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DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN GLEICHSTELLUNG SCHLUSS MIT WARTEN! JULI 2018 KATHARINA SCHULZE: MEHR TEMPO FÜR DIE GLEICHSTELLUNG LUDWIG HARTMANN: KLARE HALTUNG STATT KREDITKARTE PROGRAMMPARTEITAG LEXIKON MIT UNS DIE CARE-BERUFE ZUKUNFT! er dabei war, wird uns zu- Die hochmotivierten grünaktiven n den sogenannten Care-Berufen stimmen: Einen gelunge- Frauen sehen in der engen Vernet- steht das Sorgen für andere Men- neren Wahlkampfauftakt zung untereinander eine wichtige schen im Mittelpunkt: Care-Arbeit W als diesen Programmpar- Komponente für unseren Erfolg auf I leisten zum Beispiel Hebammen, teitag Anfang Mai in Hirschaid hätten allen politischen Ebenen. Nach bald Kranken- und Altenpfleger*innen sowie wir uns nicht wünschen können. 40 Jahren Grünen ist der Feminismus Erzieher*innen. All diese Berufe werden Selten war so viel positive Energie und in unserer Partei lebendig und wichtig überwiegend von Frauen ausgeübt und Aufbruchstimmung zu spüren wie bei wie eh und je. das meist bei schlechter Bezahlung und den starken Reden unseres Spitzen- Lasst uns diesen Schwung schwierigen Bedingungen mit hohem Zeit- duos Ludwig Hartmann und Katharina mitnehmen in einen starken grünen druck und großer Arbeitsbelastung. Also Schulze und unserer Bundesvorsitzen- Wahlkampf. Wir laden euch herzlich müssen wir genau hier ansetzen, um die den Annalena Baerbock. An unserem ein, mit uns für ein ökologisches, Gleichstellung in Bayern voranzubringen. Programm, das durch 440 Änderungs- sozial gerechtes und modernes Bayern In unserem Wahlprogramm fordern anträge und die konstruktive Zusam- zu kämpfen, an den Infoständen, an wird deshalb eine Aufwertung der Ca- menarbeit von LAGs und Programm- den Haustüren und in den sozialen re-Berufe. In der Pflege brauchen wir kommission an Kraft gewann, zeigt Netzwerken. Lasst uns laut werden, bessere Bezahlung und einen höheren sich die Stärke der Basis wie bei keiner damit wir etwas verändern, mit unse- Personalschlüssel – und wir möchten eine anderen Partei. rer ganzen Leidenschaft und unseren bayerische Pflegekammer gründen, damit Unter den mehr als 300 Delegier- Ideen. Oder mit den Worten unserer die Beschäftigten ihre Interessen besser ten war die Stimmung entspannt und Spitzenkandidatin Katharina Schulze: vertreten können. Die selbstständigen selbstbewusst. Überraschend kommt „Wir bekommen die Welt nicht besser Hebammen fördern wir durch eine bezahl- das nicht. Besonders in den letzten gemeckert, wir bekommen die Welt bare Berufshaftpflicht. Und Erzieher*innen Monaten haben wir gezeigt, was es nur besser gemacht.“ sollen in Zukunft schon in der Ausbildung heißt, für unsere Werte und Inhalte eine ordentliche Vergütung bekommen und aufzustehen, einen klaren Kurs zu hal- Sigi Hagl und Eike Hallitzky, nicht wie bisher nur ein Taschengeld. So ten und uns durch andere davon nicht Landesvorsitzende werden die Care-Berufe für junge Frauen abbringen zu lassen. Im Kampf gegen und Männer attraktiver – und vor allem den Flächenfraß in Bayern und auch bekommen sie endlich die Wertschätzung, gegen das verfassungswidrige CSU- die sie verdienen. Polizeiaufgabengesetz sind wir nicht alleine. Viele haben sich angeschlos- sen, viele haben erkannt, dass man nur etwas ändern kann, wenn man seine Stimme erhebt, viele wissen, dass unser Land nicht einer Partei gehört. Das zahlt sich aus in guten grünen Umfragewerten und neuen Mitglieder- rekorden. Auf dem Parteitag war vor allem die Leidenschaft für ein Thema zu spüren: Gleiche Chancen für Frauen und Männer, immer und überall. 100 Jahre nachdem das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, kämpfen auch heute noch mutige Frauen dafür, gleichbe- rechtigt unsere Gesellschaft mitzuge- stalten. Das Frauen-Café zu Beginn des Parteitags platzte aus allen Nähten. DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN 2 KATHARINA SCHULZE, SPITZENKANDIDATIN MEHR TEMPO FÜR DIE GLEICHSTELLUNG elbstbestimmung, Gleichberechtigung und die Hälfte der Macht den Frauen: Dafür kämpfen wir Grüne seit 40 Jahren. Unsere Parteigeschichte ist geprägt vom Feminismus und von Frauen, die ihre Rechte durchsetzen – wenn möglich S mit den Männern, wenn nötig auch gegen sie. Und tatsächlich konnten wir in dieser Zeit Einiges bewegen. Aber es gibt noch viel zu tun für uns. Frauen haben nach wie vor deutlich schlechtere Chancen als Männer. Sie verdie- nen weniger und in der Regel sind sie es, die sich als Ehefrau, Lebenspartnerin oder Alleinerziehende um Kinder und pflegebedürftige Angehörige kümmern. Verbindliche Quoten für Frauen in Führungspositionen, ein gutes Angebot zur Kinderbetreuung, mit dem sich Beruf und Familie wirklich vereinbaren lassen und eine bessere Bezahlung, insbesondere für Care-Berufe, würden die Chancen für Frauen deutlich verbessern. Gleichstellung „passiert“ nicht von selbst, deshalb setze ich mich mit voller Kraft dafür ein – und ich weiß euch an meiner Seite! Frauen haben sich in viele Bereiche unserer Gesellschaft vorgearbeitet, sich recht- liche Gleichheit erkämpft und sich vieler dumpfer Rollenklischees entledigt. Frauen in den Chefsesseln, Männer am Herd, Mathe-Professorinnen, Erzieher: Es ändert sich was, doch wir brauchen mehr Tempo. Wir haben starke Frauen überall in der Gesellschaft und in unserer Partei – und endlich auch wieder ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Aber wir erleben auch eine starke Bewegung zurück zur klassischen Rollenverteilung, ein antifeministisches Rollback, Frauenfeindlichkeit und ein Zurückfallen hinter das, was unsere Vorkämpferinnen und Vorkämpfer erreicht haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns auf unsere feministischen Wurzeln besinnen und weiter streiten für echte Gleichstellung. Lasst uns gemeinsam dafür weiterkämpfen, dass Frauen selbstverständlich selbst- bestimmt und unabhängig leben können, dass ihnen niemand vorschreiben kann, was sie werden wollen, wie sie sich kleiden und wie oder was sie arbeiten! Eure Katharina JULI 2018 — GLEICHSTELLUNG: SCHLUSS MIT WARTEN! 3 HINTERGRUND EINE FRAGE DER GERECHTIGKEIT ECHTE TEILHABE FÜR ALLEIN- GLEICHSTELLUNG ERZIEHENDE UND IHRE KINDER GEMEINSAM ERREICHEN Christine Finke ist alleinerziehende Mutter und betreibt den Blog www.mama-arbeitet.de. Auf dem Landesparteitag sprach sie über die Sorgen von Alleinerziehenden – und lobte die grüne Frauen- und Familienpolitik. Wir drucken ihre Rede in gekürzter Form ab. lleinerziehend zu sein ist in den Wahrheit an der Armutsgrenze und das sein, würde sehr effektiv Druck aus den seltensten Fällen geplant. Es ist über Jahre, sagt die Bertelsmann-Stif- Familien nehmen. Deshalb unterstüt- auf keinen Fall – wie die AfD tung. Und je mehr Kinder eine alleiner- ze ich den Vorschlag aus dem grünen A immer wieder behauptet – ein ziehende Person hat, umso armutsge- Wahlprogramm, dass frühkindliche Lebensentwurf, der keinerlei soziale oder fährdeter ist sie. Bildung in unseren Kindertagesstätten staatliche Unterstützung verdient. Und Das ist auch kein Wunder, denn langfristig beitragsfrei sein sollte. es ist verdammt schwierig bis unmöglich, eigentlich braucht man 1,5 Einkom- Auch eine Garantierente, die Alters- eine entspannte, zugewandte Mutter oder men, um ein Kind zu ernähren. Dies zu armut verhindert, ist ein richtiger Ansatz ein ebensolcher Vater zu sein, wenn man erwirtschaften ist aber selbst bei guter – allerdings sollte sie auch Kinder- einfach mehr zu tun hat, als ein Mensch Ausbildung und enormer Motivation erziehungszeiten von Alleinerziehenden unter normalen Umständen schaffen kaum möglich, wenn man nebenbei berücksichtigen, denn Alleinerziehende kann. Denn alleinerziehend zu sein auch noch alleine für ein Kind zuständig kann man ebenso als pflegende Ange- bedeutet vor allem drei Dinge: Stress ist – mal ganz abgesehen davon, dass hörige sehen wie Menschen, die sich um durch oftmals komplett allein getragene es für Alleinerziehende nicht nur wegen pflegebedürftige Ältere kümmern. Verantwortung, finanzielle Unsicherheit mangelnder Kinderbetreuung, sondern Die grüne Idee, die Kinderbetreu- und jahrelange Geldnot, und daraus auch wegen Diskriminierung auf dem ung auszubauen, muss insbesondere resultierend: Mangel an Teilhabe, für die Arbeitsmarkt enorm schwierig ist, über- Alleinerziehenden verständlich vermit- Kinder wie auch für die alleinerziehen- haupt einen festen Job zu finden. telt werden. Es geht eben nicht darum, den Elternteile. Viele Alleinerziehende arbeiten weit dass Alleinerziehende länger arbeiten Die Zahlen zu Kinderarmut, speziell unter ihrem Ausbildungsniveau in dem- und noch weniger Zeit für ihr Kind bei Kindern von Alleinerziehenden, sind entsprechend schlecht bezahlten Beru- haben. Sondern es geht darum, dass beschämend für so ein wohlhabendes fen und müssen ihr Gehalt aufstocken Alleinerziehende überhaupt die Chance Land wie Deutschland. Wir wissen seit lassen, um überleben zu können. Zu- erhalten, mehr als in Teilzeit zu arbeiten Februar dieses Jahres, dass die mit 44 sätzlich wartet hier ein unermüdlicher und die ständigen Geldsorgen im besten Prozent ohnehin schon sehr hohe Ar- Papierkrieg, der an den Nerven zerrt. Falle hinter sich zu lassen. Und viel- mutsgefährdung von Alleinerziehenden Außerdem bekommt die Hälfte aller leicht ist dank besser ausgebauter Kin- und ihren Kindern realistisch betrachtet Alleinerziehenden gar keinen Unterhalt derbetreuung sogar mal etwas Zeit für noch viel höher ist, weil die konven- für ihr Kind und weitere 25 Prozent nur die Alleinerziehenden selbst drin. Das tionelle Berechnung der Armut die unregelmäßig oder zu wenig. täte indirekt auch den Kindern gut. Eine besondere