Die Grünen Nach Den Jamaika-Verhandlungen Und Vor Den Landtagswahlen in Hessen Und Bayern
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Fraktion DIE LINKE Bund-Länder-Koordination Marian Krüger/Helge Meves/Dr. Harald Pätzolt 10. Oktober 2018 Die Grünen nach den Jamaika-Verhandlungen und vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern Überblick: 2 Vorbemerkung 3 Zusammenfassende Thesen 5 Die bayerischen Grünen vor einer Koalition mit der CSU? 5 Zufriedenheit mit der Landesregierung 6 Probleme der CSU 8 Wechselstimmung 8 Grüner Umgang mit einer möglichen Koalition mit der CSU 9 Policy-Seeking - Grünes Themenmanagement 9 Vote Seeking - Grüne Wählersegmente bei SPD- und CSU-Anhängern 11 Konkurrenz in der Innenpolitik – Strategische Variabilität 13 Hessen: Grüne im Aufwind, Schwarz-Grün vor dem Aus, R2G möglich? 13 Bouffier gibt den „Anti-Koch“: Vorleistungen der CDU für Schwarz-Grün 13 Verzicht auf Bildungsreform: Vorleistungen der Grünen für Schwarz-Grün 15 Geben und Nehmen: Vote-Seeking, Policy-Seeking und Office Seeking 17 Konsolidierung und Differenzmanagement von Schwarz-Grün 2014/2015 18 Verluste bei den Kommunalwahlen 2016 und Aufstieg der AfD 19 Politische Achsenverschiebung durch Schwarz-Grün? 21 Die Stimmungslage in Hessen zwischen Juni und September 2018 21 Grüne Wähler mehrheitlich für R2G 23 Hessentrend September 2018: Verschiebung der Themenagenda nützt eher SPD Krüger/Meves/Pätzolt Die Grünen Oktober 2018 Seite 2 Vorbemerkung „Als LINKE kann uns der zukünftige Kurs der Grünen nicht egal sein, wenn es uns darum geht, politische und gesellschaftliche Mehrheiten für einen sozialen und demokratischen Aufbruch zu gewinnen. Ob die Grünen in progressiven Mitte-Links-Bündnissen mit dabei sind, oder ob sie zukünftig mit SPD und FDP darum kämpfen wollen, wer als Mehrheitsbeschafferin für die Konservativen dienen darf, ist nicht nur aus linker Perspektive von Relevanz.“, fasste Jan Korte anlässlich eines Vorwortes vor zwei Jahren zusammen.1 Es erschien zu einer Studie die das Verhältnis der Grünen zur CDU untersucht hatte und dabei den Fokus auf die Bundestagswahlen 2017 gelegt hatte2. Schwarz-Grün ist alltäglich geworden – es gibt vier Koalitionen der Grünen mit der CDU und vier der Grünen mit der SPD und den LINKEN, in Sachsen-Anhalt koalieren sie mit CDU und SPD. Insgesamt regieren die Grünen in neun Bundesländern in acht verschiedenen Konstellationen. Was bedeutet dies für CDU/CSU und Grüne selbst? Sind die Grünen damit für linke Bündnisse verloren? Welcher Konfliktlinien ziehen sich durch das schwarz-grüne Projekt bzw. ist es überhaupt eines? Werden die Grünen nun konservativer, wenn ja, warum sollten ihnen die Konflikte, die Konservative heute um- und auseinandertreiben, erspart bleiben? Welchen Platz finden die Grünen im Parteienspektrum und was bedeuten „Komplementärkoalitionen“ nach diesen Entwicklungen? Die Grünen wissen um diese Risiken und Herausforderungen. Nach den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen soll erneut untersucht werden, wie sich die Grünen mit der neuen Situation umgehen. Obwohl dieses Verhandlungen scheiterten, gingen sie gestärkt aus ihnen heraus, allein weil sie verhandelten. Mit der Wahl der neuen Doppelspitze für die Partei Robert Habeck und Annalena Baerbock haben sie ein neues Machtzentrum geschaffen, das geräuschlos zusammenarbeitet. Die Landtagswahlen in diesem Oktober erlauben es, an Hand der Ergebnisse eine Bilanz zu ziehen. Hier erfolgt ein Ausblick vor den Wahltagen. 1 „Schwarz-grüne Perspektiven vor den Bundestagswahlen 2017. Modelle, Erfahrungen und Bedingungen für Gelingen oder Scheitern von Koalitionen zwischen CDU und Grünen von Hamburg 2008 bis Baden- Württemberg 2016“.Von Helge Meves und Marian Krüger mit einem Vorwort von Jan Korte. Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, Berlin, 2. durchgesehene und korrigierte Auflage, 2016, 84 S. Vorwort Jan Korte S. 2 2 „Schwarz-grüne Perspektiven vor den Bundestagswahlen 2017…“ und die Fortsetzungen „Die Grenzen der Reformbereitschaft. Eine Analyse der sozial- und finanzpolitischen Beschlüsse des grünen Parteitages in Münster.“ Von Marian Krüger und Helge Meves. In: Sozialismus Heft 12/2016, S. 37-39 sowie „Ein Regierungsprogramm gegen Selbstzweifel. Die Grünen zwischen Münster und Berlin.“ Von Helge Meves und Marian Krüger. In: Sozialismus Heft 7-8/2017, S. 38-41; alle Texte auch online z. B. hier http://www.helgemeves.de/waehlbares-parteien.html Wie bedanken uns beim Gesprächskreis Parteien und soziale Bewegungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung, bei dem wir die Thesen dieses working papers am 27.9.2018 vorstellen und diskutieren konnten. Krüger/Meves/Pätzolt Die Grünen Oktober 2018 Seite 3 Zusammenfassende Thesen 1. Die beiden Landtagswahlen in Hessen (28.10.2018) und Bayern (14.10.2018) sind Richtungswahlen für die Union. CSU und CDU werden gegenüber den letzten Landtagswahlen Verluste erleiden und rechts neben ihnen wird sich in beiden Landtagen erstmals die AfD etablieren. Die Richtungskämpfe in der Union werden neuen Auftrieb erhalten, die Union wird damit insgesamt weniger berechenbar und verlässlich. 2. In Bayern hatte die CSU bisher die absolute Mehrheit im Landtag. Sie führt seit 2 Jahren eine Auseinandersetzung mit der CDU um den Kurs der Union. Für die Landtagswahl relevant ist, dass sie die Sorgen und Wünsche ihrer bayerischen Wählerinnen und Wähler dabei aus den Augen verloren hat und mit dem unionsinternen Hadern auch die eigenen Wähler zu verlieren droht. Die Überdehnung der CSU – nicht nur das erwartende schlechte Wahlergebnis – wird zu heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen führen. 3. Die Grünen bieten sich in Bayern als Koalitionspartner an, suchen aber gleichzeitig den Konflikt mit der CSU im Feld der Innenpolitik. Das ist neu; das Innenressort hatten sie noch nie inne. In einer potentiellen Koalition von geschwächter CSU und gestärkten Grünen müssten beide ihren Wählerinnen und Wählern zeigen, dass sie den anderen Koalitionspartner jeweils im Zaum halten können. Wäre als einzige Zweierkoalition nur die mit den Grünen möglich, wäre das von der CSU zu zahlende Eintrittsgeld für die Grünen entsprechend hoch. 4. Durch ein geschicktes Management der Koalition gelang es in Hessen, anders als z. B. in Hamburg und dem Saarland, die Koalition fünf Jahre lang als Harmonieprojekt zu inszenieren. Schwarz-Grün in Hessen war von beiden Partnern als hegemoniales Projekt mit Referenzcharakter für den Bund angelegt. Infolge des Richtungsstreites in der Union und des Aufschwungs der AfD wird diesem politischen Ansatz jedoch mehr und mehr der Boden entzogen. Vor allem die grünen Wähler verlieren die Geduld mit der CDU. Krüger/Meves/Pätzolt Die Grünen Oktober 2018 Seite 4 5. Beide Koalitionspartner in Hessen waren bereit, einen politischen Preis für das Bündnis zahlen. Die für sie vor den Wahlen entscheidende Frage ist nun, ob es ihnen gelingt, die damit verbundenen Verluste bei traditionellen Anhängern auf Kosten der SPD zu kompensieren. Schwarz-Grün will sich den sozialdemokratischen Mantel der Schutzmacht der kleinen Leute umhängen, de facto aber vor allem die mittleren Einkommensgruppen der Arbeitnehmerschaft an sich binden. Diese Strategie verfängt jedoch, wie der Hessentrend vom September 2018 zeigt, nicht in dem Maße, wie es zur Sicherung einer Regierungsmehrheit erforderlich ist. 6. Bei beiden Landtagswahlen wird damit über das Verhältnis von CDU und CSU zu den Grünen und damit strategisch zwischen der CSU und der CDU entschieden. Setzt sich der Kurs von Angela Merkel, Volker Bouffier u. a. durch, oder der der CSU, die die AfD durch Übernahme von Themen und Politikstil schwächen wollte? Es wird einen Verlierer und einen Gewinner geben. Aber auch der Gewinner dieser Richtungsentscheidung wird durch ein schlechteres Wahlergebnis geschwächt sein. 7. Die mit beiden Wahlen verbundene De-Thematisierung von R2G als Machtoption für Hessen wird nunmehr durch die aktuelle Hessentrendumfrage dementiert. Die Mehrheit der Wähler von Grünen und LINKEN steht für einen SPD-Ministerpräsidenten und für eine neue Regierungskoalition. Krüger/Meves/Pätzolt Die Grünen Oktober 2018 Seite 5 Helge Meves Die bayerischen Grünen vor einer Koalition mit der CSU? Das letzte Mal in der Höhe ihres Landtagswahlergebnisses 2013 von 47,7 Prozent prognostiziert wurde die CSU im Frühjahr 2016. Seitdem fielen die Umfrageergebnisse immer schlechter aus, Ende 2017 gab es die erste Prognose unter 40 Prozent. Einer zwischenzeitlichen Verbesserung im Frühjahr dieses Jahres folgten seit Juli Umfragewerte wieder unter 40 Prozent. Dazu kommt, dass das Interesse der CSU-Anhänger an der Landtagswahl mit 69 Prozent das Geringste im Vergleich mit allen anderen Parteien ist. Die CSU wird nach der Landtagswahl am 14. Oktober einen Koalitionspartner benötigen, wenn sie weiter den Ministerpräsidenten stellen will. Einer wenn dann möglichen Koalition mit FDP oder AfD hat die CSU bereits eine Absage erteilt. SPD, Freie Wähler und Grüne bieten sich an und werden mit ja 44 Prozent auch am ehesten befürwortet. Evtl. ist auch eine Dreier-Koalition erforderlich. Auch die FAZ betont, dass einzig die LINKE nicht für eine Koalition zur Verfügung steht, „erinnert die anderen Teilnehmer der Runde daran, dass man Politik auch mal ganz anders denken könnte.“3 Zufriedenheit mit der Landesregierung Hatten sich im Mai sieben von zehn Bayern (70 Prozent) positiv zur Leistung der CSU- Staatsregierung geäußert, gelangt im September weniger als die Hälfte der Bayern (47 Prozent) zu diesem Urteil. Eine ähnlich polarisierende Wahrnehmung der bayerischen Staatsregierung gab es zuletzt Anfang 2012, als im Freistaat CSU und FDP gemeinsam regierten. Am deutlichsten ist die Kritik am Agieren der CSU im Unions-Asylstreit in der Bundesregierung: