Paul Hindemith (1895-1963)
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HINDEMITH DAS MARIENLEBEN JULIANE BANSE MARTIN HELMCHEN MENU › TRACKLIST › DEUTSCH › ENGLISH › FRANÇAIS › SUNG TEXTS PAUL HINDEMITH (1895-1963) DAS MARIENLEBEN, OP.27 POEMS BY RAINER MARIA RILKE (1875-1926) 1 GEBURT MARIÄ 3’24 2 DIE DARSTELLUNG MARIAE IM TEMPEL 9’08 3 MARIÄ VERKÜNDIGUNG 4’14 4 MARIÄ HEIMSUCHUNG 2’45 5 ArgWOHN JOSEPHS 1’43 6 VERKÜNDIGUNG ÜBER DEN HIRTEN 5’12 7 GEBURT CHRISTI 3’34 8 RAST AUF DER FLUCHT IN ÄGYPTEN 3’45 9 VON DER HOCHZEIT ZU KANA 4’37 10 VOR DER PASSION 6’55 11 PIETÀ 3’15 12 STILLUNG MARIÄ MIT DEM AUFERSTANDENEN 2’23 13 VOM TODE MARIÄ I 8’53 14 VOM TODE MARIÄ II 7’18 15 VOM TODE MARIÄ III 3’32 TOTAL TIME: 70’47 JULIANE BANSE SOPRANO MARTIN HELMCHEN PIANO RECORDED IN SEPTEMBER 2017 AT SENDESAAL BREMEN IN CONCERT AND IN STUDIO AS PART OF THE RESIDENZ@SENDESAAL CONCERT SERIES › MENU H TSC PAUL HINDEMITH: DEU DAS MARIENLEBEN, OP.27 (1922-23) VON SUSANNE SCHAAL-GOTTHARDT Ende Juni 1922 begann Hindemith mit der Komposition des Liederzyklus für Sopran und Klavier, dem die 15 Gedichte Das Marien-Leben von Rainer Maria Rilke zugrundeliegen. Erst mehr als ein Jahr später, Anfang Juli 1923, war der Zyklus vollendet. „Das war nicht leicht zu machen“, notierte Hindemith dazu in seinem eigenhändigen Werkverzeichnis, und auch die Notiz unter dem zuletzt komponierten Lied (Nr. 14: Vom Tode Mariä II): „Dann sang er Lob“ (ein Zitat aus dem Lied Nr. 5, Argwohn Josephs) verrät seine Erleichterung über den Abschluss des Werkes. Seinen Verlegern in Mainz kündigte er Mitte Juli 1923 die Zusendung des Manuskripts mit den Worten an: „Ich habe die Stücke sehr gern und ich bin froh, dass sie mir so gut gelungen sind. Ich bin sicher, dass sie bis jetzt das Beste von mir sind – und ich glaube auch nicht, dass zur Zeit ein Liederzyklus von ähnlichen Ausmaßen komponiert worden ist.“ Dass Hindemith an dem Liederzyklus für seine Verhältnisse ungewöhnlich lange arbeitete, lässt sich mit dem tiefgreifenden stilistischen Wandel vom musikalischen Expressionismus hin zur Neuen Sachlichkeit erklären, den er in dieser Zeit vollzog. Dieser Prozess wird in der vielgestaltigen kompositorischen Faktur der 15 Lieder des Marienlebens nachvollziehbar. Das zuerst entstandene Lied Pietà (Nr. 11) ist ein Beispiel für den spezifisch Hindemithschen Expressionismus, der sich in äußerster Sparsamkeit der musikalischen Mittel manifestiert. Der Klaviersatz beschränkt sich auf einige ausgehaltene Akkorde und pochende Tonrepetitionen, die rezitativisch geführte, sich wiederholende Singstimme wirkt wie ein Klagegesang. So entsteht auch musikalisch das im Text artikulierte Bild der bewegungslos vor dem Gekreuzigten trauernden Maria. Wie in diesem Lied stellt die suggestive Kraft der musikalischen Gestaltung H auch in dem unmittelbar danach entstandenen Lied Argwohn Josephs (Nr. 5) unmittelbare TSC Wort-Ton-Beziehungen her: Es wird durchzogen von einer hämmernden Klavierlinie in fast DEU ununterbrochenem Unisono, die nicht zur Ruhe kommt. Man hört deutlich, wie an Joseph, dem sich betrogen fühlenden Ehemann, Zweifel und Argwohn nagen. Selbst im Lobgesang, den er anstimmt, nachdem ihn der Engel über die Hintergründe von Marias Schwangerschaft aufgeklärt hat, ist noch sein zorniges Grummeln zu hören. Dieses Lied ist zugleich ein Beispiel für die Schroffheit und den motorischen Überschuss, der in vielen anderen frühen Werken Hindemiths zu finden ist. Eine ganz andere Faktur weisen später entstandene Lieder des Zyklus auf. Die Musik scheint nun distanzierter, bisweilen sogar unabhängig von der Textvorlage zu sein. Dabei ist der textbezogene musikalische Ausdruck in bestimmten kompositorischen Formen wie Basso ostinato (Nr. 13, Vom Tode Mariä I) oder Variation (Nr. 14, Vom Tode Mariä II) sublimiert. Die Besonderheit dieses neuartigen Ausdruckskonzepts erläuterte der Musikwissenschaftler Hans Mersmann in dem 1928 erschienenen Band Moderne Musik des Handbuchs der Musikwissenschaft am Beispiel des Liedes Darstellung Mariä im Tempel (Nr. 2), das Ende April 1923 entstand: „Alle diejenigen, welche Rilke vorher vertont hatten, taten dies aus dem ihm entsprechenden Geiste des Impressionismus. Sie suchten die feine, verhaltene Farbigkeit, die dunkle Resonanz der Gedichte zu spiegeln. Dabei stand die Harmonik als das dem impressionistischen Dichter entsprechendste Ausdruckssymbol im Vordergrunde. Hindemith kommt von der entgegengesetzten Seite aus an den Stoff heran. Er stellt sich als Musiker nicht neben den Dichter, sondern ihm gegenüber. Er wölbt die Linie dieser Gedichte aufwärts zu schwingenden Bögen; er gestaltet sie zum Tempel, gibt ihnen die Spannungen und die weiten Innenräume der Kirche, welcher ihre sakrale Welt bedarf. Noch ein zweites kommt hinzu: er umspannt von dieser Stelle aus auch die geistigen Gehalte der Gedichte. Wenn er aus der Darstellung der Maria im Tempel eine Passacaglia baut, so liegt, nachdem der Widerspruch der Oberflächen einmal überwunden ist, die innere Beziehung zwischen Wort und Ton H nicht nur im Stufenbau der Chaconne, die sich in regelmäßiger Wiederkehr steigend hinaufwölbt, TSC sondern darüber auch in dem Konstruktionsprinzip. Die Gestaltung eines solchen Gedichts von der DEU Tragfläche einer polyphonen Form aus rührt über alle sichtbaren Beziehungen hinaus an den Kern des Gedichts. Musiker und Dichter begegnen hier einander auf einer Höhe intensivster Geistigkeit, kühler Abstraktion, weit ausladender Gestaltung. Von dieser Stelle aus wurde Rilke vorher nicht erschaut.“ Hindemiths intensive Auseinandersetzung mit dem Marienleben war auch nach der Drucklegung nicht abgeschlossen: Der starke Eindruck, den schon die erste Aufführung auf die Zuhörer machte – erwartet hatte ich gar nichts –, brachte mir zum ersten Male in meinem Musikerdasein die ethischen Notwendigkeiten der Musik und die moralischen Verpflichtungen des Musikers zum Bewusstsein. Hatte ich mit dem Marienleben mein Bestes gegeben, so war dieses Beste trotz aller guten Absichten doch nicht gut genug, um ein für allemal als gelungen beiseitegelegt werden zu können. Begründete er die 1936 begonnene und mit der Publikation der Neufassung 1948 abgeschlossene Revision des Marienlebens. Dazu veränderte er die geradezu instrumentale Anlage der Gesangsstimme und schuf deutlichere Konvergenzen zwischen Klavier- und Gesangspart. Vor dem Hintergrund seiner in den 1930er Jahren gewonnenen musiktheoretischen Erkenntnisse veränderte er satztechnische Details, arbeitete harmonische Abläufe stärker heraus und realisierte eine spezielle Tonartensymbolik. Die Neufassung hat sich seither im Repertoire als die häufiger aufgeführte Fassung etabliert – auch, weil sie technisch weniger herausfordernd ist als die Erstfassung. Demgegenüber steht die Ansicht von Glenn Gould, der davon überzeugt war, „dass Das Marienleben in seiner ursprünglichen Form der größte Liedzyklus ist, der je geschrieben wurde.“ Diese Fassung präsentieren Juliane Banse und Martin Helmchen mit der vorliegenden Aufnahme. H JULIANE BANSE TSC DEU Nur wenige Künstlerinnen ihrer Generation sind in so unterschiedlichen Sparten und einem verschiedenartigen Repertoire so erfolgreich wie Juliane Banse. Ihr äußerst breit gefächertes Rollenfach geht von der Feldmarschallin, Gräfin in der Hochzeit des Figaro, der Fiordiligi, Donna Elvira, Vitellia, Genoveva, Leonore, Tatjana, Arabella bis zur Grete (in Schrekers Der ferne Klang). Sie debütierte mit zwanzig Jahren in der Rolle der Pamina in Harry Kupfers Inszenierung der Zauberflöte an der Komischen Oper Berlin. Juliane Banse ist in Süddeutschland geboren und wuchs in Zürich auf. Sie nahm bei Paul Steiner und danach bei Ruth Rohner am Opernhaus Zürich Gesangsstunden und ergänzte ihr Studium bei Brigitte Fassbaender und Daphne Evangelatos in München. Seit dem Wintersemester 2016/2017 übernahm Die Sängerin selbst eine Gastprofessur an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf. Juliane Banse ist ein willkommener Gast an den großen Opernhäusern wie an der Züricher Oper, am Theater an der Wien, der Wiener Staatsoper, der Staatsoper Berlin, der Lyric Opera Chicago und der MET. Die Sopranistin ist auch als Konzertsängerin sehr gefragt. Sie arbeitet mit vielen berühmten Dirigenten zusammen, darunter mit Lorin Maazel, Riccardo Chailly, Bernard Haitink, Franz Welser-Möst, Mariss Jansons, Zubin Mehta und Manfred Honeck. Auch Liederabende stehen regelmäßig auf ihrem Terminkalender. Vor Kurzem war sie Gast bei der Schubertiade de Vilabertran, in Oxford und bei der Liederwoche auf Schloss Elmau, wo sie Wagners Wesendonck-Lieder sang. Sie trat auch bei den ersten Konzerten im neuen Pierre-Boulez-Saal in Berlin auf, wo sie ein von Wolfgang Rieger begleitetes Rezital sang. Viele ihrer CD-Aufnahmen gewannen Preise. Zwei CDs von Juliane Banse erhielten den „Echo Klassik“: Braunfels‘ Jeanne d’Arc mit dem Swedish Radio Symphony Orchestra unter Manfred Honeck (Welt-Ersteinspielung des Jahres) und Mahlers 8. Sinfonie mit dem Tonhalle Orchester Zürich unter David Zinman. Im Februar 2017 erhielt ihre CD Unanswered Love großes Lob von den Medien. Sie enthält einige erstmals aufgenommene Werke von Reimann, Rihm und Henze, die sie mit der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern und Christoph Poppen herausbrachte. In dieser Saison erscheint ihre erste Einspielung mit dem Münchner Rundfunkorchester mit Werken von Braunfels, Korngold, Marx und Pfitzner. H MARTIN HELMCHEN TSC DEU „Helmchen gehört zu den Künstlern, die eine ästhetische, kulturell durchdachte Vision eines Werkes haben und deren Finger jede Facette dieses Universums genau widerspiegeln. Bei Helmchen lassen einen die Kontrolle über