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Hochschule Neubrandenburg Fachbereich Gesundheit, Pflege, Management Studiengang Pflegewissenschaft/Pflegemanagement

Perspektiven der professionellen Pflege für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte

Bachelorarbeit

zur

Erlangung des akademischen Grades

Bachelor of Science (B.Sc.)

Vorgelegt von: Steven Hoffmann

URN: urn:nbn:de.gbv:519-thesis2013-0155-9

Betreuer: Prof. Dr. H.-J. Goetze Zweitkorrektor: Dipl. Pflegewirt M. Fünfstück (M.Sc.)

Tag der Einreichung: 30.04.2013

Abstrakt

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ist eine Neuaus- richtung der Pflege unerlässlich. Der Regionale Planungsverband Mecklenbur- gische Seenplatte ist sich dieser Entwicklung bewusst. Im Jahr 2008 wurde ein Konzept erarbeitet und sich diesem Thema gewidmet. Dabei sollen die Rahmen- bedingungen des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte berücksichtigt werden.

Ein weiterer Aspekt ist die Auseinandersetzung mit der Kostenstruktur. Dabei gilt ambulant vor stationärer Pflege zu favorisieren. Das Ziel ist dabei, zu unter- suchen, ob das Konzept des Regionalen Planungsverbandes Mecklenburgische Seenplatte für ambulante Pflegedienste in Bezug auf die Perspektiven der professionellen Pflege anwendbar ist.

Im Ergebnis zeigt sich, dass das Konzept des Regionalen Planungsverbandes Mecklenburgische Seenplatte die Kosten reduzieren könnte, aber es gibt keine Auskunft über möglichen Perspektiven für die professionelle Pflege im am- bulanten Sektor.

Daher werden Möglichkeiten für die ambulanten Pflegedienste im Landkreis be- schrieben, wie diese sich zukünftig ausrichten können.

II

Abstract

Against the background of demographic change and the growing shortage of skilled labour in the German administrative district ‘Mecklenburgische Seen- platte’ a reorientation of nursing processes steadily increase in significance. The ‘Regional Planning Association Mecklenburgische Seenplatte’ is highly aware of this development. In 2008, a concept was developed and dedicated to this subject. The particular conditions of the ‘Mecklenburgische Seenplatte’-district are to be taken into account.

A continuative aspect is the analysis of the given cost structure. Inpatient care is thereby to be favorised over outpatient treatment. The overall aim is to investigate whether the concept of the ‘Regional Planning Association Mecklenburgische Seenplatte’ is, as reference, applicable to the perspectives of professional services for ambulatory care.

The findings of the given concept of the ‘Regional Planning Association Meck- lenburgische Seenplatte’ highlight, that the financial burden of nursing processes can be reduced, but there is not shown any relevant information on possible perspectives for operating professional care in the outpatient sector.

Therefore, opportunities for patient care services are specified and alignments for the future are demonstrated for the specific district level.

III

INHALTSVERZEICHNIS

ANHANGSVERZEICHNIS ...... VI

1. DER LANDKREIS MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE ZWISCHEN DEMOGRAPHISCHEN WANDEL, PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT UND PROFESSIONELL PFLEGENDE ...... 1

1.1 Der demographische Wandel ...... 2

1.2 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Bevölkerung...... 3

1.3 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Pflegebedürftigkeit ...... 4

1.4 Auswirkungen des demographischen Wandels auf professionell Pflegende ...... 4

1.5 Professionell Pflegende ...... 5

1.6 Die Versorgungssektoren der Pflegebedürftigen ...... 7

2. DAS KONZEPT DES LANDKREISES MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE ...... 8

2.1 Hauptpfeiler der Pflegelandschaft ...... 9

2.2 Eckpfeiler der Pflegelandschaft ...... 11

2.3 Modellbetrachtungen der Kostenentwicklung ...... 16

3. THEORETISCHE KOSTENSENKUNG OHNE PERSPEKTIVE ...... 18

4. METHODISCHES VORGEHEN ...... 19

5. TÄTIGKEITSFELDER DER AMBULANTEN PFLEGE ...... 21

5.1 Angehörigenpflege ...... 22

5.2 Family Health Nursing ...... 23

5.3 Public Health Nursing...... 25

5.4. Primary Nursing ...... 26

6. ANGEHÖRIGENPFLEGE, GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PRÄVENTION, PRIMARY NURSING ...... 29

IV

QUELLENVERZEICHNIS ...... 32

V

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Übersicht über die bei der Literaturrecherche erzielten Ergebnisse

VI

1. Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte zwischen demographischen Wandel, Pflegebedürftigkeit und professionell Pflegende

Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte liegt im Südosten - Vorpommerns und ist der größte Landkreis der Bundesrepublik Deutschland. Die

Gesamtfläche beträgt 5469 km² laut REGIONALPORTAL MECKLENBURGISCHE 1 SEENPLATTE. Die Bevölkerungszahl 2011 gemäß der STATISTISCHEN ÄMTER DES 2 BUNDES UND DER LÄNDER betrug 270.685 Einwohner. Die Bevölkerungsdichte beträgt nach eigener Berechnung 49,5 Einwohner pro km². Der REGIONALE

PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE bezeichnet den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte als ländlich-periphere Region. Der Landkreis ist gekennzeichnet durch eine große Entfernung zu Ballungsgebieten, einer wirt- schaftlichen Strukturschwäche, eine geringe Bevölkerungs- und Siedlungsdichte und hohe Arbeitslosigkeit. Somit verlässt die junge und qualifizierte Bevölkerung den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte um einen Ausbildungs- oder Arbeits- platz in Westdeutschland zu finden. Durch die Abwanderung der jungen und qualifizierten Bevölkerung und der zurückbleibenden Bevölkerung, die die Familienplanung abgeschlossen hat, ist die Sterberate größer als die Geburtenrate. Dadurch sinkt die Bevölkerungszahl und steigt der Altersquotient im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Hinzu kommt, dass immer mehr ältere Menschen ihren Wohnsitz in die Mecklenburgische Seenplatte verlagern, besonders im Rentenalter. Der Grund dafür ist, dass der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte eine landschaftlich und touristisch attraktive Region ist. Die gestiegene Lebenserwartung und die daraus resultierend rückläufige Sterblichkeit führen zu einer Überalterung der Bevölkerung im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.3

Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung im Landkreis Mecklenburgische Seen- platte prognostiziert das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern. Die Lebenserwartung eines neugeborenen Mädchens

1 Regionalportal Mecklenburgische Seenplatte 2 Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2013 3 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 2f

1

steigt im Zeitraum 2008 bis 2030 von 81,4 auf 85,2 Jahre und für einen neu- geborenen Jungen steigt von 74,6 auf 80,2 Jahre an.4

Diese Entwicklung der Bevölkerung wird als demographischer Wandel bezeich- net.

1.1 Der demographische Wandel

Unter dem Begriff Demographie verstehen WARMBRUNN/WIED „…die Be- schreibung und statistische Aufbereitung von Daten über natürliche Bevöl- kerungsbewegungen (Geburten, Sterbefälle, Mobilitäts- und Wanderungsprozesse, Alters und Geschlechtsverteilungen, Eheschließungshäufigkeit u.a.). Als Daten- quellen dienen meist amtliche Routinedatensammlungen (auch Volkszählungen), mit deren Hilfe strukturelle Veränderungen von Gesellschaften beobachtet und aufgezeigt werden können.“5 Diese strukturelle Veränderung von Gesellschaften wird bezeichnet als demo- graphischer Wandel. Das BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT setzt den Begriff des demographischen Wandels in Deutschland gleich mit einer alternden Ge- sellschaft. Dahinter verbirgt sich eine steigende Lebenserwartung der Bevölke- rung, eine positive Differenz zwischen Zu- und Abwanderungen in Deutschland und eine stabile Geburtenentwicklung bei einer niedrigen Geburtenrate. Die steigende Lebenserwartung und die niedrige Geburtenrate führen zu einem Rückgang der Bevölkerung, welche durch die Einwanderungen nicht kompensiert werden kann.6

Gemäß dem BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT sind die steigende Lebens- erwartung und die Zunahme der Hochbetagten auf die guten Lebensbedingungen, dem medizinisch-technischen Fortschritt und eine flächendeckende Infrastruktur von medizinischen, pflegerischen und rehabilitativen Einrichtungen zurückzu- führen.7

4 Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern, 2008 5 Warmbrunn/Wied, 2012, S. 189 6 Bundesministerium für Gesundheit, 2013 7 Bundesministerium für Gesundheit, 2013

2

Aus Sicht des Gesundheitswesens gibt es ein Finanzierungsproblem, welches durch den demographischen Wandel verursacht wird. Es stehen immer weniger erwerbstätige Beitragszahler, die in die Kranken- und Pflegeversicherung ein- zahlen, einer steigenden Anzahl an älteren Menschen, die Leistungen aus der

Kranken- und Pflegeversicherung beziehen, gegenüber, betont das BUNDESMINIS- 8 TERIUM FÜR GESUNDHEIT.

1.2 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Bevölkerung

Die Bertelsmann Stiftung hat sich unter anderem mit dem demographischen Wandel auf Bundes-, Länder- und Kreisebene auseinandergesetzt, Modellrech- nungen für einen Zeitraum von 2009 bis 2030 durchgeführt und einen Themen- report „Pflege 2030“ im Jahr 2012 veröffentlicht. In der statistischen Erhebung der Bertelsmann Stiftung wird der Landkreis Meck- lenburgische Seenplatte für das Jahr 2009 verwendet, obwohl der Landkreis erst seit der Kreisgebietsreform vom 4. September 2011 so genannt wird. Hierbei wurden die ehemaligen Landkreise Mecklenburg-Strelitz, Müritz und sowie die kreisfreie Stadt Neubrandenburg hinsichtlich der Erhebung untersucht.

Für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte prognostiziert die BERTELSMANN

STIFTUNG ein Bevölkerungsrückgang im Zeitraum von 2009 bis 2030, um 19,8 Prozent. Die Bevölkerungszahl sinkt von 275.406 auf 220.876 Einwohner. Das Medianalter steigt im Zeitraum 2009 bis 2030 von 46,3 auf 57,3 Jahren an. Der Anteil der Bevölkerung im Zeitraum 2009 bis 2030 der 65 bis 79 Jährigen steigt von 48.870 auf 62.710 Einwohner sowie der ab 80 Jährigen von 12.340 auf 21.650 Einwohner.9

Dies ist nach eigener Berechnung ein relativer Anstieg der 65 bis 79 Jährigen von 28,3 Prozent und der ab 80 Jährigen von 75,4 Prozent.

8 Bundesministerium für Gesundheit, 2013 9 Bertelsmann Stiftung, 2013a

3

1.3 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Pflegebedürftigkeit

Nach dem REGIONALEN PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE erhöht sich mit der steigenden Lebenserwartung die Wahrscheinlichkeit, dass die ältere Bevölkerung im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte auf pflegerische Dienstleistungen angewiesen ist und pflegebedürftig wird.10

Gemäß der BERTELSMANN STIFTUNG steigt die Zahl der Pflegebedürftigen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte im Zeitraum 2009 bis 2030 von 10.318 auf 15.607 Pflegebedürftige.11

Dies ist nach eigener Berechnung ein relativer Anstieg der Pflegebedürftigkeit von 51,3%.

Unter dem Begriff Pflegebedürftige versteht die BERTELSMANN STIFTUNG Per- sonen, die im Sinne des SGB XI pflegebedürftig sind und entsprechende Leis- tungen aus der Pflegeversicherung beziehen, wie Pflegesachleistung und –geld, Verhinderungspflege, Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege und voll-stationäre Pflege.12

1.4 Auswirkungen des demographischen Wandels auf professionell Pflegende

Durch die steigende Lebenserwartung, die sinkenden Geburtenzahlen und die Abwanderung von jungen und qualifizierten Arbeitskräften kommt es im Land- kreis Mecklenburgische Seenplatte zu einer Steigerung der Nachfrage an pflegerischen Dienstleistungen und zu einer Senkung an qualifizierten Pflege- personal beziehungsweise für die Ausbildung zur Verfügung stehende Arbeits- kräfte. Dies führt zu einem Mangel an Pflegepersonal.

10 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 4 11 Bertelsmann Stiftung, 2013b 12 Bertelsmann Stiftung, 2012b, S. 20

4

Die BERTELSMANN STIFTUNG prognostiziert für das Jahr 2030, dass im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte insgesamt 2604 Vollzeitkräfte in der Pflege fehlen werden.13

Der demographische Wandel ist nicht der Hauptgrund für den Pflege- personalmangel, wie SÜNDERKAMP berichtet, denn es ist viel mehr die Unat- traktivität des Berufes. Das Berufsbild ist gekennzeichnet von Schicht- sowie Wochenend- und Feiertagsarbeit. Hinzu kommen die geringe Wertschätzung und die schlechte Entlohnung für einen physisch und psychisch höchst anspruchs- vollen Beruf. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zeigt, wie miserabel die Entlohnung ist. Des Weiteren wächst der ökonomische Druck auf das Pflege- personal. Die Pflegekräfte stoßen bereits an ihre Grenzen und können nur das Pflegeverständnis realisieren, was ökonomisch machbar ist. Nicht realisierbar ist „…die Verbindung von pflegerisch-medizinischen Maßnahmen mit der zuge- wandten Fürsorge zum Menschen“, was gute Pflege auszeichnet.14

Dadurch wechselt das Pflegepersonal früher als andere Berufsgruppen den Beruf, wie HASSELHORN ET AL. anhand der NEXT – Studie ermittelten. Insgesamt denken 18,5 Prozent von 3131 befragten Pflegekräften in Deutschland mehrmals im Monat über einen Berufsausstieg nach.15

Bei der Bertelsmann Stiftung wird nicht deutlich, welche Berufsgruppen zum Pflegepersonal gehören. Es ist davon auszugehen, dass als Pflegepersonal die professionell Pflegenden bezeichnet werden. Deshalb wird im folgenden Abschnitt auf den Begriff professionelle Pflege und professionell Pflegende eingegangen.

1.5 Professionell Pflegende

Der INTERNATIONAL COUNCIL OF NURSES, kurz ICN, hat eine Definition von Pflege veröffentlicht. Diese Definition wurde vom Deutschen Berufsverband für

13 Bertelsmann Stiftung, 2012a 14 Sünderkamp, 2011, S. 141 15 Hasselhorn et al., 2005, S. 126

5

Pflegeberufe e.V., kurz DBfK, wie folgt übersetzt, „…Pflege umfasst die eigen- verantwortliche Versorgung und Betreuung, allein oder in Kooperation mit an- deren Berufsangehörigen, von Menschen aller Altersgruppen, von Familien oder Lebensgemeinschaften sowie von Gruppen und sozialen Gemeinschaften, ob krank oder gesund, in allen Lebenssituationen (Settings). Pflege schließt die Förderung der Gesundheit, Verhütung von Krankheiten und die Versorgung und Betreuung kranker, behinderter und sterbender Menschen ein. Weitere Schlüssel- aufgaben der Pflege sind Wahrnehmung der Interessen und Bedürfnisse (Ad- vocacy), Förderung einer sicheren Umgebung, Forschung, Mitwirkung in der Gestaltung der Gesundheitspolitik sowie im Management des Gesundheitswesens und in der Bildung.“16

Des Weiteren verdeutlicht der ICN, dass unter Pflege die professionelle Pflege verstanden wird, die von Altenpfleger/-innen, Gesundheits- und Krankenpfleger/- innen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-innen durchgeführt wird.17

ARETS ET AL. fügen noch hinzu, dass die Krankenpflegehelfer/-innen ebenfalls zu den professionell Pflegenden gehören.18

Daher ist davon auszugehen, dass ebenfalls die Altenpflegehelfer/-innen zu den professionell Pflegenden gehören. Dabei zählen Krankenpflegehelfer/-innen und Altenpflegehelfer/-innen in einem Betrieb als Pflegekraft und die anderen genannten Berufsgruppen als Pflegefachkraft. Somit sind die Pflegekräfte den Pflegefachkräften unterstellt.

SÜNDERKAMP fügt hinzu, dass die professionell Pflegenden für den Pflegebedürftigen ein unterstützendes Netzwerk aus Angehörigen aufbauen müssen, weil die professionelle Pflege die Angehörigenpflege nicht ersetzen soll, sondern nur unterstützen und ergänzen.19

16 Deutscher Bundesverband für Pflegeberufe e.V. 17 Deutscher Bundesverband für Pflegeberufe e.V. 18 Arets et al., 1999, S. 28 19 Sünderkamp, 2011, S. 140

6

Letzteres ist besonders entscheidend im Sektor ambulante Pflege im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, wenn nachfolgend betrachtet wird, wo hauptsäch- lich die Pflegebedürftigen betreut werden.

1.6 Die Versorgungssektoren der Pflegebedürftigen

Der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE berichtet, dass die Mehrheit der älteren Bevölkerung im Landkreis Mecklenburgische Seen- platte so lange wie möglich, in der eigenen Häuslichkeit verbleiben möchte, wo sie eigenverantwortlich leben können. Daher wird es als Pflicht angesehen diesen Anspruch gerecht zu werden. In der Vergangenheit haben hauptsächlich pflegende Angehörige die häusliche Pflege übernommen. Durch die Abwanderung und die beruflichen Verpflichtungen ist es vielen pflegenden Angehörigen nicht mehr möglich. Daher steigt die Nachfrage an pflegerischen Dienstleistungen.20

Die Verteilung der Pflege auf die verschiedenen Sektoren vergleicht die BERTELS-

MANN STIFTUNG ebenfalls im Zeitraum von 2009 und 2030. Die Versorgung der Pflegebedürftigen durch die ambulante Pflege steigt von 24,6 auf 26,2 Prozent, in der stationären Pflege von 25,7 auf 28,6 Prozent und in der Angehörigenpflege sinkt die Versorgung der Pflegebedürftigen von 49,1 auf 45,1 Prozent.21

Werden die ambulante Pflege und die Angehörigenpflege zusammengefasst, er- gibt sich im Jahr 2009 und im Jahr 2030 ein prozentualer Wert von 73,7 und 71,3. Das bedeutet, dass der Versorgungssektor ambulante Pflege fast dreiviertel der gesamten Pflege ausmachen. Die Angehörigenpflege wird mit zugezählt, weil Pflegebedürftige die Pflegegeld beziehen und von ihren Angehörigen gepflegt werden ein Beratungseinsatz nach § 37.3 SGB XI zulassen müssen. Daher müssen die Rahmenbedingungen und das Leistungsangebot der ambulanten Pflege dementsprechend angepasst werden.

20 Regionaler Planungsverband, 2008, S. 4 21 Bertelsmann Stiftung, 2013b

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Unter Betrachtung dieser Ausgangslage und der Prognose für das Jahr 2030 gilt es zu klären, ob der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ein geeignetes Konzept zur Verfügung stellt, dass die zukünftigen Herausforderungen bewältigen kann.

2. Das Konzept des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte

Der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE geht von insgesamt sechs Herausforderungen aus, die es zu bewältigen gilt:

„…Die Zahl der älteren und potenziell pflege- bzw. unterstützungsbedürftiger Bevölkerungsgruppen nimmt mit steigender Lebenserwartung zu.

Parallel verringert sich die Zahl potenziell pflegender Familienangehöriger und damit auch die Möglichkeit zum langfristigen Erhalt der Pflege in der Häuslichkeit

Viele Pflegebedürftige müssen zu früh (und auch gegen ihren Willen) profes- sionelle stationäre Pflegeangebote in Anspruch nehmen

Immer weniger Pflegebedürftige können die Kosten aus eigenem Einkom- men/Vermögen tragen. Zugleich entstehen deutlich Engpässe bei der Ge- währleistung qualitativ hochwertiger professioneller Pflege.

Bei einer überwiegenden Überverantwortung der Pflege an privatwirtschaft- liche Träger droht für die öffentliche Hand eine dramatische Kostenfalle (dies gilt sowohl für die stationäre als auch für die ambulante Pflege). Zugleich kann allein privatwirtschaftlich organisierte Pflege – trotz allem Bemühen der Träger und des Pflegepersonals – immer weniger ein Angebot gewährleisten, das den Menschen ein würdiges Altwerden ermöglicht.

Es mangelt nicht zuletzt an einer kompetenten und neutralen Beratung, die ältere und pflegebedürftige Menschen und deren Angehörigen frühzeitig über unterschiedliche Unterstützungsangebote informiert.“22

22 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 6

8

2.1 Hauptpfeiler der Pflegelandschaft

Gemäß dem REGIONALEN PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE soll diesen Herausforderungen mit der Bildung von regionalen Netzwerken entgegengewirkt werden. Mit Hilfe dieser regionalen Netzwerke soll die Pflege in der Häuslichkeit langfristig erhalten bleiben. Es sollen Interventionen erarbeitet werden, „…die eine präventive Pflegelandschaft mit einer Kombination von Beratungsleistungen und der Förderung ehrenamtlichen Einsatzes ausbilden sollen, um den älteren Menschen und ihren Angehörigen Unterstützungs- möglichkeiten aufzuzeigen.“23 Somit soll die Nachfrage an professioneller Pflege und die Kosten dafür reduziert werden. Dafür müssen die Politik, die Verwaltung, die Kostenträger, die Ver- bände ein gemeinsames Ziel verfolgen unter solidarischen Einbezug der pflege- bedürftigen Menschen.24

Das regionale Pflegenetzwerk soll laut REGIONALEN PLANUNGSVERBAND MECK

LENBURGISCHE SEENPLATTE zukünftig aus folgenden Akteuren bestehen:

- Primäre Leistungserbringer, wie ambulante und stationäre Pflegeanbieter, Fami- lienangehörige und ehrenamtliche Helfer - Regionalpolitische Partizipation, wie Fachausschüsse, kompetente Bürger, kom- munale Seniorenbeauftragte - Wissenschaft und Best-Practice, wie Universitäten, Hochschulen, Pilotprojekte (Tele-Medizin, Modell Agnes, Community-Nurse) - Sekundäre Leistungserbringer, wie Haus- und Fachärzte, Rehabilitationsein- richtungen, Krankenhäuser, Apotheken, Sanitätshäuser - Sonstige Beteiligte, wie Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften, Fami- lien- und Seniorenzentren, Mehrgenerationenhäuser - Kostenträger, wie Kranken- und Pflegekassen, kommunale Sozialleistungsträ- ger25

23 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 6 24 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 6 25 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 7

9

Im Mittelpunkt dieser Akteure befindet sich die trägerunabhängige Beratungs- stelle, der Pflegstützpunkt. Der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBUR-

GISCHE SEENPLATTE erläutert, dass die Pflegestützpunkte „eine qualifizierte und unabhängige Informationsvermittlung für Pflegebedürftige und deren An- gehörige“ gewährleisten sollen. Die Pflegestützpunkte sollen die Angebots- transparenz verbessern, die Kundensouveränität stärken und die häusliche Pflege sichern. Des Weiteren sollen die Pflegestützpunkte an zentralen Orten eingerichtet werden unter Berücksichtigung der Erreichbarkeit und der altersstrukturellen Be- dingungen. Sie können auf die Unterstützungsangebote sowie die Fachkompetenz aller Träger zurückgreifen. In den Pflegestützpunkten sollen die Mitarbeiter/- innen als Casemanger/-innen fungieren und flexibel, individuell und bürgernah arbeiten, dies soll gewährleistet werden durch Ausbildungs- und Qualifizierungs- angebote.26

Derzeit gibt es für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte in Demmin und in Pflegestützpunkte, wie auf der Webseite Pflegestützpunkte Meck- lenburg-Vorpommern zu entnehmen ist27.

Insgesamt sollen zwanzig Pflegestützpunkte flächendeckend aufgebaut werden entsprechend der Ausführung des REGIONALEN PLANUNGSVERBANDES MECK- 28 LENBURGISCHE SEENPLATTE.

Bei der Betrachtung des Pflegestützpunktes in Neustrelitz ist zu sehen, dass der Pflegestützpunkt sich beim Landratsamt befindet. Das bedeutet am Rand von Neustrelitz und nicht zentral im Stadtgebiet gelegen, wo die Erreichbarkeit erschwert wird. Im Bereich Demmin ist der Pflegestützpunkt zentraler gelegen und es wird eine bessere Erreichbarkeit ermöglicht. Die Öffnungszeiten be- schränken sich auf zwei Tage in der Woche, wobei eine Terminvereinbarung, auch in der Häuslichkeit möglich ist. Vor Ort befinden sich ein/eine Pflege- berater/-in und ein/eine Sozialarbeiter/-in.

26 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 8 27 Pflegestützpunkte in Mecklenburg-Vorpommern 28 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 8

10

Dabei ist noch zu betrachten, dass Pflegeberatung im Sinne des Casemanagements keine qualifizierte und unabhängige Informationsvermittlung für Pflegebedürftige und deren Angehörige ist, wie der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECK-

LENBURGISCHE SEENPLATTE darstellt, sondern KUHLMEY/SCHAEFFER betonen, dass es die Aufgabe der Casemanager/-innen ist, „…sich über den gesamten Ver- lauf von Pflegebedürftigkeit, Krankheit und Behinderung hinweg erstreckende Begleitung Pflegebedürftiger und die Sicherung einer dem individuellen %edarf entsprechenden, lückenlosen und kontinuierlichen Versorgung gezielt und ef- fizient eingesetzt und möglichst optimale Ergebnisse erzielt werden. Dabei müs- sen Grenzen von Organisationen und Professionen überschritten und enge Ko- operationen mit allen an der Versorgung des jeweiligen Falls beteiligten In- stanzen/Gesundheitsprofessionen hergestellt werden.“29

Fraglich ist, ob der Regionale Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte sich der wichtigen Rolle der Pflegestützpunkte bewusst ist. Anhand der Darstellung liegt eine differenzierte Vorstellung eines Pflegestützpunktes vor. Die Darstellung von Kuhlmey/Schaeffer ist spezialisierter und erfasst das breite Spektrum der Fähigkeiten, die vorhanden sein müssen. Eine Ansiedlung des Casemanagement bei einem ambulanten Pflegedienst ist wenig sinnvoll, außer es besteht ein Vertrag im Rahmen der integrierten Versorgung. Ohne einen Vertrag im Rahmen der integrierten Versorgung wäre die Angebotstransparenz und unabhängige Be- treuung und Begleitung nicht gegeben.

2.2 Eckpfeiler der Pflegelandschaft

Des Weiteren will der REGIONALEN PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE

SEENPLATTE das Ehrenamt mit Hilfe von finanziellen und ideellen Anreiz- systemen weiter fördern. Durch das Ehrenamt soll die Alltagsbewältigung unter- stützt werden, auch mit „niederschwelligen Hilfsmöglichkeiten“. Die Förderung des Ehrenamtes muss unterstützt werden durch Sensibilisierung und Motivation. Es soll dargestellt werden als „wichtige Ressource zum Erhalt und zur Verbes-

29 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 8; Kuhlmey/Schaeffer, 2008, S. 84

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serung der Lebenssituation von Hilfebedürftigen. Außerdem müssen Strategien entwickelt werden, wie das Ehrenamt eingebunden, unterstützt und qualifiziert werden kann.30 Bei der Internetrecherche zum Thema Ehrenamt in der Pflege im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ist aufgefallen, dass hauptsächlich das Ehrenamt im Bereich Hospiz auftritt. Für den Bereich Pflege findet sich nur das

FAMILIENZENTRUM NEUSTRELITZ E.V., welche in diesem Bereich Öffentlich- keitsarbeit leistet.

Mit dem Aufruf „…Kinder betreuen, Menschen vorlesen, eine Interessengruppe aufbauen, einem alten Menschen helfen, seinen Alltag bereichern…“31

Mit diesem Aufruf sucht der Verein Bewerber für den freiwilligen Dienst. Das Projekt „Vorlesepatenschaft“, welches seit 2002 in der Trägerschaft des Vereins ist, bietet Freiwilligen die Möglichkeit in Alten- und Pflegeheimen den Menschen vorzulesen und ihren Alltag zu bereichern.32

In der Sitzung des Kreistages der CDU-FRAKTION MECKLENBURGISCHE

SEENPLATTE am 18.02.2013 wurde sich mit dem Thema „Den Weg für das Ehrenamt frei machen“ beschäftigt. Hier wurde sich ausgetauscht, wie das Ehrenamt attraktiver und mehr Freiwillige für gesellschaftlich wichtige Aufgaben gewonnen werden könnten. In der Sitzung ging es hauptsächlich, um die Stärkung der kommunalen Gefahrenabwehr und Brandschutz. Über den Bereich Pflege wurde nichts besprochen.33

So kann zu dem Entschluss gekommen werden, dass es noch keine weiteren Entwicklungen gegeben hat, um das Ehrenamt in der Pflege zu etablieren.

Eine weitere Intervention zur Umsetzung des Konzeptes des REGIONALEN

PLANUNGSVERBANDES MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE ist die „Schaffung integrierter Versorgungsangebote“. Darunter wird die „bessere Verzahnung medizinischer und pflegerisch-sozialer Betreuung“ verstanden, um Informations-

30 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 9 31 Familienzentrum Neustrelitz e.V. 32 Familienzentrum Neustrelitz e.V. 33 CDU Fraktion Mecklenburgische Seenplatte, 2013

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verluste zu vermeiden und ein umfangreiches System sozialer Infrastruktur- angebote in besiedlungsarmen Regionen zu sichern. Dabei soll das Modell Agnes analysiert werden und die Übertragbarkeit auf den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.34

Bei der Analyse des Modells „Agnes“ beziehungsweise „Agnes zwei“ fällt auf, dass dieses Modell darauf aufbaut Haus-, Fachärzte und medizinische Ver- sorgungszentren im ländlichen Raum zu unterstützen und zu entlasten gemäß der

Arbeitsgemeinschaft INNOVATIVE GESUNDHEITSVERSORGUNG IN BRANDENBURG, kurz IGiB.35

Als zentrale Tätigkeit einer sogenannten „Agnes zwei Schwester“ beschreibt die

IGIB das Fallmanagement. In enger und direkter Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten soll sie betreuungsintensive Patienten/-innen in einem bestimmten Zeitraum durch Hausbesuche unterstützen. Das Tätigkeitsfeld Fall- management beinhaltet das Überleitungsmanagement innerhalb der Sektoren des Gesundheitswesens und das Schnittstellemanagement zwischen den Ärzten und anderen Akteuren im Gesundheitswesen. Die „Agnes zwei Schwester“ unterstützt die Ärzte bei der Koordination von Terminen, den Therapieprogrammen, kontrol- liert die häusliche Pflege sowie die Medikation. Des Weiteren unterstützt sie die Angehörigen und vermittelt soziale Dienste. Die „Agnes zwei Schwester“ entlastet die Ärzte von „logistischem und bürokratischen Aufwand“. Dadurch haben die Ärzte mehr Zeit zur Verfügung, um sich der medizinischen Diagnostik und Therapie zu widmen. Den Patienten/-innen ist somit eine verbesserte ärztliche Versorgung in den Praxen gewährleistet. Durch die „Agnes zwei Schwester“ wird den Patienten/-innen zusätzlich für die Häuslichkeit eine kompetente und qualifizierte Person zur Verfügung gestellt, die sie durch das komplexe medizinische Versorgungssystem begleitet und unterstützt. Somit ist die medizi- nische Versorgung gesichert und die Qualität der Versorgung steigt.36

34 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 11 35 Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg, 2012, S. 2 36 Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg, 2012, S. 2

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Das Modell „Agnes zwei“ dient der ambulant medizinischen Versorgung der Patienten/-innen. Das bedeutet, dass es der ärztlichen Entlastung in ländlichen Regionen dient und ein Anreizsystem darstellt, damit sich neue und jüngere Ärzte in ländlichen Regionen niederlassen. Das Pflegepersonal ist weiterhin der ärztlichen Delegation unterstellt und hat keine Handlungsautonomie. Das Modell dient nicht als Möglichkeit der Verbesserung der ambulant pflegerischen Versorgung.

Der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE stellt im Konzept als weitere Intervention die „Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufes“ vor. Diese Attraktivitätssteigerung soll mit Hilfe von Anreizsystemen geschaffen werden, die nicht allein als kommunale Aufgabe gesehen wird, sondern als gesamtstaatliche Aufgabe.37

Des Weiteren ist sich der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE

SEENPLATTE bewusst, dass die professionelle Pflege eine größere Bedeutung erhalten muss. Das Berufsbild ist mit hoher physischer und psychischer Belastung verbunden, bei geringer Entlohnung sowie Anerkennung in der Gesellschaft. Dieser Attraktivitätsverlust verbunden mit einer ländlich-peripheren und struktur- schwachen Region führt letztendlich zu einem zu erwartendem Fachkräfte- mangel.38

Aus diesem Grund wurde am 07. September 2011 landesweit ein Aktionstag „

Berufswahl Pflege – Deine Chance in MV“ gestartet. Das MINISTERIUM FÜR AR-

BEIT, GLEICHSTELLUNG UND SOZIALES MECKLENBURG VORPOMMERN wollte mit diesem Tag für die Berufe in der Pflege werben. An diesem Aktionstag Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen sowie die Kommunen beteiligt. Es wurden Einblicke in das Berufsbild Pflege gegeben. Außerdem wurde dargestellt, dass Pflegeberufe einen sicheren Berufseinstieg ermöglichen und gute Aussichten be- stehen für eine Übernahme nach der Ausbildung in einen sicheren Arbeitsplatz sowie Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten. Mit diesem Aktionstag sollte

37 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 11 38 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 11

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die Attraktivität des Pflegeberufes gesteigert werden und vor allem junge Men- schen im Land gehalten werden.39

Am 20.02.2013 wurde ebenfalls ein Aktionstag mit diesem Motto durchgeführt, organisiert von Bundesverband Privater Anbieter Sozialer Dienste e.V. Diese Aktionstage werden regelmäßig von verschiedenen Akteuren im Gesundheits- wesen organisiert, wie die Recherche ergeben hat. Die Akteure, wie zum Beispiel die AOK für den Aktionstag 20. Februar 2013, stellen Listen auf ihrer Webseite zur Verfügung, welche Einrichtungen sich in Mecklenburg Vorpommern be- teiligen. Fraglich ist nur, was die Kommunen und der Staat für die Entlohnung tun beziehungsweise tun können, denn mit der Einführung des Mindestlohns ist es bei einem Beruf in der Pflege, der gekennzeichnet ist von hoher Verantwortung gegenüber den Mitmenschen, nicht getan.

Als letzte Intervention gibt der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBUR-

GISCHE SEENPLATTE die „Kommunikation der Handlungserfordernisse“ an. Da- runter wird verstanden, dass eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit für den Aufbau einer Pflegelandschaft durchgeführt werden muss. Dies soll erfolgen durch unter anderem Workshops, Online-Publikationen und Konferenzen. Dabei soll speziell die Politik auf die Handlungserfordernisse im Bereich Pflege sowie potenziell zu Pflegende und die Akteure im Gesundheitswesen für individuelle Hilfs- und Unterstützungsangebote sensibilisiert werden. Zur Sensibilisierung der Fach- öffentlichkeit sollen Modellrechnungen und Anpassungsszenarien kommuniziert werden. Abschließend sollen weitere Interventionen zur Netzwerkbildung kon- kretisiert werden.40

Die Politik in Mecklenburg Vorpommern ist auf die Notwendigkeit in der Pflege zu handeln, nicht allein durch die Kommunikation der Handlungserfordernisse, wie sie im Konzept des Regionalen Planungsverbandes beschrieben wurden, sondern eher durch den Pflegestreit im Jahr 2012, aufmerksam geworden. Durch die Änderung des Landespflegegesetzes in Mecklenburg Vorpommern werde die häusliche Pflege gestärkt, sowie die Tages- Nacht- und Kurzzeitpflege unter der

39 Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales, 2011 40 Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 11

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Bedingung die Löhne tariflich zu orientieren. Viel wichtiger ist, dass die pflegebedürftigen Menschen ebenfalls gestärkt werden, ein selbstbestimmendes Leben in ihrer eigenen Häuslichkeit zu verbringen.

2.3 Modellbetrachtungen der Kostenentwicklung

Der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE besch- reibt drei Modellbetrachtungen für die Kostenentwicklung im Landkreis. Dabei wird die Entwicklung der Kosten für das Jahr 2020 aufgezeigt.

- Passivvariante - Aktivvariante „Netzwerk“ - Aktivvariante „Kostenniveau heute“41

Bei der Passivvariante geht der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBUR-

GISCHE SEENPLATTE von unveränderten Rahmenbedingungen, Verhaltensmustern und Präferenzen der Pflegebedürftigen aus. Es wird angenommen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, bei sinkender häuslicher Pflege durch Angehörige. Die Pflegebedürftigen der Pflegestufe 1 und 2 nehmen zusätzlich ambulante Pflegeleistungen in Anspruch. Die Pflegebedürftigen der Pflegestufe 3 siedeln in stationäre Einrichtungen um. Dabei würden der Bezug von ambulanter Pflege um 41 Prozent sowie stationäre Pflege um 17 Prozent steigen. Bei einem Rückgang von 7 Prozent der häuslichen Pflege durch Angehörigen.42

Die zweite Variante, welche der Regionale PLANUNGSVERBAND

MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE vorstellt, ist die Aktivvariante „Netzwerk“. Es wird davon ausgegangen, dass gewisse Unterstützungsmöglichkeiten aufgebaut und Netzwerkstrukturen angesiedelt werden, welche die häusliche Pflege von Angehörigen verbessert. Dabei soll die ambulante Pflege die häusliche Pflege unterstützen. Die Attraktivität der ambulanten Pflege würde steigen. Dadurch werden die Pflegebedürftigen der Pflegestufe 1 und 2 in der Häuslichkeit ge- halten. Die Nachfrage der Pflegebedürftigen der Pflegestufe 1 bezüglich statio-

41 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 14ff 42 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenpallte, 2008, S. 14f

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närer Pflege nimmt ab. Stationäre Pflege wird hauptsächlich von Pflege- bedürftigen der Pflegestufe 3 in Anspruch genommen. Demzufolge würde der Bezug von ambulanter Pflege um 28 Prozent und der häuslichen Pflege um 12 Prozent steigen. Der Bezug von stationärer Pflege bliebe unverändert.43

Als Letztes stellt der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE

SEENPLATTE die Aktivvariante „Kostenniveau heute“ vor. Es wird unterstellt, dass die Gesamtkosten trotz steigender Nachfrage konstant bleiben. Es geschieht nur eine Verschiebung der Präferenzen der Pflegebedürftigen von stationärer zur ambulanten Pflege. Dies würde ein Anstieg der ambulanten Pflege um 60 Prozent und der häuslichen Pflege um 12 Prozent bewirken. Die stationäre Pflege würde um 60 Prozent abnehmen.44

Gemäß des REGIONALEN PLANUNGSVERBANDES MECKLENBURGISCHE SEEN-

PLATTE ergibt die Gesamtkostenentwicklung entsprechend der einzelnen Vari- anten folgende Ergebnisse:

- 91,3 Millionen Euro wurden im Jahr 2008 für Pflegeleistungen ausgegeben - bei der Passivvariante würden die Gesamtkosten um 19 Prozent steigen - bei der Aktivvariante „Netzwerk“ würden die Gesamtkosten um 9 Prozent ansteigen - bei der Aktivvariante „Netzwerk“ mit „Kostenniveau heute“ würden die Gesamtkosten um 2 Prozent ansteigen45

Der REGIONALE PLANUNGSVERBAND MECKLENBURGISCHE SEENPLATTE ist sich bewusst, dass die Kombination aus beiden Aktivvarianten und die damit ver- bundene Steigerung der Gesamtkostenentwicklung um nur 2 Prozent nicht realisierbar ist. Trotzdem müssen Veränderungen vorgenommen werden, weil sonst die Gesamtkosten rapide ansteigen werden. Daher sollen die Pflege- bedürftigen in der Häuslichkeit gehalten werden. Dies soll erreicht werden mit verbesserten Rahmenbedingungen für die ambulante und häusliche Pflege.

43 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 15f 44 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 16 45 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 17

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Gleichzeitig bewirkt es eine Kostensenkung für Privathaushalte der zu Pfle- genden, der Pflegekassen, der Sozialhilfeträger und der öffentlichen Hand.46

3. Theoretische Kostensenkung ohne Perspektive

Der Regionale Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte ist sich der heutig- en Bedeutung der Pflege, besonders der ambulanten und häuslichen Pflege, be- wusst. Ein wesentlicher Schritt ist es eine Pflegelandschaft im Landkreis Meck- lenburgische Seenplatte zu etablieren. Damit eine Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen beginnen kann.

Wobei es schwierig sein wird, dass der Pflegestützpunkt Zugriff auf die Fach- kompetenz und Angebote der Akteure im Gesundheitswesen bekommt. Einige große Anbieter haben bereits im Landkreis eine eigene Pflegelandschaft auf- gebaut, damit die Pflegebedürftigen innerhalb ihrer verschiedenen Versorgungs- arten verbleiben. Dadurch ist es fraglich, ob eine Angebotstransparenz überhaupt möglich ist. Des Weiteren muss sehr differenziert werden, ob jemand in der Häuslichkeit gepflegt werden kann oder besser in einer stationären Einrichtung aufgehoben ist. Es darf nicht Hauptanliegen sein, die Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit zu belassen, um Kosten zu sparen.

Bei den anderen Eckpfeilern der Pflegelandschaft beziehungsweise des Pflege- netzwerkes scheint es, dass diese kaum vorangetrieben werden. Die einzige prä- sente Intervention ist die Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufes. Wobei diese nicht im Zuge der wachsenden Bedeutung der professionellen Pflegeleistung zu sehen ist. Viel eher im Zuge des zunehmenden Mangels an Pflegepersonal. Die Ergebnisse der Pflegetransparenzvereinbarung zeigen dieses deutlich. Viele am- bulante Pflegedienste schmücken ihre Fahrzeug oder Häuserwände mit der Ge- samtnote.

Durch die Aufstellung der Kostenentwicklung und den Stand der bisherigen Um- setzungsprozesse der Interventionen wird deutlich, dass das Konzept sich den Problemen annimmt. Es werden aber keine Ansätze über die Möglichkeiten be-

46 Regionaler Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte, 2008, S. 17,19

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ziehungsweise Perspektiven der ambulanten sowie häuslichen Pflege vorgestellt. Damit die ambulante und häusliche Pflege dieses Konzept unterstützen und positiven Einfluss auf die Entwicklung der Kosten nehmen können, ist es wichtig die häusliche Versorgung an die Herausforderungen anzupassen und zu ver- bessern.

4. Methodisches Vorgehen

Pflege im Notstand kann zurzeit überall gelesen werden. Sei es auf den Fahr- zeugen der ambulanten Pflegedienste im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte oder in Zeitungsartikeln der Tagespresse. Kürzungen im Bereich der SGB V- oder SGB XI Leistungen gehören zur Tagesordnung. Sei es einerseits die Kürzung der Wegepauschale durch die Krankenkassen oder der Zeit für pflegerische Leis- tungen durch den Arbeitgeber. Pflege muss immer schneller von statten gehen, aber die Patienten/-innen sollen zufrieden sein. Die Vergütung ist gering, aber die Qualität muss ständig verbessert werden. Die Bevölkerung wird immer älter und es mangelt an Pflegepersonal. Daher steht die Pflege vor der Aufgabe sich den zukünftigen Herausforderungen zu stellen und neue Handlungsfelder zu eta- blieren.

Diese Problemstellung ist dem Verfasser der vorliegenden Bachelorarbeit durch den beruflichen Werdegang bekannt. Der berufliche Werdegang ist geken- nzeichnet durch eine zehnjährige Tätigkeit in einem ambulanten Pflegedienst im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Daher ist ebenfalls die Auseinander- setzung mit der Problemstellung im zeitlichen Verlauf und im regionalen Bezug bekannt.

Das Interesse lag darin, herauszufinden, welche Perspektiven die professionelle Pflege im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte hat.

Zu Beginn der Bearbeitung der Fragestellung beziehungsweise des Themas wurde eine zielgerichtete und systematische Literaturrecherche durchgeführt. Die Lite- raturrecherche erfolgte in den nachfolgenden Quellen:

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- Bibliothekskatalog der Hochschule Neubrandenburg - gemeinsamer Verbundkatalog - Datenbankrecherche - Handsuche Zeitschriften - Internetrecherche

Bei der Recherche im Bibliothekskatalog, dem gemeinsamen Verbundkatalog sowie in den Datenbanken wurden zuerst folgende Suchbegriffe verwendet: „professionelle Pflege“, „Herausforderungen Pflege“, „Perspektiven Pflege“ und „Pflege 2030“. Diese Suchbegriffe führten teilweise zu einer hohen Trefferquote. Deshalb wurden die Suchbegriffe weiter konkretisiert. Die Recherche wurde mit folgenden Suchbegriffen fortgesetzt: „ambulante Pflege in Mecklenburg Vor- pommern“, „Herausforderungen Pflege in Mecklenburg Vorpommern“ und „Pflege 2030 in Mecklenburg Vorpommern“. Des Weiteren wurde im Internet nach Prognosen für die „Pflege 2030 Mecklenburgische Seenplatte“ und „Pflege Mecklenburgische Seenplatte“ gesucht. Dabei wurde der Themenreport „Pflege 2030“ und der Kommunenwegweiser der Bertelsmann Stiftung gefunden. Des Weiteren wurde das Konzept des Regionalen Planungsverbandes Mecklenbur- gische Seenplatte bei der Internetrecherche entdeckt.

Auf Grundlage dieser Literaturrecherche konnte die Ausgangslage des Land- kreises Mecklenburgische Seenplatte dargestellt werden.

Das Konzept des Planungsverbandes Mecklenburgische Seenplatte schlug keine zukünftigen Handlungsfelder beziehungsweise Perspektiven für die ambulante Pflege vor. Daher war die bisherige Literaturrecherche nicht ausreichend. Aus dem Konzept des Planungsverbandes Mecklenburgische Seenplatte ging hervor, dass die ambulante Pflege und die häusliche Pflege von Angehörigen gestärkt werden soll. Außerdem wurde nach Pflegesystemen gesucht, die den Mangel an Pflegepersonal einschränken können.

Die Literaturrecherche wurde erweitert auf folgende Suchbegriffe: „Angehörigenpflege“, „Beratung von Angehörigen“ und „Pflegesysteme“. Dabei wurden neue Begriffe gesichtet, wie „Primary Nursing“, „Public Health Nursing“,

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„Familiengesundheitspflege“ und das „Casemanagement“. Diese wurden in die Literaturrecherche miteinbezogen.

Eine Auflistung der Treffer der Literaturrecherche befindet sich im Anhang.47

Die gefundene Literatur wurde auf Aktualität geprüft. Es wurde der Zeitraum von der Veröffentlichung des Konzeptes des Regionalen Planungsverbandes Meck- lenburgische Seenplatte bis heute festgelegt. Der Zeitraum beschränkt sich daher auf die letzten fünf Jahre. Damit die neuen Erkenntnisse mit in diese Arbeit aufgenommen werden können. Ausnahme wurde nur bei Grundlagenliteratur gemacht, wenn diese heute noch Gültigkeit besitzt. Weiterhin wurde die Literatur in Bezug auf die Relevanz für das Thema geprüft. Dabei wurden die nach- folgenden Kriterien zur Auswahl der Literatur festgelegt:

- regionaler Bezug zur Mecklenburgischen Seenplatte - Aussagen bezüglich Gesundheitsversorgung ländlicher Raum - Aussagen bezüglich Gesellschaft und Pflegeentwicklung - Aussagen bezüglich Herausforderungen in der Pflege - Aussagen bezüglich Perspektiven in der Pflege - Aussagen bezüglich Handlungsfelder in der Pflege

Vorrangig betrachtet wurden Aussagen speziell über die ambulante Pflege.

Abschließend wurde die Literatur beschafft und ein vorläufiges Literaturver- zeichnis angelegt. Es wurde ein Zeitplan, eine Arbeitsgliederung und ein Exposé angefertigt.

5. Tätigkeitsfelder der ambulanten Pflege

Die häusliche Pflege durch Angehörige, auch Angehörigenpflege genannt, ist der Hauptträger der ambulanten Pflegeleistungen im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Daher ist besonders wichtig, die Angehörigen und deren Familien zu unterstützen.

47 Anhang 1

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Gemäß BÜHRLEN ist die Angehörigenpflege die pflegerische Versorgung und die Begleitung eines Pflegebedürftigen in allen Bereichen seines täglichen Lebens. Angehörige sind emotional und biographisch geprägt in Bezug auf den Pflege- bedürftigen. Angehörigenpflege bedeutet für den Pflegebedürftigen Sicherheit und Geborgenheit. Somit vermittelt es eine ganzheitliche Fürsorge. Für den Ange- hörigen bedeutet das Interrollenkonflikte in Bezug auf die Familie, den Beruf, den Haushalt und die Pflege. Professionelle Pflege sollte eine ergänzende und tech- nische Pflegeleistung bei der Angehörigenpflege darstellen. In der Angehörigen- pflege sind Kompetenzressourcen versteckt, die die professionelle Pflege ent- decken und fördern muss.48

ROEVEKAMP-WATTENDORF/SCHWERING fügen noch hinzu, das ohne die Angehörigen die Pflegebedürftigen nicht verstanden und versorgt werden kann. Die Pflege hat die Möglichkeit Angehörige zu mobilisieren und zu fördern, um eine Pflege sicherzustellen, die über die Möglichkeiten der Pflegenden hinaus- geht. Des Weiteren befinden sich Pflegebedürftige in einem sozialen System. Daher ist die Pflege ebenso verantwortlich für das soziale System, wie für die Pflegebedürftigen.49

Durch diese genannten Aspekte wird deutlich, dass die professionelle Pflege die Angehörigen als Tätigkeitsfeld mehr einbinden muss.

5.1 Angehörigenpflege

Gemäß dem DBfK richtet sich die Pflegeberatung „…an von Pflegebedürftigkeit betroffene oder bedrohte Personen und deren Angehörigen sowie an ehrenamtlich in der häuslichen Pflege engagierte Menschen.“50

Pflegeberatung ist mehr als nur eine Informationsvermittlung, dies zeigt der DBfK mit der veröffentlichen Definition von Pflegeberatung deutlich. Der DBfK definiert die Pflegeberatung, wie folgt, bei der Pflegeberatung „[…]…werden gemeinsam die individuellen Pflege- sowie Betreuungsprobleme erörtert und

48 Bührlen, 2012, S. 2 49 Roevekamp-Wattendorf/Schwering, 2012, S. 16 50 Deutscher Bunderverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 12

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durch die Verbindung von Fachkompetenz und individueller Lebenskompetenz nach Lösungen gesucht. Die Beratung will nicht nur informieren, sondern Orientierung geben und gemeinsam Entscheidungsalternativen entwickeln. Sie will Ängste nehmen und die Ratsuchenden in ihrer Eigenkompetenz stärken. Neben dem Wiederbeleben von vorhandenem Wissen wird neues Wissen ver- mittelt und bestehende oder potentielle Handlungskompetenzen aktiviert […].“ Des Weiteren werden zwei Arten von Pflegeberatung beschrieben. Unter der leistungsbezogenen Beratung wird über Leistungen des Sozialgesetzbuches und Versorgungskonzepte beraten. Bei der personenbezogenen Beratung stehen die zu beratende Person und ihre individuelle Kompetenzstärkung im Mittelpunkt. Innerhalb der Beratung werden eine Situationsanalyse vorgenommen, gemeinsam Ziele und Interventionen erarbeitet, die Anleitung zur Umsetzung gegeben sowie geeignete Beurteilungsmerkmale zur Bestimmung der Ergebnisse festgelegt. Der Beratungsprozess ist ein Problemlösungsprozess und ähnelt daher dem Pflegeprozess.51

Das aktuelle Verständnis von Pflegeberatung in der Praxis muss sich grundlegend ändern. Damit die Pflegeberatung für die Angehörigen sinnvoll und effektiv ist. Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige und deren Angehörigen sind im Leistungskatalog des Sozialgesetzbuches verankert:

- § 7a SGB XI Pflegeberatung - § 37 SGB XI Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen - § 39 Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson - § 45 SGB XI Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen

5.2 Family Health Nursing

Um die Familien und Angehörigen weiter zu fördern, erschließt sich ein weiteres Tätigkeitsfeld für die Pflege.

Gemäß dem DBFK ist die Familiengesundheitspflege, auch Family Health Nursing and Midwifery genannt, ein Ansatz der WHO zur „…Stärkung der

51 AG Pflegeberatung DBfK-Südwest, 2007

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Gesundheit der Bevölkerung durch neue familien- und gesundheitsorientierte aufsuchende Dienstleistungen von Pflegefachpersonen und Hebammen“.

Das Tätigkeitsfeld der Familiengesundheitspflegenden und –hebammen ist es vor „…allem sozial benachteiligten Familien, Einzelpersonen und Gruppen den Zugang zu Gesundheitsangeboten und Leistungen des Sozial- und Gesund- heitswesens“ zu ermöglichen. Diese sozial benachteiligte Bevölkerung wird präventiv aufgesucht, beraten, unterstützt und zur Bewältigung des täglichen Lebens und von Krisen befähigt. Die Tätigkeit ist auf die gesamte Lebensspanne der Familie gerichtet und umfasst die Prävention, Gesundheitsförderung und die ambulante Pflege bei Krankheit und Behinderung sowie die Betreuung in finalen Lebensphasen. Zu der Zielgruppe zählen auch Kinder und Jugendliche, Frauen mit Risikoschwangerschaften, alleinerziehende Mütter und Väter. In den Mittelpunkt dieser Tätigkeit stehen die Prävention, die Gesundheitsförderung, die Versorgung im häuslichen Umfeld, die Familie und die Gemeinde.52

Der DBFK beschreibt, dass der Bedarf an Betreuung von Familien aus einer Krisen- oder Umbruchsituation entsteht. Dadurch benötigen die Familien Unterstützungsangebote, welche nicht nur auf das erkrankte Familienmitglied, sondern auf die ganze Familie bezogen sind. Es besteht ein erhöhter Informations- und Beratungsbedarf über Hilfs- und Entlastungsmöglichkeiten. Die Familien- gesundheitspflegenden und –hebammen zeigen nur Perspektiven im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Die Familien müssen daher selbst entscheiden. Die Familien müssen fördernde Unterstützung und Begleitung erhalten. Dies dient der Stärkung des Vertrauens, der Motivation und der Befähigung zum selbstständigen Handeln. Daher ist eine frühzeitig Einbindung und Vernetzung aller benötigten Akteure im Gesundheitswesen notwendig.53

Voraussetzungen für die Weiterbildung „Familiengesundheit für Pflegende und Hebammen“ sind mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und mindestens 50

Prozent Berufstätigkeit im Bereich Pflege oder Hebammenwesen, laut DBFK. Hinzu kommt eine Weiterbildung von zwei Jahren mit insgesamt 1560 Stunden.

52 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 16f 53 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 18

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Davon 720 Stunden Präsenzzeit und Selbststudium und 120 Stunden Praktikum. Während der gesamten Weiterbildung werden Familien im Rahmen der Familien- gesundheitspflege begleitet.54

Eine Verankerung der Familiengesundheitspflege in den Leistungskatalogen der

Sozialgesetzbücher ist nicht vorgesehen. Daher empfiehlt der DBFK eine Ver- ankerung der Familiengesundheitspflege in regionale Versorgungskonzepte oder im Rahmen der integrierten Versorgung. Dabei ist Öffentlichkeitsarbeit und das Einbeziehen der relevanten Akteure notwendig.55

WESKAMM fügt hinzu, dass der DBfK eine Rahmenvereinbarung mit der Barmer GEK im Sinne der Familiengesundheitspflege getroffen hat. Dies ermöglicht eine „…Finanzierung dieser Beratungsleistung in komplex belasteten Familien über insgesamt sieben Monate.“56

5.3 Public Health Nursing

BRIESKORN-ZINKE beschreibt Public Health Nursing als Tätigkeitsfeld im Bereich der öffentlichen Gesundheitsförderung. Das Tätigkeitsfeld hat eine übergeordnete Rolle. Es steht für mehr Transparenz der traditionellen pflegerischen Tätigkeits- felder gegenüber der Bevölkerung auch außerhalb der verschiedenen Versor- gungseinrichtungen. Die Hauptaufgabe einer Public Health Nurse ist es, „…aus pflegerischer Perspektive gesundheitsbezogene Daten zu sammeln, Gesundheits- förderungskonzepte zu entwickeln oder an entsprechenden Programmen mitzu- wirken und diese in Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen umzusetzen“.57

Der DBFK gibt an, dass das Aufgabenfeld sich unter anderem auf die Förderung der Selbsthilfekompetenz von Pflegebedürftigen und/oder pflegende Angehörige, Mitwirkung in der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention und Ge- sundheitsbildung, -aufklärung, -beratung bezieht. Voraussetzungen für das Tätig- keitsfeld sind das Bezug zur Lebenswelt besteht, die Orientierung auf die Ge-

54 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2001, S. 20f 55 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 20 56 Weskamm, 2012, S. 1014 57 Brieskorn-Zinke, 2007, S. 111f

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sundheit und Kooperation mit allen Akteuren im Gesundheitswesen. Haupt- ansprechpartner für die Public Health Nurse sind das Pflegepersonal. Das Pflege- personal kann Bedürfnisse und Risiken in der Bevölkerung erkennen und durch ihr Handeln die Gesundheit entscheidend zu beeinflussen. Kein weiterer Beruf ist so dicht am Menschen und deren Familie.58

Gemäß DBFK ist die Voraussetzung für die Fortbildung „ Public Health/ Gesundheitsförderung für Pflegeberufe“ der Abschluss einer Ausbildung zur Pflege-fachkraft. Die Fortbildung dauert zwei Jahre und beläuft sich auf ins- gesamt 200 Stunden einschließlich Praktikum. In den zwei Jahren müssen acht bis zehn Module abgeschlossen werden. Der Abschluss erfolgt mit Übergabe eines Zertifikats. Des Weiteren ist auch der Abschluss Bachelor of Arts mit der Fach- richtung Public Health Care and Case Management anerkannt.59

Bisher gibt es keine einheitliche Finanzierung für die Public Health Nurse, laut DBfK. Meist erfolgt die Tätigkeit im Rahmen des Pflegealltags ohne spezielle Fi- nanzierung.60

Eine Möglichkeit könnte die Finanzierung über die Primärprävention sein.

- § 20 SGB V Prävention und Selbsthilfe - § 20a SGB V Betriebliche Gesundheitsförderung - § 20b SGB V arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren

5.4. Primary Nursing

Auf Grundlage des Mangels an Pflegepersonal ist es erforderlich die Arbeits- organisation neu auszurichten. Eine Möglichkeit wäre das Primary Nursing.

Nach TESSIN ist das System Primary Nursing ein „individuelles ganzheitliches Organisationssystem mit Fallverantwortung“. Die Patientenversorgung übernim- mt eine Primary Nurse und eine Associate Nurse. Wobei die Associate Nurse während der Abwesenheit der Primary Nurse die Pflege übernimmt. Der Pflege-

58 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 26ff 59 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 29f 60 Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V., 2011, S. 29

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plan wird von der Primary Nurse festgelegt. Nur bei massiver Veränderung des Pflegebedarfs darf davon abgewichen werden. Die Abweichung vom Pflegeplan muss dazu noch begründet werden.61

Das pflegerische Versorgungssystem Primary Nursing ist zurückzuführen auf

MANTHEY. Es besteht aus vier grundlegenden Elementen:

- „Die Übertragung der persönliche Verantwortung für das Treffen von Ent- scheidungen auf eine Person und deren Akzeptanz durch diese Person - Tägliche Arbeitszuweisung nach der Fallmethode - Direkte Kommunikation von Mensch zu Mensch - Übernahme der Verantwortung für die Qualität der für einen Patienten erbrachte Pflege durch eine Person, und zwar 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche“62

Gemäß MANTHEY ist das Kernstück die Verantwortungsübertragung. Die Primary Nurse ist verantwortlich, wie der Patient gepflegt wird und das kontinuierlich vierundzwanzig Stunden am Tag. Des Weiteren übernimmt sie soweit wie möglich die Pflege. Jegliche Entscheidungen gehen von der Primary Nurse aus. Nach dem Grundsatz wer die Pflege übernimmt kann am besten entscheiden. Somit ist sie zuständig für die Pflegeplanung. Die Primary Nurse hat dafür Sorge zu tragen, dass alle Informationen den beteiligten Akteuren am Pflegeprozess während ihrer Abwesenheit zur Verfügung stehen. Dementsprechend legt sie die Pflegeanweisungen fest. Eine Abweichung von der Pflegeplanung während ihrer Abwesenheit ist nur vorzunehmen, wenn eine erhebliche Veränderung des Befindens vom Patienten vorliegt.63

Das zweite Element ist die Arbeitszuweisung. Unter der Arbeitszuweisung versteht MANTHEY, dass eine Verteilung der pflegerischen Aufgaben im Schichtdienst vorgenommen wird. Die bestimmte Pflegekraft übernimmt alle pflegerischen Aufgaben, die für den Patienten anfallen. Bei der Verteilung ist darauf zu achten, dass die bestimmte Pflegekraft innerhalb ihres Aufgabenfeldes

61 Tessin, 2011, S. 48 62 Manthey, 2011, S 79 63 Manthey, 2011, S. 80ff

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in der Stellenbeschreibung bleibt. Falls eine Arbeit außerhalb dieses Auf- gabenfeldes liegt, steht die bestimmte Pflegekraft trotzdem in der Verantwortung eine dafür qualifizierte Pflegekraft zu informieren. Bei der Zuweisung der täglichen Pflege an eine bestimmte Pflegekraft sollen die Fähigkeiten der Pflege- kraft entsprechend des speziellen Bedarfs des Patienten aufeinander abgestimmt sein. Trotzdem ist eine kontinuierliche Pflege nur gegeben, wenn die Primary Nurse während ihrer Schicht die Pflege persönlich durchführt.64

Die direkte Kommunikation wurde von MANTHEY entwickelt, um die Daten- übermittlung zu korrigieren. Eine unmittelbare Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren soll hergestellt werden. Alle Akteure reden direkt mit- einander. Damit wichtige Informationen nicht von Dritten übermittelt und gefiltert werden. Die Informationsweitergabe erfolgt unmittelbar, es wird nicht bis zur Übergabe gewartet. Die Primary Nurse muss sich fehlende Informationen unmit- telbar von den beteiligten Akteuren einholen oder benötigte Informationen an die beteiligten Akteure übermitteln.65

Das letzte Element von MANTHEY ist die Übernahme der Verantwortung für die Qualität. Beim Primary Nursing geht die Entscheidung, wie ein Patient gepflegt wird, auf die Person über, die hauptsächlich für die Durchführung der Pflege verantwortlich ist. Durch die stetige Anwesenheit und Durchführung der Pflege kann diese Person auch am besten die Pflegeplanung beurteilen. Daher kann sie auch am besten auf zum Beispiel angemessene oder unangemessene Inter- ventionen reagieren und sie verbessern. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Person, die die Pflege plant, die Pflege auch ausführt, um Verbesserungen an der Pflegeplanung unverzüglich anzupassen. Dementsprechend sollte sich der Dienst- plan gestalten. Eine Primary Nurse sollte fünf von einundzwanzig Schichten in der Woche übernehmen, um durchgehend für die Patienten zur Verfügung zu stehen.66

64 Manthey, 2011, S. 82-85 65 Manthey, 2011, S. 85f 66 Manthey, 2011, S. 87, 89

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6. Angehörigenpflege, Gesundheitsförderung und Prävention, Primary Nursing

Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und die professionelle Pflege, ins- besondere die ambulante Pflege, haben gemeinsam die Möglichkeit die häusliche Pflege zu stärken. Dadurch wird der Wunsch der älteren Bevölkerung in der eigenen Häuslichkeit zu leben und der Selbstständigkeit berücksichtigt. Um diesen Wunsch zu verwirklichen, sollten die Perspektiven der professionellen Pflege im Landkreis etabliert werden.

Die Angehörigenpflege ist das größte Tätigkeitsfeld, welches mehr im Bereich ambulante Pflege im Landkreis einbezogen werden sollte. Bisher ist es der professionellen Pflege nicht gelungen die Angehörigen effektiv in die Pflege einzubinden. Die Pflegebedürftigen und die pflegenden Angehörigen müssen zusammen betrachtet werden. Denn durch die Förderung der Angehörigen kann eine qualitativ hochwertige Pflege sichergestellt werden. Die professionelle Pflege kann dies aufgrund von Zeitdruck, die geringe Leistungsvergütung und den Personalmangel nicht alleine bewältigen. Damit dies geschieht muss sich das Verständnis von professioneller Pflege und Beratung ändern. Ambulante Pflegedienste sollten verstärkt Kurse für Angehörige anbieten. In den Kursen können Angehörige zum Beispiel ihre Probleme schildern, pflegerische Tätigkeiten erlernen und sich wie in einer Selbsthilfegruppe mit anderen pflegenden Angehörigen austauschen. Dabei obliegt es beim ambulanten Pflege- dienst an die Pflegekassen heranzutreten und Rahmenvereinbarungen abzu- schließen. Des Weiteren muss die Verhinderungspflege mehr in der ambulanten Pflege etabliert werden, um eine Entlastung für den pflegenden Angehörigen zu bieten. Dies kann besonders durch Öffentlichkeitsarbeit eines ambulanten Pflege- dienstes geschehen. Damit gezielt pflegende Angehörige angesprochen werden. Die Politik muss ebenfalls mehr Geld für die Beratung zur Verfügung stellen. Denn ein Beratungseinsatz nach § 37.3 SGB XI wird in Neustrelitz für die Pflegestufe 1 und 2 mit 16 Euro und Pflegestufe 3 mit 26 Euro vergütet. Dies ist nicht ausreichend für eine angemessene Beratung in Bezug auf die Stärkung der häuslichen Pflege.

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Im Sinne der Gesundheitsförderung und Prävention besteht die Möglichkeit der Ansiedlung einer Familiy Health Nursing in einem ambulanten Pflegedienst. Durch die Strukturschwäche und die hohe Arbeitslosigkeit des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte, könnte diese bei der Betreuung von sozial be- nachteiligten Familien eingesetzt werden. Dadurch kann aktiv dafür Sorge ge- tragen werden, dass ein gesunder Lebensstil gefunden wird. Dies bewirkt eben- falls einen positiven Einfluss auf Gesundheitsprobleme. Die Familiengesund- heitspflege würde die Familien im Landkreis stärken, sie gesünder älter werden lassen, potenzielle pflegende Angehörige hervorrufen und die Familien im Landkreis halten.

Eine weitere Stütze für die Gesundheitsförderung und Prävention könnte das Public Health Nursing sein. Die Public Health Nurse sollte im Rahmen der Primarprävention die Gesundheitsförderung in einem Betrieb übernehmen. Gezielt könnte sie in der Stressbewältigung und Rückenschulung für das Pflegepersonal eingesetzt werden. Des Weiteren bestehe die Möglichkeit, dass sie sich für ein gesundes Arbeitsklima einsetzt. Ein gesundes Arbeitsklima und die betrieblichen Gesundheitsförderung könnten das Fluktuationsrisiko senken, das Ansehen des Betriebes in der Öffentlichkeit und die Kompetenzen des Pflegepersonals steigern. Dem Pflegepersonal wird deutlich, dass der Betrieb ein Interesse daran hat, bestimmte Probleme des Pflegeberufes entgegenzuwirken. Hier müsste allerdings der ambulante Pflegedienst an die Krankenkassen herantreten, um eine mögliche Finanzierung nach § 20 SGB V auszuhandeln. Dabei könnte die Public Health Nurse, Daten für die Krankenkasse über Risiken und potenzielle Gesundheitsgefährdung im Betrieb sammeln und ein individuelles Konzept für die Mitarbeiter entwickeln. Besonders anbieten würde sich das Public Health Nursing in großen Betrieben sektorenübergreifend, um eine höhere Anzahl an Pflegepersonal zu erreichen. Darüber hinaus könnte das Public Health Nursing in der Angehörigenpflege eingesetzt werden, um Daten über Belastungen der pflegenden Angehörigen zu gewinnen. Diese Daten bilden die Grundlage um spezielle Schulungskurse im Rahmen des § 45 SGB XI anbieten zu können. Dieses Tätigkeitsfeld würde gleichermaßen das Pflegepersonal stärken, die Beratung durch das Pflegepersonal verbessern und dadurch die Angehörigen in

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der häuslichen Pflege fördern. Das hat positive Auswirkungen auf die Pflege- bedürftigen.

Eine andere Möglichkeit ist die Umstellung der Arbeitsorganisation auf das Primary Nursing. Dem Pflegepersonal mehr Verantwortung zu übertragen, aber gleichzeitig auch freie Gestaltungsmöglichkeiten der professionellen Pflege. Eine positive Fehlerkultur muss bei diesem System berücksichtigt werden, weil die Verantwortlichkeiten klar geregelt sind. Dadurch wird gleich ersichtlich, wer den Fehler verursacht hat. Des Weiteren ist noch besonders wichtig, dass die Primary Nurse nicht nur die Pflegeplanung schreibt und die Pflegekräfte einteilt, sondern diese anhand der Umsetzbarkeit selbstständig prüft. Sonst ist es für das Pflegepersonal belastend etwas umzusetzen, was gar nicht funktioniert. Eine Umsetzung in der ambulanten Pflege wäre, dass die Pflegefachkräfte, die Pflegekräfte entsprechend ihren Kompetenzen einteilen. Damit die Pflegefach- kräfte mehr Freiräume für die Koordination der Pflege und den Aufbau eines Netzwerkes für den Pflegebedürftigen.

Die ambulante Pflege und die Verantwortlichen des Landkreises Mecklenbur- gische Seenplatte haben die Möglichkeit gemeinsam die Perspektiven der professionellen Pflege aufzubauen und zu etablieren, um den zukünftigen Herausforderungen positiv entgegenwirken zu können.

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Quellenverzeichnis

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DEUTSCHER BUNDESVERBAND FÜR PFLEGEBERUFE E.V.; Definition der Pflege-

International Council of Nurses ICN. Verfügbar unter: http://www.dbfk.de /download/download/ICN-Definition %20der% 20Pflege%20-%20ICN%20 deutsch%20DBfK.pdf,Stand: 24.04.2013.

DEUTSCHER BUNDESVERBAND FÜR PFLEGEBERUFE E.V.; Gesundheitsförderung und Prävention, Handlungsfelder der Pflege, 2011. Verfügbar unter: http://www.dbfk.de/download/download/Praevention---Handlungsfelder-der- Pflege-2011-08-23.pdf, Stand 22.04.2013.

FAMILIENZENTRUM NEUSTRELITZ E.V.; FreiwilligenAgentur – Ich will mitmachen! Verfügbar unter: http://www. familienzentrum-neustrelitz.de/seiten/FWA Freiwillige.html, Stand 21.04.2013.

HASSELHORN, H.M.; MÜLLER, B.H.; TACKENBERG, P.; Warum will Pflegepersonal

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VORPOMMERN; Pressemeldung, Pflege hat Zukunft – Aktionstag „Berufs- wahl Pflege – Deine Chance in MV“ am 07. September 2011 in MV, 2011. Verfügbar unter: http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportalprod/ Regierungsportal/de/sm/_Service/Presse/Aktuelle_Pressemitteilungen/index. jsp?&pid=30558, Stand 24.04.2013.

MINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU UND LANDESENTWICKLUNG MECKLENBURG-

VORPOMMERN; 4. Landesprognose zur Bevölkerungsentwicklung in Meck- lenburg-Vorpommern bis zum Jahr 2030, 2008. Verfügbar unter: http:// www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/Regierungsportal /de/vm/Themen/Landes-_und_Regionalentwicklung/Gutachten%2c_Unter suchungen%2c_Prognosen/index.jsp, Stand 18.04.2013.

PFLEGESTÜTZPUNKTE IN MECKLENBURG-VORPOMMERN. Verfügbar unter: http:// www.psp-mv.de/index.php?option=com_content&view=article&id=13 6&Itemid=251, Stand 18.04.2013.

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Anhang

Anhang 1: Übersicht über die bei der Literaturrecherche erzielten Ergebnisse

Suchbegriff Quelle Treffer

„professionelle Pflege“ Springer Link 4.071

CareLit 255

DIMDI 234

Heclinet 23.386

Bibliothekskatalog 21

Gemeinsamer 172 Verbundkatalog

„Herausforderungen Pflege“ Springer Link 5.624

CareLit 201

DIMDI 161

Heclinet 662

Bibliothekskatalog 7

Gemeinsamer 151 Verbundkatalog

„Perspektiven Pflege“ Springer Link 6.961

CareLit 118

DIMDI 107

Heclinet 1069

Bibliothekskatalog 26

Gemeinsamer 302 Verbundkatalog

36

„Pflege 2030“ Springer Link 699

CareLit 16

DIMDI 35

Heclinet 4

Bibliothekskatalog 0

Gemeinsamer Verbundkatalog 5

„Pflege 2030 in Mecklenburg Springer Link 4 Vorpommern“

CareLit 1

DIMDI 3

Heclinet 0

Bibliothekskatalog 0

Gemeinsamer 1 Verbundkatalog

„Herausforderungen Pflege Springer Link 180 in Mecklenburg Vorpommern“

CareLit 0

DIMDI 7

Heclinet 1

Bibliothekskatalog 3

Gemeinsamer 3 Verbundkatalog

„ambulante Pflege in Springer Link 142 Mecklenburg Vorpommern“

37

CareLit 2

DIMDI 25

Heclinet 32

Bibliothekskatalog 1

Gemeinsamer 7 Verbundkatalog

„Angehörigenpflege“ Springer Link 61

CareLit 20

DIMDI 88

Heclinet 1.131

Bibliothekskatalog 35

Gemeinsamer 22 Verbundkatalog

„Beratung von Angehörigen“ Springer Link 4.844

CareLit 66

DIMDI 236

Heclinet 352

Bibliothekskatalog 8

Gemeinsamer 66 Verbundkatalog

„Pflegesysteme“ Springer Link 58

CareLit 21

DIMDI 5

38

Heclinet 2.632

Bibliothekskatalog 0

Gemeinsamer 5 Verbundkatalog

„Primary Nursing“ Springer Link 78.824

CareLit 147

DIMDI 52.061

Heclinet 828

Bibliothekskatalog 14

Gemeinsamer 252 Verbundkatalog

„Public Health Nursing“ Springer Link 121.886

CareLit 4

DIMDI 56.456

Heclinet 443

Bibliothekskatalog 73

Gemeinsamer 446 Verbundkatalog

„Familiengesundheitspflege“ Springer Link 10

CareLit 20

DIMDI 12

Heclinet 86

Bibliothekskatalog 2

Gemeinsamer 12 Verbundkatalog

39

„Casemanagement“ Springer Link 310

CareLit 12

DIMDI 17

Heclinet 373

Bibliothekskatalog 54

Gemeinsamer 232 Verbundkatalog

„Pflege 2030 Mecklenburgische Seenplatte“ Google 11.400

„Pflege Mecklenburgische Seenplatte“ Google 87.100

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