter – andere Welten. Interkulturelle Vermittlungsprobleme im Grundwortschatzbereich. (insbeson- dere Abschnitt 3.2 Zielgruppenspezifische Lernziele (74ff.). 85

3.2 Geschlechtsspezifische Differenzierung

Folgende Ansichten wurden in der geschlechterspezifischen Unterscheidung verschieden be- trachtet Nr2: Ich kenne das Curriculum nicht. Nr.5: In der Klasse versuche ich Lektor zu sein, außerhalb eher ein Freund. Nr.7: Ich möchte, dass die StudentInnen mich ´ Duzen´ . Nr.11: Ich hoffe darüber hinaus, dass sie in dem Prozess des Sprachenlernens eine Berei- cherung für die eigene Persönlichkeit erkennen und schätzen lernen Nr.14: Ich versuche irgendwie, einen Beitrag zur Globalisierung Koreas zu leisten.

Ich kenne das Curriculum nicht - Während nur eine Frau dies bejahte, haben immerhin 4 Männer dieser Aussage zugestimmt. Sind die Frauen informierter? Auf jeden Fall suchen sie eher eine persönliche Bindung zu den StudentInnen und bieten sich ihnen als Freunde an, wo- bei die Männer da sich wohl etwas zögerlicher zeigten. Allerdings sah es beim Duzen anders aus. Die Bedeutung des Duzens hinsichtlich der Markierung einer verringerten Distanz scheint dabei ein unterschiedliches Gehalt zugeschrieben bekommen zu haben. Die Männer sind in ihren Antworten relativ konstant, da nur drei von ihnen (27,3%) jeweils sich als Freund auch außerhalb der Klasse anboten und entsprechend das `Du` einbezogen. Allerdings sind nur zwei von ihnen in beiden Rubriken vertreten. Dem gegenüber stehen die Frauen mit einem großen Anteil von 55% (5), die außerhalb des Unterrichts eine Beziehung zu ihren Stu- dentInnen suchen, aber im Unterricht überhaupt kein ´Du´ anbieten. Dies kann aber auch be- deuten, dass Frauen besser in der Lage sind, Privates und Berufliches zu trennen. “Ich hoffe darüber hinaus, dass sie in dem Prozess des Sprachenlernens eine Bereiche- rung für die eigene Persönlichkeit erkennen und schätzen lernen. Ich versuche irgendwie, einen Beitrag zur Globalisierung Koreas zu leisten.“ Hier ließe sich eventuell eine größere Verbindung zwischen individueller und sozialer Ver- antwortung und Orientierung im FS-Unterricht auf Seiten der Frauen vermuten. Die Männer lehnten sich immerhin noch mit 45,5 % hin zum klassischen deutschen Bildungsideal der in- dividuellen Bereicherung, sahen aber mit 27,3% wenig makro-relevante Bedeutung hinsicht- lich ihrer Wirkung im Prozess der Globalisierung Koreas. Die Frauen dagegen waren nicht nur stark an einer individuellen Bedeutung des FSU (88,8%) orientiert, konnten aber zudem noch mit 66,6% eine gesellschaftliche Verbindung zum Globalisierungsprozess sehen.

3.3 Differenzierung nach Aufenthaltsdauer

In diesem letzten Abschnitt möchte mit einer anderen Zugangsweise die Angaben differenzie- ren: nach Länge des Aufenthaltes der KollegInnen. Die Durchschnittsdauer lag bei 8 Jahren, so dass ich die Gruppe entsprechend nach länger und kürzer als das ermittelte Durchschnitts- alter aufgeteilt habe. In der Übersicht sahen die Angaben folgendermaßen aus:

86

AUFENT- AUSSAGEN ÜBER DIE ARBEIT (s.o.) HALTSDAUER

9 Jahre ✆✞✝✠✟☛✡ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X SUMME 7 0 1 6 3 0 0 2 3 3 5 5 6 4

8 Jahre ☞✍✌✏✎✒✑✔✓ 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X SUMME 12 5 9 11 5 1 3 3 8 5 8 11 8 5

9 Jahre ✕ 100% 0% 14,3% 85,7% 42,9% 0% 0% 28,6% 42,9% 42,9% 71,4% 71,4% 85,7% 57,1%

8 Jahre ✖ 92,3% 38,5% 69,2% 84,6% 38,5% 7,8% 23,1% 23,1% 61,5% 38,5% 61,5% 84,6% 61,5% 38,5%

Dabei lässt sich folgendes bemerken. Die folgenden Kategorien wurden stark unterschiedlich bejaht: Die Mitglieder der Gruppe, die noch nicht so lange in Korea war, und immer noch ist, hat verständlicherweise angegeben: Nr2: Ich kenne das Curriculum nicht. Nr3: Soweit ich weiß, gibt es keinen curricularen Rahmen für mich. Sie möchten aber auch eine größere Distanz zu den Studenten aufrechterhalten: Nr.7: Ich möchte, dass die StudentInnen mich ´ Duzen´- und sehen gleichzeitg noch ihre Arbeit in einem größeren Relevanzrahmen. Nr.14: Ich versuche irgendwie, einen Beitrag zur Globalisierung Koreas zu leisten.

4. Fazit Sicher, die Zahl der TeilnehmerInnen ist viel zu klein, um allgemeine Aussagen über die Lek- torInnen in Korea zuzulassen, aber als Anlass zu Gedankenspielereien, so denke ich, taugen die Zahlen sicherlich. Wer hätte gedacht, dass sich eine größere Zufriedenheit außerhalb Se- ouls eher einstellt, nicht nur intellektuell, aber auch finanziell? Mit Blick auf die Quoten, darf die Frage nach der unterschiedlichen Perspektive im Hinblick auf die Relevanz der Lehrtätig

87 keit vielleicht auch einmal geschlechterspezifisch gestellt werden. Gleichzeitig wäre es auch interessant zu erfahren, ob die Lektorinnen mit ihrer anderen sozialen Einstellung zu den Stu- dentInnen mehr Lehrerfolg und auch mehr „Lebenserfolg“, sprich größere Erfüllung im Priv a- ten, vorweisen können. Mich persönlich faszinierte am ehesten die Tatsache, dass viele von den KollegInnen ihren Lebensmittelpunkt in Korea sehen und haben. 50% habe zudem auch eine Familie in Korea gegründet, was ebenso eine enorm hohe Rate darstellt. Diese letzten Zahlen sind es aber auch, die dem Lektorenstand in Korea eine größere Seriösität verleihen sollte. So sind es denn keine jungen, naiven und unausgebildeten Abenteurer, die auf kurze Stippvisite nach Korea kommen. Sie stellen vielmehr eine hochqualifizierte Gruppe dar, die nicht nur beruflich einen langfristigen, d.h. festen Teil in der Hochschullandschaft Koreas ausmachen, sondern auch privat eine ebenso stabile Anbindung gefunden haben.

Eine Kleine Bibliographieauswahl

Argyris, C., Robert Putnam, Diana McLain Smith (1985). Action Science. Concepts, Methods and Skills for Research and Intervention. Aronowitz, S., Henry Giroux (1991). Postmodern Education. Politics, Culture, and Social Criticism. Minneapolis, Oxford, University of Minneapolis Press. Clandinin, J. D., F. Michael Connelly (1991). Narrative and Story in Practice and Research. The Reflective Turn. Case studies in and on educational practice. D. A. Schön. New York, London, Teachers College, Columbia University: 258-281. Clandinin, J. D., F. Michael Connelly (1998). Personal Experience Methods. Collecting and Interpreting Qualitative Materials. N. K. Denzin, Yvonna S.Lincoln. Thousand Oaks, London, New Dehli, Sage Publications: 150-178. Denzin, N. K., Yvonna S.Lincoln, Ed. (1998). Collecting and Interpreting Qualitative Materi- als. Thousand Oaks, London, New Dehli, Sage Publications. Denzin, N. K., Yvonna S.Lincoln, Ed. (2000). Handbook of Qualitative Research. Thousand Oaks, London, New Dehli, Sage Publications. Denzin, N. K. D. (1998). The Art and Politics of Interpretation. Collecting and Interpreting Qualitative Materials. Y. S. L. N. K. Denzin. Thousand Oaks, London, New Dehli, Sage Pub- lications: 313-344. Giroux, H. A. (1994). Disturbing pleasures : learning popular culture. New York, Routledge. Giroux, H. A. (1997). Pedagogy and the Politics of Hope. Boulder /Colorado, Oxford, West- view Press. Giroux, H. A. (2000). Impure Acts: the practical politics of cultural studies. New York, Lon- don, Routledge. Giroux, H. A., Roger I. Simon (1992). Schooling, Popular Culture and a Pedagogy of Possi- bility. What Schools Can Do. Critical Pedagogy and Practice. K. Weiler, Candace Mitchell. Albany, State University of New York Press: 217-236. Schön, D. A. (1987). Educating the Reflective Practitioner. Toward a new design for Teach- ing and Learning in the Professions. San Francisco, Jossey-Bass Publishers. Schön, D. A., Ed. (1991). The Reflective Turn. Case studies in and on educational practice. New York, London, Teachers College, Columbia.

88 Rezensionen

Sigbert Latzel, Der ernste Mensch und das Ernste. Eine sprachbezogene Analyse. 251 S., IUDICIUM Verlag, München, 2001, ISBN 3-89129-807-2, EURO 30,68.

Armin Kohz

Das Thema „Ernst“ ist in der philosoph i- von etwa 4000 Sätzen aus der deutschen schen, psychologischen und linguistischen Literatur und aus Zeitungstexten mit Literatur bislang nicht umfassend behan- „ernst“, „Ernst“, „ernsthaft“, „Ern sthaftig- delt worden. Der Autor versucht daher, mit keit“ und „ernstlich“. Dabei beginnt er mit seinem Buch diese Lücke zu schließen. Er der Untersuchung des personalen erklärt sie damit, dass es dem „Ernst“ so Ernstseins, d. h. mit den Fragen, was es ähnlich gehe, wie den „unmarkierten“ heißt, „Eine Person ist äußerlich / innerlich Verbformen, z. B. dem Indikativ gegen- ernst“, wie ein ernstes Gesicht, ein ernster über dem Konjunktiv. Deren scheinbare Blick, eine ernste Stimme, ernstes Schrei- Normalität rücke sie weniger in das Blick- ten etc. zu bestimmen sind, geht auf den feld wissenschaftlichen Untersuchungsin- ernsten Charakter ein, klärt, wann und wa- teresses. Dieser (wenn auch nur beiläufig rum sich Personen bewusst ernst zeigen gemachte) Erklärungsversuch ist allerdings und diskutiert, ob es ernste nicht- eher verwirrend als hilfreich, auch deswe- menschliche Wesen (ernste reine Geistes- gen, weil die Termini „markiert“ und „u n- wesen oder ernste Tiere) gibt. Er unter- markiert“ in der Linguistik inzwischen klar sucht auch, welche Menschengruppen üb- (und anders) definiert sind. Der Begriff licherweise als „ernst“ charakterisiert we r- „Markiertheit“ sollte nur verwendet we r- den. den, wenn damit auf eine formale Eigen- Nachdem er den Zustand des Ernstseins schaft sprachlicher Zeichen, nämlich deren und seines körperlichen Ausdrucks be- Komplexitätsgrad, der Begriff „Normal i- schrieben hat, wendet sich der Autor dem tät“ dagegen, wenn damit auf eine funkti o- ernsthaften Tun zu und analysiert, was es nale Eigenschaft, nämlich der Häufigkeit heißt, „etwas ernst ne hmen“, „etwa s ernst des Auftretens, bzw. deren Verwendung meinen“, „mit etwas Ernst machen“ etc. unter bestimmten Bedingungen referiert Im Anschluss daran befasst er sich mit dem werden soll. Unter diesem Aspekt ergäben Phänomen des „Ernsten“, d. h. mit der sich für das vom Verfasser so sorgfältig Frage, was z. B. „ernste Mängel“, „ernste untersuchte Thema auch ganz neue und Bedrohungen“, „ernste Sorgen“, „ernste weiter gehende Fragenstellungen. Hindernisse“, „ernste Worte“, „ernste M u- Im ersten Teil seiner Arbeit gibt der Autor sikstücke“ etc. sind. Sehr ausführlich wi d- einen Überblick über Äußerungen zum met er sich dem, was Dichter im übertra- Bereich „Ernst“ bei Philosophen und Ps y- genen Sinne als „ernst“ bezeichnen, z. B., chologen, z. B. bei Platon, Aristoteles, wenn sie von „ernsten Felsen“, „ernsten Fichte, Hegel Schopenhauer, Kierkegaard, Tannen“, „ernsten Bauwerken“, „ernsten Nietzsche, Jaspers, Lersch, Gehlen, Boll- Farben“, „ernsten Tönen“ etc. sprechen. now und Jankelevitch. Diesen Ausführungen folgt eine Klärung, Im zweiten Teil der Untersuchung bietet er was die Substantive „Ernst“ und „Ernstha f- eine umfassende Analyse dessen, was es tigkeit“ bede uten. bedeutet zu sagen „Jemand / etwas ist Im dritten Teil der Arbeit untersucht der ernst“. Er stützt sich dabei auf ein Korpus Autor Bereiche, die im Gegensatz zum

89 Ernsten stehen: das Lachen und Lachen- tungen des Ernstseins und Ernsttuns, die Erregendes, das Heitere, das Spiel und den (obzwar den Bereich des Metaphysischen Schein. In einem Exkurs streift er dabei meidend) sich der Sphäre der Philosophie auch Äußerungen und Ansichten zu Schil- nähern. Allein die Belegsammlung und die lers Vers „Ernst ist das Leben / heiter ist Literaturausbeute machen das Buch wert- die Kunst“. voll. Als Fundgrube für Lexikographen, Die Arbeit des Verfassers bewegt sich zwi- Philosophen, Psychologen, Linguisten, schen Sprachwissenschaft und Philosophie. Verhaltensforscher und Deutschlehrer ist Sie zeigt nahezu alle Gebrauchsweisen der es eine Bereicherung für jede Bibliothek. Wörter „ernst“, „Ernst“ etc. und gibt De u-

Mattheus Wollert “Gleiche Wörter - Gleiche Welten. Interkulturelle Vermittlungsprob- leme im Grundwortschatzbereich.“ (Iudicium 2002; ISBN: 3-89129-743-2)

Holger Nord

Wie oft prallen wir in unserem Unterricht das Auffinden und Beschreiben von Ver- auf ‘Eisberge’ von Verständnisproblemen, mittlungsproblemen, welche aus der “fu n- deren Spitzen sich oft in Missverständnis- damental-endogenen Interkulturalität des sen oder unbekannten Wörtern präsentie- Fremdsprachenunterrichts resultieren“ ren, aber allzu oft einen größeren, dem (14). eigentlichen Vermittlungsprozess unterlie- genden Bereich von kultureller Diskrepanz Dies ist der Ausgangspunkt von Mattheus - markieren Da bilden so unscheinbare Wor- eine persönliche Anrede sei hier gestattet - te wie ‘Straßenbahn’, ‘Keller’ oder auch in seiner Dissertation Gleiche Wörter – ‘flirten’ – im koreanischen Kontext - ge- andere Welten. Interkulturelle Vermitt- fährliche Spitzen, die, wenn man ihre Be- lungsprobleme im Grundwortschatzbe- deutung und kulturellen Kontexte weiter reich, die er an der Universität Kassel ab- verfolgt, schnell den Unterricht auf Grund gelegt hat und nunmehr als Buch durch den auflaufen lassen können. Diese Eisberge Verlag iudicium (2002) für uns verfügbar sind es, die unser Freund und Kollege gemacht hat. Prinzipiell geht es ihm um Mattheus Wollert ansteuert, um in seiner eine Annäherung des wissenschaftlichen Untersuchung die Gefahren anhand einer Diskurses und praktischer Erfahrungen konkreten empirischen Untersuchung in innerhalb einer interkulturell ausgelegten Südkorea zu kontextualisieren. Sie steuert, Didaktik. Aus dieser Perspektive heraus um in dem Bild des Eisberges zu bleiben, führt er die Wortschatzdidaktik an die aber nicht nur auf die Spitzen zu, sondern Landeskundedidaktik heran, um sie in unternimmt auch einen theoretische Annä- Form von landeskundlicher Wortschatzar- herung an die unterliegenden Problem- beit bzw. als sprachbezogene Landeskunde komplexe, Strukturen und Strömungen, um in den DaF-Unterricht einfließen lassen zu die größeren Zusammenhänge bewusst zu können. Somit wird die Wortschatzplanung machen und so die pädagogischen Steue- und Vermittlung eindeutig zu einem integ- rungssysteme und den Radar besser auszu- ralen Bestandteil der inhaltlichen Gestal- rüsten. Mit anderen Worten: Es geht um tung des interkulturell orientierten Unter-

90 richts; ein Aspekt, der uns sicherlich in Katagorien ausweitet und auf der Basis der dieser Direktheit nicht immer bewusst ist, Distanz (kontrastiv) bzw. der Nähe (inte- aber bewusst sein sollte (15). grativ) erschwerend oder erleichternd sein kann. Für den Lehrenden bedeutet dies Zur erfolgreichen praktischen Umsetzung allerdings eine Auseinandersetzung mit bedarf es aber zuvor einer genaueren Lern- den eigenen sowie den “fremden“, d.h. zielbestimmung, d.h. einer Konkretisierung denen des Ausgangslandes, Begriffsstruk- des Kontextes, in dem Fremdsprachenun- turen. Dies ist allerdings, wie Mattheus an terricht abgehalten wird und Fremdspra- persönlichen Beispielen zeigt, oftmals erst chen gelehrt werden. In seiner Auseinan- nach längerem Aufenthalt in dem Land dersetzung mit den sozio-kulturellen Rah- möglich ist. Schon der Eintritt in diese menbedingungen des DaF-Unterrichts in Problematik unterschiedlicher Begriffs- Südkorea, dem Ausgangspunkt seiner Ü- strukturen, ihrer Assoziationen und kultu- berlegungen und empirischen Untersu- reller Kontexte erfordert auch ein Über- chung, stellt Mattheus fest, dass sowohl die denken von Bewertungsmaßstäben, mit andauernde Krise der Germanistik als auch anderen Worten, was wir als Fehler (133) die sich derzeit stark wandelnden Bedin- betrachten und warum, welche Zielsetzung gungen auf der ökonomisch-politischen verbinden wir mit der Wortschatzvermitt- Makroebene eine grundsätzliche Neuorien- lung, aus welcher Perspektive (Lehrer, tierung im Fremdsprachenunterricht in Lerner) nehmen wir die Kontextualisierung Korea erfordern. Klassisch-humanistische des Wortes vor etc. Leitvorstellungen sind ebenso obsolet ge- worden wie der kommunikativen Kompe- Das grundsätzliche Problem einer Bewer- tenz entsprungene pragmatische Ideale, die tung ist aber, wie das eine Begriffssystem das Prinzip der Wirtschaftlichkeit außer durch ein anderes überhaupt ausgedrückt Acht lassen. Für ihn, wie auch für die werden kann. Sprache ist mehr als nur ein meisten von uns, kann eine Lehr- und Vorrat von abstrakten und eindeutig deno- Lerntätigkeit im Bereich Deutsch als tierten Zeichen, sondern sie ist immer ein Fremdsprache nur Sinn machen, wenn sie integraler Bestandteil von Interaktion, Be- “einen wesentlichen Beitrag zur Internat i- deutungsaushandlung und Bedeutungser- onaliserung“ zu leisten vermag, d.h. eine mittlung, die aufgrund persönlicher Erfah- internationale Ausrichtung im Hinblick auf rungen stattfindet. Entsprechend stellt Kompetenzen und Informations-/ Wissens- Mattheus heraus, dass Begriffssysteme aneignung und -verwertung vorsieht (76). keine eindeutige “Bezugsgröße“ darstellen, Auf Grund der Ausrichtung zum Zielland sie unterliegen nicht nur einer allgemeine- muss damit die Konzeption des Fremd- ren Entwicklung und Dynamik, aber auch sprachenunterrichts jeweils entsprechend einem individuellem Zugriff, so dass inter- unterschiedlich ausfallen. Faktoren und kulturelle Annäherung unter dem Aspekt Leitstrategien wie interkulturelle Kompe- des Wortschatzes, wenn auch vielleicht nur tenz, lernerausgerichtete Landeskunde, partiell und unter einigen Transferverlus- Kontrastivierung/“Kontaktisi erung“ und ten, durchaus möglich ist. (137) das eigentliche Lernerinteresse definieren je nach Zielland eine unendliche und nicht Spannend und für den Lehrenden in Korea einzugrenzende Vielzahl an Didaktisie- um so interessanter wird es dann, wenn es rungsmodellen. um konkrete Begriffe geht. Vorsichtig und leichtsinnig decken dabei interessante As- Von großer Bedeutung ist dies im Bereich pekte aus dem koreanischen Alltag auf. der internationalen Sprachvermittlung, wo Leichtsinnig spielt für die LernerInnen Verstehen sich schnell auf soziokulturelle mehr auf die Sorglosigkeit an, während

91 vorsichtig aufgrund der koreanischen Beg- rea, aber auch anderswo, möglich macht. riffsstruktur und seinem Kontext besonders Eine Arbeit, die für den Einzelnen sinner- in Verbindung mit Prüfungen eingesetzt giebig ist und sich nicht nur auf die Ver- wird. So lassen sich dann die unterschied- mittlung von Lerninhalten konzentriert. lichen Verabschiedungsformeln für jeman- Vielleicht mag man Mattheus einen Rück- den, der/die in eine Prüfung geht, kontras- fall in das humanistische Bildungsideal tieren: auf Deutsch “Viel Glück -Erfolg“, vorwerfen, wenn er Lernen als “individue l- auf Koreanisch “Seien Sie vorsichtig“. len und subjektiven Sinnbildungsprozess“ (147) Da wird in einem spannenden verstanden haben will, aber unter Verweis Transkript zu einer ZD-Prüfung deutlich, auf Claire Kramsch und ihr Modell des wie schnell Kommunikationsschwierigkei- dritten Ortes geht es um die Flexibilität des ten auftreten können, wenn eine kleine Lehrenden, das Bemühen der Lernenden Anzahl von Wörtern, hier: bequem, selbst, zu registrieren und anzuerkennen, “ihre altes Haus/Apartment nicht nur missver- eignen und individuellen Bedeutungen und standen werden, sondern sich auch dem Absichten gegenüber einer [Sprach-] Wirk- interkulturellen Gespür entziehen und zu lichkeit zu behaupten, in der sie eigentlich unterschiedlichen Diskursen führen. In keinen Platz haben.“ (229) Dies gilt es , in diesen Momenten fehlt es an Wissen über der Planung von Fremdsprachenunterricht Alternativen sowie mangelnder Flexibili- zu berücksichtigen und sich geistig mit tät; mit anderen Worten: sie reden anein- Spannung auf die subjektiven Lernprozes- ander vorbei. (160-163) se, -erfahrungen und -anwendungen einzu- Viele spannende Beispiele trägt Mattheus lassen. Aber das kann nur gelingen, wenn zum weiten Wortfeld “Wohnen“ heran Positionen fragwürdig und relativierbar sowie zu dem Komplex von Strategievaria- zwischen Lernendem und Lehrendem ge- tionen in Bezug auf “Höflichkeit“, wo vor macht werden. Und wie Mattheus theore- allem in Bezug auf Befehlsformen interes- tisch sehr fundiert und informiert, an vie- sante “Rekonstruktionen der Kulturalität len, vielen Beispielen auch nachvollziehbar sprachlichen Handelns“ stattfinden. Mit und konkret demonstriert, bietet eine inter- Hilfe vieler Hintergrundinformationen über kulturell ausgerichtete Wortschatzvermitt- kultur-historische Aspekte wird die korea- lung eine gute, nicht immer gesicherte, nische Perspektive beleuchtet und vorsich- also spannende Basis, sich den tieferen tig umschrieben, ohne allerdings die indi- kulturellen Dimensionen und den eigenen viduelle Stimme oder die eigene Unsicher- subjektiven Erfahrungen zu öffnen. heit in Bezug auf eine eindeutige Interpre- Sei anzumerken, dass das Buch aufgrund tation zu verleugnen. Im Allgemeinen geht seiner Vorlage der Dissertation nicht im- es Mattheus um ein “sensibles Feld der mer ein Lesevergnügen darstellt und zu- zwischenmenschlichen Interaktion.“ dem im theoretischen Teil einige kleinere Die Analyse der Direktiva macht deutlich, Unklarheiten aufweist (z.B. die Seiten dass es beim sprachlichen Handeln nicht 36ff.). Aber der empirische Teil ist sicher- nur um den Austausch von Informationen lich für alle Lektoren der deutschen Spra- geht, sondern auch um die Bestimmung che in Südkorea ein sehr aufschlussreicher dessen, wer wir sind, wie wir die Bezie- und informativer Teil. Der erste Teil sollte hung zu unserem Gegenüber sehen, welche zusammengefasst in DaF relevanten Publi- Arten von Beziehung wir zu anderen haben kationen in Deutschland erscheinen, damit wollen und wie wir diese Beziehungen es ein entsprechendes breites professionel- pflegen.“ (195) les Publikum findet, welches das Buch sicherlich verdient hätte. Letzten Endes geht es Mattheus um eine Didaktik, die eine sinnvolle Arbeit in Ko-

92 zum Schluss

DaF-Szene 19 mit Schwerpunkt zur koreanischen Literatur in deutscher Übersetzung

Thomas Schwarz

Die koreanische Literatur ist im Kommen. Auf dem Internationalen Literaturfestival in Berlin war Korea im September 2003 mit zwei Autoren vertreten, mit Lee Hochol und Ko Eun. Der Schriftstellerin Oh Jung-Hee wurde am 5. Oktober 2003 auf der Frankfurter Buchmesse der sechzehnte LiBeraturpreis verliehen für ihr Buch „Vögel“ (Originaltitel: Sae). Mit dem sy m- bolischen Preis soll auf Schriftstellerinnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika aufmerksam gemacht werden. Im Jahr 2005 schließlich soll Korea Länderschwerpunkt der Frankfurter Buchmesse werden. Der Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Bundestages, Hartmut Koschyk, hatte seinen Vorschlag gegenüber dem Direktorium der Buchmesse damit begründet, dass Südkorea immerhin der drittgrößte Handelspartner Deutschlands in Asien ist und das Interesse an dem Land in der deutschen Öffentlichkeit im Gefolge der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea und Japan weiter gestiegen sei. Auch die DaF-Szene Korea möchte mit einer Edition zur koreanischen Literatur in deutscher Übersetzung im Vorfeld dieses Ereignisses dazu beitragen, die koreanische Kultur in der Öf- fentlichkeit zu präsentieren. Deshalb suchen wir für die nächste Ausgabe Autorinnen und Au- toren, die Literaturkritiken zu Romanen, Erzählungen oder Lyrik schreiben. Wir werden uns auf Übersetzungen beschränken, die auf dem deutschen Markt bereits greifbar oder im Er- scheinen begriffen sind. Die Redaktion wird sich darum bemühen, bei den in Frage kommen- den Verlagen Rezensionsexemplare einzuwerben. Eine Rezension sollte den Umfang von drei Seiten Text nicht überschreiten. Darüber hinaus möchten wir in dieser Ausgabe auch exem- plarische Übersetzungen koreanischer Literatur anbieten. Wenn Sie selbst an Übersetzungen mitwirken, dann überlegen Sie doch bitte, ob Sie der DaF- Szene nicht einen Auszug im Textumfang von etwa 5-6 Seiten zur Verfügung stellen können. Vor allem wären wir daran interessiert, dem noch nicht etablierten und noch zu entdeckenden Nachwuchs unter den koreanischen Literaten eine Plattform zu verschaffen. Die literarische Verarbeitung des Kulturkontakts als eine besondere Form der Ethnographie zu pflegen, war schon immer eins der vornehmsten Ziele unserer Zeitschrift. Eine besondere Sektion dieser Edition soll deshalb wie immer auch für eigene literarische oder literarisierte Beiträge über Korea reserviert bleiben.

Redaktionsschluss ist der 15. April 2004, aber ab Dezember 2003 schon wird die Redaktion mit der Koordination der Beiträge beginnen, so dass wir Sie bitten möchten, sich bei Interesse unmittelbar nach Erscheinen der DaF-Szene 18 mit Vorschlägen an uns zu wenden.

93 Impressum

Daf-Szene Korea

Herausgeber: Lektoren-Vereinigung Korea (LVK)

Postanschrift: C.P.O. Box 5447, 100-654 Seoul, Republik Korea Mail: [email protected]

Vorstand: Klaus Polap (Vorstandssprecher) ✗ (02) 723-5015

[email protected]

Michael Menke (Geschäftsführer) ✙ (02) 422-3511

[email protected]

Kai Köhler ✙ (02) 887-6712 [email protected] ✘ Kai Rohs ✙ (02) 914-0696 [email protected]

Homepage: Hans-Alexander Kneider, http://www.lvk-info.org

Bankverbindungen: Südkorea: Kookmin-Bank, Konto-Nr. 795-21-0072-726 Deutschland: Deutsche Bank 24, BLZ 100 700 24, Konto 4108106 Kontoinhaber jeweils Michael Menke

Redaktion: Kai Köhler, Michael Menke, Klaus Polap, Kai Rohs, Susanne Sermen

Anzeigenleitung: Michael Menke

Layout: Michael Menke

Titelbild: Michael Menke

Die Zeitschrift bedient das Thema „Deutsch als Fremdsprache“ mit Unterrichtsvorschlägen, Rezensionen und Informationen zum Arbeitsumfeld in der Republik Korea und anderen Län- dern der Region. Beiträge geben die Meinung der Verfasser wieder und nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion. Die meisten Artikel dieser Ausgabe können Sie auf unserer Ho- mepage lesen. Dort finden Sie auch aktuelle Mitteilungen der LVK sowie Hinweise auf weite- re Fachverbände in Korea.

Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe (Frühjahr 2004): 15. April 2004.

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Wir danken den Anzeigenkunden dieser Ausgabe: BSI Berlin Sprachschule, DAAD, Hueber Verlag, Synchron Verlag, UTS/Rohde & Liesenfeld

Unser Postfach ist auch die Kontaktadresse für Anzeigenkunden. Autorenverzeichnis

Anne Gellert: Dr., arbeitet an der Kumamoto Universität in Japan, Arbeiten zur Sprachenpolitik und Lexikographie, ab nächstem Jahr beim DAAD-Büro in Tokio

Frank Grünert: Seoul National Universität. Stationen nach dem Studium der Germa- nistik an der J.-W.-Goethe Universität Frankfurt a.M., (M.A.): freier Journa- list, Lektor in Gwangju, seit 1993 an der SNU. Arbeits- und Interessengebiete: DaF, Literatur- und Medienwissenschaften

Gernot Haidorfer: geboren in Freiburg/Breisgau; Studium Deutsch/Geschichte (Lehramt Gymnasium) an der Universität Freiburg; 2000 – 2003 Lehrer in der Schweiz (Sekundarschule Oftringen, Kantonsschule Luzern); seit März 2003 DAAD- Lektor an der National-Universität Busan.

Edeltrud Kim: Studium der Germanistik und Geschichte, Schuldienst in Berlin und Nordrhein-Westfalen, 1975-1980 DAAD-Lektorin an der Seoul National Universität, seitdem Professorin für Germanistik an der Ehwa-Frauenuniversität in Seoul

Jiyon Kim ist Studentin im ersten Studienjahr des geisteswissenschaftlichen Fach- bereichs an der Ewha-Universität in Seoul/Korea. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr lebte sie mit ihren koreanischen Eltern in Bochum und besuchte daher fünf Jahre lang die Schule in Deutschland.

Subin Kim: bis zum letzten Jahr Konversationsunterricht an der Daeil Fremdspra- chenoberschule. Ab diesem Jahr an einer privaten Bildungsstätte für Floristen in Se- oul als Übersetzerin und Dolmetscherin für die verschiedenen Kurse dort.

Kai Köhler: Dr., Seoul National University, College of Humanities, Studium der Ger- manistik, Romanistik und Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg (MA), Promotion ebenda mit einer Arbeit zur Geschichte der Germanistik im "Dritten Reich". Weitere Arbeitsschwerpunkte: Literatur und völkische Ideologien, DDR- Literatur, Literatur und Musik.

Armin Kohz: Dr., Dankook University, in Seoul; Studium der Linguistik, Skandinavis- tik und Indogermanistik in Kiel. Forschungsaufenthalte in Schweden, Nepal und Ja- pan. Vorstandssprecher der LVK von 1996 bis 1998.

Michael Menke: University of Incheon, Studium der Germanistik und Musikwissen- schaften in Göttingen, Berlin und Wien. Journalist. Dissertationsprojekt im Fach Mu- sikwissenschaft, Arbeits- und Interessensgebiet: Gegenwartsmusik, Verhältnis Musik und Sprache.

95 Georg Neumann: DAAD-Lektor an der Seoul National University von 1963 bis 1965, später andere Aufgaben beim DAAD. Jetzt im Ruhestand, aber in beratender Funktion bei einem deutsch-koreanischen Hochschulprojekt. Er lebt in Wacht- berg/Deutschland.

Holger Nord: DaF-Studium, Geschichte und Anglistik (Bielefeld). Seit 2000 Promoti- on an der University of Melbourne zum Thema Identitätskonstruktionen und Professi- onalitätsdiskurse bei Deutschlektoren in Südkorea. Lehrbeauftragter am Goethe- Institut Melbourne, Australien.

Klaus Polap: Lektor an der Chungang-Universität in Ansong, Studium der Geschich- te und Germanistik an der Universität Würzburg, 1. und 2. Staatsexamen, Gastse- mester in Cambridge, Arbeitsfelder: Spieltheorie und Kolonialgeschichte.

Hans Heinrich Rohrer: Dr., DAAD-Lektor an der Seoul National University von 1987-1989, später beim Langenscheidt-Verlag, jetzt Direktor des Carl Duisberg Centrums in München.

Kai Rohs: Soongsil Universität, Seoul, Studium der Rechtswissenschaft (Tübingen), Studium der Koreanistik (Bochum), Zusatzstudium "Deutsch als Fremdsprache" (Bo- chum).

Thomas Schwarz: Studierte Deutsch und Geschichte in München und an der Freien Universität Berlin. Erstes und Zweites Staatsexamen. Lektor des DAAD an der Kei- myung University in Daegu / Südkorea von 1998-2003. Zur Zeit DAAD-Stipendiat und Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universität Berlin.

Susanne Sermen: Studium: DaF und Romanistik in Leipzig und Rennes (Frank- reich), seit November 2002 DaF-Lektorin an der Korea-University in Seoul.

Erich Thaler: Geboren in Zeltweg/ Steiermark, Studium der Romanistik und Linguis- tik in Graz, Wien und Montpellier (Frankreich), Ausbildung am International House in Wien zum DaF-Lehrer. Studium der Soziologie (Aufbaustudium) in Paris. Leitet die Abteilung für Akquise und Internationales Marketing der BSI private Sprachenschule GmbH.

96 Kontakte

Goethe-Institut Seoul Schweizer Botschaft Seoul Heiko Bels, Leiter der Spracharbeit Roland Knobel, Kulturabteilung, Tel. (02) 754-9831/2/3 Tel. (02) 739-9511/4, dir. 722-7116, Fax: (02) 754-9834 Fax 737-9392 Mail: [email protected] Mail: [email protected]

Informations- und Beratungszentrum Koreanische Gesellschaft für des DAAD im GIIN Germanistik (KGG) Liane Garnatz Geschäftsstelle: Tel. / Fax: (02) 887-4274 Tel (02) 754-1442 Mail: [email protected] Mail: [email protected] Prof. Dr. Ahn, Sam-Huan, Präsident Tel. (02) 880-6132 Mail: [email protected]

DAAD Büro Tokio Mechthild Duppel- Takayama Tel. +81 (3)3582-5962 Koreanische Gesellschaft für Deutsch Fax: +81 (3) 3582-5554 als Fremdsprache (KGDaF) Mail: [email protected] Prof. Dr. Hallan Kim, Präsidentin Tel. (02) 920-7085 Mail: [email protected]

Deutsche Botschaft Seoul Gerd Benke Leiter der Kultur- und Presseabteilung Koreanische Gesellschaft für Didaktik Tel. (02) 748-4114/4132 der deutschen Sprache und Literatur Fax: (02) 748-4161 Frau Prof. Dr. Lie Kwang-Sook (Vorsitzende) Mail: [email protected] Tel. (02) 880-7681/2 Fax (02) 887-8904 Monika Rättich, Kulturabteilung Mail: [email protected] Tel. (02) 748-4114/4128 Mail: [email protected]

Koreanische Gesellschaft für Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft (KGD) Österreichische Botschaft Seoul Prof. Dr. Han, Suk-Zong, Präsident Tel.: (02) 732-9071/2 Tel. (053) 950-5170 (Büro) Fax (02) 732-9486 Mail: [email protected] Mail: [email protected] Prof. Dr. Choi Seung-Soo (Geschäftsführer) Tel (053) 950ß5173 Mail: [email protected]

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