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DER SCHATZGRÄBER

Oper in einem Vorspiel, vier Aufzügen und einem Nachspiel von Franz Schreker

Der König...... Hoher Die Königin ...... Stumme Rolle Der Kanzler...... Der Graf (Herold des zweiten Aufzugs) ...... Bariton Der Magister (des Königs Leibarzt) ...... Bass Der Narr ...... Tenor Der Vogt...... Bariton Der Junker...... dunkel gefärbter Bariton (oder hoher Bass) Elis, ein fahrender Sänger und Scholar...... Tenor Der Schultheiß ...... Bass Der Schreiber ...... Tenor Der Wirt ...... Bass Els, dessen Tochter ...... Sopran Albi, dessen Knecht ...... lyrischer Tenor Ein Landsknecht...... Bass (tief) Erster Bürger...... Tenor Zweiter Bürger...... Bariton Dritter Bürger...... Bass Erste alte Jungfer...... Mezzosopran Zweite alte Jungfer...... Mezzosopran (oder Alt) Ein Weib ...... Alt (oder Mezzosopran)

Herzoge, Grafen, Ritter, Edle und ihre Frauen, Landsknechte (Soldaten), Mönche, ein Henker, ein Büttel, Volk.

Schauplatz der Handlung: Ein deutsches Königreich Zeit der Handlung: Mittelalter der erste, zweite, dritte und vierte Aufzug spielen im Zeitraum einer Woche, das Vorspiel etwas acht Wochen früher, das Nachspiel ein Jahr später als der vierte Akt

Größere Pause nach dem 3. Aufzug

(ohne Kürzungen) 2

VORSPIEL Gemach im Palast des Königs. Der König, KÖNIG der Narr. Der Esel!

NARR lachend KÖNIG Das stimmt. den Deckel einer mit Kostbarkeiten gefüllten Schatulle aufschlagend KÖNIG Was sagst Du dazu? unvermittelt, den Deckel der Schatulle geräuschvoll schließend, zornig NARR Sie will ihn nicht haben: Hm – ja… sie weist ihn zurück.

KÖNIG NARR Aus Indien, Narr, Wer? – Wen? – eines Kaisers würdig! KÖNIG NARR Meine Frau, die Königin – So nennt Euch Kaiser! NARR komisch übertrieben KÖNIG Den Kanzler? Hör’ auf zu spaßen; bin nicht gelaunt… KÖNIG wütend Den Schmuck da. NARR Auch gut! NARR Recht so! KÖNIG Sieh her, Narr, sieh KÖNIG dirs genauer an – Was? – welche Pracht im Schliff, wie fein ziseliert! NARR Sie will den alten – NARR Es glitzert wie Glas – KÖNIG doch Glas ist schöner. Welchen Alten –?

KÖNIG ärgerlich NARR Narr! den gestohl’nen.

NARR KÖNIG abwehrend Jawohl! Hör’ auf, du Strolch! Du weißt’s wie ich: KÖNIG Der ist verloren, Sei vernünftig ’mal! den schafft mir keiner. Wer soll mir raten, wenn nicht der Narr? NARR hämisch Wozu nur habt Ihr den Mann – NARR mit dem Bart, Euer Kanzler, Herr! den Minister der Polizei? 3

NARR KÖNIG Ihr seid zu komisch, Den lass’ ich hängen. Herr Majestät! immer noch lachend NARR Der geraubte Schatz Auch recht! und der hohe Erbe – Ihr werft doch alles KÖNIG in einen Topf! Begreifst du’s, Narr? Sie träumt ihm nach, KÖNIG halb für sich dem gleißenden Tand – Was weiß ein Narr wie einem Geliebten. auch von Frauen! Verweinten Auges sitzt sie beim Mahl, NARR isst wenig, Nichts – nichts ach Gott, trinkt kaum, – da habt Ihr wohl recht! die anmutig war, Welche Schöne nimmt wie nichts dieser Welt, sich ’nen Narren? verliert an Schönheit Doch Ihr, Herr König, von Tag zu Tag, Ihr tut mir leid. schrumpft mir ein, Ihr lasst ja vom Fleisch. Narr – wird alt – und glaubt natürlich KÖNIG fest an die Mär, Na also – dann hilf! von irgend ’nem Zauber in dem Geschmeid. NARR Und das Ärgste, Narr Ja, – hilf! – sie verwehrt sich mir, Wenn der Karren verfahren – und wenn sie sich gibt, dann heißt es: Narr, hilf! so geschiehts mit Seufzen. Der Erbe längst erwartet KÖNIG forschend und sehnlichst, bleibt aus. Was willst Du haben? Und die Räte, die weisen, Ford’re den Preis! schütteln bedenklich die greisen Häupter: NARR Das Volk aber lacht. Ein Weib! –

NARR lacht KÖNIG empört Ha, ha, ha, ha, ha! Unerhört! Was brauchst lacht fort, er krümmt sich. Du ein Weib?

KÖNIG NARR Was hast Du, Kerl? Zur Bedienung des Tags und des Abends ins Bett – NARR sich wälzend verzeiht, hoher Herr, Ich lach’ mit dem Volk! man hat’s halt auch mit der Sehnsucht. KÖNIG ärgerlich Verdammter Narr! KÖNIG Sollst’s haben! beiseite 4

Wo nehm’ ich die her? NARR NARR Send’ Boten aus, König, Euer Wort! hinaus in dein Land. Ein fahrender Sänger KÖNIG auffahrend ist er, Vagant, Frecher Schuft! und wandert umher, kreuz und quer ohne Ziel – NARR erschrocken, begütigend kaum ward er geseh’n Schon gut. Ihr seid bald da, bald dort – von Ehre ein Mann ist er auch schon fort. und ein König – ich weiß – KÖNIG nachdenklich KÖNIG Doch schwer zu lohnen Also los mit der Weisheit! ist solchem Mann sein Lass leuchten dein Licht! seltsamlich Tun. Doch narrst du mich, Narr, Was liegt ihm auch, ist dein Kopf verwirkt. der im Golde kramt, an Geld und an Gut? NARR So hört, Herr König: NARR lebhaft balladesk Er verschenkts in Haufen Von einem Manne an Arme und Weiber – geb’ ich Euch Kunde – das lockt ihn nicht. Elis, der Sänger, Doch schlagt ihn zum Ritter – ist er genannt: Herr König, das wird ihn Mit einer Laute durchzieht mächtiglich freu´n, er die Lande – er giert nach Ehr’, die Laut’ ist als seltsames ist unfrei geboren, Ding mir bekannt. ein Schelm wie ich. Denn schlummert verborgen Und Euch soll’s nicht reu’n: in Erdentiefen, Ein schöner Kerl ist’s, in Kästen, Schreinen, und trägt die Nase gar eichenen Truhen, stolz in den Wolken. gelbes Gold oder blinkend Gestein, KÖNIG rührt ein Raunen Das soll ihm werden! der Laute Saiten Ich schlag ihn zum Ritter, und ihr Klingen zum Grafen – zum Fürsten – leitet den Sänger hab’ ich meine Ruh, hin zur Stell’, wo die Frau ihren Tand die Schätze schlafen. und das Volk noch den Erben dazu. KÖNIG Send’ aus die Leute Du wirst ja ernsthaft, Narr! auf meinen Befehl, Und poetisch gar. sie sollen ihn suchen Das steht dir schlecht! und bringen – lebendig, Auch glaub’ ich nicht recht nicht tot! – Und du – an dergleichen Spuk. Du krummbein’ger Doch sei’s: Don Juan, such’ dir wie find’ ich den Mann? ein Weib in des 5

Teufels Namen! rasch ab.

NARR blickt ihm verdutzt nach - - plötzlich wie besessen umherspringend Vivat! Vivat! Ein süßes Weibchen, Ein Schätzchen gar fein winkt noch mir Armen! Der Narr kommt zu Ehren – in diesem Staat! 6

ERSTER AUFZUG Nur das will ich haben. Ein Waldschenke. – Els und der Junker ringend. – Im Hintergrunde Albi, die JUNKER Szene mit allen Anzeichen heftigster Du sollst es haben. Erregung verfolgend Doch erst wenn – Du weißt schon – 1. Szene ELS angewidert ELS Ich weiß, ich weiß. den Junker mit gewaltsamer Geste von Doch geh jetzt – eil’ Dich! – sich stoßend, keuchend Lass mich! Lass mich! Ich will nicht – JUNKER zu Albi morgen, morgen – Meinen Gaul, Albi! Was stierst Du mich an – JUNKER erschöpft wie ein wildes Tier? Verflucht, spröde Hexe! Ich mach’ Dir Beine! Nicht ’mal ’n Küsschen Er tritt nach ihm. am Polterabend? Mir graut vor dem Kerl. Doch morgen springst Du Der Junker schnallt seinen Degen um. Albi mir bis zur Diele! ab.

ELS Zärtlich, karikierend arios Ja, ja. – Doch geh’ jetzt! Adieu – schöne Braut! Weit ists zur Stadt und Heut’ noch allein in der Kammer er schließt sonst den Laden. schläft gar niedlich das Jungfräulein. JUNKER Doch morgen getraut Wie heißt der Kerl? an den Rittersmann – hi hi – ha ha ha – ELS und die Jungfer, die Jungfer, Luck – Meister Luck. die Jungfernschaft – Gleich bei der Kirche Die Jungfer ist sein! ein schmales Gässchen Was sagst Du dazu? finster, doch weist dir Zum Dichter noch ein Licht den Weg, macht mich die Lieb! ein rot schwelend Licht, Ab, man hört ihn lachend und singend zu einem Gewölbe, davonreiten. angefüllt ganz mit seltsamen Dingen. Doch morgen getraut an den Rittersmann – JUNKER hi – hi – ha – Ich bring’ Dir den Kram, und die Jungfer, die Jungfer, wie er liegt und steht – die Jungfernschaft – die Jungfer ist sein! ELS Nein, nicht! Nur das güldene Kettchen, 2. Szene um das ich Dich bat. Mit fünf Smaragden ELS verzweifelt und einem kleinen Ah! Ah! Krönchen daran. Doch ich werd’ es haben, 7 mein wird es sein – dies letzte Stück noch – ELS und dann – mein, mein, Nein, nein – nicht mehr – der Königin Schmuck! nicht du und kein In der Kammer Andrer nach dir – gleißt’s und funkelt’s. soll mehr haben Schon wirkt der Zauber: vom schönen Elschen. Schöner wird Elschen, schöner wird Elschen ALBI stöhnend von Tag zu Tag. Oh – Els –Els! – Und ein Prinz kommt des Wegs auf schneeweißem Ross, ELS ein feiner, zarter. Und vergiss nicht: Mit lieblichen Worten Am Rückweg erst, du! umschmeichelt er Els – Und das Kettchen, und führt sie davon das Kettchen mit auf schneeweißem Ross, fünf Smaragden in ein herrliches Schloss, und einem kleinen in sein Königschloss! Krönchen daran. Doch schwer erkauft – Albi stürmt, einen unartikulierten Laut huh – Blut – viel Blut – ausstoßend, davon.

3. Szene 4. Szene. Wirt tritt auf ALBI kehrt mit wutverzerrtem Gesicht zurück WIRT Soll ich? Mein Kind – Els – Du siehst mich gerührt! ELS hastig Nun naht auch für dich Ja, ja, Du sollst! der schöne Tag, den Von diesem Einen so oft schon vereitelt befrei’ mich noch! ein bös Geschick. Fürchterlich ist er – Wie mühte sich doch ich hass’ ihn, Albi, dein alter Vater, mehr – mehr als den Tod – den Richt’gen zu finden mehr noch – als die – für dich, mein Kind! Andern – die Toten – Doch der Teufel, der hatte die Hand im Spiel: den einen raffte jäh ALBI gierig tück’sche Krankheit, Und dann – und dann? den andern verschlang in den Bergen ein Schlund – ELS doch der nun – und wahrlich, Meine Hand sollst du halten, der Schlechteste nicht – meine schöne Hand – ein Kerl von Eisen – eine Nacht lang und küssen – der wird nun dein. Hörst Du mich, Albi? ELS ALBI Ich mag ihn nicht, Vater – Mehr – mehr – ich sagt’ es Dir oft. 8

und bringt sie dann WIRT an den Mann für ein sündhaft Geld. Das gibt sich, mein Kind. Nur immer in Ehren mein Kind! Das merk’ dir ELS fürs spätere Leben! Er ist roh – Nur immer in Ehren!

WIRT Das liebst du noch, 5. Szene glaub mir: Der Vogt, der Schultheiß, der Schreiber und ein Landsknecht treten geräuschvoll ELS leidenschaftlich auf. Nein, nein, nie, nie! Ich hasse das Rohe, VOGT ich fürcht’ es, Vater. Halloh, halloh! Mein Körperchen zart Was hält der für Reden, und fein und weiß, der alte Gauner? zerbricht er mit seinen derben Fäusten, beschmutzt es SCHREIBER mit seinem eklen Hauch – Lass dir nichts weismachen, Elschen – du weißt es besser! WIRT schmunzelnd Ei, ei, das ist nun WIRT zu Els ´mal so, mein Kind. Die Gäste! Deck’ auf, mein Kind! Doch reich ist er, Els, Bring’ Würfel und Wein! Geld hat er wie Heu und ein Gut – und “Frau VOGT Gutsherrin” – das ist dir nichts? Nichts da, gewürfelt wehleidig wird heute nichts! Und dein alter Vater, Doch Wein, vom Besten, der setzt sich zur Ruh’, und reichlich, Herr Wirt! müht sich nicht mehr für’n paar lump’ge Groschen SCHREIBER ab in der öden Spelunk’ da. Wir kommen zu feiern Du kaufst ihm, Polterabend mit Els. drin in der Stadt wohl gar, Gratulation, Händedrücken etc. ein nobles Geschäftchen, nicht wahr, mein Kind? SCHULTHEISS Den Abschied gilt’s. ELS lauernd Wohl so eins, wie das VOGT bei Els von dem Meister Luck? Sag, wird es denn wirklich ernst? Ich glaub’s noch nicht recht! WIRT entrüstet Behüt der Himmel! ELS Das wär’ so was! Ach freilich, Vogt, – Wo denkst du nur hin? Ihr kennt doch Vater. Der alte Pascher, der kauft zusammen VOGT gestohlenes Zeug, Was wehrst du dich nicht? geschmuggelte War’ – 9

ELS VOGT Er macht’s mit Schlägen – Dann griff ich und Schläge – oh! nach Deiner Hand und wollte Dich küssen. VOGT zornig Der alte Bandit! ELS Doch man kann ihm nicht an Und – und –

SCHREIBER VOGT mit dem Schultheiß und dem Landsknecht Du presstest die Hände eine gesonderte Gruppe bildend auf meine Lippen Was gilt die Wette? und sahst mich an Sie geht ihm durch. mit erschreckten Augen. Da küßt’ ich die Hände dir, – SCHULTHEISS trank ihren Duft, Oder setzt ihm Hörner. deines Leibes Odem in mich wild und gierig – SCHREIBER verlor die Besinnung, Sie kriegt ihn klein, wälzte mich stammelnd die verteufelte Dirn’! zu Deinen Füßen – seit damals denk’ ich SCHULTHEISS an Dich nicht ohn’ Vielleicht auch stirbt er leises Grauen. ’nen frühen Tod. ELS LANDSKNECHT Und ich, Herr Vogt, Kein Weib für mich! war nahe dran, mich in Rührst Du sie an, Euch zu verlieben. quiekt sie, wie ’n Ferkel. VOGT ELS Els – Els – wär’s möglich? mit dem Vogt an einem Tische Oh, ich Tor! Und nun? Entsinnt Ihr Euch, Vogt? Oft saßen wir da SCHREIBER des Abends Es kommt der Tag, bis spät in die Nacht; wo sein Weizen blüht. – und einmal, da brachtet Sieh’ nur hin, Ihr süßen Wein wie er schäkert aus fernen Landen und scharmuziert. rotfeurig und stark – und prickelnd – ah! – SCHULTHEISS Ja, der versteht’s! VOGT Schönen Weibern Und Du sangst Lieder ist der nicht gram. mit leiser Stimme Einen Schoppen, Herr Wirt! lockend und heiß. ELS scharf, hervorgestoßen ELS Nun freit mich ein Tier – Und dann? und wird mich vernichten.

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VOGT leidenschaftlich SCHREIBER Ich will ihn erwürgen, Nun also – stoßt an: berührt er Dich! Auf glückliche Eh’ und ’nen Haufen Kinder! ELS kühl, befremdet Das Brautpaar soll leben! Herr Vogt? Sie stoßen an. Hoch, Els! Hoch, hoch! VOGT plötzlich ernüchtert, gezwungen lachend VOGT, SCHULTHEISS UND Ach so! Ha, ha, ha! LANDSKNECHT Der Vogt, die Obrigkeit – ich vergaß! Hoch, Els! Hoch, hoch! Teufel, da hab’ ich mich Hoch Els! schön verrannt! Doch auch einem Heil’gen Els Glas zerspringt und fällt klirrend zu wirst Du gefährlich, Mädchen – Boden. und der – der bin ich nun g’rade nicht! Prosit, Els – 6. Szene Der Bräutgam soll leben! Elis steht in der Türe

ELS erhebt sich jäh, leise, scharf ELIS Ihr seid abscheulich’ Schön’ Abend – verehrte Gesellschaft! SCHREIBER hinüberrufend Wo ist er nur? SCHREIBER Ein fahrender Sänger! SCHULTHEISS Der lässt auf sich warten. SCHULTHEISS Bravo, famos! ELS Zur Stadt, ihr Herren – ELIS einen Brautschmuck Hier ist wohl ein Fest? bringt er der Braut. SCHREIBER SCHREIBER Ganz recht! Das lässt sich hören! Der Bär wird galant! ELIS rasch Nein – nichts! SCHULTHEISS Die macht ihn kirre. SCHULTHEISS Ihr kommt wie gerufen. LANDSKNECHT Der tanzt noch zur Pfeife. VOGT Die Stimmung ward flau. WIRT zu Els Wo steckt denn der Strolch, LANDSKNECHT der Albi, schon wieder? Legt los! Ein Lied!

ELS ELIS Ich weiß es nicht, Vater. Einen Trunk zuvor – ich wanderte weit. 11

ELIS ELS ihm ein Glas reichend So hört meinen Sang – Hier, Herr! doch gebet wohl acht, ich wandre im Dienst ELIS nachdem er getrunken einer höheren Macht! Ein saurer Wein! Nicht weiß ich, wohin sie Habt Ihr, Herr Wirt, mich treibt und zieht – keinen edleren Trank? doch dort, wo Not ist, erklingt mein Lied! WIRT Die Welt ist weit So Ihr’s bezahlt – und das Elend groß, es schlummert in Sümpfen, ELIS in blumigen Auen, einige Goldstücke auf den Tisch werfend es wandelt in Pracht Bedient Euch! und auch nackt und bloß – doch schliefe es auch SCHULTHEISS in der Erde Schoß, Ei tausend, es kommt ein Tag und Ihr seid wohl ein Graf? ich werde es schauen.

ELS in die Ferne horchend VOGT Schrie da nicht wer? Ist das ein Lied? Es war mir, als hört’ Ihr predigt ja, Freund! ich da draußen schrei’n – Wir aber sind eine fröhliche Rund. VOGT Ich hörte nichts. SCHREIBER Der Wind geht ums Haus. Wir wollen Romanzen Doch wo bleibt – – und Madrigale!

ELS hastig, mit dem Fuße leise ELS aufstampfend So lasst ihn doch, Ich will nicht! mir gefällt sein Sang! Ich bitt’ Euch, Vogt, schweigt! VOGT Ich merk’s, Schön-Els! WIRT eine Flasche Wein bringend Hier, Euer Gnaden, ELIS ein feiner Saft. Hört mich zu End’: Uralt, bewahrt Ich träumt’ drei Tage für besond’re Gäst’. den gleichen Traum. Von einem Walde, ELIS unheimlich groß, Falerner – Das lob’ ich! und Jägern, die jagten Wer tut mir Bescheid? ein schlankes Reh. Schon schien es verloren – ELS schon hoben zum Wurf So Ihr’s erlaubt – die Jäger den Speer – Euer Wohl, Herr Sänger! da wandte das Reh sich – ich sah im Traum mit Schaudern 12 ein dräuend Katzengetier ELS mit Augen grünfunkelnd Nichts – nichts – ah, wie schön! und fünf an der Zahl, das stürzte sich jäh WIRT auf die grimmen Verfolger Sie ist wie ’ne Elster: und riss sie in Stücke. Schmuck macht sie toll.

VOGT unbehaglich ELIS Ein närrischer Traum! Wollt Ihr ihn haben Jungfrau, ich schenk’ ihn Euch! ELIS Da macht’ ich mich auf ELS und suchte den Wald Ihr – Ihr – Ihr wollt? und wanderte lang Dank – Dank – tausend Dank! und kam in dies Tal. Aus Euren Händen – Nacht ward’s. nehm’ ich ihn gern. In Sinnen versunken schritt ich dahin in Wirrnis und Dickicht 7. Szene den Weg mir bahnend. Da plötzlich gellt ALBI verstört hereinstürzend in die Stille Geheul Komm, – kommt! ein furchtbar Schrei’n, Ein Unglück! und mein Lautenspiel da Im Wald, – im Wald! begann zu wimmern jammernd und kläglich, RUFE Männerstimmen von außen als nistete in den Saiten Mord! Mord! das Echo des Schrei’s. Und ich blicke auf und SCHULTHEISS, VOGT, SCHREIBER sehe erschauernd Was ist’s? Was gibt’s? im weißen Mondlicht auf mich gerichtet, ALBI fünf leuchtende Augen, Im Wald liegt einer – erschlagen – tot – grün wie Smaragd. Da schritt ich hin, Alle mit Ausnahme des Vogtes und Els und wie gebannt und gezogen Elis stürzen hinaus. von mag’scher Gewalt, hin auf die leuchtenden Augen zu – und finde 8. Szene hängend an einem Strauch dies Geschmeid: VOGT ein Kettchen mit fünf Smaragden nahe bei Elis, halblaut, mit scharfer und einem kleinen – – Betonung Eine seltsame Mär’, ELS Herr Sänger, Schatzgräber, Ah! oder was Ihr sonst seid! Doch dünkt mich – verzeiht – VOGT es glaubt sie Euch keiner. Was ist Dir, Els? ELIS Was meint Ihr? 13

Bleib’, bleib’! Geh nicht fort! VOGT Hilf mir doch! Schütz’ mich! Ich rate Euch – flieht! rasch ab ELIS Ich soll dich –

9. Szene ELS Ja, ja, denn – denn – ELIS verständnislos ich lieb’ Dich, ja, du! Was will der Mann? Begreifst Du’s denn nicht? Ein grober Gesell? Komm’, fühl mein Herz und Doch scheint mir sein Rat die Hände, die Augen – just nicht so schlecht. es glüht und bebt – Ein Abenteuer verhieß es würgt mich zum Hals, mir der Traum. Schon dacht’ es reißt mir da Innen ich an irgend ein die Seele wund! groß’ Geschehen: Ein Menschenschicksal ELIS in höchster Not, Ja – aber – des Erlösers harrend. Oder gar im gläsernen ELS Märchenpalast ein Ich komme von Sinnen! verzaubert Prinzesschen, Nie, nie noch, hörst du – von Riesen bedräut! nie noch im Leben Und endet wie alles! empfand ich’s so furchtbar, Mein alt’ Geschick! so heiß, so groß – Es jagt mich einher Du sollst nicht fort! hinter güldenem Tand Du liebst mich, ich will es! und blinkenden Steinchen. mit äußerster Leidenschaft Den großen Schatz, Du musst mich lieben! den grüb’ ich zu gern: des Lebens Hort, ELIS alles Sehnens Ziel! Ja dann – o Gott!

ELS Ihr wollt fort? 10. Szene zuerst noch von außen vernehmbar ELIS Nichts hält mich mehr hier. WIRT Els! Els! Unglückliches Kind! ELS betritt die Bühne Und ich? Dein Bräut’gam erschlagen liegt er – ELIS elend gemordet – Du? ELIS ELS drängend Dein Bräut’gam Ja, ich. Wo hast Du du – du? – die Augen nur, Mensch? Ich zitt’re, du, und ELS ich bin voll Angst. Nichts – nichts! 14

Sag’ Vater, Des Mordes seid Ihr verdächtig. ist er auch Führt ihn hinweg! wirklich tot? Die Soldaten bemächtigen sich Elis` und WIRT schleppen den sich verzweifelt Wehrenden Tot ist er – tot, fort. elendig erschlagen, gestochen – erwürgt – ELIS Das ist ja Lüge! ELS Verleumdung – Gewalt! Ha ha – ha ha ha! Nichts weiß ich – nichts! Ich freu’ mich, – ich lache, ab ich juble und jauchze: frei bin ich, frei! 12. Szene ELIS Entsetzlich! ELS Das werdet Ihr nicht tun. WIRT Ich will es nicht, Vogt! Was – was – du Satan! Ah, mir wird übel! VOGT kühl Meine Pflicht, Jungfer Els! ELS Elis umfassend Den lieb’ – ich – den – ELS meinen schönen Sänger! Er ist schuldlos – Ich schwör’ es: WIRT ächzend Schuldlos ist er! Nichtswürd’ge Dirn’! Lass die Hand von dem! VOGT Es wird sich weisen, Vielleicht – doch spricht woher er das Gold, gar viel gegen ihn, woher er den Schmuck. wenn nicht alles. sie scharf fixierend ELIS jäh Was sagt Euch so sicher – Komm! Fort, lass’ uns fliehn – dass Ihr nicht irrt? ich ahne Gefahren – ELS Ich gehe zum König! 11. Szene VOGT achselzuckend VOGT mit Soldaten auftretend Ich hind’re es nicht. Zu spät – nehmt ihn fest! Doch denkt dran, dass Euer Im Namen des Königs – Freund ich bin, Jungfer Els, Ihr seid verhaftet! ja mehr noch, wenn Ihr nur wollt – ELIS Ihr seid ja jetzt frei! Ich – ich? Und habt Ihr dem Freund Ihr seid ja von Sinnen! etwas anzuvertrau’n so kommt ohne Sorg’, VOGT ich will Euch dienen, Beherrscht Euch, Herr! so viel ich kann – 15 leise, nahe bei ihr denn ich lieb’ dich, wie drohend Schön-Els! rasch ab.

13. Szene

ELS Ah – ah – entsetzlich! Verloren – gefangen im eigenen Garn! Wer hilft mir? Wer hilft mir? Oh furchtbare Not! Sie bricht weinend zusammen.

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ZWEITER AUFZUG Der gescheiteste Narr Platz in einer mittelalterlichen Stadt. Im dieser Welt und des Hintergrunde wird ein Galgen Königs dazu und aufgerichtet. Erstes Morgengrauen. ein großer Gönner von holden Frauen. 1. Szene Der Narr. Els im Dunkel auf einer ELS Steinbank sitzend, den starren Blick auf Sagt doch, Herr Narr, den Galgen gerichtet – anfangs vom ist die Königin schön? Narren unbemerkt. NARR stutzig NARR Die Königin – hm? Ein ödes Nest! So-so und la-la Kein Leben dahier! und auch nicht. Was bist Du auch, Narr, Es war mal! wie der Hund auf der Hatz Doch du, mein Kind, schon her hinterm Wild, du gefällst mir besser. wo kein Recht dir noch ward auf die Beute! ELS Und dein Sänger, Oh, oh, Ihr schmeichelt! der Mann mit der Wünschellaut’, – Doch seh’ ich, Ihr seid irrt im Land umher, – ein gar ehrlicher Mann weiß der Himmel – wo! und das gibt mir Mut Und das Liebchen gar, Euch zu bitten – zu fragen: von dem du träumst, Wollt Ihr mir helfen? du alberner Narr, ist noch nicht geboren! NARR Hopla – ein Galgen!. Ich Dir? Ei tausend! Das riecht nach Kultur. Wenn ich kann, warum nicht? Und da – ei – ei! Mit Freuden, mein Kind! erblickt Els beiseite Scht! Scht! Ein niedliches Ding! Er schlägt mit der Pritsche Doch schlau – verteufelt! Gib acht, Hans-Narr, – ELS aufschreckend die fädelt dich ein! Was wollt Ihr? Lasst mich in Ruh’! ELS Seht dort-hin! NARR Halloh, – nicht so grob! NARR Respekt, mein Kind, Ganz recht: vor des Königs höchsteigenem ein schöner Galgen. Narren! Stattlich und fest; ein Zeichen, dass Recht ELS aufmerksam werdend und Gesetz im Land. Wer seid Ihr, wer? ELS heftig NARR Das lügt Ihr! Komm näher nur! – Überzeug’ Dich selbst: NARR Kling kling! Klapp klapp! Hoho! 17

ELS ELS Ein fahrender Sänger. Verzeiht, edler Herr! Doch ist’s ums Recht hier NARR erbärmlich bestellt. Sein Name? Den heut’ man richtet – ELS NARR verschmitzt Ich weiß ihn nicht, Herr. Dein Liebster, he? NARR ELS Du weißt nicht den Namen? Wie seid Ihr weise! ELS NARR Nein, Herr, nichts weiß ich. Ein böser Fall. Doch ist mir, als grüb er nach Gold und Schätzen. ELS Doch ist er schuldlos! NARR jäh Was sagst Du? NARR Ein schöner Mann, Wer lässt sich hängen hochgewachsen, und sagt, er wär’s nicht? mit seltsam großen meerblauen Augen? ELS zu seinen Füßen Erbarmt Euch! ELS Ja, ja. NARR weich Du liebst ihn wohl sehr? NARR Ein grauseiden Wams, ELS ein silberner Spaten Bis zum Wahnsinn, Herr! zur Seit’ statt des Schwerts?

Entsprechendes Spiel des Narren. ELS Ja, ja. Doch rett’ ich ihn, so geht’s mir ans Leben. NARR An purpurnem Bande NARR ein Lautenspiel? Verdammt – ELS ELS Er ist’s – Ihr kennt ihn! Ich bin noch so jung und mir fehlt die Kraft, NARR ich fürchte den Tod Elis, der Sänger! und die Schande, die Qual. ELS aufschreiend NARR Elis! Wer ist der selig- unsel’ge Fant? Wes klagt man ihn an? NARR unmittelbar fortfahrend Scholar und Schatzgräber in einer Person 18 nah dem Galgen! 3. BÜRGER Da kam ich zurecht! – Wer die gefreit, Doch gilt es Eile der hat’s bald bereut. Wir suchen den Mann seit Monden im Land 1. BÜRGER wie die blaue Blume. Der Dritte, den Sei unbesorgt, Kind, sie hinüberbugsiert! der geht frei aus und hätt’ er gemordet! 2. BÜRGER Mit rechten Dingen ELS geht das nicht zu. Oh Gott, wär’s möglich? Wie kann ich Euch danken? 3. BÜRGER Sie will seine Hand ergreifen. Vor der Hochzeit knapp, da kratzen sie ab. NARR sie mit einer heftigen Bewegung von sich EIN WEIB hinzutretend weisend Ein and’rer muss bluten Scht! Fort! und die, die putzt sich. Nicht zu nah! Sonst reut mich mein Tun! Els geht vorüber, dem Hintergrunde zu Ein Narr ist ein Mensch und dann recht seitwärts ab. auch – sozusagen. Und dann – zu danken hab’ Das Weib, ausspuckend ich Dir, Schätzchen. Pfui Teufel, da seht, Mir winkt ja ein Lohn – – wie sie hochmütig blickt! hi hi ha ha ha Die schützt nur ihr Lärvchen er ist mir vergällt vor Feuer und Rad. wohl für alle Zeit, da die mir nicht werden kann, 1. BÜRGER der ich noch heut’ – Saht Ihr den, den Herzallerliebsten den sie heute henken? vom Galgen schneid’! Rasch ab. 2. BÜRGER Ein ehrlicher Bursch, ELS erfassend mit Augen, wie ’n Kind. O heiliger Jesus! 3. BÜRGER Den hat sie behext. 2. Szene Die Bühne füllt sich langsam mit Volk 1. BÜRGER aller Art Er leugnet.

1. BÜRGER auf Els weisend 2. BÜRGER Dort, dort, – seht hin – Der war’s nicht – das ist sie! da wett’ ich den Kopf’!

2. BÜRGER schlägt ein Kreuz 3. BÜRGER Eine Hexe – Unser Vogt ist ein Schwein. so wahr mir Gott helf’!

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1. BÜRGER die Schlechtesten nicht! Das ist er bei Gott! salbungsvoll Und tut man’s denn nicht 3. BÜRGER aus Nächstenlieb’ Ein Schwein, Gevatter! und aus Christenpflicht?

ZWEITE JUNGFER 3. Szene Ach so – ja – ja – Zwei alte Jungfern im eifrigen Gespräch Die beiden gehen nach hinten ab. ERSTE So zeitig schon, ERSTE JUNGFER Jungfer Eusebia? Ein so schöner Mensch.

ZWEITE JUNGFER CHOR (Bässe ) Ach ja, man will halt hinter der Szene, noch sehr entfernt; auch mit dabei sein. hohe Glocken hinter der Szene Die Luft ist lind, Tibi soli peccavi und solch Schauspiel selten et malum coram te feci: in diesen Zeiten. ut justificeris in sermonibus tuis, ERSTE JUNGFER et vincas, cum judicaris. Ein so schöner Mensch! Und so jung und ein Sänger! – 4. Szene ZWEITE JUNGFER Vogt mit Els von der Seite auftretend ’S stößt einem das Herz ab, da habt Ihr wohl recht. VOGT Was kamt Ihr nicht? ERSTE JUNGFER Ich habe voll Sehnsucht Ich sag’ Euch, Eurer geharrt. Jungfer Eusebia, wär’s Sitt’ noch, wie damals ELS in alten Zeiten, – ich Ich hatte Euch nichts löst’ ihn vom Galgen. zu sagen, Herr Vogt. Bei Gott – ich tät’s! VOGT ZWEITE JUNGFER erschrocken Nun wendet nichts mehr O heil´ger Sebastian! den Spruch der Fehme – Was habt Ihr doch noch er ist verloren. für sündhafte Triebe! In Euren Jahren! ELS Ich weiß es, Vogt, und ERSTE JUNGFER Ihr seht mich gefasst. Da möcht’ ich doch bitten! Nur Eins: Wollt’ gnädigst gestatten, dass ich mit ZWEITE JUNGFER armselig wenigen Worten Und ’nen Mörder gar! Abschied nehme von dem, den ich liebe. ERSTE JUNGFER Ach was, das sind lang 20

VOGT in einsamer Stunde – Els! die schön für dich sein wird und bangt nach dir ELS und zittert darnach, Ich will es Euch lohnen. dich zu halten, zu herzen, in ihren Armen. VOGT rauh Es sei Dir gewährt, ELIS überwältigt, doch immer noch doch mach’s kurz! verhalten Els, – mein Mädchen!

5. Szene ELS Ein Zug Soldaten und Mönche betritt, von Singe, bis du links seitwärts kommend die Bühne. In Trommeln hörst und Fanfaren ihrer Mitte, versunken einherschreitend, und deinen Namen Elis jauchzend gerufen von jenen Lippen, die du, – du Böser, CHOR DER MÖNCHE noch gar nicht liebst. – Libera me de sanguinibus Deus, Deus, salutatis meae, ELIS heiß, nahe bei ihr immer noch Et exultabit lingua mea verhalten justitiam tuam. Ich lieb’ dich, Els, hab’ an Dich gedacht – ELS leise deutlich mehr du – mehr du, Elis! als an die Schmach, die mir droht! ELIS Mutter! Els umfasst ihn, küsst ihn heiß, Gemurmel unter dem Volk ELS Dein Mütterchen nicht – ELIS doch eine, die dich Ah! ebenso liebt – nein – mehr noch – mehr! VOGT Genug! Macht ein Ende! ELIS Führt ihn zum Tod! Els! du – wer verriet dir den Namen? CHOR DER MÖNCHE während der Zug sich langsam nach ELS leise, ganz nahe bei ihm rückwärts bewegt Das sag’ ich dir morgen! Libera me Domine Doch höre! de morte aeterna scharf in die illa tremenda: Rettung ist nah! quando coeli movendi geflüstert sunt et terra. Wenn man dich frägt um dein letztes Wünschen – VOLK unter Gemurmel so denk’ an den Schwan, 2. BÜRGER UND CHOR BÄSSE der singt, eh’ er stirbt. Es ist ein Jammer! Und denk’ an die, die dich morgen erwartet 21

1. BÜRGER UND CHOR TENÖRE schon steigt die Sonne Sie hat ihn behext! zu hehrer Pracht; die schamlose Dirn’! frei aller Sorgen, ledig der Qual, DAS WEIB VON FRÜHER UND CHOR lacht mir die Welt heut’ ALT zum erstenmal. Saht Ihr nicht, wie sie toll ihn küsste? VOLK Für einen, der stirbt 1. BÜRGER UND CHOR TENÖRE in der nächsten Frist, Ein Luder – bei Gott – das wohl ein gar seltsames Singen ist. 2. BÜRGER UND CHOR BÄSSE Ein Judaskuss schamlos! ELIS Schritt’ ich doch stets nur 2. JUNGFER UND FRAUENCHOR gesenkten Hauptes, ’s stößt einem das Herz ab. erdwärts gewandt den versonnenen Blick. Der Chor ist hier ganz im Hintergrund Nun sucht mein Auge angelangt. ein weites Land, ein fernes Gestade in VOGT trunkenem Schauen: Habt Ihr einen Wunsch noch – Ich wandle die Pfade so sagt ihn frei! der sehnenden Seelen,

ELIS ELS Wie ich lebte, so lasst Ach, wenn sie nur kämen! mich sterben: Ich sterbe, vergehe! Singend durchzog Es nimmt ein Ende ich die weite Welt – mit Schrecken und Weh. gewährt mir, dass ich im Liede sie scheidend grüße! ELIS ich schreite durch Gärten VOGT und schimmernde Auen, Besser, fürwahr, ich suche das Glück! Ihr blicktet nach oben, bestelltet das Heil CHOR DER MÖNCHE Eurer armen Seel! Dies illa, Dies irae Doch sei’s, wie Ihr heischt! calamitatis et miseriae ELIS Endet die dumpfen ELIS Gesänge der Trauer! Das Glück nicht, das einst Blickt nicht nach mir mit mir das Höchste schien: verweinten Augen, das Glück des Erlösers, vorbei sind die Schauer, des selbstlosen Toren. die bangen, der Nacht – stark was soll mir noch Ich sah mich verloren euer Mitleid taugen? in Nacht und in Tod: Wundersam grüßt mich Was schiert mich der Welt ein neuer Morgen – Qual, Elend und Leide! 22

Ich kenne nur Eines, ein höchstes Gebot: ELS schreiend Mir selbst das Leben! Nehmt mich! Nehmt mich! Mir selbst die Freude! Er ist schuldlos, Gnade!

VOGT Die Knechte stürzen sich auf Elis. Er Er ist von Sinnen! schlägt den ersten nieder. Ans Werk, Gevatter – Kampfgetümmel. und macht es gnädig! – CHOR ELIS Ah! Wehe! vor dem sich nähernden Henker Entsetzlich! zurückweichend, mit abwehrender Geste Seht! Was wollt Ihr? Fort! Rühr’ mich keiner an! Trompetenfanfaren und Trommelwirbel In mächtig sich steigernder Erregung, wie sehr rasch näherkommend. Alles stockt; visionär der Kampf, die Bewegung im Volk. Ich sehe sie nah`n – Lautlose Stille. Von rechts seitwärts hinten dort, dort – dort, dort – betritt ein Zug Reiter die Bühne. mit flatternden Fahnen, auf schneeweißen Zeltern – sie stürmen daher, 6. Szene ein prächtiger Zug! Der Herold des Königs, mit glänzendem Sie holen mich ein Gefolge. – Die Reiter sitzen ab und der zu Ehre und Ruhm! Herold bahnt sich den Weg durch das Herbei! herbei! respektvoll platzmachende Volk.

VOGT HEROLD Ergreift ihn! Lasst ab von dem – Rasch – rasch! Im Namen des Königs!

ELS VOGT zornbebend Hilf, Himmel – hilf – Ein zwiefacher Mörder! ich will büßen – büßen – HEROLD ELIS Ihr schweigt, Herr Vogt! entreißt dem zunächst stehenden Soldaten Des Königs heilige das Schwert Majestät verbürgt Wag’ es Einer – sich für ihn. ich haue ihn nieder! Zu Elis Und Ihr gebt kund: CHOR Seid Ihr Elis, der Sänger? Ah! ELIS ELS Der bin ich, Eu’r Edlen. Um Himmelswillen Erbamen – Gnade – HEROLD ich gebe mich preis – Man sagt von Euch, Ihr wär’t im Besitz einer CHOR seltsamen Laute – ihr Ah! Hört! Die Hexe! zaubrisches Klingen 23 wiese den Weg Euch HEROLD zu Gold und Schätzen Und Ihr, Vogt, strengt und wären sie noch so Euren Scharfsinn an! geheim und verborgen? Und ward gefrevelt in Euren Gauen, so ELIS sucht den Schuld’gen, So ist’s, hoher Herr. denn dieser – merkt wohl, was ich sage – ist’s nicht! HEROLD So seid Ihr erlesen CHOR zu hoher Mission. Heil! Hoch dem König! Geraubt von Frevlern Dem König ein Hoch! vor langer Zeit Heil dem König! ward der Königin Schatz! Dem König ein Hoch! Krank liegt die Kön’gin und siecht dahin, HEROLD zu Elis in Trauer und Sehnsucht Ihr zieht mit uns verzehrt sie sich, an des Königs Hof, zu schauen wieder die eh’ ans Werk ihr schreitet! Märchenpracht des geraubten Horts. 1. BÜRGER Könnt Ihr ihn uns schaffen? Ein toller Tag!

ELIS 2. BÜRGER Ein schwer Beginnen! Mit dem war Gott! Doch will ich’s wagen, So Ihr mir vertraut. CHOR DREI TENORE ELS für sich Ein Hoch dem König! Bewahr’ mich, Jungfrau – ich bin verflucht! ALLE ZWEITEN BÄSSE spontan Heil Elis, dem Sänger! HEROLD Den Lohn, den fordert Ein prächtig gezäumtes Pferd wird so hoch Ihr wollt. vorgeführt. Euch winken Ehre, Würde und Ruhm. CHOR sich entfernend Doch schafft Ihr uns nicht Heil ihm! der Königin Schatz, Heil Elis, dem Sänger! so droht Euch Schande: Heil Elis, Heil! Als ein Betrüger sollt Ihr verwiesen Das Volk zerstreut sich während des werden des Landes, Folgenden nach allen Richtungen. geächtet, gestäupt – ELIS das Pferd besteigend, Els mit den ELS Augen suchend Allmächtiger Gott! – Els – Els – Geliebte! Hilf der Verdammten – Wo bist Du, Els? ich bete zu dir! Ich komme – hörst du? Morgen, morgen – erwarte mich, du – 24 ich komme – komme! geächtet, gestäupt ” – mit etwas verhaltener, nicht voller Stimme ELS ihm zuwinkend, sehr Entsetzlich – niedergeschlagen Doch die Laute – Ja, ja, ach, Elis, gesteigert leb’ wohl! Leb’ wohl! die Laute – ich muss sie haben! ELIS mit dem Herold und seinem Gefolge davonreitend 8. Szene Morgen – morgen! ALBI Der Zug mit Elis ab. Els! Els!

Das Volk hat sich zerstreut. Nur der Vogt ELS ist zurückgeblieben und tritt nun auf Els heftig erschreckend, sich hastig nach dem zu. leise Hinzugetretenen umwendend Ah! – Was willst du? VOGT ganz nahe bei Els, durch die Zähne Das wird’ ich Dir nie ALBI stotternd vergessen, Schön-Els! Den Lohn – den Lohn – Ich suche den Schuld’gen – da innen – hüte Dich, du – ein Tier! ein Tier! und werde ihn finden. ELS heftig Rasch ab. Fort! Fort! Schlecht hast du’s gemacht! gezischt 7. Szene Dein täppisches Ungeschick brachte den Andern ELS allein in Not und Gefahr! Er kommt – er kommt – morgen – morgen! ALBI Und die Laute klingt – Er warf es von sich – und er zerrt ihn ans Licht, der tolle Schuft – den kostbaren Tand: das güldene Kettchen – den Schatz der Kön`gin – in weitem Bogen – verachtet, beschimpft mich – Nacht war’s – ich konnt’ es stößt mich von sich! nicht finden mehr. Und versenk’ ich ihn Verzeih! – Will büßen – in den Fluss, ins Meer – dienen dir, ewig! vergrab’ ihn im Wald, Doch lass’ mich – in die Erde tief – duld’ mich, vernichte ihn gar, stoss mich nicht weg, den hold-hehren Schmuck – mich Elenden, Armen! und er findet ihn nicht – Ich lieb’ dich, wie sagt’ der Ritter, lieb’ dich! des Königs Bote? “Als ein Betrüger ELS sollt Ihr verwiesen Hör’, du! werden des Landes, Eins noch, ein einz’ges 25 sollst Du mir tun! Er, – er, der Sänger Elis – du kennst ihn – ritt an den Hof, an den Hof des Königs. Eile ihm nach! An purpur’nem Band trägt er eine Laute – die muss ich haben! Bewahr sie, bis ich von dir sie verlange! Doch ihm, – schwör mir’s, tu nichts zuleide! Ihm krümme kein Haar!

ALBI Ja, ja – was du willst!

ELS angstvoll Versprich mir’s, schwör’ mir’s!

ALBI sie mit glühenden, halbirren Blicken verschlingend Ja, ja – für dich – für dich – flehend Els – Els!

Er wirft sich ihr zu Füssen, umklammert ihre Knie, schluchzt verzweifelt

ELS lässt ihm ihre Hand und streicht dem Knienden sanft übers Haar Du Armer! Armer! Ich bin so verworfen – Verzeih` mir Gott, – ich kann ja nicht anders!

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DRITTER AUFZUG Dein Vater, vertrieben von Die Kammer Els`. – Ein Ausblick auf eine Heim und von Herd – blühende Gartenlandschaft. nun liegt er wohl lang schon Abenddämmerung: die Sonne taucht mit in fremder Erd’. ihren letzten Strahlen die Szene in Schlaf` ein, mein Elschen, intensives Rot.- Links seitwärts ein mein Kind, schlaf` ein!” Vorhang, der einen zweiten Raum abschließt – rechts, mehr hinten, eine Tür, die ins Freie führt. – Die Kammer ist nicht 2. Szene ohne Sinn für Pracht und schwelgerisches Leben eingerichtet: arabisch-orientalische ELIS hastig auftretend Einflüsse machen sich geltend. Els!

ELS ELS allein, in einer breiten Nische am Fenster, Elis – endlich – blickt verträumt in die im Abendglanz Sie will ihn umfangen, er wehrt erregt ab. erstrahlende Landschaft hinaus Klein war ich noch ELIS und krank immerzu. Lass mich! Unheil liegt Und am Bettchen saß sie, auf mir wie ein Alb. meine süße Mutter. Folgt mir, – hetzt mich, – Lebte sie noch – ach wie zerstört all mein Trachten. anders wär’s heut’! Mit leiser Stimme ELS sang sie in Schlaf mich; Um Gott – was ist dir, die heiße Stirn’ des Du blickst so finster. fiebernden Kindes kühlten gar lind ELIS ihre weichen Hände. In höchster Hast, Wie sang sie nur von Sehnsucht nach Dir getrieben, meine süße Mutter? ritt ich von dannen “Schlaf, mein Elschen, noch gestern Abend, schlaf ein, mein Kind! fort von des Königs Hof. Übers Meer weht ein böser, Ein Unwetter zwang mich ein kalter Wind. zu nächt’gen in einer Übers Meer fährt dein Vater Herberg’ am Weg. und sehnt sich wohl sehr, Ein karges Mahl bot der Wirt. nie sah er sein Kindchen Am Tisch mit mir noch und sieht’s nie mehr! ein Mensch: rotstruppig Haar, Schlaf, mein Elschen, ein Gesicht von mein Kind, schlaf ein! Leiden durchwühlt und Fort träumt übers Meer sich von Leidenschaft, – dein arm’ Mütterlein. ich muss es schon einmal Fort träumt übers Meer sich gesehen haben. – ein arm’ blutend Herz – Ich saß versunken vergeht fast vor Leide, und trank und trank vergeht vor Schmerz. und dachte an dich und Schlaf ein, mein Elschen, die Stunden des Glück’s, mein Kind, o schlaf! die mich nun erwarten, Dein Vater, der war einst hold-süß und heiß. ein mächtiger Graf. Und plötzlich, ich weiß 27 nicht, wie’s kam, nicht alles mir sein. und kann es nicht fassen, – Es wiegt uns in Träume, bleiern schlich es durch entrückt uns dem Leben, meine Adern und es hüllt uns in seligen drang in die Augen Dämmer ein, in ein und drang ins Gehirn. wohlig Erschlaffen. Ich wehrte mich Der Mann muss schaffen und kämpfe an und kämpfend streben dagegen mit Macht – und beut uns die Liebe, vergebens – umsonst – was es auch sei ich versank in Schlaf. an erträumten Zielen, Und als ich erwacht’ die Tat allein, war’s Nacht und der Mensch sie macht stolz und frei. war fort und mit ihm die Laute. ELS Doch wenn die Liebe, ELS matt die du dir errangst, Ach, – Elis – durch dein Sein und Wesen und durch deine Kraft, ELIS die erobernd sie zwang – Ha, ha, o Weib, – wenn sie dir freiwillig böte, du begreifst es nicht. was dir entrückt Ich sah sie, die Kön’gin, ein tückisch Geschehen? bleich und elend, hinsiechend langsam ELIS in seltsamem Weh. Was heißt das – du –? Da hab’ ich’s geschworen: Schaffst du mir die Laut’? und sucht’ ich die Welt ab in Höhen und Tiefen, ELS in Tagen, Wochen, in Die Laute nicht – doch Monden und Jahren – vielleicht – den Schatz. ich muss ihn finden, den unsel’gen Hort. ELIS Und nun – o Himmel! O Els, o Els – was Machtlos, hilflos, mir höhnst du mich Armen? selbst zum Gespött und Was fügst du zum Schmerz der Menge – ein Nichts, noch grausamen Spott? Narr, Betrüger, – ELS schmeichelnd ELS Mein holder Liebster, Doch wenn ich, o Elis, wenn ich ihn dir gebe ich, die ich dich liebe, – der Königin Schatz – wenn ich dir hülfe – willst du mir eins nur den Glauben wieder zu liebend gewähren? – finden an dich, Ein Einz’ges, Liebster? dein Glück – ELIS ELIS Els, – Els, – du Süße – O Els, mein Lieb – ich kann’s nicht fassen! Du musst mich verstehen. Wie wär’s möglich? Der Liebe Glück kann 28

ELS bedeutungsvoll glücksbangen Lauten Mich nie zu fragen, einher gleich wallenden wie alles kam. Nebelschleiern. Mich nie zu quälen mit kränkendem Argwohn. CHOR Zu nehmen nur, Ah! was mein Herz dir gibt aus überquellender ELIS reinster Liebe ? Es klingt wie Gesang wie raunende Chöre, ELIS herübertönend O Els – Geliebte – von fernen Inseln, was machst du aus mir! seligen Stätten unird’schen O lass dich küssen. – Glücks. Süß-holde Düfte ELS sich ihm entwindend hüllen mich ein, Bedenk’ es, Freund, wiegen mich sanft bis ich wiederkehr`. in wunschschwere Träume; Träume, in denen ELIS verhallen verklungene O bleibe, o bleibe! uralte Lieder Geh nicht von mir! von einst. Ist es ihr Odem, ELS der mich umgaukelt? Einen Augenblick nur Ist’s ihrer Seele Gruß, verzeih’, mein Geliebter! der mich umsingt? Gleich bin ich bei dir – Oder ist’s eines Zaubers Raunen – leise mich zu betören, dann wirst du mir’s sagen – mich zu umgarnen, und wirst es mir schwören! mich zu entrücken der bangen Frage, Sie verschwindet hinter dem Vorhang, der die meine Lippen in den Nebenraum führt. zitternd umspielt? Welch ein Geheimnis birgt dieser Raum? 3. Szene Welch` ein Grauen Das Zimmer liegt im Halbdunkel des umschwebt die Gestalt Spätabends. Ganz leiser, kaum hörbarer des berückenden Weibes, Gesang hinter der Szene wird hin und das bald mich wieder vernehmbar. in Liebe umfängt?

ELIS Geheimnisvoll kündet die Nacht sich an.

CHOR hinter der Szene, sehr entfernt postiert Ah!

ELIS Es zieht ein Schauer von 29

4. Szene Els steht unter dem Vorhang im hellen ELS Licht des Mondes. Ihre zarten Glieder sind Ich bin kein Schemen, nur durch leichte Schleier verhüllt. Im mein süßer Liebster, Mondlicht glitzert in überirischer Pracht bin kein Gebilde der Schmuck der Königin, den sie angetan. aus Träumen und Schaum. Sie hat die letzten Worte Elis` vernommen. Du sollst mich halten, und sollst mich umfangen, ELS du sollst mich küssen Kein Grauen, Freund! und trinken in dich! Die Geister der Sehnsucht Du sollst mich pressen sind’s, die dich bezaubern. mit Macht und mich schlagen Dein Glühen nach mir ist’s, und, willst du’s, das dich verwirrt. mich töten Ein Lenz lacht uns beiden, in dieser Nacht. wie keiner noch war – ein Glühen eint uns, ELIS aufspringend von einer Macht, Ah – wie spricht du – so leuchtend hehr, ich komme von Sinnen! dass zum Leben der Tod ward So ist es Wahrheit, und Nacht zum Tage. du bist es, du! Els, die ich halte! ELIS Els, die ich küsse! sie wie eine Erscheinung fasziniert Els, die mich liebt, anstarrend, langsam die sich jauchzend mir gibt! Du bist kein Wesen, das erdgeboren. ELIS Du bist eine Göttin Dann ströme hin entschwundener Zeiten – Du bist ein Traum, ELS der Wirklichkeit ward. Ah ströme hin Armselig dünkt mich mein töricht Streben. ELS UND ELIS Was sind die Schätze in tosendem Wallen, der ganzen Welt – blühendes, rotes, was ist der Glanz tobendes Blut! dieser armen Erde? – Brande dich müd’ Du bist das Licht in den fieb’rigen Adern; und das Leben, die Freude! lodre in wilden Du bist der Hort, verzehrenden ! den das Schicksal mir wies. Schlage zusammen, Der Kleinodien Kleinod, Welt, über uns! der Schönheit Symbol! Nimm uns auf, Nacht! Auf meinen Knien nur Ah! Nimm uns auf, Nacht! lass’ mich dir nahen – zitternd, du könntest ELS entschwinden mir Armen, Du mein Geliebter, trink’ ich den Blütenhauch nimm mich. nimm mich! deiner Nähe, will ich die Luft kosen, ELIS die dich umgibt. Ah, fühlst du’s, Holde: 30

Ferne Musik, – Düfte von Rosen, – ELIS der Himmel, das Eden! ihr Gehaben mit fragenden Blicken verfolgend, leise Der Mond ist während des letzten Was soll das? Gesanges vom Himmel verschwunden, es Was tust du? ist tiefste, finsterste Nacht. ELS leise Dein! Nimm es! (Orchesterzwischenspiel) Zürne mir nicht – und bring’ es der Kön’gin! ELS leise zitternd, doch deutlich hörbar Du sollst mich nie fragen, ELIS du mein Geliebter – Dies? Was du getragen in dieser Nacht, ELIS heiß flüsternd was geheiligt dein Leib, Nie – nie – ich schwör’s dir! – dein wonniger Leib Denk’ nicht daran – in der hehrsten Stunde. ich lieb’ dich – lieb’ dich! Dies ist der Schatz, Ewig – ewig! der Königin Schatz? O Gott, niemals! CHOR im Orchester, kaum hörbar Ich nehm’ es nicht an, „Mich nie zu fragen, komme, was mag! wie alles kam, Du sollst ihn behalten, mich nie zu quälen dich soll er schmücken mit kränkendem Argwohn!“ und keine andre! Dein ist er, dein! Langsame Morgendämmerung ELS Els erhebt sich still von dem Lager, Ich bitte dich drum entkleidet sich des Geschmeides, das sie von ganzem Herzen, trägt, und legt es vor die Füße Elis` hin. O nimm ihn – Dies geschieht langsam, Stück für Stück, es ist mir Erlösung. mit lebhafter, ausdruckvollster Anteilnahme, die sich, der Schönheit der ELIS einzelnen Stücke entsprechend, steigert Doch da, da, da, und in Gesten bewundernder, oft du irrst wohl, Geliebte! kindlicher Freude, dann wieder in solchen Dies ist das Kettchen des Schmerzes, ja der Verzweiflung mit fünf Smaragden, Ausdruck findet. ich gab es dir ja, entsinnst du dich nicht – Hier nestelt sie langsam ein herrliches an jenem Tag, Diadem vom Haupte. da zum erstenmal –

Das erste Rot der Morgensonne lässt es ELS wundersam aufleuchten. Sie kämpft mit Du hast mir’s geschworen, sich und legt es dann hoch aufatmend zu du sollst mich nicht fragen. den übrigen. – – ELIS nahezu heftig Elis erwacht. O Himmel, wie fass’ ich’s Es martert, verstört mich. 31

Doch weiß ich nur eins: Du bringst mir Opfer. Wie soll ich’s tragen, wie danken, dir lohnen? Du gabst mir Dein Lieben, dich selbst und das seligste Glück mehr und mehr von einer unbehaglichen Stimmung ergriffen und den Schatz, verflucht, wie soll ich, wie kann ich –

ELS besänftigend, sehr innig und zart Indem du mich liebst, auch dann noch, mein Elis, kommt einst die Stunde, o käme sie nie, in der es dir schwer wird an mich zu glauben!

Elis, aufs neue befremdet, weicht scheu vor ihr zurück um sie dann, von seiner Liebe bezwungen, sanft und schützend in seine Arme zu schließen. Els schmiegt sich, leise fröstelnd, an seine Brust.

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VIERTER AUFZUG den König lachen. Ein Saal im Schlosse des Königs. Eine festliche Tafel. – An dieser der König, die KÖNIG lachend Königin, die ihr Geschmeide trägt. Elis im Ein frecher Schlingel! Rittergewande. Els, Herzoge, Grafen, Doch sei ihm verzieh`n – Ritter, Edle und ihre Frauen in prächtigen er hat sich bewährt! Gewändern. – Der Narr bedient den König Was man von all den als Mundschenk. hochgelahrten Herrn meines Hofes – KÖNIG gut gelaunt Nun, Narr, Du MAGISTER unwirsch, wie beschwörend hast es gelöst! König, verschont Sieh an meine Fraue – mich mit Euren sie strahlt im Glück! Späßen! Mein Fach das Ist’s noch dieselbe, versteh’ ich, das könnt von der wir glaubten Ihr mir glauben. vor wenigen Tagen, Kurier’ einen Mann und es hätte ihr letztes wenn’s sein muss ein Vieh. Stündlein geschlagen? Doch bei ’ner Frau, Die Augen leuchten, mit Verlaub zu sagen, die Wänglein sind rosig, und wär’s eine Kön’gin, der holde Mund ist gelingt mir’s nie. ein einziges Lächeln. Ei lehrt mich die KÖNIG Frauen kennen, Gut gegeben, Magister, ihr Weisen! nur find’ ich, Ihr macht Und nun, Narr, denk’ an von uns’rer Laun’ allzu Dich selbst einmal! reichlich Gebrauch. Ihr alle müsst wissen – Doch was seh’ ich, es tanzt unser Narr Herr Ritter von Ilsenborn, auf Freiersfüßen. Eure Braut ist schweigsam, verschmäht Speis und Trank, CHOR blickt bleich und nicht Ha, ha! Wie witzig! grade festes-froh? Die Majestät!! Famos! Ganz köstlich! ELIS stammelnd Entzückend, fürwahr! Die weite Reise, o hoher König, NARR grob zu den Höflingen die vielen Ehren, Ei, schert euch doch um die Freude wohl – die eigenen Sachen! zum König KÖNIG Ich hab’ Euer Wort Und Ihr – und gar wenig Eil`! Ihr tuschelt fort Doch Ihr, Herr König, mit dem Kanzler. Ihr sollt Euch sputen: boshaft Denkt an den Erben Der lehrt Euch wohl, und seht fein dazu, wie man Schätze gräbt? sonst werden die hohen Herrschaften da, KANZLER beleidigt am End’ noch über Mein König! 33

oh hehre Sonne, KÖNIG du Quell aller süßen Freuden! Schon gut, wir Hoch uns`re Königin, sie lebe! versteh’n uns, Kanzler. Heil ihr, sie lebe hoch! Und nun, Ihr Leut’, Heil uns’rer Königin! nehmt die Gläser hoch Heil ihr, sie lebe! und tut uns Bescheid Heil uns’rer Königin, mit herzhaftem Trunk. sie lebe hoch! Der Held uns’res Festes, der neue Lehnsherr, Elis wirft in jäher Bewegung das Glas zu Ritter Elis von Boden Ilsenborn lebe! Hoch – hoch DIE IN SEINER NÄHE Was ist Euch? CHOR Was tut Ihr? Hoch, hoch, hoch! Seid Ihr von Sinnen? Er lebe hoch! Hoch Elis! er lebe! ELIS sich an den Kopf greifend Heil ihm! Heil ihm! Verzeiht – vergebt mir – das Glas – es entglitt GRAF (der Herold des II. Aufzugs) meiner Hand. Gestattet, Herr König, dass ich erweiternd KÖNIG gutmütig verweisend den gnädigen Spruch, Seid achtsam, Ritter, mein Glas erhebe ein andermal! aufs Wohl jener Frau, Und Nun, Herr Kanzler, die geschenkt uns ward Ihr sitzt ja auf Nadeln in neuer Jugend, und zappelt umher in neuer Schönheit, wie ein Fisch im Netz. deren Licht, alles Was gibt’s? verdunkelnd, strahlt, Was drückt Euch einer Sonne gleich das Herze ab? in wärmender Pracht: Die schönste Frau KANZLER ein dürres, graues Männlein dieses Reiches – Wenn Majestät geruh’n zu erlauben, ZWEI CHORBARITONE so möchte’ ich, als Hüter Nein, nein, der Welt! des Reichs sozusagen – gewissermaßen – GRAF es ist meine Pflicht Uns’re Königin lebe! und ich meine – es wäre sehr spannend vielleicht CHOR und nicht ohne Wert, Hoch, hoch! Uns’re Königin! zu erfahren, Heil ihr, sie lebe, sie lebe! sich wiederholt räuspernd Die schönste der Frauen, wie denn der Ritter, der Stern der Erde, der Ritter Elis, der Born des Schönen! unser sehr werter, Die Sonne, der Quell neuer Lehnsherr, aller süßen Freuden! kam zu dem Schatz, Die schönste der Frauen, dem kostbaren Schatz, 34 den wir so lang Die Laute? vergeblich gesucht. Die ging Euch verloren?

KÖNIG ELIS herausgestossen Jetzt ist’s heraus. Sie ward mir geraubt.

CHOR KÖNIG aufmerksam werdend Ei bravo, Kanzler! Ei Teufel, die Laute – Gewiss! Sehr spannend! die ward Euch geraubt? Hört! Hört den Kanzler! Ja aber – wer wies Euch, wie fandet am End’ KANZLER ermutigt Ihr dann doch den Hort? Als dieses Reichs Verweser und Hüter, ELIS möchte ich meinen, mit sich kämpfend wenn wir es wüssten, Am Ilsenstein – wäre es möglich vielleicht in uralter Zeit, – und auch wichtig, Ihr kennt wohl die Sage, die Täter zu fassen, Herr König – die Räuber des Horts, da hauste in Pracht und wenn wir sie haben, und in Herrlichkeit zu richten die Frevler Schön-Ilse, die nach Recht und Gesetz holdsel’ge Frau. Ein hehrer Schatz KÖNIG schmunzelnd ihr zu eigen ward, Nichts zu sagen dagegen. der lieh der Huldin, Nun also, Ritter; die ängstlich ihn barg, so gebt uns Kunde! Jugend und Schönheit für immerdar. ELIS zögernd Ein hässlicher Zwerg, Erlasst mir’s, König! der liebte sie heiß. Sie wies ihn von sich KÖNIG mit Spott und mit Hohn – Ei seht doch, Ritter, da raubte der Alb es brennt darauf ihr den Wundertand. in heißer Begierde Einsam liegt der Berg: das neugier’ge Volk! Frau Ilse verschwand. Ihr Körper verfiel, CHOR doch die Seele lebt; Ach ja! Erzählt uns! in Menschenkindern Wie’s kam ! sie wieder erstand Wie die Laute Euch wies! mit all der Sehnsucht, Wie den Schatz Ihr fandet! mit all dem Wünschen Wo habt Ihr die Laute, nach jenes Schatzes die Wunderlaute? hehr-seltsamer Kraft. Der wandert’ umher, ELIS ging von Hand zu Hand. Die ging mir verloren. Bei einer Kön’gin er endlich sich fand. CHOR Und der Zwerg,’ Wie? Was? von Lieb gequält und von Reu’, – 35 der ruhte nicht Nacht ein zaub’risch Wesen: und ruhte nicht Tag, Blitzender Steine und dient’ in Qualen geheimnisvoll’ Leben und hündischer Treu’, schmiegte sich brünstig bis den Schatz er schafft’ in sammtene Glieder. jenem Menschenkind, Edelsten Goldes in dem verzweifelt blaß-blinkend Glühen die Sehnsucht bebt rankte sich zärtlich nach ew’ger Jugend um schneeige Arme. und ewiger Schönheit: Auf zweier Brüste Frau Ilse – Frau Ilse, sie lebt! sanft-holden Wellen So kam’s, o König, wiegte sich küssend dass Euch entwunden, mattros’ger Perlen geraubt ward der Hort: schimmernder Glanz. Triebhafte Mächte In Ein’s vermählten waren am Werk – sich Leib und Geschmeide: unird’sche Gewalten, – unerhört Hohes ihr könnt sie nicht fassen bot sich mir dar! – und könnt sie nicht strafen. Wie seid Ihr töricht in Eurer Verzückung! KÖNIG Was wisst Ihr Armen Ein artig Märlein! von Schönheit und Freude!

KANZLER KANZLER ODER EINER DER Doch sind wir begierig TENÖRE nun zu erfahren, Was soll das? wie Ihr sie bezwungen, die Zaubergestalten, ELIS wie’s euch gelungen – Ein Götzenbild feiert trotz teuflischen Weben Ihr dort auf dem Thron! der finstern Mächte – den Schatz zu heben? (RUFE Ist er besessen? ELIS in Verzückung Fiel er in Wahnsinn?) Das war eine Nacht, wie noch keine kam. ELIS Es spannen die Träume Ich löst’ mein Wort und in seltsamem Leben, ich hielt meinen Schwur. ein duftig Gespinst Doch Ihr, seid edel zart-leuchtender Schleier. und beugt Euren Stolz! Es zog ein Zittern, ein leises Klingen, GRAF wie Hauch von Harfen Ihr redet Euch lindtönend dahin, um den Hals, Herr Ritter! es schlangen, tanzenden Elfen gleich, ELIS berauschende Düfte Gebt ihn mir wieder, verwirrende Reigen. den hehren Tand! Und aus dem Glast, Gib ihn mir wieder, aus dem tönenden Meer du arme Kön’gin! stieg auf ein Märchen – 36

GRAF heftig 2. Szene Schweig, Unsel’ger! Es gilt den Kopf! VOGT mit einem Mantel bekleidet, unter dem er ELIS verborgen die Laute trägt, hastig Auf deinem Nacken auftretend bleichen die Perlen – Halt, o König! Gebiete Einhalt! CHOR Nicht der ist der Sünder, Hört nicht –! den Ihr bedräut! Er ist besessen! Dort, dort, seht hin, die ihr Haupt verhüllt, ELIS die schamlose Dirne – Fahl blinkt der Steine ich klage an! einst leuchtende Pracht – Entweiht, o König, ist Euer Haus! CHOR Geschändet die Er schmäht die Kön’gin! heiligste Majestät. –

KÖNIG aufspringend KÖNIG Genug – genug! Was soll das, Vogt? Sprecht doch deutlich, CHOR erklärt Euch! Jagt ihn zum Teufel! den frechen Gauch! VOGT Den Auftrag, ELIS in höchster Ekstase, beinahe den Ihr mir gabt, o Herr – schreiend ich hab’ ihn vollführt, Hört mich, Ihr alle! den Schuldigen fand ich. Frau Ilse verdirbt – Die Folter löste dem Hohl ward ihr Antlitz, Unhold die Zunge. – in Gram erloschen Els stößt einen leisen Schrei aus. der Augen Gluten: Ein Knabe noch, ein Arm ward die Welt, rothaar’ger Teufel, ein Märchen verkam – angestiftet von Frau Ilse sie stirbt! der da, dem Weib dort! Drei ihrer Freier CHOR hat er erschlagen, Schlagt ihn zu Boden! tückisch gemordet. Er schmäht uns’re Kön’gin! Mit deren Golde Stopft ihm das Lästermaul! ward teuer erkauft Er ist behext! der geraubte Schatz, Schleppt ihn zum Rad! den verborgen hielt zur heiligen Fehme! ein schändlicher Hehler. Als Kunde ward diesem Sie dringen auf ihn ein. furchtbarem Weib, Auftritt des Vogts. dass der, den Ihr, König, vom Galgen befreit, auszog zu suchen den hehren Hort, da raubte der Knabe – 37 ein willenlos Werkzeug NARR im Bann dieser Hexe, Haha! Herr König – die kostbare Laute. Ihr macht die Rechnung Da nehmt sie wieder! ohne den Narren! Verzeiht, hohe Herr’n, Er zieht die Laute unter dem Mantel illustre Damen! hervor und reicht sie Elis. Um ein gar prächtiges flammendes Schauspiel Sie war’s, die uns führte. seid Ihr betrogen. In die Träume des Frevlers Die Scheite schichtet schlich sich ihr Raunen. ein andermal. Sie scheucht’ ihn vom Lager. Halbirren Blickes, KANZLER die Laute im Arm, Was will der Narre? jagte er nach phantastischen Schätzen, dem Schlafwandler gleich. MAGISTER brummend So griffen wir ihn – Ist’s an der Zeit gelockt von dem Klang, zu albernen Späßen? wühlend, grabend in schwarzer Erde. NARR faszinierend Ihr gabt Euer Wort mir – ELS ich mahn’ Euch, Herr König! bricht erschüttert zusammen Dies ist die Braut, Ah! Hört auf! die ich mir erkoren; Macht ein End’! dies ist das Liebchen, O endet die Qual! die führ’ ich heim. Zu viel, zu viel! KÖNIG KÖNIG Du bist wohl verrückt? Verteid’ge dich, Weib! Ist’s so, wie er sagt? NARR Bekennst du dich schuldig? Ein Narr – was wollt Ihr? Ein Weiser tät’s nicht. ELS Oder doch – vielleicht. sinkt leise wimmernd in die Knie Für mich ist sie gut. Gnade! Gnade! Für einen Narren ein reizend’ Gespiel. CHOR Bei mir – was’ soll ihr Entsetzlich! Grauenhaft! das Fegefeuer – Welch ein Scheusal! da hat sie, verlasst Euch, In ihr wohnt der Böse! die reine Hölle. Gnade ihr Gott! Drum gebt sie mir, Dem Satan verfallen! ich will sie kurieren. Den Teufel verjag’ KÖNIG ich mit meinem Späßen, Fort, hinweg! der wandert aus Mir aus den Augen! schon am ersten Tag. Man soll sie richten Und Arbeit in Hülle und soll sie verbrennen! und Prügel als Lohn – was braucht Ihr den Galgen und Feuer und Rad? 38

Um die Seele ist’s schad’, glaub’ mir, du Armer, doch in meiner Klaus’, aus Liebe geschah’s! ich schwör’s Euch, wird noch ’ne Heilige draus. Sie reicht ihm flehenden Blickes die Hand hin. Elis senkt das Haupt. Er wendet sich KÖNIG starr ab und geht langsam dem Du hast mein Wort, Hintergrunde zu. Ab. du wahnwitz’ger Tölpel: So zieh’ von dannen, doch bleib’ wo Du bist! Denn einer, der sich 4. Szene solch Weibchen erkiest, mir auch für ’nen Narren NARR bewegt zu närrisch ist. Komm, komm, mein Bräutchen, nun geht es hinaus König, Königin und Gefolge ab. in Nacht und Nebel Zurückbleiben nur der Narr, Elis und Els. und Wetter und Graus. Seufzend Und dünkt es dich hart 3. Szene und fällt es dir schwer, so denk’ dran, dein Schicksal NARR nachrufend läuft nebenher. Dank, Dank, Herr König, Und ob auch Dein Herze Ihr seht mich nicht wieder. zu Stein erstarrt, für sich es winkt dir doch Leben, Du armsel’ger Narr, ein neues Leben! du hast deine Not, Es mag Dir Kummer dich bracht’ dein Amt und Sorgen und Gram, dereinst um die Liebe – doch, kommt einst ein Frühling, nun bringt die Lieb’ dich auch Freude geben. um Amt und Brot. Er führt Els, die vollständig gebrochen ELIS sich auf seinen Arm stützt, langsam und hastig auf Els zutretend mit zart durch die Mitte ab. leidenschaftlicher Heftigkeit Sag’, dass er log dass es nicht wahr ist; dass es ein Traum war, ein schwerer Traum! Dass Du rein bist und schuldlos, sprich, ich beschwör’ Dich! Glauben will ich Dir, Dir vertrau’n.

ELS schwach Leb’ wohl, Geliebter, du sollst mich vergessen! Ich müsste so viel, ach, so vieles Dir sagen. Nur eins: Was an dir gesündigt ich habe, 39

NACHSPIEL zuckte die Achseln. Die Klause des Narren – irgendwo im War’s Sehnsucht nach Euch Gebirge oder Weh nach dem Schatz – in ihren Träumen NARR kehrt beides wieder. in gewöhnlichem Gewande Dank, dass Ihr kamt! Els bewegt sich, erwacht.

ELIS Doch seht, Sie erwacht! im Kostüm des ersten Aufzuges, mit der Ich lass Euch allein mit ihr, Laute, die er im Verlauf der ersten Szene sie soll, wenn die weglegt, in der Türe, eben eintretend Augen sie aufschlägt, Ich hätt’ Euch nicht nur Euch erblicken. wieder erkannt. rasch ab Ihr wurdet ja grau.

NARR 2. Szene Seht, Herr, so lang’ ich die Kappe trug, die ELIS Narrenkapp’ und Els! das Schellengewand, da glitt ich hinweg ELS mit Lachen und Spott Wer ist da? über all den Gram, das Leid dieser Welt. ELIS Mein Kleid war mein Wesen, Ei, Elschen, wer sonst denn mein Ich – war tot. als ich, Geliebte? Das erhielt mich jung. Doch nun – dies Jahr – ELS fassungslos dies eine Jahr – Du – Elis – du? verlebt mit ihr – ELIS ELIS hastig Entsinnst du dich nicht? Wo ist sie? So hold war der Abend; die sel’gen Stunden NARR so wundersam. leise, auf eine Lagerstätte weisend, auf In meinen Armen welcher Els unruhig schlafend im Fieber entschliefst du sanft. liegt Sie schläft – ELS Wo bin ich denn nur? ELIS mit weher Stimme O Gott – dies, – dies – ELIS dies arme Geschöpf dort Wie frägst du seltsam! ist Els – ist Els? In deiner Kammer – erkennst Du sie nicht? NARR bitter An mir lag`s nicht. ELS Mit meiner Lieb Ach ja – ach ja – hab’ ich nie sie gequält. dann war es doch nur Der Arzt, der kam und ein böser Traum – 40 so qualvoll, so schwer – da nahm ich ihn fort. Siehst du ihn blinken – ELIS sieh hin – dort – dort – Ei freilich – du träumtest zärtlich gar arg – mein Lieb, Und bist du nicht schöner noch – und wälztest dich wild ohne den Tand? und sprachst im Traum, schlugst um dich – schriest auf – ELS entkräftet zurücksinkend Du bist so gut – ELS und ich bin so müd’ – Ich sprach im Traum? Sag’ mir, mein Elis, – ich bin wohl sehr krank? ELIS Dein ganzes Leben ELIS verrietst du mir ja. Nein, seht mir nur das törichte Kind! ELS entsetzt Du krank – es ist doch Mein ganzes Leben? – fürwahr zum Lachen! O Gott, wie entsetzlich – Und Du fluchst mir nicht – ELS fröstelnd und verachtest mich nicht? Mir ist so kalt – so kalt, mein Geliebter. ELIS Ach Närrchen! Mein Lieb! ELIS Wer ist frei von Sünd’? Du legst Dein Köpfchen Du wehrtest dich, kämpftest – jetzt sanft zur Seit’ – du rangest in Not. und gibst mir dein Händchen Denk’ nur an die Mär’, und schläfst dich ’mal aus! die Mär’ von dem Reh. und träumst mir nicht mehr solch schaurige Sachen – ELS ungläubig und träumst nur von schönen, Ach ja… ach ja… von herrlichen Dingen! auffahrend, an ihrem Körper mit Von einer Stadt mit zitternden Fingern herumtastend, als ob schlank-hohen Türmen, sie etwas suche die liegt gar ferne Doch nein! im Morgenland. Du belügst mich! Von prangenden Gärten Du willst mich täuschen. und brennenden Blüten Es war kein Traum. und einem Himmel, Es war grauses Leben – der ewig blaut. Els in fieberhafter Ekstase mehr und mehr Von Wäldern, tiefdunkel, von ihrem Lager in die Höhe strebend – und rauschenden Bronnen will endlich von diesem aufspringen. und Wiesen, besät ganz denn siehst du – siehst du mit duftenden Blumen, der Schatz ist fort! – und einem stillen, einsamen Hain – ELIS dort wiegt dich leises drängt sie mit sanfter Gewalt zurück singendes Raunen Ich nahm ihn dir ja, in einen traumlosen sei doch ruhig, Geliebte! Schlummer ein. Er drückte dich schwer, 41

Er greift zur Laute. du fremde Blüte, Dort zieh’n wir hin – er wird dir verzeih’n. morgen zeitig früh. Was auf Erden verwelkt Und wandern in Frieden in Entsagung und Gram, und ohne Hast – wird in Glück und Freuden die Laute beginnt unter seinen Händen im Himmel gedeih’n. leise zu klingen bis wir das Ziel unsrer Das Glockenläuten erstirbt. Sehsucht finden: Den herrlichen gläsernen Märchenpalast. Mit Zinnen aus Gold Ende der Oper und silbernen Türmen und Wänden, die gleißen wie Edelgestein. Schon sind wir da – schon treten wir ein: Hörst Du Drometen und Zimbeln und Harfen, Jubel und Jauchzen und frohe Schalmei’n? Näher und näher ertönt Gesang, Brausen von Stimmen und Becherklang Und Ritter und Pagen und schöne Frauen, sie alle kommen und wollen die schauen, die heimgefunden ins Märchenland: Prinz und Prinzessin – Elis und Els, die beiden Kinder von Traumkönigs Gnaden. Sie kehren heim – beladen mit Glück – das halten sie fest und lassen es nimmer. Sie retteten sich aus der grausen Hatz des Lebens den hehrsten, den schönsten Schatz! fernes, dumpfes Glockenläuten

NARR der während des Letzten leise mit gefalteten Händen hinzugetreten ist Amen – so sei’s! Fahr’ in Frieden dahin,