Merkels Gehilfe Staatsoberhaupt Zweimal War Die Kanzlerin Gegen Joachim Gauck Als Bundespräsidenten
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Bundespräsident Gauck mit Schülern im Saarland Merkels Gehilfe Staatsoberhaupt Zweimal war die Kanzlerin gegen Joachim Gauck als Bundespräsidenten. Er wirkte lange wie ein Fremdkörper in ihrem System. Nun passt er in ihr Machtkalkül. Angela Merkel braucht ihn, um weiterhin in Ruhe regieren zu können. r war noch Pfarrer in Rostock, als die in der CDU Helmut Kohls verschwin - Sie war für ihn nur eine von vielen. er Angela Merkel zum ersten Mal den sollte. Jetzt haben sie sich wiedergefunden, an Ebegegnet sein könnte. Er kandidier - Die Erinnerungen an diese Zeit sind ver - der Spitze des Staates. 25 Jahre nach dem te für das Neue Forum, die größte Bürger - blasst. Joachim Gauck hat kein klares Bild Ende der DDR prägen sie die Republik, er bewegung, er war ein aufsteigender Star, der frühen Merkel vor Augen. Vielleicht als Bundespräsident, sie als Kanzlerin. Es der schon vor Tausenden Leuten über hat er sie im Fernsehen gesehen, vielleicht ist ein bisschen wie damals. Er liebt die Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit ge - auch nicht. Es geht ihm wie vielen anderen, große Bühne, sie regiert gern im Stillen; predigt und mit Willy Brandt diskutiert die in dieser turbulenten Zeit den Über - ein ungleiches Paar. hatte. Sie war Sprecherin des Demokra - blick verloren hatten. Und wer war damals Sie hatte ihn nicht gewollt, zweimal war tischen Aufbruchs, einer Splittergruppe, schon Angela Merkel? sie gegen seine Wahl. Beim ersten Mal war 18 DER SPIEGEL :; / 978: Deutschland SPIEGEL-UMFRAGE Zweite Amtszeit sie erfolgreich, 2010 war das, da setzte sie „Sind Sie für eine zweite Amtszeit für Bundespräsident Joachim Gauck, Christian Wulff durch. Auch nach dessen oder wünschen Sie sich einen anderen Kandidaten?“ CDU/ B90/ Rücktritt im Frühjahr 2012 war Gauck nicht Für zweite Amtszeit Gaucks West Ost CSU SPD Linke Grüne ihr Kandidat, die SPD und die Grünen ho - ben ihn wieder aufs Schild. Erst nachdem auch die FDP Gefallen am Freiheitsfreund Für anderen Kandidaten aus dem Osten gefunden hatte, gab sich Merkel geschlagen. Als Gauck ins Schloss Bellevue einzog, TNS Forschung vom 5. bis 6. November; 1000 Befragte; Angaben in Prozent; an 100 fehlende Prozent: „weiß nicht“/keine Angabe machten schnell Geschichten von der Ri - valität des Staatsoberhaupts mit der Kanz - Zum Vergleich: lerin die Runde. Denn Gauck ist vieles, Noch im Januar lag Joachim Gauck im Urteil der Ost- und Westdeutschen gleichauf. 78 Prozent der Ost- was Angela Merkel nicht ist: rührselig, deutschen und 77 Prozent der Westdeutschen hatten ihn als „gute Besetzung“ eingestuft.* emotional, volkstümlich, ein Fremdkörper *laut ARD-DeutschlandTrend-Umfrage von Infratest dimap in ihrem System, in dem es darum geht, so geräuschlos wie möglich zu agieren. Für seine Äußerungen hatte er eine schö - dürfen.“ Besonders in der Parteilinken Gauck hält die Reden, die man von ihr ne Kulisse ausgesucht. Vor knapp zwei Wo - sind die Genossen auch Tage nach den Äu - erwartet. Gauck mischt sich ein, will „mit - chen verabredete er sich in der Berliner ßerungen verstört. „Die SPD braucht in nehmen“, Politik besser erklären, und Gethsemane-Kirche zu einem Fernseh - Sachen Koalitionsbildung keine Nachhil - scheut sich auch nicht, sich in die Tages - interview, hinter ihm hing ein Transparent fe“, sagt Carsten Sieling, Sprecher der Par - politik einzuschalten. Er ist ein Freund gro - mit der Aufschrift „Wachet und Betet“. Es lamentarischen Linken im Bundestag. ßer Gefühle, sie die nüchterne Strategin ist ein symbolischer Ort. Hier hatten 1989 „Egal, was der Bundespräsident findet – der Macht. Es sieht so aus, als könnte am die Demonstranten Schutz vor den Sicher - Rot-Rot-Grün ist die richtige Entscheidung Ende Gaucks Glanz die Menschen mehr heitskräften der DDR gesucht. Im Inter - für Thüringen.“ beeindrucken als Merkels Machtspiel. view zweifelt er daran, dass man der Partei Und selbst sonst bedachte Landesfürsten Die Konkurrenz zwischen Kanzler und Die Linke vertrauen kann. Er stellt infrage, distanzieren sich vom Präsidenten. „Einen Präsident ist ein Klassiker der bundesdeut - dass sie „schon so weit weg von den Vor - Ministerpräsidenten der Linkspartei in einer schen Geschichte. Das erste Staatsober - stellungen“ sei, „die die SED einst hatte Koalition mit SPD und Grünen kann man haupt Theodor Heuss verhinderte, dass bei der Unterdrückung der Menschen“. 25 Jahre nach dem Mauerfall gut vertreten“, Kanzler Konrad Adenauer einen Minister Menschen in seinem Alter müssten sich so die rheinland-pfälzische Ministerpräsi - halten konnte, den Heuss für ungeeignet schon sehr anstrengen, einen linken Mi - dentin Malu Dreyer, „das Votum der Mit - hielt. Richard von Weizsäcker inszenierte nisterpräsidenten zu akzeptieren. glieder für Rot-Rot-Grün ist überzeugend.“ sich als aristokratisches Gegenbild zum Es ist nicht das erste Mal, dass er sich Erste Kritik an seinen Worten erreicht Provinzler Kohl. Und der konservative eine Partei zur Brust nimmt. „Spinner“ Gauck auf einer Reise nach Luxemburg, Horst Köhler wurde von der Union auch nannte er die NPD, „populistisch“ die AfD. wo ihn der Großherzog in prunkvollen Pa - deshalb ins Schloss Bellevue geschickt, um Nun aber wählt er für seine Attacke einen lästen und mittelalterlichen Burgen emp - dem sozialdemokratischen Kanzler Ger - in doppelter Hinsicht erstaunlichen Zeit - fängt. Er steht im Waffensaal der Staufer - hard Schröder Beine zu machen. punkt: wenige Tage vor dem großen Ge - burg Vianden neben dem Großherzog, den Nun aber wird Gauck zum stillen Helfer denken an den Mauerfall und mitten hinein er, protokollarisch korrekt, aber unnötig ) . R ( der Bundeskanzlerin; der Mann, der doch in die Mitgliederbefragung der thüringi - oft, mit „Seine Königliche Hoheit“ an - D L I B eigentlich über den Parteien schweben schen SPD, die mit Bodo Ramelow zum spricht. Zum ersten Mal auf dieser nach - N I E T sollte, zementiert die Macht der Frau im ersten Mal in der Geschichte einen Linken richtenlosen Reise stellt er sich den Fragen S L L U Kanzleramt. Merkel hat in der CDU keine zum Ministerpräsidenten küren könnte. Et - der Journalisten. ; ) . L ( Rivalen mehr zu fürchten; tritt sie bei der was Besseres hätte der CDU-Chefin nicht Ob es denn sein musste, dass er sich vor A P D Bundestagswahl 2017 noch einmal an, passieren können. Ein Verdikt aus dem seiner Reise nach Luxemburg in die deut - / N E kann sie nach Lage der Dinge nur durch Schloss gegen ihren politischen Gegner. sche Parteipolitik einmischte, wird er ge - S N E J ein Bündnis von SPD, Linken und Grünen Seine Kritik wirkt wie eine vorzeitige fragt. Er möchte sofort antworten, und vor R E N I gestürzt werden. Aber diese Koalition Vertragsverlängerung für die Kanzler - lauter Ungeduld fällt er beinahe seinem A R : versucht Gauck jetzt moralisch zu diskre - schaft. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat oh - Gastgeber, dem Großherzog, ins Wort. O T O F ditieren. nehin große Zweifel, ob die zerstrittene Als er schließlich dran ist, definiert er Linke nach der nächsten Wahl regierungs - die Frage einfach um. Er redet nicht von fähig sein wird. Aber er will zumindest Parteipolitik, sondern von Vergangenheits - die Option offenhalten, sonst kann er auf politik: „Ich möchte zum Ausdruck brin - eine Kanzlerkandidatur im Jahr 2017 gleich gen, dass ich gerne bereit bin, über ein verzichten. Wenn aber der Präsident den vergangenheitspolitisches Thema mit Ih - möglichen Koalitionspartner zum Schmud - nen zu sprechen, aber ich will innenpoliti - delkind erklärt – ist dann ein Machtwech - sche Themen nicht aus dem Ausland he - sel noch möglich? raus kommentieren.“ Die Kritik an Gauck von führenden Leu - Drei Tage fährt er so durch das kleine ten aus SPD und Linkspartei ist deshalb Luxemburg und kommt immer wieder auf mehr als Stilkritik. Hinter den Attacken sein Leben in der DDR zu sprechen, seine steht auch die Frage, ob es dem Staats - persönliche Erfahrung mit Grenzen. In oberhaupt zusteht, eine Alternative zu Schengen bekommt er einen Korb mit Merkel zu sabotieren. Früchten, Säften und Moselwein über - „Da ist Gauck einen Schritt zu weit ge - reicht, der ihn sofort an die Westpakete Staatsoberhaupt Gauck, Kanzlerin Merkel gangen“, sagt SPD-Vorstandsmitglied Joa - erinnert, über die er sich in der DDR so Ein ungleiches Paar chim Poß. „Das hätte ihm nicht passieren freute. Als er danach über die Moselbrücke DER SPIEGEL :; / 978: 19 Ihn stört die pazifistische Bequemlichkeit, mit der es sich viele in Deutschland seiner Auffassung nach zu einfach machen. Im Zweifel müsse sich Deutschland auch an Kriegen beteiligen. „Deutschland darf we - der aus Prinzip ,nein‘ noch reflexhaft ,ja‘ sagen“, mahnt er in München. Es ist ein Satz, der groß wird, wenn ihn Gauck spricht, mit seiner Vita und seiner rhetori - schen Kraft. Für einen deutschen Präsidenten ist er damit sehr weit gegangen. Als einen „Kriegstreiber“ musste er sich damals von der Linken beschimpfen lassen. Das hat ihn schwer getroffen und tief empört. Jetzt nimmt er keine Rücksicht mehr auf die un - geliebten Genossen. Der Bundespräsident vergrößert damit das Spielfeld für die Stasi-Sonderbeauftragter Gauck 1991, Pfarrer Gauck 1989 Kanzlerin. Gaucks Eifer war Merkel stets Was er politisch fordert, begründet er mit seiner eigenen Biografie suspekt. Nun nutzt er ihr. Merkel und Gauck treffen sich regelmä - ßig im Schloss Bellevue, nach strengem Ri - tual, in einem viel zu großen Saal, zwei Menschen ohne Gefolge. Er, der stets den Eindruck erweckt, er fände ein Schloss die angemessene Umgebung für sich. Er schrei - tet, kennt sich mit guten Weinen aus, er spreizt den kleinen Finger, wenn er aus der Porzellantasse trinkt. Sie dagegen fühlt sich in ihrer märki - schen Umgebung wohl. Kartoffelsuppe, Gulasch mit Nudeln. Templin. Sie bleibt bodenständig, wenn er abhebt. Sie wirkt fremd in seinem Schloss. Und doch zeigt sich Gauck beeindruckt von ihr: wie Frau über die Grenze ins „Deutsche“ fährt, um tief in das Machtgefüge der Republik ein - Merkel international agiere, wie sie sich das Schengen-Lyzeum in Perl zu besuchen, zugreifen? in Details einlese, sich auskenne, alles im schwärmt er davon, wie schön es sei, dass Merkel jedenfalls war zufrieden mit den Griff habe, ihre Nüchternheit, Rationalität, es zwischen Deutschland und Luxemburg Worten Gaucks.