Plenarprotokoll 7/37 30.05.2018

Landtag Mecklenburg-Vorpommern

37. Sitzung 7. Wahlperiode

______

Mittwoch, 30. Mai 2018, , Schloss ______

Vorsitz: Vizepräsidentin Beate Schlupp und Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke

Inhalt

Feststellung der Tagesordnung Beschlussempfehlung und Bericht gemäß § 73 Abs. 3 GO LT ...... 4 des Agrarausschusses (6. Ausschuss) – Drucksache 7/2181 – ...... 15

Elisabeth Aßmann, SPD ...... 15, 16 Dr. Ralph Weber, AfD ...... 16 Aktuelle Stunde Minister Dr. Till Backhaus ...... 16 Macrons und Merkels EU Dr. Gunter Jess, AfD ...... 17 ist nicht unser Europa ...... 4 Holger Kliewe, CDU ...... 18 Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE ...... 18 Christoph Grimm, AfD ...... 4 Ralf Borschke, BMV ...... 19 Minister Lorenz Caffier ...... 6 Karsten Kolbe, DIE LINKE ...... 9 B e s c h l u s s ...... 19 Dirk Friedriszik, SPD ...... 11 Bernhard Wildt, BMV ...... 12 Vincent Kokert, CDU ...... 13

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wasserverkehrs- und Hafensicher- Gesetzentwurf der Landesregierung heitsgesetzes und zur Änderung des Entwurf eines Gesetzes zum Schutz Schiffsabfallentsorgungsgesetzes der Berufsbezeichnungen „Staatlich (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) geprüfte Lebensmittelchemikerin“ – Drucksache 7/1524 – ...... 19 und „Staatlich geprüfter Lebensmittel- chemiker“ in Mecklenburg-Vorpommern Beschlussempfehlung und Bericht (Lebensmittelchemikergesetz – LmChemG M-V) des Ausschusses für Energie, Infrastruktur (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) und Digitalisierung (8. Ausschuss) – Drucksache 7/1319 – ...... 15 – Drucksache 7/2180 – ...... 19 2 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Rainer Albrecht, SPD ...... 20 Gesetzentwurf der Fraktion der BMV Entwurf eines Zweiten Gesetzes B e s c h l u s s ...... 20 zur Änderung des Fischereigesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesfischereigesetz – 2. LFischÄndG M-V) (Erste Lesung) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 7/2154 – ...... 38 Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Landesrechts im Bereich des Ministeriums Ralf Borschke, BMV ...... 38, 43 für Landwirtschaft und Umwelt an die Minister Dr. Till Backhaus ...... 39 Verordnung (EU) 2016/679 und zur Dirk Lerche, AfD ...... 41 Änderung des Ausführungsgesetzes Holger Kliewe, CDU ...... 41 zum Flurbereinigungsgesetz Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE ...... 42 (Erste Lesung) Andreas Butzki, SPD ...... 43 – Drucksache 7/2144 – ...... 21 B e s c h l u s s ...... 44 Minister Dr. Till Backhaus ...... 21

B e s c h l u s s ...... 21

Unterrichtung durch den Landesrechnungshof Jahresbericht des Landesrechnungs- Gesetzentwurf der Fraktion der BMV hofes 2017 (Teil 1) Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Kommunalfinanzbericht 2017 Änderung des Denkmalschutzgesetzes – Drucksache 7/1511 – ...... 44 (DSchG M-V – 1. DSchÄndG M-V) (Erste Lesung) Beschlussempfehlung und Bericht – Drucksache 7/2152 – ...... 21 des Finanzausschusses (4. Ausschuss) – Drucksache 7/2169 – ...... 44 Bernhard Wildt, BMV ...... 21, 27 Ministerin Birgit Hesse ...... 23 Dr. Gunter Jess, AfD ...... 44, 50 Dr. Ralph Weber, AfD ...... 25 Tilo Gundlack, SPD ...... 45 Holger Kliewe, CDU ...... 26 Dirk Lerche, AfD ...... 46 Eva-Maria Kröger, DIE LINKE ...... 27 Dietmar Eifler, CDU ...... 47 Nadine Julitz, SPD ...... 27 Jeannine Rösler, DIE LINKE ...... 48 Bernhard Wildt, BMV ...... 49 B e s c h l u s s ...... 28

B e s c h l u s s ...... 50

Gesetzentwurf der Fraktion der BMV Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Nichtraucher- Antrag der Landesregierung Zustimmung des Landtages gemäß schutzgesetz – 3. NichtRSchutzÄndG M-V) §§ 63 Absatz 1 und 64 Absatz 1 der (Erste Lesung) Landeshaushaltsordnung Mecklenburg- – Drucksache 7/2153 – ...... 29 Vorpommern sowie § 12 Absatz 2 des Haus-

haltsgesetzes 2018/2019 zur Veräußerung Dr. Matthias Manthei, BMV ...... 29, 36 der Landesliegenschaft Waldowallee 115 Minister Harry Glawe ...... 30 in 10318 Berlin-Lichtenberg an die HOWOGE Dirk Lerche, AfD ...... 31 Wohnungsbaugesellschaft mbH, Berlin Jochen Schulte, SPD ...... 31, 33, 38 – Drucksache 7/2143 – ...... 51 Torsten Koplin, DIE LINKE ...... 32, 33

Sebastian Ehlers, CDU ...... 34 Minister Dr. Till Backhaus ...... 51 Horst Förster, AfD ...... 35

B e s c h l u s s ...... 38 B e s c h l u s s ...... 52

Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 3

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Ralf Borschke, BMV ...... 84, 89 Rahmenbedingungen für Lehrkräfte Minister Christian Pegel ...... 85 weiter verbessern – Modellprojekt Jürgen Strohschein, AfD ...... 87 für den ländlichen Raum starten Christiane Berg, CDU ...... 88 – Drucksache 7/2161 – ...... 52 Eva-Maria Kröger, DIE LINKE ...... 88 Rainer Albrecht, SPD ...... 89 Änderungsantrag der Fraktion der BMV – Drucksache 7/2200 – ...... 52 B e s c h l u s s ...... 90

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 7/2203 – ...... 52 Änderung der Tagesordnung ...... 90 Andreas Butzki, SPD ...... 52, 59 Ministerin Birgit Hesse ...... 53, 61 Jörg Kröger, AfD ...... 54, 62 Marc Reinhardt, CDU ...... 56, 61 Antrag der Fraktion DIE LINKE Karsten Kolbe, DIE LINKE ...... 57 Produktionsschulen zukunftsfähig machen – Bernhard Wildt, BMV ...... 59 dauerhafte Finanzierung sichern Horst Förster, AfD ...... 60 – Drucksache 7/2157 – ...... 90 Torsten Renz, CDU ...... 62 Henning Foerster, DIE LINKE ...... 90, 97 B e s c h l u s s ...... 63 Ministerin Stefanie Drese ...... 92 Stephan J. Reuken, AfD ...... 93 Maika Friemann-Jennert, CDU ...... 94 Martina Tegtmeier, SPD ...... 96 Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT Peter Ritter, DIE LINKE ...... 98 zum Thema Wiedervernässung nicht um jeden Preis! ...... 64 B e s c h l u s s ...... 99

Jürgen Strohschein, AfD ...... 64, 67, 68 Minister Dr. Till Backhaus ...... 65, 67, 68 Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE ...... 68 Nächste Sitzung Elisabeth Aßmann, SPD ...... 69 Donnerstag, 31. Mai 2018 ...... 99 Ralf Borschke, BMV ...... 70 Beate Schlupp, CDU ...... 71

Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT zum Thema Aktuelle Situation am Krankenhaus Wolgast ...... 74

Jeannine Rösler, DIE LINKE ...... 74 Minister Harry Glawe ...... 75 Dr. Ralph Weber, AfD ...... 77 Patrick Dahlemann, SPD ...... 78 Dr. Matthias Manthei, BMV ...... 80 Sebastian Ehlers, CDU ...... 80 Torsten Koplin, DIE LINKE ...... 81 Harry Glawe, CDU ...... 83

Antrag der Fraktion der BMV Bundesratsinitiative zur Überarbeitung des § 35 Baugesetzbuch – Drucksache 7/2149 – ...... 84

4 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Beginn: 10.00 Uhr Der Vertrag von Maastricht, die No-Bailout-Klausel, das Dublin-Abkommen, Stimmrecht im EU-Parlament propor- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Meine sehr geehrten tional zum Bevölkerungsanteil, demokratische Wahl der Damen und Herren, es ist 10.00 Uhr, ich bitte, die Plätze Kommissionen – all diese Verträge und Forderungen einzunehmen, damit wir pünktlich beginnen können. gehören umgesetzt und verwirklicht, damit Europa end- lich glaubwürdig ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich begrüße Sie zur 37. Sitzung des Landtages von (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Mecklenburg-Vorpommern. Ich stelle fest, dass der Land- tag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfä- Wer dagegen in der jetzigen Situation noch mehr Europa hig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesord- fordert, zerstört damit mehr, als er an Heilung bewirkt, nung der 37., 38. und 39. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist (Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Richtig!) nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 37., 38. und 39. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer denn zum einen wird damit die Fallhöhe für das Szenario Geschäftsordnung als festgestellt. eines Auseinanderbrechens von EU und Euro vergrößert, zum anderen wird die Zahl der Menschen, die all das Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich nicht mehr verstehen und der EU den Rücken kehren, unserer Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sowie stetig erhöht. unseren Kollegen Dirk Friedriszik, Manfred Dachner, Dr. Matthias Manthei und Franz-Robert Liskow ganz Das alte Europa mit der deutsch-französischen Achse herzlich nachträglich zu ihren Geburtstagen gratulieren. Adenauer–de Gaulle fand als Friedensprojekt seine Rechtfertigung ohne Probleme und war von der Bevölke- (Beifall vonseiten der Fraktionen rung nach den Schrecken beider Weltkriege anerkannt der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und BMV) und geachtet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stun- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) de. Die Fraktion der AfD hat gemäß unserer Geschäfts- ordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Macrons Es hat aber auch ökonomisch funktioniert. Die EWG mit und Merkels EU ist nicht unser Europa“ beantragt. ihren freien Wechselkursen des EWS war schließlich ein Erfolgsmodell. Aktuelle Stunde Macrons und Merkels EU (Vincent Kokert, CDU: Aber heute nicht? ist nicht unser Europa Uns geht es ganz schlecht. Sie sehen auch schon ganz abgemagert aus.) Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Grimm. Die heutige EU und der Euro dagegen funktionieren nicht. Sie beruhen auf Illusionen der Politik einer durch Christoph Grimm, AfD: Guten Morgen, Frau Präsiden- Ideologie geleiteten Elite. tin! Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Die EU und der Euro stecken gegenwärtig in der tiefsten (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Krise ihrer Existenz. Im Folgenden einige Beispiele dafür: Helmut Kohl ver- (Vincent Kokert, CDU: Sie fangen kaufte den Euro als „Projekt des Friedens“. In Wahrheit ja schon mit Unsinn an!) vollzog er die Abschaffung der D-Mark und die Entmach- tung der Deutschen Bundesbank, und zwar auf Bewirken Die Briten haben sich für den Brexit entschieden, die Frankreichs als Bedingung für die Wiedervereinigung. Visegrád-Staaten weigern sich, vorgegebene Migranten- Völlig ungeniert, aber ebenso korrekt stellte die Pariser zahlen aufzunehmen, immer mehr Menschen wehren Zeitung „Le Figaro“ am 18. September 1992 fest, Zitat: sich gegen die ihnen zur Rettung des Euro aufgezwun- gene Austeritätspolitik, Italien befindet sich in einer (Vincent Kokert, CDU: Wann war das?) Staatskrise. Die Antwort aller etablierten Parteien Euro- pas darauf lautet: Wir brauchen noch mehr Europa. „Maastricht, das ist der Versailler Vertrag ohne Krieg.“ Zitatende. (Dirk Friedriszik, SPD: Genau das brauchen wir!) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Das, meine Damen und Herren, halten wir für grund- falsch. Die Antwort muss stattdessen lauten: Wir wollen Welch Anmaßung, welch europäischer Ungeist steckt da endlich die strikte Einhaltung von Gesetzen, Verträgen, eigentlich drin, so darf man fragen. Keine Macht der Versprechungen und Regeln. Welt, absolut niemand war mit dem Völkerrecht befugt, dem deutschen Volk seine eigene, demokratisch ent- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) schiedene Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit zu verwehren, nachdem das Unrecht der Teilung endlich Wir brauchen dringend die lange überfällige Reform der überwunden war. EU, ihre Demokratisierung, einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen sowie die Verschlankung des Appara- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) tes in Brüssel. Bereits die Einführung des Euro fußt damit auf einer (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) grandiosen Lüge, nämlich einem Etikettenschwindel mit Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 5

Werten. Das vorgebliche Friedensprojekt entpuppt sich Nationalstaaten wird stückweise abgeschafft. Ziel ist der als erpresserische Anmaßung einer Siegermacht. Superstaat der Vereinigten Staaten von Europa. Ziel ist die Vergemeinschaftung von Risiken und Schulden durch Eine Illusion ist auch immer wieder die Behauptung, bei eine Transferunion. der EU handele es sich um eine Wertegemeinschaft. Diese existiert in Wahrheit nicht. Das zeigt der Streit um (Torsten Renz, CDU: Welche Ziele die Aufnahmebereitschaft bei sogenannten Flüchtlingen haben Sie denn, Herr Grimm?) exemplarisch. Gemeinsame Wertevorstellungen lassen sich, wenn es darauf ankommt, auch nicht verordnen. Ziel ist eine Zuwanderung der NGOs mit Instrumenten Versucht man es trotzdem, wie die Kommission jüngst wie Resettlement und Relocation. bei der Erzwingung der Aufnahmebereitschaft für Migran- ten in Ländern Osteuropas, wird als Mittel die Streichung (Torsten Renz, CDU: Sprechen Sie doch von Geld eingesetzt. Da zeigt sich, welche Werte Europa mal über Ihre Ziele und Vorstellungen! in Wahrheit zusammenhalten. Es sind nationale Werte- Nicht, dass Sie nachher wieder sagen, vorstellungen und Interessen und es ist Geld, das über- Sie haben keine Zeit mehr gehabt.) wiegend aus Deutschland stammt. Deutschland soll sich in Europa auflösen wie ein Stück (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Würfelzucker in der Tasse Kaffee.

Die Illusion der Euro-Rettung beruht auf geradezu irrwit- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – zigen Konstruktionen, die astronomischer Geldmengen Thomas Krüger, SPD: Das ist doch Quatsch!) bedürfen. So eilen die deutschen TARGET2-Forderungen von Rekord zu Rekord und werden in diesem Jahr die Das alles geschieht heimlich mit einer Art Salamitaktik. Billionengrenze erreichen. Illusionsgegenstand ist hier Als Beleg für diese These zitiere ich dazu aus berufenem die Vorstellung, Deutschland profitiere als Exportnation Munde, Zitat: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in am meisten vom Euro. Dabei bezahlen wir unsere Ex- den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn porterfolge innerhalb der Eurozone mit unverzinslichen es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, Forderungen, die niemals fällig gestellt werden können weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es (Torsten Renz, CDU: Sie sind der kein Zurück mehr gibt.“ Zitatende. Erste, der das Gegenteil behauptet!) (Thomas Krüger, SPD: Jetzt reden Sie und im Falle des Euro-Endes voraussichtlich unwieder- wie beim AfD-Parteitag, oder wie?) bringlich verloren sind. Das Zitat stammt von Jean-Claude Juncker und die Quel- (Vincent Kokert, CDU: Dann hören le ist der „Spiegel“ vom 27. Dezember 1999. wir mal auf mit dem Export.) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Der ESM ist ein Konstrukt ohnegleichen. Über die Köpfe Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: unseres Bundestages hinweg können Geldsummen bis 1999! 1999! Das ist ja brandaktuell! zu 190 Milliarden Euro dem Haushalt einfach entnommen Da waren Sie noch Sozi, 1999!) werden. Draghis Anleihekäufe sind nichts anderes als Gelddrucken. Griechenland ist auf einem guten Weg, Die Bürger Europas, meine Damen und Herren, wollen sagen die Illusionisten. In Wahrheit ist Griechenland diese Illusionspolitik zu Recht aber nicht mehr länger pleite, wird aber von den Geberländern durchgeschleift. hinnehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) Torsten Renz, CDU: Kommen Sie auch noch mit Ihren eigenen Vorstellungen Überall in Europa entstehen deshalb Euro- und EU- oder meckern Sie jetzt nur an der EU rum?) skeptische Parteien. Sie werden mit allen Mitteln – auch undemokratisch – als Rechtspopulisten diffamiert und Die EU ist auch alles andere als demokratisch. Beispiel bekämpft. Das mag eine Weile gehen, nicht aber auf ist hier die sogenannte degressive Proportionalität. Ein Dauer, Vergleich der Sitzverteilung im EU-Parlament zwischen Malta und Deutschland zeigt dieses drastisch. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Anstatt den Menschen zu dienen, entwickelt sich die EU denn diese Kräfte werden immer stärker, je länger die immer mehr zum Moloch. ideologisch betriebene Illusionspolitik fortgesetzt wird.

(Vincent Kokert, CDU: Aha!) (Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Sehr richtig!) Die neue Datenschutz-Grundverordnung ist das aktuell schlimmste Beispiel. Ein einiges Europa des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes kann es aber nur unter Bewahrung souve- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) räner Nationalstaaten geben.

Sie zwingt Hunderttausenden von Kleinbetrieben unge- (Sebastian Ehlers, CDU: Eben! Nichts fragt einen überdimensionierten Datenschutz und damit anderes wollen wir. Wer stellt das infrage? – hohe Kosten auf. Die Wahrheit ist, die Souveränität der Vincent Kokert, CDU: Wer stellt das infrage?) 6 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Künstlich zusammengehaltenen Konstruktionen dage- (Unruhe vonseiten gen, sei es als Staatsform EU oder gemeinsame Wäh- der Fraktionen der SPD und CDU – rung in Form des Euro, fehlt zuerst die Funktionsfähigkeit Glocke der Vizepräsidentin – und infolge dessen später die Akzeptanz. Andreas Butzki, SPD: Das war eine bahnbrechende Rede für Europa. – (Vincent Kokert, CDU: Torsten Renz, CDU: Sogar seinen Was?! Stabilste Währung der Welt! – Export hat er infrage gestellt. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Dr. Ralph Weber, AfD: Sie können doch Vincent Kokert, CDU: Ja, das ist so!) gleich noch mal reden, da brauchen Sie doch nicht dazwischenzuquaken.) Sie erzeugen genau das Gegenteil von dem, was die Illusionisten vorgeben, nämlich Hass, Zank und Streit Meine sehr geehrten Damen und Herren, offensichtlich unter den Völkern. In dieser Situation kommt nun Macron gibt es immer noch Unklarheiten über unsere Geschäfts- und fordert mehr Solidarität in Europa. Es könnte dies zu ordnung und über unsere Hausordnung. Ich hatte, glaube einer tödlichen Umarmung Deutschlands durch Frank- ich, schon in den vergangenen Sitzungen darauf hinge- reich werden, denn was Macron wirklich will, ist die Ein- wiesen, dass, wenn die Glocke ertönt, hier Ruhe einzu- richtung einer Haftungs- und Transferunion, und zwar mit treten hat. Diese Ruhe bräuchte ich auch, um darauf deutschem Geld. hinzuweisen, dass a) Ruhe einzutreten hat, aber b) wollte ich eigentlich darauf hinweisen, dass mein Zeichen, was (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) die Redezeitbeendigung angeht, bitte zukünftig eine frühere Beachtung findet. Dabei war und ist Deutschland bereits größter Zahlmeis- ter der EU mit zuletzt 13 Milliarden Euro netto jährlich, In dieser Pause möchte ich gerne eine Besuchergruppe weitere 10 Milliarden sind wegen des Brexits seitens der aus auf unseren Bänken begrüßen. GroKo bereits zugesagt. Um das Wort gebeten hat jetzt für die Landesregierung – (Torsten Renz, CDU: Kommt denn Ihre und in Lauerstellung offensichtlich – der Minister für Inne- Alternative noch, oder war es das schon? – res und Europa Herr Caffier. Zuruf von Vincent Kokert, CDU) (Andreas Butzki, SPD: In Lauerstellung!) Um attraktiver zu werden, versuchen die Illusionisten nun faule Kredite im Euro-Bankensektor aus den Bilan- Minister Lorenz Caffier: Frau Präsidentin! Meine Da- zen zu entfernen. Das gelingt nur sehr begrenzt. Die men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abge- von Macron angestrebte Bankenunion würde dieses ordnete! Die Europäische Union wurde 1992 gegründet, Kreditrisiko auf eine gemeinsame Haftungsunion aller aber ihre Anfänge reichen natürlich weit zurück. Wenn Euroländer übertragen. Die bisher verfolgte Politik – die man so will, begann alles mit der Europäischen Gemein- überschuldeten Mitgliedsstaaten versuchen, ihre finan- schaft für Kohle und Stahl, der EGKS. Damals wurden ziellen Verpflichtungen abzubauen und wir helfen ihnen einheitliche Regeln für die Montanindustrie vereinbart dabei – wird dann ersetzt durch die Zusicherung, was und Zölle abgeschafft. Die EGKS war gerade für auch passiert, wer Mitglied im Euro-Verbund ist, bleibt Deutschland ein überragender Erfolg, und zwar sowohl das auf Ewigkeit, denn es haftet immer die Gemein- wirtschaftlich als auch politisch. Die Industrie erlebte schaft. einen beispiellosen Aufschwung. Die Wirtschaft wuchs, Arbeitskräfte waren Mangelware. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Also keine Darüber hinaus gelang Deutschland mit der EGKS weni- Alternativen?! – Vincent Kokert, CDU: ge Jahre nach den Gräueltaten der Nazis und des Zwei- Nicht einen einzigen Vorschlag ten Weltkriegs die Integration in die Wertegemeinschaft, haben Sie gebracht, nicht einen in die demokratische Wertegemeinschaft. Mit der Euro- einzigen, ich habe mitgeschrieben, päischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen nicht einen einzigen. – Atomgemeinschaft wurde dieser Prozess fortgesetzt und Torsten Renz, CDU: die Integration wurde weiter intensiviert. 1992 schließlich Keinen eigenen Vorschlag.) wurde die EU gegründet. Der größte Erfolg dieses Pro- zesses ist zweifelsohne, dass der Dauerkriegsschauplatz Meine Damen und Herren, unsere Devise lautet: Zurück Europa endlich befriedet wurde. Ein Krieg zwischen den in die Zukunft! Besinnen wir uns auf die EWG, besinnen ehemaligen Erbfeinden Deutschland und Frankreich zum wir uns auf das EWS, das hat funktioniert. Beispiel ist heute unvorstellbar.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – (Sebastian Ehlers, CDU: Torsten Renz, CDU: Nur meckern, Na, Gott sei Dank!) nur meckern.) Die europäische Wirtschaft entwickelt sich im Westen Was jetzt abläuft, funktioniert nicht. – Danke. und seit dem Fall des Eisernen Vorhangs auch im Osten ausgesprochen positiv. Nach Jahrzehnten der Planwirt- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – schaft wäre Mecklenburg-Vorpommern ohne die EU nicht Torsten Renz, CDU: Und nicht ansatzweise dort, wo wir heute gemeinsam sind, liebe eine Alternative gebracht.) Kolleginnen und Kollegen.

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Meine sehr geehrten (Beifall vonseiten der Fraktionen Damen und Herren! der SPD, CDU und DIE LINKE) Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 7

Die Infrastruktur und die ländliche Entwicklung wurden alpakt gestärkt werden. Die Zusammenarbeit in der Si- genau wie die Landwirtschaft aus Brüssel gefördert. cherheits- und Verteidigungspolitik soll im Rahmen der Nach Abschluss der laufenden Förderperiode werden Pesco, also der Ständigen Strukturierten Zusammenar- round about 10 Milliarden Euro in unser Land geflossen beit, intensiviert werden. sein. Es gibt keinen einzigen seriösen Wirtschaftswis- senschaftler, der bestreitet, dass der gemeinsame Markt Auch Präsident Macron hat ganz konkrete Vorschläge in und die gemeinsame Währung die deutsche Wirtschaft seiner Rede an der Sorbonne vorgeschlagen. Nach sei- so stark gemacht haben, wie sie heute ist, liebe Kollegin- nen Vorstellungen muss sich Europa zum Beispiel in nen und Kollegen. Und zur Wahrheit gehört auch, nir- Sachen Verteidigung mit einer gemeinsamen Eingreif- gendwo auf der Welt sind so viele Menschen so umfang- truppe, einem gemeinsamen Verteidigungshaushalt und reich gegen soziale Risiken abgesichert wie in der Euro- einer gemeinsamen Handlungsdoktrin ausstatten. Das ist päischen Union. 70 Jahre Frieden, Freiheit, Wohlstand ein schwieriges Thema, insbesondere für uns in Deutsch- und Solidarität haben die Grundlage dafür geschaffen, land, dem ich aber persönlich das eine oder andere ab- dass wir mit nur 7 Prozent der Weltbevölkerung 25 Pro- gewinnen kann. Es soll eine neue Partnerschaft mit Afri- zent der Weltwirtschaftsleistung erwirtschaften, und, liebe ka aufgebaut werden, die auf Bildung, Gesundheit und Kolleginnen und Kollegen, 50 Prozent aller Sozialausga- dem Energiewandel basiert. Ein Europa der Innovationen ben, der weltweiten Sozialausgaben bereitstellen. Das ist möchte Macron mit einer Agentur für bahnbrechende beeindruckend und das macht die Attraktivität der EU für Innovationen ausstatten, durch die neue oder noch uner- uns Menschen in der ganzen Welt aus. forschte Forschungsbereiche wie die künstliche Intelli- genz gemeinsam finanziert werden. Da sind viele Ideen Das Europa von heute ist so erfolgreich, dass es für uns dabei, mit denen Europa modernisiert und auch verbes- eine Selbstverständlichkeit geworden ist. Europa ist ein sert werden kann und die alle Mitgliedstaaten mittragen überaus wichtiger Teil des Lebens der Menschen, ein können. überaus wichtiger Teil unseres Alltags. Die letzte Befra- gung hat es gerade wieder zutage gefördert. Das Prob- Darüber hinaus – das wissen Sie alle – hat Frankreich lem ist nur, dass es uns offensichtlich oftmals nicht be- auch im Bereich der europäischen Finanz- und Wäh- wusst ist. Das haben uns nicht zuletzt die Abstimmung rungspolitik sehr weitreichende Vorschläge gemacht. Da über den Brexit und die Diskussionen nach der Abstim- müssen wir uns nichts vormachen, innerhalb Europas mung gezeigt. Vielleicht haben wir auch alle ein Stück liegen die Vorstellungen sehr weit auseinander. Deutsch- verlernt, für Europa und seine Errungenschaften zu land findet hier mit seiner Haltung übrigens viel Unter- kämpfen. Es ist populär – das konnte man gerade erle- stützung bei mittel- und nordeuropäischen Mitgliedsstaa- ben – und einfach, auf Europa zu schimpfen. ten. Die Isolation Deutschlands in der EU ist und bleibt eine Mär. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass sich die (Zurufe von Jochen Schulte, SPD, Bundeskanzlerin und der französische Präsident auch und Dr. Ralph Weber, AfD) hier auf vernünftige Regelungen einigen werden.

Ich nehme mich hier und da gar nicht aus, Herr Kollege. Doch unabhängig von den konkreten Verhandlungser- gebnissen sage ich als überzeugter Europäer, mein Eu- So manches liegt ja auch im Argen, das ist vollkommen ropa, unser Europa gibt es nur mit der EU, nicht gegen ohne Zweifel so. Aber gerade darüber zu diskutieren und die EU. Der Handelskonflikt mit den USA, die Hegemo- Veränderungen anzuschieben, das ist doch unsere ge- niebestrebungen Chinas, die Bekämpfung des Terrors, meinsame Aufgabe. Und genauso müssen wir auch für die Kriege im Nahen Osten und Afrika, die Flüchtlingskri- unsere europäischen Werte, unseren gemeinsamen Wirt- se, die wirtschaftlichen Herausforderungen in den südeu- schaftsraum und unseren politischen Einfluss in der Welt ropäischen Staaten, die Erosion des Rechtsstaates in werben und kämpfen. Jeder Deutsche, jede Bürgerin und einigen osteuropäischen Staaten – all das sind Heraus- jeder Bürger, der hier in Deutschland lebt, profitiert davon. forderungen, Krisen und Probleme, die wir als Staaten der Europäischen Union nur gemeinsam lösen können, Deswegen kann ich es nur begrüßen und begrüßen wir liebe Kolleginnen und Kollegen. es, wenn die Bundeskanzlerin und der französische Prä- sident angesichts der vielen Herausforderungen gemein- (Beifall vonseiten der Fraktionen sam mit den anderen Mitgliedsstaaten Europas weiter- der SPD und CDU) denken und es weiterentwickeln wollen. In diesem Pro- zess wird natürlich über Positionen und Lösungen Kleinstaaterei und Nationalismus sind eine Sackgasse. debattiert und verhandelt. Deutschland ist sich in vielen Weiter kommen wir nur im Verbund. Ich kann Ihnen je- Punkten mit seinen Partnern einig. Bei anderen hingegen denfalls sagen, Macron und Merkel haben meine, haben gibt es unterschiedliche Auffassungen, aber das ist doch unsere volle Unterstützung. Bestandteil von Demokratie. Nun wird durch den Titel der Aktuellen Stunde, liebe Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung stehen ganz Kollegen, deutlich, dass die AfD eine andere Vorstellung konkrete Maßnahmen für ein Europa der Wettbewerbs- von Europa hat. fähigkeit und der Investitionen, ein Europa der Chancen und der Gerechtigkeit und ein Europa des Friedens und (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – der globalen Verantwortung. So sollen zum Beispiel die Vincent Kokert, CDU: Eben keine Vorstellung! – Investitionskräfte in Europa dadurch gestärkt werden, Zuruf von Thomas Krüger, SPD) dass Initiativen wie das Europäische Investitionspro- gramm ausgebaut, Forschung, Entwicklung und Bildung Erinnern wir uns zurück, die AfD war mal als Anti-Euro- besser gefördert werden als bisher und soziale Grund- Partei gegründet worden. rechte, insbesondere das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort in der EU, in einem Sozi- (Zuruf von Christoph Grimm, AfD) 8 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Nun sind alternative Vorstellungen einer Demokratie gliedsstaaten der Europäischen Union der Bürgerdialog eine Selbstverständlichkeit. Genauso selbstverständlich zur Zukunft der EU gestartet worden. ist es aber, dass man sich mit diesen Vorstellungen auch kritisch auseinandersetzen kann. Das gilt für alle (Thomas Krüger, SPD: Ja, genau.) Partner. Das Problem ist nur, wir wissen so einigerma- ßen, was die AfD in Europa nicht will, aber niemand hier Der europaweite Bürgerdialog ist Teil der großen politi- im Saal und im Land weiß so recht, was die AfD statt- schen Debatte, die über Europa geführt wird. Sie alle, wir dessen will. alle sind dazu herzlich eingeladen.

(Thomas Krüger, SPD: So ist das.) (Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind große Anhä- Parallel zu den Dialogen in den EU-Mitgliedsstaaten lädt nger von Herrn Putin, Herrn Orbán und Herrn Kaczyński. auch die Europäische Kommission direkt zum Onlinedia- log ein. Dort können Sie Kritik äußern, Vorschläge unter- (Sebastian Ehlers, CDU: Sehr richtig!) breiten, Anregungen geben und sich so in den Reformpro- zess, der ohne Zweifel notwendig ist, für die EU einbrin- Putins Russland beispielsweise greift europäische Nach- gen. Wie sagte Ihr Fraktionsvorsitzender vor Kurzem zu kriegsordnungen an. Es marschiert in das eine oder ande- den Landratswahlen noch gleich? Wer nicht wählen geht, re Nachbarland ein, es lässt Oppositionelle in der Heimat hat auch keinen Grund zu meckern. Das sehe ich auch so. im Ausland verfolgen, notfalls auch töten. (Dirk Lerche, AfD: Richtig! – (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) Erdogan.) Auf Europa bezogen heißt das aber für mich, wer sich Derweil lassen sich AfD-Abgeordnete mit dem Privatjet nicht einbringt, braucht dazu auch keine Aktuelle Stunde nach Moskau oder gleich auf die Krim fliegen. zu beantragen.

(Zuruf von Christoph Grimm, AfD) (Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Deshalb die Frage an Sie: Ist vielleicht Putins Russ- Zuruf von Thomas Krüger, SPD) land Ihr Vorbild für Europa? Oder nehmen wir Orbáns Ungarn, Es liegt an Ihnen. Beteiligen Sie sich ernsthaft und konstruktiv oder geben Sie sich der Lächerlichkeit preis (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: und machen Sie sich zum Lakaien von Putin! Und die Türkei?) (Dr. Ralph Weber, AfD: Weder noch.) in dem Presse und Opposition gegängelt werden und man sich bei Bedarf auch antisemitischer Töne bedient, Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle- gen! Die Europäische Union ist ein Erfolgsmodell für unse- (Zuruf von Christoph Grimm, AfD) ren einst kriegerischen Kontinent. Wir müssen zwar noch viele ökonomische und soziale Probleme lösen, ohne oder Kaczyńskis Polen, in dem der Rechtsstaat geschleift Zweifel, aber noch nie ging es den Menschen in Europa wird und europäische Verträge und Vereinbarungen und insbesondere in Deutschland so gut wie heute. ignoriert werden. (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) (Dr. Ralph Weber, AfD: Das ist doch Unsinn!) Rechtsstaat, Demokratie, Freiheit, Frieden, Wohlstand – dafür steht Europa heute, dafür steht die Europäische Sollen diese beiden Herren Ihre Vorbilder für ein neues Union heute. Damit das so bleibt, müssen wir die EU Europa sein? gemeinsam weiterentwickeln und für die Herausforde- rungen der Zukunft wappnen. Auf keinen Fall, auf gar (Dr. Ralph Weber, AfD: Ja.) keinen Fall lassen wir uns die europäischen Errungen- schaften von populistischen Meinungsmachern und Wenn das so ist, wenn Sie eine Rückkehr des Nationa- plumper Anti-Europa-Rhetorik kaputtmachen. lismus und Egoismus wollen, wenn Sie die Zersplitterung Europas und eine erneute Blockbildung wollen, dann (Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) seien Sie ehrlich und bekennen Sie sich zu Ihren Vorstel- lungen! Ich fordere Sie alle auf: Geben Sie sich nicht mit ver- meintlich einfachen Lösungen zufrieden! Beteiligen Sie (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD) sich! Lassen Sie uns die Krisen überwinden und gemein- sam die EU der Zukunft gestalten! Dazu bitte ich Sie alle, Dann können Sie gerne den beleidigten Nigel Farage sich einzubringen. – Herzlichen Dank für die Aufmerk- spielen, der sich seine plumpe Anti-EU-Politik auch noch samkeit. von eben jener EU finanzieren lässt, aber erwarten Sie bitte nicht, von irgendjemandem als ansatzweise ernst- (Beifall vonseiten der Fraktionen hafter Verhandlungspartner wahrgenommen zu werden! der SPD und CDU) Wenn Sie sich jedoch konstruktiv mit einer Fülle von Ideen einbringen wollen, dann darf ich Sie ermutigen, sie Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für kommen genau zur rechten Zeit. Gerade ist in den Mit- die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Kolbe. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 9

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: (Torsten Renz, CDU: Da kommt nichts.) Oh, jetzt wird es spannend! Das wird jetzt aber eine Gratwanderung.) Das hat hier schon eine Rolle gespielt. Ich habe mir ge- dacht, als Erstes werfe ich doch mal einen Blick in das Karsten Kolbe, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Präsiden- Wahlprogramm von Ihnen von 2016. tin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit Ihrer Aktuellen Stunde greifen Sie mal wieder ein Thema auf, aus dem (Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU: sich nur ergibt, wogegen die AfD ist, aber nicht, wofür sie Ja, das ist immer eine gute Idee.) eigentlich steht. Das bietet sich an, weil da schreiben Sie rein, was Sie bis (Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: 2021 machen wollen. Ja, und was soll ich Ihnen sagen? Genauso sieht es aus.) Wenn man sich die 22 Seiten anguckt, dann können Sie mal raten, wie oft man das Wort EU bei Ihnen findet! Herr Renz hatte Sie mehrfach darauf hingewiesen, dass Sie doch Vorschläge machen können. (Zuruf aus dem Plenum: Gar nicht.)

(Torsten Renz, CDU: So ist es.) Nee, einmal mehr: einmal tatsächlich. Einmal taucht es auf, wenn es darum geht festzulegen … Und obwohl das hier so warm ist heute, kam nicht einmal ein laues Lüftchen. (Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Dr. Ralph Weber, AfD) (Thomas Krüger, SPD: Die haben keine Alternative.) Na, doch, einmal haben Sie es drin, das haben Sie tat- sächlich geschafft. Also das ist wirklich absolut nichts. (Torsten Renz, CDU: Das ganze (Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, Programm ist ein Fehler.) DIE LINKE und Sebastian Ehlers, CDU) Da kann ich Ihnen ganz deutlich sagen, das ist mal wie- Trotzdem haben wir uns natürlich gefragt, was Sie uns der typisch, weil es deutlich macht, die selbsternannte mit dem heutigen Thema sagen wollen. Wenn ich den Alternative hat mal wieder keine Alternative. Das ist sehr Besuch von Macron kürzlich in Berlin bedenke, fallen mir typisch. gleich etliche Schlagzeilen wie „Macron bei Merkel. Es knirscht beim Thema Europa“ ein. Herr Caffier hat darauf (Beifall vonseiten der Fraktionen hingewiesen. Macron fordert etwa einen Währungsfonds, der SPD, CDU und DIE LINKE – plädiert für einen eigenen Eurohaushalt und einen ge- Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) meinsamen Finanzminister. Die deutsche Kanzlerin ist da deutlich gebremster. Wer also wissen will, wie ein alternatives Europa nach Vorstellung der AfD aussehen würde, der muss an ande- Nun ist es gar nicht meine Aufgabe – das wird sicherlich rer Stelle nachschauen. Licht ins Dunkel bekommt man Herr Kokert nachher übernehmen –, die Bundeskanzlerin beispielsweise, wenn man sich die Social-Media-Auftritte zu verteidigen, der Herren der AfD anschaut. Da ist Professor Weber auf seiner Seite und verkündet, dass er einen Freund hat, (Zurufe von Vincent Kokert, CDU, der Ausländer sei. und Dr. Ralph Weber, AfD) (Heiterkeit vonseiten der Fraktionen aber zumindest nüchtern und wertfrei kann man feststel- der SPD, CDU und DIE LINKE) len, dass Macron und Merkel durchaus unterschiedliche Positionen haben. Dass Sie beide trotzdem in einen Topf Hört, hört! Herr Weber hat einen Freund, der Ausländer werfen und verallgemeinern, das kann eigentlich nur zwei sei. Das ist natürlich der Herr Orbán, kündigt er dort an. Ursachen haben: (Peter Ritter, DIE LINKE: Kein Biodeutscher?) Erstens. Sie haben sich überhaupt nicht dezidiert mit den jeweiligen Positionen der beiden befasst, das glaube ich Da frage ich Sie, meine Herren von der AfD: Ist es viel- nicht, leicht das, was Sie wollen? Wollen Sie ein ungarisches Europa? (Jochen Schulte, SPD: Ist das nicht der Normalfall bei der AfD? – (Dr. Ralph Weber, AfD: Ja. – Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE) Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) oder zweitens – ich glaube, das trifft nämlich eher zu –, Wollen auch Sie die Demokratie schleifen, wie es Herr Ihre Haltung gegenüber der Europäischen Union ist so Orbán tut, und sich für einen zunehmend autokratischen feindselig, dass jeder, der sich bei der europäischen Idee Staat einsetzen? Wollen auch Sie die Meinungs- und einbringt und sich für sie starkmacht, sofort von Ihnen Medienfreiheit beschneiden und kritischen Medien den angegriffen wird. Mund verbieten?

Wenn Sie aber für ein anderes Europa stehen, dann ist (Vincent Kokert, CDU: Ja, es spannend zu erfahren, wie Ihr Europa nun konkret das kann man sich vorstellen. – aussehen soll. Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE) 10 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Kann man von Ihnen auch erwarten, dass Sie einen nie“ und „nicht Sklaven der Deutschen“ seien, dann fällt Angriff auf die Bildungsfreiheit starten und wissenschaft- es mir doch mehr als schwer zu glauben, dass Ihr Kon- liche Freiheiten einschränken? strukt auch nur eine einzige Krise überstehen würde. Es würde in einer Katastrophe enden. (Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) (Vincent Kokert, CDU: So ist das.) Oder vielleicht doch nicht Ungarn? Ist es vielleicht doch nicht Ungarn, Herr Weber? Vielleicht ist es ja Polen. Und, meine Damen und Herren, es ist ja kein Geheimnis, Wollen Sie ein polnisches Europa? Wenn ja, dann sagen dass auch meine Partei mit der derzeitigen Ausrichtung Sie den Menschen in unserem Land, dass es auch Ihr der EU nicht einverstanden ist in allen Punkten. Ziel ist, so wie die PiS-Partei das Prinzip der Gewaltentei- lung zu untergraben! Dann sagen Sie es! (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Ich kann Ihnen, meine Herren der AfD, aber mit Gewissheit Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) sagen: Ihr Europa ist ganz sicher nicht unser Europa. Wir wollen eine andere, eine soziale und eine friedliche EU. Oder doch nicht Polen? Wollen Sie sich dann doch eher an Ihren Freunden von der SPÖ orientieren? Die schlei- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – fen gerade zusammen mit den Christdemokraten fleißig Dr. Ralph Weber, AfD: Es wäre auch den Sozialstaat in Österreich, dass einem nur angst und fatal, wenn es anders wäre. – bange werden kann. Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wahrlich, wahrlich!) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) Und es war Lothar Bisky, der wie kein zweiter LINKER dafür warb, die Potenziale der europäischen Integration Ja, und da klatschen Sie auch noch! nicht zu verkennen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: (Vincent Kokert, CDU: Er wurde in der Oh Gott, oh Gott, oh Gott!) eigenen Partei auch heftig kritisiert dafür, muss ich mal einstreuen.) Das sagt mehr über Sie als über uns. Gleichzeitig warnte er aber auch davor, kritisch zu sein, (Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) solange das Soziale hinter die Freiheiten des Marktes verbannt wird und unkontrollierbare Aufrüstung Grund- Meine Herren der AfD, wenn Sie nicht die Demokratie pfeiler der EU sei. Diese Haltung Lothar Biskys ist auch aushöhlen wollen, das behaupten Sie hier immer, wenn die Haltung meiner Fraktion, denn kritisch mit der Aus- Sie nicht den Rechtsstaat schleifen wollen, auch das richtung der EU zu sein, heißt eben ausdrücklich nicht, behaupten Sie immer, antieuropäisch zu sein, ganz im Gegenteil.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sie missachten die Demokratie Wenn wir die globalen Herausforderungen erfolgreich auf die niederträchtigste Weise. – meistern wollen, dann brauchen wir nicht weniger, son- Glocke der Vizepräsidentin) dern dann brauchen wir mehr Europa. Der Klimawandel macht selbst dann nicht an den Grenzen halt, wenn die und wenn Sie nicht einen massiven Sozialabbau be- AfD meterhohe Grenzzäune errichten lässt. treiben wollen, dann kommen Sie ans Pult, Herr de Fernandes, und klären hier klipp und klar, dass Sie sich (Thomas Krüger, SPD: So ist es. – nicht von den Orbáns, Kaczyńskis und Straches leiten Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE) lassen, sondern dass Sie sich klar abgrenzen und für Demokratie und Freiheit stehen! Und 27 einzelne Staaten werden niemals in der Lage sein, sich der aggressiven Handelspolitik der USA unter (Beifall vonseiten der Fraktionen Trump zu wehren, als es die EU als Ganzes kann. Mit der SPD und DIE LINKE – Konzepten aus dem 19. Jahrhundert, meine Damen und Dr. Ralph Weber, AfD: Genau das Herren, löst man nicht die Probleme der Gegenwart und wollen wir nicht, dass wir uns abgrenzen.) Zukunft. Wir brauchen endlich eine effektive Besteuerung von Reichtum und Spekulation! Sie sprechen gern davon, die EU durch ein friedliches Europa der Nationen zu ersetzen. (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) (Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) Das Vermögen der europäischen Millionäre übertrifft mit Wir sind der festen Überzeugung, dass Nationalismus – etwa 14 Billionen Euro und das lehrt uns die Geschichte – immer zu Ausgren- zung, zu Krieg und Gewalt geführt hat. Und wenn ich (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: dann sehe, wie auf der einen Seite Ihr Vorsitzender Und das wird noch zunehmen.) Meuthen gegen Italiens Schulden polemisiert, und auf der anderen Seite höre ich den rechtsextremen Lega- die gesamte Staatsverschuldung aller EU-Staaten, die Chef, der davon spricht, dass Italien, Zitat, „keine Kolo- bei 11 Billionen Euro liegt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 11

Seit Jahren wird über eine europäische Finanztransakti- Jetzt rufe ich auf für die Fraktion der SPD den Abgeord- onssteuer schwadroniert, passiert ist bis heute leider neten Herrn Friedriszik. nichts. Das Gleiche gilt für effektive Steuerflucht. Diese Mittel würden ein Vielfaches von dem in die Kasse spü- Dirk Friedriszik, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! len, was wir bräuchten, um eine massive Kürzung bei der Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Die Struktur- und Regionalpolitik zu verhindern, denn laut europäische Einigung ist ein beispielloser historischer Berichten, wir konnten es heute lesen, drohen nicht nur Erfolg. Auch bei allen möglichen Unzulänglichkeiten steht Kürzungen von 7 Prozent bei der regionalen Strukturpoli- insgesamt gesehen fest, in keiner Region der Welt leben tik, sondern sogar von über 20 Prozent im Vergleich zur die Menschen so frei und demokratisch, so friedlich, so Förderperiode davor. Das wäre tatsächlich eine Kata- sicher wie in Europa. strophe, auch für unser Bundesland. Das muss man so deutlich sagen. Auch bei der Betrachtung der ökonomischen Seite gilt, Deutschland gehört eindeutig zu den Gewinnern der Was wir brauchen, sind keine Kürzungen, sondern ein bisherigen europäischen Entwicklung. Man sollte daher gemeinsames Investitionsprogramm, das überall in Eu- Europa nicht zum Sündenbock für Fehlentwicklungen ropa wirtschaftlichen Aufschwung ermöglicht und vor machen, die oft im eigenen Land verursacht werden. allem auch die öffentliche Daseinsvorsorge stärkt. Aber die zunehmende Bedrohung von Rechtsstaat, De- mokratie, Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit der Justiz (Dr. Ralph Weber, AfD: Noch mehr in Ländern, auch innerhalb Europas, stellt für die EU eine Steuern, noch mehr Zentralismus.) Herausforderung dar.

Wir brauchen europaweite Mindestlöhne und eine effekti- Meine Damen und Herren, im Zuge der Finanz- und ve Bekämpfung des Missbrauchs von Werksverträgen Wirtschaftskrise sowie infolge der Flüchtlingsbewegung und Leiharbeit. hat das Vertrauen in die EU gelitten. Nationale Ge- gensätze und Egoismen sind zurückgekehrt und populis- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) tische Anti-EU-Bewegungen sind entstanden. Dabei ist diese Entwicklung kontraproduktiv. Es ist wichtig, soziale Standards in ganz Europa zu ha- ben. Die Säule „Soziale Rechte“, wie sie von der EU- (Dr. Ralph Weber, AfD: Kommission in Göteborg Ende des vergangenen Jahres Bisschen schweres Wort, ne?) proklamiert wurde, reicht bei Weitem nicht aus und kann bestenfalls ein Anfang sein. Ein Europa der Einzelstaaten spielt politisch und wirt- schaftlich in der Welt kaum noch eine Rolle. Um das (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Vertrauen der Menschen in Europa zu stärken, muss die Sie wollen die Unterschiede auslöschen. EU bei den großen Aufgaben unserer Zeit handlungs- Das ist es, was Sie wollen. Sie wollen Kulturen fähig werden. Das gilt gerade in der heutigen Zeit. Als auslöschen, Unterschiede auslöschen. Stichworte mögen hier „Trump-Protektionismus“ und Sagen Sie doch mal die Wahrheit! „Brexit“ genügen. Dabei kommen Deutschland und Das hat nichts mit Vielfalt zu tun.) Frankreich eine besondere gemeinsame Verantwortung für den Zusammenhalt der EU und die Einigung Europas Wir brauchen auch kein Europa, das weiter militarisiert zu. wird und im Osten mit den Säbeln rasselt, sondern endlich einen fairen Dialog auf Augenhöhe mit Russ- Meine Damen und Herren Abgeordnete, wir brauchen land. nicht weniger, sondern wir brauchen mehr Europa! Neh- men wir die Wirtschafts- und Währungspolitik, so ist seit Sehr geehrte Damen und Herren, die aktuelle europäi- Jahren bekannt, dass es Konstruktionsmängel in der sche Politik, die auf Autorität und Kürzung setzt, ist Wirtschafts- und Währungsunion gibt. Der Währungsver- nach unserer Ansicht endgültig gescheitert. Wer die band funktioniert nicht ohne eine abgestimmte Wirt- Europäische Union nicht vollends gegen die Wand schafts- und Finanzpolitik. Ziel muss deshalb eine engere fahren will, muss endlich kräftig auf die Bremse treten Integration und eine stärkere Abstimmung in der Wirt- und den Blinker nach links setzen für eine soziale und schafts- und Währungspolitik sein. Dafür brauchen wir friedliche EU. eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion mit einem Investitionsteil für die Eurozone und einem euro- (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD) päischen Währungsfonds. Dies liegt gerade im Interesse Deutschlands. Vielen Dank. (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Kolleginnen und Kollegen, nur in der vertieften Zusam- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Bevor ich den nächs- menarbeit aller Mitgliedsstaaten schaffen wir in Europa ten Redner aufrufe, möchte ich den Hinweis geben, dass, das, was einzelne Nationalstaaten nicht mehr erreichen wenn jetzt hier jedes Glas immer an den Platz mitge- können. In einer sich ändernden Welt, in der andere nommen wird, wir nachher irgendwann für die Redner Regionen und Länder, zum Beispiel die Volksrepublik keine Gläser mehr haben. Es gab auch mal die Vereinba- China, wirtschaftlich und politisch immer mehr Gewicht rung, dass das Wasser draußen getrunken wird. Ich erlangen, wird Europa nur dann eine Stimme haben, weiß, dass vielleicht jemand sagt, man muss nicht alles wenn es eine gemeinsame Stimme ist. Eine Vertiefung wegschütten, aber wie gesagt, es wird hier relativ eng, der Europäischen Union ist daher kein Verlust, sondern und ich möchte nicht, dass wir nachher irgendwo die ein Gewinn an Souveränität, die einzelne Nationalstaaten Wassergläser auffischen müssen. in Europa nicht mehr hätten. 12 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Meine Damen und Herren Abgeordnete, der Koaliti- (Beifall vonseiten der Fraktionen der onsvertrag auf Bundesebene enthält entsprechende SPD und CDU – Dr. Ralph Weber, AfD: Festlegungen, um die Europäische Union handlungs- Wir fahren nach Verdun, weil dort die fähiger zu machen. Da der Titel dieser Aktuellen Stun- gefallenen deutschen Soldaten liegen.) de schon den französischen Staatspräsidenten benennt: Deutschland setzt sich für eine Reform der Wirtschafts- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für und Währungsunion mit einem Investitionshaushalt für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt. die Eurozone ein. Dazu gehören ein gerechtes und angeglichenes Besteuerungssystem, eine gemeinsame Bernhard Wildt, BMV: Guten Morgen, sehr geehrte Frau Bemessungsgrundlage und Mindestsätze bei Unterneh- Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordne- menssteuern. Die Möglichkeiten von Unternehmen, ihre te! Die Europäische Union hat zahlreiche Probleme, die steuerpflichtigen Gewinne in andere Länder zu verschie- sich im Kern alle auf drei große Themenkreise zurückfüh- ben, müssen systematisch eingeschränkt werden. ren lassen. Die Entscheidungen der EU-Institutionen sind nicht in der Form demokratisch legitimiert, wie wir es aus (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: den Mitgliedsstaaten kennen, Stichwort „Demokratiedefi- Das kann man nur mit der EU?) zit“, es gibt große ökonomische Ungleichgewichte im einheitlichen Währungsraum, Stichwort „Eurokrise“, und Europa braucht Instrumente, um Steuervermeidung und es gibt immerwährende Diskussionen darüber, welche Steuerbetrug effektiv zu bekämpfen. Unternehmen soll- Aufgaben wirklich sinnvoll von der EU-Ebene wahrge- ten dort ihre Steuern entrichten, wo sie die Gewinne nommen werden sollen, Stichwort „Subsidiarität“, auch erwirtschaften. ein schweres Wort.

(Dr. Ralph Weber, AfD: (Beifall Ralf Borschke, BMV) Das ging ohne EU viel leichter.) Verantwortungslose Politiker versuchen, die Probleme Deshalb müssen in Europa Schritte zur Harmonisie- schönzureden oder totzuschweigen. Damit stehen sie der rung der Unternehmensbesteuerung, des Steuervoll- Lösung der Probleme aber im Wege. Andere verantwor- zugs in Europa auf den Weg gebracht werden. Für die tungslose Politiker dramatisieren die Lage und versuchen gegenteilige Praxis haben die Menschen keinerlei alles, Verständnis. Eine Änderung muss hier mindestens euro- paweit erfolgen. Der Nationalstaat ist dazu nicht in der (Zuruf aus dem Plenum: Das haben Lage. wir heute zur Genüge gehört.)

Meine Damen und Herren, Millionen von Bürgern in Eu- um die Lösung der Probleme zu verhindern, mit dem Ziel, ropa profitieren von der Europäischen Union, einer Euro- päischen Union, die seit Jahrzehnten den innereuropäi- (Vincent Kokert, CDU: schen Frieden sichert und offene Grenzen für Studium, Das haben wir auch gehört.) Arbeit und Reisen gewährleistet. die Europäische Union im Wesentlichen zu zerstören. (Dr. Ralph Weber, AfD: Diese Politiker werden häufig von Kräften außerhalb der Und Zuwanderer und Flüchtlinge, EU unterstützt, die damit ihre eigenen Interessen eiskalt und sonst wen noch.) durchsetzen wollen. Die Europäische Union wird also durch innere und äußere Gegner in ihrer Existenz be- Die AfD behauptet, sie sei für Europa. Sie reagiert auf droht, obwohl oder vielleicht auch gerade weil sie in der Herausforderungen in Europa rückwärtsgewandt mit Geschichte der Menschheit ein beispiellos erfolgreiches Abkapselung, ja, mit Abschottung. Das Europa der AfD Projekt von Frieden, Zusammenarbeit, Freiheit und Wohl- wäre das Ende einer der größten Errungenschaften der stand ist. Europäischen Union, nämlich der Freizügigkeit und Rei- sefreiheit für die Bürger. (Dr. Ralph Weber, AfD: Märchenstunde!)

(Dr. Ralph Weber, AfD: Aha!) Die verantwortungsvollen Politiker versuchen deshalb, die Probleme zu benennen, zu analysieren und vernünf- Das Europa der AfD würde Deutschland nicht stärken, tige Lösungsvorschläge zu entwickeln. sondern immens schwächen. Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat keinen Wir wollen das große Friedens- und Freiheitsprojekt Einfluss auf den Präsidenten Macron und nur wenig Europa bewahren und weiter voranbringen. Dafür hat Einfluss auf die Bundeskanzlerin Merkel. Die Themen- Deutschland mit Präsident Macron einen wichtigen Part- stellung gehört daher eigentlich nicht in diesen Landtag, ner an seiner Seite. denn wir sollten uns mit aktuellen Themen unseres Lan- des beschäftigen, Und jetzt für Sie noch einen kleinen Tipp, Herr Professor Dr. Weber: Wenn Sie das alles aus einer anderen Sicht (Zuruf von Torsten Renz, CDU) sehen, kann ich Ihnen nur raten, fahren Sie mal nach Verdun. die wir auch beeinflussen können.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das hat (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV) unheimlich viel mit der EU zu tun.) Wir als Landtag in seiner Gänze haben einen großen Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Einfluss auf unsere Landesregierung und die Minister- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 13 präsidentin Schwesig. Daher fordere ich die Ministerprä- man die Währung derzeit für stabil hält. Also ich weiß sidentin auf, alles dafür zu unternehmen, was in ihren nicht, was Sie hier immer erzählen. Quatsch! Stabilste Kräften steht, um das Verhältnis zu unserem Nachbar- Währung in der Geschichte Europas. land Polen weiter zu verbessern. Die wohlhabenden und gutsituierten Grenzregionen im Westen unseres Landes (Beifall vonseiten sind nur deswegen so erfolgreich, weil sie in ihrer Grenz- der Fraktionen der SPD und CDU – lage eine intensive Zusammenarbeit mit den westlichen Torsten Renz, CDU: Sehr richtig!) Nachbarländern aufgebaut haben, zum Beispiel das westliche Münsterland mit den Niederlanden. Enge wirt- Dann behaupten Sie, immer mehr Menschen wenden sich schaftliche Kooperation, ungezählte Kontakte in Bildung von der Europäischen Union ab. Das haben Sie gesagt. und Wissenschaft, Kultur, Sport, Gesellschaft und Politik haben der Region auf beiden Seiten der Landesgrenze (Christoph Grimm, AfD: historisch einmaligen Aufschwung verliehen. Versöhnung Italien zum Beispiel. – und Freundschaft über die ehemaligen Schützengräben Dr. Ralph Weber, AfD: Polen.) hinweg ist längst gelebte Praxis. Es gibt das neue Eurobarometer, das wird jedes Jahr von Auch in Pommern sind wir auf beiden Seiten der Grenze der EU-Kommission in Auftrag gegeben und da fragt man schon weit vorangekommen, aber es gibt noch Verbes- alle Einwohner Europas: Sind Sie derzeit mit der Europä- serungspotenzial. Pommern sollte die Brückenkopfregion ischen Union zufrieden? werden, die Deutschland und Polen verbindet und dabei den beiderseitigen Wohlstand mehrt. Vorpommern allei- (Stephan J. Reuken, AfD: Oh!) ne hat keine Chance, Anschluss an die Metropolregion Hamburg zu bekommen, aber in Verbindung mit Stettin Was ist der Fakt? Die Zustimmung zu Europa ist so hoch sind Aufholprozesse sehr realistisch. wie noch nie seit der Gründung. Fakt, also Quatsch!

Ich bitte darum, dass der Landtag von Mecklenburg- (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Vorpommern – und zwar inklusive der Teile der Oppositi- Jens-Holger Schneider, AfD: on, die dazu bereit und in der Lage sind – die Ministerprä- Wie hoch?) sidentin bei einer weiteren Kraftanstrengung unterstützt. Das Ziel ist leicht formuliert: Lasst uns gute Nachbarn sein! Zweiter Punkt, der Wirtschaftsraum.

(Beifall vonseiten der Fraktionen (Horst Förster, AfD: Wie hoch?) der CDU und BMV) Sie träumen ja immer von der Europäischen Union von Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für 1958 bis – bis wann? – 1964, so ungefähr haben Sie es die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Kokert. gesagt, da dieser Wirtschaftsraum sich so bewährt hat und man so erfolgreich war. Auch Quatsch, Herr Grimm, (Dr. Ralph Weber, AfD: denn so erfolgreich, wie die europäische Wirtschaft der- So, jetzt kommt die Wahrheit!) zeit im internationalen Vergleich ist, war sie es noch nie. Und Deutschland geht es so gut wie nach dem Zweiten Vincent Kokert, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr Weltkrieg nicht mehr. Also Ihre These ist auch Quatsch. geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nicht vor, mich heute aufzuregen über (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – die Debatte, das lohnt auch nicht so richtig. Ich habe mir Christoph Grimm, AfD: Niedriglohnsektor.) ein paar Notizen gemacht über das, was die AfD hier ausgeführt hat, und ich will versuchen, einen Fakten- Dann kommt ja von Ihnen immer wieder: Wir als check zu machen, weil ich einfach ein bisschen davon Deutschland sind der größte Nettozahler und wir be- betroffen bin, dass Sie immer wieder die gleichen Dinge kommen von der Europäischen Union nichts zurück. erzählen und man nie so richtig die Gelegenheit hat, die auch mal coram publico quasi aus der Welt zu räumen. (Christoph Grimm, AfD: Haben wir nie gesagt.) Fangen wir mal an, Herr Grimm: Der Euro steckt in einer der tiefsten Krisen, die man sich überhaupt vorstellen Ja, doch, so ähnlich behaupten Sie das einfach. Sie kann. Das war Ihre Wortwahl. verkürzen das ganz bewusst und ganz knapp.

(Thomas Krüger, SPD: Quatsch ist das!) (Christoph Grimm, AfD: Lüge!)

Sie wissen, dass der Euro die stabilste Währung ist, die Die Wahrheit ist, Herr Kollege Grimm, der Exportüber- es in Europa jemals gegeben hat, schuss der Europäischen Union – und das hat uns gera- de der Kommissar Oettinger gesagt, der bei der Kabi- (Jochen Schulte, SPD: So ist das.) nettsklausur war –, 75 Prozent des Außenhandelsüber- schusses der Europäischen Union, wissen Sie, wo der viel stabiler als die D-Mark. herkommt?

(Thomas Krüger, SPD: So ist das.) (Karsten Kolbe, DIE LINKE: Ostseeraum.) Gucken Sie sich die Währungsschwankungen der Deut- schen Mark an und dagegen den Euro! Nicht umsonst Ausschließlich aus Deutschland, Herr Grimm. Also erzäh- gibt es international eine große Flucht in den Euro, weil len Sie doch nicht immer solche Märchen, als wenn un- 14 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 ser Wirtschaftsraum mit der Europäischen Union Scha- (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – den nimmt! Wir nehmen überhaupt keinen Schaden, wir Zurufe von Christoph Grimm, AfD, sind der größte Profiteur. Nehmen Sie das doch einfach und Dr. Ralph Weber, AfD) mal zur Kenntnis! einfach Unsinn erzählt. Und das für 500 Millionen Men- (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) schen, für 500 Millionen Menschen!

Das Nächste, was Sie … (Horst Förster, AfD: Ich kann doch nicht Lehrer und Polizisten damit vergleichen.) (Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) Dann mache ich Ihnen zum Vorwurf, wir haben ja mehr- Ja, da kommt es, genau auf diesen Zwischenruf habe ich fach nach Ihren Vorschlägen gefragt: Sagen Sie uns gewartet. Sie sagen auch, der kleine Sparer in Deutsch- doch mal, wie stellen Sie sich die Europäische Union vor! land muss, Da hat irgendeiner dazwischengeblökt, weil Sie haben gar nichts gesagt: Einhaltung der Verträge. (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD) (Dr. Ralph Weber, AfD: der kleine Sparer in Deutschland muss für die Grie- Zurück zur EWG! Zurück zur EWG!) chen haften. Ja, so oder so ähnlich verknappen Sie das immer und behaupten das einfach. Wie viele Spa- Ja, wo halten wir denn die Verträge nicht ein? Haben Sie rer haben denn in Deutschland schon Schaden ge- Beispiele genannt? Wo haben Sie Beispiele genannt, nommen? und vor allem, wo ist denn Ihr europäisches Modell in die Zukunft gedacht? Sie wollen doch gar nicht Europa. (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Alle.) (Christoph Grimm, AfD: No Bailout!)

Wie viele Sparer haben denn in Deutschland schon Sagen Sie doch hier klar und deutlich, Sie wollen den Schaden genommen, Herr Kollege Grimm? Nationalstaat Deutschland ohne Europa! Sprechen Sie es doch einfach aus! Davor haben Sie einfach Angst. (allgemeine Unruhe – Sagen Sie es deutlich! Glocke der Vizepräsidentin) Ich sage Ihnen, der Schritt ist ein Schritt zurück. Der Nicht ein einziger Sparer hat Schaden genommen. Ganz Schritt ist ein Schritt zurück! Der Europaminister hat im Gegenteil … darauf hingewiesen, wir reden derzeit über eine Weltbe- völkerung von 7,5 Milliarden ungefähr. Wir haben in Vizepräsidentin Beate Schlupp: Einen Moment, Herr Deutschland rund 80 Millionen Einwohner. Was glauben Fraktionsvorsitzender! Einen Moment! Sie, welche Rolle dieses kleine Deutschland im Kanon der anderen Völker spielen würde? (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Massiver Schaden ist entstanden.) (Zuruf von Christoph Grimm, AfD)

Also auch wenn der Fraktionsvorsitzende mit seiner Was glauben Sie eigentlich? Was glauben Sie? Jetzt Stimme sich eigentlich durchsetzen kann, auch wenn er haben wir in der Europäischen Union 500 Millionen Ein- teilweise auf Zwischenrufe wartet, die erwartungsgemäß wohner. 500 Millionen Einwohner, das ist noch nicht viel. kommen, kann es doch nicht sein, dass quasi keiner in Wir haben Staaten wie China und Indien, das sind Milli- der Fraktion der AfD, jetzt will ich keinem zu nahe treten, ardenvölker. aber fast jeder hier permanent dazwischenruft. Also hier vorne ist es echt schwierig, überhaupt noch irgendetwas (Wolfgang Waldmüller, CDU: zu verstehen. Von daher bitte ich doch um ausreichend Mann, Mann, Mann!) Disziplin, dass möglicherweise auch die Besucher, die da oberhalb von Ihnen sitzen, noch in der Lage sind, der Und jetzt kommen Sie und erzählen den Leuten hier Debatte zu folgen. irgendwelche Märchen, wenn Deutschland alleine wäre als souveräner Nationalstaat, ohne die Europäische Union, Jetzt können Sie fortfahren, Herr Kokert. würde alles besser werden. Das Gegenteil ist der Fall, Herr Kollege Grimm, und das wissen Sie auch ganz Vincent Kokert, CDU: Vielen Dank, Frau Präsidentin! genau.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: (Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU Märchenstunde!) und Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Die nächste Behauptung: Wir haben so viele Eurokraten Also ich kann sagen, Sie sind bei Ihrem alten Ge- in Brüssel, dass wir dafür so viel Geld ausgeben müssen. schäftsmodell geblieben. Als Erstes verbreiten Sie Angst, Stimmt? Haben Sie gesagt? Die Wahrheit ist, es gibt für die Europäische Kommission und das Europäische Par- (Jochen Schulte, SPD: Als Zweites Lügen.) lament rund 25.000 Beamte und Angestellte in Brüssel und in Straßburg. Wissen Sie, wie viele das Land Meck- danach schlechte Laune. Wenn das alles nicht mehr hilft, lenburg-Vorpommern an Angestellten und Beamten hat, fangen Sie an, Ihr Antiimage irgendwie so zu kultivieren, nur das Land? 33.000! Also auch da, Herr Grimm, Un- und wenn das auch alles nicht greift, dann behaupten sinn erzählt, ja?! Unsinn erzählt, Sie, Europa und Deutschland wird geführt von irgendwel- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 15 chen dunklen Mächten. Gucken Sie mal in Ihre eigenen (Beifall vonseiten der Fraktionen Blogs! Also irgendwelche dunklen Mächte würden Euro- der SPD und CDU) pa führen und sorgen eigentlich dafür … Wir brauchen nicht weniger europäische Zusammenar- (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD) beit, wir brauchen mehr europäische Zusammenarbeit. Nächstes Mal, wenn Sie eine Aktuelle Stunde zu dem Ja, ja, gucken Sie sich das mal an! Wenn nicht, hole ich gleichen Thema beantragen, dann sagen Sie doch ein- die Zitate von Ihren AfD-Kollegen raus, aber ich glaube, fach mal was Neues, nämlich wie Ihre Vorstellung von das möchten Sie nicht. der aktuellen Politik ist! – Danke schön.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ist ja merkwürdig, (Beifall vonseiten wie Sie Ihre Kanzlerin bezeichnen.) der Fraktionen der SPD, CDU und BMV – Dr. Ralph Weber, AfD: Das haben wir gesagt.) Und eins nehme ich Ihnen besonders übel. Gerade Ihnen nehme ich das übel, Herr Kollege Weber, Sie fangen Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- nämlich jetzt an, sich eines großen Staatsmannes zu gen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache. bemächtigen, der sich im Grabe umdrehen würde, wenn er das mitkriegen würde. Sie tun nämlich jetzt so, als Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Zweite Lesung wenn Sie auch noch im Sinne von Helmut Kohl sprechen und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Lan- würden. Da muss ich Ihnen ehrlich sagen – ich habe das desregierung – Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der hier, glaube ich, schon mal gesagt –, ich hatte das große Berufsbezeichnungen „Staatlich geprüfte Lebensmittel- Glück, gemeinschaftlich mit Lorenz Caffier bei der Trau- chemikerin“ und „Staatlich geprüfter Lebensmittelchemi- erfeier von Helmut Kohl in Straßburg teilzunehmen. Die- ker“ in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/1319, sen großen Europäer für irgendwelche niederen Zwecke hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Agraraus- der AfD zu missbrauchen, ist das Schlimmste, was man schusses, Drucksache 7/2181. sich überhaupt vorstellen kann. Ich will mal Jean-Claude Juncker zitieren: Helmut Kohl war ein europäischer Gi- Gesetzentwurf der Landesregierung gant. Er war ein deutscher Patriot, aber vor allem Euro- Entwurf eines Gesetzes zum Schutz päer. Er hat den Mantel Gottes, der durch die europäi- der Berufsbezeichnungen „Staatlich sche Geschichte wehte, mutig ergriffen. Er wollte kein geprüfte Lebensmittelchemikerin“ deutsches Europa, sondern ein europäisches Deutsch- und „Staatlich geprüfter Lebensmittel- land, meine Damen und Herren. Genau das ist der richti- chemiker“ in Mecklenburg-Vorpommern ge Weg und deshalb lassen Sie das, große Staatsmän- (Lebensmittelchemikergesetz – LmChemG M-V) ner für Ihre Zwecke zu missbrauchen. (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 7/1319 – (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Jürgen Strohschein, AfD: Spendenaffäre! – Beschlussempfehlung und Bericht Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU) des Agrarausschusses (6. Ausschuss) – Drucksache 7/2181 – Meine Damen und Herren, zum Abschluss will ich Ihnen sagen, denn Sie dürfen natürlich danach fragen, was Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht. fühlt jeder einzelne Abgeordnete eigentlich zu Europa. Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen, das haben wir in Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer dieser Debatte hier auch schon mehrfach gehört, ich bin von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu so unglaublich stolz darauf, als ich geboren wurde und keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eingeschult wurde, war das für mich wie eine Reise zum eröffne die Aussprache. Mond, dass meine Kinder überall studieren dürfen, dass Städte wie Barcelona, dass Städte wie London oder Das Wort hat für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Madrid quasi vor der Haustür liegen und meine Kinder da Frau Aßmann. heute überall hinkönnen. Ja, Sie nicken jetzt alle, aber dann benennen Sie doch auch mal die wirklichen Vorteile Elisabeth Aßmann, SPD: Sehr geehrte Frau Präsiden- von Europa! Das ist doch der Vorteil, der Vorteil der tin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir nachfolgenden Generationen. dieses Thema heute überhaupt behandeln müssen, ha- ben wir wieder mal der AfD-Fraktion zu verdanken, denn (Zurufe von Horst Förster, AfD, wir waren uns im Agrarausschuss einig, weil wir an der und Dr. Ralph Weber, AfD) Sache orientiert arbeiten, dass wir bei dieser Beschluss- empfehlung ganz klar hier keine Aussprache wollen. Die können sich tatsächlich als Europäer fühlen. (Dr. Ralph Weber, AfD: Und dann hören Sie doch auf, das Märchen immer weiter Merkwürdige Demokratievorstellung. – zu quälen, Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Scheinbar ist die AfD-Fraktion nicht in der Lage, das dann Die können doch auch in der auch aus dem Agrarausschuss heraus zu transportieren, Schweiz studieren.) (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) als wenn irgendjemand, irgendjemand den Nationalstaat Deutschland auflösen will. Das ist schlicht und ergreifend von daher will ich natürlich auch gerne die Gelegenheit falsch! nutzen, ein, zwei Sachen zum Sachstand zu sagen. 16 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Das Thema ist unspektakulär, es geht im Grunde darum, (Peter Ritter, DIE LINKE: Wir sind eine Regelung wiederherzustellen, die wir schon mal wach bis zur letzten Minute.) hatten, nämlich einfach den Schutz dieser Berufsbe- zeichnung. Und ich hatte es gesagt, wir haben einen wo Einverständnis herrscht, hier 60 Minuten unserer Zeit einstimmigen Beschluss im Agrarausschuss gefasst, die verplanen, dann finde ich das nicht gerechtfertigt. Das Sache ist unstrittig. Dass wir jetzt hier 60 Minuten dar- zeigt, dass Sie die wahren Probleme und Herausforde- über debattieren wollen … rungen, die es gibt, einfach nicht wahrnehmen, und dafür sollten Sie sich schämen. – Herzlichen Dank für die Auf- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Frau Aßmann, gestat- merksamkeit. ten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Weber? (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) Elisabeth Aßmann, SPD: Aber selbstverständlich, Herr Weber. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Ralph Weber, AfD: Vielen Dank. Dr. Backhaus.

Ich wollte Sie eigentlich nur fragen, ob es Ihrer Demokra- Minister Dr. Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsiden- tievorstellung entspricht, dass man zu Gesetzentwürfen tin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte der Landesregierung nicht mehr sprechen sollte? Sollen mich den Worten von Elisabeth Aßmann anschließen, wir das jetzt alles immer ohne Aussprache durchwinken? wobei ich auch sagen darf, die Diskussionen im Agrar- ausschuss waren sehr einvernehmlich. Ich habe selten (Andreas Butzki, SPD: erlebt in der doch etwas längeren Entwicklung dieses Hat sie doch gar nicht gesagt. Hauses, dass bei einem Gesetz quasi zu 100 Prozent Da ist ein Beschluss gefasst worden.) dem Vorschlag gefolgt wird, wie es von der Landesregie- rung eingebracht worden ist. Darüber freue ich mich Elisabeth Aßmann, SPD: Wir haben im Agrarausschuss sehr. Das bedeutet unterm Strich, das wir damit – euro- einen Beschluss gefasst und mein Verständnis von De- päisch im Übrigen auch – mokratie ist, dass man sich an Beschlüsse und an Ab- sprachen hält. (Peter Ritter, DIE LINKE: Ach deswegen! Deswegen!) (Peter Ritter, DIE LINKE: Einstimmigen Beschluss, einstimmig!) wieder ein Stückchen dafür leisten, die Lebensmittelsi- cherheit in Europa zu sichern und auf der anderen Seite Das hat was mit Zuverlässigkeit zu tun, das hat was mit aber auch das Engagement der Mitarbeiterinnen und Vertrauen zu tun Mitarbeiter zu würdigen, nämlich die Lebensmittelchemi- ker in ihrer Berufsbezeichnung zu sichern. (Minister Dr. Till Backhaus: Der Beschluss war einstimmig.) Was mir in diesem Zusammenhang auch noch mal sehr wichtig ist – das schließt so ein bisschen an das an, was und das hat auch damit etwas zu tun, dass Sie scheinbar der Innenminister hier heute zu Europa gesagt hat –: im Fraktionsvorstand oder wie auch immer die Autorität Wenn wir uns anschauen, was durch die Globalisierung Ihrer eigenen Abgeordneten, und durch die Europäisierung allein im Lebensmittel- bereich, im Bedarfsgegenständebereich an Produkten (Minister Dr. Till Backhaus: Außerdem („Made in “) quer durch Europa, quer durch die ist das Gesetz nicht geändert worden.) Welt als Marke geliefert wird, ist das auch ein Signal für eine wirklich erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte. Dabei die nämlich zugestimmt haben, auch untergraben. hat und ist insbesondere eine verbraucherschutzgerechte Betreuung und Untersuchung dieser Produkte natürlich (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – von großer Bedeutung. Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig, richtig!) Insofern darf ich noch mal ausdrücklich sagen, die Le- Wenn das Ihr Demokratieverständnis ist, Herr Weber, bensmittelkontrolle und -überwachung ist ein wichtiger Teil dann ist das Ihr Problem, aber garantiert keins meiner des Verbraucherschutzes in Mecklenburg-Vorpommern. Fraktion oder meiner Person. Wenn ich mir überlege, dass wir bei den 8.198 Proben, die wir im Bereich der Lebensmittel und der Bedarfsge- (Peter Ritter, DIE LINKE: Wer war das?) genstände im letzten Jahr vorgenommen haben, immer- hin eine Beanstandungsquote von 13,5 beziehungsweise Was mich besonders ärgert an so einem Fall, ist, wenn bei Bedarfsgegenständen von 16,8 Prozent haben, macht man so ein unstrittiges Verfahren hier hat, dass wir ganz das deutlich, dass diese Lebensmittelkontrolleure und viele Tagesordnungspunkte haben, die politisch sehr, insbesondere die Lebensmittelchemiker von außeror- sehr wichtig sind, die wir dann an anderer Stelle zu sehr dentlich wichtiger und großer Bedeutung sind für die später Stunde beraten müssen, wo die Kraft und der Elan Sicherheit der Lebensmittel, aber auch für die Sicherheit bei vielen Abgeordneten einfach nicht mehr so da sind. der Bedarfsgegenstände. Insofern bin ich sehr, sehr dankbar, dass wir – wenn ich davon ausgehen darf – (Peter Ritter, DIE LINKE: Na!) heute dieses Gesetz so beschließen werden. Ich glaube, es ist eine hohe Wertschätzung sowohl für die Landwirt- Und wenn wir mit so einer wichtigen, aber einfachen schaft, für die Lebensmittel, aber auch für unsere Ver- Regelung, braucherschützer. – Herzlichen Dank. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 17

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) (Beifall Jens-Holger Schneider, AfD)

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Wir meinen zudem, dass die staatliche oder sonstige die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Dr. Jess. Reglementierung derartiger Berufe wichtige Vorausset- zungen für den Qualitätsstandard dieser Berufe darstel- Dr. Gunter Jess, AfD: Frau Präsidentin! Meine Damen len. Aber – und jetzt kommt das Aber – was nutzen uns und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste! hervorragend ausgebildete Fachleute, wenn sie rein von der Personenzahl gar nicht in der Lage sind, die erfor- Frau Aßmann, ich war schon öfter überrascht über Ihre derliche Menge an Prüfungen vorzunehmen? Wenn Rede hier. Das war weniger ein Bericht als ein „alles man die Mitarbeiter der zuständigen Institutionen fragt, Mögliche“, was Sie da erzählt haben. Sie hätten es also ob sie die eigentlich erforderlichen Hygieneüberprüfun- deutlich kürzer, gen und Beprobungen im erforderlichen Umfang wahr- nehmen können, dann erntet man nur ein müdes Lä- (Andreas Butzki, SPD: cheln. Was will ich damit sagen? Ich will sagen, unser Das war keine direkte Aussprache.) heute zu beschließendes Gesetz zeigt lediglich die gute Absicht, eine hohe Verbraucherschutzsicherheit zu ge- Sie hätten es also deutlich kürzer machen können und währleisten. Bis zu einer effizienten Umsetzung ist es wir hätten uns dann die Zeit sparen können. noch ein weiter Weg.

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Also wir befassen uns heute in Zweiter Lesung mit dem Herr Glawe hat wenigstens schon einmal angedeutet in Gesetz zum Schutz der Berufsbezeichnung „Staatlich ge- seinen diesbezüglichen Äußerungen, dass er sich vor- prüfte Lebensmittelchemikerin beziehungsweise -chemiker“. stellen könnte, die bisher angekündigte Anstellung von Frau Aßmann hat als Vorsitzende des federführenden zwei Praktikanten zur staatlichen Ausbildung auf fünf Ausschusses in ihrem Bericht, sage ich mal, bereits die aufzustocken. Ich befürchte … große Übereinstimmung … (Minister Dr. Till Backhaus: Das war nicht (Peter Ritter, DIE LINKE: Sie hat nicht als Herr Glawe, das war Herr Backhaus.) Ausschussvorsitzende geredet. Sagen Sie, kriegen Sie gar nichts mit? Sie hat nicht Entschuldigung, Herr Backhaus war es. als Ausschussvorsitzende geredet.) (Zuruf von Rainer Albrecht, SPD) Okay. Entschuldigen Sie, Herr Backhaus. (Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD) Ich denke aber, Gut, Frau Aßmann, Sie haben sich an die Absprachen gehalten, aber Sie haben deutlich gemacht, dass eine (Heiterkeit bei Minister Dr. Till Backhaus: große Zustimmung zum Gesetzentwurf bei allen Fraktio- Ich höre genau zu, was Sie sagen.) nen besteht. auch dies wird dem zukünftigen Anspruch nicht gerecht (Minister Dr. Till Backhaus: werden. Ja, stimmt doch, oder? – Tilo Gundlack, SPD, und Und damit komme ich schon zum zweiten Punkt. Es ist Thomas Krüger, SPD: Einstimmig!) kein Geheimnis, dass der Europäischen Kommission die Vielzahl der reglementierten Berufe, insbesondere in Insofern wäre das einfache Durchwinken des Gesetzes Deutschland, ein Dorn im Auge ist. Im Rahmen der Öff- sicher problemlos möglich gewesen. Trotzdem halten wir nung des Binnenmarktes und der Arbeitnehmerfreizügig- es für angebracht, im Zusammenhang mit dem Gesetz- keit ist die Kommission bestrebt, derartige nationale entwurf auf einige Punkte noch einmal deutlich hinzuwei- Regelungen möglichst aufzuweichen oder gar auszuhe- sen, und das werde ich jetzt tun. beln.

Das wäre erstens zuallererst das Grundanliegen des Ge- (Beifall Jörg Kröger, AfD – setzes, nämlich die Sicherung eines hohen Standards bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD: der Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetik, Tabak- Sehr richtig!) erzeugnissen und Bedarfsgegenständen für den Verbrau- cherschutz in Deutschland. Der Minister hat darauf hin- Vor einiger Zeit entdeckte ich eine Studie, wo herausge- gewiesen. Insbesondere Mecklenburg-Vorpommern mit arbeitet wurde, dass in der EU das Vertrauen der Ver- einem hohen Anteil landwirtschaftlicher Produktion und braucher in die Berufsausübenden bei Ländern mit Reg- Nahrungsgüterproduktion sollte im Bereich der Qualitätssi- lementierung der Berufe nicht größer war als bei den cherung im gesamten Bereich dieser Wertschöpfungskette Ländern ohne Berufsreglementierung – mit einer großen um ein hohes Vertrauen der Verbraucher werben. Ausnahme, nämlich Deutschland.

(Beifall Jörg Kröger, AfD – (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Zuruf von Thomas Krüger, SPD) Also warum sollten wir das Vertrauen der deutschen Dazu sind effiziente und qualitativ gut ausgebildete Le- Verbraucher in unsere gesetzlich geregelten Berufe aufs bensmittelchemiker unverzichtbar. Spiel setzen?! 18 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) und es würde alles auf der Strecke bleiben. Ich glaube, das ist leicht überspitzt. Damit tun wir den Mitarbeitern und Ich will gar nicht sagen, dass eine kritische Sichtung von Mitarbeiterinnen, die draußen vor Ort in den Landkreisen nationalen Berufsreglementierungen nicht auch einmal tätig sind und ihre Arbeit tagaus, tagein machen unrecht, richtig und sinnvoll sein kann, letztlich sollte aber nach dem Subsidiaritätsprinzip der nationale Gesetzgeber (Dr. Gunter Jess, AfD: Nee, gar nicht.) entscheiden, wo und wie er seine Standards setzt. Das werden wir für die Lebensmittelchemiker heute tun, und wenn wir solche Äußerungen hier von uns geben. dafür bin ich dankbar. Unsere Fraktion wird der Beschlussempfehlung zustim- Einen dritten und letzten Punkt möchte ich jetzt noch men und ich möchte Ihnen nur empfehlen, dass Sie in ansprechen. Er betrifft den Paragrafen 3 im Gesetz, die Zukunft dann vielleicht doch im Ausschuss eine bessere Anerkennung ausländischer Ausbildungen, grundsätzlich Zuarbeit machen, damit nicht im Nachgang hier solche An- ein wichtiger Paragraf, da er das Verfahren zur Bewer- träge kommen, die eigentlich unnötig sind. – Danke schön. tung ausländischer Ausbildungs- und Berufsqualifikatio- nen regelt. Gibt es wesentliche Unterschiede in den Aus- (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU bildungen, so kann der Antragsteller für die Berufsaner- und Andreas Butzki, SPD) kennung zum Ausgleich eine Eignungsprüfung ablegen. So weit, so gut. Aber die oberste Landesbehörde kann Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für abweichend bestimmen, dass für die Antragsteller anstel- die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Weiß. le einer Eignungsprüfung nach Wahl der Antragsteller auch ein Anpassungslehrgang zulässig ist. Eine Prüfung Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau ist dann nicht mehr erforderlich. Zwar wird in Teil B der Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Begründung bei Paragraf 3 ausgeführt, dass es aus Kollegen! Ich muss Ihnen ehrlich sagen, auch ich bin Gründen der Qualitätssicherung sinnvoll wäre, allein auf etwas erstaunt darüber, dass ich jetzt hier überhaupt eine Eignungsprüfung zu bestehen, aber nichtsdestotrotz stehe. Wir hatten einen einstimmig gefassten Beschluss bleibt die Gesetzesregelung bestehen, dass eine andere im Ausschuss. Regelung erfolgen kann. Ich halte diesen Passus für unlauter. Trotzdem werden wir aus grundsätzlichen Er- (Heiterkeit und Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD) wägungen dem Gesetz zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Die Fragestellung, wie weit wir hier jetzt überhaupt eine Debatte zu führen haben oder nicht, ist uns eingebrockt (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) worden von einer Fraktion, die sich im Ausschuss weder an der Diskussion beteiligt hat noch bei einem der ir- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für gendwie behandelten acht Paragrafen eine Frage gestellt die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kliewe. hat oder dagegengestimmt hat.

Holger Kliewe, CDU: Meine sehr verehrte Präsidentin! (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Wertes Präsidium! Meine sehr verehrten Abgeordneten! Thomas Krüger, SPD: So ist es, genau so.) Werte Gäste! Aber genau genommen – und das bei allem Respekt, Herr Meine Herren von der AfD, ich bin auch ein wenig ver- Dr. Jess, Sie haben sich ja offensichtlich mit dem Thema wundert, wie schon meine Vorrednerin, Frau Aßmann, mehr beschäftigt als die Mitglieder Ihrer Fraktion im Agrar- dass wir heute zu diesem Gesetz hier noch mal eine ausschuss – kennzeichnet das das, was wir seit einiger Zeit Debatte im Landtag führen, da wir uns ja im Agraraus- von Ihrer Fraktion erleben: Unzuverlässigkeit, Diskussion schuss – der Minister hat es auch schon erwähnt – ge- um der Diskussion willen, absolute Untätigkeit in den Aus- meinsam dafür ausgesprochen haben, dass wir hier schüssen und Unfähigkeit, echte Alternativen anzubieten. keine Aussprache führen. Das Gesetz ist hinreichend im Agrarausschuss besprochen worden. Wenn jetzt im (Dr. Ralph Weber, AfD: Ein Blödsinn!) Nachgang von Ihrer Fraktion, der AfD, noch Probleme angeführt werden, dann wäre es doch schön gewesen, Weder haben die Vertreter im Ausschuss Fragen gestellt – wenn die Abgeordneten, die im Agrarausschuss tätig sind, diese Probleme im Ausschuss mit eingebracht (Zurufe von Christoph Grimm, AfD, hätten, damit wir die dort hätten diskutieren können und und Dr. Ralph Weber, AfD) vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch noch nachjustieren können. Deswegen verwundert es mich genau das meine ich und deswegen wiederhole ich das doch sehr, dass Sie hier noch mal diese Redezeit oder jetzt noch mal – noch in irgendeiner Form einen Dissens die Rede hier beantragt haben zu diesem Gesetz. in der Sache erkennen lassen, und trotzdem werden hier jetzt Debatten gefordert. Nein, die Beschlussempfehlung Ich denke, es ist alles hinreichend gesagt. Wir wollen im Ausschuss war eindeutig. Sie wollten genauso auf die diesen Berufszweig oder die Ausbildung zum Lebensmit- Aussprache und die Berichterstattung wie Frau Vorsit- telchemiker oder zur Lebensmittelchemikerin hier weiter- zende Aßmann verzichten, wie alle anderen auch. Und hin sicherstellen mit diesem Gesetz, was auch gut ist. jetzt können Sie vielleicht meinen Unmut verstehen.

Und, Herr Dr. Jess, Sie tun ja fast so, als hätten wir keine Wir werden auf jeden Fall dem Gesetzentwurf zustim- Lebensmittelkontrolleure in diesem Land oder viel zu men. – Danke schön. wenige (Beifall vonseiten der Fraktionen (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) der SPD und DIE LINKE) Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 19

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landes- die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke. regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Berufsbezeichnung „Staatlich geprüfte Lebens- Ralf Borschke, BMV: Meine sehr verehrten Damen und mittelchemikerin“ und „Staatlich geprüfter Lebensmittelche- Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Eigentlich gibt es hier miker“ in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 7/1319. nicht viel zu sagen, aber ich möchte nicht, dass der Ein- druck entsteht, ich bin nur wegen des Glases Wasser (Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD) hier vorne. Meine sehr geehrten Damen und Herren und insbeson- (Heiterkeit bei Ministerin Birgit Hesse, dere – na ja, Damen, da tue ich den Damen unrecht – Tilo Gundlack, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE) meine sehr geehrten Herren, wir sind in der Abstimmung, und in der Abstimmung hat hier Ruhe zu sein, damit auch Gunter, da muss ich mal sagen, anscheinend merkst du jeder weiß, worüber er abstimmt, und sich nicht hinterher nicht mal, dass du deine eigenen Kollegen aus dem beschwert. Agrarausschuss hier auch noch vorführst. Der Agrarausschuss empfiehlt – ich weiß gar nicht, ob (Heiterkeit bei Elisabeth Aßmann, SPD – ich die Drucksache jetzt angesagt habe, Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, wenn sie sich das gefallen lassen!) (Peter Ritter, DIE LINKE: Ja.)

Ja, die hatten dem nämlich zugestimmt. Und mit deiner ich sage sie zur Sicherheit noch mal, wir stimmen also über Rede hast du hier auch noch bewiesen, dass du von die Drucksache 7/1319 ab –, der Agrarausschuss emp- Tuten und Blasen überhaupt keine Ahnung hast. fiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung entspre- chend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/2181 (Beifall und Heiterkeit unverändert anzunehmen. vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE – Wir kommen zur Einzelabstimmung. Beifall Bernhard Wildt, BMV) Ich rufe auf die Paragrafen 1 bis 8 sowie die Überschrift Jetzt sage ich dir mal etwas als jemand, der damit Erfah- in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregie- rung hat, persönliche Erfahrung, auch praktische Erfah- rung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um rung: Ich war jahrelang auf den Märkten und in der Gast- ein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es ronomie. Den Beruf des Lebenschemikers, Stimmenthaltungen? – Damit sind die Paragrafen 1 bis 8 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwur- (Heiterkeit bei Dr. Ralph Weber, AfD) fes der Landesregierung einstimmig angenommen. den gab es schon in der DDR, und daher bin ich den Wir kommen zur Schlussabstimmung. Umgang und die Zusammenarbeit, da ich aus der Fisch- wirtschaft komme, mit denen gewohnt. Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen in der Fassung des Ge- setzentwurfes der Landesregierung auf Drucksache 7/1319 (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzei- chen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Was du hier erzählst! Es gab keinen Markt – ich war in Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung auf ganz Deutschland unterwegs, es gibt keine Branche, die Drucksache 7/1319 ebenfalls einstimmig angenommen. besser untersucht wird als die Lebensmittelbranche –, es gab keinen Markt, wo nicht kontrolliert wurde. Meine Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3: Zweite Lesung Gaststätte in Stralsund wurde mindestens einmal im und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Lan- Monat kontrolliert. desregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wasserverkehrs- und Hafensicherheitsgesetzes und (Minister Dr. Till Backhaus: zur Änderung des Schiffsabfallentsorgungsgesetzes, Das hat auch einen Grund.) Drucksache 7/1524, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Energie, Infrastruktur und Wenn du hier behauptest, die wären gar nicht in der Lage, Digitalisierung, Drucksache 7/2180. das auszuführen, dann ist das schlicht und einfach verkehrt. Es stimmt nicht. Es gibt keine besser überprüfte Branche. Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung (Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD) des Wasserverkehrs- und Hafensicher- heitsgesetzes und zur Änderung des Wir werden dem Antrag natürlich zustimmen und ich Schiffsabfallentsorgungsgesetzes muss sagen, eigentlich sollte man sich auch, wenn man (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) im Ausschuss etwas abspricht, daran halten. – Danke. – Drucksache 7/1524 –

(Beifall vonseiten der Fraktionen Beschlussempfehlung und Bericht der SPD, BMV und Torsten Renz, CDU – des Ausschusses für Energie, Infrastruktur Zurufe von Thomas de Jesus Fernandes, AfD, und Digitalisierung (8. Ausschuss) und Stephan J. Reuken, AfD) – Drucksache 7/2180 –

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des gen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Energieausschusses Herr Rainer Albrecht. 20 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Rainer Albrecht, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Als weiterer Baustein wird neu geregelt, wie die Geneh- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Gäste! migung von Hafenanlagen zukünftig erfolgen soll bezie- Es bedarf nicht viel Fantasie, um zu erkennen, dass hungsweise wie diese zukünftig planfestgestellt werden. Inseln in der Regel über Brücken oder Fähren versorgt Für kleinere Häfen im Land sind derzeit der Oberbürger- werden. meister der kreisfreien Städte sowie die Landräte zu- ständig. Der Betrieb von größeren Hafenanlagen wird (Peter Ritter, DIE LINKE: Oder per Flugzeug.) dagegen durch die zuständigen Landesbehörden plan- festgestellt. Grundsätzliches Ziel ist es, zukünftig die Doch nicht jede Insel hat eine Brückenverbindung zum Bestimmungen für die großen Häfen nicht auch für kleine Festland, was wirtschaftlich auch nachvollziehbar ist. Für Häfen anwenden zu müssen. Dabei sollen Hafenanlagen Letzteres bedarf es deshalb regelmäßiger und angemes- nicht grundsätzlich genehmigungsfrei gestellt werden. sener Schiffsverbindungen, die üblicherweise vom Markt Notwendige Genehmigungsverfahren sollen hinsichtlich bedient werden. Dort, wo dies nicht ausreichend ge- des Gewässerzustandes sowie der Gewährleistung der schieht, müssen die notwendigen Verkehrsdienste im Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sicherstellen, Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge gesetzlich dass Einschränkungen die geringstmöglichen Auswir- geregelt werden. kungen haben. Für das Land sind solche Regelungen in Bezug auf den Verwaltungsaufwand einfacher zu hand- Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass Ver- haben. Im Weiteren sind zudem redaktionelle Änderun- kehrsdienstleister nur solche Strecken bedienen, die in gen erfolgt. der touristischen Saison oder an den Wochenenden attraktiv sind, sich aber den Dienstleistungen für eine Meine Damen und Herren, aufgrund der vom Fachressort Grundversorgung der dort lebenden Bevölkerung in dargelegten Anregungen, der Stellungnahmen der mitbe- sonstigen Zeiten aus wirtschaftlichen Gründen entziehen. ratenden Fachausschüsse sowie der Ergebnisse der Da setzt die Änderung des Wasserverkehrs- und Hafen- Erörterungen im Energieausschuss hatten die Koalitions- sicherheitsgesetzes an. fraktionen die in der Beschlussempfehlung aufgeführten Änderungen beantragt, denen der Ausschuss bei Zu- Meine Damen und Herren Abgeordneten, Ziel des vorlie- stimmung seitens der Fraktionen von SPD, CDU, DIE genden Gesetzentwurfes ist es nun, die Vorschriften zur LINKE und BMV sowie bei Enthaltung seitens der Frakti- Genehmigung von Fährverkehren zu ändern, um einem on der AfD einvernehmlich zugestimmt hat. Insofern bestehenden Regelungserfordernis zur Sicherstellung gehe ich heute davon aus, dass Sie, meine Damen und der Inselversorgung nachzukommen. Des Weiteren sol- Herren Abgeordnete, diesem Gesetz einvernehmlich len bislang nicht eindeutige Regelungen kritisiert und der zustimmen können, und bedanke mich für Ihre Aufmerk- mit der wasserverkehrsrechtlichen Genehmigungser- samkeit. teilung einhergehende Verwaltungsaufwand verringert werden. (Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU) Darüber hinaus soll das Schiffsabfallentsorgungsgesetz gemäß der Europäischen Richtlinie 2015/2087 hinsicht- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Vielen Dank, Herr lich der Vorschriften über Hafenauffangeinrichtungen, der Albrecht. Meldung von Schiffsabfällen und Ladungsrückständen, des Entsorgungsanspruches sowie der Bemessungs- Auf der Besuchertribüne haben zwischenzeitlich Teil- grundlagen und der Höhe des Entgeltes novelliert wer- nehmerinnen und Teilnehmer an der Jugendweihe aus den. Letztlich sollen auch über das EU-Recht hinausge- Neubrandenburg Platz genommen. hende Vorschriften im Landesrecht aufgehoben werden. Ich möchte Sie darüber informieren, dass im Ältestenrat Meine Damen und Herren, der Energieausschuss hat vereinbart wurde, eine Aussprache nicht vorzusehen. den Gesetzentwurf auf Drucksache 7/1524 in drei Sit- zungen beraten und einvernehmlich empfohlen, diesen (Wolfgang Waldmüller, CDU: Wunderbar.) mit der Maßgabe der in der Beschlussempfehlung aufge- führten Änderungen anzunehmen. Der Wirtschaftsaus- Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist schuss hat mehrheitlich empfohlen, den Gesetzentwurf das so beschlossen. unverändert anzunehmen. Der Agrarausschuss hat emp- fohlen, in Artikel 1 Nummer 3 in der Überschrift des Wort Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Lan- „Anzeigen“ voranzustellen. Eine weitere Empfehlung des desregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes Agrarausschusses war, Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe c zur Änderung des Wasserverkehrs- und Hafensicher- neu zu fassen. Letzteres hatte inhaltlich einem Antrag heitsgesetzes und zur Änderung des Schiffsabfallent- der Fraktionen von SPD und CDU wortgleich entspro- sorgungsgesetzes, Drucksache 7/1524. Der Energieaus- chen. schuss empfiehlt, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa- Meine Damen und Herren Abgeordneten, im Zuge seiner che 7/2180 anzunehmen. Beratungen ist der Energieausschuss den wesentlichen Argumenten der Landesregierung gefolgt. Die Aufhebung Wir kommen zur Einzelabstimmung. von über das EU-Recht hinausgehenden Landesvorschrif- ten soll dafür sorgen, dass die Landeshäfen im europäi- Ich rufe auf die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift ent- schen Vergleich wettbewerbsfähiger werden. Weiter greift sprechend der Beschlussempfehlung des Energieaus- der Gesetzentwurf zur Deregulierung eine Änderung der schusses. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich Genehmigungspraxis von Konzessionen für Dienstleis- jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es tungen beim Fährbetrieb zur Inselversorgung, wie bei- Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 bis 3 spielsweise im Falle der Insel Hiddensee, auf. sowie die Überschrift entsprechend der Beschlussemp- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 21 fehlung des Energieausschusses mit den Stimmen der Wesentlichen redaktionelle und geringfügige materielle Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und BMV, bei Anpassungen, die an die Datenschutz-Grundverordnung Stimmenthaltung der Fraktion der AfD angenommen. vorzunehmen sind. Angepasst werden dabei Regelungen der Zuständigkeit der Verarbeitung personenbezogener Wir kommen zur Schlussabstimmung. Daten – das kennen wir, denke ich, alle mittlerweile aus der EU-Verordnung – und zur Einschränkung auch der Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen entsprechend der Be- Betroffenenrechte. schlussempfehlung des Energieausschusses zuzustim- men wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Des Weiteren wird das bereichsspezifische Datenschutz- Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit recht sprachlich an die Begrifflichkeiten des Artikel 4 der ist der Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union der Beschlussempfehlung des Energieausschusses auf angepasst. Die Änderungen berücksichtigen zudem den Drucksache 7/2180 bei gleichem Stimmverhalten ange- Anwendungsvorrang des Unionsrechtes und tragen der nommen. neuen Regelungssystematik zwischen der Datenschutz- Grundverordnung und dem neuen Landesdatenschutz- Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung gesetz Rechnung. Insofern gehe ich davon aus, dass wir des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf auch in diesem Fall einen einvernehmlichen, vielleicht eines Gesetzes zur Anpassung des Landesrechts im sogar einen einstimmigen Beschluss im Agrarausschuss Bereich des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt hinbekommen, und ich freue mich auf die Beratungen im an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Änderung des Ausschuss. – Herzlichen Dank. Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz, Druck- sache 7/2144. (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Gesetzentwurf der Landesregierung Vizepräsidentin Beate Schlupp: Vielen Dank, Herr Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Minister. Landesrechts im Bereich des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt an die Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache Verordnung (EU) 2016/679 und zur nicht vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Wider- Änderung des Ausführungsgesetzes spruch, dann ist das so beschlossen. zum Flurbereinigungsgesetz (Erste Lesung) Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Lan- – Drucksache 7/2144 – desregierung auf Drucksache 7/2144 zur federführenden Beratung an den Agrarausschuss und zur Mitberatung an Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Landwirt- den Innen- und Europaausschuss zu überweisen. Wer schaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus. Bitte schön. stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit Minister Dr. Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsiden- ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen. tin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lege Ihnen für unser Haus heute einen Gesetzentwurf vor, der Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung das Ziel hat, die Datenschutz-Grundverordnung tatsäch- des Gesetzentwurfes der Fraktion der BMV – Entwurf lich auch innerhalb unseres Hauses umzusetzen. eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Denkmal- schutzgesetzes, (Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt schon?) (Der Abgeordnete Bernhard Wildt Obgleich die Verordnung als unmittelbar geltendes Recht schreitet zum Rednerpult.) ja bereits besteht, macht es Anpassungen notwendig. Einerseits sieht die Verordnung eine Reihe von Öff- Drucksache 7/12... nungsklauseln vor, die wir im Ausschuss sicherlich noch mal erläutern werden, und andererseits enthält sie auch Sie machen mich völlig fertig hier vorne. Ich muss ja konkrete Regelungsaufträge für den nationalen Gesetz- wenigstens die Drucksache noch ordentlich ansagen: geber. Hieraus ergibt sich der gesetzliche Anpassungs- Drucksache 7/2152. bedarf im Landesdatenschutzgesetz sowie in den Fach- gesetzen der jeweiligen Ressorts. Gesetzentwurf der Fraktion der BMV Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem von Änderung des Denkmalschutzgesetzes der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf werden (DSchG M-V – 1. DSchÄndG M-V) in meinem Zuständigkeitsbereich die Gesetze der Daten- (Erste Lesung) schutz-Grundverordnung angepasst. Das betrifft im Übri- – Drucksache 7/2152 – gen vier Gesetze, nämlich das Landesbodenschutzge- setz, das Agrarstatistikgesetz, das Ausführungsgesetz Das Wort zur Einbringung hat für die Fraktion der BMV zum Tiergesundheitsgesetz und das Landeswaldgesetz. ganz offensichtlich der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt. Zudem haben wir im Übrigen auch die Gelegenheit ge- Bitte schön. nutzt, noch den Artikel 4 im Bereich des Flurneuord- nungsgesetzes mit anzupassen. Dieser unterfällt zwar Bernhard Wildt, BMV: Vielen Dank, Frau Präsidentin! nicht der Datenschutz-Grundverordnung, aber hier geht Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete es um eine Rechtskorrektur. und werte Gäste! Die Fraktion BMV legt einen Gesetz- entwurf zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vor Meine sehr geehrten Damen und Herren, die mit dem und möchte den Paragrafen 13, das Schatzregal, um Gesetzentwurf verbundenen Änderungen beinhalten im eine Fundprämie ergänzen. 22 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Worum geht es dabei? Allgemein ist die Definition im Denkmalbuch aufnimmt. Ansonsten erfolgt eine Entschä- BGB in Paragraf 984 schon seit Langem geregelt. Ein digung. Schatz ist „eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist“. Der In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz Finder eines Schatzes erwirbt bereits mit der Entdeckung gehen bedeutende Funde in das Eigentum des Landes hälftiges Miteigentum. Die andere Hälfte des Miteigen- über. Der Finder soll jedoch nach Ermessen des Landes- tums steht dem Eigentümer der Sache zu, in der der amtes für Denkmalpflege für seinen Fund belohnt werden. Schatz verborgen gewesen ist, also in der Regel dem Ganz ähnlich verhält es sich in Nordrhein-Westfalen, Grundstückseigentümer. Dieser Grundsatz geht auf die wobei dieses Bundesland Funde, die im Rahmen illegaler sogenannte Hadrianische Teilung zurück. Das ist also die Grabungen gemacht wurden, vom Anspruch auf eine Regelung im BGB. Belohnung ausnimmt. Also auch das ist eine Variante, dass man illegale Grabungen bewusst ausnimmt. So viel Die Denkmalschutzgesetze der deutschen Bundesländer zu den anderen Bundesländern. beschränken durch das dort jeweils definierte Schatzre- gal die Regelung des BGB und definieren die Eigen- Noch mal ein Blick auf unser eigenes Denkmalschutzge- tumsverhältnisse anders, wenn die gefundene Sache ein setz, ich möchte das gerne zitieren, Paragraf 13 „Schatz- Kulturdenkmal darstellt. In der Mehrzahl der Bundeslän- regal“. Der ist auch nicht sehr lang, der Paragraf: der fallen solche Schatzfunde an das Land, in der Min- derheit nur dann, wenn sie bei staatlichen Nachforschun- „Bewegliche Denkmale, die herrenlos sind oder die so gen, in der Regel Ausgrabungen, entdeckt wurden. Diese lange verborgen gewesen sind, daß ihr Eigentümer nicht Einschränkungen werden durch zahlreiche Urteile der mehr zu ermitteln ist, werden mit der Entdeckung Eigen- Verwaltungsgerichte bestätigt. tum des Landes, wenn sie bei staatlichen Nachforschun- gen oder in Grabungsschutzgebieten im Sinne des § 16 Ja, ich habe es schon angesprochen, es ist eine Länder- entdeckt werden oder wenn sie einen hervorragenden sache, in den Denkmalschutzgesetzen also geregelt, und wissenschaftlichen Wert haben.“ Es ist also ausschließ- da ist es natürlich sinnvoll, mal den Blick über unsere lich Sache des Landes zu sagen, dass der entdeckte Landesgrenzen hinaus zu richten, um zu sehen, wie das Schatz dem Land gehört, und eine Fundprämie ist wie die anderen Bundesländer regeln. Da gibt es eine große gesagt nicht vorgesehen. Bandbreite. Auf der einen Seite der Skala befindet sich das Land Bayern. Die in Bayern gültige Rechtslage sieht Noch mal zum Vergleich Niedersachsen, dort ist der vor, dass ein Schatzfund zur Hälfte auf den Finder und gleiche Paragraf gültig, es ist dort Paragraf 18 „Schatzre- zur Hälfte auf den Besitzer des Grundstückes, auf dem gal“, fast wortgleich, aber dann eben ergänzt: „Der Finder der Schatz verborgen war, übergeht. Diese Regelung soll im Rahmen der verfügbaren Mittel des Landeshaus- wird nur ungültig, wenn der Eigentümer der Fundsache halts eine Belohnung erhalten.“ Also im Rahmen der noch zu ermitteln ist. Das ist also das eine, ich möchte verfügbaren Mittel – auch dort gibt es keinen Anspruch mal sagen, Extrem. Das andere Extrem haben wir hier in auf irgendwelche Höchstbeträge, sondern es ist ganz klar Mecklenburg-Vorpommern, aber nicht nur bei uns, son- geregelt. dern auch in Thüringen, in Hamburg und in Berlin. Bei uns gibt es das große Schatzregal, das dem Staat den Zusammenfassend kann man sagen, es gibt vier Bun- Anspruch auf alle Funde ohne die Erfüllung weiterer desländer, in denen kein Finderlohn gezahlt wird, dazu Voraussetzungen sichert, und es gibt keinen Anspruch gehört Mecklenburg-Vorpommern, und es gibt zwölf auf eine Fundprämie. Bundesländer, in denen ein Finderlohn gezahlt wird – Bayern wie gesagt sogar die Hadrianische Teilung –, mit Zwischen diesen beiden Enden der Skala gibt es dann unterschiedlichen Bedingungen jeweils. noch entsprechend elf andere Bundesländer, die alle ein Schatzregal vorhalten, allerdings in der Regel verbunden In unserem Vorschlag sehen wir nun vor, dass erstens mit einer Fundprämie. Zum Beispiel gibt es die Länder der Finder von Kosten und Aufwand der Überlassung Saarland und Baden-Württemberg – ich möchte auch freigestellt wird. Das ist aus unserer Sicht ein ganz wich- nicht auf alle eingehen, aber doch noch ein paar exemp- tiger Punkt, denn der Fund eines archäologischen Schat- larisch nennen –, im Saarland und in Baden-Württemberg zes ist ja auch durchaus mit Kosten verbunden, und da gilt das Schatzregal bei Funden, die in Grabungsschutz- möchten wir, dass eben der Finder und auch der Grund- gebieten oder im Rahmen staatlicher Forschungen ge- stückseigentümer davon freigestellt werden. macht wurden. Darüber hinaus kann es aber auch auf Funde aus nicht genehmigten Grabungen oder bei anzu- Dann haben wir uns überlegt, wie sollte diese Fundprä- nehmendem wissenschaftlichem Wert des Fundes zum mie aussehen, und haben uns da wieder an das BGB Tragen kommen. Eine finanzielle Entschädigung ist also gehalten und aufs BGB bezogen. Und zwar ist das der möglich, aber auch genauso die Erlaubnis, das Fund- Paragraf 971. Dort ist geregelt, dass bis zur Höhe von stück behalten zu können. Beides ist dort möglich. 500 Euro 5 Prozent des Wertes als Fundprämie gelten, über 500 Euro hinaus sind es dann 3 Prozent. Das ist In Brandenburg gibt es eine finanzielle Entschädigung, eine klare Regelung, sodass man dort nicht mehr diese aber nur, wenn der Fund zufällig gemacht wurde. Also es Ermessenslage hat wie in anderen Bundesländern. gibt alle möglichen Formen von Variationen. In Hessen und Sachsen gilt das große Schatzregal, aber dort räu- So weit zu unserem Vorschlag, so weit zu der bisherigen men die Gesetze dem Finder das Recht auf eine Ent- Rechtslage und der Situation. Anlass für diesen Antrag, schädigung ein, falls das Fundstück aufgrund seines das ist ja auch schon durch die Presse gegangen, war kulturhistorischen Wertes einbehalten wird. In Einzelfäl- der Fund in Schaprode, die Silbermünzen von König len gibt es also die Möglichkeit, den Schatz an die Be- Blauzahn. Das ist aber nicht, wie es in der Zeitung stand, rechtigten auszuhändigen, soweit die zuständige Behör- irgendwie populistisch. Das kann ich überhaupt nicht de den Fund nicht binnen einer Dreimonatsfrist in das sehen, dass daran irgendetwas populistisch wäre. Im Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 23

Gegenteil, es ist ja eine kleine Gruppe von Menschen, hinweisen, wir haben diese Regelung in zwölf Bundes- um die wir uns da kümmern. Es sind nicht Millionen, die ländern – und die sind auch nicht alle völlig bescheuert, Schätze suchen, sondern es ist eher eine kleine Gruppe. die schaffen das tatsächlich, einen Wert festzulegen –, Also populistisch ist das sicherlich nicht. Aber es verletzt und zweitens, schauen Sie sich mal in den Museen um, das Gerechtigkeitsgefühl von vielen Menschen, wenn überall gibt es Exponate, die versichert sind. Alles ist derjenige, der so einen wertvollen Schatz findet, über- versichert. Die Versicherungen sind natürlich in der Lage, haupt nichts dafür bekommt. Deswegen haben sich tat- einen Wert zu benennen, um die Versicherungssumme sächlich viele Bürger auf Rügen, aber auch anderenorts zu beziffern. Es ist eigentlich Standard, es ist Alltag für an uns gewandt und haben gesagt, das wäre doch toll, Versicherungen, festzulegen, was Kulturdenkmäler und wenn ihr da mal etwas einbringen könntet, sodass wir Altertümer wert sind. Das ist also überhaupt gar kein aufschließen zu den anderen Bundesländern, die das Problem. Und wie gesagt, am Ende festgelegt wird es eben schon seit sehr langer Zeit haben. natürlich durch das Landesamt und nicht durch den Fin- der. Es war in der Zeitung zu lesen, dass die CDU der Mei- nung sei – oder konkret Herr Kokert –, dass sowieso Damit wäre eigentlich, glaube ich, schon das Allerwich- schon zu viele Funde im Archiv lagern, also dass man tigste erst mal gesagt. Ich freue mich auf die Debatte und sozusagen diese Anstrengungen, um etwas zu finden, hoffe, dass wir das Thema in den Ausschuss überweisen gar nicht mehr unterstützen sollte, indem es noch einen können. Mir ist bewusst, dass man darüber noch disku- Finderlohn gibt. Da möchte ich auf einen Artikel der tieren kann, dass es also noch eine ganze Reihe von „Welt“ verweisen vom 4. April 2018: „Die ehrenamtlichen Fragen gibt, die wir klären können, die man auch noch Bodendenkmalpfleger in Mecklenburg-Vorpommern wer- genauer festlegen wird. Ich habe ja skizziert, dass es in den mit GPS-Geräten ausgestattet. Das Land hat 50 Ver- den Bundesländern dazu verschiedene Möglichkeiten messungsgeräte im Gesamtwert von 67.000 Euro ange- gibt. schafft, wie Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD) am Mittwoch anlässlich der Übergabe der ersten Geräte in Aber einen kleinen Hinweis möchte ich noch geben: Ich Wismar sagte. Sie würden zur Einmessung von Gra- freue mich natürlich sehr, wenn es das Archäologische bungsflächen und archäologischen Funden benötigt. In Landesmuseum in Rostock eines Tages geben sollte, Mecklenburg-Vorpommern sind den Angaben zufolge und wünsche mir, dass wir da bei der Konzeption mit 148 ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger aktiv. Ihr Enga- einbezogen werden, um auch die kleineren regionalen gement sei unbezahlbar, sagte Hesse. Mit den neuen Museen, zum Beispiel auf Rügen, mit zu berücksichti- Geräten solle ihre Arbeit unterstützt werden. ‚Sie sam- gen. – Danke schön. meln wichtige Daten zur Fundstelle und machen eine genauere Standortbestimmung der archäologischen (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – Schätze möglich‘, erklärte die Ministerin.“ Also damit Peter Ritter, DIE LINKE: brauche ich selber der CDU gar nicht zu widersprechen, Schulmuseum in Middelhagen.) sondern das macht in dem Fall dann die SPD, die SPD- Ministerin. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Im Ältestenrat ist ver- einbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis Natürlich wollen wir die Schätze nicht komplett in der zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu Erde lassen, sondern immer dann, wenn man auf sie keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich stößt, eröffne die Aussprache.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Ums Wort gebeten hat die Ministerin für Bildung, Wis- Das sind taktische Gründe.) senschaft und Kultur Frau Hesse. gerade im Zuge von Baugebieten, müssen die natürlich Ministerin Birgit Hesse: Sehr geehrte Frau Präsidentin! gesichert werden und für die Nachwelt erhalten bleiben. Sehr geehrte Damen und Herren! Sie alle wissen, dass wir derzeit an einer Novellierung des Denkmalschutzge- Dann eine große Frage, die auch in der Presse schon setzes arbeiten. diskutiert wurde: Wer legt denn den Wert fest? Das ist sehr schwierig, jetzt genau zu sagen, wie viel dieses Und grundsätzlich, lieber Herr Wildt, freue ich mich natür- Kulturdenkmal wert ist. Das sind ja teilweise, ich sage lich auch über Anregungen aus dem Plenum. Das Positi- mal, unschätzbare Werte, unbezahlbare Werte. Das ist ve an diesem Antrag ist, dass er uns darin bestätigt, dass natürlich nicht so ganz richtig. Also im Zweifel muss das wir die anstehenden Neuerungen im Denkmalschutzge- die Denkmalschutzbehörde festlegen, das ist ganz klar. setz sehr sorgfältig erarbeiten müssen. Es ist ja nachvoll- Das ist also keine freie Verhandlungssache und die Din- ziehbar, man erliegt dem Charme dieser Geschichte sehr ge werden auch nicht bei ... schnell: Ein Jugendlicher findet den Silberschatz von dem König Blauzahn, ein junger Mann, der sich für Ar- (Thomas Krüger, SPD: Woran wollen Sie das chäologie und die Geschichte unseres Landes interes- messen? Woran messen Sie den Einbaum?) siert, der muss doch belohnt werden. Das klingt erst einmal eingängig. Kleinen Moment! Schauen wir aber mal genauer auf diesen Gesetzent- (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) wurf, entpuppt er sich – und das muss ich jetzt leider so deutlich sagen – als Schnellschuss. Sie haben sogar Kleinen Moment, Herr Krüger! selber, Herr Wildt, in Ihrer Rede den eigentlichen Knack- punkt benannt, und dazu komme ich gleich, denn Sie Und die Dinge werden auch nicht bei Christie’s verstei- haben eine Formulierung gewählt, die auch in Hessen gert oder so. Aber erstens möchte ich noch mal darauf gewählt worden ist. Sie selbst haben ja ausgeführt, dass 24 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Sie sich mehrere Regelungen angeguckt haben. Gerade Luca – der junge Mann, an dem Sie jetzt Ihren Gesetz- diese hessische Variante – das ist nicht meine – entwurf aufhängen – hat da genau richtig gehandelt. Er hat seinen Fund direkt gemeldet und somit eine fachge- (Heiterkeit bei Bernhard Wildt, BMV) rechte Ausgrabung durch das LAKD ermöglicht. Er hat im Sinne des Denkmalschutzes gehandelt, dessen Aufgabe nimmt den Bezug auf das BGB. Und darin liegt nämlich es ist, Kulturgüter und das öffentliche Interesse daran zu auch gerade die Krux, denn es ist fast die aufwendigste erhalten. und bürokratischste Lösung, die für eine Fundprämie gelten kann. Das hat der Fraktionsvorsitzende Thomas (Bernhard Wildt, BMV: Gerade deshalb Krüger gerade im Zwischenruf gefragt und es ist die sollte er eine Prämie bekommen.) berechtigte Frage: Wenn Sie einen Wert nach dem BGB bestimmen wollen, nämlich den Wert des Fundes nach Ihr Entwurf steht dem meines Erachtens entgegen, Paragraf 971 BGB, wie bestimmen Sie denn diesen Wert? Über den Materialwert? Das wird schwierig. (Bernhard Wildt, BMV: Nein.)

(Bernhard Wildt, BMV: wobei, in einem Punkt sind wir uns einig: Auch wir pla- Die machen das dann mit nen, den Fall der unerlaubten Nachforschung im Schatz- dem Versicherungsgutachter.) regal zu regeln. Zwar gehen auch jetzt schon alle er- wischten unerlaubten Funde in Landeseigentum über, Finden Sie beispielweise Silber – ein Kilo reines Silber allerdings ist das derzeit mit viel Aufwand und Bürokratie kostet auf den Rohstoffmärkten derzeit 455 Euro. Der verbunden. Fund von Schaprode hat ein Gesamtgewicht von circa 1.700 Gramm. Das macht, wenn wir den Silbergehalt mal Kommen wir aber noch mal zurück zu Luca und anderen vernachlässigen, also 773,50 Euro. Die Fundprämie läge Findern. Es ist ja nicht so, als gäbe es keine Möglichkeit, dann bei 33,21 Euro. sie für ihre Funde und Verdienste zu belohnen. Das Land vergibt jedes Jahr den Friedrich-Lisch-Denkmalpreis und (Peter Ritter, DIE LINKE: Na immerhin!) den „Denk mal! Preis für Kinder und Jugendliche“. Die Abgeordnete Nadine Julitz hat das auch zum Anlass Ich glaube, das ist nicht die Anerkennung, über die wir genommen und Luca vorgeschlagen für diesen „Denk reden. Oder geht es um den historischen Wert und wie mal! Preis für Kinder und Jugendliche“. Ich glaube, das lässt der sich messen? Und was, wenn er sich erst Jahre ist der richtige Weg. später erweist? Gibt es dann eine Ratenzahlung? (Beifall vonseiten der Fraktionen (Bernhard Wildt, BMV: Natürlich.) der SPD und DIE LINKE – Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Hört, hört!) Neulich hat ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, Carsten Schmoldt aus Klütz, – hat er mir selber gezeigt – Insofern kann ich empfehlen, den Antrag heute abzu- einen Goldring gefunden auf dem Acker. Ich durfte ihn lehnen, wobei das Thema Denkmalschutz nicht vom sogar aufsetzen, er passte auch, Tisch ist. Da gebe ich Herrn Wildt sehr wohl recht. Wir werden mit der Novelle des Denkmalschutzgesetzes (Heiterkeit bei Patrick Dahlemann, SPD, zeitnah auch in den Landtag gehen. und Bernhard Wildt, BMV – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: He!) Gestatten Sie mir aber, kurz noch zwei Anmerkungen zu machen, weil Sie, wie ich finde, schon ein wichtiges und ich habe dann, als er ausgestellt wurde beim MV- Thema aufgreifen. Das sind unsere Denkmalpfleger, Tag in Rostock, die ehrenamtlichen und die hauptamtli- ehrenamtliche und hauptamtliche Denkmalpfleger. Ich chen Bodendenkmalpfleger mal gefragt, welchen Wert möchte mich aber noch einmal fokussieren auf die eh- hat denn dieser Ring. Da wurde mir gesagt, der Ring hat renamtlichen Denkmalpfleger. Ich habe unlängst beim keinen Wert, der ist unbezahlbar. Das sei ein einzigarti- MV-Tag mit ihnen einen Empfang gehabt und wir haben ges Fundstück, das könnte man so gar nicht veräußern. uns lange ausgetauscht. Ich möchte einfach mal ganz deutlich sagen, dass ich die Arbeit und das Engagement (Peter Ritter, DIE LINKE: dieser ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger ganz, ganz, Rares gegen Bares. – ganz doll schätze, die das in ihrer Freizeit machen und Zuruf von Bernhard Wildt, BMV) wirklich viel Gutes für Mecklenburg-Vorpommern tun.

Meine Damen und Herren, mit diesen Fragen sind wir (Beifall vonseiten der Fraktionen aber nicht mal beim Kernproblem angelangt. Das nämlich der SPD und DIE LINKE) ist die Fundprämie an sich und die damit verbundene Frage, welche Anreize Sie schaffen würden. Aus der Der letzte Punkt, auch das hat Herr Wildt angesprochen, Sicht unserer Experten sind Fundprämien schlichtweg das Archäologische Landesmuseum. Ja, es soll in Rostock kontraproduktiv, weil sie zur Schatzsuche animieren und entstehen, und ja, wir sind uns ziemlich einig, dass es der zur Verfälschung von Fundorten verleiten. Stadthafen sein wird. Wir sind jetzt dabei und haben die entsprechende Lenkungsgruppe gebildet, gemeinsam mit (Beifall Eva-Maria Kröger, DIE LINKE) dem Finanzminister. Wir schreiten zügig voran, dass die- ses schöne Vorhaben realisiert werden kann, denn unsere Finder sollen gerade nicht weitergraben, sondern den Schätze brauchen einfach ein Museum, wo diese Schätze Fundplatz weitestgehend unbeschädigt lassen. gezeigt werden können und die Menschen auch sehen, was hier in Mecklenburg-Vorpommern alles Schönes im (Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: So ist es.) Boden liegt. – Vielen Dank. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 25

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – wissenschaftlichen oder kulturellen Wert handelt, kann Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!) überhaupt von der Eigentumszuweisung des BGB abge- wichen werden. Die Punkte 2 und 3 sind dann also die Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für die Punkte, die eigentlich nur zur Diskussion stehen, weil Fraktion der AfD der Abgeordnete Professor Dr. Weber. Punkt 1 Voraussetzung dafür ist, dass man überhaupt landesrechtlich gegen die bundesrechtliche Regelung im Dr. Ralph Weber, AfD: Liebe Bürger von Mecklenburg BGB vorgehen kann. und Vorpommern! Wertes Präsidium! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Wir unterhalten uns heute über das soge- Dann zum Finderlohn. Sie haben das so dargestellt, als nannte Schatzregal, Paragraf 13 Denkmalschutzgesetz. sei das jetzt eine sehr großzügige Lösung, dass man auf Ich muss sagen, es ist sicher lobenswert, dass die Prob- Paragraf 971, den Finderlohn im BGB, verweist. lematik aufgegriffen wird. Insofern ist das ein gutes Ein- bringen mit einigen gesetzestechnischen und inhaltlichen (Zuruf von Bernhard Wildt, BMV) Schwierigkeiten. Auf die möchte ich kurz hinweisen. Das sind 5 Prozent des Fundwertes bei Fundstücken in Wenn Frau Ministerin Hesse gesagt hat, die Krux des einem Wert bis zu 500 Euro und 3 Prozent für den restli- Ganzen sei die Bewertung der Fundstücke, dann möchte chen Wert, der 500 Euro übersteigt. Und das müssen ich sagen, das ist ein Problem, mit dem jedes Museum sich dann nach Ihrer Lösung auch noch der Finder und zurechtkommen muss. Exponate müssen in ihrem Wert der Eigentümer des Grundstücks teilen. geschätzt werden für die Versicherungsgutachten und so weiter. Dementsprechend ist das sicher überwindbar. Ich mache mal ein einfaches Beispiel, da wir den Wert Wenn das das Hauptproblem wäre, muss ich sagen, ist dieses Schatzfundes von Schaprode nicht kennen. Der das Schattenfechterei. Finder von Ötzi, der diese Mumie im italienisch- österreichischen Grenzgebiet entdeckt hat, deren Wert (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) auf 1,5 Millionen geschätzt wurde, hätte nach Ihrer Lö- sung für die ersten 500 Euro 25 Euro (5 Prozent) und für Dann hatten Sie noch gesagt, dass die Fundortumgestal- die restlichen 1,4995 Millionen 45.000 Euro Finderlohn in tung problematisch wäre, wenn man einen Finderlohn etwa zu erhalten. Das ist eine Form der Enteignung, auslöst. Dann hätten Sie einfach mal die Rechtsprechung denn eigentlich steht ihm die Hälfte des Eigentums, also zu Paragraf 984 BGB anschauen sollen. 750.000 Euro, zu. Da muss man jetzt nicht so tun, als würde man mit der Kreierung von Finderlohn im Denk- (Ministerin Birgit Hesse: Die kenne ich, malschutzgesetz großzügig sein. Man enteignet den Herr Professor Dr. Weber.) Finder und man enteignet den Eigentümer des Grund- stücks, in dem die Sache gefunden wurde. Es ist anerkannt, dass derjenige, der ein Stück eines zusammenhängenden Schatzes findet, Finderlohn auch (Zuruf von Bernhard Wildt, BMV) für alle in der Umgebung gefundenen Stücke bekommen kann, sodass der gar nicht weitergraben muss. Er muss Das, glaube ich, müsste mal grundlegend dargestellt nur den einen Ring zeigen und seinen Fund anzeigen werden. und dann ist alles, was in der Umgebung gefunden wird, auch seines Finderlohnes wert. Insofern, auch das ist Insofern sind wir der Meinung, die Idee hinter dem Antrag kein Problem, sondern längst gelöst. Es wird dann nicht ist gut, die Umsetzung nicht. Sofern – ich habe das Ihrem die Umgebung umgegraben und weitergesucht. Das sind Vorbringen nicht entnommen, aber auf dem Papier der also Scheingefechte, die wir hier führen. Tagesordnung steht, es wird Überweisung in die Aus- schüsse beantragt –, wenn Sie also Ihren Gesetzentwurf Problematisch ist etwas ganz anderes. Das, was Sie, in die Ausschüsse überweisen wollen, werden wir dem Herr Kollege Wildt, als Extrembeispiel dargestellt haben, demokratischen Prinzip folgend natürlich zustimmen. Soll- die Regelung in Bayern, das ist die Regelung, die das te in der Sache abgestimmt werden, müssten wir wegen BGB für den Schatzfund vorsieht, also eigentlich die handwerklicher Mängel den Antrag leider ablehnen. bundesrechtliche Rahmenregelung. Der Finder wird zur Hälfte Eigentümer und zur anderen Hälfte der Eigentü- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) mer des Grundstücks, in dem der Schatz gefunden wur- de – keine Extremlösung, Ich möchte zum Schluss noch einen grundsätzlichen Satz sagen, was die Debatte bei TOP 2 ausgelöst hat. (Bernhard Wildt, BMV: Auf der Skala.) Ich verstehe überhaupt nicht, warum hier im Saal Aufre- gung herrscht, wenn eine Oppositionspartei sich anmaßt, sondern eigentlich der bundesrechtliche Standard. über einen Gesetzentwurf der Regierung hier im Saal, im Plenarsaal, Aussprache zu beantragen. Artikel 73 Einführungsgesetz zum BGB in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 2 des EGBGB ermöglicht den Ländern, (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) hiervon abzuweichen. Das ist die Grundlage für diesen Paragrafen 13 unseres Landesdenkmalschutzrechtes, Und wir haben Sie damit auch keineswegs in irgendeiner aber das setzt voraus, dass es sich um einen Fund von Form überfahren. hervorragendem wissenschaftlichem – und das fehlt in Ihrem Antrag unter Absatz 1 Punkt 1 – oder kulturellem (Thomas Krüger, SPD: Wert handelt. Das ist die Grundlage. In Ihrem Antrag Reden Sie noch zum Antrag?) steht das als eine von drei Möglichkeiten geschildert. Insofern ist die Gesetzesfassung zu korrigieren. Nur Wir haben Sie damit in keiner Form überfahren, denn es dann, wenn es sich um einen solchen hervorragenden wurde im Ältestenrat kundgetan. Sie hatten also eine 26 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Woche Zeit, sich auf diese Aussprache vorzubereiten, müsste dafür ein Grundverständnis haben. – Danke und da alle gesprochen haben, haben sich auch alle schön. vorbereitet. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – (Thomas Krüger, SPD: Sie haben entgegen Peter Ritter, DIE LINKE: Er kennt nicht dem Votum Ihrer Abgeordneten gehandelt. – mal die Geschäftsordnung und Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD) will uns hier belehren!)

Entgegen einem Vorschlag im Agrarausschuss, aber Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Gesetze werden immer noch hier im Plenum verabschie- die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Kliewe. det und nicht in den Ausschüssen. Dementsprechend muss ich sagen, ich weiß gar nicht, was Sie da wollen, Holger Kliewe, CDU: Sehr geehrte Präsidentin! Sehr das Demokratieverständnis, das an diesem, verehrtes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Gäste! Der Denkmalschutz ist eigentlich (Thomas Krüger, SPD: Wie Sie mit Ihren nicht so mein Steckenpferd, aber bei der Vorbereitung zu Abgeordneten umgehen, ist Ihre Sache. – diesem Thema habe ich festgestellt, welche interessan- Zuruf von Elisabeth Aßmann, SPD) ten Passagen es gibt und welche Sachen für mich jetzt doch auch neu waren, das Demokratieverständnis … (Peter Ritter, DIE LINKE: Vizepräsidentin Beate Schlupp: Einen Moment! Einen Vor allem für die Insel Rügen.) Moment, Herr Professor Dr. Weber! die man für sich auch als neue Erkenntnisse aus der Also unsere Geschäftsordnung regelt auch eine Diskus- Beschäftigung mit dieser Thematik mitnehmen kann. sion zur Sache. Ich kann irgendwo nachvollziehen, dass Sie möglicherweise Ihre Rede jetzt zu einer Debatte (Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, man nutzen wollen, für die dann keine Redezeit in dem Ur- lernt nie aus hier in dem Hohen Haus.) sprungsantrag zur Verfügung stand, oder warum auch immer jetzt. Aber sagen wir mal so, inzwischen muss ich Und es wurde hier ja schon angesprochen, also großes Sie erst mal daran erinnern, Schatzregal, kleines Schatzregal, ob mit oder ohne Fin- derlohn oder gar die Hadrianische Teilung, die ins Römi- (Elisabeth Aßmann, SPD: Sachruf!) sche Kaiserreich zurückgeht. Diese Sachen nachzule- sen, war doch schon sehr spannend. dass sonst ein Sachruf ansteht, weil es passt jetzt zu diesem Thema nicht und es ist auch keine Globalaus- Aber in der Nummer 271 des Koalitionsvertrages haben sprache. Zum Zweiten ist es natürlich so, wenn wir einen wir uns ja verpflichtet, das Denkmalschutzgesetz in die- Gesetzentwurf in Erster Lesung beraten, ist es nicht ser Legislatur zu überarbeiten. Die Ministerin hat dazu üblich, darüber abzustimmen, auch schon ausgeführt und wenn ich die Ausführungen richtig verstanden habe, ist dort im Hause bereits Hand (Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.) angelegt worden, es sind sicherlich Mitarbeiter mit dem Thema beschäftigt und es wird uns dann, denke ich mal, sondern ihn in Zweiter Lesung höchstens abzustimmen. demnächst hierzu ein Entwurf in den Ausschüssen vor- gelegt werden. (Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Das kann man als PGF nicht wissen, so was.) Es geht hier auch wahrscheinlich um eine umfassende Überarbeitung des Denkmalschutzgesetzes und nicht um Von daher gibt es gar keine Möglichkeit. Also es gibt bloß einzelne Passagen. Lieber Herr Wildt, ich kann Ihren die Möglichkeit, jetzt über eine Überweisung zu diskutie- Antrag verstehen, gerade im Hinblick auf die aktuellen ren. Schatzfunde auf der Insel Rügen, und ich glaube Ihnen gerne, dass Sie da angesprochen wurden, dass natürlich (Bernhard Wildt, BMV: Genau.) die Finder auch belohnt werden möchten. Da finde ich den Vorschlag für diesen jugendlichen Finder hier sehr Von daher bitte ich doch, wenn Sie noch weitere Ausfüh- toll, dass er für diesen Preis vorgeschlagen wurde. Ich rungen zum Thema machen wollen, lasse ich die gerne denke mal, wenn das klappen sollte, wäre das eine tolle zu innerhalb Ihrer Redezeit, aber jetzt keine Debatte Lösung. Wie schon gesagt, es geht um eine umfassende mehr über einen bereits abgestimmten Gesetzentwurf. Änderung und keine Änderung in Einzelregelungen. Deswegen, sage ich, macht das vorab keinen Sinn, hier, Dr. Ralph Weber, AfD: Ja, danke schön. ich sage mal, um einzelne Paragrafen oder einzelne Passagen zu ändern, jetzt dieses Gesetz doch recht Zum Thema: Da wir dieser Überweisung zustimmen, spontan anzufassen. möchte ich deutlich machen, dass auch ein zustimmen- des Votum eine Begründung wert ist. Das entspricht Sie haben in Ihrem Antrag die Kosten beziffert als „Kei- demokratischem Grundverständnis und wer sein Abge- ne“. Da möchte ich noch mal erwidern, also wenn hier ordnetengehalt wirklich erarbeiten und nicht nur bekom- Geld fließen soll für einen Finderlohn, dann werden ja men möchte, doch Kosten anstehen. Und zur Haushaltswahrheit ge- hört auch dazu, dass man hier Kosten benennt oder (Peter Ritter, DIE LINKE: mindestens sagt, sie sind uns nicht bekannt. Aber es Wir machen doch jetzt hier eine werden Kosten anfallen. Also diese Sache, dass keine Aussprache zu dem Tagesordnungspunkt.) Kosten anfallen, die kann ich so nicht stehenlassen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 27

Deshalb wird unsere Fraktion Ihren Antrag, so, wie er mich kurzhalten. Auch wir werden den Antrag ablehnen. hier gestellt ist, ablehnen und wir werden abwarten, bis Es ist wieder ein Antrag der Kategorie „Sehr gut gemeint, wir aus dem Hause des Ministeriums einen komplett aber leider zu kurz gedacht“. Meine Vorrednerinnen und überarbeiteten Gesetzentwurf zu diesem Thema be- Vorredner sowie die Ministerin haben bereits ausgeführt, kommen werden. Den werden wir dann in den Aus- warum sie ablehnen werden. Dem schließe ich mich schüssen hinreichend diskutieren, sicherlich auch im grundsätzlich an. Wir warten tatsächlich den Vorschlag Landtag behandeln, und deswegen wird unsere Fraktion des Ministeriums ab und diskutieren dann noch mal über Ihren Antrag heute – der vielleicht ein kleiner Schnell- einzelne Punkte. schuss ist, aber wie gesagt, der Hintergrund wurde hier schon hinreichend erläutert – leider ablehnen. – Danke Zu Fundprämien auch noch mal generell: Die Vor- und für die Aufmerksamkeit. Nachteile wurden heute schon benannt und ich würde gerne auch auf den vermeintlichen Nachteil eingehen, (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU dass das möglicherweise zum Weitersuchen animiert und Thomas Krüger, SPD) und vielleicht überhaupt zum Suchen, um einen Schatz zu finden und damit Fundorte zu beschädigen. Deswe- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat für die gen lehnen wir tatsächlich diesen Antrag ab. Der Beweg- Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Kröger. grund ist eben der Fund des Dänenkönigs Blauzahn von dem 13-jährigen Luca. Ich hoffe natürlich, dass meinem Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Präsi- Vorschlag zur Vergabe des Denkmalpreises gefolgt wird, dentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es um dem Luca dann noch mal Anerkennung zu geben für ganz kurz und schmerzlos machen. Wir werden diesen seine ehrenamtliche Arbeit Antrag ablehnen. Es hat immer funktioniert, dass Fund- stücke abgegeben worden sind, und zwar ganz uneigen- (Beifall Thomas Krüger, SPD) nützig. Wir finden, so sollte das auch bleiben. Es darf nicht zuallererst ums Geld gehen. Immer geht es ums und die ehrenamtliche Arbeit der 150 Bodendenkmal- Geld, irgendwie muss sich immer alles lohnen. Das pflegerinnen und Bodendenkmalpfleger in diesem Land, möchten wir nicht. die tolle Arbeit leisten, und das tatsächlich nicht mit dem Hintergrund, sich bereichern zu wollen, sondern aus (Dr. Ralph Weber, AfD: Interesse. Das wollen wir fördern und daher lehnen wir Gute Arbeit, gute Löhne.) den Antrag ab. – Danke.

Und in die Bodendenkmalpflege diesen neoliberalen (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Touch zu bringen, das lehnen wir als LINKE ab. Wir finden, jede und jeder leistet einen sehr wertvollen Bei- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat trag, wenn sie oder er quasi über den Acker läuft und noch einmal für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsit- etwas sucht. zende Herr Wildt.

(Heiterkeit bei Bernhard Wildt, BMV) Bernhard Wildt, BMV: Ja, sehr geehrte Frau Präsiden- tin! Liebe Damen und Herren Abgeordnete! Vielen Dank Wir finden, vor allem diejenigen, die teilweise jahrelang für die Argumente in der Debatte. erfolglos suchen, leisten einen besonders wertvollen Beitrag, der auch hoch wertgeschätzt werden sollte. Wir (Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: fragen uns bei Ihrem Ansinnen: Was sagen Sie diesen Bitte schön!) SucherInnen, die so lange schon ehrenamtlich unterwegs sind und noch nichts gefunden haben? Ihr habt nichts Auf einige Dinge möchte ich noch mal kurz eingehen, gefunden, eure Mühen sind nichts wert? Werden sie insbesondere natürlich auf Frau Ministerin Hesse. Sie dann bestraft dafür, eben nichts gefunden zu haben, haben ja das Problem der Bewertungsfrage erst mal während andere, die manchmal auch einfach nur Glück angesprochen. Ich glaube, darauf ist hinreichend auch hatten, belohnt werden? Die BMV-Fraktion schafft hier schon im Vorfeld, in der Einbringungsrede, von mir ein- eine Zweiklassengesellschaft in der Bodendenkmalpfle- gegangen worden. Es gibt täglich Bewertungen von Kul- ge. turdenkmälern, von Kunstschätzen, von Altertümern.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD – (Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke Heiterkeit vonseiten der Fraktion der BMV) übernimmt den Vorsitz.)

Das sehen im Übrigen die Bodendenkmalpflegerinnen Also das zu einem Problem zu stilisieren, ist einfach nicht und Bodendenkmalpfleger auch so. Diese Absicht unter- ganz in Ordnung, denn es gibt dieses Problem nicht. Man stützen wir ganz sicher nicht. Wir finden, Engagement kann tatsächlich alles bewerten und entsprechend auch sollte belohnt werden, Finderglück hingegen nicht, und versichern, sonst würden unsere Museen überhaupt nicht man darf die Bodendenkmalpfleger/-innen nicht gegen- funktionieren. einander ausspielen. – Vielen Dank. Das Wesentliche, was ich aber bemängele an der Replik, (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) ist, dass es sich ja heute nur um einen Überweisungsan- trag handelt. Das ist ein Gesetzesentwurf in der Ersten Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Lesung und es geht nur darum, diesen Gesetzesentwurf die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Julitz. in den Ausschuss zu überweisen, sodass wir dort weiter darüber diskutieren können. Es geht nicht darum, ihn Nadine Julitz, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! heute als perfekt zu akzeptieren und schon als Gesetz Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich werde anzuwenden. Das möchte ich nur noch mal klarstellen. 28 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Der Denkmalschutz, das wurde auch gesagt, das könnte ist so nicht in Ordnung. Natürlich wird es Kosten geben, eventuell kontraproduktiv sein, dass also dann zuneh- das müsste man dann auch zur Zweiten Lesung korrigie- mend Denkmalpfleger oder Schatzsucher – Indiana Jones ren. Es wird Kosten geben, die wir allerdings nicht bezif- wurde da ja auch erwähnt in der Presse – über das Land fern können, weil man natürlich nicht weiß, was an ziehen und versuchen, Schätze zu finden, eventuell Hü- Schätzen gefunden wird. gelgräber öffnen oder so etwas. Das ist damit natürlich alles nicht gewollt und nicht angedacht. Ich glaube, das (Peter Ritter, DIE LINKE: Das ziehen ist auch hinreichend deutlich geworden. wir dann vom Finderlohn ab.)

Natürlich bleiben unverletzte Bodendenkmäler auch unver- Deswegen kann man da nur mit einem Schätzwert arbei- letzt und es ist streng verboten, diese zu öffnen. Ich ten, glaube, gerade die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger wissen das ganz genau, die müssen ihre Lizenz ja auch (Peter Ritter, DIE LINKE: Finderlohn!) durch einen Kurs erwerben. Es ist allerdings nicht sehr schwer, das zu machen. Also jeder, der das gerne möch- aber es ist richtig, es wird irgendwelche Kosten bringen. te, kann diese Lizenz bekommen und kann sich dann halt auf die Suche begeben. Es ist tatsächlich ein beliebtes Ja, Frau Julitz, noch mal ganz deutlich, also den Nach- Hobby, wenn man so will, geworden, gerade auch von teil, den Sie sehen, dass da vielleicht jetzt jemand ani- jungen Familien, die gerne ihre Kinder mitnehmen. Das miert wird, draufloszulaufen und zu suchen und damit ist eben einfach eine spannende Sache. Ich finde das etwas zu zerstören, den sehe ich nicht. Und ich hatte auch toll, wenn die Kinder draußen in der Natur sind. Und auch ganz deutlich noch mal hingewiesen auf die Geset- natürlich ist es ein Anreiz, einen Schatz zu finden, das ist zesregelung in Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es die doch ganz klar. Jeder, der seine Kindheit nicht vergessen Fundprämie nur für Finder, die legal gesucht haben. Das hat, kann das nachvollziehen. heißt, man stimmt sich mit der Denkmalschutzbehörde ab, bekommt dann sogar – das ist auch heute schon so – Frau Kröger, es ist zwar aller Ehren wert, dass Sie jetzt die geodätischen Daten, weiß genau, wo man suchen dieses Bild von dem absolut gemeinnützigen Menschen kann. Das ist also nicht irgendwie geheim oder im Ver- zeichnen, der nur an die Allgemeinheit denkt und nie an borgenen, sondern das ist abgestimmt, und nur solche sich, aber natürlich ist es etwas Schönes, wenn man eine Finder sollen natürlich dann auch Prämien bekommen. Anerkennung bekommt und diese Anerkennung auch ein bisschen was wert ist. Also wer einen Schatz suchen Ein Argument, was ich eben noch nicht angebracht habe, möchte, ist: Es gibt natürlich einen Schwarzmarkt. Diese angeb- lich so schwer zu bewertenden Altertümer werden auf (Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: dem Schwarzmarkt verkauft, und unser Ziel ist es auch, Ja, fürs Ehrenamt, Herr Wildt, nicht diesen Schwarzmarkt auszutrocknen. Das ist zumindest für den Schatz. Nicht für den Schatz!) ein kleiner Schritt in diese Richtung, nicht so dramatisch wie das, was Herr Professor Weber gefordert hat. Er einen Schatz suchen möchte, der möchte natürlich ein sieht ja diese Fundprämie als Enteignung, weil es eben bisschen was dafür bekommen. Das ist mir von vielen nur eine Fundprämie ist und nur ein kleiner Prozentsatz Bodendenkmalpflegern auch so bestätigt worden, die seit des gesamten Wertes. Wenn Sie so wollen, stehen wir Jahren ehrenamtlich arbeiten und über die Äcker laufen, da ein bisschen zwischen den LINKEN und der AfD. DIE wie Sie gesagt haben, aber natürlich trotzdem gerne mal, LINKE sagt, das muss zum Nulltarif laufen, die AfD sagt wenn sie dann so etwas Tolles finden, eine Prämie be- Nein, das gehört sowieso den Findern, und wir sind der kommen. Meinung, es muss ein gesundes Mittelmaß erfolgen und man sollte es nicht für null von den Denkmalpflegern Also die Probleme sind lösbar. Das könnten wir im Aus- verlangen. Aber die wesentlichen kulturellen Dinge ste- schuss, glaube ich, relativ schnell hinbekommen. Die hen natürlich schon dem Land zu, Argumente von SPD und CDU waren im Wesentlichen natürlich, dass sie das im Koalitionsvertrag schon be- (Peter Ritter, DIE LINKE: Was ist wesentlich?) schlossen haben, dass es eine Denkmalschutzgesetzno- velle geben soll. Da bitte ich um Verständnis, wir als denn wir möchten – und da komme ich noch mal auf das Opposition sind nicht an Ihren Koalitionsvertrag gebun- Museum – die gerne ins Archäologische Museum brin- den und wir möchten natürlich unsere eigenen Pflöcke gen und damit unseren eigenen Landeskindern und den auch einschlagen. Urlaubern zur Verfügung stellen. – Vielen Dank.

(Beifall Dr. Matthias Manthei, BMV – (Tilo Gundlack, SPD: Klatschen! – Zuruf von Andreas Butzki, SPD) Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Dr. Matthias Manthei, BMV – Also wir warten nicht darauf, bis Sie uns das vorlegen, Beifall Dr. Matthias Manthei, BMV) sondern wenn wir einen Punkt identifizieren und sagen, das ist uns wichtig, bringen wir das natürlich jetzt, auch Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Danke, Herr wenn Sie da vielleicht noch warten wollen. Das ist uns ja, Fraktionsvorsitzender. sage ich mal, unbenommen. Und es ist auch gar kein Problem, denn man kann genau diesen Punkt dann auch Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe in die Novelle übernehmen, wenn man da schon einen die Aussprache. Punkt schneller geworden ist. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Frak- Der Punkt „Kosten“, dass wir da tatsächlich keine Kosten tion der BMV auf Drucksache 7/2152 zur federführenden reingeschrieben haben, Herr Kliewe, das ist richtig, das Beratung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 29 an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer möchte räume zuzulassen. Wenn öffentliche Räume rauchfrei diesem Überweisungsvorschlag zustimmen, den bitte ich seien, so die Studie, steige auch die Bereitschaft, in der jetzt um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstim- eigenen Wohnung nicht zu rauchen. Demnach ist die men? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überwei- Sorge, ein Verbot des Rauchens führe zu einem ver- sungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen von AfD stärkten Rauchen im privaten Haushalt und belaste die und BMV, ansonsten Gegenstimmen der Fraktionen der Familie dort, alles andere als bewiesen, wenn nicht sogar SPD, CDU und DIE LINKE abgelehnt. widerlegt. Selbstverständlich sind auch die Zigaretten- stummel, von denen wir im öffentlichen Raum mehr als Der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 genug vorfinden, ebenso ein Problem auf den Kinder- unserer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten spielplätzen, wobei es uns hier nicht primär darum geht, zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt. da das Wegwerfen von Müll an sich ohnehin verboten ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den (Tilo Gundlack, SPD: Genau. – Tagesordnungspunkt 6 aufrufe, möchte ich etwas nach- Thomas Krüger, SPD: Das ist holen, was die Präsidentin bisher aus verständlichen eine Ordnungswidrigkeit.) Gründen nicht getan hat. Sie hat die Geburtskinder auf- gerufen und hat ihnen gratuliert im Namen des Land- Dennoch ist es gerade auf Kinderspielplätzen eine be- tages. Sie selbst hatte ebenfalls Geburtstag. Das obliegt sondere Gefahr für Kleinkinder, bei denen die Eltern oft also jetzt mir, den Glückwunsch des Landtages auszu- verhindern müssen, dass sie diese Zigarettenstummel in sprechen. den Mund nehmen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen Es geht im Weiteren um die Vorbildfunktion der Eltern. der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE, BMV Wir können diese Vorbildfunktion nicht per Gesetz er- und auf der Regierungsbank) zwingen, aber wir können darauf hinwirken, dass Kinder, deren Eltern nicht rauchen, und zwar reden wir hier von Jetzt rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste öffentlichen Spielplätzen, nicht mehr durch Passivrau- Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der BMV – chen beeinträchtigt werden. Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Nicht- raucherschutzgesetzes für das Land Mecklenburg- Unser Gesetzentwurf und auch das generelle Anliegen Vorpommern (Nichtraucherschutzgesetz), auf Drucksa- zielen nicht darauf, das Rauchen im gesamten öffentli- che 7/2153. chen Raum zu verbieten, sondern es einzuschränken. Eine bundesweite Lösung wäre sicherlich ebenfalls wün- Gesetzentwurf der Fraktion der BMV schenswert, aber da wir in diesem Bereich die landespo- Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung litische Kompetenz haben, sollten wir davon Gebrauch des Nichtraucherschutzgesetzes für das Land machen und nicht nur darauf hoffen, dass sich das Prob- Mecklenburg-Vorpommern (Nichtraucher- lem auf der unteren oder oberen politischen Ebene von schutzgesetz – 3. NichtRSchutzÄndG M-V) selbst löst. Die untere Ebene führt zu nichts weiter als zu (Erste Lesung) einem kommunalen Flickenteppich. Deshalb kann es – Drucksache 7/2153 – auch kein Argument sein, zu sagen, man könne solch ein landesweites Verbot nicht kontrollieren. Schon jetzt gibt Das Wort zur Einbringung hat der Abgeordnete Herr es zahlreiche Rauchverbote im Nichtraucherschutzge- Dr. Manthei. setz und der Landtag hatte die Kontrolle, die Einhaltung dieser Verbote den Kommunen, Kreisen und kreisfreien Dr. Matthias Manthei, BMV: Sehr geehrte Frau Präsiden- Städten übertragen. tin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der von uns vorge- legte Gesetzentwurf sieht vor, das Nichtraucherschutz- Wir hatten bereits im Vorfeld dieser Debatte die öffentli- gesetz unseres Landes dahin gehend zu erweitern, dass che Diskussion über diesen Gesetzesantrag. Daher auch das Rauchen auf Kinderspielplätzen verboten wird. möchte ich schon jetzt auf diesen Einwand hiermit erwi- Derartige Verbote gibt es bereits in einigen Bundeslän- dern: Wer meint, ich kann ein Verbot nicht machen, weil dern: in Bayern, Bremen, Saarland, Nordrhein-Westfalen ich es nicht kontrollieren kann, müsste im Grunde alle und auch in Brandenburg. Verbote aufheben. Das ist ein sehr schwaches Argu- ment. Wir haben jetzt im Nichtraucherschutzgesetz zum Das Nichtraucherschutzgesetz stößt auf breite Akzeptanz Bespiel Rauchverbote in Behörden, in Schulen, Sport- in der Bevölkerung. Ich verweise hier auf einen Prüfbe- stätten und bekanntlich auch in Gaststätten, mit bestimm- richt der Landesregierung vom 27. März 2014. Hier wird ten Ausnahmen. Es mag eine schöne Wunschvorstellung unter anderem dargelegt, dass Rauchverbote zu einer sein, dass sich die Gesellschaft hier selbst reguliert, dass Verringerung gesundheitlicher Beeinträchtigungen in der Raucher Rücksicht nehmen oder dass man dann freund- Bevölkerung führen und dass die Passivrauchbelastung lich miteinander redet. Ich bin mir nicht sicher, ob das so vornehmlich durch einen geringeren Tabakkonsum der der Realität entspricht, zumal, wenn tatsächlich ein Bevölkerung erreicht werden könne. Auch wird darauf Rauchverbot bestehen würde, wäre es leichter zu argu- aufmerksam gemacht, dass Rauchverbote erheblich zur mentieren. Reduzierung des Tabakkonsums und zur Verringerung der gesellschaftlichen Akzeptanz des Rauchens beitragen. Ich fasse zusammen: Mit unserem Gesetzentwurf geht es darum, die Gesundheit unserer Kinder zu schützen und (Tilo Gundlack, SPD: Und zur positiv auf die Erziehung unserer Kinder einzuwirken. Ich Verringerung der Steuereinnahmen.) bitte daher um Zustimmung zur Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse. Aufgrund der vor- Weiterhin wird dargelegt, dass umfassende Rauchverbo- hergehenden Debatte möchte ich noch mal ausdrücklich te deutlich effektiver seien als Regeln, wie etwa Raucher- darauf hinweisen, dass wir hier nur eine Grundsatzdebat- 30 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 te führen und es nicht um die Zustimmung oder Ableh- Lassen Sie es mich ebenso knapp erläutern: Es gibt nung zu diesem Gesetzentwurf geht. Es geht heute aus- weder einen zwingenden gesetzgeberischen Handlungs- schließlich um die Überweisung dieses Gesetzentwurfes bedarf, noch wird der vorliegende Gesetzentwurf den in die Ausschüsse, und darum bitte ich. – Vielen Dank. selbst formulierten Zielen gerecht. Sie begründen die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung nur mit einer (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV) ganz allgemein zitierten Studie des Deutschen Kinder- hilfswerkes e. V. aus dem Jahr 2008. Das ist eine zehn Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Danke, Herr Jahre alte Studie, die kann aus unserer Sicht kein aktuel- Abgeordneter. les Rechtsetzungsbedürfnis begründen.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit (Zuruf von Bernhard Wildt, BMV) einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren Vor allem ist es so, dass das Nichtraucherschutzgesetz, wir so. das kurz danach, 2011, in Kraft getreten war, seine Wir- kung zum Zeitpunkt der Studie noch nicht entfalten konn- Zunächst hat ums Wort gebeten der Minister für Wirt- te. Auch aus sonstigen Fachpublikationen lässt sich ein schaft, Arbeit und Gesundheit. zwingender gesetzlicher Handlungsbedarf nicht herleiten.

Ehe der Minister aber sein Wort in Anspruch nimmt, (Torsten Koplin, DIE LINKE: Sie sind möchte ich gerne unsere neuen Besucher begrüßen. Das doch aber noch der Gesundheitsminister?) sind Bürgerinnen und Bürger aus Wolgast und von der Insel Usedom. Herzlich willkommen! Ja, Herr Koplin, zu Ihnen komme ich nachher noch. War- ten Sie mal auf die Wolgast-Debatte! (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Vielleicht sollten Sie bei der Begrüßung (Zuruf aus dem Plenum: gleich sagen, ob Raucher oder Nichtraucher!) Da spricht Herr Koplin gar nicht.)

Bitte, Herr Minister, Sie haben das Wort. Immer schön ruhig bleiben!

Minister Harry Glawe: Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Henning Foerster, DIE LINKE: Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Nicht persönlich werden!) Gäste aus Vorpommern! Passend zum Weltnichtraucher- tag, der seit 1987 am 31. Mai jeden Jahres begangen Ich bin nicht persönlich, ich habe von Wolgast gesprochen. wird, beschäftigen wir uns heute mit dem Nichtraucher- schutzgesetz. Das Gesetz hat sich bewährt. Nichtraucher (Bernhard Wildt, BMV: werden durch entsprechende Regelungen, beispielswei- Das war nur Burnout.) se in Restaurants, wirksam und deutlich besser als früher vor gesundheitlichen Gefahren geschützt. Die durch die Also ich bin der Debatte schon mächtig, glaube ich, Herr Nichtraucherschutzgesetze der Länder getroffenen Re- Foerster. gelungen erfahren eine breite Akzeptanz der Bevölke- rung und ich möchte hinzufügen: Wer hätte gedacht, (Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE) dass das so reibungslos durchgegangen ist! Ja, das werden wir nachher machen. Daher ist es richtig, dass auf Kinderspielplätzen gerade Zigarettenstummel nichts zu suchen haben. Das wird Meine Damen und Herren, es ist aus unserer Sicht zuerst sicherlich durch das gesamte Haus geteilt. In der Praxis an die Adresse der Kommunen gerichtet, dieses Nicht- ist es allerdings eine Herausforderung, den Nichtrau- raucherschutzgesetz so auszulegen, dass die Kommu- cherschutz auf Kinderspielplätzen flächendeckend zu nen Satzungen dazu erlassen und gerade auf Spielplät- gewährleisten. Einige Kommunen, wie zum Beispiel zen dafür sorgen, dass Kippen nicht in Sandkästen lie- Rostock oder Schwerin, setzen gerade das auf der loka- gen und dass vor allen Dingen auf den Spielplätzen nicht len, also auf der kommunalen Ebene durch. Über ent- geraucht wird. Das Durchsetzungsrecht muss durch das sprechende Satzungen und Beschilderungen besteht die Ordnungsamt der jeweiligen Kommune wahrgenommen Möglichkeit, Rauchverbote auf Kinderspielanlagen durch werden. die Kommune zu erlassen und zu kontrollieren. Dazu will ich die Kommunen ermuntern; gerade an den Städte- Meine Damen und Herren, damit will ich es jetzt bewen- und Gemeindetag noch mal als Hinweis, dass diese den lassen. Ich denke, zu einem späteren Zeitpunkt, Dinge auch durch den Städte- und Gemeindetag beglei- wenn wir auch wissenschaftlich validierte Daten haben, tet werden sollten. Gleiches gilt für den Landkreistag. können wir zu diesem Thema noch mal reden. Heute kann ich den Regierungsfraktionen nur empfehlen, die- Meine Damen und Herren, dennoch, so sehr ich mich als sen Gesetzentwurf abzulehnen. – Vielen Dank. Gesundheitsminister dem Nichtraucherschutz verpflichtet fühle, so wenig vermag ich dem vor uns liegenden Ge- (Beifall Sebastian Ehlers, CDU – setzentwurf in Gänze zu folgen. Die Fraktion der Bürger Peter Ritter, DIE LINKE: War wohl für Mecklenburg-Vorpommern hat einen äußerst knappen nicht überzeugend genug die Rede. – Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Nicht- Bernhard Wildt, BMV: Wir kommen drauf zu. – raucherschutzgesetzes vorgelegt. Ziel ist es, ein Rauch- Zuruf von Christiane Berg, CDU) verbot auf Spielplätzen einzuführen. Begründet wird dies vor allem mit den Gefahren, die von weggeworfenen Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- Zigarettenkippen ausgehen. on der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Lerche. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 31

(Zuruf von der Regierungsbank: Raucht selbst wenn die Polizei die auf frischer Tat, passiert ja keiner mehr in der CDU-Fraktion!) nichts.

Dirk Lerche, AfD: Werte Präsidentin! Liebe Landsleute! Nächster Punkt: Eltern aus prekären Familien, die Ord- Werte Gäste im Saal! Werte Abgeordnete! Eine Ände- nungsgelder zahlen müssen, sparen eventuell dann beim rung des Nichtraucherschutzgesetzes, beantragt von der Essen der Kinder oder sie bleiben rauchend mit den BMV: Dieser Antrag ist mit dem Antrag der Koalitionspar- Kindern gleich in der Bude. teien zur Änderung des Vergabegesetzes M-V vergleich- bar, gut gemeint, moralisch begrüßenswert, praktikabel, (Andreas Butzki, SPD: Was haben nein. Sie da für ein Menschenbild?)

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU) Beispielsweise an der Straßenbahnhaltestelle Marien- platz hier in Schwerin ist es viel rauchbelasteter als auf Beide sorgen für mehr Kosten, die der Steuerzahler auf- einem Kinderspielplatz. zubringen hat. (Andreas Butzki, SPD: Wenn die (Torsten Koplin, DIE LINKE: Straßenbahn vorbeifährt, ne?! – Gesundheitskosten auch nicht. – Tilo Gundlack, SPD: Wegen Windzug.) Peter Ritter, DIE LINKE: Tabaksteuer.) Die Lösung ist, dass man mehr über die Folgen des Bleiben wir jetzt aber beim Nichtraucherschutzgesetz. Rauchens aufklären sollte bei den Eltern und in der Wie viele zusätzliche Ordnungsamtsmitarbeiter sollen die Schule. Weitere Teilverbote bringen nicht viel, sondern Kommunen und Gemeinden denn einstellen, um die verlagern das Problem nur. Gesetzeseinhaltung zu überprüfen? Acht kurze Bemer- kungen dazu: (Andreas Butzki, SPD: Vielleicht aber auch über die Schädlichkeit des Alkohols.) Natürlich sollen Kinder schadfrei aufwachsen, aber das Gesetz wird das nicht ändern. Auf dem Spielplatz ist Wenn, dann sollten Sie so mutig sein und beantragen, frische Luft, die Belastung ist weit geringer als zu Hause das Rauchen komplett zu verbieten. bei Rauchereltern. (Wolfgang Waldmüller, CDU: (Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Das wäre konsequent.)

Zigarettenstummel wegzuwerfen, ist ohnehin mit einem Die Fraktion der AfD wird diesen Antrag ablehnen. – Ich Bußgeld zu bestrafen, danke für Ihre Aufmerksamkeit und gehe jetzt eine rau- chen. (Tilo Gundlack, SPD: Was ist eigentlich mit Zigarrenstummeln?) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) wird aber auch schon nicht kontrolliert, ansonsten wür- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- den nicht überall welche rumliegen. Die Ordnungsamts- on der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr mitarbeiter der Kommunen, der Gemeinden beschäftigen Schulte. sich mit Knöllchenverteilen oder damit zu blitzen und so weiter, weil das bringt Geld in die Kommune. (Sebastian Ehlers, CDU: Der kennt sich aus mit Spielplätzen. Wann waren Sie das (Tilo Gundlack, SPD: Die blitzen letzte Mal auf dem Spielplatz? – nicht, das macht die Polizei.) Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Na ja. Jochen Schulte, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß ja nicht, Die meisten Kinderspielplätze haben einen Rauchverbot- was der Kollege Lerche vorher geraucht hat, Hinweis. Oder hat die BMV da eine gegenteilige Studie? Wenn Aufsichtspersonen den Kinderspielplatz verlassen (Heiterkeit vonseiten der Fraktionen müssen, um zu rauchen, dann verletzen sie eventuell der SPD, AfD und DIE LINKE – ihre Aufsichtspflicht, das muss man auch wieder beden- Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) ken. der Redebeitrag, zumindest in der Art und Weise, wie er (Tilo Gundlack, SPD: dargeboten wurde, gut, ich will mich dazu nicht äußern. Da kennen Sie sich ja aus!) (Peter Ritter, DIE LINKE: Lassen wir das!) Wer soll das Ganze kontrollieren? Eben. (Zuruf von Bernhard Wildt, BMV) Sehr geehrter Herr Kollege Manthei, sehr geehrte Kolle- Jetzt spreche ich mal ganz hart: Nachts kiffen und saufen ginnen und Kollegen von der Fraktion der BMV, ich will Jugendliche ohnehin auf etlichen Spielplätzen, eins vorwegstellen und da habe ich zumindest den Ein- druck – ich lasse Herrn Lerche jetzt mal außen vor –, (Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Ja, wo sollen auch bei den anderen Fraktionen, dass man da nicht die sie denn hin? Wo sollen sie denn hin?) Ernsthaftigkeit des Themas, das hinter Ihrem Gesetzent- 32 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 wurf steht, negiert und dass man das Problem, das damit wirklich der Realität, dem Problem entsprechend, das verbunden ist, das Sie zu Recht angesprochen haben, halte ich nicht für den richtigen Weg, das hält meine nicht infrage stellt. Die Frage ist, und auch da bin ich Fraktion nicht für den richtigen Weg. Deswegen, sehr ganz offen, ob dieser Weg, den Sie hier aufgezeigt ha- geehrte Kollegin, auch wenn sie momentan nicht anwe- ben, egal, wer es von den anderen Rednern – auch da send ist – lasse ich Herrn Lerche mal außen vor – hier angespro- chen hat, es deutlich gemacht hat, die Frage ist, ob der (Peter Ritter, DIE LINKE: Doch, hinter Ihnen.) Gesetzentwurf, den Sie hier vorgelegt haben, der richtige Weg ist, um dieses Problem anzugehen. Aber ein biss- wie konnte ich Sie nur übersehen, Frau Kollegin Weißig –, chen hatte ich den Eindruck, Herr Kollege Manthei, Sie sehr geehrte Kollegen von der BMV, werden wir bei aller haben es inzident selbst auf den Punkt gebracht, dies ist Wertschätzung für die Thematik, die Sie angesprochen ein Diskussionsangebot, darüber kann man weiter disku- haben, Ihren Gesetzentwurf heute hier an dieser Stelle tieren in den Ausschüssen und dann sieht man, was ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. dabei rauskommt. (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Ich glaube nicht, dass der Weg mit diesem Gesetzent- wurf der richtige ist. Deswegen will ich Ihre Intention nicht Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- schlechtmachen, nicht schlechtreden, darum geht es mir on DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koplin. überhaupt nicht, sondern ich würde Ihnen vorschlagen, dass Sie sich mit den anderen Fraktionen, wer auch (Tilo Gundlack, SPD: Karteikarten.) immer hier in diesem Haus, gerne mit meiner Fraktion, aber auch mit den anderen Fraktionen – sicherlich in Torsten Koplin, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Sehr Verbindung – unterhalten, ob sie dieses Thema, und geehrte Damen und Herren! Karteikarten sind es nicht, zwar nicht nur bezogen Rauchen auf Kinderspielplätzen, es sind Zettel. sondern auch bezogen auf die Problematik „Nichtrau- cherschutz von Jugendlichen, von Kindern“, dass Sie Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich finde die Verrenkungen, dieses Thema in den entsprechenden Fachausschüssen die unternommen werden, um diesen Gesetzentwurf diskutieren, und zwar losgelöst von diesem Entwurf. Das madig zu machen oder Gründe herbeizureden, warum bietet aus meiner Sicht den Vorteil, und das müsste man man ihn nicht überweisen möchte oder behandeln möch- tun, bevor man über so eine gesetzliche Regelung disku- te vertiefend im Ausschuss, ehrlich gesagt absurd, tiert, egal, ob man sie will oder nicht, dass man sich auch mal mit der Frage der Umsetzungsfähigkeit auseinander- (Beifall vonseiten der Fraktionen setzt. der AfD, DIE LINKE und BMV)

Wenn Sie sich das Nichtraucherschutzgesetz in der jetzi- und zwar aus mehreren Gründen. Drei will ich nennen. gen Form anschauen, haben Sie im Grunde in den Be- Wir sind per Landesverfassung verpflichtet, Kindern und reichen, wo Rauchen gesetzlich verboten ist, zwei Kate- Jugendlichen besonderen Schutz und Fürsorge angedei- gorien, will ich es mal nennen. Das ist jetzt untechnisch hen zu lassen. gemeint, aber ich glaube, man kann es so teilen: Sie haben auf der einen Seite private Verantwortliche für die (Bernhard Wildt, BMV: Richtig!) Einhaltung des Nichtraucherschutzes, das sind die Gast- stätteninhaber, und Sie haben auf der anderen Seite die Wir reden über die Lebenssituation von Kindern und öffentliche Hand. Das würde für Ihren Gesetzentwurf Jugendlichen. sprechen. Aber dort, wo die öffentliche Hand zuständig ist im Bereich des Nichtraucherschutzgesetzes, sind Dann will ich darauf verweisen, dass wir auch gehalten dieses auch abgrenzbare Bereiche, die ohnehin zumin- sind, wenn man diese oder jene Position hat, eine wider- dest ansatzweise einer personellen Kontrolle unterliegen. spruchsfreie Politik zu machen. Wenn ich das sage, Das ist der gravierende Unterschied. denke ich daran – Sie werden sich sicherlich auch lebhaft daran erinnern –, dass wir vor einigen Wochen hier eine Ich glaube, man sollte diesen Gesetzentwurf nicht über- intensive, einmütige Debatte darüber hatten, wie wichtig weisen, ohne dieses Thema mit den Betroffenen, in dem und hilfreich das Impfen und der Impfschutz sind. Fall mit den kommunalen Ordnungsdiensten, mit den Kommunen, mit den Kreisen, wer immer Aufgabenträger (Jochen Schulte, SPD: Und Sie im öffentlichen Raum ist, zu besprechen. Wenn man über wissen jetzt hoffentlich, dass dieses die Kinderspielplätze noch diskutieren will, denn es gibt Problem in diesem Land existiert?) an der einen oder anderen Stelle möglicherweise noch Beispiele, wenn man, ich bleibe jetzt mal bei den Kommu- Ich komme auch noch auf Ihre Argumente, Herr Schulte. nen, dann sehen sollte, es gibt ein wirkliches Problem – ob sich dieses Problem in der Realität stellt, da bin ich Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir den mir noch nicht sicher, weil in vielen Fällen, Herr Kollege Impfschutz forcieren, wie wir dafür werben, weil es uns Manthei, Kollegen von der BMV, gibt es über das sat- darum geht, für Kinder und Jugendliche besonderen zungsgemäß ausgeübte Hausrecht ohnehin schon ent- gesundheitlichen Schutz zu organisieren. Darum geht es sprechende Verbote –, wenn sich dieses Problem tat- jetzt hier auch. Es ist doch ein Widerspruch, wenn wir es sächlich stellen sollte, kann man auch mit den Betroffe- einmal forcieren wollen, und ein anderes Mal sagen wir, nen darüber diskutieren, wie man es, untergesetzlich ja, lassen Sie uns darüber reden. oder gesetzlich, angehen sollte. Diesen Gesetzentwurf jetzt vorzuschalten, dann in eine Diskussion einzutreten (Jochen Schulte, SPD: Nee.) im Rahmen einer Ausschussbefassung, um hinterher zu dem Ergebnis zu kommen, eigentlich ist das so nicht Ich halte Ihre Argumente für nicht abwegig, Herr Schulte. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 33

(Jochen Schulte, SPD: Nee, das eine ist Dieser deutliche Rückgang hat viele verschiedene Ursa- ein reales Problem, Herr Kollege Koplin. chen, unter anderem auch, wie ist es mit der gesell- Das eine stellt sich real dar, das andere ist schaftlichen Akzeptanz. Um die gesellschaftliche Akzep- jetzt erst mal fiktiv in den Raum gestellt.) tanz geht es in einem Gesetzentwurf selbstverständlich auch. Mit einer solchen Regelung würden wir erreichen, Möchten Sie mir gern zuhören? Wir können nicht beide deutlich zu machen, dass es diese gesellschaftliche gleichermaßen reden. Akzeptanz nicht gibt.

Zu dem Fiktiven will ich gern etwas sagen, aber der Rei- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Herr Abgeord- he nach: Wir haben diesen Widerspruch. Nun gibt es neter, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Schulte? eine Fraktion, die weist darauf hin, dass es möglicher- weise Handlungsbedarf gibt, und kommt mit einem Vor- Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, gerne. schlag. Auch das ist verfassungsrechtlicher Anspruch, dass die Opposition, wie wir zum Beispiel als LINKE, Jochen Schulte, SPD: Herr Koplin, Sie haben gerade nicht nur kritisiert, die Regierung kontrolliert, sondern gesagt, dass es wichtig wäre, das Thema Rauchen in allen auch Vorschläge bringt. Nun bringen Sie einen Vorschlag Bereichen der Gesellschaft aufzunehmen und zu diskutie- und Sie sagen, nee, den wollen wir gar nicht weiter dis- ren. Worin besteht dann der Unterschied zu dem Vor- kutieren. Wir wollen darüber diskutieren, auch über die schlag, den ich eben den Kollegen der Fraktion der BMV Möglichkeiten und Grenzen, die sich bieten. gemacht habe, dieses Thema im Rahmen einer Aus- schussbefassung in all seinen Bereichen zu diskutieren, Ein dritter Problempunkt, den ich ansprechen möchte, ist ohne sich vorab auf einen Punkt zu fokussieren, von dem ein Widerspruch bezüglich der Kontrolle. Wir denken man noch nicht weiß, ob er problematisch ist, um möglich- über Kontrolle nach und bringen dann ins Feld, dass es erweise im Rahmen dieser Befassung des Ausschusses wahrscheinlich ganz schwierig ist, da Kontrolle auszu- zu einem Ergebnis zu kommen? Also wenn Sie, Herr Kol- üben. Wie war es denn bei der Erarbeitung und der Dis- lege Koplin, hier schon von Widersprüchen reden, dann kussion der ursprünglichen Fassung des Gesetzes hier will ich Sie doch bitten, ob Sie diesen Widerspruch gege- im Landtag, als darüber gesprochen wurde? Jetzt ist es benenfalls auch aufklären können. – Vielen Dank. zum Beispiel Bestandteil des Gesetzes, dass auf Sport- plätzen, auf Bolzplätzen das Rauchen verboten ist. Es (Andreas Butzki, SPD: War eine lange Frage!) gibt im Nichtraucherschutzgesetz den Bezug auf Para- graf 6 des Sportfördergesetzes. Wer kontrolliert denn Torsten Koplin, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Sehr das? geehrte Damen und Herren! Ich sehe darin keinen Wi- derspruch. Es gibt einen Unterschied zwischen Ihrem (Tilo Gundlack, SPD: Die Kommunen. – Vorschlag und einer weitergehenden Behandlung des Peter Ritter, DIE LINKE: Andreas Bluhm.) Gesetzentwurfes über die Erste Lesung hinaus in den Fachausschüssen, und zwar, die allgemeine Diskussion, Welche Schwierigkeiten gibt es, das dort zu kontrollie- die Sie anregen, ist eine gesundheitspolitische, die aber ren? Die sind doch ähnlich gelagert. Die Frage ist, ob weitestgehend unverbindlich enden kann. Hier ist die man es will, ob es einen politischen Willen gibt. Verbindlichkeit gegeben dadurch, dass wir uns selbst in die Pflicht nehmen, auf Grundlage eines Gesetzentwur- (Bernhard Wildt, BMV: Ganz genau.) fes zu arbeiten, zu dem wir in einer Zweiten Lesung ab- schließend votieren. Insofern sehe ich den Unterschied, Hier geht es heute um nichts anderes. Über alle fachli- Sie vielleicht nicht, aber ich sehe den Unterschied darin, chen Sachen können wir uns gern noch unterhalten und wie verbindlich und wie zielorientiert eine solche Diskus- müssen uns auch unterhalten angesichts der gesundheit- sion geführt wird. lichen Situation von Kindern und Jugendlichen in diesem Land, ob wir uns darüber vertiefend unterhalten wollen Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Gestatten Sie oder nicht. Seitens der Linksfraktion darf ich sagen, wir eine Nachfrage? unterstützen jede Initiative, die die Gesundheit generell stärkt, die gesundheitlichen Risiken minimiert und die Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja. etwas für Prävention tut. Hier reiht sich dieser Gesetz- entwurf ein Stückchen weit schon ein. Es gibt gute Grün- Jochen Schulte, SPD: Herr Koplin, würden Sie mir recht de, dass wir uns des Themas vertiefend annehmen soll- geben, dass die Frage der Verbindlichkeit und der Ziel- ten, und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft. führung einer Diskussion in einem Ausschuss letztendlich von den jeweiligen Ausschussmitgliedern abhängt und Das Robert Koch-Institut hat dieser Tage, das ist tau- nicht von der Drucksache, die der Ausschussberatung frisch, eine Zustandsbeschreibung, eine Situationsbe- zugrunde liegt? schreibung der gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Interessant ist dazu auch ein Torsten Koplin, DIE LINKE: Ich möchte Ihnen bedingt Kapitel zum Thema Rauchen. Es wird konstatiert, dass recht geben. Selbstverständlich ist es immer im Beneh- sich seit 2009, in den letzten zehn Jahren de facto das men derjenigen, die den Diskurs führen, aber es hat eine Rauchverhalten von Kindern und Jugendlichen günstig andere Qualität, dabei bleibe ich, ob wir über einen Ge- entwickelt hat. Rauchten unter den 11- bis 17-Jährigen setzentwurf diskutieren oder ein Sachthema allgemein im Jahr 2009 noch über 21 Prozent der Kinder und Ju- aufrufen. Ich sehe da einen Unterschied. gendlichen – sie gaben das selbst an im Übrigen –, so sind es jetzt noch 7,4 Prozent, also ein deutlicher Rückgang. (Bernhard Wildt, BMV: Den sehe ich auch.)

(Andreas Butzki, SPD: Mädchen Ich möchte noch mal darauf zurückkommen, dass es in rauchen jetzt mehr als Jungen.) der Tat eine Notwendigkeit gibt, sich mit diesem Thema 34 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 auseinanderzusetzen und die verschiedenen Bereiche Welche Erfahrungen haben wir mit der Prävention und, des gesellschaftlichen Lebens in den Blick zu nehmen, in Herr Schulte, diesem Falle Kinderspielplätze, und das aus gesund- heitspolitischen Gründen, also sachlichen Gründen. (Jochen Schulte, SPD: Ja.)

Es ist durch verschiedene Studien bekannt, dass das welche Erfahrungen haben wir mit Verboten? Wie weit Rauchen, insbesondere das Passivrauchen bei Kindern kommt man mit Verboten? und Jugendlichen, zu Schäden führt. Erwiesenermaßen leiden Kinder und Jugendliche, die dem Passivrauchen Wir bleiben dabei, es ist ein gutes Instrument zu sagen, ausgesetzt sind, eher an Allergien, eher an Asthma und wir diskutieren auf der Basis eines Gesetzentwurfes bronchialen Entzündungen, eher an Lungenentzündun- gen und eher an chronischen Mittelohrentzündungen. (Jochen Schulte, SPD: Herr Koplin, Hinzu kommt, dass es sich bei Kindern und Jugendli- Sie machen schon deutlich, dass chen, das liegt in der Natur der Sache, im wahrsten Sin- Sie einen Eiertanz machen!) ne des Wortes um junge heranwachsende Organismen handelt, die durch toxische Schädigungen selbstver- und nicht allgemein. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. ständlich beeinträchtigt werden. Es gibt noch allgemeine Beeinträchtigungen, die nicht gleich somatisch erkennbar (Beifall vonseiten der Fraktionen sind, aber zu diesen allgemeinen Beeinträchtigungen DIE LINKE und BMV) gehören Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Konzentrati- onsschwierigkeiten. All das kann doch nicht unser Wille Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- sein. Da bin ich enttäuscht von Ihnen, Herr Glawe, ich on der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Ehlers. kenne Sie so nicht. (Zurufe von Andreas Butzki, SPD, (Martina Tegtmeier, SPD: Von Ihrer und Marc Reinhardt, CDU) Argumentation kann man enttäuscht sein, weil sie vollkommen irreführend ist.) Sebastian Ehlers, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das Thema Ich kenne Sie so nicht, ich kenne Sie als einen engagier- Nichtraucherschutz und gerade der Schutz von Kindern ten Gesundheitsminister. Ich habe Ihnen das schon mal ist zu wichtig, um es ins Lächerliche zu ziehen, wie es persönlich gesagt: Wir mögen in den Wegen, die wir der Kollege von der AfD getan hat. Deswegen bin ich gehen, auseinanderliegen, aber ich erkenne an, dass Sie dankbar, dass wir uns hier im Hause einig sind, dass wir sich im Gesundheitswesen engagieren, auch wenn wir zu das Thema ernsthaft behandeln wollen. Ich denke, es anderen Schlüssen kommen und da eine andere Politik besteht großer Konsens. Deswegen habe ich den Beitrag haben wollen, aber das Engagement habe ich Ihnen nie vom Kollegen Koplin nicht so ganz nachvollziehen kön- abgesprochen. Heute bin ich ganz einfach enttäuscht, nen, weil der Minister sich hier ganz klar zum Nichtrau- dass Sie schmallippig sagen, nein, brauchen wir nicht. cherschutz und zum Schutz von Kindern und Jugendli- chen bekannt hat. Wir brauchen es aus Gründen der Gesundheit und dar- über hinaus aus Gründen der Signalwirkung. Es macht Ich glaube auch, die Situation ist eine andere als noch was aus, ob ein Gesetzgeber den politischen Willen artiku- vor zehn Jahren. Als damals das Gesetz auf den Weg liert, wir wollen das nicht, wir ächten das, wir wollen im gebracht wurde, gab es hier große Diskussionen. Knei- öffentlichen Raum, insbesondere da, wo Kinder und Ju- pen sterben, Gaststätten sterben, wurde an die Wand gendliche zugange sind, gerade auf Spielplätzen, diese gezeichnet. Heute finden es alle als sehr angenehm, gesundheitliche Schädigung nicht. Dafür plädieren wir, dass man Essen gehen kann, mittags und abends, und danach nicht erst einmal den Anzug oder die Kleidung, (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – die man sonst anhat, in die Reinigung geben muss. Von Bernhard Wildt, BMV: Absolut richtig.) daher sind mittlerweile die Regelungen, die es jetzt gibt, unumstritten und akzeptiert. Wir haben in der Debatte dafür möchten wir uns engagieren und dafür suchen wir gehört, dass sich das Gesetz bewährt hat. Das ist ein auch den fachlichen Streit, weil wir in der Tat hinterfragen Erkenntnisgewinn der letzten zehn Jahre. müssen: Ist das hinreichend beschrieben, was Sie vor- schlagen seitens der BMV? Welche Erfahrungen haben Medial ist der Antrag gut gelaufen vorab. Das ist auch wir mit Prävention? klar. Die Forderung erst mal an die Wand zu nageln und zu sagen, wir wollen die Kinder schützen, es darf nicht Dann kommen wir zu den Gesundheitszielen, das wäre mehr geraucht werden auf Spielplätzen, ist wahrschein- ein lohnendes Thema, Herr Glawe. lich eine Forderung, die per se jeder hier im Raum unter- schreiben würde, wo man schwer etwas dagegen sagen (Zuruf von Jochen Schulte, SPD) kann. Inhaltlich sind wir uns an der Stelle einig. Aber dann kommt eine Diskussion. Da bin ich dem Kollegen Die Kindergesundheitsziele haben wir, Herr Schulte, Schulte sehr dankbar für seinen Vorschlag, sich hier 2002 auf den Weg gebracht. 2013 sind die Kinderge- etwas breiter aufzustellen, wohin wir überhaupt wollen. sundheitsziele fortgeschrieben worden. Seitdem ist „Still ruht der See“. Fünf Jahre ist es her, eine gute Zeit, sich Kollege Manthei, wir beide gehören, glaube ich, zu den der Sache anzunehmen und zu fragen, wie ist es denn wenigen Abgeordneten, die regelmäßig auf Spielplätzen eigentlich mit der Prävention. Auch das gehört in eine sind, weil wir kleine Kinder haben. Wenn ich da unter- Anhörung. wegs bin, Rainer Albrecht meldet sich auch,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD) (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 35 ich will jetzt nicht jeden Einzelnen aufzählen hier im Auch der Geschäftsführer des Kinderschutzbundes, habe Raum. ich gelesen in der „Volkszeitung“, Herr Spies hat das begrüßt und hat, genauso, wie ich gerade gesagt habe, Spaß beiseite. Wenn ich da hinkomme, habe ich andere uns darin bestärkt, indem er gesagt hat, es ist aus seiner Wahrnehmungen. Dort ist das Problem Vermüllung ein Sicht nicht kontrollierbar und deswegen schwer umsetz- Thema. Wir haben in Schwerin Bereiche – das kriege ich bar. als Kommunalpolitiker dann eher aufs Brot geschmiert –, wo das Thema Hunde und teilweise auch freilaufende Es ist mir wichtig, ein Argument ein Stück weit zu entkräf- Hunde auf den Spielplätzen ein Problem ist. ten. Sie haben auch von der Gefahr von weggeworfenen Zigarettenresten geschrieben in Ihrem Antrag. Gut, aber (Henning Foerster, DIE LINKE: in der Konsequenz müssten Sie das Rauchen dann auch Auch für Ihre Kinder!) komplett an Stränden, eigentlich komplett im öffentlichen Raum verbieten, denn, wenn kleine Kinder unterwegs Das Thema Zigaretten ist da aus meiner Sicht, aus mei- sind, heben die in der Regel alles auf. Da ist es egal, ob ner persönlichen Wahrnehmung – ich kann nur für Spiel- der Zigarettenstummel auf dem Spielplatz liegt oder auf plätze sprechen, die ich regelmäßig mit meinem Sohn dem Weg nach Hause, auf dem Weg zur Kita oder am besuche –, das Thema Rauchen ist dort nicht so das Strand. Deswegen, finde ich, an der Stelle sollte es dann große Problem, aber natürlich gibt es das genauso. Da etwas zielführender sein. ärgert sich wahrscheinlich jeder von uns, wenn er das sieht. Wenn man rauchende Mütter oder Väter mit dem Von daher können wir uns gerne mal grundsätzlich mit Kinderwagen, am besten noch eine Hand im Kinderwa- dem Themen Nichtraucherschutz und Schutz von Kin- gen und die dritte Hand am Handy, sieht, dern und Jugendlichen, Kinder- und Jugendgesundheit im Ausschuss beschäftigen. Aber ich glaube, es ist nicht (Zuruf von Andreas Butzki, SPD) Aufgabe des Ausschusses, etwas unausgegorene Ge- setzentwürfe rund zu machen. sind das Dinge, die, glaube ich, jeden von uns aufregen und massiv ärgern. (Peter Ritter, DIE LINKE: Was ist denn Sinn und Zweck Was zu kurz kommt, und das haben Sie ein bisschen einer Gesetzesberatung im Ausschuss?) ausgeklammert, ist, dass es schon Regelungen gibt in den Kommunen. Ich habe sie mal für Schwerin rausge- Da sollte man den Weg andersrum wählen und sich erst sucht. Wir haben die Straßen- und Grünflächensatzung. mal mit den Experten eine Meinung bilden Da steht ganz klar in Paragraf 14, ich zitiere: „Der Alko- holgenuss und das Rauchen sind auf Spielanlagen ver- (Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) boten.“ Da gibt es sogar Ordnungswidrigkeiten, das ist alles dort festgelegt, bis zu 5.000 Euro. Natürlich haben und dann daraus etwas entwickeln. Von daher, glaube Sie recht, Verbote nützen nur dann was, wenn sie um- ich, ist das Thema wichtig, aber der Weg, den die BMV gesetzt werden. Das ist, glaube ich, gerade unsere heute hier aufzeigt, ist falsch. Deswegen werden wir den Kritik. Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Auf- merksamkeit. Natürlich könnte man jetzt sagen, na gut, wer setzt diese Satzung um. Aber wenn ich mir das hier mal anschaue, (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD allein in Schwerin haben wir 74 öffentliche Spielplätze. und Wolfgang Waldmüller, CDU) Das sind nur die, die die Stadt betreibt. Dazu kommen noch private von Wohnungsunternehmen und andere. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- Das zu kontrollieren, das ist schon schwer leistbar, da on der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Förster. müssen wir uns hier nichts vormachen. Deswegen sollten wir nicht den Eindruck erwecken, dass es, wenn wir Ge- Horst Förster, AfD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wer- setze verschärfen, besser wird, weil es gibt jetzt schon te Abgeordnete! Liebe Gäste auf der Tribüne! Es ist die Regelungen. Man kann jetzt schon Ordnungswidrig- schon sehr viel gesagt worden, deshalb will ich mich keiten ahnden und Geldbußen erheben, aber es ist kurzfassen. Dem, was Herr Ehlers zuletzt gesagt hat, schlicht nicht umsetzbar. Deswegen kann man sich jetzt kann ich mich nur anschließen. Sicherlich ist es so, der hier hinstellen und sagen, wir brauchen ein kraftvolles Vorschlag wurde auch gemacht, dass man schon bei politisches Signal. diesem Thema etwas mitgeprägt ist, ob man selbst raucht oder nicht. Sinnvoller, als hier einen zahnlosen Tiger zu verabschie- den, Das Rauchen ist nicht nur gesundheitsschädlich, es ist auch eine Sucht. Jede Sucht ist ein Verlust an Freiheit, (Beifall Dirk Lerche, AfD) das sollte man sich hinter die Ohren schreiben, insbe- sondere diejenigen, die gegen jede Art von Drogensucht ist es, was auch unser Fraktionsvorsitzender im Vorfeld wettern, aber das dann immer beim Rauchen, insbeson- gesagt hat, auf Mitmenschlichkeit zu setzen und auf das dere, wenn sie selbst rauchen, ausschließen. Rauchen Miteinander. Wenn ich jemanden mit Zigarette an der ist eine Sucht und damit ein Verlust an Freiheit und ver- Sandkiste sehen würde, der würde von mir eine deutliche dient letztlich auch Ächtung. Ansprache bekommen. Ich hoffe, Ihnen würde es genau- so gehen. Es sollte aus meiner Sicht im gesellschaftli- (Zuruf von Ralf Mucha, SPD) chen Miteinander eine Selbstverständlichkeit sein, dass in Gegenwart von Kindern und gerade auf Spielplätzen Aber es geht um den Schutz des Nichtrauchers. Herr nicht geraucht wird. Minister Glawe sagte es, und es ist sicherlich so, dass 36 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 niemand damit gerechnet hat, dass die Umsetzung des (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Gesetzes so gut gelungen ist, man sich weithin daran hält und Kontrollen deshalb auch kaum nötig sind. Dann fällt mir noch ein, was ist denn mit den Kindern, die unverantwortliche Eltern haben, die im Auto rauchen, im Es ist durchaus legitim, Herr Koplin, trotz Ihres hohen geschlossenen Raum bei schlechtem Wetter? Da sind Moralansatzes in Ihrem Redebeitrag, bei jedem gesetz- die Kinder dem auch ausgesetzt. Auch darüber müsste geberischen Vorschlag darüber nachzudenken, wie er man nachdenken. umsetzbar ist, wie tauglich er ist. Deshalb ist hier auch ein Problem. Der Nichtraucherschutz fängt viel früher an, Gesundheit ganz allgemein, auch ein weites Feld, aber insbesondere bei dem ungeborenen Leben. Auch dar- nicht unser Thema heute. Sicherlich ist der Bewegungs- über sollte man nachdenken. Ich finde es geradezu er- mangel einer der Hauptgründe. Dann könnte man auch schreckend, dass man immer wieder schwangere Frauen an ein Gesetz denken, dass die Eltern ihre Kinder bei sieht, die nicht nur dann einen dicken Bauch haben, Wind und Wetter wie früher mindestens zwei Stunden sondern auch die Zigarette in der Hand. Es ist entsetz- nach draußen jagen müssen, wo sie sich ohne ihr lich, wenn man weiß oder sich von Ärzten erklären lässt, Elektronikspielzeug beschäftigen müssen. Da gibt es was dieses Gefäßgift bewirken kann, insbesondere bei viele Überlegungen. ungeborenen Kindern. (Peter Ritter, DIE LINKE: Hat es Herr Koplin, das kann ich Ihnen ebenfalls nicht ersparen: früher solche Gesetze gegeben?) Der Lebensschutz beginnt bei den Nichtgeborenen. Ob man dann so leidenschaftlich dafür eintreten kann, die Aber hier geht es allein um den Nichtraucherschutz. Signalwirkungen zu Recht erwähnt, aber denken Sie mal Deshalb auf den Punkt gebracht: Das Ziel ist löblich, ich über die Signalwirkung nach, wenn Sie es zulassen wol- sage das mit Überzeugung, weil ich auch Nichtraucher len, die Werbung für Abtreibung zuzulassen. bin, aber es ist ein untaugliches Mittel und regelt im Grunde das, was mit dem Nichtraucherschutz ist – gera- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) de bei Kindern, ich erwähnte das Rauchen im Auto –, nicht hinreichend. Deshalb ist es nicht geeignet, meine Das ist genauso eine Signalwirkung. ich, in den Ausschuss überwiesen zu werden. In der Form ist es wohl nicht recht tauglich. – Vielen Dank. (Peter Ritter, DIE LINKE: Die Information, aber nicht die Werbung dafür. Sie haben (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) es immer noch nicht verstanden. – Zuruf von Thomas Krüger, SPD) Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- on der BMV hat noch einmal das Wort Herr Dr. Manthei. Nach dem Gesetz, das Sie nicht mehr haben wollen, ändern wollen, abschaffen wollen, geht es ausschließlich Dr. Matthias Manthei, BMV: Sehr geehrte Frau Präsi- um die Werbung. dentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann mich nur Herrn Koplin anschließen, dass die Argumentationen (Peter Ritter, DIE LINKE: zum Teil hier absurd waren. Einfach hier Unwahrheiten verbreiten!) Ich fange zunächst mit Herrn Minister Glawe an. Was ist Das ist natürlich eine Sache des Einzelfalls, aber es geht denn nun: Ist es problematisch für die Kommunen, die ausschließlich um das Verbot der Werbung, nicht das Verbote zu kontrollieren, oder wollen wir die Kommunen Verbot von Informationen. auffordern, mehr Verbote zu erlassen? Das ist wider- sprüchlich, das passt nicht zusammen. Richtig ist sicherlich, dass der Nichtraucherschutz hier nicht isoliert gesehen werden kann. Auf dem Spielplatz Das nächste Argument, die Studie sei zu alt. Da stellt ist es ein Problem des Anstandes. Herr Ehlers hat das sich die Frage, das ist mir nicht bekannt: Welche Studie gesagt, dem kann man nur zustimmen. Aber im Grunde holt denn die Landesregierung derzeit gerade ein? Das ist es von der Thematik her die brennende Zigarette und ist interessant, da werde ich gleich mal nachfragen, habe nicht die weggeworfene Zigarette. Ich kann mir nicht ich sofort notiert. vorstellen, dass ein Vater oder eine Mutter auf dem Kin- derspielplatz den anderen Kindern den Rauch ins Ge- (Peter Ritter, DIE LINKE: sicht bläst. Also es ist unanständig und nicht in Ordnung, Na, da brauchen Sie ja wieder aber nicht alles, was unanständig und nicht in Ordnung Wochen, bis Sie eine Antwort kriegen! – ist, lässt sich gesetzgeberisch regeln. Das würde ich lieber nicht machen! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der BMV – Das Hauptproblem ist im Grunde der Dreck und die Ver- Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD) müllung. Da leben wir trotzdem in Mecklenburg und Vor- pommern nach wie vor in einer Idylle. Das sieht in den Es stellt sich aber noch eine ganz andere Frage. Wenn Großstädten auf manchen Spielplätzen anders aus. Sie eine Mutter oder ein Vater auf einem Kinderspielplatz ist kennen die Berichte, angefangen beim Drogenbesteck und offensichtlich Dinge dort passieren, die nicht richtig bis zu allem Möglichen, was da rumliegt. Das haben wir sind, interessiert sie das nicht, ob ich da irgendwelche hier, Gott sei Dank, noch nicht. Diesen Dingen, den weg- Studien einhole oder nicht. Ich frage mich: Wozu soll ich geworfenen Kippen, dem Müll, dem Dreck, das ist aber eigentlich eine Studie einholen, zur Gesundheitsschädi- ein anderes Thema, müssen wir noch anders begegnen. gung von Rauch, zur Gesundheitsschädigung von weg- Hier haben wir ein großes Umsetzungsproblem, dass die geworfenen Zigarettenkippen oder zur fehlenden Vorbild- Regeln, die bestehen, konsequent, aus meiner Sicht mit funktion von rauchenden Eltern? Dafür, muss ich Ihnen viel höheren Bußgeldern, geahndet werden müssten. ehrlich sagen, brauche ich keine Studie, das weiß ich Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 37 auch so. Für klare Sachverhalte sind keine Sachverstän- liegen hat, dass sie einen Entschließungsantrag oder digen notwendig. einen Gesetzesantrag macht.

(Bernhard Wildt, BMV: Sehr richtig!) (Der Abgeordnete Jochen Schulte bittet um das Wort für eine Anfrage.) Dann zu Herrn Lerche. Sie hatten auf das Problem der Kontrolle, der zusätzlichen Ordnungsmitarbeiter hinge- Man kann nicht sagen, wir dürfen keine Gesetzanträge wiesen wie die anderen Redner auch. Aber das ist ganz machen, weil wir eine allgemeine Diskussion zum Thema einfach eine Frage der Prioritäten und der Organisation. vorab im Ausschuss führen. Das halte ich politisch für Wenn ich sage, ich kann ein Verbot nicht kontrollieren, falsch und das ist auch rechtlich nicht vorgesehen. deshalb mache ich es nicht, dann können wir auch die Straßenverkehrsordnung ändern und wir geben die Ge- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Herr Abgeord- schwindigkeiten frei. neter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordne- ten … (Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.) Dr. Matthias Manthei, BMV: Ich habe wenig Zeit. Wenn Das haut überhaupt nicht hin, das ist eine Art Totschlag- ich noch Zeit habe, gerne. Ich bitte um Verständnis, aber argument, was nicht überzeugt und kontrolliert werden ich wollte noch ein paar Dinge sagen. kann. Es geht um Stichproben, das ist selbstverständlich durchsetzbar. Der Ordnungsamtsmitarbeiter läuft doch Ich habe mir diese formaljuristischen Spitzfindigkeiten, auch – Sie haben es selber gesagt, Herr Lerche – durch die Sie rausgesucht haben mit der Zuständigkeit, Herr die Stadt, kontrolliert die parkenden Autos und ist zum Schulte, angeguckt. Beispiel gerade jetzt nicht da. Dann kann er doch auch beim Spielplatz vorbeigehen und da stichprobenartig (Jochen Schulte, SPD: Wenns kontrollieren. Allein die Anwesenheit würde da sicherlich formaljuristisch ist, dann wird es schon helfen. gefährlich, Herr Kollege Manthei!)

(Bernhard Wildt, BMV: Guter Vorschlag!) Sie haben gesagt, was geregelt ist, sind immer bestimm- te Personen, die vor Ort sind. Das muss letztlich die Kommune vor Ort entscheiden, welche Prioritäten sie setzt. Wenn sie sagt, okay, Rau- Ich wollte sagen, das ist richtig, das habe ich auch gese- chende sind uns nicht so wichtig, dann ist es so. Das hen. Aber trotzdem überzeugt das nicht, weil es viele kann ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen. Bereiche gibt im öffentlichen Leben, wo nicht immer eine Person vor Ort ist und Kontrolle ausübt. Denken Sie mal Dann auch noch zu Herrn Lerche: Aufsichtspflichten der an unsere Strände. Denken Sie zum Beispiel daran, dass Eltern. Er hat gesagt, die Eltern würden die Aufsicht geregelt ist, wann ich mit einem Pferd an den Strand verletzen, wenn sie den Spielplatz verlassen müssen. Da darf, wann ich mit Hunden an den Strand darf! Es gibt frage ich mich, was die Eltern machen, wenn sie mit Hundeverbote an Stränden. Das sind auch alles öffentli- ihren Kindern in der Wohnung sind. Also das Argument che Bereiche, die nicht permanent kontrolliert werden. ist auch hohl. Nach Ihrer Argumentation müsste man alle diese Verbote aufheben. (Heiterkeit bei Bernhard Wildt, BMV) (Andreas Butzki, SPD: Kurz zu Herrn Schulte. Herr Schulte hat zugegeben, Das stimmt ja nun nicht, ne?!) keine inhaltlichen Einwände gegen diesen Antrag zu haben, sondern er hat sich hier auf Verfahrensfragen … Nein, ich meine, es geht hier um die gesetzliche Struktur. Wir haben jetzt die Regelung, dass immer auch jemand – (Jochen Schulte, SPD: in der Schule zum Beispiel – vor Ort ist. Sie wissen es Nichts gegen den Antrag! am besten. Es gibt bestimmte öffentliche Bereiche, wo es Herr Kollege, schon richtig zitieren!) auch Regeln gibt und wo nicht immer jemand vor Ort ist. Aber das verhindert doch das Rauchverbot auf Spielplät- Sie können gleich noch, Sie haben noch sehr viel Rede- zen nicht. zeit, Sie können das gerne gleich noch machen. Abschließend noch zu Herrn Ehlers und Herrn Förster. Sie haben gesagt, in Ausschüssen diskutieren. Dafür sind wir sehr, das ist genau der Sinn. Es soll in den Aus- Herr Ehlers sagte, es sollte selbstverständlich sein, dass schüssen diskutiert werden. Niemand, Herr Schulte, man nicht raucht. Sie haben natürlich völlig recht. Leider hindert Sie, Sie können Änderungsanträge stellen. Erwei- haben wir aber nicht die idealen Menschen und nicht so terung ist doch gar kein Problem. viele, die so selbstbewusst sind wie Sie, die hingehen und sich dort anlegen wollen mit rauchenden Mitmen- (Jochen Schulte, SPD: Da ist doch kein schen. Da müssen wir auch die Schwachen schützen. Inhalt bei Ihrem Gesetzentwurf. Was soll Das müssen wir regeln, da müssen wir tätig werden. Das denn da ein Änderungsantrag bringen?) halte ich für realitätsfremd.

Wer hindert Sie daran, außerdem die Betroffenen anzu- Abschließend noch zu Herrn Förster. Es ist nicht nur hören. Selbstverständlich können Sie einen Antrag stel- unanständig zu rauchen, wenn Kinder in der Nähe sind. len, dass Sachverständige angehört werden können. Das Es ist schlichtweg gesundheitsschädigend und komplett ist genau der Sinn nach unserer Landesverfassung inakzeptabel. Das würde ich hier nicht unbedingt bagatel- Mecklenburg-Vorpommern, wenn eine Fraktion ein An- lisieren wollen. 38 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Ich fasse nur kurz zusammen und dann ist, glaube ich, der Kommune. Ja, aber auch die Situation haben wir noch Zeit für die Zwischenfrage. heute: Wenn die Kommune heute das von ihr ausgeübte Satzungsrecht, nämlich auf den Spielplätzen tatsächlich (Andreas Butzki, SPD: zu kontrollieren, dass dort Rauchen verboten ist, nicht Es gibt keine Zwischenfrage mehr. – ausüben will, dann wollen Sie mir jetzt an dieser Stelle Torsten Renz, CDU: Jetzt will er nicht mehr.) erzählen, dass die Kommunen das dann machen, wenn wir diesen einen Satz, den Sie formuliert haben als Ge- Hier geht es einfach nur darum, dass wir bitten, diesen setzentwurf, hier im Ausschuss beraten und möglicher- Antrag in die Ausschüsse zu überweisen. Denken Sie weise verabschieden? Also, ich meine, ich bin 16 Jahre daran, es geht hier ausschließlich um unsere Kinder, es in diesem Parlament, geht um die Gesundheit unserer Kinder. Wir müssen unsere Kinder schützen, (Torsten Renz, CDU: So lange schon, ja?!)

(Zuruf von Torsten Renz, CDU) ich habe hier schon alles Mögliche gehört, Herr Kollege Manthei, aber das wäre wirklich eine Leistung, die in und zwar ganz konkret und nicht mit Kindertagen, die Sie dieser Art und Weise selten ist, ich will es mal freundlich als Feiertag wollen, oder ähnliche Dinge. Es ist ein kon- formulieren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. kreter Vorschlag. Wir haben genau das gemacht, was eine Opposition machen muss. Sie muss konstruktive Vor- (Beifall vonseiten der Fraktionen schläge machen, und zwar möglichst konkret. Daran lässt der SPD und CDU – sich hinterher am besten arbeiten und debattieren. – Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD) Vielen Dank. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Weitere Wort- (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – meldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aus- Andreas Butzki, SPD: Aber sprache. Herr Borschke hat nicht geklatscht! – Torsten Renz, CDU: Das lässt tief blicken, ne! – Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Frak- Zuruf von Bernhard Wildt, BMV – tion der BMV auf Drucksache 7/2153 zur federführenden Heiterkeit vonseiten der Fraktion der BMV) Beratung an den Wirtschaftsausschuss und zur Mitbera- tung an den Innen- und Europaausschuss zu überwei- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Also Zeit für sen. Wer möchte diesem Überweisungsvorschlag zu- die Zwischenfrage war nicht mehr, aber Herr Schulte hat stimmen? – Danke schön. Gegenstimmen? – für die Fraktion der SPD ohnehin noch mal um das Wort gebeten. (Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Jochen Schulte, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvor- schlag bei Zustimmung der Fraktionen AfD, DIE LINKE Sehr geehrter Herr Kollege Manthei, ich kann es verste- und BMV und Gegenstimmen der Fraktionen von SPD hen, dass Sie in Begrenzung Ihrer Redezeit nicht darauf und CDU abgelehnt. antworten oder eingehen wollten, das ist nicht der Punkt. Deswegen mache ich das jetzt so. Der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 un- serer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten Was für einen Eiertanz Sie hier durchführen, das will ich zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt. nur an einem einzigen Punkt mal deutlich machen, den Sie eben angesprochen haben. Wir haben heute die Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung Situation, dass in allen Kommunen über das Satzungs- des Gesetzentwurfes der Fraktion der BMV – Entwurf recht das Haushaltsrecht so ausgeübt werden kann, dass eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fischereige- durch die Kommunen das Rauchen auf den Spielplätzen setzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landes- verboten werden kann. fischereigesetz), auf Drucksache 7/2154.

(Andreas Butzki, SPD: Genau.) Gesetzentwurf der Fraktion der BMV Entwurf eines Zweiten Gesetzes Mir persönlich ist im Moment von allen Spielplätzen, die ich zur Änderung des Fischereigesetzes kenne, ich bin jetzt nicht so ein häufiger Besucher wie Sie, für das Land Mecklenburg-Vorpommern das hat andere Gründe, aber mir ist es zumindest nicht (Landesfischereigesetz – 2. LFischÄndG M-V) bekannt, dass das nicht bei den Spielplätzen der Fall ist. (Erste Lesung) Wenn das vor Ort nicht der Fall sein sollte, dann muss man – Drucksache 7/2154 – das ändern. Dafür brauche ich kein Gesetz, Punkt eins. Das Wort zur Einbringung hat für die Fraktion der BMV (Dr. Mattias Manthei, BMV: der Abgeordnete Borschke. In Gaststätten ist es auch so.) Ralf Borschke, BMV: Meine sehr geehrten Damen und Punkt zwei: Sie sagen selbst … Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Mit unserem Antrag wollen wir Rechtssicherheit für unsere Angler schaffen. Herr Kollege Manthei, einen Moment! Ich habe Ihnen eben auch zugehört. (Bernhard Wildt, BMV: Sehr gut!)

Herr Kollege Manthei, Sie sagen selbst, am Ende ist die Bisher wird das Wettbewerbsfischen unter den Verboten Frage der Kontrolle eine Frage der Prioritätensetzung in aufgeführt. Eine ordnungsgemäße und rechtstreue Aus- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 39 führung wird durch unseren Antrag sichergestellt. Teile Es ist eine beliebte Masche dieser Personen, menschli- der Ausübung müssen aus dem Verdacht der Illegalität che Eigenschaften und Begriffe aus dem Humanbereich und aus dem Verbotsbereich herausgeholt werden. Der auf die Tierhaltung, auf die Jagd und Angelei zu übertra- Vorwand für eine Anzeige wird mit unserem Antrag auf gen. Wer zum Beispiel in der Tierhaltung von Mutter und Änderung ausgehebelt. Die Ausübung einer für unser Kind spricht, der will nicht die Tiere schützen, der will Land so wichtigen Freizeit- und Sportbeschäftigung muss kriminalisieren, um eigene Vorteile zu erzielen. Klar ge- geschützt werden vor den Eigeninteressen obskurer sagt, wer so spricht, führt nichts Gutes im Schilde, denn Umwelt- und Naturschutzverbänden wie PETA. Mutter und Kind isst man nicht auf.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Es wird sogar noch schlimmer. PETA will als Mitwir- kungs- und Verbandsklage berechtigte Tierschutzorgani- Unsere Angler und Fischer leisten einen erheblichen Bei- sation anerkannt werden. PETA hatte daher gegen das trag zum Umwelt-, Natur- und Tierschutz in unserem Land. Land Baden-Württemberg geklagt, was das Verwal- tungsgericht in Stuttgart aber zurückwies. Allerdings hat (Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: der Verwaltungsgerichtshof Stuttgart die Berufung gegen Da hat er recht!) das Urteil zugelassen.

Auch nicht annähernd Vergleichbares leisten solche Zunehmend betroffen von den Angriffen dieser gestörten Vereine wie PETA. Organisation sind auch die Angler in unserem Land. Aus Angst vor Anzeigen und nicht zuletzt auch aus Angst vor (Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD) Rechtsunsicherheiten bei der Teilnahme, Organisation und Ausführung von Angelveranstaltungen wird entweder Die rechtmäßige Ausübung solcher Freizeitbeschäftigun- gar nicht erst an solchen Veranstaltungen teilgenommen gen wie das Angeln ist ein schutzwürdiges Gut in unserer oder sie werden gleich abgesagt. Wiederholt hat PETA Gesellschaft. Wir können das Angeln nicht an die Schu- gegen Angelveranstaltungen geklagt und vor Gericht len holen und gleichzeitig zulassen, dass Teile dieser auch Erfolge erzielt. Die Begründung lautet zum Beispiel, Beschäftigung möglicherweise kriminalisiert werden. Da- Wettkampfangeln fällt unter die Verbote und auch der her bedarf es unter anderem einer Änderung der Straf- vernünftige Grund der Nutzung der gefangenen Fische würdigkeit. Da sind wir beim Thema. hebt dieses Verbot nicht auf. So erstattete PETA eine Anzeige gegen das Bootstreffen für einen guten Zweck in Im Vorfeld sind einige Missverständnisse zu diesem Warnemünde. Den Initiatoren der Veranstaltung warfen Antrag vorgebracht worden, sodass ich erst einmal klar- die sogenannten Tierrechtler einen Verstoß gegen das stellen muss, um wen es hier eigentlich geht. PETA klagt Landesfischereigesetz vor. Es kam zu Hausdurchsu- nicht gegen Fischschänder, Umweltverschmutzer oder chungen bei den Initiatoren des Bootstreffens. Fischfrevler, PETA klagt gegen rechtstreue Bürger. Tier- schutzorganisationen wie PETA, die auch vor rechtswidri- Ich verzichte auf weitere Aufzählungen, meine Damen gen Aktionen nicht zurückschrecken, muss endlich ent- und Herren. Es geht darum, diesem Vorgehen die Grund- schieden entgegengetreten werden, sonst nimmt der Tier- lagen zu entziehen. Daher muss hier Rechtssicherheit schutz selber Schaden. geschaffen werden. Mit unserem Antrag erreichen wir diese Rechtssicherheit. Das Gemeinschaftsfischen wird (Bernhard Wildt, BMV: So ist es.) klar definiert und es wird ein Genehmigungsverfahren eingeführt, das eine klare Handhabung bietet. Hier muss Vor Kurzem trat die Agrarministerin in NRW zurück. Grund auch über eine Änderung des Paragrafen 26 „Ordnungs- waren demokratiefeindliche, menschenverachtende und widrigkeiten“ nachgedacht werden, was wir gerne im militante Aktionen der selbsternannten Tierschützer von Ausschuss weiterberaten würden. Ich bin der festen PETA. Auf der Facebook-Seite von PETA wird Frau Schul- Überzeugung, dass Ihnen das Wohl und der Schutz ze Föcking als Täter Nummer eins, als Tierqualprofiteurin unserer Bürger vor Diffamierung und Verfolgung ein zusammen mit zwei weiteren Politikern diffamiert. Ich ebenso wichtiges Anliegen sind und dies einen ebenso zitiere weiterhin: „Die Schweinequälerin Christina Schul- hohen Stellenwert genießt wie in unserer Fraktion Bürger ze Föcking ist endlich zurückgetreten. Sie hätte niemals für M-V. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. NRW-Agrarministerin werden dürfen! Doch im Bundestag sitzen noch etliche Landwirte, Angler und Lobbyisten der (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV) Tiermafia, die den Tierschutz bekämpfen.“ Zitatende. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Danke, Herr Es geht nicht an, dass Leute mit einem gestörten Ver- Abgeordneter. hältnis zur Natur, zum Tier und zum Menschen der Mög- lichkeit zur Drangsalierung rechtstreuer Bürger uneinge- Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit schränkt huldigen können. einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren (Bernhard Wildt, BMV: Genauso ist es.) wir so.

Wer zum Beispiel das Angeln damit vergleicht, einen Zunächst hat ums Wort gebeten der Minister für Land- Menschen mit einem Haken im Mund durch das Wasser wirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das zu schleifen, der hat ein gestörtes Verhältnis zur Natur, Wort. zur Umwelt und zum Menschen, um nicht zu sagen, der hat nicht alle Tassen im Schrank. Minister Dr. Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsiden- tin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst (Beifall und Heiterkeit vonseiten der möchte ich mich bedanken für diesen Antrag, denn zeigt Fraktion der AfD und Bernhard Wildt, BMV) dieser Gesetzentwurf doch tatsächlich, dass vom Grund- 40 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 satz her dieses erstens zu begrüßen ist und sich zwei- Geschöpfe und leiden, auch ein Fisch kann leiden, und tens ausdrücklich mit der Polemik, die wir zum Teil in deswegen muss mit einem Tier, mit einem Geschöpf Deutschland, in Europa zu solchen Themen haben, aus- vernünftig umgegangen werden, das gilt nach dem einanderzusetzen ist und wegzukommen ist von der Grundgesetz und steht auch im Deutschem Tierschutz- Polemik hin zu einer vernünftigen sachlichen, politischen gesetz der Bundesrepublik Deutschland Paragraf 1 –, Auseinandersetzung. Das begrüße ich sehr, denn wir niemand hat das Recht, Tieren „Leiden oder Schäden“ wollen ja im Sinne der Menschen, im Sinne der Natur, zuzufügen. Das gilt. Für mich gilt das. aber auch des Tierschutzes etwas bewegen. Deswegen begrüße ich das ausdrücklich. Ich wünsche mir, dass (Zuruf von Ralf Borschke, BMV) man solche Sachen auch über andere Fraktionen auf den Weg bringt. Deswegen habe ich schon ein Problem mit der Problem- beschreibung, weil Sie da andeuten, es gäbe keine Aus- Nun kommt aber die Kehrseite: Meine Damen und Her- nahmen in unserem Gesetz, ein gemeinschaftliches An- ren, ein Gesetzentwurf reicht leider nicht aus. Ich muss geln zu ermöglichen, da die Belange für erlaubte Angel- Ihnen ausdrücklich sagen, vor einigen Jahren, als wir hier veranstaltungen unter dem Verbot aufgeführt werden. entschieden hatten, das ganze Thema „Entbürokratisie- Das trifft wirklich nicht zu. Richtig ist vielmehr – das steht rung, Vereinfachung, Lesbarkeit“ insgesamt für die Lan- im Paragrafen 12 Absatz 2, im zweiten und dritten Satz desregierung durchzusetzen, habe ich mir die Aufgabe ausgeführt, auch dafür habe ich mich damals engagiert –, gestellt, das Landesfischereigesetz und insbesondere die ich darf zitieren: Eine „Wettfischveranstaltung ist jede Gesetze, die in unserem Ressort in der Verantwortung Veranstaltung, die ausschließlich dem Zweck dient, den- stehen, zu entschlacken, sie zu vereinfachen und sie für jenigen zu ermitteln, der das nach Anzahl, Gewicht oder die Allgemeinheit gut verständlich zu machen. Ich glau- Länge der Fische bewertete beste Fangergebnis erzielt, be, das ist uns tatsächlich bei dem Landesfischereige- und nicht auf die sinnvolle Verwertung der gefangenen setz gelungen. Wenn Sie sich den ersten und den zwei- Fische oder auf die Hege gerichtet ist. Als sinnvolle Ver- ten Entwurf anschauen – da trennen sich wirklich Welten. wertung zählt insbesondere die Verwendung als Nah- rungsmittel für Menschen, als Tierfutter oder als Köder- Insofern will ich noch mal ausdrücklich sagen, Herr Bor- fisch.“ schke, dass wir darin übereinstimmen, dass die Angler, die in Mecklenburg-Vorpommern organisiert sind, nicht Mit der Formulierung „ausschließlich“ wurde 2005 im umsonst anerkannte Naturschützer sind. Das haben wir Übrigen bewusst eine Formulierung gewählt, die es den ganz bewusst gemacht. Was diese Menschen für den betroffenen Anglern und den Verbänden ausdrücklich Natur- und Umweltschutz, auch für den Artenschutz, für ermöglicht, zwischen den verbotenen Wettfischveranstal- die Artenvielfalt und fürs Allgemeinwohl leisten, ist mit tungen – und die sind verboten, die Wettfischveranstal- Geld nicht zu bezahlen. Das ist so. tungen – und dem nicht verbotenen Gemeinschaftsan- geln, das habe ich, denke ich, deutlich gemacht, deutlich (Beifall vonseiten der Fraktionen und eineindeutig zu unterscheiden. der SPD, AfD und Ralf Borschke, BMV – Dirk Lerche, AfD: Richtig!) Daher bedarf es aus meiner Sicht keiner zusätzlichen Regelung, die auflistet, was erlaubt ist, oder die für die Bei dem Fall von Warnemünde – Sie haben ihn sich erlaubten Sachverhalte alle möglichen Begriffe wie „Ge- angehört, ich habe ihn mir auch mehrfach angehört – meinschaftsangeln“ oder „Vereinsangeln“ erfinden will. muss ich ganz ehrlich sagen, ist für mich eines vollkom- Gesetze und Verordnungen legen in der Regel fest, was men klar: Hier hat keine Wettangelveranstaltung stattge- verboten und beschränkt ist. Ich glaube, die Väter des funden, sondern genau das, was Sie angedeutet haben, Grundgesetzes, vor denen ich nach wie vor eine große es ging hier um eine Veranstaltung für einen guten Hochachtung habe, haben das damals richtig gewählt, Zweck. Ich will ausdrücklich sagen, seit Jahren veranstal- nämlich Grund dafür ist der Grundsatz, dass alles erlaubt tet dieser Angelverein von Warnemünde für einen guten ist, was nicht ausdrücklich verboten ist oder beschränkt Zweck, insbesondere in dem Jahr für die Deutsche Ge- wurde. Ich bitte Sie mit Nachdruck um Verständnis. sellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, also auch ein Wenn wir das aufnehmen würden, was Sie jetzt aufge- humanistisches Anliegen erster Güte, eine Gemein- zählt haben, dann stellen Sie sich bitte mal einen kleinen schaftsveranstaltung und keine Wettangelveranstaltung. Anglerverein vor, der mit seinen Mitgliedern diese Veran- staltung durchführt: Der muss einen Antrag stellen, die- Deswegen – das muss ich ehrlich sagen – hoffe und ser muss durch eine Behörde bearbeitet und beschieden erwarte ich, und ich gehe auch davon aus, dass die dritte werden – das kostet im Übrigen Geld –, und dann muss Gewalt in diesem Land dieses Urteil so fällt, dass man das auch noch kontrolliert werden. erkennen kann, jawohl, es war hier nicht eine Wettangel- veranstaltung, sondern es ging um eine Gemeinschafts- Deswegen glaube ich tatsächlich, dass wir gut beraten veranstaltung für einen guten Zweck. Es ging im Übrigen sind, wenn wir weiterarbeiten auf dem Pfad, auf dem Sie auch ausdrücklich darum, dass der Fisch vernünftig ver- auch angehakt haben zu sagen, Tierschutzorganisatio- wertet wird. Denn das müssen Sie auch einräumen: nen, die wirklich ernsthaft zu hinterfragen sind, die in Niemand hat das Recht – und ich persönlich habe auch Häuser, in Stallungen einbrechen, die auf Multimedia- lange dafür gekämpft, dass wir den Tierschutz ins funktionen zugreifen, wie bei der von Ihnen zitierten Grundgesetz bekommen haben, das ist lange bekämpft ehemaligen Ministerin in Nordrhein-Westfalen – dort hat worden, ich selber habe mich jahrelang dafür engagiert, man sich im Übrigen in das Fernsehen eingeklinkt und auch mit Erfolg, dass wir es in die Landesverfassung hat abends Beiträge aufgezeigt, so weit geht das schon aufgenommen haben, und ich selber engagiere mich in solchen Organisationen –, sind für mich abscheulich. nach wie vor für den Tierschutz, das ist ein hohes Gut in Da muss der Rechtsstaat auch für Ordnung sorgen. Dass dieser allgemeinen Gesellschaft und das wollen wir auch eine Ministerin nach einem Jahr zurücktritt, ist für mich weiter erhalten, da müssen wir uns einig sein, Tiere sind ein Indiz dafür, wie sich das Verständnis für Politik und Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 41 das Handeln in der Politik in Deutschland in den letzten dann aber auch der sehr sachlichen Rede von Herrn Mi- Jahren auf übelste Weise negativ verändert haben. Inso- nister Backhaus, bleibt mir nicht mehr viel übrig, da was fern glaube ich, dass wir daran festhalten sollten, dass zu sagen. Wir, die Fraktion der AfD, begrüßen eine Än- wir von dem Gemeinschaftsfischen reden. Wir hätten derung des Landesfischereigesetzes. Kurz und knapp: damit aus meiner Sicht die Möglichkeit, diese Dinge Der Antrag ist gut, wir stimmen einer Überweisung zu. weiter vernünftig umzusetzen. Klare, kurze und leicht verständliche Gesetze dürfen aber nicht zum Nachteil der Anglerverbände führen und gene- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf noch relle Verbote erlassen. mal ausdrücklich sagen – ich habe es ja eben auch an- gedeutet –, wenn Sie so etwas, wie Sie jetzt andeuten, in In Bezug auf die Bürokratie gebe ich Herrn Backhaus das Gesetz hineinschreiben, muss das alles kontrolliert, recht, es soll nicht zu mehr Beamten und Verwaltung überwacht, begleitet werden. Neben der Tatsache, dass führen. Deswegen wäre es ratsam, über dieses Thema die Fischereiverwaltung nicht über das Personal verfügt, lange in den Ausschüssen zu diskutieren, den Landes- um solche Zusatzleistungen mit abdecken zu können, anglerverband, den Fischereiverband und so weiter um müssen diese Kosten auf die Veranstalter umgelegt Stellungnahmen, Beratungen und so weiter zu bitten. werden. Aus Sicht der Fischereiverwaltung ist der ge- samte – da bin ich wieder ein Stückchen bei Ihnen – (Zuruf von Andreas Butzki, SPD) Fischereisektor in Deutschland und in der Europäischen Union überbürokratisiert. An den meisten Stellschrauben Wenn dann etwas Besseres bei dieser ganzen Sache können die Landesregierung beziehungsweise der Land- herauskommt, sollten wir es tun. Stellen wir fest, es wird tag leider nicht drehen, weil die Regelungen entweder in nichts Besseres möglich sein, lassen wir es bleiben. Form von Gesetzen oder Verordnungen aus Brüssel Deswegen stimmen wir einer Überweisung in die Aus- kommen oder sie in Berlin gemacht werden. Nur bei schüsse zu und finden erst einmal die Ideengebung und Landesvorschriften hat der Landtag, der letzten Endes so weiter gut. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. zum Teil ja auch in der Hand von Ihnen ist, die Möglich- keit, eine überbordende Bürokratie zu unterbinden. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Daher würde bei einer Neufassung des Gesetzes so wie Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die CDU- 2005 großer Wert darauf gelegt, dass wir hier wirklich zur Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kliewe. Vereinfachung kommen. Trotzdem gibt es aus meiner Sicht sowohl beim Fischereigesetz als auch in den Ver- Holger Kliewe, CDU: Sehr geehrte Präsidentin! Sehr ordnungen selbstverständlich immer noch Hinweise auf geehrtes Präsidium! Meine sehr verehrten Damen und bürokratische Regelungen, die wir lieber heute als morgen Herren! Werte Gäste! Zwischen dem Landesanglerver- abschaffen sollten. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen in einer band und der Tierschutzorganisation PETA ist, wie hier der nächsten Agrarausschusssitzungen darüber zu reden. schon offen erwähnt wurde, ein Streit um ein Angeltreffen in Warnemünde entbrannt. PETA hat nach dem Treffen In dem Fall, was das Gemeinschaftsangeln betrifft, waren im Januar auf der Ostsee bei der Staatsanwaltschaft sich die Fischereiverwaltung, der Landesfischereiverband Rostock Anzeige gegen die Organisation erstattet, unter beziehungsweise der Landesanglerverband einig: Bei der anderem wegen angeblichen Verstoßes gegen das Lan- jetzigen, bestehenden Regelung handelt es sich um die desfischereigesetz. beste Lösung. Auch das haben wir damals schon im Blick gehabt, weil es bereits solche Hinweise gab, die Nach Ansicht von PETA habe es sich eindeutig um einen den Anglern als mündige Bürger die Entscheidung selbst Wettbewerb gehandelt, dessen Ziel es war, möglichst überlässt, gesetzeskonform zu handeln, ohne jedes Mal große und schwere Fische zu fangen, und für die größten um Erlaubnis bitten zu müssen und dann auch noch Geld Fische seien Preise ausgelobt worden. Das widerspreche dafür zu bezahlen. Für diese Regelung in Mecklenburg- dem Landesfischereigesetz. Dort heißt es, „die Durchfüh- Vorpommern werden wir im Übrigen von anderen Bun- rung von und Teilnahme an Wettfischveranstaltungen“ ist desländern beneidet, weil sie tatsächlich die Verantwor- verboten. Hier hat es sich aber eindeutig um ein Ge- tung bei den Betroffenen lässt und kurz und einfach das meinschaftsangeln gehandelt, was auch einen guten Wesentliche auf den Punkt bringt. Aus diesem Grunde Zweck verfolgte, der Minister hat es schon ausgeführt –, kann ich nur empfehlen, sehr gut darüber nachzudenken. und Gemeinschaftsangeln ist laut Landesfischereigesetz Ich kann für uns und für die Fachverwaltung sagen, ich nicht unter Strafe gestellt. halte diesen Weg nicht für richtig. – Herzlichen Dank. Die Tierschutzorganisation PETA hat sich in den zurück- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) liegenden Jahren doch als eine sehr radikale Organisati- on erwiesen. So wollten sie das Urheberrecht für Affen Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- auf Selfies einklagen, das Kutschfahren verbieten, das on der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Lerche. Züchten von Brieftauben wurde infrage gestellt, auch die Rassegeflügelzüchter stehen auf ihrer Liste, weil das (Peter Ritter, DIE LINKE: Und nach seiner Ausstellen von Tieren für einen kurzen Zeitraum in einem Rede sagt er bestimmt, ich gehe jetzt angeln.) Ausstellungskäfig nach ihrer Ansicht dem Tierschutzge- setz widerspricht. Jetzt wollen Sie auch noch das Angeln Dirk Lerche, AfD: Werte Präsidentin! Werte Abgeordne- verbieten. te! Liebe Landsleute! Liebe Gäste! Nach diesen zwei sehr, sehr guten Reden, erst mal der emotional toppen Mit rund 43.000 Mitgliedern in über 600 Vereinen ist der Rede von Herrn Borschke, Landesanglerverband sicherlich einer der bedeutendsten Verbände in diesem Land (Peter Ritter, DIE LINKE: Kommt jetzt der Abbruch in der Debatte.) (Minister Dr. Till Backhaus: Das ist so.) 42 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 und er ist auch eine anerkannte Naturschutzorganisation. Deswegen sollten wir unsere Kraft mehr darauf verwen- Nebenbei trägt er dazu bei, dass Kinder und Jugendliche den, gegen PETA vorzugehen und nicht das Landesfi- in ihrer Freizeit einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung schereigesetz zu ändern. – Danke für die Aufmerksamkeit. nachgehen und Umweltbildung, Gewässerschutz und den Erhalt von Artenvielfalt lernen. Vor diesem Hintergrund ist (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) es nur verständlich, dass sich die Fraktion der Bürger für Mecklenburg, Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Weiß (Patrick Dahlemann, SPD, Tilo Gundlack, SPD und Peter Ritter, DIE LINKE: Vorpommern!) Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und der BM… vor allem sehr verehrte Frau Präsidentin! Ich hatte ge- dacht, dass ich im Wettbewerb um den Award „Kürzeste (Torsten Renz, CDU: Kann er Rede“ heute hier den Stecher mache, nicht mal zwischendurch atmen? – allgemeine Unruhe und Heiterkeit) (Heiterkeit bei Ministerin Birgit Hesse)

Nein, BMV, Bürger für Mecklenburg-Vorpommern, ja, indem ich sage, selbstverständlich wird meine Fraktion richtig, okay. Ich habe Vorpommern vergessen. Ent- einer Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes in schuldigung! Entschuldigung! Vorpommern ist ganz den federführenden Agrarausschuss zustimmen, denn da wichtig. kann man auch inhaltlich weiterdiskutieren, und fertig, aber so ganz einfach geht es nun doch nicht, (allgemeine Heiterkeit) (Dirk Lerche, AfD: Doch!) Ich hätte jetzt beinahe gesagt, Vorpommern ist genauso wichtig wie Mecklenburg. Wir wollen hier keinen hervor- nicht, weil ich jetzt auch noch mal über die staatsanwalt- heben. schaftlichen Verfahren reden möchte oder müsste. Si- cherlich waren die der Auslöser für die Erarbeitung und Ja, es ist natürlich verständlich, Herr Borschke, dass die Einbringung des Gesetzentwurfes, aber darüber kann Sie so einen großen Verband mit Ihrem Antrag beein- und will ich mich hier nicht äußern. Lassen Sie uns ein- drucken wollen, aber ich denke mal, es ist mit dem fach abwarten, was am Ende bei der staatsanwaltschaft- Landesfischereigesetz zu diesem Thema alles gere- lichen Ermittlung herauskommt. gelt. Sie hätten, bevor Sie den Antrag hier eingebracht haben, auch ruhig noch mal mit dem Verband reden Der Fehler liegt aus meiner Sicht, aus meiner ganz per- sollen, denn wir von der CDU-Fraktion haben es ge- sönlichen Sicht nicht in der bisher bewährten gesetzli- tan. chen Regelung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ganz subjektiv denke ich, der Fehler besteht darin, dass (Andreas Butzki, SPD: Wir auch.) die Ermittlungsbehörden überhaupt ein Verfahren einge- leitet haben. Man hätte das ja auch vorher anders prüfen Man hat uns seitens des Verbandes nahegelegt, diesen können. Loriot hätte jetzt gesagt, vielleicht stimmt mit Gesetzentwurf nicht zu behandeln beziehungsweise ihn meinen Gefühlen was nicht, aber das steht hier nicht zur abzulehnen, weil es, wenn wir in das Landesfischereige- Debatte. setz zusätzliche Regelungen einführen – der Minister hat es auch schon ausgeführt –, zu einem erhöhten Bürokra- Wenn man sich die alten Regelungen des Landes des in tieaufwand führen würde und es würde für die Angelver- Rede stehenden Paragrafen 12 des Landesfischereigeset- bände und -vereine zu zusätzlichen Kosten führen. Des- zes anschaut, finde ich es sehr liberal und gut anwendbar. wegen lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Meine Fraktion sieht eigentlich keinen weiteren Rege- lungsbedarf. Eine Lex PETA allerdings halten wir für unnö- Wo ich aber bei Ihnen bin – der Minister hat es auch tig, völlig egal, wie man zu PETA steht. Ich glaube schon, gesagt –, ist, wir sind auch gut beraten, eine Organisation, der es im Kern um einen ethischen Umgang mit Tieren geht, nicht (Dr. Matthias Manthei, BMV: danach zu bewerten, was einige Heißsporne und Extre- Überweisung in den Ausschuss.) misten in dieser Organisation veranstalten. Gucken wir alle in unsere eigenen Gruppen, Parteien und Organisa- dass wir lieber die Kraft dafür einsetzen sollten, dass wir tionen – überall gibt es diese und jene Auslegung. Da gegen selbsternannte Tierschutzorganisationen wie PETA müssen wir uns nicht mit anderen Dingen beschäftigen. in Zukunft doch energischer vorgehen, (Zuruf von Beate Schlupp, CDU) (Zurufe vonseiten der Fraktion der AfD: Hört, hört!) Also eine Lex PETA halten wir für unnötig. Darin sind wir uns übrigens mit dem Landesanglerverband einig. Auch weil sie nicht nur in diesem Bereich, also was sie mit den wir haben mit dem Landesvorstand gesprochen. Genau Anglern machen, sondern auch in anderen Bereichen zu diese Angler sind als anerkannte Naturschützer unsere Unrecht vorgehen: Organisationen, aber auch Landwirte, wichtigsten Partner in diesem Bereich. Das, was der Tierhalter, Tierzüchter angreifen und Behauptungen auf- Minister dazu gesagt hatte, lässt sich gar nicht kommen- stellen, man würde gegen Tierschutz und Tierschutzrecht tieren. Da ist unserer Auffassung genau so. Lassen Sie verstoßen. uns deshalb im Ausschuss über die Notwendigkeit, den Sinn und Unsinn des Vorschlages diskutieren! Da ist es (allgemeine Unruhe) richtig und angebracht. – Danke schön. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 43

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) zum Gemeinschaftsfischen aus. Der Antrag schafft keine Rechtssicherheit, sondern es werden unnötige bürokrati- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- sche Hürden aufgebaut, die in keinster Weise sicher on der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Butzki. stellen, vor Anzeigen von PETA geschützt zu sein.“ Wie der LAV kommt auch meine Fraktion zum gleichen Er- (Heiterkeit bei Bernhard Wildt, BMV: gebnis. Warum bringt die BMV diesen Antrag heute hier Noch so ein Angler!) ein? Die SPD-Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf ab. – Danke. Andreas Butzki, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es jetzt (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) schon mehrfach gehört, die Fraktion der BMV möchte gerne das Landesfischereigesetz ändern. Nach den zahl- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- reichen Meldungen in den verschiedensten Medien, ins- on der BMV hat noch mal das Wort der Abgeordnete Bor- besondere durch die Tierschutzorganisation PETA, gegen schke. Angler sieht die Fraktion der BMV Handlungsbedarf. Ralf Borschke, BMV: Meine sehr verehrten Damen und Um eins gleich vorweg klarzustellen: Die Fraktion der Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Als Erstes finde ich es SPD steht ganz klar hinter unseren Anglern. Sie zählen ganz toll, dass alle in der Wertschätzung unserer Angler zu den bestens Ausgebildeten in der Welt, das muss übereinstimmen, und das fraktionsübergreifend. Das ist man hier ganz deutlich betonen. schon mal sehr schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV – der SPD und Dirk Lerche, AfD) Andreas Butzki, SPD: Ja.)

Die Angler, insbesondere diejenigen, die im Landesang- Ich habe die Angler natürlich konsultiert, aber man muss lerverband organisiert sind, setzen sich für den Natur- ja nicht immer gleicher Meinung sein. und Umweltschutz ein. Sie leben von und mit der Natur und sie lieben die Ruhe und brauchen wirklich keine (Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Und Sie klugen Hinweise von Großstädtern. Ich denke, in den laufen trotzdem gegen die Wand, ja? Städten gibt es genug Probleme, denen sich auch solche Wir warnen Sie und trotzdem? – Organisation wie PETA widmen können und nicht zwin- Zuruf von Andreas Butzki, SPD) gend den Anglern. Das zeichnet einen guten Abgeordneten aus, dass er zu (Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE: seiner Meinung steht und seiner Verantwortung gerecht Die haben Silberfische.) wird.

Die Angler sind auch keine Tierquäler. Sie üben eine (Torsten Renz, CDU: Das heißt also, Tätigkeit aus, die es schon viele Tausend Jahre in der Sie sind unbelehrbar?! Unbelehrbar!) Menschheitsgeschichte gibt. Das muss man auch mal ganz klar feststellen. Aber ich beantrage natürlich, dass wir den Antrag in den Ausschuss überweisen. Dann können wir gerne darüber (Bernhard Wildt, BMV: Richtig!) reden.

Wir kennen unseren Landesanglerverband. Er ist für Ich möchte auch auf eines hinweisen: Diese ganzen seine rund 45.000 Mitglieder sehr aktiv und setzt sich für Aktionen von PETA führen letztendlich dazu, dass in seine Mitglieder ein. Sie führen zahlreiche Veranstaltun- weiten Bevölkerungsteilen der Tierschutz gar nicht mehr gen durch, zu denen alle Fraktionen eingeladen werden, ernst genommen wird und in einen schlechten Ruf und sie pflegen auch, denke ich, immer einen sehr guten kommt. Ich möchte auch darauf hinweisen – ich bin sel- Kontakt zur Landespolitik. ber Angler –, PETA klagt nicht gegen diese Umweltfrev- ler, sie suchen sich immer rechtstreue Bürger aus. Ich Als ich den Gesetzentwurf in der Hand hielt, gab es habe mich so manches Mal geärgert, wenn ich am Rü- gleich einen Kontakt mit dem Geschäftsführer des Lan- gendamm angeln war oder ich gehe an die Mole in desanglerverbandes. Ich bin davon ausgegangen – Herr Stralsund, was dort von den Anglern hinterlassen wird. Borschke kann es ja nachher noch mal richtigstellen –, Es sind dann aber meistens auch keine organisierten dass Sie das auch taten, aber das ist wohl nicht gesche- Angler, wenn man guckt, wer da ist. Ich habe oft ein hen, sonst hätte es sicherlich diesen Antrag nicht gege- Gespräch mit denen geführt und habe sie darauf hinge- ben. Wenn es aber doch so wäre, dann verstehe ich den wiesen. Aber gegen diese Leute wird PETA nicht aktiv. Gesetzentwurf noch weniger. Bei dem Gesetzentwurf Das könnten sie ja auch mal machen. Also geht es ihnen handelt es sich eindeutig um einen Vorschlag, der sich gar nicht darum, die Fische oder den Naturschutz nach gegen die Angler richtet, wir haben es ja vom Minister vorne zu bringen. vorhin gehört. Und dies wollen Sie wirklich auf Spiel setzen? Wenn Angler verantwortungsvoll und tierschutz- Ich möchte an dieser Stelle noch mal darauf hinweisen, gerecht angeln und sich an das Fischereigesetz halten, dass das Gesetz eben doch Richtern die Möglichkeit sind sie immer auf der sicheren Seite. bietet, aktiv zu werden. Letztendlich hat ein Richter ge- sagt, das wird unter den Verboten aufgeführt – das ist für Mit der Erlaubnis der Präsidentin möchte ich aus dem mich entscheidend –, und das wird nicht aufgehoben Schreiben des LAV zitieren: „Der Landesanglerverband durch den Grund der vernünftigen Nutzung. Ich denke, M-V e. V. spricht sich sehr entschieden gegen den An- es ist wichtig, darüber zu reden. Deswegen ist es meiner trag der BMV auf Änderung des Landesfischereigesetzes Meinung nach wichtig, dass dieser Antrag in den Aus- 44 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 schuss überwiesen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerk- resberichten regelmäßig geschehen, erneut auf den Bear- samkeit. beitungsstand bei den Eröffnungsbilanzen und den Jah- resabschlüssen nach Einführung der doppischen Buchhal- (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV) tung eingegangen. Es ist positiv festzuhalten, dass die Eröffnungsbilanzen der Kommunen inzwischen im We- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Weitere Wort- sentlichen auf- und auch festgestellt sind. Die offenbar meldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aus- unterschätzten Schwierigkeiten bei der Umstellung der sprache. Buchführung haben allerdings zu einem erheblichen Zeit- verzug geführt, der zum Teil bis zu fünf Jahre betrug. Dies Wir stimmen über die Überweisung ab, Herr Abgeordne- führte in der Folge wiederum zu einem entsprechenden ter. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Zeitverzug bei den Jahresabschlüssen der Kommunen. Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2154 zur Beratung an den Agrarausschuss zu überweisen. Wer für diesen Vor diesem Hintergrund hat der Landesrechnungshof Vorschlag stimmen möchte, den bitte ich jetzt um ein gefordert, dass das Innenministerium in gravierenden Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Damit Fällen auch rechtsaufsichtliche Maßnahmen ergreifen ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Frak- sollte, um die Rechtspflicht zur Feststellung der Jahres- tionen von BMV, AfD, DIE LINKE und Gegenstimmen der abschlüsse durchzusetzen. Das Innenministerium möch- Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt. te hingegen auf entsprechende Anordnungen weiterhin verzichten, da, wie bereits erwähnt, eine Verbesserung Der Gesetzentwurf wird gemäß Paragraf 48 Absatz 3 un- eingetreten sei. Der Landesrechnungshof hat in seinem serer Geschäftsordnung spätestens nach drei Monaten Bericht ferner kritisiert, dass einige der fertiggestellten zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung ge- Jahresabschlüsse in einer nicht prüffähigen Form vorge- setzt. legt worden seien.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Vor diesem Hintergrund wurde seitens der Fraktion der Unterrichtung durch den Landesrechnungshof – Jahres- AfD hinterfragt, ob ausgeschlossen werden könne, dass bericht des Landesrechnungshofes 2017 (Teil 1) Kom- jene Gemeinden, die ihre Jahresabschlüsse schneller munalfinanzbericht 2017, auf Drucksache 7/1511, und erstellt hätten, gegebenenfalls weniger gründlich vorge- hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des gangen seien. Hierzu hat der Landesrechnungshof er- Finanzausschusses auf Drucksache 7/2169. klärt, dass seine Einschätzung sich aus der Sichtung und Bewertung einer Vielzahl von Prüfprotokollen aus der Unterrichtung durch den Landesrechnungshof Prüfung von Jahresabschlüssen durch die kommunalen Jahresbericht des Landesrechnungs- Rechnungsprüfungsämter ergeben hätte. Diese ließen hofes 2017 (Teil 1) ihn bezweifeln, dass diese kommunalen Prüfungen ge- Kommunalfinanzbericht 2017 mäß dem Kommunalprüfungsgesetz korrekt erfolgt seien. – Drucksache 7/1511 – Der Finanzausschuss hat in der Folge beschlossen, sich Beschlussempfehlung und Bericht im Rahmen eines Informationsbesuches – ich glaube, ich des Finanzausschusses (4. Ausschuss) September 2018 wird es sein – bei zwei kommunalen – Drucksache 7/2169 – Rechnungsprüfungsämtern einen eigenen Eindruck vom Bearbeitungsstand sowie den damit einhergehenden Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Herausforderungen und gegebenenfalls bestehenden Finanzausschusses Herr Dr. Jess von der Fraktion der AfD. Problemen zu verschaffen.

Dr. Gunter Jess, AfD: Frau Präsidentin! Meine Damen Zweitens. In den Textzahlen 258 bis 290 hat der Landes- und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und liebe rechnungshof über einen aus seiner Sicht offensichtlich Gäste! Vor Ihnen liegt auf Drucksache 7/2169 die Be- rechtswidrigen Immobilienkauf einer Gemeinde berichtet. schlussempfehlung des Finanzausschusses zum Kom- Dabei bemängelte er folgende Punkte: Es gab weder munalfinanzbericht 2017 des Landesrechnungshofes. eine haushaltsrechtliche Ermächtigung für den Kauf, Darin enthalten ist mein ausführlicher schriftlicher Bericht noch war die beabsichtigte Kreditteilfinanzierung in Höhe über die entsprechenden Beratungen im Ausschuss. von 1,4 Millionen Euro im Haushalt abgesichert gewesen und ein belastbares Verkehrswertgutachten hatte nicht Die Präsidentin hatte diese Unterrichtung des Landes- vorgelegen. Darüber hinaus hatte der Bürgermeister rechnungshofes im Benehmen mit dem Ältestenrat am der Gemeinde den entsprechenden Kaufvertrag zudem 14. Dezember 2017 zur federführenden Beratung an den notariell beglaubigen lassen, ohne den durch die Gemein- Finanzausschuss und zur Mitberatung an den Innen- und devertretung beschlossenen Vorbehalt der haushalteri- Europaausschuss überwiesen. Der Finanzausschuss hat schen Absicherung mit aufzunehmen. Damit wurde der diese Vorlage sodann in insgesamt sechs Ausschusssit- Kaufvertrag sofort für die Gemeinde wirksam und bindend. zungen mit Vertretern des Landesrechnungshofes, des Finanz- und des Innenministeriums sehr intensiv beraten Auf Antrag der SPD hat sich der Finanzausschuss mit und teils auch kontrovers diskutiert. diesem speziellen Fall in einer zweiten Ausschussbera- tung vertiefend auseinandergesetzt. Dabei wurde seitens Ich möchte an dieser Stelle nur auf zwei wesentliche der Fraktion der SPD betont, dass dieser Vorgang haar- Punkte aus unseren Beratungen etwas näher eingehen sträubend und auch geeignet sei, das Amt des ehrenamt- und im Übrigen auf meinen schriftlichen ausführlichen lichen Bürgermeisters als solches insgesamt zu beschä- Bericht verweisen. digen. Die Fraktion DIE LINKE hat zudem angemerkt, dass mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Erstens. In den Textzahlen 156 bis 190 des Kommunalfi- Bürgermeister bislang nicht ordnungsgemäß geprüft nanzberichtes wird, wie schon in den vergangenen Jah- worden seien. Die Fraktion der BMV erklärte ihr Unver- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 45 ständnis darüber, dass der Verkehrswert der Immobilie In den Entschließungen zum vorliegenden Kommunalfi- vor dem Kauf nicht ermittelt worden sei. Sofern dieser nanzbericht finden sich nur einige der Empfehlungen des geringer ausfallen würde als der gezahlte Kaufpreis, Landesrechnungshofes wieder sowie selbstverständlich würde dies einen finanziellen Schaden für die Kommune auch einige Forderungen der Koalitionsfraktionen, die darstellen. darüber hinausgehen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Mitglieder des Landtages ihre Beschlüsse aus Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof den vorgelegten Berichten fassen und einige Schwerpunk- hatte dem Finanzausschuss insgesamt 15 Vorschläge für te benennen. Gelegentlich sind Verfahrensfehler bereits die aus seiner Sicht wichtigsten Maßnahmen, das heißt während der Beratung erledigt oder in Angriff genommen potenzielle Entschließungsanträge des Ausschusses un- worden. Schließlich passieren im täglichen Arbeitspro- terbreitet. Alle Fraktionen hatten eigene Bewertungen zess auch Fehler, die unabsichtlich oder aus Gründen vorgenommen und dementsprechend zum Teil mehr oder von kleineren Organisationsmängeln leicht abzustellen weniger differierende Entschließungsanträge in den Aus- sind. Allerdings hat auch meine Fraktion kein Verständnis schuss eingebracht. Angesichts des Umfangs der einzel- dafür, wenn Verfahrensmängel oder gar Rechtsverstöße nen Entschließungsanträge der im Ausschuss vertrete- aufgedeckt werden und sich die entsprechende Verwal- nen Fraktionen möchte ich auf diese nicht im Detail ein- tungseinheit oder das kommunale Unternehmen nicht um gehen und Sie auf meinen vorliegenden schriftlichen die Mängelbeseitigung kümmert, selbst dann nicht, wenn Bericht verweisen. Im Ergebnis legt Ihnen der Finanz- der Landtag mit seinen Beschlüssen die Mängelbehe- ausschuss einen Entschließungstext vor, mit dem in den bung fordert. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir Ziffern 2 und 3 auch die beiden von mir hervorgehobenen keine klaren Termine gesetzt haben. Danke für den Hin- Fälle aufgegriffen werden. weis, Frau Dr. Johannsen, das werden wir in Zukunft restriktiver handhaben. Der Finanzausschuss hat der Ihnen vorliegenden Be- schlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen der Ich möchte an dieser Stelle einige Punkte ansprechen, SPD und CDU, bei einer Gegenstimme der Fraktion der die sich in der vorliegenden Beschlussempfehlung finden BMV sowie Enthaltung seitens der Fraktionen der AfD und die uns besonders wichtig sind: und DIE LINKE insgesamt mehrheitlich zugestimmt. Erstens wird das Ministerium für Inneres und Europa Abschließend möchte ich Sie um Ihr Votum zur vorlie- gebeten, alle zielführenden Maßnahmen zu ergreifen, genden Beschlussempfehlung bitten. – Vielen Dank für damit die Haushaltsabschlüsse bei den Landkreisen und Ihre Aufmerksamkeit. Kommunen endlich wieder dem geforderten Zeitrahmen entsprechen, dem Finanzausschuss bis zum Jahresen- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) de 2018 einen Bericht vorzulegen, wie der Stand der Haushaltsabschlüsse bei den Landkreisen, kreisfreien Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Im Ältestenrat Städten und allen Gemeinden des Landes ist. ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre Das, sehr geehrter Herr Innenminister, meinen wir sehr dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. ernst und werden es auch einfordern. Die Problematik Ich eröffne die Aussprache. der späten Haushaltsabschlüsse kann aus unserer Sicht nicht mehr mit der Einführung der Doppik begründet Für die Fraktion der SPD hat als Erster das Wort der werden. Wir hatten die personelle Verstärkung der Kom- Abgeordnete Gundlack. munalabteilung aus dem Stellenplan des Innenministeri- ums bereits mehrfach als Koalition gefordert. Es ist wirk- Tilo Gundlack, SPD: Frau Präsidentin! Meine sehr ge- lich eine Missachtung des Parlaments, wenn hier in den ehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Mit der Vorlage vergangenen Jahren absolut keine Bewegung in diese der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Problematik gekommen ist. Ganz klar kommt das Innen- Kommunalfinanzbericht 2018 liegen dem Parlament ministerium zurzeit seinen Rechtsaufsichtpflichten hier einige Punkte zur Abstimmung vor, mit denen wir die nicht vollumfänglich nach. Sie kann den teilweise erhebli- Landesregierung zum Handeln auffordern. chen und rechtswidrigen Zeitverzug hinsichtlich der Fest- stellung der Jahresabschlüsse der Landkreise, kreis- In der Landespressekonferenz am 24. Mai 2018 hat der freien und großen kreisangehörigen Städte nicht länger Landesrechnungshof seinen Landesfinanzbericht 2018 schleifen lassen. Jede Kommune hat ihren Jahresab- vorgelegt. In dieser Pressekonferenz hat sich die Präsi- schluss innerhalb von vier Monaten nach Abschluss des dentin des Landesrechnungshofes Frau Dr. Johannsen Haushaltsjahres vorzulegen. Nach dessen Prüfung ist darüber beschwert, dass den Empfehlungen des Rech- der Jahresabschluss spätestens zum 31. Dezember des nungshofes sowohl vonseiten der Landesregierung als darauffolgenden Jahres festzustellen. Was sich sehr auch vonseiten der Parlamente nicht eins zu eins gefolgt technisch anhört, ist für die kommunalen Haushalte von wird. Liebe Frau Dr. Johannsen – leider ist sie jetzt noch großer, ja sogar sehr großer Bedeutung, denn ohne nicht da –, sehen Sie es mir bitte nach, aber das ist keine einen festgestellten Jahresabschluss kann auch die fort- Missachtung der Arbeit des Landesrechnungshofes, laufende Haushaltsplanung in Gefahr geraten. wenn wir nicht allen Empfehlungen folgen wollen. Das liegt an der politischen Auseinandersetzung und Sicht- Als ganz krasses Beispiel kann ich hier die Hansestadt weise, wie wir damit umgehen. Aber wie Sie aus den Stralsund benennen, Beratungen im Finanzausschuss wissen, denn Sie sind immer als beratendes Gremium dabei, befassen wir uns (Peter Ritter, DIE LINKE: Ich dachte, Wismar.) außerordentlich intensiv mit Ihren Berichten. Wir bedan- ken uns an dieser Stelle ausdrücklich für die Arbeit beim die hatte bis zum Jahresabschluss oder bis zum Berichts- Landesrechnungshof und auch bei den Mitarbeiterinnen abschluss noch nicht einmal einen Jahresabschluss 2012 und Mitarbeitern. aufgestellt. Wir erwarten den Bericht des Innenministeri- 46 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 ums im Finanzausschuss entsprechend des heutigen (Beifall vonseiten der Fraktionen Landtagsbeschlusses zum Ende des Jahres dazu. der SPD, AfD und DIE LINKE – Zuruf von Horst Förster, AfD) Zweitens. Das Ministerium für Inneres und Europa wird gebeten, die Hinweise des Landesrechnungshofes bei Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- der nächsten Novellierung der Gemeindehaushaltsver- on der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Lerche. ordnung, der Gemeindekostenverordnung und der Dop- pikverwaltungsvorschrift zu berücksichtigen und die An- Dirk Lerche, AfD: Sehr geehrte Präsidentin! Werte Ab- passungsbedarfe insbesondere zur Vereinfachung der geordnete! Liebe Landsleute und Gäste im Saal! Die Doppik zu prüfen und auch umzusetzen. Diese Forde- aktuelle Postkartenaktion der SPD titelt mit dem Slogan rung nach einer Vereinfachung der Doppik ist nichts „Mischen Sie sich ein“. Neues und wurde schon öfter angebracht. Daher fordern wir, dass die Hinweise des Landesrechnungshofes hier (Thomas Krüger, SPD: auch Berücksichtigung finden. Genau! Mischen Sie sich ein!)

Drittens. Das Ministerium für Inneres und Europa wird Dieses könnte man auch auf den Landesrechnungshof gebeten, weiterhin darauf hinzuwirken, dass der Einsatz beziehen. Der Landesrechnungshof hat auch in diesem von Derivaten in den Kommunen unterbleibt und die Jahr wieder Mängel aufgezeigt und Empfehlungen für Einhaltung des Spekulationsverbotes sichergestellt Problemlösungen vorgeschlagen. Insofern hat sich der wird. Zwar haben sich die Fälle von spekulativen Anla- Landesrechnungshof zum Wohle des Bürgers und Steu- geformen nach Prüfung des Landesrechnungshofes erzahlers eingemischt. verringert, aber es sollte auf jeden Fall verhindert wer- den, dass es neue Verträge über spekulative Anlagen Die AfD-Fraktion bedankt sich im Namen aller Steuerzah- bei Kommunen gibt. In der Regel gibt es bei den Kom- ler bei den Prüfern des Landesrechnungshofes für die munen nicht das personelle Management, um sicherzu- Vorlage des Landes- und Kommunalfinanzberichts 2018. stellen, dass die Kommunen keine schwerwiegenden Hierzu möchte ich noch einiges anmerken: Viele Kom- Nachteile erleiden. Schließlich darf die öffentliche Hand munen sind unterfinanziert, um ihre Aufgaben bestmög- nicht mit dem Steuergeld seiner Bürgerinnen und Bür- lich erfüllen zu können. Es sollte alles darangesetzt wer- ger spekulieren. den, dass das vom Landesrechnungshof zu Recht kriti- sierte zu hohe Niveau der Kassenkredite auf kommunaler Viertens. Das Ministerium für Inneres und Europa wird Ebene weiter gesenkt wird, um den Schuldenstand im aufgefordert sicherzustellen, dass die angekündigten Land zu reduzieren. rechtsaufsichtlichen Verfahren zu Rechtsverstößen in der Gemeinde Born auf dem Darß zeitnah durchzuführen Die Kritik des Landesrechnungshofs am Schuldenma- und abzuschließen sind. Dem Finanzausschuss ist bis nagement der Kommunen wird von der AfD-Fraktion zum 1. Dezember 2018 ein Bericht mit einer Stellung- geteilt. Der Einsatz von komplizierten Finanzinstrumen- nahme der oberen Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen. ten, wie Derivaten und Zinsswap, ist seit Jahren in der Es ist sicherzustellen, dass der vorliegende Sachverhalt Kritik und sollte, wenn überhaupt, nur von qualifiziertem nicht dazu führt, dass das kommunale Ehrenamt in der Personal betreut werden. Um das kommunale Schul- Öffentlichkeit beschädigt wird, auch gerade hinsichtlich denmanagement zu verbessern, sollte man weiter in auf die kommenden Kommunalwahlen. Mit diesem Ab- Fortbildung von Personal in den Kommunen investieren. schnitt des Prüfberichts hat sich der Finanzausschuss Das Land kann nach Kassenlage dabei unterstützen. des Landtages besonders intensiv befasst. Der Vorsit- zende sagte es gerade. In einer zweiten Befassung wur- Zur Finanzierung der Kommunen sieht der Landesrech- de die Stellungnahme des Innenministeriums eingefor- nungshof in vielen Gemeinden Potenzial durch eine Er- dert. Das hat offensichtlich zu Bewegungen in dem seit höhung der Grundsteuer. Da in nächster Zeit die Grund- Jahren stagnierenden Verfahren geführt. Wir erwarten steuerreform ansteht, bleibt abzuwarten, wie sich das auch hierzu den Bericht des Innenministeriums im Fi- Grundsteueraufkommen nach der Reform entwickeln nanzausschuss zum 1. Dezember 2018. wird. Eine Erhöhung der Grundsteuer vor der Neubewer- tung der Grundstücke könnte zu einer Benachteiligung Fünftens. Das Ministerium für Soziales, Integration und der betroffenen Grundstückseigentümer und Mieter füh- Gleichstellung wird gebeten, als zuständige Fachaufsicht ren. Erhöhungen der Grundsteuern unmittelbar vor der auf die rechtmäßige elektronische Verarbeitung von Grundsteuerreform sollten unserer Meinung nach daher Sozialdaten durch die Landkreise zu achten und nötigen- vermieden werden, denn die Grundsteuerreform soll auf- falls Unterstützung zu leisten. Gerade mit Inkrafttreten kommensneutral gestaltet werden. In den nächsten Jahren der EU-Datenschutzrichtlinie ist die Bedeutung von Da- wird die Überprüfung der anstehenden Umsetzungen der tenschutz noch einmal in den Fokus der Öffentlichkeit Grundsteuerreform auf kommunaler Ebene sicherlich ein geraten. Daher legen wir größten Wert darauf, dass das Thema des Landesrechnungshofes im Kommunalfinanz- Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung bericht werden. unseren Auftrag sehr ernstnimmt, denn es handelt sich um besonders sensible Daten in diesem Bereich. Wir Die vom Landesrechnungshof befürwortete Strukturre- werden zu gegebener Zeit einen Bericht zum aktuellen form hin zu größeren Verwaltungseinheiten führt sicher- Sachstand und zu den erfolgten Maßnahmen in dieser lich dazu, dass Aufgaben besser erfüllt werden können Frage im Finanzausschuss beantragen. und auf kommunaler Ebene Kosten eingespart werden. Sie bedeutet aber auch, dass Arbeitsplätze insbesondere Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte folgen Sie in strukturschwache Regionen verlagert werden oder der Empfehlung des Finanzausschusses und stimmen ganz entfallen. Darüber hinaus sind seitens der Dienst- Sie der Beschlussempfehlung zu! – Ich bedanke mich für herren die Belange der Arbeitnehmer zu beachten. Durch die teilweise Aufmerksamkeit. Vielen Dank. Standortzusammenlegungen entstehende lange Anfahrts- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 47 wege sollten Arbeitnehmern nicht zugemutet werden. Ansonsten danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. Dieses gilt insbesondere auch für unsere Bürger bei Behördengängen. Die AfD-Fraktion begrüßt aber die (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Empfehlung des Landesrechnungshofes, effiziente Struk- turen zur Erledigung kommunaler Aufgaben einzurichten. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die CDU- Fraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Eifler. Der Landesrechnungshof hat den Investitionsstau auf kommunaler Ebene benannt. Viele Kreisstraßen sind Dietmar Eifler, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! nach wie vor marode. Die Investitionsquote ist im Ver- Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will es vor- gleich zu anderen Flächenländern nach wie vor gering. wegnehmen, ich rede ausschließlich zum Kommunalfi- Nicht durchgeführte Instandhaltungen führen zu einem nanzbericht, höheren Verschleiß und bedeuten zu einem späteren Zeitpunkt Mehrausgaben. Rechtzeitige Investitionen wür- (Bernhard Wildt, BMV: Sehr beruhigend!) den Mehrausgaben vermeiden. Da könnte noch ein biss- chen mehr auf den Prüfstand. den wir abschließend auch im Finanzausschuss beraten haben. Die Prüftätigkeit des Landesrechnungshofs hat einen hohen Stellenwert für effizientes und sparsames kommu- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – nales Verwaltungshandeln. Wir bedanken uns abschlie- Torsten Renz, CDU: Das sieht die ßend nochmals für den unermüdlichen Einsatz der Lan- Geschäftsordnung auch so vor.) desrechnungsprüfer für die Erstellung des Landes- und Kommunalfinanzberichts 2017. Das andere, worauf Herr Lerche eingegangen ist, steht noch zur Beratung im Ausschuss an. Also das ist so ein Jetzt komme ich noch mal kurz zu dem Landesfinanzbe- Stück weit ein In-die-Glaskugel-Schauen. richt, da sind zwei Sachen, die uns sehr am Herzen lie- gen, die der Landesrechnungshof dort so auch genannt Sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Kommunalfi- hat, nämlich die Sinnhaftigkeit kostenträchtiger Ausga- nanzbericht 2017 hat der Landesrechnungshof wieder benprogramme, wie zum Beispiel einige Projekte des einmal eine sehr umfassende und tief greifende Analyse Strategiefonds, die vorwiegend Partikularinteressen die- der kommunalen Finanzen vorgelegt. Dafür möchte ich nen, zu hinterfragen. mich ausdrücklich bei den Mitarbeitern des Landesrech- nungshofes bedanken und ebenso für die konstruktive (Thomas Krüger, SPD: Spielplätze zum Beispiel. – Diskussion im Finanzausschuss. Zuruf von Egbert Liskow, CDU) Bei der Befassung im Ausschuss, sehr geehrte Damen Das sehen wir genauso und wir freuen uns auf die Aus- und Herren, ist zum wiederholten Male deutlich gewor- sage des Landesrechnungshofes, dass er den Strategie- den, dass die Berichte des Landesrechnungshofes An- fonds in den nächsten Jahren sehr kritisch begleiten wird. stoß beziehungsweise Unterstützung für gesetzgeberi- sche Aktivitäten des Landtages sein können. So haben (Zurufe von Dietmar Eifler, CDU, wir beispielsweise im Januar mit der Änderung des kom- und Egbert Liskow, CDU) munalen Prüfungsgesetzes eine Verbesserung der Quali- tät der kommunalen Rechnungsprüfung auf den Weg Interessant war auch der Punkt 12 zur Verwendung von gebracht, eine Regelung, die der Landesrechnungshof Landesmitteln zur Förderung des bürgerschaftlichen ausdrücklich positiv bewertet. Ebenso geben wir für die Engagements durch Vereine und Verbände der freien Prüfung des Rechnungshofes für die Landesregierung Wohlfahrtspflege und Träger von MitMachZentralen, weil wertvolle Hinweise, die von den Ministerien aufgegriffen der Landesrechnungshof dort wieder sehr viele – und und intensiv verfolgt werden. Auch dies hat die Beratung das über Jahre hinweg – Verfehlungen aufgedeckt hat, im Finanzausschuss gezeigt. Nur ein Beispiel hierfür ist wo es zu falschen Abrechnungen kam, teilweise kann das Thema „Kommunales Beteiligungsmanagement“, bei man da von Vorsatz reden, dem das Innenministerium bereits dabei ist, ein Modell für die interkommunale Zusammenarbeit in diesem Be- (Rainer Albrecht, SPD: Na, na, na!) reich zu erarbeiten.

Abrechnungen von Ausgaben Dritter und so weiter, die Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ohne auf die falsch gemacht worden sind und hier aufgedeckt wurden. einzelnen Prüfungsfeststellungen eingehen zu wollen, ist für mich als Lehre aus dem Kommunalfinanzbericht 2017 (Dietmar Eifler, CDU: Der Bericht zu ziehen, dass noch so eindeutig rechtliche Regelun- steht auf der Tagesordnung. – gen, Fehler oder sogar eindeutige Rechtsverstöße auf Zuruf von Tilo Gundlack, SPD) der Ebene der kommunalen Selbstverwaltung nicht gänz- lich verhindert werden können. Die Beispiele rechtlich Ich möchte hier noch anmerken, dass ich es schade unzulässiger Derivatgeschäfte oder Zins- und Währungs- finde, dass sämtliche Entschließungsanträge der drei swap, wobei hier nebenbei bemerkt sei, dass sich Oppositionsparteien im Ausschuss deutschlandweit etliche Kommunen auf rechtliche und finanzielle Abwege begeben haben, zeigen das sehr (Peter Ritter, DIE LINKE: Fraktionen! deutlich. Im Ausschuss gibt es keine Parteien.) Für die CDU-Fraktion ergibt sich daraus die Schlussfol- allesamt abgelehnt worden sind. gerung, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung der Kommunen nicht zwingend mit einem Mehr an rechtli- (Zuruf von Dietmar Eifler, CDU) chen Regelungen zu erreichen ist. Notwendig sind viel- 48 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 mehr kontinuierliche Anstrengungen auf allen Ebenen Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- von den Kommunen über die unteren bis zu den obersten on DIE LINKE hat jetzt das Wort Jeannine Rösler. Fach- und Rechtsaufsichtsbehörden, um ordnungsgemä- ßes Verwaltungshandeln sicherzustellen. Dabei wird die Jeannine Rösler, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Meine Verbesserung der Aufsichtsfunktion ebenso eine Rolle zu Damen und Herren! Ein Fall, der hier auch schon erwähnt spielen haben wie die Weiterbildung der Mitarbeiterinnen wurde, aus dem letzten Kommunalfinanzbericht beschäf- und Mitarbeiter und nicht zuletzt die Schulung kommuna- tigte die Öffentlichkeit, viele Einwohnerinnen und Einwoh- ler Mandatsträger. ner auf dem Darß und auch den Finanzausschuss in be- sonderer Weise. Ja, eine ordentliche Portion Empörung Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auf zwei Punkte machte sich nicht nur bei den Abgeordneten Luft. Dieser möchte ich noch eingehen, zum einen auf die Aufforde- Fall, man muss schon sagen, diese Fälle nehmen viel rung im Bericht des Landesrechnungshofes, die Novellie- Raum im Bericht ein. Es ging um die Kritik des Landesrech- rung des horizontalen Finanzausgleichs mit Priorität vo- nungshofes an einem Immobiliengeschäft der Gemeinde ranzutreiben. Hierzu lässt sich feststellen, dass das In- Born, das unabsehbare finanzielle Risiken zur Folge hatte. nenministerium mit Hochdruck an der Vorbereitung der Der Hof bezeichnete das Gebaren als klar rechtswidrig zweiten Stufe der FAG-Novellierung arbeitet. Wir setzen und gleichzeitig kritisierte der Landesrechnungshof, dass insofern auch hier die Empfehlungen des Landesrech- die Kommunalaufsicht des Landkreises nicht tätig wurde. nungshofes um. Zum anderen gibt es auch das Thema „Fach- und Finanzcontrolling im Sozialbereich“. Wir ha- (Vizepräsidentin Beate Schlupp ben vor einem Jahr hier im Plenum den Sonderbericht übernimmt den Vorsitz.) „Kommunale Sozialausgaben“ des Landesrechnungsho- fes beraten. Schon in diesem Bericht wurde deutlich, Auch durch unseren Druck und unsere zahlreichen Fra- dass die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern auf gen zu dem Fall kam Bewegung in die Sache. Das In- der einen Seite im Vergleich der Bundesländer unter- nenministerium trieb als oberste Kommunalaufsicht die durchschnittliche Personalausgaben für die Wahrneh- Prüfung voran und kam zu dem Ergebnis, dass ein Ver- mung der Aufgaben im Sozialbereich aufweisen, auf der dacht auf ein Dienstvergehen des Bürgermeisters be- anderen Seite aber überdurchschnittliche Transferaus- steht, und die untere Kommunalaufsicht wurde aufgefor- gaben anfallen. dert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die aus unserer Sicht massiven Verfehlungen des Bürgermeis- Im Kommunalfinanzbericht 2017 zeigt sich nun am Bei- ters, die hier zutage traten und durch den Rechnungshof spiel der Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB VII, zu Recht angeprangert wurden, sind schon ein wirklich dass es im geprüften Landkreis Rostock an einem struk- dicker Hund, werfen kein gutes Bild auf die Verhältnisse turierten Fach- und Finanzcontrolling im Sozialamt des vor Ort und schaden vor allem dem kommunalpolitischen Landkreises mangelt. Ohne ein solches Fach- und Fi- Engagement vieler Einwohnerinnen und Einwohner. Wir nanzcontrolling ist eine zielgerichtete Steuerung der werden das Thema mit der Kenntnisnahme des Kommu- Hilfegewährung jedoch schlechterdings unmöglich. nalfinanzberichtes nicht ad acta legen und uns über die Maßnahmen und Konsequenzen auch informieren lassen. Sehr geehrte Damen und Herren, wenn im Sozialamt des Landkreises der Größe des Landkreises Rostock kein (Torsten Renz, CDU: Sehr gut!) Fach- und Finanzcontrolling existiert, ist das in meinen Augen mehr als bedenklich. Der Landkreis hat zwar die Meine Damen und Herren, für alle Fraktionen war der Notwendigkeit eines wirksamen Fach- und Finanzcontrol- Kommunalfinanzbericht Anlass, die Landesregierung in lings anerkannt und diesen Aufbau angekündigt, bei der Form von Entschließungsanträgen zu einem bestimmten Lektüre des Rechnungshofberichtes stellt sich jedoch die Handeln zu bewegen. Dass sich hierbei letztlich die Koa- Frage, ob nicht von diesem Einzelfall abgesehen allge- litionsmehrheit durchsetzt, das liegt in der Natur der Sa- mein die überdurchschnittlichen Transferausgaben im che. Dabei hat meine Fraktion auch einzelnen Punkten Sozialbereich in unserem Land auch etwas mit fehlenden der Entschließung von SPD und CDU zustimmen können. Strukturen der fachlichen und finanziellen Steuerung im Sozialbereich zu tun haben. (Peter Ritter, DIE LINKE: Echt? – Torsten Renz, CDU: (Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE) Ja, Qualität setzt sich durch. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) Zahlreiche Kommunen in anderen Bundesländern haben bereits die Erfahrung gemacht, dass mit einem höheren Deshalb erlaube ich mir Kritik an der pauschalen Ableh- Aufwand für Fach- und Finanzcontrolling nicht nur die nung unseres Entschließungsantrages durch die Koaliti- fachliche Steuerung der Fallbearbeitung verbessert wer- on im Allgemeinen und im Punkt 1 der Entschließung im den kann, sondern damit letztlich auch finanzielle Entlas- Besonderen. Ich zitiere diesen Punkt 1: „Der Landtag teilt tungen erreicht werden können. die Auffassung des Landesrechnungshofes, dass lang- fristig funktionsfähige Kommunalstrukturen geschaffen Insofern wird die CDU-Fraktion das Thema weiter inten- werden müssen. Die Landesregierung wird daher aufge- siv verfolgen, um über die Verbesserung der fachlichen fordert, Konzepte zu entwickeln, wie die kommunale Fallgestaltung und Betreuung einem weiteren Anstieg Ebene insgesamt zukunftsfest aufgestellt werden kann. der Ausgaben im Sozial- und Jugendhilfebereich entge- Dabei sollte auch die Aufgabenverteilung zwischen Land genzuwirken. In diesem Sinne wird meine Fraktion der und kommunaler Ebene mit dem Ziel einer Funktionalre- Beschlussempfehlung und dem Bericht auf Drucksa- form überprüft werden.“ Zitatende. che 7/2169 zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerk- samkeit. Meine Damen und Herren, nennen Sie mir eine Aussage dieses Punktes, die nicht durch Fakten gedeckt oder den (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) Erfordernissen unseres Landes entsprechen würde! Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 49

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist schwierig. Gemeinsam aber verlieren wir weitere wertvolle Zeit. – Da schweigt der Kollege Renz.) Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

„Die Kleinteiligkeit der Gemeindestrukturen“ ist dafür ver- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) antwortlich, „dass viele Gemeinden nicht mehr über eine ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen“, Vizepräsidentin Beate Schlupp: Wir haben neue Be- dafür, dass zahlreiche Selbstverwaltungsaufgaben nicht sucher auf der Besuchertribüne und ich bin gerade in- mehr wahrgenommen werden, und dafür, dass die Ämter formiert worden, dass es sich – und ich hoffe, das ist durch die hohe Zahl der zu verwaltenden Gemeinden in richtig – um Studentinnen und Studenten von der Fach- ihrer administrativen Leistungskraft überfordert werden. hochschule Güstrow handelt. Ich sehe ein freundliches Nicken. Herzlich willkommen! Meine Damen und Herren, das sind übrigens nicht meine Worte, das war ein Auszug aus der Begründung des Ich rufe jetzt auf für die Fraktion der BMV den Fraktions- Leitbildgesetzes „Gemeinde der Zukunft“ und die Koaliti- vorsitzenden Herrn Wildt. on hat die genannten Probleme durchaus aufgemacht. Die Lösung sollten Selbsteinschätzungen der Gemeinden Bernhard Wildt, BMV: Sehr geehrte Frau Präsidentin! sowie finanziell geförderte und absolut freiwillige Fusio- Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe nen bringen. Mitbürger! Natürlich bedanke ich mich auch als Allerers- tes beim Landesrechnungshof. Wie alle greifen auch wir (Torsten Renz, CDU: Ja, Prozess läuft. – sehr gern auf diesen Bericht zurück und können da wert- Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE) volle Anregungen und Vorschläge entnehmen. Für die heutige Aussprache habe ich mir nur einen einzigen Wie das bisherige Ergebnis aussieht, weiß der Landtag, Punkt vorgenommen, den ich gern noch mal vertiefen weiß der Innenausschuss spätestens seit seiner Bera- möchte, obwohl er sogar schon mehrmals angesprochen tung zum Stand der Umsetzung dieses Gesetzes ge- wurde, auch sehr ausführlich vom Kollegen Gundlack, meinsam mit den Fusionskoordinatoren am 12. April. und zwar geht es mir um die Jahresabschlussaufstellung.

(Torsten Renz, CDU: Fusionsprämien Die BMV-Fraktion hatte dazu einen eigenen Antrag im wurden erhöht. – Peter Ritter, DIE LINKE: Finanzausschuss gestellt, der lautete: „Das Ministerium Und trotzdem fusioniert niemand. – für Inneres und Europa wird als oberste Rechtsaufsichts- Zurufe von Torsten Renz, CDU, behörde gebeten, die Feststellung rückständiger Jahres- und Horst Förster, AfD) abschlüsse im Bedarfsfall durch den Einsatz rechtsauf- sichtlicher Mittel sicherzustellen.“ Das wurde von den Da war die Rede von einem sehr überschaubaren Erfolg Koalitionsfraktionen abgelehnt beziehungsweise abge- dieses Gesetzes und da war die Rede davon, dass Fusi- schwächt ist es in Ihrem Beschluss enthalten, aber eben onsprämien, nur abgeschwächt, und mir ging es schon um die ganz klare Übernahme der Verantwortung auch des Innenmi- (Peter Ritter, DIE LINKE: Wie viel nisters Herrn Caffier für dieses Manko, was wir leider Kohle wollt ihr noch aufnehmen?) immer noch haben. also finanzielle Zuwendungen nicht alles sind. Vor allem Wir haben über dieses Thema schon mal gesprochen, aber wurde von allen Koordinatoren interessanterweise und zwar bei der Debatte des Finanzausgleichsgesetzes. das Prinzip der absoluten und endlosen Freiwilligkeit Damals haben Sie mir entgegnet, dass das Problem kritisiert, bundesweit vorhanden ist. Das ist auch richtig. Wir haben da mal nachgeforscht, ob es sich auch tatsächlich so (Peter Ritter, DIE LINKE: So ist es.) verhält. Wir haben in allen Bundesländern Rückstände bei der Aufstellung und Feststellung der Jahresabschlüs- und diese Koordinatoren sind keine Landes-, sondern se der Kommunen, das ist richtig, aber sie sind nicht alle erfahrene Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Es fehle so gravierend wie bei uns, denn bei uns sind diese Rück- eine perspektivische gesetzliche Regelung; Druck müsse stände tatsächlich sehr erheblich. So, wie Kollege Gund- sein. Bei dieser Art Freiwilligkeit steht kein Konzept da- lack schon gesagt hat, ist Stralsund besonders auffällig, hinter. Die Landespolitik müsse Koordinator werden, aber auch viele andere größere Städte, und letzten En- alles nachzulesen im entsprechenden Protokoll. des hängen auch die Landkreise deutlich zurück bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse. (Zuruf von Egbert Liskow, CDU) Noch schlimmer wird es bei den Abschlüssen der kleine- Meine Damen und Herren, mit diesem Leitbildgesetz ren Gemeinden, der kreisangehörigen Gemeinden. Neh- haben wir möglicherweise einen wichtigen Prozess men wir mal das Jahr 2014: Im Landkreis Ludwiglust- kommunaler Selbstanalyse angestoßen. Für langfristig Parchim haben 62 Prozent der Gemeinden ihren Jahres- funktionsfähige Kommunalstrukturen haben wir hingegen abschluss festgestellt, im Landkreis Mecklenburgische weitere fünf Jahre verschenkt. Denn warum ist eigentlich Seenplatte nur 7 Prozent. Das heißt, wir haben auch für die Große Koalition nach der Gebietsreform die Funk- erhebliche Unterschiede in den einzelnen Landkreisen. tionalreform zu einem Fremdwort geworden? Dies greift Auf die Frage, woran das vielleicht liegt, ob da vielleicht meine Fraktion auf und leitet daraus Arbeitsaufträge an die Landesregierung helfen könnte, um mal zu sehen – die Landesregierung ab. Und das, meine Damen und Best Practice –, wo wir Fortschritte haben und warum es Herren, lehnt die Koalition mit ihrer Mehrheit ab! in anderen Teilen so hinterherhängt, wurde leider nur mit Schulterzucken reagiert, und das können wir so nicht (Peter Ritter, DIE LINKE: Skandalös, weiter akzeptieren. Die Landesregierung ist da schon skandalös! – Zuruf von Torsten Renz, CDU) gefordert, deutlicher einzusteigen, mehr zu helfen und, 50 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 wenn das nichts nützt, natürlich auch einen gewissen zernrechnungswesens, eines Konzerns abwerben, der Druck auszuüben. wird zwar etwas teurer sein, aber kann da bestimmt deut- lich helfen. Natürlich braucht man Richtlinien oder Hand- Warum ist dieser Punkt so wichtig? Gerade hat es Kolle- reichungen, wie diese Abschlüsse aufzustellen sind. ge Eifler angesprochen, es geht ja auch um die Novelle Natürlich müssen die IT-Systeme überarbeitet werden, des FAG-Gesetzes, daran wird also schon mit Hochdruck das ist ganz klar. Ich will die Schuld nicht den Mitarbei- gearbeitet. Natürlich ist die nur dann wirklich zielführend tern geben, aber auch die Mitarbeiter vor Ort brauchen und sinnvoll, wenn auch die Datenbasis vorliegt, wenn Schulungen und Trainingsmaßnahmen, und das kann auch die Jahresabschlüsse der einzelnen Gemeinden in man nicht nur den Landkreisen, das kann man nicht nur Ordnung sind. Man kann einiges auch ohne die Jahres- den Gemeinden überlassen, da ist das Innenministerium abschlüsse ableiten, aber eben nicht alles, sonst bräuch- gefordert. – Vielen Dank. ten wir die ja nicht. Jahresabschlüsse sind wichtig. (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV) Nun die Frage: Sind die Jahresabschlüsse denn wirklich so schwierig, dass man vier, fünf Jahre braucht, um ei- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat nen Jahresabschluss aufzustellen? Das kann mir, glaube noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete ich, hier im Plenarsaal niemand erklären, Herr Dr. Jess.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU) Dr. Gunter Jess, AfD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Meine lieben Landsleute und Gäste! dass dem tatsächlich so ist. Da hilft dann manchmal ein Blick in die Privatwirtschaft, denn der Gesetzgeber ver- Herr Wildt, Sie haben jetzt viele Worte gebraucht, aber langt von den privaten Unternehmen sehr strikt, wann die ich muss Ihnen sagen, Sie haben leider das Grundprob- Abschlüsse aufzustellen und die Steuererklärungen ein- lem, warum die Gemeinden so zurück sind mit den Jah- zureichen sind. Das hängt auch miteinander zusammen. resabschlüssen, nicht verstanden. Auch unsere Kommunalverfassung M-V sieht das ganz klar vor. Ich glaube, Herr Gundlack hat es gesagt, vier (Bernhard Wildt, BMV: Vorsichtig, bitte!) Monate nach Abschluss des Haushaltsjahres sind diese aufzustellen und am Ende des Jahres dann auch festzu- Es ist so, Sie haben es nicht verstanden. Der Punkt ist stellen. Das folgt ja auch einer gewissen Logik, nämlich nämlich folgender: Es liegt nicht daran, dass wir die ein- bevor der nächste Jahresabschluss anfängt, muss man zelnen Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig machen kön- mit dem vorigen fertig sein. nen, das geht jetzt relativ schnell. Der Grund für die lan- gen Verzögerungen ist die Eröffnungsbilanz im Zusam- Schauen Sie doch mal in die Privatwirtschaft! Wenn Sie menhang mit der Doppik und mit der Gründung der sich so einen beliebigen Konzern ansehen – ich nehme Großgemeinden. jetzt mal ThyssenKrupp –, die schaffen es tatsächlich, viermal im Jahr einen grundsoliden Quartalsabschluss (Bernhard Wildt, BMV: Das ist nicht richtig. vorzustellen und zu veröffentlichen, und zwar immer sechs Dann haben Sie das nicht richtig verstanden.) Wochen nach dem Stichtag. Wenn Sie sich so einen Kon- zern mal anschauen, dann hat der etwa 1.000 Beteiligun- Das ist der eigentliche Grund. gen weltweit. Diese haben alle ihr lokales Landesrecht, ihr Handelsrecht, und haben dazu noch ein Steuerrecht (Zuruf von Bernhard Wildt, BMV) mit der maßgeblichen Steuerumkehrung. Das heißt, auch das muss noch mal berücksichtigt werden. Es werden die Die Eröffnungsbilanzen sind jetzt fertig, das ist richtig, Organschaftsabrechnungen erstellt, es wird konsolidiert und jetzt kommen auch die Jahresabschlüsse entspre- nach Teilkonzernen, es wird konsolidiert in den Gesamt- chend zügig. Die ersten Jahre haben nämlich aufgrund konzernen nach deutschem Recht, nach internationalem der Gebietsstrukturreform dazu geführt, dass unter- Recht. Das alles schaffen sie präzise wie ein Uhrwerk schiedliche Bewertungsgrundlagen bei der Eröffnungsbi- viermal im Jahr, die Termine stehen fest und werden auch lanz gemacht wurden. Das heißt, es führte zu Korrekturen, eingehalten. Da gibt es auch überhaupt keine Ausrede. die Jahresabschlüsse waren wirklich sehr aufwendig.

Wir schaffen das nach fünf Jahren noch nicht, in irgend- (Bernhard Wildt, BMV: Das ist bekannt.) einer Gemeinde einen Jahresabschluss aufzustellen. Das ist nicht akzeptabel und insbesondere deshalb nicht Also ich muss jetzt auch die Kommunen ein bisschen in akzeptabel, weil das FAG-Gesetz wichtig ist. Der Finanz- Schutz nehmen und deshalb sage ich, wir sind auf einem ausgleich zwischen den Kommunen, die Zuschüsse vom richtigen Wege. Es wird so sein, dass wir innerhalb der Land an die Kommunen sollen gerecht sein. Wir alle nächsten Jahre die Aktualisierung der Jahresabschlüsse streben danach, dass wir dort ein gutes Gesetz haben, haben, und damit, glaube ich, sollten wir das auch aner- und es war auch ein wichtiger Punkt, dass wir beim letz- kennen. – Danke schön. ten Mal gesagt haben, es gibt dann schon in zwei Jahren den nächsten Schritt. Wir machen jetzt einige Schritte in (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) die richtige Richtung und dann wird das Ganze noch besser ab dem Jahr 2020/21. Ich frage mich jetzt, wie wir Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- das hinkriegen wollen bei diesen Rückständen. gen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Ich fordere den Herrn Innenminister auf, das Thema Wir kommen zur Abstimmung. endlich ernst zu nehmen und das Ministerium personell zu verstärken, sich eventuell externe Hilfe dazu zu neh- Der Finanzausschuss empfiehlt in Ziffer I seiner Be- men. Vielleicht können Sie ja mal den Leiter eines Kon- schlussempfehlung auf Drucksache 7/2169, einer Ent- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 51 schließung zuzustimmen. Wer der Ziffer I Nummer 1 ent- Minister Dr. Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsiden- sprechend der Beschlussempfehlung des Finanzaus- tin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf in schusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um Vertretung für den Finanzminister Ihnen vortragen und ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimm- insofern bitte ich um Verständnis, dass ich das dann enthaltungen? – Damit ist die Ziffer I Nummer 1 entspre- auch in der Form vornehmen werde. chend der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Der Ihnen vorliegende Antrag der Landesregierung geht Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE, AfD und von der Bitte um Zustimmung aus, die Liegenschaft in BMV angenommen. Berlin-Lichtenberg, die eben angedeutet worden ist, zu veräußern. Es gibt sicherlich bei dem einen oder anderen Wer der Ziffer I Nummer 2 entsprechend der Beschluss- die Frage, warum sich der Landtag mit diesem Thema empfehlung des Finanzausschusses zuzustimmen beschäftigt, aber die Finanzer unter uns wissen, es gibt wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die bestimmte Grenzwerte, wonach der Landtag dazu öffent- Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist lich zu befassen ist, und die sind bei Weitem überschrit- die Ziffer I Nummer 2 entsprechend der Beschlussemp- ten. Hier geht um einen Erlös von fast 2,6 Millionen Euro. fehlung des Finanzausschusses bei gleichem Stimmver- Damit ist die Wertgrenze bei Weitem überschritten und halten angenommen. deshalb die Zustimmung zu dem Verkauf durch das Ho- he Haus erforderlich. Wer der Ziffer I Nummern 3 und 4 entsprechend der Be- schlussempfehlung des Finanzausschusses zuzustimmen Bei dem Objekt handelt es sich um eine Liegenschaft, die wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die bis 1990 durch das damalige Institut für Strahlenschutz Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der DDR und anschließend bis 2001 für die Landesan- die Ziffer I Nummern 3 und 4 mit den Stimmen der Fraktio- stalt für Personendosimetrie und Strahlenschutzausbil- nen von SPD, CDU und DIE LINKE, bei Stimmenthaltung dung sowie das Bundesamt für Strahlenschutz genutzt der Fraktionen von AfD und BMV angenommen. wurde. Seitdem, also seit 2001, wird diese Fläche nicht mehr genutzt. Wer der Ziffer I Nummer 5 entsprechend der Beschluss- empfehlung des Finanzausschusses zuzustimmen Wir haben uns als Finanzministerium auch früher schon wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die um den Verkauf dieser Liegenschaft bemüht, allerdings Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist gestaltete sich die Vermarktung dieser landeseigenen die Ziffer I Nummer 5 entsprechend der Beschlussemp- Teilfläche des Areals, da sie in einem Flächengebiet fehlung des Finanzausschusses bei gleichem Stimmver- liegt, wo Verwaltung im Vordergrund steht und für diese halten angenommen. keine Flächennutzungsplanung sowie auch kein B-Plan vorlagen, schwierig. Da die benachbarte große Teilfläche In Ziffer II seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der der BImA gehört, also der Bundesanstalt für Liegenschaf- Finanzausschuss, die Unterrichtung durch den Landes- ten, die ebenfalls diese Fläche verkaufen möchte, und in rechnungshof auf Drucksache 7/1511 zur Kenntnis zu Berlin erheblicher Bedarf an Wohnungsbau besteht, nehmen. Wer der Ziffer II der Beschlussempfehlung des wurde entschieden, die Gesamtfläche gemeinsam zu Finanzausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich vermarkten. jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer II der Be- Seit dem Freizug dieser Liegenschaft im September 2001 schlussempfehlung des Finanzausschusses auf Druck- stehen die Gebäude leer. Im Laufe der Jahre gab es im- sache 7/2169 bei gleichem Stimmverhalten angenom- mer wieder Interessenten für einen Erwerb. Ein Verkauf men. dieser Liegenschaft kam aber aufgrund der Planungssitua- tion nicht zustande. Vor allen Dingen Spekulanten hatten Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung sich um dieses Grundstück schon bemüht und ein beson- des Antrages der Landesregierung – Zustimmung des deres Auge auf dieses Grundstück geworfen. Wir haben Landtages gemäß der Paragrafen 63 Absatz 1 und 64 uns allerdings für eine Privilegierung des Direktverkaufes Absatz 1 der Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vor- an die HOWOGE entschieden, das ist die Wohnungsbau- pommern sowie Paragraf 12 Absatz 2 des Haushaltsge- gesellschaft in Berlin, die den höchsten Marktanteil in setzes 2018/2019 zur Veräußerung der Landesliegen- Berlin hat. Das ist das größte kommunale Wohnungsun- schaft Waldowallee 115 in 10318 Berlin-Lichtenberg an ternehmen des Landes Berlin mit mehr als 60.000 Woh- die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, Berlin, nungen im Besitz, man kann aus dem Jahresgeschäftsbe- Drucksache 7/2143. richt ersehen, mit 350 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Die Gesellschaft will an dem Standort ein Wohngebiet er- Antrag der Landesregierung schließen, auch der soziale Wohnungsbau soll darin ein- Zustimmung des Landtages gemäß gebettet werden. Damit unterstützen wir den kommunalen §§ 63 Absatz 1 und 64 Absatz 1 der Wohnungsbau in der Bundeshauptstadt. Landeshaushaltsordnung Mecklenburg- Vorpommern sowie § 12 Absatz 2 des Haus- (Rainer Albrecht, SPD: Sehr gut!) haltsgesetzes 2018/2019 zur Veräußerung der Landesliegenschaft Waldowallee 115 Da wir als Land keine Flächen verschenken, das ist völlig in 10318 Berlin-Lichtenberg an die HOWOGE selbstverständlich, haben wir ein Wertgutachten über die Wohnungsbaugesellschaft mbH, Berlin BImA anfertigen lassen, und da kommt dieser ermittelte – Drucksache 7/2143 – Preis von 2,58 Millionen Euro heraus. Im Kaufvertrag ist klar geregelt, dass der Erwerb für den Wohnungsbau Das Wort zur Begründung hat der Minister für Land- erfolgen muss und damit auch die Käuferin, also die wirtschaft und Umwelt in Vertretung für den Finanzmi- HOWOGE, die vollständigen Kosten für alles, was in dem nister. Zusammenhang steht, aufzubringen hat – also den 52 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Rückbau, die Schadstoffsanierung, die Entsorgung, die Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Vertragsdurchführung, einschließlich der Grunderwerbs- Rahmenbedingungen für Lehrkräfte steuer. weiter verbessern – Modellprojekt für den ländlichen Raum starten Wegen der Überschreitung der haushaltsrechtlichen – Drucksache 7/2161 – Wertgrenze ist gemäß Paragraf 12 Absatz 2 Landes- haushaltsgesetz 2018/2019 die Zustimmung des Landta- Änderungsantrag der Fraktion der BMV ges erforderlich. Ich bitte Sie im Namen des Finanzminis- – Drucksache 7/2200 – ters Mathias Brodkorb um Unterstützung. Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Ich vermute, Herr Weber, Sie marschieren ans Mikrofon – Drucksache 7/2203 – und wollen mir eine Frage stellen. Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der SPD Vizepräsidentin Beate Schlupp: Einen Moment! Diese der Abgeordnete Herr Butzki. Vermutung ist zwar richtig, aber wir sind nicht der Aus- sprache, sondern in der Begründung. Andreas Butzki, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gute Schule braucht (Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig, gute Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben bei uns im Land da gibt es keine Fragen.) Mecklenburg-Vorpommern eine nicht einfache Situation. In Rostock und Greifswald wurden immer Lehrer ausge- Nachfragen sind nur in der Aussprache zugelassen. Zur bildet, ich selbst habe in Greifswald studiert, aber das Aussprache komme ich gleich und dann werden wir se- Lehrerpersonalkonzept von Mitte der 90-Jahre bis unge- hen, welches Schicksal eine weitere Nachfrage anneh- fähr vor fünf, sechs Jahren hat uns vor besondere Situa- men kann. tionen gestellt. Es fehlt, da es nur wenige Einstellungen in dieser Zeit gab, vollständig eine Lehrergeneration an Vielen Dank, Herr Minister. unseren Schulen. Diese Situation entstand, da wir An- fang der 90-Jahre einen dramatischen Geburtenrückgang Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache zu verzeichnen hatten. Das hatte zur Folge, dass weni- nicht vorzusehen. ger Klassen gebildet werden konnten, dass weniger Lehrerinnen und Lehrer gebraucht wurden. Der Rück- (Peter Ritter, DIE LINKE: Jetzt gang belief sich von ungefähr 20.000 auf rund 11.000. können Sie noch widersprechen!) Gestern Abend gab es eine Buchpräsentation zur Wen- Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist degeschichte und auch zur Schule wurde kurz etwas dort das so beschlossen. gesagt. Es wurde ein interessantes Buch vorgestellt und noch mal gesagt: 23.000 Lehrer und eine besondere (Peter Ritter, DIE LINKE: Situation in der Schule. Das hatte bei dem Rückgang der Ja, nun ist es vorbei. – Geburten nicht nur eine Verringerung der Klassenzahlen, Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus) sondern ebenfalls zahlreiche Schulschließungen zur Folge.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Lan- Die derzeitige Situation in unserem Bundesland ist ge- desregierung auf Drucksache 7/2143. Wer dem zuzustim- kennzeichnet durch eine leicht erhöhte Geburtenrate, men wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Die durch Schulneubauten in einigen größeren Städten, aber Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist auch durch eine große Ruhestandswelle, die auf uns der Antrag der Landesregierung auf Drucksache 7/2143 zurollt. Das heißt, wir brauchen in den nächsten Jahren bei einer Stimmenthaltung aus der Fraktion der AfD, an- sehr viele Lehrerinnen und Lehrer. Fast alle Länder, sonsten Zustimmung angenommen. insbesondere die ostdeutschen Länder, haben diese Probleme. Sachsen-Anhalt sucht ungefähr 1.000 Lehrer, Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung Brandenburg ebenfalls 1.000, NRW 2.000. des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Rah- menbedingungen für Lehrkräfte weiter verbessern – Mecklenburg-Vorpommern hat sich schon vor einigen Modellprojekt für den ländlichen Raum starten, Druck- Jahren auf den Weg gemacht. Ich will hier an das 50- sache 7/2161. Millionen-Paket, was jetzt schon auf 60 Millionen erhöht worden ist, erinnern und auch einige Maßnahmen noch Ich weiß gar nicht, was heute hier so los ist. mal erwähnen: Da ist ein Lehrergesundheitsprogramm, die Anerkennung von DDR-Abschlüssen, Verbeamtung (Der Abgeordnete Andreas Butzki bis zum 40. Lebensjahr, Regionalschullehrerinnen und schreitet zum Rednerpult.) -lehrer wurden in die E13 eingruppiert. Lehrerinnen und Lehrer von M-V gehören zu den Top Vier in der bun- Ich muss noch eine Weile was vorlesen, aber Sie können desweiten Lehrervergütung. Es gibt eine zusätzliche gerne da stehen bleiben. Gewährung an Altersrechnungsstunden für Lehrkräfte, eine zusätzliche Anrechnungsstunde für Mentoren – ich (Andreas Butzki, SPD: könnte das so weiter fortführen –, ein Vertretungslehrer- Mache ich auch.) programm ebenfalls.

Hierzu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion (Torsten Renz, CDU: Du hast noch der BMV auf Drucksache 7/2200 sowie ein Änderungs- die Seiteneinsteiger vergessen.) antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2203 vor. Das kommt auch noch. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 53

Es gibt eine Onlinestellenbörse, die einzigartig ist und In der Landesregierung gibt es eine Interministerielle Ar- von anderen Ländern jetzt kopiert wird. Wir haben eine beitsgruppe „Ländliche Gestaltungsräume“. Darin soll auch bundesweite Lehrerwerbekampagne gestartet. Wer jetzt ein Modellprojekt Schule etabliert werden. Es geht dabei um aufmerksam zu Pfingsten durch unser Land gefahren ist, Sanierung von Schulen, Entwicklung der digitalen Schule, der hat gesehen, dass wir großflächig Plakate aufge- Entwicklung eines Schulcampus Kita/Grundschule, gegebe- hängt haben. Es wurde ein deutlicher Ausbau der Refe- nenfalls auch weiterführende Schule/Ganztagsschule mit rendarplätze bei allen Lehrämtern vorgenommen und entsprechenden Freizeitangeboten, Zusammenarbeit mit jetzt unter anderem die Schaffung eines dritten Einstel- Vereinen und Feuerwehren oder auch um einen gut aus- lungstermins für Referendare vorgestellt. Der 1. Oktober gebauten Schülerverkehr. Es geht aber auch um Anreize soll es sein. Es wird sicherlich einige organisatorische für Referendarinnen und Referendare und Lehrerinnen Probleme an den Schulen geben, aber es ist wichtig für und Lehrer. Es geht um eine gute Zusammenarbeit mit die Lehrergewinnung. Nicht zuletzt zu nennen ist das den Schulträgern und gegebenenfalls Zuschüsse für Lehrerseiteneinsteigerkonzept, das andere Länder jetzt Fahrtkosten beziehungsweise Mieten, ordentliche Arbeits- entwickeln. bedingungen, attraktive Wohnbedingungen.

Andere Bundesländer haben mit einigen Jahren Ver- Umsetzbare Vorschläge soll die IMAG zeitnah entwickeln spätung auch reagiert. Das heißt, dass wir uns in Meck- und uns vorstellen. Es soll ein Modellprojekt entwickelt lenburg-Vorpommern nicht ausruhen dürfen, dass wir werden. Dies muss zeitnah evaluiert werden. Einzelne weitere Schritte gehen müssen. Insbesondere in den Umsetzungsschritte können jederzeit vorgestellt und aus- ländlichen Gebieten gibt es große Herausforderungen. gewertet werden. Zudem sollen die Bewerbungsfristen für Ich möchte mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Koali- das Referendariat und die aktuellen Nachreichfristen für tionsvertrag zitieren. Dort steht unter Ziffer 214: „Der Zeugnisse des Ersten Staatsexamens so angepasst wer- Lehrerberuf muss auch im ländlichen Bereich attraktiv den, dass sie eine potenzielle Fachkräfteabwanderung sein und gesondert gefördert werden. Dazu streben die verhindern und Lehrkräftezuwanderung begünstigen. Koalitionspartner unter Beteiligung der kommunalen Ebene ein Modellprojekt an.“ Da für das Lehramt an Gymnasien bis dato keine Nach- reichfrist besteht, soll diese eingeführt werden. Mit dem In der letzten Woche, ich weiß nicht, wer es gesehen zusätzlichen dritten Einstellungstermin für Referendarin- hat, gab es im ZDF am Dienstag eine Deutschlandstu- nen und Referendare am 1. Oktober in diesem Jahr wur- die mit dem Titel „Wo lebt es sich am besten?“. Auch de kürzlich bereits ein erster Schritt dafür getan. Nur wenn München gewann, gab es eine höchst interessan- wenn es uns gelingt, gute Anreize für die Lehramtsabsol- te Befragung. Die Ergebnisse will ich kurz vorstellen. ventinnen zu schaffen, können wir den Lehrernachwuchs Laut dieser Studie wollen 44 Prozent der Leute auf Dör- gewinnen. Der Wettbewerb mit anderen Bundesländern fern leben, 39 Prozent in einer kleineren Stadt und nur wird nicht einfacher werden. Zu den bereits ergriffenen 16 Prozent in den Großstädten. Die Verfasser dieser Maßnahmen wollen wir attraktive Bedingungen im ländli- Studie sehen das Leben auf dem Land vor einer Renais- chen Bereich schaffen, um den Lehrernachwuchs zu sance. Grund dafür ist die Digitalisierung, die viele neue sichern. Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Möglichkeiten eröffnet. Wichtig für die Bürgerinnen und Ausschuss über die Vorbereitungen und die geplante Bürger sind vor allen Dingen – und da liegt natürlich die Umsetzung zu berichten. Stimmen Sie unserem Koaliti- Herausforderung an uns Politiker – Sicherheit, Bildung, onsantrag zu! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. Gesundheit und Wohlstand. Da kann Mecklenburg- Vorpommern, denke ich, eine ganze Menge bieten. Eine (Beifall vonseiten der Fraktionen intakte Natur haben wir, reine Luft, saubere Gewässer, der SPD und CDU) große Wälder, Ruhe, aber auch Kindergärten, gute Schu- len und hohe Sicherheit. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Im Ältestenrat ist ver- einbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis Ich selbst bin seit 1991 im Aufsichtsrat der Neustrelitzer zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu Wohnungsgesellschaft. In den 90-Jahren haben wir zahl- keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. reiche Workshops organisiert, an denen auch ich teilge- nommen habe. Die Prognosen der Bevölkerungsentwick- Ums Wort gebeten hat die Ministerin für Bildung, Wis- lung sahen damals sehr düster aus und sind zum Groß- senschaft und Kultur Frau Hesse. teil nicht eingetroffen. Rückbau erfolgte natürlich in einigen Neubaugebieten, aber bei uns in der Stadt Ministerin Birgit Hesse: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Neustrelitz ist die Innenstadt fast komplett durchsaniert Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der erste und es sind viele Eigenheimgebiete ausgewiesen wor- Punkt dieses Antrages könnte so, wie er da steht, gut den. Die Einwohnerzahl hat sich stabilisiert, Kitas wurden und gerne der Einstieg in meine Ausführungen sein. Ich ausgebaut beziehungsweise neu gebaut. gebe auch zu, die Rede, die Andreas Butzki gerade ge- halten hat – da werden jetzt sicher einige Dopplungen Die Koalition hat sich im Bildungsbereich klare Ziele kommen, ich werde es aber ein bisschen kürzen –, gesetzt. Eins davon ist der Erhalt der ländlichen Schul- standorte. Für diese Schulstandorte müssen wir natür- (Torsten Renz, CDU: Sehr gut!) lich auch Lehrer gewinnen. Die Absolventen unserer Unis sind leider meist nur durchs Gymnasium gegan- lieber Andreas Butzki, das war eine richtig gute Rede. gen und kennen somit nur die größeren Städte. Um Denn, und das muss man in aller Deutlichkeit sagen, ja, die Unistädte herum gibt es so einen gewissen „Kle- wir haben einen Lehrerbedarf, aber wir haben Gott sei beeffekt“ für die fertigen Studenten oder Referendare. Dank in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht den Leh- Uns muss es gelingen, die Vorteile des Landlebens dort rermangel. Das liegt daran – das ist das, was Andreas darzustellen. Dafür muss man natürlich Anreize schaf- Butzki gerade sehr ausführlich dargelegt hat –, dass wir fen. in den letzten Jahren und auch jetzt stetig sehr viel ma- 54 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 chen, um unseren Lehrerbedarf zu decken, weil, und das sich junge Leute vor Ort dafür begeistern lassen, auch ist mir sehr wichtig, das ganz deutlich zu betonen, das später im ländlichen Raum zu arbeiten. wird die große Herausforderung der Zukunft sein, denn wir müssen die Unterrichtsversorgung absichern. Dafür Klar ist für mich, dass man hier nicht einfach mit der brauchen wir gut qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer, berühmten Gießkanne arbeiten kann. Mir ist wichtig, und dazu steht diese Landesregierung. dass auch die Schulen im ländlichen Raum aktiv dazu beitragen. Mein Haus hat Studierendenvertreter der bei- Ich sagte es bereits, dass wir bislang mit unseren An- den Universitäten mehrfach angeboten, an der Ausge- strengungen gut gefahren sind, bedeutet nicht, dass wir staltung einer solchen Regelung mitzuwirken. Leider war, uns auf Erfolgen ausruhen könnten, schließlich ist die das muss man so deutlich sagen, die Resonanz bisher Herausforderung der Bedarfsdeckung da und andere sehr bescheiden. Deswegen haben wir uns etwas über- Bundesländer ziehen nach. Deshalb begrüße ich diesen legt. Mit „wir“ meine ich meinen Kollegen Christian Pegel konstruktiven Antrag sehr, zumal er an einem sehr und mich und ich danke ihm ausdrücklich für die Bereit- neuralgischen Punkt ansetzt, dem Übergang vom Stu- schaft, gemeinsam mit mir ein Modell für die sogenann- dium ins Lehramt. Die Idee, die Bewerbungsfristen anzu- ten Gestaltungsräume zu entwickeln und auch zu finan- passen, haben wir bereits angezeigt, indem es jetzt für zieren. die Referendare an Grundschulen und Regionalen Schu- len den zusätzlichen Einstellungstermin zum 1. Oktober Meine Damen und Herren, ich sagte es bereits, ich be- gibt. Damit sind wir einer Forderung nachgekommen, grüße diesen Antrag, zum einen, weil er das, was wir seit denn diejenigen, die erst im September ihre Prüfung Jahren tun, um Lehrkräfte für unsere Schulen zu gewin- gemacht haben, hätten dann zu lange warten müssen, nen, mit- und weiterdenkt, zum anderen, weil er Raum und so passierte es, dass viele in andere Bundesländer lässt, um zu testen, ob etwas und wie gut es in der Praxis abgewandert sind. Insofern sind wir dem nachgekom- funktioniert, denn eins ist klar, ich sagte es eingangs in men. Das heißt, am 1. Oktober ist ein Einstellungstermin meiner Rede und möchte es hier auch gerne noch mal möglich. Andererseits werden wir möglicherweise so wiederholen: Um im Wettbewerb um gut qualifizierte zukünftig auch noch Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Lehrkräfte auch weiterhin handlungsfähig zu sein, brau- Ländern gewinnen können für uns. Mit drei Einstellungs- chen wir Handlungsspielräume. Dieser Antrag eröffnet terminen können wir natürlich noch mehr Potenzial ab- uns Handlungsspielräume. – Insofern danke ich ganz greifen. herzlich.

In die gleiche Richtung zielt die Forderung, die Nach- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD reichfristen für Zeugnisse auch fürs Lehramt an Gymna- und Torsten Renz, CDU) sien anzupassen. Das wird aus meiner Sicht schwierig, denn bei einem Bewerberüberhang, wie wir ihn im Mo- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Vielen Dank, Frau ment an Gymnasien noch haben, müssen wir die Stellen Ministerin. in einem Auswahlverfahren besetzen, das auf der Note des Hochschulabschlusses basiert. Liegt diese Note Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeord- nicht fristgerecht vor, fällt die Bewerbung leider durchs nete Herr Kröger. Raster. Daran wird sich rechtlich im Moment auch nichts ändern. Jörg Kröger, AfD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Leiwe Mäckelbörger und Vorpommern! In (Torsten Renz, CDU: Das heißt, der Anbetracht der Ernsthaftigkeit dieses Themas, das wir Punkt ist nicht umsetzbar, oder was?) hier jetzt besprechen, haben wir es mit einem recht son- derbaren Antrag zu tun, sonderbar, weil er ein Konglome- Meine Damen und Herren, so, wie es für einige Schular- rat ganz verschiedener Themen ist, die unter einer ten nun mal mehr Bewerberinnen und Bewerber gibt als nichtssagenden vielsagenden Überschrift lose aneinan- für andere, gibt es auch regionale Unterschiede. In den dergereiht sind. größeren Städten sind ausgeschriebene Stellen in der Regel leichter zu besetzen als im ländlichen Raum. Auch (Vincent Kokert, CDU: das hörten wir bereits. Ich erzähle Ihnen da nichts Neu- Wo ist der Antrag von Ihnen?) es. Was wir brauchen, sind verstärkte Anreize, um sich für die Schulen in dünner besiedelten Regionen zu ent- Der Titel des Antrags will uns vermitteln, wir, die Regie- scheiden. Ein Modellprojekt, wie es der Antrag anregt, rungskoalition, kümmern uns um Lehrkräfte und beson- kann da ein probates Mittel sein, um auszuloten, welche ders um welche für den ländlichen Raum. Nun, dass das Anreize das sind, etwa die Unterstützung bei der Suche dringend ist, kann niemand bestreiten. nach einem Kitaplatz oder bei der Arbeitsplatzsuche des Partners, die Vermittlung einer Wohnung bei kommuna- (Rainer Albrecht, SPD: len Wohnungsbaugesellschaften oder vergünstigte Bau- Also doch ein guter Antrag!) darlehen. Da bin ich persönlich ganz offen. Einige Dinge haben wir bereits getan, wie zum Beispiel Unterstützung Der Antrag beginnt unter Ziffer I zunächst mit einem bei der Arbeitsplatzsuche von Partnern. Eigenlob, das die vermeintlichen Erfolge bei der Erhö- hung der Attraktivität des Schulstandortes Mecklenburg- In einem solchen Projekt gleich an die Studierenden mit Vorpommern und der Gewinnung von Lehrkräften her- zu denken, die zum Beispiel ein Praktikum an einer ausstellt. Das Parlament soll nun dieses Selbstlob gleich Schule auf dem Dorf oder in einer kleinen Gemeinde noch mitbeschließen. absolvieren, ist aus meiner Sicht nur konsequent. Mit einem Fahrtkostenzuschuss nimmt man den Lehramts- Gewiss gab und gibt es verschiedene Anstrengungen studenten ein Hemmnis, eine solche Schule näher in der Landesregierung zur Bewältigung des Lehrkräfte- Betracht zu ziehen, und schafft damit die Chance, dass mangels – schlimm, wenn es sie nicht gegeben hätte –, Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 55 doch das ist bislang nicht annähernd so erfolgreich In der Koalitionsvereinbarung ist dagegen vom „ländli- gewesen, chen Bereich“ die Rede. Darüber hinaus fehlen jegliche konkreten Vorstellungen, (Torsten Renz, CDU: Das ist doch Quatsch!) (Rainer Albrecht, SPD: Wie sind denn Ihre eigenen Vorstellungen?) wie es die Anmutung dieser Präambel erscheinen lässt, wie die Verbesserung des Berufsbildes der Lehrer in (Torsten Renz, CDU: Das ist doch Angriff genommen werden soll, ganz zu schweigen vom richtiger Quatsch! Wir sind sehr Fehlen eines kommunalen Leitbildes, in dem die Schule erfolgreich in diesem Bereich.) verankert ist. Gemeindefusionen und große Schulen mit großen Klassen sind jedenfalls wohl eher nicht das pro- sonst bedürfte es ja dieses Antrags nicht. bate Allheilmittel an dieser Stelle.

Ja, die Zukunftsaussichten bezüglich des Lehrerperso- (Thomas Krüger, SPD: Aber was ist nals sind besorgniserregend. In Anbetracht einer anrol- es dann? Sagen Sie doch mal! lenden Ruhestandswelle, die ihren Höhepunkt noch gar Was ist Ihre Alternative? – nicht erreicht hat, und das auch noch im Kontext mit Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, stell glücklicherweise wieder zunehmenden Schülerzahlen, ihm nicht so komplizierte Fragen!) bleibt tatsächlich eine zu geringe Anzahl von Lehramts- studenten und -absolventen zu beklagen. Besonders Wir sagen, Bildung kostet Geld, und es ist gut angelegtes prekär ist die Situation in den naturwissenschaftlichen Geld, denn es ist ein Vorschuss in die Zukunft. Der Leh- Fächern, die hier auch noch von einer hohen Zahl an rermangel, gerade im ländlichen Bereich, ist nur zu be- Studienabbrechern begleitet werden. heben, wenn wir es uns auch leisten wollen.

Einzig der unter Ziffer II.1 im Antrag aufgeführten Forde- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) rung, die nichts mit der Überschrift des Antrags zu tun hat, können wir voll zustimmen. Hier soll abgesichert Und damit haben wir es zunächst mit einer Frage der werden, dass sich das Referendariat möglichst lückenlos Priorisierung zu tun, denn nur, wo ein Wille ist, ist auch an die erste Staatsprüfung für das Lehramt anschließen ein Weg. kann. Angesichts des Lehrermangels – ich sage es jetzt doch, das Wort „Lehrermangel“ – und zur Vermeidung (Andreas Butzki, SPD: Ach, ist das von Lücken in der Erwerbsbiografie junger Menschen ein Quatsch, was Sie erzählen hier!) sollte es eine Selbstverständlichkeit sein. Durch die Ein- führung des dritten Einstellungstermins für Referendare Punkt II.3 des Antrages springt dann wieder zurück zu am 1. Oktober dieses Jahres hat die Landesregierung den Lehramtsstudenten. Hier greifen die Fraktionen von bereits flexibel auf ungünstige Prüfungstermine an der SPD und CDU Anträge auf, die DIE LINKE bereits im Universität Rostock reagiert. Dieser Antragspunkt er- Mai 2017 oder im Januar 2018 eingebracht hatte. In gänzt das um weitere sinnvolle Schritte. diesen hatte die Fraktion ähnliche Fahrkostenzuschüsse für die Lehramtsstudenten angeregt. Im Mai hatte Frau Kommen wir nun zum Punkt II. Hier soll die Nummer 214 Ministerin Hesse darauf noch geantwortet, ich zitiere: „Ich der Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien um- habe … erhebliche Zweifel, ob die Rechnung in dieser gesetzt werden. Da es besonders schwierig ist, Lehrkräf- Einfachheit aufgeht.“ Zitatende. Im Januar 2018 beteuer- te für den ländlichen Raum zu gewinnen, folgt der Antrag te dagegen Frau Hesse sehr nachdrücklich, dass die dem Motto: „Wenn ich nicht mehr weiterweiß, gründe ich Angelegenheit der Fahrtkostenübernahme „geprüft“ würde einen Arbeitskreis.“ Hier wird ein zweijähriges Modellpro- jekt zur Gewinnung von Lehrern für den ländlichen Raum (Andreas Butzki, SPD: Haben wir getan! – angedacht. Auch die kommunale Ebene soll einbezogen Thomas Krüger, SPD: Ja, haben wir getan.) werden. Da die nötigen Konzepte offenbar erst im Rah- men des Modellprojekts entwickelt werden sollen, ist und dass Sie dazu den Antrag der LINKEN nicht brau- dieser Punkt des Antrages derzeit noch inhaltsleer und chen. Jetzt wird von SPD und CDU fast derselbe An- konzeptlos. tragspunkt eingebracht,

Er arbeitet überdies mit unklaren Begriffen. Wie sind (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – zum Beispiel „kleinere Schulen“ zu definieren, die das Birgit Hesse, SPD: Wir lernen Modellprojekt unterstützen soll? Was ist unter dem manchmal von den LINKEN.) „Ländlichen GestaltungsRaum“ zu verstehen? Sind das hier die 24 Orte, die im Landesraumentwicklungspro- von dem es noch vor vier Monaten hieß, man brauche gramm Mecklenburg-Vorpommern mit diesem Terminus ihn nicht, weil es schon geschehe. belegt sind? (Thomas Krüger, SPD: (Birgit Hesse, SPD: Ländliche Wo ist denn Ihre Alternative?) Gestaltungsräume sind definiert.) Unsere Fraktion gab hierzu bereits im Januar zu beden- Auf diese Deutung ließe die ungewöhnliche Schreibweise ken, dass auch andere Studiengänge mit teils erhebli- in der Antragstellung schließen, „Ländliche Gestaltungs- chen Zusatzkosten, darunter auch Fahrtkosten, belastet Räume“ zusammengeschrieben. sind und dass eine solche Entlastung von Lehramtsstu- denten eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen (Zuruf von Andreas Butzki, SPD) Studiengängen darstellen würde. 56 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Die beiden letzten Antragspunkte bieten nur noch den versehen würde, die das vorgenannte Terminproblem üblichen bürokratisch-formalen Abschluss mit den Forde- nicht lösen würden. – Vielen Dank. rungen nach Evaluierung des Modellprojekts nach zwei Jahren (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Traurig, traurig! (Thomas Krüger, SPD: Keine Alternative! – Thomas Krüger, SPD: Und das ist falsch, oder was?) Keine eigenen Vorschläge! Nichts, null!) und einem Bericht über die geplanten Maßnahmen. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt. (Rainer Albrecht, SPD: Das ist doch konsequent.) Marc Reinhardt, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es Meine Damen und Herren, wir brauchen keinen Schau- schon gehört, es geht um die Umsetzung eines für die fensterantrag, CDU sehr wichtigen Punktes des Koalitionsvertrages zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs vor allem im (Rainer Albrecht, SPD, Das ist ländlichen Raum. kein Schaufensterantrag. – Andreas Butzki, SPD: Das ist (Vincent Kokert, CDU: Sehr gut, Herr Reinhardt!) überhaupt kein Schaufensterantrag.) Nun kann man das natürlich so machen wie Herr Kröger der letztendlich nichts am Umstand der im Beschäfti- eben, man kritisiert einfach jeden Punkt dieses Antrages. gungssektor der Lehrkräfte vorherrschenden Mangelver- Gefragt danach, welche Inhalte hat man denn selbst, hat waltung ändert oder am Ende gar noch Rechtfertigungs- er, glaube ich, gesagt, wir müssen einfach nur mehr Geld gründe in diese Richtung liefert. Mit diesem Antrag wird einstellen. Wofür das Ganze, sind Sie leider schuldig ge- lediglich Zeit verbrannt, Zeit, die wir nicht mehr haben, blieben, Herr Kröger. denn bereits im nächsten Doppelhaushalt – und das ist der letzte in dieser Legislaturperiode – müssen die Mittel (Horst Förster, AfD: Er hat für einen wirksamen Einstieg in die Beseitigung des erst mal Punkt 1 begrüßt.) Lehrermangelproblems bereitgestellt werden. Das ist ein ziemlich inhaltsleeres Manöver und ich würde (Thomas Krüger, SPD: Ja, wo sind die mir in Zukunft – Sie sind ja immerhin Vorsitzender des Alternativen? Sagen Sie doch mal!) Bildungsausschusses – von Ihnen auch etwas oder über- haupt mal etwas inhaltliche Tiefe wünschen, dann würden Genau hieran wird deutlich, dass es sich hierbei bedau- wir hier schon ein Stück weiter kommen. erlicherweise um einen Schaufensterantrag handelt, (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU (allgemeine Unruhe – und Andreas Butzki, SPD) Zuruf von Torsten Renz, CDU – Glocke der Vizepräsidentin) Wir alle wissen, dass vor allem die Attraktivität des Leh- rerberufes im ländlichen Raum eine schwierige Frage ist. denn bei den angesetzten zwei Jahren für das Modellpro- Wer das kennt, weiß, in Rostock und Greifswald – die jekt fände die Evaluierung erst deutlich nach der Verab- Ministerin nickt – finden wir immer genug Lehrer. Wir schiedung des nächsten Doppelhaushaltes statt. Damit haben immer zu viele und sehr viele, die uns anspre- würde eine Umsetzung von möglichen Erkenntnissen, die chen, ob wir Ihnen nicht dabei helfen können, dort eine zweifelsfrei Geld kostete, denn all das, was Herr Butzki Lehrerstelle zu bekommen. Geht man hingegen bei uns aufgezählt hat, was er am Inhalt dieses Antrags festma- in die ländlichen Wahlkreise, ob in Malchin, Altentreptow chen möchte, wird zweifelsfrei Geld kosten, oder auch Penkun,

(Rainer Albrecht, SPD: Er hat (Thomas Krüger, SPD: wenigstens Vorschläge gemacht.) Wo es besonders schön ist.) auf die nächste Legislaturperiode vertagt, was nicht geht, ist es in der Regel schon ziemlich schwer, Lehrkräfte zu da Paragraf 113 unserer Geschäftsordnung sagt, dass finden und dort auch zu binden. Noch schlimmer wird es dementsprechend unerledigte Anträge und Sachen aus- zum Teil an kleineren Grundschulen. Wir beide kennen gebucht werden zum Ende einer Legislaturperiode. das, Herr Krüger, aus Gielow, wie kompliziert das in den letzten Jahren dort war. (Thomas Krüger, SPD: Und jetzt Ihre Vorschläge!) (Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Bei getrennter Abstimmung stimmen wir dem Punkt II.1 zu, Es war nur mit Möglichkeiten von anderen Schulen zu gerne auch mit dem hierzu vorliegenden Änderungsan- bewältigen, dort den Unterricht abzubilden. Deshalb finde trag der LINKEN, ansonsten lehnen wir den handwerklich ich es gut, dass wir heute diesen Antrag einbringen und zum größten Teil unzumutbaren Antrag ab. dass wir ihn hoffentlich auch beschließen werden. Er ergänzt unser Maßnahmenbündel. Herr Butzki hat schon (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) davon gesprochen, dass wir 50 Millionen, jetzt sind es mittlerweile 60 Millionen, jährlich dafür ausgeben, um Das betrifft auch den Änderungsantrag der BMV, der den verschiedene Maßnahmen zu ergänzen, um den Lehrer- Ursprungsantrag lediglich mit einigen Präzisierungen beruf attraktiver zu machen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 57

An dieser Stelle, wo ich meinen Kollegen Renz hier sehe, (Peter Ritter, DIE LINKE: Kann will ich noch mal dran erinnern: Alles hat damit begon- ich noch mal daran erinnern, nen, dass die CDU-Fraktion nach langem Werben die von wem die Idee stammt?!) Verbeamtung der Lehrer Wie Sie alle wissen, Herr Ritter, da sind Sie besonders (Andreas Butzki, SPD: angesprochen, aber es wissen alle: Die CDU ist die Par- Oh, jetzt geht das wieder los!) tei des ländlichen Raumes, in Mecklenburg-Vorpommern durchgesetzt hat. (allgemeine Heiterkeit – Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!) (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) deswegen freuen wir uns, Das wollen wir an dieser Stelle nicht vergessen und es muss deshalb auch erwähnt werden. (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Minister Dr. Till Backhaus: Da muss Wir haben, ich habe es erwähnt, besonders kleinere er selber drüber lachen!) Gemeinden mit ihren kleinen Grundschulen und Regio- nalen Schulen hiermit im Blick. Wir wissen, bis 2025 dass wir unseren Koalitionspartner nach längeren Ver- müssen wir 7.500 Lehrerstellen besetzen. Wir stehen handlungen zu diesem Antrag überzeugen konnten. damit in Konkurrenz zu allen anderen Bundesländern. Wir konnten im letzten Schuljahr 384 Lehrerstellen be- Herr Ritter, das wird Sie jetzt ganz besonders freuen, wir setzen. Das zeigt, dieses Maßnahmenpaket, was wir ein- stimmen Ihrem Änderungsantrag zu, weil wir glauben, geführt haben, entfaltet schon Wirkung, und deshalb das ist eine sinnvolle Ergänzung, und deshalb sind wir wollen wir dies weiter umsetzen. uns dadurch sicher, dass auch Sie diesem Antrag zu- stimmen werden. Zum besagten Modellprojekt, es steht noch etwas mehr im Antrag, ich will es nur noch mal kurz ausführen, weil (Andreas Butzki, SPD: es schon gesagt wurde: Es sind die Nachreichfristen für So weit würde ich nicht gehen.) die Lehramtsstudiengänge Gymnasium, es ist der zu- sätzliche Einstellungstermin, den wir ab Oktober haben Das heißt, wir gehen schon mal mit drei Fraktionen auf werden – auch das ist, denke ich, ein ganz wichtiger eine gemeinsame Reise zum Wohle des ländlichen Punkt, um Wartefristen zu verhindern –, und wir haben Raums in Mecklenburg-Vorpommern. – Ich danke recht zum Schluss das Kernanliegen, das Modellprojekt. Es herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. soll dazu dienen, den ländlichen Raum als Arbeitsort für Lehrer attraktiv zu machen. Wir haben gehört, es soll auf (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) zwei Jahre angelegt sein. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Wir wollen vor allem mit den Kommunen zusammenar- die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Kolbe. beiten. Die Ministerin hat es bereits gesagt, hier geht es darum, wie kann man günstig an Wohnraum kommen, Karsten Kolbe, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Präsiden- wie kann man günstig an Bauland kommen, wie kann tin! Meine Damen und Herren! Ich bin in der Schulpolitik man – und das ist vielleicht auch ein Gedanke dafür, sonst nicht unbedingt zu Hause, übernehme heute aber dass Vertreter der Kommunen in die Lehramtsseminare gerne für meine Kollegin Oldenburg die Rede zum vorlie- gehen und dort für den ländlichen Raum werben – zei- genden Antrag. gen, was gibt es dort für Möglichkeiten, was haben wir für Vereine, für Kulturmöglichkeiten. Vieles weiß man als Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in Mecklenburg- Student diesbezüglich nicht. Viele von uns waren selbst Vorpommern offensichtlich relativ. Und ja, Frau Hesse, mal Studenten, da kennt man noch nicht alle Regionen nicht nur Houston hat ein Problem, auch wir haben ein des Landes, deshalb ist das eine gute Aufgabe. Problem.

(Vincent Kokert, CDU: Das tragen (Andreas Butzki, SPD: wir ins Klassenbuch ein.) Das haben wir schon mal gehört.)

Es wäre auch gut, wenn man ein Netzwerk von Kommu- Seit vielen Jahren ist das Problem des Lehrkräfteman- nen bildet, die ähnliche Probleme haben, und die sich gels in unserem Land bekannt, dann gemeinsam aufmachen, um diese Probleme zu lösen, sich gemeinsam den Studierenden als attraktiver (Andreas Butzki, SPD: Welches Arbeitgeber vorstellen. Problem hat denn DIE LINKE?)

Nach langem Ringen haben wir zum Schluss vereinbart – doch diese Landesregierung redet darüber, was sie die Fahrtkostenzuschüsse für Lehramtsstudenten sind, schon alles getan hat. Diese Landesregierung redet glaube ich, hier ein ganz wichtiges Signal –, dass wir auch darüber, was alles nicht notwendig ist, weil es erleichtern, das schon gibt. Sie redet meistens mit sich selbst, damit sie es auch selbst verstehen, aber allein diese (Vincent Kokert, CDU: Selbstgespräche führen nicht dazu, dass der Lehrer- Ein kräftiges Signal!) mangel behoben wird. Lustig wird es bei diesen Selbstgesprächen aber dann, wenn Sie dabei etwas dass man in den ländlichen Raum kommt und hiermit die Neues erfahren. Aber das wird dann erst mal abge- Regionen zusätzlich attraktiv macht. lehnt. 58 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Unsere Vorschläge, die Rahmenbedingungen für Lehr- (Andreas Butzki, SPD: Nur dank der CDU!) kräfte zu verbessern, stehen seit Jahren im Raum. Sie kennen sie alle, aber der guten Ordnung oder weil Wie- Dank der CDU, ja, haben wir ja gehört von Herrn Reinhardt. derholung auch die Inhalte festigt, Jetzt greift man unseren Vorschlag auf, allerdings in (Andreas Butzki, SPD: Und zum Erfolg führen!) einem Modellprojekt, möchte ich sie noch einmal stichwortartig … (Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Und zum Erfolg führen gegebenenfalls, ja, das mag sein. begrenzt für zwei Jahre, im nächstmöglichen Schuljahr, Sehen wir mal! also frühestens 2019/2020. Nach Ablauf dieses Projektes will man erst mal schauen, ja, evaluieren. (Henning Foerster, DIE LINKE: Steter Tropfen!) Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, und da sind wir wieder beim Thema Zeit. Frühestens 2023/2024 – natür- Ich möchte diese noch mal kurz stichwortartig nennen. lich nur, wenn alles glatt läuft – hat die Landesregierung Wir haben gefordert: Ergebnisse und Erkenntnisse über das, was sie irgend- wann und irgendwie mal tun könnte. Aber bis dahin wür- – die Verkürzung der Unterrichtsverpflichtung für Lehr- de noch nichts gegen dieses Problem getan. Doch dann ist kräfte, die haben Sie abgelehnt, es zu spät, dann brauchen wir schon mehr als 700 Lehr- kräfte im Jahr, dann liegt das Kind bereits im Brunnen, – die Altersteilzeitmodelle für Lehrkräfte, abgelehnt, dann gibt es die kleinen Schulen auf den Dörfern man- gels Lehrkräften gegebenenfalls schon gar nicht mehr. – variable Stunden wegen Unterrichtsausfalls, von Ihnen leider auch abgelehnt, Aber anstatt sich mit den von uns vorgelegten und von Ihnen stets abgelehnten Vorschlägen zu beschäftigen, – Gehaltsanpassung für Grundschullehrer, gerade in erfindet die Landesregierung die sogenannte „Buschzu- der letzten Sitzung abgelehnt, lage“ und baut Potemkinsche Modelldörfer. Was soll das, frage ich Sie. Wie wollen Sie den bereits seit Jahren im (Torsten Renz, CDU: Da waren ländlichen Raum tätigen Lehrkräften, die durch mehr Sie aber sehr verkürzt jetzt hier.) Arbeit und persönliches Engagement die unbesetzten Lehrstellen ausgeglichen haben, erklären, warum sie – die Erhöhung der Vergütung der Schulleiterinnen und plötzlich Lehrkräfte zweiter Klasse sein sollen und neu Schulleiter, abgelehnt, eingestellte Lehrkräfte einen Zuschuss erhalten, nur, weil sie jetzt auch hier im Dorf arbeiten? (Torsten Renz, CDU: Sollen wir die Argumente noch mal bringen?) Übrigens – und da verwende ich mal die Worte der Lan- desregierung – bedarf es eines solchen Modellprojektes und, Herr Renz, nicht. So ein Projekt gibt es nämlich bereits. Die Uni Greifswald führt am Lehrstuhl Schulpädagogik ein sol- (Torsten Renz, CDU: So viel ches Projekt mit ähnlicher Zielrichtung bereits seit 2016 Redezeit habe ich gar nicht.) durch. Das beantragte Modellprojekt können Sie sich also sparen. Und: So ein Modellprojekt löst die beste- – auch die Erhöhung der Anrechnungsstunden für henden Probleme ohnehin nicht. Schulleiterinnen und Schulleiter, Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist schon zu (Torsten Renz, CDU: Ist abgelehnt.) viel Zeit vergangen. Wir können angesichts der Lehrkräf- tesituation nicht noch weitere Jahre warten. Deshalb ist leider abgelehnt. es immerhin ein Lichtblick, ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung, Ziemlich genau ein Jahr ist es her, da erklärte die Ministe- rin zu unserem Antrag bezüglich der Übernahme von (Torsten Renz, CDU: Ah! Fahrtkosten für schulpraktische Übungen im ländlichen Jetzt nähern wir uns langsam an.) Raum, ich zitiere dazu Frau Hesse: „Respekt, Frau Olden- burg, Sie schaffen es, einen sehr kleinen Punkt sehr groß dass Sie, wie bereits mehrfach von uns vorgeschlagen, darzustellen, nämlich die Fahrtkosten der Lehramtsstudie- renden zumindest in den Landkreisen Rostock und Vor- (Torsten Renz, CDU: pommern-Greifswald zu übernehmen. Davon verspricht Wir nähern uns langsam an!) sie sich ein stärkeres Interesse der künftigen Lehrkräfte am ländlichen Raum. Dadurch, dass wir die Fahrtkosten die Einstellungstermine vom Vorbereitungsdienst und die übernehmen, sollen wir also junge Menschen motivieren, Prüfungstermine an den Universitäten aufeinander ab- nicht in Rostock ein Praktikum zu machen, sondern bei- stimmen, anpassen und Nachreichfristen für Zeugnisse spielsweise in Dassow ein Praktikum zu machen. Das flexibler gestalten wollen. Das ist ein vernünftiger und bezweifle ich.“ Ende des Zitats damals von Frau Hesse. überfälliger Vorschlag und dem werden wir zustimmen.

Offensichtlich sind die Zweifel der Ministerin und auch Aber auch hier liegt der Teufel im Detail. Es ist bisher für die der Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen uns nicht nachvollziehbar gewesen, warum die Studie- allein durch Zeitablauf innerhalb eines Jahres ver- renden mit Doppelqualifikation von der Flexibilisierung schwunden. der Nachreichfristen ausgenommen werden sollten. Aber Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 59 hier haben Sie ja schon signalisiert, dass Sie das auf- besonders kleinere Schulen als Arbeitsort in der Lehrer- nehmen. gewinnung unterstützt, nicht erst geprüft wird, inwieweit das nächstmöglich aufgelegt werden kann, sondern wir (Torsten Renz, CDU: Wieder möchten, dass dieses Projekt verbindlich zum Schul- Zustimmung zu Ihrem Änderungsantrag.) jahr 2019/2020 aufgelegt wird. Ich denke, es gibt gute Gründe, genau das zu fordern, denn Sie beschäftigen Wieder Zustimmung zu einem Änderungsantrag, viel- sich nun schon seit Langem damit. Wir haben es gerade leicht ja auch mal zu einem ganzen Antrag, Herr Renz! gehört, schon seit einem Jahr alleine haben Sie über den Antrag der LINKEN nachgedacht. Von daher sind Sie im (Torsten Renz, CDU: Na ja!) Thema und Sie brauchen jetzt nicht wieder anfangen zu prüfen. Ich wüsste gar nicht, was Sie da noch prüfen Aber Sie arbeiten sich heran, ich merke das! wollen. Wenn man sich einen Termin setzt, der noch mal ein Jahr in der Zukunft liegt – das ist ja jetzt auch nicht (Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU) so, dass das Projekt morgen anfängt, sondern genau in einem Jahr, früher geht es sowieso nicht mehr –, sollten Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungs- wir wenigstens verbindlich festschreiben, dass in einem fraktionen, Jahr, nämlich zum Schuljahr 2019/2020, das Projekt auch startet. (Henning Foerster, DIE LINKE: Es muss aber erst ein Jahr vergehen dazwischen. – Das Zweite ist das Thema Fahrtkostenzuschuss. Ja, über Zuruf von Andreas Butzki, SPD) die beiden Anträge der LINKEN ist schon gesprochen worden. Die Landesregierung steigt darauf nur zaghaft wie gesagt, wir werden Ziffer I und Ziffer II.1 zustimmen, ein. Die BMV fordert, dass zumindest in diesem Modell- projekt der Fahrtkostenzuschuss gewährt wird. Punkt! (Torsten Renz, CDU: Wichtiger Antrag!) Wenn wir ein Modellprojekt haben, dann muss es einen gewissen Sinn haben, und es sollte so sein, dass man bei den anderen Punkten werden wir uns enthalten. solche Dinge ausprobiert.

Noch kurz zwei Worte zum Änderungsantrag der BMV: Daraus ergibt sich der dritte Punkt. Wir möchten einen Ich verstehe Ihren Ansatz, Herr Wildt, zu sagen, dass Sie Zwischenbericht schon nach einem Jahr haben, damit nicht ewig warten wollen und die Modellprojekte etwas man gegebenenfalls nachsteuern, nachjustieren kann, schneller machen wollen, aber wir hatten ja mal Helmut wenn sich Erkenntnisse ergeben, um das ganze Thema Holter hier, der Präsident der KMK war, der sagte, auch nicht unnötig zu verschleppen, denn das Modellprojekt die Überholspur ist links, und das gilt auch für die Besei- dient dazu, dass wir schneller werden, dass man Dinge tigung des Lehrermangels. beschleunigt und nicht Dinge verlangsamt, indem man immer noch mal prüft, und prüft, und prüft. Deswegen (Marc Reinhardt, CDU: bitte ich, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Ganz schnelle linke Spur war das.) Ihrem eigenen Antrag werden wir nicht zustimmen, weil Daher sagen wir ganz klar: Wir brauchen keine zeitfres- wir mehr Verbindlichkeit und Termine in diesem Thema senden Modellprojekte, sondern wir müssen aus den haben wollen. Deswegen werden wir uns an der Stelle Puschen kommen, fürs ganze Land Lösungen finden, enthalten. Aber ich glaube, es ist deutlich geworden, und deshalb werden wir Ihrem Änderungsantrag leider dass wir auf einem konstruktiven Weg sind und uns auch nicht zustimmen in diesem Punkt. – Vielen Dank. weiter darüber verständigen werden. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt. noch einmal für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Butzki. Bernhard Wildt, BMV: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Andreas Butzki, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mitbürger! Wir haben als Fraktion Bürger für Mecklen- Werte Kolleginnen und Kollegen! Alle Redebeiträge mei- burg-Vorpommern zu dem vorliegenden Antrag einen ner Vorredner haben gezeigt, dass alle Fraktionen die Änderungsantrag eingereicht und wer diesen Ände- Schulen im ländlichen Raum stärken wollen. rungsantrag durchgelesen hat, der konnte daraus ent- nehmen, dass wir im Großen und Ganzen mit dem An- (Zuruf aus dem Plenum: Jawoll.) trag der SPD und CDU einverstanden sind, sonst hätten wir einen umfangreicheren Änderungsantrag eingereicht. Es wird aber nicht einfach sein, es wird Geld kosten. Es Insofern muss ich sagen, die Rede von Herrn Butzki war wird nur klappen, wenn alle Partner an einem Strang tatsächlich gut, da kann ich zustimmen, auch von Frau ziehen. Hesse. Das Thema ist richtig erkannt. Ich glaube, das wussten wir auch schon vorher, denn wir haben im Bil- Ich muss auf die Rede von Herrn Kröger von der AfD dungsausschuss bereits darüber beraten, und zwar so- eingehen. Als Bildungsausschussvorsitzender hätte ich gar ziemlich ausführlich. von Ihnen ein bisschen mehr erwartet. Sie haben hier irgendeine Rede abgelesen, es gab keine substanziellen Trotzdem haben wir drei Änderungsvorschläge. Das eine Vorschläge, um das Problem zu lösen. ist, dass wir möchten, dass bei der Einführung eines Modellprojektes im ländlichen Gestaltungsraum, welches (Torsten Renz, CDU: So ist es.) 60 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Sie haben einfach nur gesprochen, Geld, Geld, Geld. Es (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD wird nicht eine Frage des Geldes sein. und Marc Reinhardt, CDU)

(Zuruf aus dem Plenum: Geld, Geld, Geld!) Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- gen liegen mir nicht vor. Ich schließe die … Die Lehrer werden ausscheiden, das Geld wird zur Ver- fügung stehen und über das Geld kann man ohne Prob- (Marc Reinhardt, CDU: Doch! Doch! – leme die Kollegen einstellen. Der Abgeordnete Horst Förster bittet um das Wort.) Das Problem sind Köpfe. Man muss die Leute hier her- bekommen und dazu dienen die Maßnahmen. Wir haben Die liegt mir nicht vor, aber wenn es eine Wortmeldung es vorhin schon gehört, in den größeren Städten wird das sein soll, dann erteile ich für die Fraktion der AfD dem nicht das Problem sein. Wo es die Infrastruktur gibt, wo Abgeordneten Herrn ... man relativ schnell nach Berlin oder nach Hamburg kommt oder im Umfeld der Universitätsstädte wird es (Torsten Renz, CDU: Kann sich jetzt jeder hier nicht das Problem sein. im Saal einfach melden, oder was? Er kann doch nicht einfach nur sagen, hier, bitte. – (Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE) Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Die Gemeinden vor Ort müssen Ideen entwickeln, um Herr Förster erhält für die Fraktion der AfD jetzt das Wort. junge Leute in die kleinen Dörfer und in die kleineren Bitte schön. Städte zu bekommen und vor allen Dingen diese auch zu halten. Die Kommunen müssen gut sanierte und gut (Peter Ritter, DIE LINKE: ausgestattete Schulen vorhalten. Wenn sie in den ländli- Ausnahmsweise mal, weil es so warm ist.) chen Raum gehen, dann werden Sie sehen, dass die Schulen oftmals gut durchsaniert sind. Ich kann das nur Horst Förster, AfD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wer- von meinem Landkreis sagen, dass viele Schulen dort te Abgeordnete! Liebe Gäste! Ich will, da Schulpolitik in sehr gut saniert sind. Der Landkreis muss einen guten der Tat nicht mein Thema ist, nur ganz kurz Stellung ÖPNV vorhalten. Das ist auch eine ganz wichtige Sache. nehmen. Es wundert mich außerordentlich, den Hochmut Das Land muss die Gemeinden entsprechend unterstüt- feststellen zu müssen, zen. Das, das haben wir gehört, liegt vor. Den Lehrern müssen attraktive Angebote und berufliche Perspektiven (Zurufe aus dem Plenum: Oooh!) angeboten werden. mit dem die Große Koalition hier diesen Modellversuch Dieser Koalitionsvertrag dient dazu, neue und andere verkündet und jeden, der da Kritik übt, versucht fertigzu- Maßnahmen zu entwickeln. Dabei gilt es, auch unkon- machen. ventionelle Wege zu gehen. Die Schulen im ländlichen Raum, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, stehen (Marc Reinhardt, CDU: im Konkurrenzkampf mit den anderen Kommunen hier Kritik kann man immer üben, aber bei uns im Land, aber ebenso mit den Kommunen in den man muss auch Vorschläge machen.) anderen Bundesländern. Jeder Verantwortliche in den Dörfern und den kleineren Städten muss sich fragen: Wie Das einzig Konkrete ist der Antrag zu Punkt I, nämlich kann ich die Lehrerinnen und Lehrer in die heimische die Einstellungstermine den Prüfterminen anzupassen. Schule bekommen? Das ist das einzig Konkrete.

Maßnahmen, wir haben es gehört, sind Fahrtkosten- Dann beschließen Sie, zu einem Thema, was seit Jahren zuschüsse für Studierende oder Referendarinnen und schon brennt, einen Modellversuch zu starten, ohne den Referendare, kostengünstige Übernachtungsmöglichkei- auch nur irgendwo konkret festzumachen. ten und, was auch immer vergessen wird, passende Stunden- und Hospitationspläne bei längeren Anreise- (Marc Reinhardt, CDU: Dann haben wegen. Wenn die Schule um halb acht losgeht, der Bus Sie schlecht zugehört in der Debatte.) oder die Bahn aber erst um dreiviertel acht da ist, muss man auch in dieser Hinsicht flexibel sein. Lehrereinstel- Sie wollen den Nahverkehr ändern, Sie wollen dafür sor- lungstermine, Zulagen als Anreiz, interessante Grundstü- gen, dass dort die Schulen sind. Was noch? Die Infrastruk- cke zum Eigenheimbau, Kita vor Ort und natürlich tur, Digitales, die Internetausstattung, das soll alles sein. schnelles Internet, das werden wichtige Sachen sein. (Manfred Dachner, SPD: Ist das Ich will hier nicht alle klugen Vorschläge wiederholen. Wir falsch? Ist das denn falsch?) erwarten von der Landesregierung und von der IMAG weitere Vorschläge und regelmäßige Berichterstattung in Das kriegen Sie doch nicht in diesem kurzen Paket fertig. den Ausschüssen. Ich würde das hier nicht im Jahr quali- fizieren, da soll regelmäßig im Bildungsausschuss berich- (Andreas Butzki, SPD: Da läuft doch tet werden. schon eine ganze Menge seit 2014.)

Wir werden den Änderungsantrag der BMV ablehnen, Ja, gut, wenn das alles schon läuft, dem Änderungsantrag der LINKEN zustimmen. Wir brau- chen Lehrerinnen und Lehrer, besonders im ländlichen (Andreas Butzki, SPD: Na klar läuft das!) Raum. Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. wenn das alles schon läuft. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 61

Ihr Modellprojekt, das Sie hier nennen, ist nicht mehr als Das ist so unterirdisch, was Sie hier vorgetragen haben, dieses Wort. Da kann genauso gut stehen, wir wollen uns vorzuwerfen, wir würden uns keine Gedanken darum dafür sorgen, dass der ländliche Raum mit Lehrern ver- machen, wie wir die Lehrerinnen und Lehrer in den länd- sorgt wird. lichen Raum bekommen. Das ist völlig absurd, was Sie hier vorgetragen haben. (Andreas Butzki, SPD: Ach Quatsch! – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU) (Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Horst Förster, AfD: Wie Sie das hier so abtun, Das war inhaltsleer.)

(Andreas Butzki, SPD: Was Sie vorgetragen haben, ist inhaltsleer. Das ist Quatsch!) Ich möchte, wenn man daran Kritik übt, und Herr Krüger nichts ande- res weiß, (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Eva-Maria Kröger, DIE LINKE) (Andreas Butzki, SPD: Sie haben doch keinen einzigen Vorschlag gemacht! ich möchte einfach noch mal kurz Revue passieren las- Keinen einzigen Vorschlag!) sen, was Herr Kröger vorgetragen hat, nämlich gar nichts. Er hat sich kritisch mit einem Antrag auseinander- als ständig dazwischenzurufen, es würden von uns gesetzt, hat keine eigenen Vorschläge gemacht, und dann werfen Sie uns Inhaltsleere vor. Das ist echt der (Andreas Butzki, SPD: Und hier auch nicht. – Hammer! Wenn Sie sich ein bisschen informiert hätten, Zuruf von Marc Reinhardt, CDU – wüssten Sie, dass es die ländlichen Gestaltungsräume Glocke der Vizepräsidentin) längst gibt, Sie wüssten auch, dass wir uns darüber Ge- danken machen, wie wir diese ländlichen Gestaltungs- keine konkreten Vorschläge gemacht, wenn Sie einen räume nach vorne bringen, und das machen wir verant- Vorschlag machen, einen Antrag stellen, dann müssen wortungsbewusst in dieser Landesregierung. Sie konkrete Vorschläge machen Sie haben doch hoffentlich gemerkt, dass LINKE, BMV, (Andreas Butzki, SPD: Haben wir.) CDU, SPD, wir alle uns einig sind, wir müssen etwas tun. Es ist doch total richtig, das modellhaft auszuprobieren, und sonst erst mal niemand. Im Übrigen haben wir Vor- denn wir brauchen die kommunale Ebene, die uns dabei schläge gemacht. hilft. Das dürfen Sie doch nicht vergessen! Wir brauchen die Städte und Gemeinden, die Dörfer im ländlichen Gerade DIE LINKE hat ausgeführt, welche konkreten Raum, die uns dabei unterstützen. Anträge gestellt waren, (Zuruf von Horst Förster, AfD) (Zuruf von Andreas Butzki, SPD) Das können wir nicht verordnen, sondern dafür brauche die Sie auch alle abgelehnt haben, bis auf einen Punkt, ich eine Vereinbarung mit denen. Ich brauche eine Ver- Fahrtkostenerstattung zu übernehmen, wobei das Prob- einbarung mit dem Städte- und Gemeindetag, ganz lem schon sichtbar ist, dass das zu einer Ungleichbe- konkret mit den Städten, mit den Dörfern, mit den Ge- handlung führen wird. meinden im ländlichen Raum. Die sind es, die wir brau- chen – für Baugrundstücke, für den Kitaplatz, für andere Also der Punkt nochmals: Es ist unglaublich, wie Sie hier Maßnahmen, die wichtig sind, um die Attraktivität zu auftreten steigern. Ich brauche den Bürgermeister vor Ort, der mir hilft. Das abzutun als eine irrwitzige Idee, als etwas, das (Thomas Krüger, SPD: Sie! Sie!) inhaltslos ist, finde ich, ehrlich gesagt, absolut unterir- disch. Insofern kann ich nur sagen, das war nix! und sachliche Kritik versuchen runterzumachen. – Vielen Dank. (Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Andreas Butzki, SPD: Das ist jetzt auch Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat überhaupt kein Beitrag gewesen.) noch einmal für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Reinhardt. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat noch einmal die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Marc Reinhardt, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kultur Frau Hesse. Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ministerin Birgit Hesse: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Förster, man kann das natür- Sehr geehrte Damen und Herren! lich so machen, wie Sie das hier gemacht haben, man muss das aber nicht so machen. Niemand von uns hat Herr Förster, zu dem, was Sie hier gerade vorgetragen etwas dagegen, wenn hier Kritik geäußert wird. Das ist haben, fällt mir wirklich gar nichts mehr ein. ganz normal und das machen wir ja auch wechselseitig. Aber da Sie Richter sind und da ich auch mal ein juristi- (Andreas Butzki, SPD: Nee. – sches Studium hatte, habe ich gelernt, der Blick ins Ge- Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) setz erleichtert die Rechtsfindung. 62 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Ich rate Ihnen, mal in die Verfassung des Landes Meck- (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – lenburg-Vorpommern zu gucken. Da steht drin, was die Zuruf von Marc Reinhardt, CDU) Aufgabe der Opposition ist. Die Aufgabe der Opposition ist es nicht nur, Kritik zu üben. Es ist unter anderem auch Das geht gar nicht, weil das Kardinalproblem daran ist, die Aufgabe der Opposition, Alternativen zu entwickeln dass die Zeit nicht mehr da ist, dieses Programm umzu- und eigene Vorschläge zu unterbreiten. Das hat Herr setzen. Kröger hier nicht mit einem einzigen Satz gemacht. Des- halb war das ein ganz unterirdischer Beitrag, deshalb wird (Beifall Horst Förster, AfD) das von uns zu Recht kritisiert und deshalb, glaube ich, das, was Sie hier gesagt haben, steht Ihnen nicht zu. – Es ist einfach das Zeitproblem. Das wird hier immer aus- Vielen Dank. geblendet.

(Beifall vonseiten der Fraktionen Es ist so, wie ich sagte. Das, was in einer Laufzeit von der SPD und CDU) zwei Jahren an Erkenntnissen hier gewonnen werden kann über dieses Programm, das kann nicht mehr umge- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Also, meine sehr ge- setzt werden, weil die Haushaltsdebatten, die dafür not- ehrten Damen und Herren, bevor das hier mit dem Was- wendig sind, diese kostentragenden Punkte umzusetzen, serglas noch komödiantische Züge annimmt, dann schon ein halbes Jahr abgeschlossen sind. Fertig!

(allgemeine Heiterkeit) (Marc Reinhardt, CDU: Warum bringen Sie denn keinen Nachtragshaushalt ein?) bitte ich doch darum, wenn einer meint, es austrinken zu wollen, möge er das Glas mitnehmen, möge es austrin- Sachen, die die Legislaturperiode überdauern, werden ken und es dann dort hinten den Damen, die hier immer leider Gottes aufgrund der Geschäftsordnung ausge- unsere Gläser tauschen, zur Verfügung stellen. bucht. Das ist das Kardinalproblem dieses Antrags und deswegen gibt es zu diesem Antrag auch keine Möglich- (Vincent Kokert, CDU: Immer neue Aufträge! – keit, irgendwelche Ergänzungen zu machen. – Vielen Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU) Dank.

Ich glaube, dann können wir uns vielleicht zukünftige (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Aktionen in dieser Richtung ersparen. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat Da mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vorliegen ... jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz.

(Der Abgeordnete Jörg Kröger (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – bittet um das Wort.) Peter Ritter, DIE LINKE: Na, das hätte mich ja jetzt auch gewundert!) Doch, Herr Kröger. Torsten Renz, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird doch AfD der Abgeordnete Herr Kröger. noch etwas grundsätzlicher.

(Zurufe vonseiten der Fraktion DIE LINKE: Oh! – Herr Kröger, Sie haben eben gesagt, was das Kardinal- Thomas Krüger, SPD: Jetzt kommen problem ist. Das war Ihre Analyse. Ich will Ihnen sagen, die Vorschläge!) was das Problem ist: Die AfD hat keine Bildungspolitiker. Das ist das eigentliche Kardinalproblem. Sie haben mal Jörg Kröger, AfD: Vielen Dank, Frau Präsidentin! einen einzigen gehabt. Herr Weber, Sie brauchen nicht mit dem Kopf zu schütteln. Gehen Sie doch mal Ihre Reihen Liebe Abgeordnete, jetzt noch einmal ganz kurz: In der durch! Ich will nicht sagen, dass man Dinge nicht auch letzten, erlernen kann, aber mir ist nur ein einziger AfD-Politiker bekannt, der was mit Bildung zu tun gehabt hat, das war (Zurufe vonseiten der Fraktionen ein Herr Löwe, der SPD und CDU: Nee, Vorschläge!) (Heiterkeit und Zuruf von in der letzten Landtagssitzung wurde ein umfassendes Thomas de Jesus Fernandes, AfD) Programm zur Beseitigung des Lehrermangels – ein Antrag von uns – abgelehnt, mit Bausch und Bogen ab- Und, das werden Sie wissen, der war eine gewisse Zeit gelehnt. bei Ihnen Sprecher, der hat immer schon versucht, zwei-, dreimal, das Handtuch zu schmeißen. Irgendwann war (Zuruf von Vincent Kokert, CDU) das Maß voll, das war im April 2017 – er war Direktkan- didat Ihrer Partei –, und dann hat er alles niedergelegt, Der war in der letzten Landtagssitzung dran. So, Punkt! nicht nur die Kandidatur, sondern er ist aus der Partei Von wegen keine Vorschläge! Zu diesem Vorschlag, ausgetreten.

(Christian Brade, SPD: (Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) Das sind noch keine Vorschläge!) Seitdem ist mir kein AfD-Mitglied mehr bekannt, das zu diesem Antrag der Koalitionsparteien hier heute kann ernsthaft Bildungspolitik betreibt. Ich glaube, das ist ein man auch keine Alternativvorschläge machen. Kardinalproblem, Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 63

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, über die Ziffern I sowie II Nummern 1 bis 5 einzeln abzustimmen. und nicht, dass wir hier Anträge vorlegen, die sich mit der Gestaltung der Bildung in diesem Lande befassen. Ich rufe auf die Ziffer I des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2161. Wer dem zuzu- Wenn es um Inhalte geht, gerade, wenn es Ihre Fraktion stimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – betrifft, kommt man immer sehr weit, indem man in Ihr Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit Wahlprogramm guckt. Darin haben Sie tatsächlich drei ist die Ziffer I des Antrages der Fraktionen der SPD und Seiten zum Thema Bildung aufgeschrieben. Aber das, CDU auf Drucksache 7/2161 mit den Stimmen der Frak- was wir heute hier diskutieren, diesen Lehrerbedarf ins- tionen von SPD, CDU, DIE LINKE und AfD, bei Stimm- besondere mit Blick auf den ländlichen Raum, das gibt es enthaltung der Fraktion der BMV angenommen. bei Ihnen als Thema nicht, und deswegen ist es logisch, dass Sie versuchen, sich möglichst gut genug zu verkau- Ich rufe auf die Ziffer II.1 des Antrages der Fraktionen der fen, indem Sie gar nichts sagen. SPD und CDU auf Drucksache 7/2161.

(Heiterkeit bei Vincent Kokert, CDU) Hierzu lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2203 abstimmen. Wenn man einen Punkt sucht und versucht, ihn ansatz- Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein weise mit dem ländlichem Raum in Verbindung zu brin- Handzeichen. – gen, dann, will ich sagen, ist es das Thema „Grund- schulen erhalten“. Wenn ich Ihren Lösungsvorschlag (Heiterkeit bei Ministerin Stefanie Drese aus dem Wahlprogramm 2016 mir mal genauer an- und Andreas Butzki, SPD – schaue – und 2016 ist ja noch nicht so lange her, also Ministerin Stefanie Drese: Oh, einstimmig! – davon gehe ich aus, das ist immer noch Ihre aktuelle Andreas Butzki, SPD: Einstimmig!) Politik –, dann sagen Sie, Ihre Partei oder Fraktion hält es insbesondere für Grundschüler für wichtig, das Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit Schulangebot wohnortnah zu erhalten. Und dann ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf kommt Ihr eigentlicher Lösungsvorschlag: Abschaffung Drucksache 7/2203, wie bereits festgestellt, einstimmig der Schulleitung und eine Außenstelle soll es dann angenommen. werden. Ganz konkret sagen Sie: „Um den Aufwand zu minimieren, können die Standorte als Abteilungen grö- (Zurufe vonseiten der ßerer Schulverbände mit einer zentralen Schulleitung Fraktion DIE LINKE: Oi, joi, joi!) organisiert werden.“ Wer der Ziffer II.1 mit den soeben beschlossenen Ände- (Vincent Kokert, CDU: Aha!) rungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthal- Das ist alles, tungen? – Damit ist die Ziffer II.1 mit den soeben be- schlossenen Änderungen mit den Stimmen der Fraktio- (Zuruf von Vincent Kokert, CDU) nen von SPD, CDU, DIE LINKE und AfD, bei Stimment- haltung der Fraktion der BMV angenommen. was Sie hier zum Thema Bildungspolitik im ländlichen Raum beitragen. Ich rufe auf die Ziffer II.2 des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 7/2161. (Vincent Kokert, CDU: Das muss man noch mal nachlesen.) Hierzu lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2200 abstimmen, Dann müssen Sie uns nicht den Vorwurf machen, wenn soweit er die Ziffer II.2 betrifft. Wer dem zuzustimmen wir mit Blick in die Zukunft gerichtet hier Modellprojekte wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die auf den Weg bringen wollen, sondern vor Ihrer eigenen Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist Haustür kehren. Sie haben, wie es mein Kollege Rein- der Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksa- hardt ausgeführt hat, als Opposition auch den Auftrag, che 7/2200, soweit er die Ziffer II.2 betrifft, bei Zustim- und das ist auch gut so, dass es so ist, hier alternative mung der Fraktion der BMV, ansonsten Ablehnung abge- Vorschläge zu machen. lehnt.

(Vincent Kokert, CDU: Richtig! Wer der Ziffer II.2 des Antrages der Fraktionen von SPD Alternativen wollen wir sehen!) und CDU zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimm- Das sollte Ihnen normalerweise, wenn es um Inhalte enthaltungen? – Damit ist die Ziffer II.2 des Antrages der geht, aufgrund Ihres Namens nicht allzu schwer fallen. – Fraktionen von SPD und CDU auf Drucksache 7/2161 Danke schön. mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE und BMV (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Ablehnung der Fraktion der AfD angenommen. und Thomas Krüger, SPD) Ich rufe auf die Ziffer II.3 des Antrages der Fraktionen der Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- SPD und CDU auf Drucksache 7/2161. gen sehe ich jetzt nicht. Von daher schließe ich die Aus- sprache. Hierzu lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2200 abstimmen, Wir kommen zur Abstimmung. soweit er die Ziffer II.3 betrifft. Wer dem zuzustimmen 64 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist zum Thema der Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksa- Wiedervernässung nicht um jeden Preis! che 7/2200, soweit er die Ziffer II.3 betrifft, bei Zustim- mung der Fraktion der BMV, ansonsten Ablehnung abge- Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit lehnt. einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so Wer der Ziffer II.3 des Antrages der Fraktionen von SPD beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. und CDU zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimm- Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete enthaltungen? – Damit ist die Ziffer II.3 des Antrages der Herr Strohschein. Fraktionen von SPD und CDU bei Zustimmung der Frak- tionen von SPD und CDU, Stimmenthaltung der Fraktio- Jürgen Strohschein, AfD: Sehr geehrte Frau Präsiden- nen DIE LINKE und BMV sowie Ablehnung der Fraktion tin! Bürger und Abgeordnete! Die AfD ist nicht generell der AfD angenommen. gegen jede Wiedervernässung. Als gelungenes Beispiel kann man die Wiedervernässung des Galenbecker Sees Ich rufe auf den Ziffer II.4 des Antrages der Fraktionen betrachten. Man muss wissen, dass der Galenbecker See der SPD und CDU auf Drucksache 7/2161. mit seiner Wasserfläche circa einen Meter über dem Ni- veau der umliegenden Wiesen liegt. Dieser Unterschied Hierzu lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der kam durch Meliorationsmaßnahmen im Laufe der Jahr- Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2200 abstimmen, zehnte zustande, wodurch ein Absacken der Moorwiesen soweit er die Ziffer II.4 betrifft. Wer dem zuzustimmen bewirkt wurde. Durch den Bau eines Deiches ist eine wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Vernässungsfläche von circa 560 Hektar entstanden. Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist Jetzt sind auch wieder mehr Wasservögel auf dem See. der Änderungsantrag der Fraktion der BMV auf Drucksa- Für diese Vögel hat sich das Nahrungsangebot durch che 7/2200, soweit er die Ziffer II.4 betrifft, bei Zustim- mehr Wasserpflanzen verbessert. mung der Fraktionen der BMV, ansonsten Ablehnung abgelehnt. In meiner Kleinen Anfrage hatte ich die Frage gestellt, ob die umliegenden Wiesen auch dementsprechend ent- Wer der Ziffer II.4 des Antrages der Fraktionen von SPD wässert wurden. Diese Frage wurde mit Ja beantwortet, und CDU zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um obwohl der ansässige Betrieb das Gegenteil behauptet. ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimm- Wenn das wirklich der Fall ist, so könnte eine bessere enthaltungen? – Damit ist die Ziffer II.4 mit den Stimmen Melioration des Grünlandes ja immer noch erfolgen. Die der Fraktionen von SPD und CDU, Stimmenthaltung der AfD steht auf dem Standpunkt, dass ausgetrocknete oder Fraktionen DIE LINKE und BMV sowie Ablehnung der im Wasserstand reduzierte Teiche und Seen durch Um- Fraktion der AfD angenommen. verlegung wiedervernässt werden könnten, allerdings nur dort, wo es auch geologisch möglich ist. Auch kleinere (Andreas Butzki, SPD: Flächen könnten vernässt werden. Herr Kramer hat sich enthalten. – Peter Ritter, DIE LINKE: Er wird zwar Als Negativbeispiel möchte ich die wiedervernässte Flä- nicht wissen, warum, aber …) che zwischen Rosenhagen und Anklam Kamp anführen. Hier sind circa 1.500 Hektar überflutet. In diesem Gebiet Bei einer Stimmenthaltung der Fraktion der AfD. befand sich ein Eichenwald von 1.260 Hektar, der ein ausgezeichneter Sauerstoffspender war. Viele Eichen Wer der Ziffer II.5 des Antrages der Fraktionen der SPD sind schon umgefallen. Die restlichen Bäume, die noch und CDU auf Drucksache 7/2161 zuzustimmen wünscht, stehen, sehen aus wie im Geisterwald. Diese Flächen den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenpro- waren ein reichhaltiges Kreuzottergebiet. Kreuzottern be. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Zif- haben im Artenschutz einen hohen Stellenwert. Aus fer II.5 des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU naturschutzrechtlichen Gründen hätte diese Gebiet nicht auf Drucksache 7/2161 mit den Stimmen der Fraktionen vernässt werden dürfen. von SPD, CDU und BMV, bei Stimmenthaltung der Frak- tion DIE LINKE und Ablehnung der Fraktion der AfD (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) angenommen. Im Randbereich liegen zwei Wohngrundstücke, die von Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf dieser Wiedervernässungsfläche eingeschlossen sind. Drucksache 7/2161 mit den soeben beschlossenen Än- Der Ort Rosenhagen liegt unmittelbar in der sogenannten derungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um Suchkulisse für das LIFE-Projekt. Die Folge ist ein erhöh- ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Gibt es Stimm- ter Grundwasserspiegel, der die Keller der Bewohner enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der volllaufen lässt. Durch die Mückenplage im Sommer ist SPD und CDU auf Drucksache 7/2161 mit den soeben eine Erholung im Freien nicht möglich. Eine Entschädi- beschlossenen Änderungen mit den Stimmen der Frakti- gung für die Wertminderung ihrer Grundstücke wurde der onen von SPD und CDU, bei Stimmenthaltung der Frak- ansässigen Bevölkerung nicht gezahlt. tionen DIE LINKE und BMV sowie Ablehnung der Frakti- on der AfD angenommen. Durch das LIFE-Projekt sollen weitere Flächen bis zu einem für Watvögel idealen Wasserstand vernässt wer- Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Aussprache den. Dass die Bürger gegen dieses Projekt schwere gemäß Paragraf 43 Ziffer 2 der Geschäftsordnung des Bedenken äußern, ist aus Sicht der AfD sehr verständ- Landtages zum Thema „Wiedervernässung nicht um lich. Die Wiedervernässung mit dem Ziel der Schaffung jeden Preis!“. von Lebensraum für Watvögel und von Rastplatzen für Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 65

Zugvögel wird von Umweltverbänden und Politik als zurückverfolgen, das Moorschutzprogramm des Landes Erfolg von hohem ökologischen Nutzen gefeiert. Dass Mecklenburg-Vorpommern komplett umgestellt. Es geht hier vorher andere Arten wie Bodenbrüter und Niederwild nicht mehr um die pauschale Vernässung, sondern es zu Hause waren, davon ist keine Rede mehr. geht immer um den Grundsatz der Freiwilligkeit – Punkt eins: Freiwilligkeit – und den Ort, wo es uns den größten Außerdem vorgetragene Argumentationen, durch die Effekt bringt. Ich werde darauf aber näher eingehen. Bildung von Torf würde Kohlendioxid gebunden, halten wir für sachlich falsch. Um eine Torfbildung zu erreichen, Es muss immer wieder gesagt werden, auch für die müssen weitere Voraussetzungen gegeben sein. In meiner nachfolgenden Generationen, wenn wir den nachfol- Heimat haben sich zwei Moorwiesen seit circa 50 Jahren genden Generationen keine intakte Umwelt hinterlas- selbstständig vernässt. Torf wächst bekanntlich einen sen, wird man uns irgendwann Fragen stellen, warum Millimeter im Jahr. Demnach müssten ja circa fünf Zen- wir bestimmte Maßnahmen nicht eingeleitet haben. Und timeter vorhanden sein. Tatsächlich ist außer Faul- wenn Sie den Klimawandel leugnen – das haben Sie ja schlamm nichts weiter entstanden. Aus diesen Moorwie- wieder angedeutet –, dann muss man der Wissenschaft sen tritt sehr viel Methan aus, dem – nach Ihrer Theorie ja auch wirklich mal ein bisschen Glauben schenken. natürlich, nicht nach unserer – eine 23-fach stärker schä- Versuchen Sie das bitte mal! Ich glaube schon, das sage digende Wirkung beim Klimawandel als CO2 zugeschrie- ich auch voller Stolz, wir haben eine Exzellenzforschung ben wird. Wären diese Standorte Grünland, was als Fut- am Standort Greifswald mit der Moorforschung. Wir sind ter verwendet wird, dann könnten die Umsetzungspro- weltweit als Vorzeigeobjekt in Mecklenburg-Vorpommern dukte letztlich in einer Biogasanlage genutzt werden. mittlerweile bekannt. Die Wissenschaftler, die in Meck- Dadurch würde nahezu weniger Methan freigesetzt. Die lenburg-Vorpommern tätig sind und auch darüber hinaus, aus Ihrer Sicht so massive Belastung der Atmosphäre schreiben unsere Konzepte mittlerweile. In Niedersach- würde wirkungsvoll verringert. Laut Ihrer Auffassung vom sen können Sie sich das anschauen, in Schleswig- Klimawandel dürfte es deshalb gar keine Wiedervernäs- Holstein, in Weißrussland oder in anderen Regionen sung geben. Ihre politischen Ziele widersprechen sich in dieser Erde werden unsere Konzepte übernommen. diesem Punkt auf eklatante Weise. (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) Als weiterer Gesichtspunkt dieser Thematik bleibt festzu- stellen, dass Wiedervernässung beziehungsweise aus- Insofern ist Mecklenburg-Vorpommern eines der moor- bleibende Entwässerung unsere Straßeninfrastruktur reichsten Länder Deutschlands oder das moorreichste gefährdet. Das betrifft nicht nur das Desaster bei der Bundesland in Deutschland, nämlich mit 291.361 Hektar. A 20, sondern auch den absinkenden Grund im Bereich Das sind 12,6 Prozent der Landesfläche, die in Mecklen- der Zecheriner Brücke. Diesen Gesichtspunkt bestreiten burg-Vorpommern insbesondere durch Niedermoor cha- Sie nach wie vor. Der Einbruch der A 20 in das dortige rakterisiert sind. Das ist, finde ich, schon eine beeindru- Fließmoor war auch Objekt einer Wiedervernässung. ckende Zahl, welche aber im Kontext der Frage der Wie- Durch den seit rund 200 Jahren erfolgten Wechsel der dervernässung um jeden Preis steht. Da sage ich in aller physikalischen Beschaffenheit – erst Entwässerung, dann Deutlichkeit: Das machen wir nicht, das habe ich niemals nach 1995 Wiedervernässung – wurde die Tragfähigkeit gemacht und das werde ich auch nicht tun! des Untergrunds so weit gemindert, dass die Regenfälle im Herbst 2017 zur Unterspülung und dann zum Grund- Meine Damen und Herren Abgeordnete der AfD, allein bruch führen konnten. Es ist möglich, dass hier mehrere aus dieser Überschrift spricht heraus, dass Sie den aktu- Faktoren eine Rolle gespielt haben: zum einen zu kurze ellen Umgang mit diesem Thema absolut nicht kennen. und zu schwache Stützpfeiler, die nur zur zusätzlichen Stabilität gedacht waren, zweitens die Wiedervernässung (Torsten Renz, CDU: Bei dem Thema auch?) und drittens die starken Niederschläge 2017, durch schlech- te Entwässerung, was ein Abrutschen des aufgeschütte- Sie müssen noch mehr lesen! Sie müssen sich ein Stück- ten Bodens für die A 20 ermöglichte. Ob das nicht ab- chen mit den Konzepten aus der Vergangenheit, die wir sehbar gewesen ist und deshalb das Bauverfahren von entwickelt haben, auch auseinandersetzen. Lassen Sie vornherein als falsch gewertet werden muss, wird dann mich insofern noch mal kurz darauf eingehen. Ich habe das Gutachten ergeben. es ja anfangs schon getan.

Die AfD befürwortet eine Wiedervernässung, also dort, (Zuruf von Jürgen Strohschein, AfD) wo sie angebracht ist, sonst ganz klar nicht! Der Umgang mit den Mooren birgt natürlich Konfliktpo- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) tenzial. Wenn man in der DDR großgeworden ist – und Sie sind es, ich bin es auch –, dann weiß man, dass die Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat Komplexmelioration natürlich schwere Schäden in der der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Back- Landschaft angerichtet hat. Aber worum ging es eigent- haus. lich? Darum, die Ernährungssituation – da waren wir heute Morgen schon mal bei Europa – nach dem Zweiten Minister Dr. Till Backhaus: Sehr geehrte Frau Präsiden- Weltkrieg in der DDR abzusichern. Im Übrigen, auch tin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! unsere Brüder und Schwestern im Westen haben die Ich könnte die Rede kurz machen, Herr Strohschein. hervorragendsten Produkte aus der DDR bekommen. Ich Genau das, was Sie im letzten Teilsatz gesagt haben – hoffe, Sie wissen das noch. Ein Westpaket habe ich im etwas anderes machen wir auch gar nicht. Ich gehe jetzt Übrigen, Herr Weber, seit vielen Jahren nicht mehr be- noch mal darauf ein. kommen.

Als ich 2006 das Umweltministerium übernommen habe, (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – habe ich im Übrigen, wenn Sie das ein bisschen mit Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) 66 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Ist vielleicht angekommen. Von Ihnen will ich auch gar Im Übrigen, in der Vergangenheit ... keins haben. Ja, sehen Sie, dann müssen Sie noch mal in die Grund- (Heiterkeit vonseiten der Fraktionen schule zurück und müssen vielleicht noch mal von vorne der AfD und BMV – Dr. Ralph Weber, AfD: anfangen. Ich habe keines bekommen.) (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) So ist es richtig, genau so. Insofern will ich Ihnen auch noch mal andeuten, 99 Pro- Aber wir müssen natürlich auch berücksichtigen, dass zent der Moore in Mecklenburg-Vorpommern sind quasi diejenigen – und bei denen haben Sie sich ja wahr- in der Vergangenheit durch die menschliche Nutzungs- scheinlich wieder informiert –, dass diejenigen, die früher form vernichtet worden und damit trockengelegt worden. mal in der Melioration gearbeitet haben, ihr Lebenswerk Diese Trockenlegung bewirkt natürlich auch, dass der jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auch an die Grenzen ausgetrocknete Torf sich langsam umgesetzt hat und die geführt haben, weil sie die Degradation dieser Flächen Trockenlegung damit zum Teil dramatische Folgen für vorgenommen haben. die nachfolgenden Generationen heraufbeschwört.

Sie haben richtigerweise zum Glück auch gesagt, dass Im Übrigen sind die Zahlen wissenschaftlich belegt: 6,2 Milli- das Moor um einen Millimeter wächst. Wir können fest- onen Tonnen – 6,2 Millionen Tonnen, ich sage es noch stellen, dass die Niedermoore in Mecklenburg-Vorpom- mal – von knapp 17 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten mern in den letzten Jahrzehnten um einen Meter – um kommen aus der Umsetzung des Niedermoors in Meck- einen Meter! – in Mecklenburg-Vorpommern degradiert lenburg-Vorpommern. Das ist mehr, als der Automobil- worden sind, also gefallen sind, verbraucht worden sind. verkehr, und mehr, als die gewerbliche Wirtschaft aus- Deswegen ist es auch so, dass wir natürlich während der stößt. Das ist der Beitrag der Niedermoore zur Nega- langjährigen Nutzung – die Landwirte unter uns werden tiventwicklung in diesem Bereich. Bitte nehmen Sie das das hoffentlich bestätigen – auch auf den Niedermoorflä- doch endlich mal zur Kenntnis! chen gute Erträge gehabt haben, aber auf Kosten der Natur und auf Kosten der Umsetzung, wenn man es so (Dr. Ralph Weber, AfD: So viel zum will, der CO2-Äquivalente. menschengemachten Klimawandel!)

Es hat natürlich in der Forstwirtschaft eine aktive Nutzung Und zweitens, das haben Sie auch angedeutet, der Bo- stattgefunden und in der Land- und Ernährungswirtschaft. den sackt ab, schrumpft in vielen Fällen schon mehr als Auf der anderen Seite muss man auch erkennen – und Sie einen Meter. Fahren Sie mal in die Niederlande! Mittler- haben es ja zum Glück angedeutet –, für den Naturschutz weile zehn Meter haben die durch die menschliche Nut- und die Moore ist Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile zung an Gelände verloren. Zehn Meter! Was meinen Sie, weltweit Hotspot des Naturschutzes und des Artenschut- was die unter anderem betreiben, um den Hochwasser- zes geworden. Seltenste Orchideenarten, Schmetterlings- schutz und den Küstenschutz dort umzusetzen? Ich arten, Libellenarten und andere Arten sind in diesen hoffe, der eine oder andere hat das schon mal gesehen. Gebieten zu Hause. Seltenste Arten! Nicht umsonst werden mit horrenden Milliardensummen dort Hochwasserschutz und Küstenschutz betrieben. Und was man immer wieder auch nicht erkennt und be- greifen will, ist die Bedeutung für das Thema Hochwas- (Dr. Gunter Jess, AfD: Aber Sie serschutz. Ich prophezeie uns, dass es irgendwann Re- empfehlen die Wiedervernässung!) gen gibt, vielleicht wieder zu viel in diesem Jahr. Und es kann auch wieder in Richtung 2011 gehen. Denken Sie Im Übrigen, auch diese Umsetzung aufgrund der Näh- an 2011 oder an das letzte Jahr, 2017 hatten wir es zu- stofffreisetzung ist natürlich negativ für unsere Gewässer, mindest angedeutet. Wenn wir im Durchschnitt im Übri- und nicht nur im Binnenland, sondern auch wiederum für gen – im Durchschnitt! – in Mecklenburg-Vorpommern die Ostsee und letzten Endes für die Weltmeeresentwick- 560 Millimeter Niederschlag bekommen und im letzten lung. Jahr über 1.000 bekommen haben, dann sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Gucken Sie sich in Deswegen ist ganz klar, die Renaturierung – ich sage Hessen die Unwetter an oder in Niedersachsen, was da das auch noch mal ausdrücklich an die Adresse der abgelaufen ist in den letzten Tagen! Nehmen Sie das CDU –, die Renaturierung der Moore in Mecklenburg- bitte mal wahr! Deswegen ist im Übrigen ein aktiver Vorpommern ist unter meiner Führung keine Natur- Moorschutz auch ein Teil einer Strategie eines Hochwas- schutzromantik. Ich sage das noch mal ausdrücklich: serschutzes und einer Küstenschutzstrategie. Bitte neh- keine Naturschutzromantik, sondern unsere Pflicht, um men Sie das zur Kenntnis! Denn die Moore können unter damit die Lebensgrundlagen für die nachfolgenden Ge- anderem eben Wasser lange halten und letzten Endes nerationen zu sichern. Bitte nehmen Sie das endlich mal damit einen wichtigen Beitrag zum Hochwasser-, zum zur Kenntnis! Küstenschutz leisten. (Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD) Was jedes Mal bei Ihnen nicht vorkommt, bei der AfD, ist das Thema Klimawandel. Dass diese Niedermoorgebiete Natürlich müssen wir differenziert vorgehen, und das oder auch die Hochmoore natürlich einen aktiven Beitrag machen wir auch, Landwirtschaft und Moore. Meine sehr zum Klimaschutz leisten, das ist allgemein bekannt. Das geehrten Damen und Herren, aktuell werden in diesem ist Wissen heute in der Grundschule, in der 4. Klasse. Land 165.000 Hektar, also fast 60 Prozent der Moore in Mecklenburg-Vorpommern, landwirtschaftlich genutzt, (Jürgen Strohschein, AfD: davon etwa 21.000 Hektar immer noch als Acker – die Das Gegenteil ist der Fall.) müssten wir eigentlich umstellen – und 144.000 Hektar Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 67 als Dauergrünland. Dauergrünland! Auch da habe ich wenn Sie Kamp und Bugewitz hier angesprochen haben, mich ja durchsetzen können, dass wir endlich das Dau- diese Maßnahme ist ja durch die Sturmflut 1995 entstan- ergrünlanderhaltungsgesetz umgesetzt haben, um die den. Bitte bedenken Sie das! Dort sind vorne, wenn man Degradation der Moore nicht noch weiter voranschreiten das so will, die Sommerdeiche durchbrochen worden und zu lassen. Diese Flächen dienen der Produktion von dadurch ist das überflutet worden. Daraus hat sich dieses hochwertigen Lebensmitteln und auch Futtermitteln, und LIFE-Projekt dann entwickelt. das wollen und werden wir weiter betreiben. Hier kom- plett die Nutzung einzustellen oder wiederzuvernässen, Insofern nehme ich natürlich zur Kenntnis, dass es unter- ist inakzeptabel, und das werden wir nicht vornehmen. schiedliche wissenschaftliche Grundlagen gibt. Aber eins Deshalb ist gerade die Politik gefordert, Lösungen zu muss ich noch mal sagen, die sogenannte TEEB-Studie, entwickeln, wie Landnutzer eingeladen werden können, vielleicht schauen Sie sich die mal in Ruhe an, dass diese Flächen schonender zu bewirtschaften oder auch Wissenschaftler, die weltweit agieren – vielleicht kann den Grundwasserstand zu erhöhen, aber die Bewirt- Herr Weber Ihnen ja da Nachhilfe, ein bisschen Unter- schaftung fortzusetzen. stützung geben,

Dies gelingt nur durch Dialog, durch Freiwilligkeit, durch (Dr. Ralph Weber, AfD: finanzielle Anreize und alternative Bewirtschaftungsfor- Das braucht Herr Strohschein nicht.) men. Unsere Vorfahren haben im Übrigen Reet angebaut und haben das mit Bravour genutzt. Nimmt ein Landwirt nicht Nachhilfe, das ist jetzt nicht böse gemeint, nee, am Programm extensiver Grünlandnutzung – im Übrigen nee, aber gucken Sie sich das mal in Ruhe an, da ist Variante II – teil in Mecklenburg-Vorpommern, so kann er das, was wir mit Greifswald, das ist ja durch ein Projekt neben den 260 Euro zusätzlich 220 Euro aus diesem des Landes Mecklenburg-Vorpommern, durch unser Extensivierungsprogramm bekommen. Wenn Sie das mal Haus gefördert, mit der Universität Greifswald in Zusam- zusammenrechnen, sind das 480 Euro aus diesem Pro- menarbeit mit der Hochschule Neubrandenburg und im gramm. Im Übrigen darf ich ausdrücklich sagen, die Pro- Übrigen Hannover erarbeitet worden –, die kommen gramme sind hervorragend angenommen. eindeutig zu der Erkenntnis, dass das, was wir hier auch entwickelt haben, weltweit beispielgebend ist und die Und ich möchte natürlich auch noch mal die neue Nut- richtige Richtung darstellt. zungsform im Niedermoor, die sogenannten Paludikultu- ren, benennen, wo wir nasse Landwirtschaft auf diesen Vizepräsidentin Beate Schlupp: Gestatten Sie eine Flächen in der Zukunft betreiben wollen. weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Stroh- schein? Jetzt, vermute ich, soll ich aufhören. Gut. Minister Dr. Till Backhaus: Ja. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten … Vizepräsidentin Beate Schlupp: Bitte schön.

Minister Dr. Till Backhaus: Mache ich. Minister Dr. Till Backhaus: Das geht ja von meiner Zeit ab, aber ... Vizepräsidentin Beate Schlupp: … Herrn Strohschein? Jürgen Strohschein, AfD: Danke, Herr Minister. Bitte schön. Herr Minister, Sie sagten, dass jetzt durch die wieder- Jürgen Strohschein, AfD: Danke, Herr Minister. vernässten Flächen weniger Methan und CO2 austritt. Aber Sie wissen doch, dass gerade durch wiedervernäss- Minister Dr. Till Backhaus: Gerne. te Flächen bei Moorstandorten sehr viel mehr Methan jetzt austritt als vorher. Und ich habe ja auch dargestellt, Jürgen Strohschein, AfD: Herr Minister, wissen Sie, wie man dem begegnen kann. dass es auch andere wissenschaftliche Abhandlungen gibt, die eine andere Sprache sprechen? Minister Dr. Till Backhaus: Also wissenschaftlich be- wiesen ist tatsächlich, dass, wenn man jetzt völlig ver- Minister Dr. Till Backhaus: Selbstverständlich, selbst- nässt – und deswegen sage ich noch mal, bitte noch mal, verständlich weiß ich das. als ich 2006 den Bereich übernommen habe, habe ich diese Initiative gestartet. Herr Dr. Permien sitzt ja da (Peter Ritter, DIE LINKE: hinten auch mit dabei, der hört sich das genau an. Als wir Es gibt immer solche und solche.) das 2006 übernommen haben, der Ministerpräsident a. D. nickt schon mit dem Kopf, haben wir gesagt, wir wollen Wir haben unter anderem Parlamentarische Abende in die Strategie verändern, wir wollen nicht mehr unter Berlin durchgeführt. Aber ich darf Ihnen ausdrücklich Wasser setzen, denn das stimmt, wenn das komplett auch noch mal sagen, in den Koalitionsverhandlungen – unter Wasser gesetzt ist, findet dieser Fäulnisprozess das wäre jetzt so weitergegangen –, in den Koalitions- statt. Das führt natürlich zu einem höheren Ausstoß von verhandlungen in Berlin habe ich durchsetzen können, Methan und damit CO2-Äquivalenten. Und genau deswe- dass unter anderem deutschlandweit die Prüfung eines gen haben wir gesagt, nein, wir werden diese Strategie, Konzeptes für den Umgang mit den Moorflächen vorge- die meine Vorgänger entwickelt hatten, verlassen. Wir nommen wird, insbesondere die neue Form der Bewirt- machen eine wissenschaftliche, neue Grundlage. Dabei schaftung – Bewirtschaftung, nicht rausnehmen aus der ist deutlich geworden, wenn wir sukzessive diesen Bewirtschaftung. Das ist vor meiner Zeit passiert, da Schwamm – wenn man so will, kann man Moor als habe ich immer auch Kritik geäußert. Wenn Sie das Schwamm betrachten –, wenn wir langsam den Wasser- nachlesen würden, würden Sie das auch sehen. Und stand anheben und dieser schwammartige Charakter 68 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 entwickelt wird, dann findet dieser enorme Methanaus- ordneten so, das ist bei Ministern so. Es sind zehn Minu- stoß, CO2-Äquivalentausstoß, nicht statt, und auch das ten Redezeit angemeldet. Die Redezeitüberschreitung ist bewiesen worden. beträgt sechs Minuten

Deswegen sage ich auch noch mal, ich bin sehr stolz (Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) darauf, dass wir ein Ökosystemdienstleistungsprogramm angefahren haben, das werden Sie hoffentlich wissen, und nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung steht die MoorFutures, die wir verkaufen. Wir können heute diese Zeit den nicht an der Regierung beteiligten Fraktio- beweisen, dass wir pro Hektar einen geldwerten Vorteil nen zusätzlich zur Verfügung. Diesen Hinweis möchte ich von 80 Euro erwirtschaften können, wenn wir diese Flä- noch geben. chen langsam vernässen und damit der CO2-Ausstoß reduziert wird. Er wird nicht vollständig aufgelöst, aber er Und ich rufe jetzt auf für die Fraktion DIE LINKE die Ab- wird deutlich reduziert, und das ist mittlerweile weltweit geordnete Frau Dr. Schwenke. anerkannt worden. Auch das will ich noch mal ausdrück- lich unterstrichen haben. (Minister Dr. Till Backhaus: Versuchen Sie das noch mal zu erklären! – Peter Ritter, DIE LINKE: Jürgen Strohschein, AfD: Danke schön. Ich glaube, das ist vergossene Milch.)

Minister Dr. Till Backhaus: Also, wir setzen nicht mehr – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau dann komme ich auch zum Schluss –, wir setzen also Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kolle- nicht mehr die Flächen generell unter Wasser, sondern gen! Das Thema dieser Aussprache ist durchaus in der wir erhöhen den Wasserstand sukzessive und versu- öffentlichen Diskussion, und das seit vielen Jahren und chen, darauf eine neue Wirtschaftsform, nämlich Paludi- nicht erst, seitdem auch meine sehr geehrte Kollegin kultur, zu entwickeln. Das ist die sogenannte nasse Vizepräsidentin Schlupp die Wiedervernässung mit der Landwirtschaft, Rohrkolbenanbau, um neue Produkte zu kaputten A 20 bei Triebsees in Verbindung gebracht hat. entwickeln, oder auch den Erlenanbau, also dieses Ge- Sie haben das ja heute auch gemacht, Herr ... samtkonzept „nasse Landwirtschaft“. (Marc Reinhardt, CDU: Und die Mücken!) Ich bin sehr froh drüber, das will ich ausdrücklich sagen, dass wir mit der Bundesregierung jetzt den Prüfauftrag Und die Mücken natürlich auch, ja. endlich umsetzen werden, ob dieses gesamte Vorhaben, das ja dem Natur- und Umweltschutz, dem Klimaschutz, Aber, und jetzt kommt das Aber, die gewählte Über- aber auch der Artenvielfalt und dem sauberen Wasser schrift dieser Aussprache suggeriert von vornherein, dient, ob das nicht in das Konzept der europäischen dass Mecklenburg-Vorpommern Moorschutz- und Wie- Agrarförderung aufgenommen werden kann und diese dervernässungsprojekte um jeden Preis – also koste es, Flächen dann auch einer zusätzlichen Förderung bedür- was es wolle – durchsetzt. Dies, liebe Kolleginnen und fen. Da gehe ich davon aus, dass wir das in Kürze erfah- Kollegen, ist mitnichten so. Und, verehrter Herr Minister, ren werden. das war auch nicht so, bevor Sie das Umweltressort über- nommen haben. Insofern gehe ich davon aus, dass das Moorschutz- programm, das ein Alleinstellungsmerkmal des Landes Ich bin froh, in einem Bundesland zu leben, das schon Mecklenburg-Vorpommern ist, weltweit, dass Sie das ziemlich lange bemüht ist, die Sünden und Fehler der bitte akzeptieren, dass hier wirklich verantwortungsbe- Vergangenheit zumindest zum Teil zu korrigieren. Damit wusst mit dem Boden, aber auch mit den Dörfern und mit meine ich hier die Trockenlegung und Entwässerung den Menschen umgegangen wird. – Herzlichen Dank. unserer Moore. Bereits im Dezember 1995 hatte der Landtag die Landesregierung beauftragt, ein wissen- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) schaftliches Konzept zum Bestand und zur Entwicklung der Moore in Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen. In Vizepräsidentin Beate Schlupp: Vielen Dank, Herr Mi- der Folge entstand das Moorschutzprogramm, umgesetzt nister. erstmals richtig unter der ersten rot-roten Landesregie- rung. Und es ist richtig, es war ein etwas anderer Ansatz, Der Minister hat die angemeldete Redezeit um sechs aber auch damals wurden nicht auf „Teufel komm raus“ Minuten überschritten. einfach irgendwelche Flächen überflutet.

(Minister Dr. Till Backhaus: Ja, weil Wir haben daraus gelernt. Auch das Konzept ist verän- ich so viele Fragen gekriegt habe.) dert worden. Heute geht es um langsame Vernässung, nicht mehr so auf einen Schlag, wie das am Anfang pro- Diese ... biert wurde. Aber bis heute ist aus unserer Sicht dieses Programm eine Erfolgsgeschichte, eine Erfolgsgeschich- (Heiterkeit auf der Regierungsbank) te, die auch ihresgleichen sucht und international – das hat der Minister schon betont und wird es nicht müde Auch für Minister gilt, dass Sie meine Anmerkungen hier immer wieder zu betonen – ein großes Vorbild ist. Über nicht zu kommentieren haben. 80 einzelne Renaturierungsprojekte gibt es in der Umset- zung dieses Programms. (Peter Ritter, DIE LINKE: Kurze Antworten! Kurze Antworten!) Highlight ist dabei sicher das größte Projekt, nämlich der Naturpark Flusslandschaft Peenetal mit einer Kern- Es ist auch üblich – zur Erläuterung –, dass Zwischenfra- zone von circa 20.000 Hektar. Bereits bis 1998 wurden gen der Redezeit angerechnet werden. Das ist bei Abge- auf 12.000 Hektar Mooren wieder naturnähere Wasser- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 69

verhältnisse geschaffen. Diese Renaturierungen waren dass trockengelegte Moore, Herr Strohschein, CO2 in zumeist durch EU-LIFE-Projekte finanziert worden. großen Mengen ausstoßen. Das haben ja selbst Sie Daraus ergaben sich Probleme, insofern, dass die Pro- erkennen müssen und einräumen müssen. Und Sie ha- jekte zuerst geplant wurden, dann ist das Geld geflos- ben gesagt, Wiedervernässung darf nur dort gemacht sen, aber wenn die Eigentümer der Flächen nicht ein- werden, wo sie angebracht ist. Ja, da steht auch keiner verstanden waren, sind Schwierigkeiten in der Umset- vor der Landkarte von Mecklenburg-Vorpommern mit zung aufgetreten. einem Dartpfeil in der Hand, wirft den mal an die Wand und sagt, oh, klasse, da machen wir jetzt Renaturierung. Beim neuen Moorschutzkonzept schaffte man eine frei- willige Teilnahme der Landwirtschaftsbetriebe als Anreiz. (Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Die Ziele sind klarer ausgewiesen, es steht auch mehr Nee, Dartpfeil wird woanders geworfen.) Geld zur Verfügung, und es ist eine differenzierte Vorge- hensweise möglich. So weit, so gut. Natürlich darf man Also da können Sie sich mit Sicherheit drauf verlassen, an dieser Stelle nicht verschweigen, dass es in der Folge dass wir eine Reihe von Expertinnen und Experten ha- bei einigen Projekten kleinere und größere und manch- ben, die genau mit Augenmerk darauf schauen, wo ma- mal auch große Konflikte gab und teils noch immer gibt. chen diese Maßnahmen Sinn ... Das ist aus meiner Sicht auch völlig normal, wenn man gezielte Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD) zurückdrehen möchte und an wenigen Stellen die Natur wieder Natur sein lassen will. Das überdeckt leider in der Herr Dr. Jess, das war auch in der Vergangenheit so, öffentlichen Diskussion, dass die allermeisten Projekte dass man geschaut hat, wo kann das gemacht werden. ziemlich geräuschlos und sehr konfliktfrei abgelaufen sind. (Vizepräsidentin Dr. Mignon Schenke Den größten Ärger gibt es da, wo Menschen und ihr übernimmt den Vorsitz.) Eigentum direkt betroffen sind. Dabei kommt es immer darauf an, ob und wie miteinander gesprochen wird. Wo ich Ihnen recht gebe, ist, dass die Renaturierungs- Gerade in den ersten Jahren war die Kommunikation maßnahmen in der Vergangenheit mit deutlich größeren davon gekennzeichnet, dass mehr übereinander als Konflikten behaftet waren, ja, weil eben auch die Folgen- miteinander gesprochen wurde. Das ist klar, das schafft abschätzung nicht immer so gut passiert ist, wie sie jetzt Frust und produziert Widerstand und es hat auch dem passiert, und weil auch die Mittel für Folgekosten nicht da Image des Moorschutzes geschadet. waren. Ja, das stimmt, und trotzdem war es so, dass man sich aus naturschutzfachlicher Sicht Gebiete ge- Auch wenn die vor allem lokale Kritik nicht immer berech- sucht hat, die eben geeignet waren. Da stand trotzdem tigt war, so war auch das Handeln der Landesregierung keiner mit dem Dartpfeil vor der Landkarte, das können und des LUNG nicht immer glücklich und gelungen. Hier Sie mir glauben. sehe ich das größte Defizit. Natur- und Umweltschutz funktioniert nur mit den Menschen und nicht gegen sie. Wenn man sich mit Renaturierungsmaßnahmen beschäf- Eine solche Diskussion, wie wir sie heute führen, ist tigt – ich selber bin ja im Peenetal großgeworden –, dann deshalb richtig und wichtig. Am Ende darf aber nicht weiß man, dass man als Einwohner erst mal akzeptieren stehen bleiben, dass in Mecklenburg-Vorpommern Wie- muss, dass sich die Landschaft eben auch verändert. Da dervernässung um jeden Preis durchgezogen wird. Das ist die Landschaft nicht mehr so offen, da werden Gräser ist nicht so! Alle Projekte – ich betone es noch einmal: höher, da sterben Bäume ab, da gibt es plötzlich Tiere, alle Projekte – erfolgen freiwillig in Absprache mit den die es vorher nicht gab, oder es gibt Tiere nicht mehr, die Menschen und landwirtschaftlichen Unternehmen vor es vorher gab. Und natürlich ist das auch emotional be- Ort. Wenn Schäden bei der Umsetzung eintreten, zum haftet. Ich weiß zum Beispiel von einer Familie aus Beispiel vollgelaufene Keller oder nicht mehr wirklich Lübtheen, wo der Ururgroßvater eine Eiche gepflanzt hat, nutzbare Ackerflächen, dann müssen diese Schäden die es mittlerweile nicht mehr gibt, weil sie nasse Füße schneller und unbürokratischer reguliert werden. Die gekriegt hat. Ja, auch das passiert. Das ist emotional Begleitung vieler dieser Projekte muss sich nach unserer behaftet und da ist es ganz, ganz schwierig, bei jedem Auffassung auch – mitunter zumindest – verbessern. Einzelnen die Akzeptanz zu schaffen. Dazu gehört, dass Kommunen, die zum Beispiel eine touristisch nutzbare Infrastruktur für Moorwanderungen Und wenn man dann im Hintergrund hat, es gibt renom- und Ähnliches erhalten haben, auch bei deren Erhaltung mierte Umfragen, wo immer wieder herauskommt, dass und Instandhaltung unterstützt werden. die Bürgerinnen und Bürger schon sehen, dass wir global ein klimatisches Problem haben, aber sie sehen diese Trotz allem steht meine Fraktion hinter dem Moorschutz- Herausforderung gar nicht so sehr bei sich vor der Haus- programm von Mecklenburg-Vorpommern, nicht „Koste tür, sondern sie sehen es als globales Problem, und es, was es wolle“, aber das passiert auch nicht. – Danke wenn dann natürlich bei mir vor der Haustür renaturiert schön. wird und ich werde öfter von Insekten gestochen oder bei mir sterben Bäume ab oder wie auch immer, dann kann (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) das natürlich nicht jeder so akzeptieren.

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Von daher bin ich sehr froh, dass in der Kommunikation die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Aßmann. im Vorfeld von Renaturierungsmaßnahmen das Land deutlich besser geworden ist, dass viel mehr im Vorfeld Elisabeth Aßmann, SPD: Sehr geehrte Frau Präsiden- aufgeklärt wird, dass aber auch Folgeabschätzungen tin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu der The- mittlerweile viel besser passieren, dass Maßnahmen matik ist jetzt viel gesagt und der Kern, glaube ich, der angegliedert werden an bereits bestehende Projekte und Botschaft in erster Linie war, dass doch unumstritten ist, dass dieser Hauptkritikpunkt von den Anfängen abge- 70 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 schaltet wurde, nämlich, dass wir nicht mehr Flachwas- Es ist viel gesagt worden, aber ich möchte mal feststel- serseen infolge von Renaturierungen haben, sondern len, niemand wird sich gegen eine Wiedervernässung dass wir wirklich so herangehen, dass wir deutlich ange- unwirtschaftlicher Flächen stellen, deren Bewirtschaftung hobene Wasserstände haben, dass man schaut, okay, letztendlich keinen Sinn ergibt. Ich glaube, das wird nie- was passiert eigentlich mit erhöhten Schöpfwerkskosten, mand machen. Flächen, die letztendlich nicht mal für die wenn eben Wohnbebauung auch geschützt werden Viehhaltung geeignet wären, da wird niemand etwas da- muss, wie kann man es schaffen, dass langfristig wirklich gegen haben. Auch dabei müssen natürlich die Bewoh- CO2 gebunden und nicht etwa Methan ausgestoßen wird ner, die Anwohner miteinbezogen werden und so weiter und so fort. (Beate Schlupp, CDU: Genau.) Zum Schluss kommt natürlich immer die Überlegung dazu, wie können wir nicht nur Natur schaffen, indem wir und es kann nicht zu deren Lasten gehen. sie sein lassen, wie sie ist, sondern wie können wir sie auch nutzen. Das hat der Minister gesagt, ein Weg ist die Es wurde auch gesagt, unsere Vorfahren haben viele Paludikultur. Da würde ich mir sehr wünschen, dass wir Flächen trockengelegt. Das waren damals Zeiten, da auf europäischer Linie die in die Förderung mit reinbe- kannte man noch Hunger, darauf haben Sie hingewie- kommen, weil dann auf jetzt renaturierten Flächen oder sen. Natürlich ist das wichtig. Wir leben in einer Kultur- generell auf sehr extensiv bewirtschafteten Flächen auch landschaft. Diese Kulturlandschaft haben wir geprägt und neue Nutzungsformen und neue wirtschaftliche Zweige sie hat uns geprägt. Das dürfen wir dabei nicht aus dem dadurch möglich sind. Auge verlieren und ich denke, niemand will auf Zeiten zurückkommen, in denen es wieder Hunger gibt. Ich habe Ich glaube, was man auch festhalten muss, Herr Stroh- übrigens sehr oft Westpakete gekriegt zu DDR-Zeiten, schein, Torfaufbau passiert nicht über Nacht, das haben dafür bin ich heute noch dankbar. Sie gesagt, und manchmal dauert so ein Prozess viel, viel länger, als man vielleicht erwartet hätte, weil es wie (Peter Ritter, DIE LINKE: Weil Sie bei vielen Sachen ist, es spielen immer eine Reihe von Hunger hatten, oder warum?) Einflüssen eine Rolle. Ich glaube, dass man gerade beim Moorschutz und bei der Renaturierung ein ganz großes Ach, Herr Ritter, Sie wissen genauso gut wie ich, dass es Maß an Geduld braucht. Man muss natürlich aber auch auch mit der Lebensmittelversorgung nicht so rosig war ein Ohr haben für die Probleme, die es möglicherweise gibt, und muss sich auch ernsthaft diesen Problemen (Peter Ritter, DIE LINKE: Na, na, na!) stellen. in goldenen Zeiten. Ich glaube, dass wir da in den letzten Jahren von Lan- desregierungsseite viel, viel besser geworden sind, und (Peter Ritter, DIE LINKE: Komm, hör auf!) darauf müssen wir aufbauen, damit wir noch viele weitere gute Projekte im Sinne unserer Umwelt vorantreiben Und da brauchen wir nur, können. – Herzlichen Dank. (Peter Ritter, DIE LINKE: (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD Wer ist denn verhungert?) und Christiane Berg, CDU) wir brauchen nur nach Venezuela zu gucken Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frak- tion der BMV hat jetzt das Wort der Abgeordnete (Peter Ritter, DIE LINKE: Borschke. Wer ist denn verhungert früher?)

Ralf Borschke, BMV: Ich habe noch gar nichts gesagt, und dann wissen wir, die Zeit läuft schon. (Peter Ritter, DIE LINKE: Erzählen Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Sie doch nicht so einen Quatsch!) Präsidium! Es wurde hier schon sehr viel gesagt und ich glaube auch, Herr Backhaus, Sie sagten, Sie sind erst was Sozialismus leistet, Herr Ritter. seit 2006 Landwirtschaftsminister (Peter Ritter, DIE LINKE: Ist jemand (Peter Ritter, DIE LINKE: Umwelt!) verhungert in den 40 Jahren? Unsinn!) und dass Sie einiges geändert haben. Kommen wir aber zu einem anderen Thema, zu einem besonderen Vorhaben, (Peter Ritter, DIE LINKE: Umweltminister!) (Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) Umweltminister! nämlich zu der A 20. Einer Karte des Landesamtes für (Peter Ritter, DIE LINKE: Landwirtschafts- Umwelt, Naturschutz und Geologie können wir entneh- minister ist er schon seit 100 Jahren. – men, dass von 2000 bis 2007 nördlich der A 20 bei Ministerin Stefanie Drese: Mindestens! – Langsdorf eine Moorrenaturierung auf 616 Hektar statt- Heiterkeit vonseiten der Fraktionen fand. Es kamen in diesem Gebiet aber noch zwei soge- der SPD und DIE LINKE) nannte Moorrenaturierungen zum Tragen, die Maßnah- me Moorrenaturierung Ochsendamm bis 2006 direkt bis Ja, gut. an die A 20 heran und die Moorrenaturierung Grenztal- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 71 moor bei Langsdorf, in der Spitze auch bis an die Auto- Ich habe mich in Vorbereitung, da ich ja auch nicht wuss- bahn heran – also Vermoorung vom Norden und vom te, was mich erwartet, so ein bisschen damit auseinan- Süden bis an die Autobahn. Und diese zwei Maßnahmen dergesetzt, wie sich die Position meiner Fraktion – und sollen ohne Auswirkungen auf die A 20 geblieben sein?! darum geht es in so einer Aussprache natürlich auch Die Freigabe des Autobahnteilabschnittes Behelfsabfahrt immer – im Laufe der Zeit entwickelt hat. Es ist vielleicht Langsdorf, AS Grimmen West, wurde im Dezember 2005 noch nicht sehr deutlich zum Tragen gekommen, aber in erteilt. Somit fällt die Bauphase also direkt in die Zeit der Vorpommern befindet sich ein großer Teil der Moore, die Wiedervernässung. Und in solch einem sensiblen Gebiet als stark degradiert eingestuft werden. Von daher ist es – wurde dann noch eine völlig neue, unerprobte Bauweise das ist auch angesprochen und eingeräumt worden in eingeführt. den Reden in der Vergangenheit – zu bestimmten Prob- lemen gekommen, in denen, und auch das ist ja jetzt (Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus) nicht mehr kontrovers diskutiert, die Bevölkerung sich nicht mitgenommen gefühlt hat. Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie man das nennen soll. Ist das fahrlässig oder wie soll man das Das hat meine Fraktion veranlasst – eigentlich auf Drän- bezeichnen? Das heißt, die praktischen Auswirkungen gen aus Vorpommern-Greifswald, wo wir uns dann mit der Wiedervernässung auf die Autobahn können sich erst dieser Problematik auseinandergesetzt haben –, 2011 nach Ausführung und Beendigung der Wiedervernäs- einen Antrag in unser Wahlprogramm aufzunehmen mit sungsmaßnahme und der Fertigstellung der Autobahn einer Forderung nach einem weitgehenden Verzicht auf zeigen und dann auch erst zum Tragen kommen. Es wur- Renaturierung. Das heißt, wir waren in der Position sehr de also die Autobahn gebaut und gleichzeitig wieder- festgefahren, haben gesagt, eigentlich wollten wir es gar vernässt. Und das erfolgte auf beiden Seiten der Auto- nicht aus Vorpommern-Greifswald. Die Landespartei hat bahn. Wen wundert es, wenn dann die Autobahn weg- es dann noch relativiert im Parteiprogramm. Dabei sind schwimmt? Hier, meine Damen und Herren, ergibt sich wir aber nicht stehen geblieben. Die Probleme, die uns einiger Klärungsbedarf. vor Ort vorgetragen wurden, haben uns veranlasst, 2013 eine Arbeitsgruppe zu gründen. Die Arbeitsgruppe hat Zum Schluss noch eine persönliche Wiedervernässung. Fachleute eingeladen, hat sich auch – und das räume ich jetzt hier ein – gelungene Beispiele von Renaturierungs- (Der Abgeordnete Ralf Borschke maßnahmen angesehen und hat dann ein Positionspa- trinkt einen Schluck Wasser. – pier entwickelt. Das Positionspapier könnte man eigent- Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU) lich auch mit dem Thema unserer heutigen Aussprache überschreiben „Keine Wiedervernässung um jeden Preis“. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Das scheint ja wirklich das Motto zu sein, unter dem sich alle hier versammeln können. (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV und Dr. Ralph Weber, AfD) Nichtsdestotrotz, wo ich jetzt die Gelegenheit und die Redezeit habe, ist es natürlich eine gute Gelegenheit, Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- dieses Positionspapier von 2013, das wir im Übrigen on der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete und dann 2014 auch auf dem Landesparteitag beschlossen Vizepräsidentin Schlupp. haben, hier noch mal vorzutragen, denn alles, was dort steht – und ich werde es nicht in Komplexität vorlesen – Beate Schlupp, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! hat für uns heute noch Bestand. Aber einige wichtige Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich war Zitate – und ich glaube, auch da sind wir gar nicht weit das Thema der Aussprache so ein bisschen eine Wun- auseinander – möchte ich hier trotzdem vortragen, wo dertüte. Ich war mir nicht wirklich sicher, was von der zum Beispiel festgelegt ist, und das ist Position der CDU Fraktion der AfD kommt. Wir haben uns ja zu diesem nach wie vor: Thema hier auch noch nicht ausgetauscht. Ich muss allerdings sagen, auch nach der Aussprache bin ich mir „Der Eigentümer und der bewirtschaftende Landwirt über die Position der Fraktion der AfD nicht wirklich sollen ohne äußere Einflussnahme über die Aufgabe von schlüssig. Da fehlt mir noch so ein bisschen der Durch- Niedermoorflächen als Grünlandstandort und Überfüh- blick. Was ich aber als durchaus positiv empfinde, das rung in Naturschutzgrünland oder auf Verzicht auf Grün- muss ich sagen, ist die Diskussion, die quasi die Frakti- landnutzung entscheiden. Die Abstandszahlungen sind onen geführt haben, die hier schon länger im Landtag sachgerecht zu regeln. … Bei der Umsetzung der Maß- sind. Ich schließe mich da auch nicht aus. Wir haben nahmen sind Einschränkungen in den Lebensräumen hier heftige Diskussionen geführt, teilweise auch kom- und in der Lebensqualität der Anwohner auf ein Min- plett konträr und relativ festgefahren in den Auffassun- destmaß zu begrenzen. … Die Bevölkerung ist mit Be- gen. ginn der Vorhabensplanung sowie fortlaufend umfassend zu informieren. Die erforderlichen Maßnahmen sind mit (Zuruf von Torsten Renz, CDU) der betroffenen Bevölkerung einvernehmlich umzusetzen. Anwohner, die in unmittelbarer Umgebung aber außerhalb Das, was ich hier heute gehört habe, zeigt doch, dass wir der Vorhabensplanung liegen, sind ebenfalls zu informie- alle – und da schließe ich mich nicht aus – einen Lern- ren und anzuhören. … Planfeststellungsbeschlüsse sind prozess vollzogen haben, der mich eigentlich positiv zu den Vernässungsvorhaben zwingend und zeitnah um- stimmt. Aber nichtsdestotrotz, im Detail – und das wird ja zusetzen. In Haftungsfragen“ – und das ist uns nach wie hier wahrscheinlich auch niemanden wundern – gibt es vor sehr wichtig und hat heute hier noch keine Rolle ge- durchaus noch unterschiedliche Auffassungen. Dass wir spielt – „ist eine Beweislastumkehr erforderlich. Der Haf- in Sachen Moorschutz und Renaturierung zu den Skepti- tungszeitraum für den Vorhabensträger ist auf 30 Jahre kern gehören, das, denke ich mal, ist auch seit längerer festzulegen. Für ungeklärte Altfälle ist ein Entschädi- Zeit kein Geheimnis. gungsfonds durch die Landesregierung zu schaffen.“ 72 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Auch daran halten wir fest. Auch das hat hier heute noch den sind. Zu dem Thema komme ich aber an anderer keiner thematisiert. Stelle noch mal.

„Die eingeleiteten und realisierten Vernässungsmaß- Und wir hatten 2013 einen Bericht in der Zeitung, eigent- nahmen sind einer ständigen Kontrolle durch die lich überschrieben mit: Umweltskandal – Entsorgung Planfeststellungsbehörde zu unterziehen. Der Vorha- einer unbekannten stinkenden Flüssigkeit im Galenbe- bensträger hat eine mehrjährige wissenschaftliche Be- cker See. Das stellte sich dann allerdings heraus als gleitung mit entsprechenden Untersuchungen sicher- Cyanobakterien, die für Menschen relativ unbedenklich zustellen, die sich auch auf die unmittelbare Umgebung sind, für Tiere in kleinsten Mengen allerdings tödlich. Die bezieht. Zeigen sich im Haftungszeitraum Mängel, sind Diskussionen darüber, inwieweit das mit der Wieder- die daraus entstehenden Folgen durch die Vorhabens- vernässungsmaßnahme im Zusammenhang stehen könn- träger zu beheben. Kommunen und Einwohner sind von te, wurden damals vor Ort auch heftig geführt und sind Folgeschäden befreit. Im Sinne eines Auftraggebers ist sicherlich ein Grund dafür, dass die Skepsis vor Ort nicht das Land letztendlich zum Schadensersatz verpflichtet.“ wirklich abgeflaut ist.

Daran können wir heute auch uneingeschränkt festhalten. Eine immer noch aktuelle Problematik sind die Koblentzer Seewiesen, allerdings nicht in Verantwortung des Landes, Zusätzlich möchte ich sagen – und das ist ja heute auch sondern das war ja eine Ausgleichsmaßnahme für den schon angesprochen worden, obwohl ich dieses Thema A20-Bau. Vorhabenträger ist die DEGES. Dazu gab es nicht in den Vordergrund stellen will – zum A20-Bau oder einen Planfeststellungsbeschluss, der ein bestimmtes Einfluss der Renaturierung auf Infrastrukturmaßnahmen: Wasserregime festlegte und ein Schöpfwerk vorsah, eine Ich lege mich hier nicht fest, was woran liegt und welche optionale Maßnahme, um die Maßnahmefläche vom Ursachen bestimmte Maßnahmen haben. Aus meiner Zerrenthiner Tiefland abzutrennen. Dann kam der Antrag, Sicht wird es wahrscheinlich ein Komplex von Vorfällen auf diese Option zu verzichten, und es folgte eine jetzt sein, die zu den Problemen bei der A 20 oder an anderen nahezu achtjährige Diskussion vor Ort, wie man denn Infrastruktureinrichtungen geführt haben. Deshalb aber damit umgehen sollte. Mittlerweile räumt selbst der Vorha- wäre sicherlich, wenn unsere Arbeitsgruppe noch existie- benträger ein, dass das Wasserregime völlig falsch ein- ren würde, ein Thema wirklich die Frage, ob so ein Mora- geschätzt wurde und dass zum Bestand der Maßnahme torium sinnvoll ist, bis geklärt ist, welche Umstände ha- nicht eine Abtrennung nötig ist, sondern dass Wasser aus ben zu den offensichtlichen Problemen an den Infrastruk- der umliegenden Fläche auf die Maßnahmefläche ge- tureinrichtungen geführt und welche Maßnahmen sind schöpft werden muss, um überhaupt die Maßnahme si- geeignet, dem zukünftig entgegenzuwirken. Von daher, cherzustellen. Da sieht es jetzt ganz gut aus. Man hat sich wie gesagt, vielen Dank für die Gelegenheit, unser hart auch auf die Ertüchtigung eines vorhandenen Schöpfwer- erarbeitetes Papier hier noch mal in Teilen vortragen zu kes verständigt. Das wurde vor Ort immer so gewünscht. dürfen. Was vor Ort aber nach wie vor kritisiert wird, ist, dass Es hat sich auch etwas geändert – ich muss es erwäh- man schon im Bereich der Planfeststellung immer wieder nen, es ist bisher auch noch nicht erwähnt worden –, wir darauf hingewiesen hat, dass die Einschätzung falsch haben dann einen Haushaltstitel eingeführt, Nachsorge war, und es gab dazu eine Petition, die Petition ist abge- bei Schäden aufgrund von Veränderungen im hydrologi- tan worden. Weiterhin strittig sind allerdings Schöpf- schen System. Sicherlich ist der Mittelabfluss nicht so, werkskosten und weiterhin strittig sind auch die Auswir- wie wir uns das vorstellen. Da müsste man vielleicht auch kungen auf eine anliegende Kreisstraße. Der Landkreis noch mal genauer hinschauen und gegebenenfalls ist die hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das besagt, die Diskussion heute ja auch geeignet, das Thema noch mal Wiedervernässungsmaßnahme ist schuld daran, dass aufzurufen und zu gucken, inwieweit wir da ein bisschen regelmäßig grundhafter Ausbau erforderlich ist. Die er- weiterkommen können. Es ist auch noch kein Ende in reichten Zielwasserstände, die eingeplant waren, werden Sicht. Das ist, glaube ich, hier auch schon angeklungen, regelmäßig oder zumindest in Spitzenzeiten überschrit- ich würde sagen, am ehesten bei Frau Dr. Schwenke, ten. Es gibt ein anderes Gutachten der DEGES. Die sagt, dass die Altprobleme – und das sind ja in der Regel Alt- es ist nicht so. Da werden wir sicherlich weiterdiskutieren, probleme – insbesondere im Landkreis Vorpommern- das führt allerdings auch nicht dazu, dass das Vertrauen Greifswald immer noch dazu führen, dass auch neue in Renaturierungsmaßnahmen – in diesem Bereich zu- Projekte eigentlich von der Bevölkerung grundsätzlich mindest – gestiegen ist. abgelehnt werden, weil eine große Skepsis besteht, dass sie dann im Problemfall alleingelassen werden. Wir haben weiterhin, wenn man ein bisschen höher geht, den berühmten Martenschen Bruch. Da gab es auch eine Von daher habe ich mir mal die Mühe gemacht, weil ich Petition. Im Zuge dieser Petition durfte nicht nur ich, alle Problemfälle ja noch regelmäßig begleite, mal einen sondern auch die Einwohner lernen, wie weit die Beweis- kurzen Überblick zu geben über den Status quo. sicherung durch den Eigentümer geht. Denn im Grunde genommen müsste man am besten 30 Jahre vor der Es ist hier schon der Galenbecker See angesprochen Maßnahme angefangen haben, seinen Keller zu doku- und als Vorzeigeprojekt genannt worden. Richtig ist aber mentieren, um nachzuweisen, dass 30 Jahre vorher nie auch, dass es selbst zum Galenbecker See eine Petition Wasser im Keller war, weil ansonsten könnte man nach im Landtag gab. Es streiten sich nämlich heftig die Orni- der Maßnahme nicht dokumentieren, dass die feuchten thologen und die Schmetterlingsfreunde über den Was- Keller durch die Maßnahme bedingt sind. Also von daher, serstand, den man festlegen sollte, denn entweder ist es unsere Forderung nach der Beweislastumkehr hat nach gut für die Vögel oder es ist gut für die Schmetterlinge. wie vor Bestand und würde sicherlich auch, wenn wir Für beide ist es nie richtig. Es ist auch immer noch in der über vertrauensbildende Maßnahmen reden, zu einer Diskussion, obwohl die mittlerweile abgeklungen ist, die vielleicht nicht ganz so kritischen Sicht der Bewohner auf Frage, ob durch die Maßnahme feuchte Keller entstan- solche Maßnahmen führen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 73

Wahr ist auch, dass eine Klage vor dem OVG entschie- Wald, der dort quasi jetzt nicht abgenommen und einer den wurde, und das OVG hat quasi auch dem Vorhaben- Nutzung zugeführt wurde, nachtrauern und das Bild, das träger, sprich in diesem Fall war es aber das Bergamt, dort entsteht, auch als nicht wirklich förderlich ansehen. dokumentiert, das im Rahmen der Vorprüfung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung stattzufinden hat – und Kieshofer Moor ist das Nächste, was obendrüber liegt. das ist von den Bewohnern und der Bürgerinitiative dort Da ist der Widerstand der Bevölkerung relativ groß. Es auch immer gefordert worden –, es ist ihnen bescheinigt gibt da eine ganze Gemengelage, aber wir finden im worden, dass sie das unzureichend dokumentiert haben, Moment keine Lösung und die Lösung ist seit zwölf Jah- sodass also quasi vor Ort weiterhin große Zweifel vor- ren nicht zu finden, weil es ein Grundmisstrauen der handen sind, ob nicht eine Umweltverträglichkeitsprüfung Grundstückseigentümer in die Maßnahme gibt und auch hätte stattfinden müssen. wieder die Befürchtungen bestehen, dass Eigentum in Anspruch genommen wird und es keine Entschädigung Es ist noch ein Urteil anhängig vorm Europäischen Ge- für Schäden an Bäumen oder Ähnlichem geben wird. richtshof, zumindest habe ich es nicht gehört und jeder rechnet eigentlich mit dem sogenannten Hinterseeurteil, Wir haben die Maßnahme Cämmerer See, da gab es das dann möglicherweise auch dem Vorhabenträger auf- eine ganz aktive Bürgerinitiative. Die Maßnahme ist ab- geben wird, noch mal eine Umweltverträglichkeitsprüfung gesagt. Die Bürgerinitiative will sich auch auflösen, ob- nachzuholen, um das ganze Verfahren rechtssicher zu wohl sie natürlich mit den jetzt geplanten Deichmaßnah- gestalten. Das führt dazu, dass der Bewirtschafter dort, men so nicht zufrieden ist, aber das war ja auch den die DBU, in weiten Teilen der Bevölkerung kritisch gese- Medien zu entnehmen. hen wird und alles, was die DBU noch für ihre Maßnah- men braucht, von der Bevölkerung oder auch von den Womit ich mich schwer tue, ist der Ankauf dieses Schul- dort zuständig handelnden kommunalen Verantwortungs- landheimes in Peenemünde. Das Schullandheim ist an- trägern abgelehnt wird. gekauft worden für 670.700 Euro, sollte abgerissen wer- den und im Rahmen der Renaturierungsmaßnahmen Wir haben in Kamp – wir haben es gehört – jahrelange über Ökopunkte eine gewisse Vergütung erfahren. Nun Proteste, es hat Maßnahmen zur Verbesserung gege- ist die Maßnahme abgesagt und nach allem, was ich so ben, das gehört zur Wahrheit dazu, die haben auch ge- weiß, ist die präferierte Planung, dieses Schullandheim wirkt. Es hat eine Klage gegeben, es hat ein Urteil gege- dann für einen Appel und ein Ei an die DBU zu geben. ben, die erhöhten Schöpfwerkskosten sind dem Vorha- Damit tue ich mich natürlich schwer. benträger aufgegeben worden. Da könnte man ja zufrieden sein, allerdings gibt es jetzt den Streit zwischen Zerninseesenke, Wolgastsee ist auch Gegenstand einer Land und Landkreis. Wer ist denn eigentlich Vorhaben- Petition gewesen, ist aber auch eine ganz komplexe träger? Der Landkreis sagt, das Land ist Vorhabenträger, Gemengelage. Da hat auch die Kommune versagt bei das Land sagt, der Kreis ist Vorhabenträger. Von wem der Ausweisung von Baugebieten. Da ist die polnische das Geld zu verlangen ist, ist bis jetzt immer noch nicht Seite nicht bereit gewesen, mitzuarbeiten. Aber sagen geklärt. wir mal so, diese ganzen Probleme sind natürlich Grund dafür, dass weitere Wiedervernässungsprojekte es Polder Bargischow wird ja jetzt für Nord Stream als Kom- schwer haben, selbst wenn sie in dem einen oder ande- pensationsmaßnahme anvisiert, ist auch vorher planfest- ren Fall notwendig oder sinnvoll wären. gestellt worden, allerdings nach langem Widerstand vor Ort und vielen Zugeständnissen. Da hat es auch Gesprä- Nun kann man sich nach diesen Ausführungen fragen, che mit den Bürgern gegeben und in diesem Kontext will warum dann Wiedervernässung. Ich habe es schon ein- ich durchaus mal auf das Thema Freiwilligkeit kommen, geräumt, es gibt gute Projekte, die im Einvernehmen mit denn auch da haben mich Klagen von Anwohnern er- Anwohnern und Nutzern auf den Weg gebracht wurden. reicht. Eine ältere Dame bekam ein Schreiben der Land- Der Minister hat schon argumentiert mit den sechs Millio- gesellschaft: „Wir beabsichtigen, Ihr Grundstück in An- nen Tonnen Kohlendioxidäquivalenten aus trockengeleg- spruch zu nehmen. Sie können uns das überlassen zum ten Mooren. Er präferiert den Anbau von Paludikulturen. Preis von …“ Es entsprach nicht den gängigen Grund- stückspreisen, möchte ich mal hinzufügen. „Wenn Sie Ich möchte in diesem Zusammenhang allerdings auf ein sich nicht dafür entscheiden, wird in der 44. Kalenderwo- Verbundforschungsprojekt der Universitäten Greifswald che die Maßnahme durchgeführt und Ihr Grundstück und Rostock zu Stoffumsetzungsprozessen an Moor- und dauerhaft unter Wasser gesetzt.“ Ob das nun freiwillig Küstenstandorten, die WETSCAPES, eingehen. Ich habe ist?! Wir haben es ausgewertet, wir haben Verbesserun- mich auf dem Parlamentarischen Abend mit der zustän- gen zugesagt. Die alte Dame wusste nicht mal, was die digen Dozentin unterhalten und sie hat mir gesagt, sie 44. Kalenderwoche ist. bewegen sich noch im Bereich der Grundlagenforschung. Das heißt also, Prozesse, die dort stattfinden, und deren Und es kamen auch durchaus Landwirte zu mir, und genaue Auswertungen befinden sich in einem Stadium, zwar viehhaltende Betriebe, denn nicht alles sind Eigen- wo man quasi erst mal gucken will, wie sich das Ganze tumsflächen, sondern es sind natürlich auch Pachtflä- entwickelt. Von daher sind wir auch – und das habe ich chen. Pachtflächen, die manchmal aber für den Betrieb am Anfang meiner Rede schon angedeutet – nicht so notwendig sind, können natürlich ohne Zustimmung, optimistisch, was die Perspektiven angeht, sondern wir denn der Eigentümer ist in diesem Falle das Land, aus wollen quasi erst mal wirklich wissenschaftlich validierte der Bewirtschaftung herausgezogen werden. Also von Ergebnisse haben, also immer noch die Frage, ob be- daher, es ist noch Luft nach oben, nicht nur in diesem stimmte Prozesse, so, wie wir sie uns wünschen, tatsäch- Bereich. lich so eintreten, und nicht die Frage, wie sie eintreten.

Der Anklamer Stadtbruch ist auch angesprochen worden. Wir als Fraktion haben – und das haben wir auch in der Wie gesagt, immer noch gibt es viele Leute, die dem Vergangenheit gemacht – die Forschung über Paludikul- 74 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 turen unterstützt, denn ich denke mal, wenn wir wieder- (Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU vernässte Moore haben, müssen wir auch über Nutzung und AfD – Zurufe von Andreas Butzki, SPD, reden. Nutzung war ja immer das Thema, das wir voran- und Jürgen Strohschein, AfD) gestellt haben. Allerdings, der Beweis von wirtschaftlicher Tragfähigkeit in diesem Bereich steht noch aus. Wir ha- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Weitere Wort- ben uns auch Musterbeispiele angeguckt, aber wirklich meldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aus- durchkalkulierte Maßnahmen sind uns da noch nicht sprache. untergekommen. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Aussprache Und ich habe auch mal die Frage nach dem Ausmaß gemäß Paragraf 43 Ziffer 2 der Geschäftsordnung des von artenschutzrechtlichen Einschränkungen nach Landtages zum Thema „Aktuelle Situation am Kranken- Renaturierung gestellt und auch da sind wir noch nicht haus Wolgast“, auf Antrag der Fraktion DIE LINKE. abschließend, denn wenn ich jetzt wieder höre, wie viele geschützte Tierarten sich nach der Renaturierung Aussprache gemäß § 43 Ziffer 2 GO LT wieder ansammeln, stelle ich mir natürlich die Frage, zum Thema ob wir dann, wenn die sich dort angesiedelt haben, Aktuelle Situation am Krankenhaus Wolgast das, was dann zu nutzen wäre, noch nutzen können. Denn wenn die Tiere unter Schutz stehen, wissen wir Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit ja, was passiert, dann ist auch die Nutzung ausge- einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe schlossen. und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache. Von daher gibt es – und die Überlegungen finden wir auch richtig – Überlegungen in Richtung eines ökologi- Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordne- schen Finanzausgleiches zwischen den Ländern oder te Jeannine Rösler. auch EU-weit. Das unterstützen wir ausdrücklich, aber Signale in diese Richtung gibt es noch nicht. Denn ich Jeannine Rösler, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Meine meine, mit dem Naturreichtum, den Mecklenburg-Vor- Damen und Herren! Die Situation am Kreiskrankenhaus pommern hat, ist es natürlich wichtig. Wenn wir so viele Wolgast ist nicht das erste Mal Thema in diesem Parla- Flächen aus guten Gründen aus der Nutzung nehmen ment. Meine Fraktion mahnt seit Dezember 2015 die müssen, sind wir in bestimmten Bereichen in der wirt- Sicherstellung einer gut erreichbaren, qualitativ hochwer- schaftlichen Entwicklung gehemmt und da kann es tigen und patientengerechten Krankenhausversorgung durchaus einen ökologischen Ausgleich geben und muss an diesem Standort an, auch vor dem Hintergrund der es perspektivisch auch. besonderen Situation als Tourismusregion und der damit verbundenen angespannten Verkehrslage. Allerdings stelle ich mir auch die Frage, ob es strategisch nicht zu einem Bumerang werden kann, wenn wir überall Für diejenigen, die damals noch nicht Abgeordnete waren, die Vorreiterrolle übernehmen, denn sollten wir wirklich in zur Erinnerung: Die Abteilungen Frauenheilkunde und der Diskussion mal so weit kommen, da Erstattungen Geburtshilfe und die Kinder- und Jugendmedizin am Kreis- auch über einen Finanzausgleich zu erhalten, erinnere krankenhaus wurden geschlossen. An ihre Stelle wurde, ich bloß an die CO2-Zertifikate. Bestraft wurden doch allerdings erst nach parlamentarischem und starkem au- diejenigen, die im vorauseilenden Gehorsam ihre Unter- ßerparlamentarischem Druck, eine Portalpraxisklinik mit nehmen auf einen vernünftigen Stand gebracht haben, zehn Plätzen für die medizinische Notversorgung von und diejenigen, die da noch gezögert haben, sind dann Kindern eingerichtet. Damit könnte alles gut sein, jeden- auch dafür noch monetär vergütet worden. Von daher falls nach den Darstellungen aus dem Wirtschaftsministe- muss man wirklich überlegen, wie viel wovon macht man rium. Mit einer Fachabteilung für Geriatrie, die seit Sep- und arbeitet man nicht vielmehr verstärkt daran, erst mal tember 2012 mit geplanten 30 Betten am Netz ist, ist das die Grundlage, sprich einen ökologischen Finanzaus- Kreiskrankenhaus auf den wachsenden Bedarf an Leis- gleich, auf den Weg zu bringen. tungen der Altersmedizin eingerichtet. Es gibt daneben Fachabteilungen für die Innere Medizin, die Anästhesie Deshalb möchte ich hier nur anregen, dass wir in diesem und Intensivmedizin sowie die Chirurgie, die auch Notfall- Zusammenhang mal über eine grundsätzliche Neuaus- verletzungen bei Kindern operiert, wenn nur kurze Be- richtung der Eingriffs- und Ausgleichregelungen diskutie- handlungs- und Beobachtungszeiten notwendig sind. ren, zumal wir ja auch immer diskutieren bei großen Maßnahmen, wo nehmen wir die Fläche für einen Aus- Da sind wir bei dem ersten Problem, das mehrfach zu gleich überhaupt hin. Und vielleicht verzichten wir weit- hören war. Die Portalpraxis für die Notfallversorgung von gehend auf darüber hinausgehende Maßnahmen. Das Kindern hat nur ein beschränktes Leistungsspektrum. Sie will ich jetzt hier auch nur als Anregung geben und nicht ist nur bis 22.00 Uhr mit Ärzten besetzt. Leichtere Fälle weiter darüber diskutieren. soll der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst versorgen, schwerere die Universitätsmedizin Greifswald. Das war Abschließend, für meine Fraktion steht fest – und ich habe politisch so gewollt. Die Form der Portalpraxisklinik ist ja gehört, darüber haben wir weitgehend Konsens –, Wie- bislang bundesweit kaum erprobt und sie ist auch noch dervernässung darf es nur mit und nicht gegen die Men- nicht Teil der Regelversorgung der gesetzlichen Kran- schen geben. Einschränkungen der Lebensqualität sind kenkassen. Deshalb wird diese Form in Wolgast von der nicht hinnehmbar. Schäden sind unbürokratisch zu Landesregierung mit 1,66 Millionen Euro über drei Jahre erstatten. Wenn wir uns darüber alle einig sind, dann, gefördert. Danach soll eine Evaluation erfolgen – unseres glaube ich, werden die Debatten über Wiedervernäs- Erachtens viel zu spät. sungsprojekte in der Zukunft nicht in der Härte geführt, wie wir das in der Vergangenheit getan haben. – Vielen Wenn die Evaluation ergeben sollte, dass sich die Portal- Dank. praxisklinik für Kinder am Kreiskrankenhaus nicht trägt – Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 75 denn schon heute fahren die meisten Krankenwagen mit ganz direkt mit den Beschäftigten, so, wie wir es getan kranken Kindern an Wolgast vorbei –, was wären dann haben! Ich hoffe, dass Sie ähnliche Erkenntnisse gewin- die Folgen? Soll der letzte Rest einer stationären medizi- nen und unser Anliegen verstehen. nischen Versorgung für Kinder und Jugendliche am Kreiskrankenhaus geschlossen werden oder zahlt die Meine Damen und Herren, wir wollen mit unserem Antrag Landesregierung weiter Millionenbeträge für den Erhalt auf Aussprache die Informationen über die Situation am dieser Form? Schauen Sie sich selber die Portalpraxis- Kreiskrankenhaus bündeln, uns ein Bild machen und uns klinik an und sprechen mit den Mitarbeiterinnen und Mit- darüber verständigen, wie die Lage verbessert werden arbeitern! Es gibt von ihnen durchaus Anregungen, wie kann. Nach unserer Auffassung brauchen wir alle Kran- das Modell erfolgreicher werden kann. Ähnlich schwierig kenhäuser im Land für eine wohnortnahe Versorgung. verhält es sich bei der geriatrischen Fachabteilung. Nach Ich freue mich auf die Diskussion. – Vielen Dank für Ihre meiner Kenntnis ist die Tagesklinik nur zu 35 Prozent Aufmerksamkeit. ausgelastet und arbeitet damit für das Kreiskrankenhaus nicht wirtschaftlich. Ein Zuschussgeschäft in dieser Grö- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) ßenordnung kann sich kein Krankenhaus leisten, erst recht nicht eines, das sich in schwierigem finanziellem und wirt- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Landes- schaftlichem Fahrwasser befindet. regierung hat ums Wort gebeten der Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Gesundheit. Wenn das Labor am Kreiskrankenhaus zum 1. Juni schließen soll, drohen die nächsten Probleme. Wie sollen Minister Harry Glawe: Sehr geehrte Frau Präsidentin! die Fachabteilungen, insbesondere die Intensivmedizin, Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Kreiskran- ohne ein Labor am Krankenhaus arbeiten? Wie sollen kenhaus Wolgast war, ist und bleibt ein wichtiger Be- Notfälle qualitativ hochwertig versorgt und ungeplante standteil der Krankenhauslandschaft in Mecklenburg-Vor Operationen dementsprechend geleistet werden, wenn pommern. Als Krankenhaus der Grund- und Regelver- es in Wolgast kein Labor mehr gibt? Wer jetzt auf Tele- sorgung soll es auch weiterhin in enger Kooperation mit medizin und Datenleitungen verweist, der blendet aus, der Universitätsmedizin Greifswald und den niedergelas- dass diese störanfällig sind und ausfallen können. In der senen Ärzten der Regionen seinen Versorgungsauftrag Tat gab es bereits solche Ausfälle, sodass Daten erst erfüllen und die Behandlung der Patienten auf hohem verspätet ankamen. Selbst betriebswirtschaftlich gese- Niveau sicherstellen. Soweit, Frau Rösler, ist es doch völlig hen, wäre eine solche Entscheidung höchst fragwürdig. klar, das Krankenhaus wird nicht geschlossen und die Auch andere Krankenhäuser betreiben zumindest kleine Kooperation mit der Universität wird nicht aufgekündigt. Labore und es ist zu beobachten, dass der Trend der Automatenlabore in Deutschland wieder rückläufig ist. (Torsten Koplin, DIE LINKE: Das hat niemand behauptet. – Jeannine Rösler, DIE LINKE: Wenn die Entscheidung der Laborschließung nicht korri- Das hat keiner gesagt.) giert wird, sehe ich schwarz für das Krankenhaus Wol- gast, denn das Leistungsangebot der Fachabteilungen Ja, ich will es nur sagen. In der Frage sind wir uns auch wird sinken. Vorschläge der Mitarbeiterinnen und Mitar- einig. beiter zur Strukturierung wurden dagegen ignoriert. Mit- arbeiter werden sich anders orientieren und je nach An- Wir haben natürlich insgesamt festzustellen, dass in den gebot das Kreiskrankenhaus verlassen. Und gute Ange- letzten Monaten und Jahren eine deutlich höhere Betten- bote für gutes Krankenhauspersonal gibt es heute auslastung erreicht werden konnte. Mittlerweile liegt die wirklich reichlich. Bereits heute werden im Kreiskranken- Bettenauslastung bei über 80 Prozent, vor drei Jahren haus nicht mehr alle freien Stellen besetzt, und das be- lag sie bei 72. Das heißt, das, was Sie jetzt sagen, dass lastet die verbleibenden Mitarbeiter zusätzlich. Wenn eine Unterfinanzierung vorliegt, können wir so nicht tei- jedoch auch Chefarztstellen nicht wiederbesetzt werden len. Es gibt weiterhin die Abteilungen Chirurgie, Orthopä- wie in der Chirurgie, wird das Leistungsspektrum des die und Unfallchirurgie, Innere Medizin inklusive Geriat- Krankenhauses eingeengt. Das kann für ein Kranken- rie, Anästhesie und Intensivmedizin sowie HNO und dazu haus wie Wolgast tödlich sein. die Portalpaxisklinik für Kinder und Jugendliche.

Meine Damen und Herren, das Kreiskrankenhaus Wol- Sie wissen, dass wir in dieser Frage – Sie haben es gast braucht dringend mehr Einfluss auf Entscheidungen richtig vorgetragen – rund 1,66 Millionen Euro zur Verfü- der Unimedizin Greifswald zum Standort Wolgast. Die gung gestellt haben, um ein Modellprojekt, das es zuge- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beklagen, dass sie zu gebenermaßen in Deutschland noch nicht gibt, zu erpro- wenig Mitspracherechte haben, und sie fordern zu Recht ben, und dass wir in drei Jahren feststellen, ob es eine einen Aufsichtsrat, weil der Beirat ein zahnloser Tiger ist. Versorgung dieser Art geben und man das in die Grund- Meine Fraktion unterstützt diese Forderungen. und Regelversorgung in besonderer Weise ins SGB V einbringen kann. Dazu braucht man diese Modellphase. Die Informationspolitik scheint auch nicht die Beste zu Wir werden uns das rechtzeitig ansehen, denn in dem sein. Viele Beschäftigte haben das Gefühl, dass alles nur Vertrag steht drin, dass nach drei Jahren eine Option auf in Hinterzimmern besprochen und festgelegt würde. Das weitere drei Jahre, also maximal sechs Jahre besteht. begründen sie damit, dass sie kaum erfahren würden, Dann würde das Modellprojekt fortgeführt werden. Von was die UMG in Bezug auf das Krankenhaus Wolgast daher kann man sagen, dass weiterhin vier Ärzte- und plane und wie das Konzept überhaupt aussehe. Sie kön- sechseinhalb Krankenschwesterstellen, die pädiatrisch nen nicht nachvollziehen, dass der Träger nach drei ausgebildet sind, finanziert würden. Jahren immer noch nicht wisse, wohin die Reise gehen soll. Ich appelliere deshalb an Sie: Nehmen Sie die Sor- Die Frage, die Sie in besonderer Weise bewegt hat – ich gen und Hinweise der Beschäftigten ernst! Sprechen Sie will vielleicht noch sagen, das Krankenhaus hat zurzeit nicht nur mit der Krankenhausleitung, sprechen Sie auch 155 Betten, in der geriatrischen Tagesklinik sind es 15, 76 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 das sind Dinge, die neu eingeführt worden sind, die rurgie übernehmen. Der Hintergrund war, dass der Chef- brauchen eine gewisse Anlaufphase –, ob die Versor- arzt der Chirurgie gekündigt hat und eine chirurgische gung mit Pädiatern sichergestellt wird, wird wie folgt Abteilung, ich glaube, in Pasewalk aufgemacht hat, wenn beantwortet: Es gibt eine angestellte Pädiaterin, einen ich es richtig draufhabe. Jedenfalls ist dort jetzt Ersatz. Pädiater, der dort auf Honorarbasis mitarbeitet und ver- Ab 01.07. wird auch ein neuer Geschäftsführer dann am tritt, und es gibt Greifswalder Pädiater, die die Versor- Krankenhaus Wolgast sein. Und das Nächste, was Sie gung der Sprechstunde von 17.00 bis 21.30 Uhr am erstaunlicherweise nicht vorgetragen haben, ist, dass Krankenhaus in Wolgast täglich absichern. Die Dienst- demnächst Tarifverhandlungen anstehen. Ich hätte ei- pläne sind schon bis September dieses Jahres erstellt, gentlich gedacht, dass die LINKEN das bringen, aber ich sodass keine Befürchtungen, auch bei Touristen, entste- sage es Ihnen: Tarifverhandlungen stehen an, wahr- hen müssen, dass die Versorgung von Kindern und Ju- scheinlich zum Jahresende. Allerdings müssen wir erst gendlichen nicht gewährt wird, zumal auch nachts die mal sehen, wie die Parteien sich einigen. Der Tarifvertrag Unfallchirurgie oder die Notaufnahme am Krankenhaus in läuft dann aus. Wolgast geöffnet sind. Wir sind natürlich weiterhin dabei, die Telemedizin zu Von daher muss ich sagen, die ganz großen Proteste etablieren und auch dafür zu sorgen, dass insgesamt die sind mittlerweile nicht mehr zu erleben. Es gibt natürlich Aufnahme oder auch die Untersuchungen der Jungen immer wieder Fragen, die dazu führen, dass Debatten und Mädchen, der Kinder, direkt auf der pädiatrischen geführt werden: Wie geht es mit dem Beirat? Was ist mit Station im Krankenhaus erfolgen und nicht mehr in der der Gesellschafterversammlung am Krankenhaus in Wol- Notfallaufnahme, sondern direkt auf der Station, sodass gast? Wie ist die Informationspolitik? Ich kann Ihnen man sofort ein kindgerechtes Umfeld hat, dass Spielmög- sagen, dass jetzt immer der Beirat vor der Gesellschaf- lichkeiten, Ablenkungen et cetera da sind. Ich denke, das terversammlung tagt, sodass der Beirat ein höheres haben alle Verantwortlichen nach einer gewissen Phase Gewicht hat als noch vor einem Jahr. Das ist auch in des Lernens zu einem Erfolgsprojekt gemacht. Das ist in besonderer Weise auf Initiative von Frau Dr. Knappik in Abstimmung mit Ärzten, mit Schwestern, mit den Eltern Abstimmung mit der Universitätsmedizin – mit Frau le und auch mit der Bürgerinitiative umgesetzt worden. Ich Claire hat das stattgefunden – geschehen, und das wird höre, dass das gut läuft. Wie viele Fälle pro Tag oder im am Krankenhaus gelebt. Monat anfallen oder entstehen, werden wir dann sehen, wenn das erste Jahr um ist. Und im nächsten Jahr ist die Zu der Geschichte, die Sie vorgetragen haben, dass Finanzierung auch klar. Dann müssen wir sehen, dass MTAs, also Laborkräfte, kündigen würden und sich ande- wir am Ende ein Modell entwickeln, das wir tatsächlich für re Arbeitsplätze suchen, kann ich Ihnen nur sagen, es die flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum sind sechs Verträge mit MTAs des Kreiskrankenhauses nutzen können. Wolgast geschlossen worden, die am 01.07. in die Uni- versitätsmedizin, in die dortigen Labore gehen und dort Meine Damen und Herren, es geht natürlich auch darum, arbeiten werden. Noch zwei weitere gehen in den Vorru- Baumaßnahmen vorzubereiten. Das Kreiskrankenhaus in hestand, sodass einerseits die Versorgung gewährleistet Wolgast ist durch eine Einfahrt etwas beschränkt, also von ist und andererseits die Arbeitsplätze für die Mitarbeiter der Höhe der Fahrzeuge et cetera kann es öfter mal – weiterhin gesichert sind. wahrscheinlich auch, wenn etwas schiefgeht – zu Unfäl- len kommen. Man hat vor, diesen Eingangsbereich des Notfallautomaten sind natürlich auf vielen Stationen not- Krankenhauses so zu gestalten, dass man dort Angebote wendig. Notfallautomaten werden auf der Chirurgie, bei macht, dass niedergelassene Ärzte auf der einen Seite der Inneren Medizin oder auch in der Pädiatrie, wenn sie ein neues Zuhause finden könnten, und andererseits nötig sind, durch das diensthabende Personal nach Ab- eine Notfallaufnahme am Krankenhaus Wolgast direkt sprache, welche Parameter erhoben werden müssen, ob für 7 Millionen geplant wird. Dazu habe ich beauftragt, das nun ein Blutbild ist, Hb-Wert oder Sättigung, CO2- dass das Krankenhaus eine Zielplanung macht. Auf der oder O2-Sättigung des Blutes et cetera – das will ich jetzt Grundlage der Zielplanung wird eine Raumplanung ent- einfach mal an den Rand stellen –, eingesetzt. Diese stehen, die dann zu einem Förderbescheid führt, sodass Parameter werden genauso an der Universitätsmedizin in man insgesamt sagen kann, dass einerseits die Qualität Greifswald auf den jeweiligen Stationen erhoben, obwohl in der Bausubstanz und andererseits auch die Qualität man das Labor vor Ort hat. der Ärzte, der Fachärzte und der Krankenschwestern deutlich gehoben werden. Also diese Notfallautomaten helfen dem Arzt schnell, die Krankheiten, zumindest die Notfallwerte zu erhalten, um Zu den Ausbildungsverträgen: Es sind zurzeit sieben erste therapeutische oder diagnostische Unterstützungen Ausbildungsverträge ab dem September 2018 für die zu bekommen. Ich halte das nicht für einen Fehler, ich nächsten drei Jahre gebunden. Also auch dort wird die halte das eher für richtig, dass man diese Themen so theoretische Ausbildung an den jeweiligen Fachschulen, begleitet, dass der Patient im Mittelpunkt steht und einer an der Fachschule, der Universität stattfinden und die guten Genesung entgegensehen kann. Ich will ausdrück- praktische Ausbildung wird dann einerseits in Greifswald lich den Ärzten, den Schwestern und MTAs danken, dass und andererseits speziell in Wolgast sichergestellt. sie diese verantwortungsvolle Arbeit über 24 Stunden in allen Krankenhäusern oder Notfallstationen in dieser Ich glaube, dass wir insgesamt dafür gesorgt haben, Qualität in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt gewähr- dass durch das Kommentieren und die Diskussionen mit leisten. allen Beteiligten dafür Sorge getragen wurde, dass deut- lich mehr Zuversicht vorhanden ist. Dass der eine oder Die andere Frage, die noch bei Ihnen zu einer gewissen andere immer noch nicht mit jedem Detail zufrieden ist, Herausforderung geführt hat, dass angeblich die Chefchi- gehört eigentlich zum normalen Leben. Das haben wir an rurgie nicht besetzt ist, kann ich entkernen. Ab 01.07. anderen Krankenhäusern auch, aber ich bin ganz zuver- wird ein neuer Chefarzt aus Berlin kommen und die Chi- sichtlich, dass wir insgesamt eine gedeihliche Zukunft für Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 77 das Kreiskrankenhaus Wolgast, aber auch für die Uni- dass alles gut ist und nur ein paar Leute, die eben nicht versität unter der gebildeten Partnerschaft und der Zu- mit allen Details zufrieden sind, sich da noch einfinden. ordnung durch das Kartellrecht erreicht haben. Ich lade Sie herzlich ein, kommen Sie zu den jede Wo- che montags um 17.00 Uhr stattfindenden Demonstratio- Jetzt liegt es an den jeweiligen Führungskräften, die nen vor dem Kreiskrankenhaus Wolgast! Kommen Sie Mitarbeiter mitzunehmen. Dazu gehört natürlich auch der einfach mal dazu und unterhalten sich mit den immerhin Personalrat. Ich glaube, wir sind auf einem guten Wege. üblicherweise zwischen 20 und 40 Leuten, die sich dort Die Diskussionen sind deutlich geringer geworden. Ich einfinden! bin jederzeit bereit, wenn es richtig klemmt, noch mal hinzufahren und mit allen zu reden. Das hat in den Jah- (Harry Glawe, CDU: Glauben Sie, ich ren immer geklappt. Das brauche ich wahrscheinlich habe Angst davor, dorthin zu kommen?) nicht mit 1.000 Leuten in der Kirche zu machen. Im Prin- zip glaube ich, dass wir moderne telemedizinische Unter- Nein, Angst sollen Sie nicht bekommen, aber vielleicht suchungen, Zweitmeinungen und die Vernetzung zwi- ein Gespür dafür, wie man mit den berechtigten Protes- schen Hausärzten, Fachärzten und dem Krankenhaus ten nicht umgehen sollte, indem man sie kleinredet, son- hinkriegen. Das gilt genauso für die Universität. dern die Menschen möchten gerne ernst genommen werden. Ein letztes Wort: Ich würde mir wünschen, dass wir in der Pflege auch dafür sorgen, dass wir in Greifswald und (Harry Glawe, CDU: Gerne!) Rostock Lehrstühle einrichten. Dazu müssen natürlich noch intensive Gespräche geführt werden, vor allem die Das, was Sie gesagt haben, hat bei mir jedenfalls den Diskussionen, wo ich nur darauf hinweisen will, dass die Eindruck hinterlassen, dass das nur teilweise der Fall ist. Lehrstühle ein Jahr vorher ausgeschrieben werden müs- Es gab auch positive Aspekte – ich komme gleich noch sen. Das würde heißen, wenn wir den Hochschulab- darauf –, aber solche Redewendungen kommen, jeden- schluss für die Pflege an den beiden Universitäten und in falls bei mir, gar nicht gut an. Wie gesagt, ich kann nur Neubrandenburg etablieren wollen, müssen wir nach mei- sagen, vielleicht kommen Sie zum Ferienbeginn dieses ner Überzeugung im nächsten halben Jahr eine Lösung Jahres mal nach Wolgast, vielleicht erleben Sie da wie- schaffen oder wir sagen, das wird auf 2020 verschoben. der einen der großen Proteste, die Sie scheinbar so vermissen. So weit, so gut – kurzer Bericht, Sachstandsbericht. Falls es notwendig ist, das kündige ich schon an, komme ich (Heiterkeit und Zuruf von Harry Glawe, CDU – noch mal nach vorne. – Vielen Dank. Zuruf von Torsten Renz, CDU)

(Beifall vonseiten der Fraktionen Gut. Zur Portalpraxisklinik mit zehn Plätzen. Sie haben der SPD und CDU) recht, vergleicht man das mit dem Zustand, als die Kin- derabteilung ganz geschlossen war, ist natürlich einiges deutlich besser geworden. Das darf man auch nicht in Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Der Minister Abrede stellen. Es ist ein Zustand erreicht, mit dem man hat seine Redezeit um dreieinhalb Minuten überschritten. leben kann, aber mehr auch noch nicht. Das liegt nicht unbedingt an der Idee der Portalpraxisklinik, damit kann (Minister Harry Glawe: Ja?) man sich arrangieren, aber Sie hatten selber gesagt, dass die abendliche Versorgung nur bis 21.30 Uhr si- Ja. Sie hatten 10 Minuten angemeldet und es sind knapp chergestellt ist und auch nur durch einen Pädiater aus 14 geworden. Greifswald. Das wirft Fragen auf.

(Heiterkeit auf der Regierungsbank) Erst mal ist die Versorgung in den Nachtzeiten – und Kinder fragen mit ihren Beschwerden, mit ihren Krankhei- Diese Redezeit steht den Oppositionsfraktionen noch zur ten und ihren Notfällen nicht unbedingt danach, was für Verfügung, aber es hat noch jede Fraktion genügend. eine Zeit ist, und Eltern werden vielleicht auch sehr schnell und zu Recht sehr angespannt, wenn es ihren Jetzt erhält das Wort für die Fraktion der AfD der Abge- Kindern nicht gut geht –, 21.30 Uhr, natürlich ein Prob- ordnete Professor Dr. Weber. lem. Wenn Sie dann noch einen Notarzt anrufen auf der Insel Usedom und gesagt kriegen, es dauert eine Stun- Dr. Ralph Weber, AfD: Liebe Bürger von Mecklenburg de, bis der bei den Betroffenen ist, und dann muss noch und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen! Liebe nach Greifswald gefahren werden, sind das Zustände, Gäste! von denen ich nicht sagen würde, es sind ein paar De- tails, mit denen einige unzufrieden sind, sondern das sind Herr Minister Glawe, Sie haben zweimal in Ihrer Darle- nach wie vor bestehende große Probleme. gung gesagt, die großen Protestaktionen seien jetzt nicht mehr vorhanden in Wolgast. Kann ich da raushören, (Zuruf von Harry Glawe, CDU) dass Sie sich diese Zeiten vielleicht zurückwünschen? Wenn Sie das möchten, können Sie jederzeit wieder mit Damit sollte man ernst machen. Es sollte jedenfalls si- großen Protestaktionen konfrontiert werden. chergestellt werden, dass diese Portalpraxisklinik auch nachts mit einem ärztlichen Mitarbeiter besetzt ist. Mit (Zuruf von Harry Glawe, CDU) „nachts“ meine ich von 22.00 Uhr, bis der Frühdienst wie- der anfängt. Das ist ein bestehender erheblicher Mangel. Es ist nämlich nicht so, wie Sie es gesagt haben, Bei der Geburtshilfe hat sich nach wie vor nichts getan, (Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD) obwohl die neuen Berechnungsschlüssel für die erforder- 78 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 lichen Geburtenzahlen bei der Geburtshilfe bei Kliniken wieder zur Bürgerinitiative kommen und sich deren Fra- im ländlichen Raum abgesenkt wurden auf eine Zahl, die gen stellen würden. Wie gesagt, es soll nicht alles Wolgast vor der Schließung der Geburtshilfe immer hatte. schlechtgeredet werden, es ist einiges besser geworden Die neuen Zahlen wären erreicht, was die Geburtenzahl im Vergleich zu dem Zustand, als beide Abteilungen angeht – für Kliniken im ländlichen Raum ist das abge- völlig geschlossen waren, aber es bleibt noch viel zu tun. senkt worden –, nur, da in Wolgast keine Geburten mehr Ich möchte Sie dringend aufrufen, nehmen Sie den Pro- stattfinden, kann das Krankenhaus Wolgast davon auch test, der jetzt nur noch montags vor der Klinik und nur nicht profitieren. Das ist also leider, wenn man es so will, von 20 bis 40 Damen und Herren getragen wird, ernst, zu spät gekommen, aber trotzdem sollte man auch diese um zu verhindern, dass wieder 600 oder 1.000 Leute auf Bedenken ernst nehmen. der Straße stehen! – Danke schön.

Bei der Notfallversorgung hatten Sie gesagt, 7 Millionen (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – sind dort geplant. Das höre ich super gerne, weil man Harry Glawe, CDU: Wollen Sie auch immer wieder hört, dass bei der Notfallversorgung wieder drohen hier, oder was?!) dieses Dreiklassensystem eingeführt werden soll und so weiter und dass vor allem die Kliniken im ländlichen Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Fraktion Raum darunter leiden würden. Ich entnehme daraus, der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dahlemann. dass jedenfalls das Kreiskrankenhaus Wolgast davon nicht betroffen ist. Das höre ich gerne, das nehme ich Patrick Dahlemann, SPD: Sehr geehrte Frau Präsiden- gerne an und leite es deswegen so auch noch mal aus- tin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! drücklich weiter. Herr Abgeordneter Weber, ich will zunächst sagen – Herr (Zuruf von Harry Glawe, CDU) Abgeordneter Professor Dr. Weber, bevor Sie mich wie- der verbessern –, sich mit den vielen Demonstrationen, Aber zur Notfallversorgung gehören gerade auch die die in Wolgast stattgefunden haben, und mit dem, was Geburtshilfe und die Kinderabteilung. Die sind nach wie die Bürgerinitiative da auf die Beine gestellt hat, schon vor, jedenfalls in den Nachtstunden bei der Kinderabtei- fast drohend zu schmücken, ist, finde ich, eine Anma- lung und bei der Geburtshilfe grundlegend, nicht sicher- ßung. Sie sind doch wie eine Art Trittbrettfahrer auf ein gestellt. Gerade, wenn man die Verkehrssituation in Thema aufgesprungen, als es Unmut gab, als es harte Usedom – dazu kommen wir morgen noch – dazunimmt, Debatten gab und Sie versucht haben, daraus politischen dann sieht man, dass erhebliche Probleme bestehen, Honig zu ziehen. Ich glaube, die Menschen vor Ort wis- gerade mit Blick auf Notfallversorgung von Kindern und sen am besten, dass Sie am wenigsten zu der Lösung Schwangeren. Damit sollte man sich nicht zufriedengeben. dieses Themas beigetragen haben.

Wenn man dann überlegt, warum ist das Ganze so, die (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Schließung, angeleiert durch den Verkauf des Kranken- Dr. Ralph Weber, AfD: Fragen hauses Wolgast weitgehend an die Ernst-Moritz-Arndt- Sie die doch einfach!) Universität Greifswald, Unimedizin, die einen lästigen Konkurrenten beseitigt hat in diesen Bereichen: Sie wissen Meine sehr geehrten Damen und Herren, die medizini- selber, dass es kartellrechtliche Gutachten gab, die er- sche Versorgungslandschaft in Vorpommern, speziell im hebliche Bedenken gegen diese Transaktion aufgewiesen Landkreis Vorpommern-Greifswald, stand vor großen haben. Darüber hat sich die Landesregierung hinwegge- Herausforderungen – zweifelsohne. Es ging uns damals, setzt und es trotzdem befürwortet, diesen Kauf. Dann hat aber ich will einschieben, es geht uns auch heute darum, man in Wolgast eben die Folgen zu tragen gehabt. tatsächlich den Erhalt aller Krankenhäuser in Mecklen- burg-Vorpommern zu sichern. Ich bin Gesundheitsminis- Das alles zusammengenommen sehe ich als intensiven ter Harry Glawe sehr dankbar dafür, dass er noch einmal Auftrag an, sich weiter für dieses Krankenhaus in Wol- das gesamte Maßnahmenpaket dargestellt hat. Es ist ein gast und vor allem für die Kinderstation und die Geburts- langes Maßnahmenpaket mit vielen Detailentscheidun- hilfestation einzusetzen und nach Wegen zu suchen, gen, die aber dazu beitragen, dass die Reaktivierung der eine ordnungsgemäße medizinische Versorgung wieder- Portalpraxisklinik, der kindermedizinischen Versorgung aufzubauen. Das, was wir jetzt haben, ist ein Notfallplan, und damit auch die Sicherung des Kreiskrankenhauses der aber nicht in die Regelversorgung überführt werden in Wolgast insgesamt gelingen. sollte, sondern das muss deutlich nachgebessert werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will gerne Weil Sie die Tarifverhandlungen/Tariferhöhungen und die noch in Erinnerung rufen, wie der Werdegang des The- 1,6 Millionen Förderung durch das Land in dieser Evalua- mas war. Ministerpräsident hatte die tionsphase selber angesprochen haben: Ein Jahr ist rum, Bürgerinitiative zum Erhalt des Kreiskrankenhauses Wol- fast zwei stehen noch aus und in den folgenden zwei Jah- gast in die Staatskanzlei eingeladen und ich kann sagen, ren wird das, wenn man mal davon ausgeht, vielleicht der Landesregierung war klar, dass wir bei diesem The- etwa fünf Prozent Gehaltserhöhung, 100.000 Euro pro ma handeln müssen. Ich glaube, auch in den Landtags- Jahr, noch mal 200.000 Euro ausmachen. Da würde mich debatten ist es manchmal notwendig, dass wir darauf schon interessieren, legt das Land das auf die 1,6 Millio- hinweisen, dass Politik von Menschen gemacht wird und nen drauf oder wird dann die ärztliche Versorgung um niemand ist unfehlbar – ein Grundsatz, den wir, glaube diese 200.000 Euro, die die Personalstruktur und das ich, bei allen Diskussionen, auch im politischen Wettbe- Ganze verteuert, noch weiter eingeschränkt? werb, immer im Hinterkopf behalten sollten und müssen. Deshalb war es konsequent, Entscheidungen aus der Es sind also noch eine ganze Menge Fragen zu klären. vergangenen Legislatur tatsächlich auch noch mal auf Es wäre schön, wenn Sie nicht nur, wenn es unbedingt diesen Prüfstand zu setzen, sie zu überdenken und nach nottut, wie Sie es gesagt haben, sondern einfach so mal der Prüfung eventuell zurückzunehmen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 79

Das haben wir als Landesregierung getan, denn bei allen in Wolgast gesehen als in Schwerin. Das lag nicht daran, sachlichen Gründen, die für diese Entscheidung zum dass wir so selten in Schwerin sind, sondern dass wir viel damaligen Zeitpunkt gesprochen haben, müssen wir Zeit und Kraft in diese Veranstaltungen in Wolgast inves- feststellen, dass wir die Akzeptanz der Menschen, der tiert haben. Ich persönlich bin froh darüber, dass wir Bürgerinnen und Bürger in dieser Region in den Blick heute keine Kirche mit 1.000 Leuten erleben, wo die nehmen. Eine Akzeptanz für die Schließung – da will ich Menschen vor Angst, auch vor Unmut gar nicht wissen, mich speziell auf die Kinderklinik beziehen – hat es in der wie geht es nun weiter, sondern jetzt insgesamt merken, Region nicht gegeben. Das muss man so festhalten. dass dieses Maßnahmenpaket tatsächlich wirkt. Deswegen muss man auch ehrlicherweise sagen, dass das Thema, gepaart mit vielen Herausforderungen der Liebe Frau Rösler, ich habe eine Bitte. Meine Bitte ist: Region Wolgast, aber auch der Insel Usedom, vielleicht Bitte geben Sie diesem Modellprojekt eine Chance! Ich ein Thema zu viel war für diese Region. glaube, dass da Bestandteile drin sind, die Sie in der letzten Legislatur hier im Landtag von uns als Landesre- Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der gierung gefordert haben. Wir haben davon Dinge über- Fraktion DIE LINKE sehr dankbar für diese Aussprache, nommen, weil wir die parteipolitische Brille bei diesem so denn die Aussprache gibt uns die Chance, noch einmal besonderen Thema weggelassen haben. Dazu kann ich ein für den einen oder anderen vielleicht nur regionalpoli- uns alle gemeinsam nur ermutigen. tisches Thema hier im Landesparlament diskutieren zu können. Klar ist eben auch, dass man mit diesem Thema (Peter Ritter, DIE LINKE: nie so richtig fertig sein wird. Es wird nicht den Tag ge- Wir haben nichts infrage gestellt.) ben, wo wir sagen, jetzt muss der Gesundheitsminister da nicht mehr hinfahren, sondern das ist ein Thema, wo Wir als Landesregierung sind bereit, viel Kraft in dieses man permanent mit den Partnerinnen und Partnern vor Thema zu investieren. Der Gesundheitsminister ist da- Ort im Gespräch ist. rauf eingegangen, dass dieses Modellprojekt die Chance auf eine Verlängerung hat. Insgesamt ist es wichtig, dass wir dahin kommen, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, ein Klima, wo die Insgesamt ist festzuhalten, die Erfahrungen, die wir in Menschen in der Region wahrnehmen, dass wir sehr Wolgast sammeln, stehen doch modellhaft für unser ge- wohl diese Maßnahmen so gestaltet haben, dass das samtes Bundesland, sie stehen für den Konflikt der me- Krankenhaus sicher ist und endlich für die Mitarbeiterin- dizinischen Versorgung. nen und Mitarbeiter, aber vor allem auch für die Patien- ten Ruhe einkehrt. Sie wissen, dass sie eine gute medi- (Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: zinische Versorgung und ein Krankenhaus haben, wo sie Oha! Habt ihr darüber abgestimmt?) am Ende auch tatsächlich gesund nach Hause gehen. Sie stehen modellhaft für unser gesamtes Bundesland, Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich sehr froh, dass davon bin ich überzeugt, Herr Renz. Überall im ländli- das Thema keine Rolle im Landratswahlkampf gespielt chen Raum, wo wir eine zurückgehende Bevölkerung hat. Ich glaube, es war gut, dass sich die politischen haben, wo wir Herausforderungen im Bereich des Fach- Parteien darauf verständigt haben, dass wir das da nicht ärztemangels haben, wo Krankenhäuser mit tatsächli- hochziehen. Am Ende wäre das wieder nur ein Spielball chen Auslastungszahlen kämpfen, sind wir als Politik auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewesen. gefragt, dafür Lösungen zu finden. Da bin ich sehr froh, dass das so nicht eingetreten ist. Deshalb abschließend vielleicht noch einmal auf den Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich Koalitionsvertrag des Bundes verwiesen: Da stehen in gibt es noch offene Diskussionspunkte: Wie geht es dem gesamten Absatz „Krankenhaus“ Dinge drin, die für weiter mit den Investitionen? Wie geht es weiter im Be- uns als Land Mecklenburg-Vorpommern vielleicht eine reich des Tarifvertrages der Mitarbeiterinnen und Mitar- „besonderere“ Bedeutung haben als für manche Bal- beiter? Wie bezieht die Hausleitung, die Geschäftsfüh- lungszentren in den alten Bundesländern. Deshalb, lieber rung der Universitätsmedizin die Mitarbeiterinnen und Harry, bin ich mir ganz sicher, dass du deinen Bundes- Mitarbeiter stärker in diesen Umstrukturierungsprozess gesundheitsminister da auch schieben wirst, bis wir in mit ein? Wie garantieren wir noch mehr Mitsprache so- diesen Strukturfragen vorankommen. Zum Beispiel das wohl der Stadt Wolgast als auch des Landkreises, des Thema Krankenhausplanung oder der Verbund von Betriebsrates? Die Stichworte „Aufsichtsrat“ und „Beirat“ Schwerpunktkrankenhäusern mit örtlichen Pflegeanbie- sind dabei gefallen? Aber natürlich gehört auch die Frage tern, das sind Modelle, die für diese Region ganz maß- dazu, wie läuft die Portalpraxisklinik an. gebliche Konsequenzen haben können.

Da kann ich Ihnen sagen, liebe Frau Rösler, Sie haben Abschließend möchte ich mich noch einmal bei denen sich gewünscht, dass wir uns dazu ein Bild vor Ort ma- bedanken, die diesen Prozess begleitet haben. Frau chen und mit den Kolleginnen und Kollegen sprechen. Dr. Knappik wurde sehr zu Recht von der Stadt Wolgast Ministerpräsidentin Manuela Schwesig war vor Ort und für ihr Engagement in dieser Sache ausgezeichnet. Wir hat sich noch mitten in der Startphase die Portalpraxiskli- waren beide dabei, als sie diese Auszeichnung entge- nik angeschaut. Für uns Sozialdemokraten kann ich das gengenommen hat. Aber sie steht stellvertretend für viele als selbstverständlich ansehen und es war klar, dass wir und deshalb gilt unser Dank der Bürgerinitiative. als Vertreter der Landesregierung mit dem Betriebsrat hinter verschlossenen Türen sprechen und auch über das Mein abschließender Appell: Lassen Sie uns in dieser eine oder andere Problem ganz offen diskutiert haben. Sache jetzt dem Thema mal ein bisschen Zeit geben, um am Ende wirklich evaluieren zu können, was hat dieser Meine sehr geehrten Damen und Herren, Minister Glawe Kraftakt der Landesregierung gebracht! – Vielen Dank für und ich haben uns, glaube ich, in dieser Phase häufiger Ihre Aufmerksamkeit und vielen Dank für diese Aussprache. 80 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) das eine endlose Fahrt. Letztlich muss die Frage geklärt werden, wie in Zukunft die Bevölkerung der Insel Use- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Fraktion dom versorgt wird. Das Krankenhaus Wolgast darf nicht der BMV hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Manthei. nur in ein besseres Altenheim verwandelt werden. – Vielen Dank. Dr. Matthias Manthei, BMV: Sehr geehrte Frau Präsi- dentin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Ich weiß nicht, Herr Dahlemann, wie Sie das gerade ge- Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- meint haben, aber als Sie gesagt haben, dass das Kran- on der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Ehlers. kenhaus Wolgast modellhaft fürs ganze Land sein soll, bin ich natürlich ein bisschen zusammengezuckt und hoffe, Sebastian Ehlers, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr dass wir nicht in anderen Krankenhäusern in Mecklenburg- verehrten Damen und Herren! Ich freue mich erst mal, als Vorpommern die gleichen Probleme bekommen werden. einziger mecklenburgischer Abgeordneter zum Thema Aber Sie werden es sicherlich anders gemeint haben. Wolgast hier sprechen zu dürfen. Nachdem die Kollegen, die ja auch alle einen Wahlkreisbezug haben, bezie- Zur aktuellen Situation des Krankenhauses Wolgast: Die hungsweise unser Minister, dazu gesprochen haben, ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zunächst gab freue ich mich, den Reigen zu schließen, denn Wolgast es erhebliche Einbußen. Wir haben einmal die Geburts- hat auch für mich eine besondere Bedeutung. Wir haben hilfe und die Kinderheilkunde, die hier eingestampft wur- 37 Krankenhausstandorte, aber natürlich ist Wolgast – den, da gab es erheblichen Widerstand in der Bevölke- alle die, die es in den letzten Jahren verfolgt haben, wis- rung vor Ort, aber auch das Labor wurde zurückgefahren. sen es – ein sehr besonderer Standort. Die nunmehr eingerichtete Pädiatrische Portalpraxisklinik ersetzt keine vollwertige Kinderstation. Es ist ja auch ge- Zwei Tage, nachdem ich in der Fraktion zum Sprecher sagt worden, es befindet sich sozusagen in der Erpro- für Gesundheitspolitik ernannt wurde, kam unser Par- bung, es ist ein Modellversuch. Das bedeutet aber auch, lamentarischer Geschäftsführer auf mich zu – das war dass die Landesregierung offen sein muss für Verände- direkt nach der Fraktionssitzung –, wir haben übrigens rungen. Wenn sie selber sagt, das ist nur ein Modellver- in zwei Tagen eine Demo in Wolgast, da kommen unge- such, hoffe ich, dass es dort noch Verbesserungen gibt. fähr 1.000 Leute, du musst da hin, du musst dort spre- chen. Das habe ich auch gemacht. Kollegin Rösler war Auf dieser Kinderstation gibt es zwar Betten, aber kein da, Kollege Professor Weber war da. Personal, das die Kinder rund um die Uhr versorgt. Über Nacht wird die Station geschlossen. Die Ärzte, die hier (Peter Ritter, DIE LINKE: Die vorpommerschen angesprochen wurden, sind nur tagsüber da. Was pas- von der CDU haben sich nicht getraut, was?) siert also, wenn ein Kind über Nacht im Krankenhaus sein muss? Es wird vor Dienstschluss des Arztes nach Ich finde auch, es ist wichtig, dass man sich solchen Greifswald transportiert. Es sind mir auch Beispiele be- Situationen, kritischen Situationen stellt und dass man richtet worden von zwei Kindern, die über Nacht von dort Rede und Antwort steht. Wolgast nach Greifswald gebracht werden mussten. Das macht dann für den Rettungsdienst etwa drei Stunden (Zuruf von Torsten Renz, CDU) Pendelei – Stunden, die der Rettungsdienst gebunden ist und währenddessen er für Notfälle in Wolgast und Um- Für mich war das Thema als damals neu gewählter Ab- gebung fehlt. Dabei sind uns ja die Probleme bei der geordneter auch etwas neu, deswegen glaube ich, es Hilfsfristeinhaltung bekannt. Alle Kinder, die stationär war ganz sinnvoll, dass man den Dialog gesucht hat. behandelt werden müssen, werden also nach Greifswald gebracht und selbstverständlich bleiben sie dann auch (Zuruf von Marc Reinhardt, CDU) dort. Für Eltern, die auf Usedom wohnen, ist es tagtäglich ein weiter Weg, wenn sie ihre Kinder besuchen wollen. Und wir haben im Dezember 2016 – ich glaube, es war die letzte Landtagsdebatte – dieses Thema gehabt, da Erst kürzlich hat auch der Gemeinsame Bundesaus- gab es Anträge der Opposition. Die Debatte heute zeigt – schuss der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Kran- die ist etwas ruhiger als damals –, dass schon einiges kenhäuser und Krankenkassen erklärt, dass eine flä- auf den Weg gebracht wurde. chendeckende Versorgung mit Geburtshilfe dann als gefährdet gilt, wenn durch die Schließung eines Kran- Ich finde es auch richtig und wichtig, zu sagen – ich habe kenhauses in dünn besiedelten Gebieten Pkw-Fahrzeiten es damals in der Debatte gesagt –, dass nicht alles rich- von mehr als 40 Minuten notwendig sind, um zur nächst- tiggemacht wurde, sonst hätten wir ja dort nicht das Er- gelegenen geeigneten Klinik zu gelangen. Dieser Bun- gebnis gehabt und auch nicht die Aktivitäten der Landes- desausschuss legt verbindlich fest, was sozusagen für regierung. Das muss man an der Stelle noch mal sagen. eine zweckmäßige und ausreichende Gesundheitsver- Ich fand es gut, wie Harry Glawe als neuer Gesund- sorgung notwendig ist. 40 Minuten Fahrzeit werden oft, heitsminister das Thema engagiert angepackt hat, auch gerade in den Sommermonaten, für weite Teile Usedoms in einem sehr transparenten Prozess, der von der Bürger- nicht reichen, um nach Greifswald oder beispielsweise initiative – so habe ich sie zumindest wahrgenommen – von Heringsdorf nach Anklam zu kommen. unterstützt wurde. Auch unsere Ministerpräsidentin hat kurz nach ihrer Wahl erklärt, dass die Schließung der Ohne das Krankenhaus Wolgast muss diese Region in Kinderstation ein Fehler war. Das zeigt ja, dass wir uns in dieser Hinsicht als unterversorgt gelten. Wenn die medi- der Koalition einig sind. zinische Versorgung in Wolgast heruntergefahren wird, werden die Wege für viele Patienten länger. In der Ur- Ich erinnere mich an die Debatte im Ausschuss. Ich habe laubszeit mit den vielen Touristen auf den Straßen wird gerade noch mal nachgeschaut, das war Anfang Juli Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 81 vergangenen Jahres, also fast ein Jahr her, da gab es ja vielleicht das Angestelltenverhältnis weniger attraktiv, sogar Lob von der Opposition für das vorgetragene Kon- aber es gibt durchaus Vorteile, die viele Ärzte sehen: zept. Da hat der Minister zum Thema vorgetragen. Ich vielleicht etwas geregeltere und familienfreundlichere kann mich erinnern, dass es Lob aus der Opposition gab. Arbeitszeiten. Ich höre, dass die Grund- und Regelver- Deswegen war ich im ersten Moment schon etwas ver- sorgung nicht gesichert sein sollen, das wurde hier in den wundert über die heutige Aussprache, was denn der Raum gestellt. Das kann ich nicht so ganz nachvollzie- Inhalt sein sollte. Frau Rösler hat dann dankenswerter- hen. Da würde ich gerne die Argumente hören, wenn ich weise etwas zur Aufklärung beigetragen. Was ich aller- höre, dass der Betriebsrat das etwas anders sieht. dings vermisst habe – aber vielleicht sagen Sie noch was dazu, Sie haben ja einige Punkte angesprochen, die Sie Sie haben außerdem angesprochen, dass eine Notver- kritisch sehen –, ist, wo jetzt Ihr konkreter Lösungsan- sorgung vorhanden ist, die jedoch kaum genutzt wird. satz, woraus Ihr eigener Plan besteht. Das habe ich noch Gut, da muss man dann natürlich wieder die Frage stel- nicht so richtig rausgehört. Aber vielleicht sagen Sie dazu len: Woran liegt das? Wo kann man dort überhaupt steu- noch was bei der weiteren Wortmeldung. ernd eingreifen, wenn beispielsweise Notfälle sind? Das war ja damals auch ein Argument in der Debatte. Wenn (Torsten Koplin, DIE LINKE: Das sagen natürlich dort schwerwiegende Notfälle sind, dann wer- wir nicht! Das sagen wir nicht!) den sich wahrscheinlich viele Elternteile dafür entschei- den, direkt an die Uniklinik nach Greifswald zu fahren, an Das Thema Portalpraxisklinik ist einige Male angespro- Wolgast vorbei. Das waren damals schon die Argumente chen worden, und da will ich mal eines ganz klar und auf der einen Seite und da muss man sich vielleicht deutlich sagen – wir als Mecklenburger und Vorpommern ein Stück weit auch der Realität stellen. Alles andere, sind ja immer etwas bescheiden, etwas ruhiger und zu- finde ich, sollte man besprechen. Der Minister hat ja rückhaltender –: Wenn man bei dem Thema auf Bundes- angeboten, regelmäßig dazu zu berichten und im Ge- ebene unterwegs ist oder mit den Akteuren der Gesund- spräch zu sein. heitspolitik in Berlin spricht, dann ist Wolgast mit der Portalpraxisklinik dort ein Thema. Die kennen Wolgast, Ich will jetzt gar nichts schönreden. Das ist, glaube ich, weil die sagen, Mensch, ihr seid da in Mecklenburg- auch nicht angebracht bei dem Thema. Ich glaube, wir Vorpommern ganz vorne, ihr traut euch auch mal, etwas haben eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur Mutiges, etwas Innovatives zu machen in einer struktur- Situation Ende 2016, und das ist etwas, worauf wir ge- schwachen Region, das könnte beispielgebend werden meinsam stolz sein können, aber auch nichts, worauf für andere Regionen. Ich finde, darauf können wir bei uns man sich jetzt ausruhen sollte. Die Probleme, die ange- im Land ruhig stolz sein. Das hat mir jetzt bei dem Bei- sprochen wurden, muss man klar und deutlich benennen trag der LINKEN an der Stelle etwas gefehlt. und klar und deutlich diskutieren. Am Ende ist es halt so, wir kriegen das Krankenhaus perspektivisch nur sicher, Das Modellvorhaben – das ist angesprochen worden – wenn wir die entsprechenden Zahlen haben, wenn die wird unterstützt mit Landesmitteln. 1,6 Millionen Euro wer- Patienten auch dort hinkommen. den zur Verfügung gestellt, unter anderem aus dem viel kritisierten Strategiefonds. Das ist, glaube ich, wirklich ein Das wäre natürlich unser großer Wunsch. Wir haben Thema, was für das Land von strategischer Bedeutung dafür hier im Land als Koalition den Rahmen gesetzt, ist. Wir haben die Finanzierung für drei Jahre und dann werden weiter daran arbeiten und stellen uns, wir als soll es ja evaluiert, überprüft werden. Ich glaube, das ist Fraktion, wenn es Gesprächswünsche gibt, auch der ein guter Zeitraum. Das kürzer zu machen – das war ja Bürgerinitiative vor Ort, gerne dem Dialog. Wenn es einer von Ihren Ansätzen –, halte ich persönlich für nicht Probleme gibt, dann muss man die benennen und versu- so zielführend, weil ich glaube, dass man schon eine ge- chen, sie gemeinsam zu lösen. Deswegen herzlichen wisse Zeit braucht, um das überprüfen zu können. Denn Dank für die Aussprache und dass Sie mir so aufmerk- es gibt auch saisonbedingt Schwankungen. Ich habe mir sam zugehört haben. – Vielen Dank. die Zahlen raussuchen lassen: Vom 01.01. bis 31. Mai hatten wir, glaube ich, über 1.000 Fälle dort gehabt. Da (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) zeigen sich schon Schwankungen in den Bereichen, auch was Urlaub angeht, in den Urlaubsmonaten, aber Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- nicht so dramatisch, wie es damals – ich erinnere mich on DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Koplin. an die Debatten vor der Landtagswahl – skizziert wurde. Torsten Koplin, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Sehr Wir hören von Schwierigkeiten, was die Kinderarztstellen geehrte Damen und Herren! Herr Ehlers hat ja eben angeht. Das ist auch bekannt an der Stelle. Es ist natür- einige Fragen gestellt, die Beantwortung finden sollen. lich so, dass es nicht eine Lex specialis in Wolgast ist. Das ist kein Problem, was nur Wolgast hat, sondern (Zuruf von Torsten Renz, CDU) natürlich muss auch in verschiedenen anderen Bereichen gegengesteuert werden. Wir reden im Land – wir haben Frau Kollegin Rösler hat darauf hingewiesen, wie wir die es auf den Weg gebracht – über das Thema Stipendien- Situation im Moment einschätzen, und ich will gern noch programm, wir reden über Zulassungsvoraussetzungen, mal zur Aufklärung beitragen. Ausbildungskapazitäten an den Universitäten. Ich glaube, das ist ein wirklich konkretes Handeln, um wieder mehr Herr Ehlers, Sie haben recht, wir haben in der besagten Ärzte zu bekommen. Wirtschaftsausschusssitzung schon Lob geäußert gegen- über dem Handeln von Minister Glawe, und das will ich Wir hören auch, dass niedergelassene Ärzte nicht so gerne noch mal erhärten an dieser Stelle. sehr begeistert sind vom Thema Portalpraxis, vom The- ma MVZ. Das mag sicherlich ein Stück weit mit der ge- (Harry Glawe, CDU: Aha! – genwärtigen konjunkturellen Lage zu tun haben, da ist Torsten Renz, CDU: Musst mitschreiben!) 82 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Einen ganz kurzen Blick, Herr Dahlemann, in die Vergan- chend sind, zweckdienlich, wirtschaftlich und vor allen genheit: Wir haben im Dezember 2015, im Januar 2016, Dingen bedarfsgerecht angewendet werden. im April 2016 – damals GRÜNE und LINKE jeweils im Wechsel – parlamentarisch das Thema aufgerufen, und Da gibt es ein paar Punkte, die uns Sorgen machen, und wir sind, wie das reflexartig immer gemacht wird, abge- deswegen haben wir das hier aufgerufen. Eine Sorge ist tropft, weil Sie gesagt haben, das Thema stehen wir die geriatrische Versorgung. Die Tagesklinik – das ist durch, sind dann faktisch mit der Wahl und dem Wahler- uns mitgeteilt worden – hat einen Versorgungsgrad von gebnis 2016 zur Landtagswahl zur Besinnung gekommen 35 Prozent, also eine Auslastung von 35 Prozent. Die und haben den Kurs geändert. ganze Geriatrie ist langfristig aufgebaut worden, und zwar ging es schon im Jahr 2014/15 los und es sind viele (Torsten Renz, CDU: Abgestraft.) Gelder investiert worden. Die finanzielle Schieflage, die es zwischenzeitlich gegeben hat bis zu einem Gesamtvo- Es ist Ihr Verdienst, Herr Glawe, das will ich ausdrücklich lumen von über 2 Millionen Euro im Jahr, hängt auch betonen. Sie haben gehandelt, Sie haben ein Konzept damit zusammen, dass man in diesem Bereich damals mit vorbereitet. Rückenwind dafür gab es vor allen Din- investiert hat. Logischerweise kommt man dann in eine gen aus dem außerparlamentarischen Bereich und an finanzielle Schieflage. Es egalisiert sich aber wieder, dieser Stelle auch von uns, weil wir von vornherein ge- wenn man das Profil des Krankenhauses verändern will, sagt haben, dass wir diese beiden Stationen wieder ans was ja damals auch vorgesehen war. Netz haben wollen. Sie haben dazu einen innovativen Vorschlag gebracht. (Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

(Beifall Torsten Renz, CDU: Worauf wir hinauswollen, ist, wenn es diese Hinwendung Da muss ich klatschen.) zur Profilierung auf diesem Gebiet gibt, wir jetzt aber eine zu geringe Auslastung haben, dann haben wir ein Struk- Und – das ist ja der Punkt, wenn wir uns einig sind, Herr turproblem. Da ist die Frage: Wie geht man mit einem Renz, wir haben das hier mehrfach betont, dass wir, solchen Strukturproblem um? sowohl Sie als auch wir, für die LINKEN kann ich das noch mal bekräftigen –, wenn wir die Standorte, die Das Zweite ist die Portalpraxisklinik. In der Tat ist es die Krankenhausstandorte erhalten wollen, dann ist das Tagesversorgung, nachts dann nicht. Das wiederum Bekenntnis das eine, dann sind aber auch die Wahrnah- sorgt in jedem Fall für ein Nutzerverhalten, dass diejeni- men von Fürsorgepflichten, die wir haben, das andere. gen gegebenenfalls gleich nach Anklam oder nach Wir sind aufmerksam geworden – das mag jetzt etwa drei Greifswald fahren. Herr Glawe, Sie haben darauf hinge- Wochen her sein –, als bei uns die hier mehrfach lobend wiesen, dass Sie sich das anschauen werden, und Sie erwähnte Frau Dr. Knappik in der Kreistagsfraktion der haben darauf hingewiesen, dass es nach drei Jahren die LINKEN, Vorpommern-Greifswald war und vorgetragen Option der Fortführung gibt. Wir plädieren dafür – Herr hat, und das hörte sich nicht gut an. Sie war in Sorge Ehlers, um auch Ihnen Antwort zu geben –, wir plädieren darüber, dass die Grund- und Regelversorgung nicht dafür, sich das rechtzeitig anzuschauen, am besten jetzt, gesichert wären, sie war in Sorge darum, dass immer und Überlegungen anzustellen. Das Modell ist innovativ, weniger Einweisungen auf die Stationen erfolgen wür- es muss aber weiterentwickelt werden, wenn es Bestand den. Das sind Punkte – man hört sich die eine Seite an, haben soll und letztendlich nicht daran scheitern soll, weil man muss sich auch die andere Seite anhören. wir eine zu geringe Auslastung haben.

Sie selber haben auf Zahlen verwiesen, Herr Minister, Ein dritter Punkt sind die Fachleute. Zu den Pflegerinnen Sie haben gesagt, der Auslastungsgrad hat sich in den und Pflegern, Herr Glawe, haben Sie etwas gesagt, da ist letzten Jahren erhöht von 72 Prozent auf 80 Prozent. ja auch personell nicht abgebaut worden. Wo wir eine Ich habe mal schnell nachgerechnet. Also solch eine erhebliche Arbeitsverdichtung haben, ist bei den Ärztin- Auslastungsgraderhöhung ist sehr positiv. Nun muss nen und Ärzten, nicht nur allein wegen der Nichtnachbe- man aber die Relation zu der Anzahl der Betten sehen. setzung. Sie haben ja darauf hingewiesen, dass einer der Im Jahre 2015 – das habe ich gerade nachgelesen – Fachleute zum 1. Juni oder 1. Juli – so sagten Sie – hatten wir 180 Betten am Standort und jetzt 155. kommen wird. Es gibt insgesamt einen Rückgang bei den Fachärztinnen und Fachärzten über die Jahre. Vor Ort (Harry Glawe, CDU: 175.) wird auch aus der Belegschaft mitgeteilt, dass die Ar- beitsverdichtung beim ärztlichen Personal extrem ist. Hier Das heißt, umgerechnet auf den Auslastungsgrad hatten ist die Frage, wie das korrespondiert mit der Politik des wir vor reichlich drei Jahren 129,6 Betten ständig aus- Hauses des Universitätsklinikums. Wir legen da den gelastet, um mal eine abstrakte Größe zu wählen. Jetzt Finger auf die Wunde, weil wir kein Interesse daran ha- sind es noch 124 Plätze. Das heißt eigentlich, die tat- ben können, dass die Ärztinnen und Ärzte sich kaputtar- sächlich ausgelasteten Betten sind rückläufig. Das ist beiten, dann ausfallen und letztendlich die Leistungen ein Fakt. nicht bringen können.

Worum es uns geht, ist, genau hinzuschauen und hinzu- Dass das Labor wegfallen soll, halten wir für einen Feh- schauen, ob die Mittel, die das Land aufwendet, 1,66 Milli- ler. Frau Rösler hat etwas dazu gesagt. Der Trend ist onen Euro, die Mittel, die auch seitens der Krankenkas- zum einen im Gesundheitswesen ein ganz anderer, zum sen kommen – Frau Hansen von der DAK ist ja da und anderen hat das alles etwas mit Vertrauen zu tun. Da bin ist bestens im Bilde aus Sicht der Krankenkassen –, die ich an einem Punkt: Wir haben jetzt im Verlauf dieser Mittel, die wir haben, die Krankenkassen fürsorglich für Debatte fast nur über Geld, über Investitionen und so die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversiche- weiter gesprochen, aber es gibt im Gesundheitswesen rung, wir für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, für nicht handelbare Güter, und zwar sind das zum einen die Bürgerinnen und Bürger insgesamt, ob die hinrei- das Wissen und das gute Gewissen von Ärztinnen, Ärz- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 83 ten und vom medizinischen Personal, und das andere ist Also ich teile da nicht unbedingt die Meinung, die Herr das Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger … Koplin und Frau Rösler haben. Die Frage, die natürlich beim Einweisungsverhalten eine Rolle spielt, wie das mit (Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.) den jungen Patienten ist, die jünger als zwei Jahre sind, dass die nachts, wenn Fieberschübe et cetera sind, so- Ich bin am Ende meiner Rede. fort nach Greifswald geschickt werden, ist, glaube ich, richtig. Aber wenn es ein absoluter Notfall ist, kann die … einem Standort, einem Krankenhaus entgegenbrin- Behandlung durchaus in einer Notaufnahme in Wolgast gen. Das Vertrauen zu stärken, Herr Glawe, heißt, rasch stattfinden. Das sind die Dinge, die, glaube ich, weiterlau- zu handeln, sofort ins Gespräch zu kommen mit der BI fen müssen. und dem Betriebsrat Ich will noch mal dafür plädieren, dass wir die Portalpra- (Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.) xisklinik mit verschiedenen Modellen untersetzen. Die Ideen haben wir schon im Kopf, nur wir müssen das als und vor allen Dingen – letzte Worte – einen entspre- Erstes auswerten, dann müssen wir sehen, welche chenden konzeptionellen Neuanfang aufzulegen, denn Schlussfolgerungen wir ziehen und welche Elemente neu im Moment läuft das alles nur über „Wir fahren auf Sicht“. gesteuert werden müssen. Aber ich will vom Grundsatz Damit sind wir nicht einverstanden. – Vielen Dank. nicht abweichen, dass wir erst mal sagen, wir bleiben in den nächsten vier Jahren bei vier Ärzten und wir bleiben (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) bei 6,5 Stellen für die Krankenschwestern, was wir zu- sammen mit den Krankenkassen verhandelt haben. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- on der CDU hat noch mal ums Wort gebeten der Abge- Ich will mich heute ausdrücklich bei den Krankenkassen ordnete Glawe. bedanken, dass sie in der Frage so kooperativ waren, sonst hätten sie jetzt dieses Modell gar nicht entwickeln (Torsten Renz, CDU: Mal ein können. Drei Jahre sind schon eine gute Zeit. Dass wir bisschen Gewicht hier reinbringen!) demnächst gucken, dass die Aufnahmezahlen nicht so hoch sind, wie sie prognostiziert worden sind, das ist die Harry Glawe, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mei- eine Seite, aber andererseits müssen wir auch über neue ne Damen und Herren! Das Krankenhaus Wolgast ist aus Modelle nachdenken, wie wir insgesamt die Betreuung meiner Sicht stabiler geworden. Warum sage ich das? sektorenübergreifend angehen. Das ist ja sozusagen die Wir haben einerseits durch die Bettenreduzierung er- nächste Herausforderung. Das wollte ich jetzt noch mal reicht, dass ein deutlich höherer Auslastungsgrad entsteht. sagen.

Zweitens, das habe ich vorhin noch vergessen zu sagen: Ich bin natürlich erst dann bereit, mit dem Betriebsrat zu Wir haben einen neuen Landesbasisfallwert. Das hören reden, wenn die Tarifverhandlungen ins Stocken geraten. die Kassen nicht so gerne, aber der ist immerhin jetzt Ich kann ja nicht vorher irgendwas machen. Ich werde auf 3.451,86 festgelegt worden. Das sind mit Zuschlä- einen Teufel tun, mich in Tarifverhandlungen einzuschalten. gen 15 Euro mehr pro Fall. Wenn Sie jetzt 4.000 oder 10.000 Fälle haben, dann wissen Sie, die Krankenhäu- (Torsten Koplin, DIE LINKE: ser kriegen in dieser Frage ab 01.07. dieses Jahres Darum geht es ja gar nicht.) deutlich mehr Mittel an die Hand. Das ist erst einmal eine Sache von Unternehmen und Die andere Frage, die wichtig ist: Bei der Geriatrie geht von Betriebsräten oder von Gewerkschaften. es ja darum, tagesklinische Angebote zu machen. Da braucht man eine Anlaufphase und man muss Vertrauen (Torsten Koplin, DIE LINKE: Da sollen aufbauen. Auf alle Fälle ist es so, dass ein Lehrstuhl für Sie ja gar nicht reingrätschen.) Geriatrie für Wolgast genehmigt ist, das heißt, es wird eine Professur geben, wo ein absoluter Fachmann oder Und nur dann, wenn es richtig klemmt … eine Fachfrau die Verantwortung übernimmt. Die haben in der Regel eine hohe Reputation in Deutschland, also (Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE) ein hohes Ansehen. Davon verspreche ich mir, dass wir in dieser Frage auch mit Frau Professor Steinhagen- Der Tarifvertrag läuft aus und wenn er ausläuft, muss er Thiessen, die ja zurzeit die Geschäfte führt, deutliche neu verhandelt werden. Noch ist es ja nicht so weit. Fortschritte in diesem Bereich machen, zumal Wolgast einerseits die Innere Medizin hat, sich aber andererseits (Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE) im Rahmen der Geriatrie spezialisieren soll. Das wird wahrscheinlich Ende des Jahres … Wir gehen davon aus, dass Notfallautomaten die richtige Lösung sind für Notfälle. Alle anderen Parameter werden (Jeannine Rösler, DIE LINKE: in Greifswald oder in anderen Krankenhäusern auch Es geht um ganz andere Dinge.) oftmals Stunden später erst zugestellt. Es geht ja um den absoluten Notfall und darum, zu erkennen, welche be- Bitte? sonders schwierigen Blutbilder oder andere Feststellun- gen getroffen worden sind, die man zum Lebenserhalt (Jeannine Rösler, DIE LINKE: Es geht braucht. Das andere ist nachher die Spezialdiagnose. um Struktur, es geht nicht um Tarife.) Die Ergebnisse kommen sowieso oftmals einen Tag oder zwei Tage und bei manchen Dingen sogar eine Woche Nein, ich meine jetzt nicht Sie direkt. Herr Koplin hatte ja später. kurz vorher was gesagt. 84 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Das wird dann die Zeit zeigen, wie sich das entwickelt. können sich ergeben. Ich kann zum Beispiel den Auf alle Fälle glaube ich auch, dass wir die Bürgerinitiati- Schlachter beauftragen, für mich die Wurst herzustellen. ve in der Frage beruhigt haben, dass sie im Beirat sitzen, Kleine Schlachtbetriebe haben es schwer, wenn die und ob nun im Beirat oder im Aufsichtsrat, das sind ja die Anzahl der Schlachtungen immer mehr zurückgeht. Fragen, die rechtlicherseits zu bewerten sind. Im Aufsichts- rat kann auch mal die persönliche Haftung eine Rolle spie- Junge Menschen sehen keine Zukunft mehr auf dem len. Ich weiß immer nicht, ob Sie das so im Auge haben. Land und in der Region. Wenn dann junge Menschen durch die Tierhaltung wieder die Liebe zum Landleben (Torsten Koplin, DIE LINKE: Na ja klar!) entdecken, schafft vielleicht auch irgendwann der eine oder andere den Einstieg in die Selbstständigkeit. Und ein Und da ist zum Beispiel Frau Dr. Knappik, die ist Rentne- wichtiges Argument: Wer das Land selbst nutzt und die rin. Ich weiß nicht, ob die so scharf darauf ist, noch im eigenen Erträge zum Unterhalt benötigt und nutzt, der wird Aufsichtsrat zu agieren. sein Land nicht so schnell an einen Großinvestor verkau- fen, im Gegenteil, der will vielleicht sogar dazukaufen. (Torsten Koplin, DIE LINKE: Es geht nur um den Aufsichtsrat für den Standort Wie gestaltet sich heute die Möglichkeit der Nutztierhal- und nicht darum, wer da drinsitzt.) tung im privaten nicht konventionellen Bereich? Wer Nutztiere halten möchte, benötigt als Erstes eigene oder Herr Koplin, ich will nur sagen, das muss genau über- angepachtete Flächen. Will ich diese Tiere dann art- und dacht werden. umweltgerecht halten, muss ich entsprechende Bedin- gungen schaffen. Dazu gehören zum Beispiel der Bau Dadurch, dass man jetzt den Beirat vor die Gesellschaf- von Unterständen, Tränken, Lagermöglichkeiten für Fut- terversammlung stellt, hat man ja dem Beirat eine höhere termittel und vieles andere. Bisher ist dies für den priva- Würdigung gegeben. Der wird nicht informiert, sondern ten Halter nur möglich, wenn die Nutzfläche sich nicht im der wird direkt an den Beratungen beteiligt. Außenbereich befindet, sondern im Innenbereich der Bebauung. Praktisch heißt das, habe ich eine größere Ja, meine Damen und Herren, ich fordere Sie auf, opti- Nutzfläche innerhalb des Dorfes, kann ich hier die Nutz- mistisch zu bleiben. Die Gesundheitsversorgung im Land tierhaltung verwirklichen. Den Nachbarn wird es freuen. Mecklenburg-Vorpommern werden wir schon schaukeln, Konflikte sind vorprogrammiert. Liegt die Nutzfläche um sozusagen in der Babysprache zu sprechen. Von außerhalb der Siedlungsgrenze, ist eine vernünftige und daher seien Sie gespannt auf die nächsten Schritte! artgerechte Haltung nicht mehr möglich, da ja nicht mal ein Unterstand errichtet werden darf. Dies fällt in den Au- (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU ßenbereich und unterliegt somit einem Bebauungsverbot. und Philipp da Cunha, SPD) Anders verhält es sich für den Landwirt oder für den Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Weitere Wort- Landwirt im Nebenerwerb. Hier greift das privilegierte meldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aus- Bauen für Landwirte. sprache. (Rainer Albrecht, SPD: Sehr richtig erkannt.) Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion der BMV – Bundesratsinitiative zur Dieses Privileg unter bestimmten Voraussetzungen für den Überarbeitung des Paragrafen 35 Baugesetzbuch, auf privaten Tierhalter ebenfalls zu ermöglichen und somit auf Drucksache 7/2149. diesen auszuweiten, ist die Zielsetzung unseres Antrages.

Antrag der Fraktion der BMV (Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus) Bundesratsinitiative zur Überarbeitung des § 35 Baugesetzbuch Daher fordern wir die Landesregierung auf, hier eine – Drucksache 7/2149 – Initiative im Bundesrat zur Anpassung der Bauordnung einzubringen. Welche vernünftigen Einwände es gegen Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion der BMV unseren Antrag geben sollte, erschließt sich mir nicht. Es der Abgeordnete Borschke. ist nicht unser Ziel, dem wilden Bauen im Außenbereich Tür und Tor zu öffnen. Auch soll den Gemeinden nicht Ralf Borschke, BMV: Meine sehr verehrten Damen und die Möglichkeit zur Steuerung und Regulierung genom- Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Wer Tiere hält für den men werden, die Verantwortung soll in den Kommunen eigenen Bedarf, der wertschätzt seine Tiere, der wird bleiben. Zwar gibt es schon jetzt im Baugesetzbuch die auch bemüht sein, sie artgerecht zu halten. Er möchte Möglichkeit, in Ausnahmefällen im Außenbereich zu bau- sie ja schließlich auch selbst nutzen. Das Gleiche gilt en, aber in der Regel werden diese Anträge abgelehnt. natürlich in der Tierhaltung im konventionellen Bereich, allerdings spielen hier elementare wirtschaftliche Anfor- Es gibt aber auch andere Beispiele. Unter anderem wur- derungen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wer Nutztiere de die Genehmigung für den Bau eines Pferdestalls im hält oder halten will, der ist verbunden mit seiner Region, Außenbereich erteilt. Aber das Ermessen wird in der dem ländlichen Raum und seiner Heimat, der braucht für Regel nicht ausgeführt. Es wird eine Vorbildwirkung be- die Haltung und Verarbeitung Wirtschaftsgüter, der fürchtet, die natürlich vermieden werden soll. Oftmals braucht Futter, Zubehör, Unterstand, Stall und so weiter. geht es auch um die Wirkungen, die von einem Baukör- Das bedeutet, Geld bleibt in der Region, also mehr Um- per ausgehen. Komischerweise spielt das bei Windkraft- satz und Einnahmen in der Region. anlagen keine Rolle. Das …

Natürlich müssen die Tiere geschlachtet und verarbeitet (Rainer Albrecht, SPD: werden. Möglichkeiten für die zweite Verarbeitungsstufe Die sind auch privilegiert.) Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 85

Die sind auch privilegiert. ist prophylaktisch klug gedacht, aber für eine offene Dis- kussion nicht ganz einfach. Aber das nur am Rande. (Minister Dr. Till Backhaus: Die sind mehr privilegiert.) Ich glaube, dass die Einwände, die sich an der Stelle gegen Ihre Idee stellen, nichts sind, was in dieser hiesi- Das könnte man aber auch durch eine Ortsbegehung gen Diskussion erfunden worden ist, sondern sie sind, klären. Empfehlenswert wäre die Erstellung eines Anfor- wenn man in die Literatur der Rechtswissenschaftler derungskataloges. schaut, sozusagen die letzten 60 Jahre begleitend gewe- sen, denn das Baugesetzbuch in seiner jetzigen Gestalt (Zuruf von Rainer Albrecht, SPD) ist ja keine neue Erfindung, sondern begleitet uns seit vielen Jahren. Um es einzuordnen: Es gibt Bereiche, für Also Möglichkeiten gibt es viele und eine Anpassung der die gibt es Bebauungspläne, da regeln Kommunen in- Baugesetzgebung ist sowieso dringend erforderlich. nerhalb ihrer Beritte, wie sie sich eine bauliche Nutzung Einige Leute scheinen der Auffassung zu sein, dass vorstellen können. Da gibt es dann auch ein längeres Probleme, nur, weil sie benannt wurden, wie vom Bür- Vorverfahren, weil so ein B-Plan nicht aus einem luftlee- gerbeauftragten Herrn Crone, sich nun automatisch in ren Raum entsteht, sondern im Rahmen einer kommuna- Luft auflösen und es keines weiteren Zutuns mehr bedür- len Beteiligung, im Rahmen umfangreicherer Abwägun- fe, aber das ist schlichtweg falsch. gen, und dann können alle die, die Einwände haben, sich auch entsprechend rühren. Das ist der Weg, mit dem Also noch mal: Das Baugesetzbuch gehört dringend Kommunen eine Entwicklung in den verschiedenen Be- reformiert. Aber all diese Fragen und Bedenken können reichen gestalten können und auch gestalten sollten. wir im Ausschuss klären und dann besteht ja auch die Möglichkeit der Anhörung. (Zuruf von Rainer Albrecht, SPD)

(Zuruf von Rainer Albrecht, SPD) Wenn man so einen Beritt will und man sagt, ich hätte gern Wohnen und privates Halten von Tieren verbunden, Also lassen Sie uns gemeinsam dieses Feld bearbeiten ist genau das der Weg, der den Kommunen an die Hand und ich beantrage die Überweisung in den Ausschuss. – gegeben ist. Vielen Dank. Es gibt zweitens den Paragrafen 34, der betrifft die Be- (Beifall vonseiten der Fraktion der BMV) reiche, wo Bebauung über Jahrhunderte, über Jahrzehn- te entstanden ist, es keinen Bebauungsplan gibt, aber Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Im Ältestenrat jeder sehen kann, wie bisher diese Gegend baulich ge- wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von prägt worden ist. Dann kann ich mit einem Antrag rein- bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre kei- gehen und sagen, ich habe da ein Lückengrundstück in nen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die der Mitte und so, wie es drum herum bebaut worden ist, Aussprache. würde ich gern dieses Grundstück auch nutzen. Dann brauchen wir keinen Bebauungsplan, sondern sagen, Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Energie, okay, im Rahmen dieser bereits bestehenden Bebauung Infrastruktur und Digitalisierung. Herr Minister Pegel, Sie darfst auch du dein Grundstück in diesem Kontext nutzen. haben das Wort. Dann gibt es den Paragrafen 35, der betrifft den Außen- Minister Christian Pegel: Sehr geehrte Frau Präsiden- bereich, und der hat die Idee, dass dieser Außenbereich tin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Meine meistens weitgehend unbebaut ist oder in Gänze unbe- sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche ein biss- baut und dass im Zuge von Ausgleich zwischen Natur chen, aus der Aussprache zu sortieren, was Ihnen tat- und Besiedlung zu den Fragen, wie viel Flächenversiege- sächlich vor Augen ist, weil der Text dessen, was Sie in lung wir eigentlich zulassen, dieser Bereich genau Au- den Antrag hineingepackt haben, und dem, was in der ßenbereich bleibt mit einer gewissen Nichtnutzung. Aber Begründung auftaucht, nicht perfekt miteinander harmo- Paragraf 35 kennt in der Tat Privilegierung. So nennt er niert. Manchmal ist es ja gut, wenn Text der Idee und das, indem er sagt, das sind die Nutzungen, die wir gern Text der Begründung harmonieren. Sie gehen weit in der genau dort haben möchten. Begründung über die eigentliche Nutztierhaltung hinaus. Deswegen war ich mir nicht ganz sicher, worauf Sie Dahinter steht gedanklich die Überlegung, dass dort, wo hinausmöchten. Ich habe es jetzt hoffentlich halbwegs Bebauung bereits ist oder gar ein Bebauungsplan be- verstanden. steht, gewisse Nutzungen oft nicht so gut reinpassen. Dort sind im Übrigen die klassischen landwirtschaftlichen Sehr beachtlich finde ich den Hinweis, Herr Borschke, Betriebe angesiedelt, dort sind deshalb im Übrigen auch dass sich alle Einwände, die gegen diesen Antrag erho- Windkraftanlagen angesiedelt und deshalb sind dort zum ben worden sind, schon mal per se Ihnen sich nicht er- Beispiel kerntechnische Anlagen angesiedelt. Alle die schließen. nimmt der Paragraf 35 auf und sagt, die wollen wir dahin tun, wo die typische Besiedlung nicht ist, weil wir sie von (Heiterkeit bei Rainer Albrecht, SPD) der Besiedlung weghalten wollen, die tun wir in den Au- ßenbereich. Ansonsten ist die Überschrift des Paragrafen Wenn Sie das jetzt zum Abschluss gemacht hätten, hätte 35, den Außenbereich möglichst unberührt zu lassen, der ich gesagt, okay, so kann man gern mit Einwänden um- Natur und der Landwirtschaft vorzubehalten. gehen, diese allerdings in der Einbringung schon mal per se als sich nicht erschließend vorweg abzutun, Meine Damen und Herren, mit den Bebauungsplänen ist die entsprechende Verantwortung in den Kommu- (Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD) nen, und es leuchtet mir ein, dass sie dort auch bleiben 86 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 sollte. Kommunen bleibt also auch heute im ländlichen Meine Damen und Herren, Sie haben uns zu guter Letzt Bereich schon die Möglichkeit, mit Bebauungsplänen entgegnet, wir würden immer die böse Vorbildwirkung entsprechende Dinge zu regeln. entgegenhalten. Ja, das ist auch die große Gefahr. Ich finde, dass man, wenn man Politik macht und abstrakte Wenn ich Ihr Argument zugrunde lege, dass Sie sagen, Gesetze formuliert, im Blick haben muss, dass man jeden lasst uns doch mehr Bebauung zulassen, denn dann Einzelfall hochskalieren kann. Wenn ich nämlich einem bleibt Geld in der Region, weil jemand, der dort Pferde erlaube, es zu tun, muss ich den 15 anderen auch erklä- privat unterhält, kauft dann Futter ein, die gleiche Argu- ren, warum sie es entweder kriegen, dann habe ich wie- mentation können Sie vermutlich sogar in deutlich volks- der das Massenphänomen, oder ich muss ihnen erklären wirtschaftlich weiterführendem Maße für jeden Hand- können, warum sie nicht dabei sind. Ich muss also dann werksbetrieb und jeden Industriebetrieb geltend machen, einen Paragrafen so formulieren, dass ich genau diese denn auch mit denen haben wir regelmäßig Diskussio- Freihaltung erreiche. Man muss ja nicht mit allem glück- nen, dass sie sagen, ich würde mich gern erweitern, ich lich sein, was das Baugesetzbuch derzeit an Inhalt hat, habe da ein Grundstück. Auch dort greift der Paragraf 35 aber diese Aufgabe, dieses Abstrakte und dieses Vor- mit relativ großer Härte und auch dort greift die Argumen- wegdenken, dass tausend andere Fälle dahinterstehen, tation: Wenn eine Gemeinde diesem Betrieb die Erweite- wenn ich einem Freiraum gebiete, das ist genau das, was rung ermöglichen will, kann sie es gern tun, wenn sie ein Bauämter in diesem Bundesland und woanders leisten. B-Plan-Verfahren darüberlegt und einfach in einem ge- ordneten Verfahren die verschiedenen Interessen ab- Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, wenn wägt, dann im Übrigen auch die Erschließung sicherstellt, ich Konflikte habe, und vor allen Dingen auch, wenn der all die kleinen Haken und Ösen, die an einer solchen Bürgerbeauftragte uns Konflikte anträgt, dann sind es oft weiteren Ansiedlung dranhängen, und dann kann sie Situationen, die in Wahrheit nicht Paragraf 35 berühren, ebenfalls eine entsprechende Erweiterung vornehmen. sondern Paragraf 34. Dann habe ich nämlich eine wun- derbare Bebauung links und rechts einer kleinen Landes-, Sie haben es ebenfalls angesprochen, Paragraf 35 ent- Kreis- oder Gemeindestraße und die Leute sagen, jetzt hält einen Absatz 2, der ist allerdings sehr restriktiv, da sind da aber 200 Meter dazwischen, die unbebaut sind, haben Sie vollkommen recht, weil der Grundgedanke ist, ich würde gern eine Lückenbebauung machen. Da haben diesen Außenbereich von Bebauung weitgehend freizu- wir eine relativ enge Rechtsprechung, die sagt, 200 Me- halten, der aber eine Einzelfallentscheidung vorsieht, bei ter sind zu viel für eine Lücke. Wir haben in diesem Bun- dem jemand sagt, ich bin kein Landwirt, aber ich habe ein desland nach meinem Gefühl in den ländlichen Gestal- Hobby, das dem eines Landwirts ähnlich ist, und deswe- tungsräumen vor allen Dingen die berechtigte Kritik zu gen macht es Sinn, meine Nutzung in diesen Außenbe- sagen, aber da ist doch rechts und links Bebauung, da ist reich zu bringen, der dann über eine Einzelfallentschei- auch schon eine Abwasserleitung, da ist schon eine Gas- dung entsprechend Nutzungen erlaubt bekommen kann, leitung, da ist schon eine Straße, erlaubt uns das doch! aber mit einer relativ hohen Hürde. Und noch mal: Ich finde die Hürde nicht dumm, weil sie der Versuch ist, Oder ich habe auf der rechten Seite der Straße Bebau- einer Besiedlung ein Stück weit Einhalt zu gebieten. ung, auf der linken Seite nicht, dann sagen die zu Recht das Gleiche, da ist schon all das, und ich habe eher das Ich habe bei Ihrem Hinweis noch nicht verstanden, wie Problem, dass auch Bebauung gewollt ist. Ich habe eine der Paragraf 35 mit seiner Privilegierung aussehen soll. zweite Reihe, ich habe einen landwirtschaftlichen Betrieb Wenn ich Ihren Ausführungen aufmerksam zuhöre, sa- gehabt, vorn Wohnhaus, hinten Stallung. Dann kommen gen Sie, eigentlich will ich nur, dass der auch mal eine die Eltern in die Jahre und wir diskutieren, darf ich hinten kleine Stallung errichten kann, damit die Schafe, die die ehemalige Scheune ausbauen, um denen, die dort Pferde oder andere Tiere einen Unterschlupf haben. Ich bisher gewirtschaftet haben, die Möglichkeit zu geben, gehe davon aus, dass das der Paragraf 35 Absatz 2 bei quasi ins Altenteil zu gehen. Zum Teil ist es nur noch einer klugen Ermessensentscheidung heute schon mög- Nebenerwerb, zum Teil ist die Landwirtschaft aufgege- lich machen würde. ben worden, sodass ich also die Chance habe, in der zweiten Reihe eine Bebauungsmöglichkeit zu belassen. (Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE) Oft stehen die Gebäude schon, die Flächenversiegelung ist längst geschehen, die Frage ist nur, ob ich eine Wenn Sie aber Paragraf 35 deutlich anpacken und sa- Scheune weiternutzen darf. Da steht uns oft Paragraf 34 gen, da soll jetzt Bebauung in Größenordnungen möglich im Wege und ich glaube, dass, wenn man mit dem Bund sein, schwöre ich hier jedem Stein und Bein, dass Sie diskutiert, man eher über den Paragrafen 34 diskutieren eine breitere Bebauung wollen, und dann reden wir mit sollte, damit in diesen ländlichen Räumen, vor allen Din- Sicherheit nicht nur über eine kleine Stallung, sondern gen in den ländlichen Gestaltungsräumen, über das große private Haus, was zu dem Eigentümer gehören muss, damit er seine Pferde reinstellen kann, (Minister Dr. Till Backhaus: Dringend!) und dann ist auch Gastronomie gern willkommen und so weiter. Dann reden wir über einen anderen Fortgang und diese Möglichkeiten erreicht werden, dass an den Stel- da finde ich es schon richtig, dass das Baugesetzbuch len, wo ohnehin schon Versiegelung erfolgt ist, ich die sagt, das macht nicht irgendein Bauamt mit dem groben dann aber so nutzen kann, dass Familien zusammenge- Daumen, sondern hier ist die Kommune bitte gefordert halten werden können, dass so kleinere Entwicklungs- und macht einen Bebauungsplan, in dem sie in einem möglichkeiten in den Dörfern – mit Bebauung wohlge- geordneten Verfahren genauso eine neue Nutzung in merkt – umgesetzt werden. einem Außenbereich vorsehen kann, aber vorher alle Interessenten hört und auch so kleine Dinge wie Abwas- Mein Gefühl ist, beim Paragrafen 35 hätten wir heute ser, Strom, Gas, was alles dranhängt an der Erschlie- schon Hilfestellung. Ich höre im Detail gern mal zu, aber ßung, Straße in so einem Bebauungsplan mit verantwor- den Paragrafen 35 grundsätzlich aufzuknüpfen, hielte ten muss, sodass am Ende das Paket in sich stimmt. ich für einen Fehler, weil Sie dann den Außenbereich in Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 87

Gänze der Bebauung preisgeben, oder Sie müssen (Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: ganz vielen erklären, warum eigentlich ein Einzelfall die Das weiß er noch nicht, Herr Krüger.) Chance bekommt und ganz viele andere nicht, und das, glaube ich, wird außerordentlich schwer. – Herzlichen Die Folge davon ist der hohe Aufwand an Versorgungs- Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ich wünsche eine erfolg- leitungen. Gehwege wurden gar nicht errichtet und wenn, reiche Debatte. dann war der Aufwand immer hoch und bewirkt auch heute noch hohe Unterhaltungskosten. Viel Fläche und (Beifall vonseiten der Fraktionen wenig Einwohner führen zu hohen Anliegerkosten für der SPD, CDU, AfD und DIE LINKE) Wasser, Abwasser und auch Winterdienst.

Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- Mit hohen Kosten ist auch das Erstellen von Bebauungs- on der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Kröger. plänen verbunden und auch Abrundungssatzungen stel- len ehrenamtliche Bürgermeister vor teils schwierige (Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Rechtsfragen, insbesondere bei naturschutzrechtlichen Herr Strohschein!) Aspekten. In der Praxis kommt es dann beim Versuch, eine Abrundungssatzung zu erstellen, dazu, dass eine Herr Strohschein? Gemeldet war Herr Kröger, aber das Klarstellungssatzung entsteht, die den sägezahnartigen ist mir letztlich auch egal. Dann Herr Strohschein bitte. Verlauf der Ortsgrenze festschreibt. Das können die meis- ten Bürger nicht nachvollziehen. Obwohl ein Grundstück (Minister Dr. Till Backhaus: Jetzt gehts ab! – oder eine Fläche oder eine Teilfläche, Entschuldigung, Zuruf von Birgit Hesse, SPD) (Thomas Krüger, SPD: Das hat Jürgen Strohschein, AfD: Sehr geehrte Frau Präsiden- der Referent aufgeschrieben.) tin! Bürger und Abgeordnete! Der Paragraf 35 unseres Baugesetzbuchs regelt das Bauen im sogenannten Au- optisch innerhalb des Bebauungszusammenhangs ste- ßenbereich. Er dient dazu, einer Zersiedlung entgegen- hen darf, darf dann nicht gebaut werden. zuwirken. Von dieser Zielsetzung wird die Landwirtschaft nicht erfasst. Sie genießt das Recht auf privilegiertes (Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Bauen. Thomas Krüger, SPD: Sagt der Referent.)

(Minister Dr. Till Backhaus: An diesem Punkt suchen Bürger nicht selten ihr Heil Das ist doch gut so.) darin, einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb anzumel- den, um dann auf der Fläche im Rahmen des privilegier- Richtig, da habe ich auch das Gleiche gedacht. ten Bauens doch noch ein Gebäude errichten zu dürfen.

Die Kommunen haben die Möglichkeit, durch eine Ab- (Elisabeth Aßmann, SPD: Das haben rundungssatzung einen Bebauungs- oder einen Flächen- Sie wohl auch so gemacht, was?!) nutzungsplan bereitzustellen, wo die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft. So kann auch am Ärgerlich wird es, wenn sich die Verwaltung mittels Flä- Ortsrand gebaut werden, wenn dadurch der bauliche chennutzungsplan am Siedlungsfraß entlang einer Ausfall- Zusammenhang gefördert wird und es eben nicht zu straße beteiligt, so geschehen in Ferdinandshof, mit dem einer Zunahme von sogenanntem Siedlungsfraß kommt. seinerzeitigen Amt für Landwirtschaft in den 90er-Jahren errichtet, das circa 100 Meter vom nächsten Gebäude Die Tendenz zur Zersiedlung hat bereits in der frühen entfernt steht in einer als Mischgebiet klassifizierten Flä- Neuzeit eingesetzt, als Bauern aus den Dörfern auszo- che. Heute steht es leer. Fenster und Türen sind mit Bret- gen und sich in sogenannten Ausbauten niederließen. tern vernagelt, die Fläche ist nach wie vor versiegelt. Einer der Beweggründe war eine Verringerung des Brand- risikos, denn damals wurden im Falle eines innerörtlichen (Thomas Krüger, SPD: Wann kommen Brandes meist ganze Dörfer ein Raub der Flammen. Die denn Ihre politischen Botschaften?) Häuser hatten ja in der Regel Schilfdächer. Brandstiftung wurde deshalb auch mit dem Tode bestraft. Das nenne ich auch Steuerverschwendung, Herr Krüger.

Eine zweite Zersiedlungswelle setzte unmittelbar nach (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) dem Zweiten Weltkrieg ein, Die Frage danach, was Innen- und was Außenbereich ist, (Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: hat die Gerichte jahrzehntelang beschäftigt. Äußerst Sind wir noch beim Thema?) strittig ist auch immer wieder der sogenannte Außenbe- reich im Innenbereich, zu dem das Bundesverwaltungs- als die großen landwirtschaftlichen Güter aufgeteilt wur- gericht festgestellt hat, dass es das im Grunde gar nicht den. Junkerland sollte in Bauernhand. Und so errichteten gibt. Eine Fläche ist entweder Innen- oder Außenbereich. Kleinbauern ihre Gebäude im Bereich der eigenen Schol- le, obwohl im Innenbereich wenigstens ein Teil der Ge- (Thomas Krüger, SPD: Und bäude noch Platz gehabt hätte. So kam es zur Bebauung was sagen Sie politisch dazu?) aus der Ortschaft heraus entlang der Ausfallstraßen. Das kommt doch noch. Seien Sie doch nicht immer so (Thomas Krüger, SPD: Was wollen ungeduldig! Sie uns politisch eigentlich sagen?) (Thomas Krüger, SPD: Ach, kommt noch, okay! – Geht los. Heiterkeit bei Ministerin Stefanie Drese: So ist er.) 88 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Zusammenfassend muss man feststellen, dass dieser wir keinen Grund, eine weitergehende Regelung im BGB Rechtsstreit einen hohen Bedarf an Zunahme klarer festzuschreiben oder sogar eine Bundesratsinitiative auf unmissverständlicher Regelungen hat, die den Bebau- den Weg zu bringen, zumindest nicht für Paragraf 35. ungszusammenhang im Interesse der Bürger stärkt und Und sollte solch eine Regelung aufgenommen werden, Zersiedlung, so gut es geht, einen Riegel vorschiebt, weil dann wären eine geordnete Bebauung und auch die sie die Allgemeinheit belastet. kommunale Planungshoheit nicht mehr gesichert, sie wären gefährdet. Der Antrag der BMV möchte nun das privilegierte Bauen auf private Tierhalter ausdehnen. Damit würde es eine Deshalb ist für uns das Baugesetzbuch auch ein Bun- Zunahme von juristischen Graubereichen geben. Es desgesetz, nicht nur für uns, sondern für alle. Das heißt, wäre im Einzelfall nicht nur meistens weiterhin strittig, ob der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern kann es nicht es sich um Bauen im Innen- und Außenbereich handelt, ändern. Das wäre die Bundesratsinitiative, die Sie an- vielmehr würde das darüber hinaus auch noch für die sprechen oder die Sie möchten. Aber ich meine, wir Position des Bauherrn problematisch. Wenn jetzt noch sollten uns davor hüten, eine Bundesratsinitiative in diese geprüft werden soll, ob eine private Tierhaltung außenbe- Richtung zu starten, denn zum einen fehlt uns im Bun- reichsbedürftig ist und man privilegiertes Bauen bean- desrat dafür eine Mehrheit und zum anderen warten spruchen muss, dann wird diese Rechtsmaterie noch etliche Akteure, wie zum Beispiel Bürgerinitiativen und weiter verkompliziert. Verbände, schon lange auf die Öffnung dieses Bauge- setzbuches, aber nicht, wie Sie, meine Damen und Her- Die AfD sieht darin keinen Fortschritt in der Rechtsent- ren der BMV, hoffen, um weitere Privilegierungstatbe- wicklung. Außerdem ist es ein weiteres Einfallstor für die stände zu schaffen, nein, diese Verbände möchten die Zersiedlung. Wie ich schon sagte, es gibt genug Schlupf- bestehenden Tatbestände abschaffen und mit den neuen löcher für das Bauen im Außenbereich. Die AfD sieht Möglichkeiten den Flächenfraß beschleunigen. Und das keinen Grund, den Paragrafen 35 auszuweiten. – Danke. steht dem Ziel der Landesregierung, den Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzflächen auf 30 Hektar pro Jahr (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – zu begrenzen, völlig entgegen, und ist auch nicht im Peter Ritter, DIE LINKE: Bitte.) Interesse unseres Landes. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab. – Vielen Dank. Na, da sind wir uns doch einig. (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die Frakti- on der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete Berg. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Danke, Frau Berg.

Christiane Berg, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen Ich möchte, ehe ich die nächste Rednerin aufrufe, mal und Herren! Verehrte Kollegen! Besser, als der Minister sagen, der Geräuschpegel ist wieder ziemlich hoch. Ich es rechtlich dargelegt hat, kann ich es nicht. Insofern bitte Sie also – wir nähern uns dem Ende der Sitzung –, hatte ich mir ganz viele Argumente aufgeschrieben, die kann ich mir jetzt leider sparen. Dadurch wird unsere Zeit (Peter Ritter, DIE LINKE: Noch kommt natürlich kürzer. ein wichtiger Tagesordnungspunkt.)

(allgemeine Unruhe – noch ein bisschen Geduld zu haben und leise zu sein. Zuruf von Ralf Borschke, BMV) Das sind wir allen Kolleginnen und Kollegen, die hier auch noch ans Rednerpult treten, schuldig. Herr Borschke, eines möchte ich noch sagen: Der Para- graf 35 hat ja die Intention, das Bauen im Außenbereich Jetzt hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abge- grundsätzlich zu unterbinden. Er lässt aber Ausnahmen ordnete Kröger. zu, das haben wir gehört. Und Sie sagen, dieser Paragraf ist wichtig für ein Flächenland wie unseres. Okay, aber (Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD) Sie haben vorhin auch gesagt, dass landwirtschaftliche Tierhaltung schwierig wird, man könne nicht mal einen Was gibt es da zu lachen? Unterstand bauen. Da muss ich Ihnen sagen, für die landwirtschaftliche Tierhaltung gibt es in der Landesbau- (Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: ordnung Paragraf 61 eine Regelung. Dort heißt es: „Ge- Er freut sich einfach, ist doch okay.) bäude ohne Feuerungsanlagen mit einer traufseitigen Wandhöhe bis zu 5 m, die einem land- oder forstwirt- Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Sehr geehrte Frau Präsi- schaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbauli- dentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wäre sicher chen Erzeugung im Sinne des § 35 Absatz 1 … des gut gewesen, wenn es Herrn Borschke möglich gewesen Baugesetzbuches dienen, höchstens 150 m2 Brutto- wäre, an der letzten Sitzung des Energieausschusses Grundfläche haben und nur zur Unterbringung von Sa- teilzunehmen, denn da hat das Thema „Bauvorhaben im chen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren Außenbereich“ eine Rolle gespielt. Herr Crone war ja bestimmt sind,“ dürfen verfahrensfrei errichtet werden. auch anwesend. Da konnten wir schon einige Fragen dazu klären. Aber gut, die Sitzung haben Sie leider verpasst. (Zuruf von Horst Förster, AfD) Grundsätzlich ist der Außenbereich von jeglicher Bebau- In diesem Falle ist das Argument von Ihnen widerlegt. ung freizuhalten und das ist auch richtig so. Das Bau- recht sieht vor, mit Grund und Boden sparsam und scho- Grundsätzlich, das habe ich gesagt, ist der Außenbereich nend umzugehen. Bodenversiegelungen sollen auf ein vor baulicher und sonstiger Inanspruchnahme und damit notwendiges Maß begrenzt werden. Diesen Ansatz un- allgemein vor Zersiedlung zu schützen. Deshalb sehen terstützen wir als LINKE natürlich nicht nur aus ökologi- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 89 scher, sondern auch aus städtebaulicher und infrastruk- räume nicht ausgenutzt werden, inwiefern die zukünftige tureller Sicht. Damit die Inanspruchnahme zusätzlicher Privilegierung von privaten Nutztierhaltern daran etwas Flächen möglichst gering gehalten wird, ist immer zual- ändert, bleibt wohl aber das Geheimnis der BMV. lererst zu prüfen, inwieweit innerhalb einer Gemeinde Flächen wieder nutzbar gemacht werden können, oder Meine Damen und Herren Abgeordnete, mit der Öffnung aber eine Nachverdichtung sinnvoll ist beziehungsweise des Paragrafen 35 Baugesetzbuch für weitere Bauvorha- andere Maßnahmen der Innenentwicklung eine Option ben im Außenbereich wird der Ermessensspielraum der wären. Auch die Landesraumentwicklung setzt klar auf Verwaltung ja nicht verändert. Nein, er bleibt so kompli- Innen- vor Außenentwicklung. Dazu steht die Linksfraktion. ziert, wie er sowieso schon ist. Es liegt doch in der Natur der Sache, dass jeder einzelne Sachbearbeiter der Bau- Und wenn ich mir den Spaß erlauben darf, Herr Minister, verwaltung seine eigene Beurteilung eines Bauvorha- ich hoffe, Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze, bens – und da spielt es überhaupt keine Rolle, nach welchem Paragrafen des Baugesetzbuches die Zulässig- (Peter Ritter, DIE LINKE: keit eines Bauvorhabens zu beurteilen ist – feststellt. Es Er hört gar nicht zu.) wird immer wieder vorkommen, dass gegen die Ent- scheidung einer Bauverwaltung Widerspruch oder sogar und mit aller Liebe an dieser Stelle, aber wenn der Herr Rechtsmittel eingelegt werden müssen, um Klarheit über Minister Pegel alles schon so gut erklärt hat, muss ich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens zu bekommen. das nicht mehr machen. (Vizepräsidentin Beate Schlupp (Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr gut!) übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Sinne vielen Dank! Meine Damen und Herren, solange das Baugesetzbuch überladen ist mit Ausnahmen, unbestimmten Begrifflich- (Beifall vonseiten der Fraktionen keiten, unklaren Privilegierungen und vieles mehr, solan- der SPD, CDU und DIE LINKE) ge wird es auch immer wieder zu unterschiedlichen Be- wertungen und Auslegungen zur Zulässigkeit kommen. Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke: Für die SPD Wenn man sich allein die Kommentierungen und Ge- hat jetzt das Wort der Abgeordnete Albrecht. richtsurteile zur Zulässigkeit von Bauvorhaben nach Paragraf 35 Baugesetzbuch anschaut, wird jedem klar, (Zurufe von Vincent Kokert, CDU, wie wichtig die Überarbeitung des Baugesetzbuches sein und Peter Ritter, DIE LINKE) wird, siehe dazu auch die Kommentierung des Profes- sors Krautzberger. Das heißt, es wird doch nicht einfa- Rainer Albrecht, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! cher, sondern eher noch komplizierter, diese Bauvorha- Meine Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! ben, wie von der BMV gefordert, dann nach den Paragra- Die Fraktion der BMV hat in Punkt 1 selbstverständlich fen des Baugesetzbuches und den Richtlinien einer recht, wenn wir feststellen, dass Bauvorhaben im Au- geordneten städtebaulichen Entwicklung zu beurteilen. ßenbereich für die Bürger eines Flächenlandes wie Mecklenburg-Vorpommern von großer Bedeutung sind. Meine Damen und Herren, sehr wohl gibt es bundesweit Was die Fraktion der BMV aber dabei ausblendet, ist, durchaus Überlegungen, den Paragrafen 35 Baugesetz- dass Mecklenburg-Vorpommern das Bundesland mit der buch und auch den Paragrafen 34 Baugesetzbuch grund- bundesweit niedrigsten Bevölkerungsdichte ist, und somit legend zu überarbeiten, sie insgesamt verständlicher zu kann gerade die Regelung im Paragrafen 35 Baugesetz- fassen und darüber zu diskutieren, welche Privilegierun- buch unter anderem auch dazu dienen, die Entstehung, gen im Außenbereich und auch im ungeplanten Innenbe- Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu reich tatsächlich notwendig sind. Die Bauministerkonfe- verhindern. Ich wiederhole noch mal ganz deutlich, Herr renz ist hier bereits tätig, um das Baugesetzbuch dann Borschke, die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung aber auch in Gänze einer Überarbeitung zu unterziehen. einer Splittersiedlung zu verhindern. Ich bin mir sicher, dass unser Bauminister Christian Pe- gel und seine Verwaltung diesen Prozess aktiv mitbeglei- Meine Damen und Herren, unverständlich ist uns, warum ten werden. die Fraktion der BMV mit ihrem Änderungswunsch des Paragrafen 35 Baugesetzbuch lediglich auf die Interes- Die SPD-Fraktion lehnt diesen Antrag ab, da insbesonde- sen von privaten Nutztierhaltern abstellt, in der Begrün- re die Fokussierung auf private Nutztierhalter, wie hier dung dann aber auch weitere Bauvorhaben im Außenbe- gefordert, wenig sinnvoll erscheint und eher aus eigener reich zulassen möchte und hierbei den Bericht des Bür- Betroffenheit eingebracht wurde. Die Überweisung in den gerbeauftragten aufgreift. Schade war es auch, dass der Ausschuss lehnen wir ebenfalls ab. – Vielen Dank für Vertreter der Fraktion der BMV an der Vorstellung des Ihre Aufmerksamkeit. Berichtes des Bürgerbeauftragten Herrn Crone im Ener- gieausschuss in der vergangenen Woche nicht teilneh- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD men konnte, und Christiane Berg, CDU)

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hörten wir gerade.) Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Borschke. denn Probleme im Außenbereich mit privaten Nutztierhal- tern tauchten dort nämlich gar nicht auf. Dies hätte viel- Ralf Borschke, BMV: Meine sehr verehrten Damen und leicht dazu beigetragen, heute diesen Antrag zurückzu- Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Eins vorweg: Ich glau- ziehen. Die Fraktion der BMV stellt in ihrer Begründung be nicht, dass Sie mir mein krankheitsbedingtes Fehlen zum Antrag zwar richtig fest, dass Probleme insbesonde- in der letzten Ausschusssitzung vorwerfen wollen. Davon re dann entstehen, wenn bestehende Ermessensspiel- gehe ich nicht aus, ja? 90 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

(Manfred Dachner, SPD: Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvor- Das kommt auf Ihre Rede an. – schlag bei Zustimmung der Fraktion der BMV, ansonsten Zuruf von Rainer Albrecht, SPD) Ablehnung abgelehnt.

Ja, ist alles klar. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Frak- tion der BMV auf Drucksache 7/2149. Wer dem zuzustim- Herr Minister Pegel, Sie haben das bestätigt, was ich men wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – gesagt habe. Ich verstehe die Gründe nicht und das kann ich Ihnen jetzt auch gleich mal ganz kurz erklären. Wir (Heiterkeit vonseiten der Fraktionen haben ausdrücklich gesagt, es geht nicht um irgendeinen der SPD und DIE LINKE – Handwerksbetrieb, es geht auch nicht darum, irgendein Jörg Kröger, AfD: An der Gebäude zu errichten, was nicht der Nutzung in der Tier- falschen Stelle gemeldet.) haltung dient. Darum geht es überhaupt nicht. Die Gegenprobe. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Da- Und zum Bürgerbeauftragten Crone möchte ich sagen, er mit ist der Antrag der Fraktion der BMV auf Drucksa- hat ausdrücklich den Paragrafen 35 erwähnt. Sie selbst che 7/2149 bei gleichem Stimmverhalten abgelehnt. sagen, der Außenbereich soll Natur- und Landwirtschaft vorbehalten werden. Dann frage ich Sie: Was machen Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Beratungen wir und wollen wir denn mit diesem Antrag? Was wollen der Tagesordnungspunkte 15, 16, 17 und 18 entfallen, da wir mit diesem Antrag? der Fragesteller die Aufsetzung der Antworten der Lan- desregierung auf die Tagesordnung zurückgezogen hat. (Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das wissen wir ja nicht.) (Egbert Liskow, CDU: Sehr gut!)

Es geht um die Nutztierhaltung, es geht nicht um einen Jetzt rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 14: Bera- Handwerksbetrieb und es geht auch nicht darum, dass tung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Produkti- der Erbe seine Scheune jetzt zum Eigenheim umbauen onsschulen zukunftsfähig machen – dauerhafte Finanzie- will. Darum geht es nicht, das ist auch gar nicht Gegen- rung sichern, Drucksache 7/2157. stand unseres Antrages. Wir müssen feststellen, dass immer weniger Menschen in unserem Land Tiere halten. Antrag der Fraktion DIE LINKE Das ist ein Problem. Produktionsschulen zukunftsfähig machen – dauerhafte Finanzierung sichern (Zuruf von Rainer Albrecht, SPD) – Drucksache 7/2157 –

Und die Akzeptanz der Tierhaltung im Dorf muss auch Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE gesteigert werden. Wenn wir das innerhalb des Dorfes der Abgeordnete Herr Foerster. können, aber an der angrenzenden Wiese meines Grund- stückes ich nicht mal einen Unterstand bauen kann, gibt Henning Foerster, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Meine das Probleme. Dann haben die Probleme und die beru- Damen und Herren! Erinnert sich jemand von Ihnen ei- hen zum Beispiel darauf, dass Leute, die aus der Stadt gentlich noch an den 13. April 2016? kommen, keine Akzeptanz mehr für die Tierhaltung ent- wickeln können, weil es sie stört, wenn innerhalb des (Tilo Gundlack, SPD: Ja.) Dorfes Tiere gehalten werden, während es problemlos möglich ist, wenn ich eine Wiese habe, die an mein An diesem Tag befasste sich der Sozialausschuss des Grundstück angrenzt. Wo da die Probleme sind, weiß ich Landtages von Mecklenburg-Vorpommern auf Antrag nicht, das erschließt sich mir nicht. meiner Fraktion im Rahmen einer öffentlichen Experten- anhörung mit der Zukunft der Produktionsschulen. Weni- Also noch mal: Es geht nicht darum, dem Handwerksbe- ge Monate vor der Landtagswahl wurde erwartungsge- trieb zu erlauben, dort eine neue Niederlassung zu eröff- mäß fraktionsübergreifend betont, welch wichtige Rolle nen oder das Eigenheim von Großmutter noch weiter in dieses spezielle Angebot im Übergangssystem von Schule den Außenbereich zu ziehen. Natürlich soll es weiter und Beruf spielt. Sache der Kommune sein, darüber zu entscheiden. Man kann dort Bedingungen festlegen, um diesen Unterstand Wirklich etwas getan, um dies konzeptionell wie finanziell für die Tierhaltung zu erlauben. Die Nutzung kann an zu untersetzen, hat sich seitdem allerdings nicht, und so Bedingungen geknüpft werden, das ist kein Problem geht heute, mehr als zwei Jahre nach besagter Anhörung, meiner Meinung nach. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. erneut die Angst um. Bei meinen Besuchen an den einzel- nen Produktionsschulstandorten begegnete mir mehr als (Beifall Dr. Matthias Manthei, BMV – einmal Resignation ob der nach wie vor ungewissen Zu- Zuruf von Thomas Schwarz, SPD) kunft. Diese Ungewissheit speist sich im Wesentlichen aus den gleichen ungeklärten Fragen wie schon im April 2016. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- gen liegen mir nicht. Ich schließe die Aussprache. Erstens ist das die problematische Projektfinanzierung der Produktionsschulen mit ihren vielen verschiedenen Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag Finanzgebern, die nicht geeignet ist, das Angebot auf der Fraktion der BMV auf Drucksache 7/2149 zur feder- eine dauerhafte, sichere Zukunft hin auszurichten. führenden Beratung an den Energieausschuss sowie zur Mitberatung an den Agrarausschuss und an den Rechts- Zweitens sind da die zum Teil sehr unterschiedlichen ausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Über- Auflagen und Rahmenbedingungen der Finanzgeber, die weisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Gibt es nicht aufeinander abgestimmt sind und eine kontinuierli- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 91 che Arbeit mit den hilfebedürftigen Jugendlichen zumin- schulen einst als Mecklenburg-Vorpommerns Export- dest einmal erschweren. schlager pries, drohen nun die Lichter auszugehen.

Und drittens ist bis heute nicht geklärt, wo die Produkti- Kurz nach einem Besuch vor Ort erreichte mich die Mel- onsschulen zu verorten sind. Zum einen haben sie einen dung, dass die Situation sich dramatisch zugespitzt habe. Bildungsauftrag, wenn es um das Nachholen von Schul- Durch den schon angesprochenen Ausstieg der Bunde- abschlüssen geht. Bis dieses Vorhaben jedoch Erfolg sagentur für Arbeit aus dem Platzeinkauf würden für versprechend in Angriff genommen werden kann, müs- dieses Jahr bereits 23.000 und für das kommende Jahr sen die Schülerinnen und Schüler zum anderen oft erst 120.000 Euro fehlen. Während man den Ausfall für 2018 einmal die sozialen Alltagskompetenzen wiedererlangen vielleicht gerade noch abfangen könne, müsse man für und sich ihrer eigenen Verantwortung bewusst werden. den Fall, dass die Finanzierungslücke in 2019 tatsächlich so Das sind klassische Aufgaben der Jugendhilfe. groß bleibe, wie momentan anzunehmen, nach 18 Jahren aufopferungsvoller Arbeit für Jugendliche, die eben nicht Somit nimmt die Produktionsschulpädagogik eine Son- auf der Sonnenseite des Lebens stehen, dichtmachen. derstellung zwischen der in Landeszuständigkeit organi- sierten Schule und der in kommunaler Zuständigkeit Mein Kollege Peter Ritter, der die Arbeit seit vielen Jah- organisierten Jugendhilfe ein, und dabei kann sie trotz ren aus nächster Nähe begleitet, hat bei der Kreisverwal- der schon geschilderten schwierigen Rahmenbedingun- tung mal nachgefragt, ob dieser Fall dort bekannt sei. In gen immer noch auf beachtliche Erfolge verweisen. Seit seiner Antwort verwies der zuständige Beigeordnete 2012 werden an den fünf Schulen konstant 350 Plätze für Löffler darauf, dass seitens des CJD Nord, welches die nicht ausbildungsreife Jugendliche vorgehalten. Im Herbst Schule als Träger betreibt, bereits im März 2018 auf die vergangenen Jahres waren an den Produktionsschulen nicht mehr auskömmliche Finanzierung hingewiesen 65 Kolleginnen und Kollegen damit beschäftigt, gemein- worden sei, und er teilte ferner mit, dass sich der Kreis sam mit den Jugendlichen an einer Perspektive für deren nicht über die 148.000 Euro, die im Kreishaushalt 2018 weiteres Leben zu arbeiten. Im Zeitraum 2011 bis 2017 für die Schule eingeplant sind, hinaus engagieren könne. konnten circa 560 junge Leute nach dem Besuch der Pro- duktionsschule in Ausbildung oder in Arbeit vermittelt Diese akute Situation war für meine Fraktion der Anlass, werden. Allein in den Jahren 2014 bis 2017 haben mehr Ihnen heute diesen Antrag vorzulegen, denn im Rück- als 170 Jugendliche nach dem Besuch der Produktions- blick auf die schon angesprochene Expertenanhörung im schule ihre Berufsreife erworben. April 2016 muss man konstatieren, dass eine der Haupt- forderungen von damals nicht erfüllt wurde. So wies Ich denke, diese Leistung verdient unsere Anerkennung, Professor Dr. Jörg Meier, einer der profiliertesten Kenner und ich möchte daher die Chance nutzen, mich für die der Produktionsschulmaterie in der Bundesrepublik Deutsch- aufopferungsvolle Arbeit der Kolleginnen und Kollegen land, schon damals darauf hin, dass das Finanzierungs- hier einmal ausdrücklich zu bedanken. system der Produktionsschulen in Mecklenburg-Vorpom- mern nicht auf Dauer funktionieren werde, und er forder- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) te, die Finanzen zu konsolidieren. Diese Forderung richtete sich schon damals vor allem an das Land, da Doch zurück zu den Problemen: Die Produktionsschulen weder die klammen Kreise noch die Produktionsschulen werden derzeit aus ESF-Mitteln, aus kommunalen Mitteln selbst den Wegfall von Drittmitteln größeren Ausmaßes und Mitteln der Bundesagentur beziehungsweise der kompensieren können. Jobcenter finanziert. Dazu kommen die Einnahmen aus dem Verkauf der Produkte, die von den Jugendlichen Nun scheint das Kind also das erste Mal richtig in den unter Anleitung von Werkstattpädagogen selbst herge- Brunnen gefallen zu sein. Nach Einschätzung meiner stellt werden. Die Vielfalt dieser Werkstätten ist groß. Sie Fraktion ist die Landesregierung daran nicht ganz un- reicht von Holz- und Metallbearbeitung über Land- und schuldig. Teichwirtschaft bis zum Fischfang. Die Jobcenter beteili- gen sich an der Finanzierung der Produktionsschulen (Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Na, na!) durch jährliche Platzeinkäufe, die letztlich als Maßnahme zur Heranführung an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt Sie hat das Problem trotz klarer Analysen der Fachexper- dienen. Die Bundesagentur für Arbeit kauft bisher eben- ten bislang ausgesessen und darüber hinaus den besten falls Plätze ein, die als berufsvorbereitende Bildungs- Kenner der Produktionsschulen im Sozialministerium, wie maßnahme mit produktionsorientiertem Ansatz genutzt es so schön heißt, „mit anderen Aufgaben betraut“. Mir werden. würde auch was anderes einfallen als Beschreibung dafür. Stattdessen wurde frei nach dem Motto „Wenn ich Diese Maßnahmen sind entsprechend den vertraglichen nicht mehr weiterweiß, dann bilde ich einen Arbeitskreis“ Vereinbarungen vom 4. September 2017 jedoch bis zum eine Arbeitsgruppe im Ministerium ins Leben gerufen. 31. August 2018 befristet. Schon im Oktober letzten Jahres bejahte die Landesregierung in ihrer Antwort auf Meine Damen und Herren, meine Fraktion erwartet heute meine Kleine Anfrage, dass die Bundesagentur für Arbeit einen Bericht der Ministerin, in dem sie den Landtag über ab diesem Sommer die Platzzahl „bedarfsgerecht“ redu- die Zusammensetzung, das Ziel und mit Blick auf die zieren werde. Vorkehrungen für diesen absehbaren Fi- geschilderten akuten Probleme natürlich vor allem über nanzierungsausfall hat sie offenbar dennoch nicht getrof- die bisher erzielten Ergebnisse informiert. Wir möchten fen und so meldet jetzt die erste Produktionsschule „Land darüber hinaus wissen, ob es neben Waren auch an- unter“. Ausgerechnet in Waren an der Müritz, wo Sie, derswo bereits akute Finanzierungslücken gibt, und wenn wenn Sie reinkommen, an einer Wandtafel sehen kön- das der Fall ist, muss das Land einspringen, jedenfalls so nen, welcher Bundestags- und Landtagsabgeordnete, lange, bis die Finanzierungslücke anderweitig geschlos- welcher Minister wann und wie oft vor Ort war und wo sen werden kann. Letztlich erwarten wir, dass die Lan- Ministerpräsident a. D. Erwin Sellering die Produktions- desregierung mehr als zwei Jahre nach der Expertenan- 92 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 hörung zum Thema Produktionsschulen im Sozialaus- jungen Erwachsenen mit verschiedensten Problemen bei schuss des Landtages nun endlich einmal Butter bei die der Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Fische packt und ein mit drei verbliebenen Trägern der Und auch das Lob, geehrte Kolleginnen und Kollegen der Produktionsschulen abgestimmtes Konzept auf den Tisch Linksfraktion, nehmen wir gerne zur Kenntnis. Auch die legt, denn angesichts des Ausstiegs von Dritten aus der Landesregierung ist der Auffassung, dass die Produkti- Finanzierung und in Erwartung der deutlich reduzierten onsschulen sich als Einrichtung der Jugendberufshilfe ESF-Mittel nach Ablauf der aktuellen Förderperiode bewährt haben. brauchen die Schulen endlich Gewissheit, ob überhaupt und, wenn ja, wie es mit ihnen weitergeht. Sie haben sich bewährt – und damit beginnt dann viel- leicht die Unterscheidung –, sie haben sich bewährt, weil Was dabei keine Alternative ist, hat die Landesregierung sie flexibel und spezifisch auf Entwicklungen im Bereich bereits Ende 2015 in ihrer Antwort auf meine Kleine An- der Berufsausbildung reagiert haben und auch zukünftig frage zur Zukunft der Produktionsschulen deutlich ge- reagieren werden, denn im Bereich der Berufsausbildung macht. Dort schrieb sie bezüglich der Idee, die Produkti- und auf dem Arbeitsmarkt ist dieses Thema einem per- onsschulen als anerkannte Ersatzschulen zu genehmigen, manenten Wandel unterzogen. Es gibt in unseren Land- dass dies an der voraussichtlichen „Unwirtschaftlichkeit kreisen und kreisfreien Städten durchaus unterschiedli- des Schulbetriebes“ scheitern werde. Vor allem die drei- che Bedarfe. Das gilt ausdrücklich auch für die Produkti- jährige Wartefrist, bevor die Produktionsschulen An- onsschulen. Deshalb würde aus meiner Sicht dem Antrag spruch auf Finanzhilfe in Höhe von 50 Prozent des Schü- der Linksfraktion etwas mehr Differenzierung guttun. lerkostensatzes hätten, stellt eine schier unüberwindbare Lassen Sie mich das etwas näher erläutern. Hürde dar. Aber selbst, wenn das gelänge, hätten schon damals die Kosten von circa 8.000 Euro – reduziert um Wir haben auf dem Arbeitsmarkt und bei der aktuellen die 50 Prozent, 4.000 Euro – Kosten pro Platz bedeutet, Berufsausbildungssituation eine im Vergleich zu vergan- die mittels Schulgeld hätten finanziert werden müssen. genen Jahrzehnten völlig andere Lage. Im Jahr 1997/1998 Mit Blick auf die Klientel der Produktionsschulen, über die meldeten die Arbeitsagenturen 30.333 Bewerber auf Aus- wir hier reden, ist das vollkommen unrealistisch. bildungsplätze, 2003/2004 waren es noch 25.834 Bewer- ber und 2007/2008 waren es 16.213 Bewerber. Daher gibt es aus unserer Sicht drei Möglichkeiten, die man noch einmal genauer diskutieren sollte: (Peter Ritter, DIE LINKE: Die wenigsten davon sind an der Produktionsschule.) Erstens ein Produktionsschulgesetz – das wäre eine höchst innovative, in Deutschland allerdings bisher nir- Dieser Entwicklungstrend hat sich in den letzten zehn gends existierende Lösung. Jahren so weiter fortgesetzt.

Darüber hinaus hatte der DGB seinerzeit vorgeschlagen, (Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eine ganz die Produktionsschulen ähnlich wie die Schulwerkstätten andere Klientel, die dort beschult wird.) im Schulgesetz zu verankern und auszufinanzieren. So kamen im Jahr 2016/2017 auf 11.446 Berufsausbil- Und drittens könnte auch der Landtag per Grundsatzbe- dungsstellen nur noch 9.078 Bewerber. Betrachtet man schluss festlegen, wie die Produktionsschullandschaft allein die Entwicklung im Ausbildungsgeschehen, ist seit ausgestaltet und finanziert werden soll, so, wie es die 2005 bis 2017 ein Rückgang der Teilnehmenden im Hamburger Bürgerschaft vor einigen Jahren getan hat. Übergangsbereich von 57,9 Prozent zu verzeichnen. Mit dieser Entwicklung liegt Mecklenburg-Vorpommern mit Wir sind gern bereit, insbesondere über die Punkte 2 und 3 Thüringen vor allen anderen Bundesländern. unseres Antrages auch noch mal im Sozialausschuss des Landtages zu diskutieren. Deswegen will ich hier Lassen Sie mich noch eine Zahl anführen. Im Jahr 2016/2017 schon mal die Überweisung in den Sozialausschuss hatten wir in unserem Land 513 unversorgte Bewerber und beantragen. Ansonsten hoffe ich jetzt im Rahmen der 1.339 unbesetzte Berufsausbildungsstellen. Sehr geehrte Debatte im Sinne der Beschäftigten und der Schülerin- Damen und Herren, diese Zahlen zeigen eindrucksvoll, nen und Schüler an den Produktionsschulen auf belast- was wir als Politik, was die Berufsschulen, die Ausbil- bare Antworten aus dem Hause von Ministerin Drese. – dungsbetriebe und die Wirtschaft allgemein inzwischen Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. alle an den verschiedensten Stellen merken. Auf der einen Seite verzeichnen wir eine zunehmende Fachkräftesuche, (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) (Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE) Vizepräsidentin Beate Schlupp: Im Ältestenrat ist ver- einbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis auf der anderen Seite waren die Chancen und Möglich- zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keiten auf dem Arbeitsmarkt noch nie so gut wie jetzt. keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich Der aktuelle Ausbildungsmarkt hat sich mittlerweile zu eröffne die Aussprache. einem Bewerbermarkt entwickelt. Trotzdem gelingt der Übergang von der Schule in den Beruf oft noch nicht so, Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Sozia- wie wir alle uns das wünschen. Deshalb reicht es nicht, les, Integration und Gleichstellung Frau Drese. mathematisch die unterversorgten Bewerberinnen und Bewerber mit den offenen Ausbildungsstellen zu ver- Minister Stefanie Drese: Sehr geehrte Frau Präsidentin! rechnen. Vielmehr, und das möchte ich hier ausdrücklich Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst feststellen, bedarf es nach wie vor zusätzlicher gezielter einmal möchte ich der Linksfraktion ausdrücklich zustim- Unterstützungsmaßnahmen, damit der Übergang in die men. Die Produktionsschulen des Landes leisten einen Ausbildung und damit in eine selbstbestimmte berufliche wichtigen Beitrag zur Integration von Jugendlichen und Zukunft auch gelingen kann. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 93

Und hier geschieht auch eine ganze Menge. Zu diesen hinaus und ist damit der einzige Finanzierer der Produk- Maßnahmen gehören die Einstiegsqualifikation, das tionsschulen, der eine Finanzierung für die nächsten vier Berufsvorbereitungsjahr oder die Berufsvorbereitenden Jahre vorsieht. Allein daraus wird ersichtlich, dass das Bildungsmaßnahmen und dazu gehören als wichtiges Land den Produktionsschulansatz nach wie vor für wich- Auffangnetz auch die Produktionsschulen. All diese Maß- tig erachtet, um jungen Menschen den Weg in eine nahmen richten sich an junge Menschen mit einge- selbstbestimmte berufliche Zukunft zu ebnen. schränkter oder fehlender Vermittlungsperspektive, die der Berufsschulpflicht unterliegen und grundsätzlich eine Diese Haltung teilen auch die Landkreise, die das Pro- Ausbildung anstreben. Es geht um die enorm wichtige duktionsschulangebot als wichtige Ergänzung der regio- Aufgabe der Qualifizierung von sogenannten benachtei- nalen und zum Teil aus Bundesprogrammen geförderten ligten Jugendlichen. Maßnahmen unterstützen. Neben der Produktionsschul- förderung werden in allen Landkreisen und kreisfreien Da ist nicht nur der Blick auf die vorgenannte veränderte Städten Maßnahmen der Jugendberufshilfe wie auch Arbeitsmarktsituation. Da das oberste Ziel sein sollte, Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit und der Job- dass sich die Jugendlichen und Unternehmen direkt center vorgehalten. Auch diese Maßnahmen unterliegen kennenlernen und die Tätigkeit unmittelbar in der Praxis einem permanenten Wandel und werden vor Ort ständig erfolgt, kommen Übergangsmaßnahmen wie der Ein- angepasst. Die Produktionsschulen können und wollen stiegsqualifizierung eine vorrangige Rolle zu. Und sicher- sich diesem Prozess und den veränderten Bedarfen nicht lich auch bedingt durch den von mir skizzierten zuneh- verschließen. menden Mangel an Azubis sind Unternehmen stärker bereit, Kompromisse einzugehen und junge Menschen Die veränderten Rahmenbedingungen und die geringe- gezielt zu fördern. Die Produktionsschulen sind in diesem ren Schülerinnen- und Schülerzahlen bringen natürlich Maßnahmenpaket von ihrer Funktion her ein Angebot, Probleme mit sich und bergen auch Diskussionsbedarf. welches nur zum Einsatz kommen sollte, wenn aufgrund In regelmäßig stattfindenden Beratungen mit den Ge- der in der Person der Jugendlichen liegenden Gründe die schäftsführungen der Produktionsschulen sowie in Ge- vorgenannten Maßnahmen nicht infrage kommen. sprächen mit der Bundesagentur für Arbeit, dem Netz- werk der Bündnisse für Jugend und Beruf, mit der Verei- (Henning Foerster, DIE LINKE: Deswegen nigung der Unternehmensverbände wie auch mit dem müssen sie trotzdem ausfinanziert werden.) Bildungsministerium verschaffen wir uns gemeinsam einen Überblick, unter anderem über die Bedarfslage, die Der Begleitung und Weiterentwicklung dieses Zusam- aktuelle Zielgruppe und die Wirkung der Produktions- menspiels der einzelnen Übergangsmaßnahmen stellt schulmaßnahmen in Bezug auf eine Integration in Aus- sich die Arbeitsgemeinschaft „Landeskonzept Übergang bildung und Arbeit. Schule – Beruf“ unter Federführung des Bildungsministe- riums in einem kontinuierlich fortlaufenden Prozess. Die Es geht uns auch darum, den umfangreichen Erfah- dort beschriebenen Maßnahmen sind also kommunizie- rungsschatz der Produktionsschulen zu nutzen, um das rende Röhren, die vom Gesamtbedarf und den jeweiligen Angebotsprofil der Produktionsschulen zu schärfen und spezifischen Bedingungen abhängen. Die Produktions- so ein wirkungsorientiertes und bedarfsgerechtes Ange- schulen sind in ihrer praktischen Ausgestaltung sowohl bot zu entwickeln. Wir werden als Landesregierung unse- eine Maßnahme der Jugendberufshilfe als auch eine auf rer Verantwortung gerecht und beteiligen uns mit höchst- die Integration in den Arbeitsmarkt ausgerichtete Maß- möglichen prozentualen Anteilen an den Kosten für die nahme. Damit stehen nicht nur berufsvorbereitende As- Produktionsschulen. Unsere Planung der Produktions- pekte und die berufliche Eingliederung unter arbeits- schulförderung ist bis 2022 so lang wie bei keinem ande- marktpolitischen Blickwinkeln im Vordergrund, sondern ren Finanzierer angelegt. Es bedarf hier also keiner ge- auch der jugendhilfezentrierte Aspekt der Persönlich- sonderten Aufforderung. keitsentwicklung des jungen Menschen. Den bisherigen Gesprächen konnte ich entnehmen, dass Es sind zwei Seiten einer Medaille, die sich in der Arbeit auch die Produktionsschulen sowie die Landkreise und der Produktionsschulen vereinen und letztlich die Ausbil- kreisfreien Städte bereit sind, sich diesem Prozess zu dungsfähigkeit ausmachen. Daher ist es unsere ständige stellen und ihn durch konstruktive Ideen und Ansätze zu Aufgabe, die Produktionsschulen bedarfsgerecht als Teil begleiten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. des Übergangssystems Schule/Beruf, als Angebot der Jugendberufshilfe und als Unterstützungsstruktur für das (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Erlangen des Schulabschlusses zu gestalten. Und genau dies tun wir, meine sehr geehrten Damen und Herren. Vizepräsidentin Beate Schlupp: Vielen Dank, Frau Mi- Wir stehen als Land zum Angebot der Produktionsschu- nisterin. len. Genau aus diesem Grund hat sich die Landesregie- rung auch in ihrer Koalitionsvereinbarung unmissver- Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeord- ständlich dazu bekannt, nicht nur die Produktionsschulen nete Herr Reuken. bis 2022 mit jährlich 2 Millionen Euro zu fördern, sondern auch die jahrelange Erfahrung der Produktionsschulen Stephan J. Reuken, AfD: Sehr geehrtes Präsidium! Sehr mit in ein Landesprogramm für mehr erfolgreiche Schul- geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Lands- abschlüsse einfließen zu lassen. leute! Ohne Zweifel erfüllen Produktionsschulen in unse- rem Land eine sehr wichtige Aufgabe im Bereich der Mit der Planung der Produktionsschulförderung bis 2022 Integration von sozial benachteiligten Schülern in die und mit einem Gesamtvolumen von 16 Millionen Euro Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt. Insofern stimmen geht das Land bereits deutlich über die ursprünglich im wir Ihrem Antrag schon mal zu. Auch, dass diese wichti- Operationellen Programm der im ESF geplanten Förde- ge Aufgabe ausreichend finanziert werden muss, steht rung bis 2019 und den Mitteleinsatz von 10 Millionen Euro natürlich außer Frage. 94 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Allerdings weist Ihr Antrag auch Schwächen auf. Sie Selbstverständlich werden wir uns zum passenden Zeit- begründen ihn zum einen damit, dass die Agentur für punkt nicht verschließen, konstruktiv über die finanzielle Arbeit eine bedarfsgerechte Kürzung ihres finanziellen Sicherung der Produktionsschulen zu diskutieren, denn, Engagements prüft, und zum anderen damit, dass die ich sagte es bereits eingangs, auch wir sehen im Kon- aktuelle Förderperiode des ESF nur noch bis 2020 läuft. zept der Produktionsschulen einen wichtigen Beitrag, Darüber hinaus muss man allerdings zur Kenntnis neh- jungen Erwachsenen und Jugendlichen zu helfen, die men, dass die Träger, die Finanzierenden und die Schu- nach Ablauf ihrer Schulpflicht aus vielerlei Gründen keine len selbst eine verbindliche Rechtssicherheit in Finanzie- Ausbildungsreife erlangen konnten, weil eine klassische rungs- und Verwaltungsfragen fordern. Es wäre an der Beschulung nicht erfolgreich war. Zeit, aus dem Landeskonzept für den Übergang von der Schule in den Beruf aus dem Jahre 2014 eine gesetzli- Wir halten Ihren Antrag nicht grundsätzlich für falsch, che Regelung zu gestalten. Dies könnte mittelfristig sehen in ihm zum jetzigen Zeitpunkt aber keinen großen durch ein Kooperationsgesetz geschehen, welches die Nutzen. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten, Zusammenarbeit des Bereiches Schule, angesiedelt im der Überweisung in den Sozialausschuss werden wir Ministerium für Bildung, mit dem Bereich der Jugendhilfe, gerne zustimmen. – Vielen Dank. angesiedelt im Sozialministerium, regelt. (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD) Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für Hierbei sollten gesetzlich die Zielgruppe, der Auftrag der die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Friemann- Schulen und die Verantwortlichkeiten festgelegt werden, Jennert. was dann natürlich auch die Finanzierung beinhaltet. Maika Friemann-Jennert, CDU: Sehr geehrte Frau (Birgit Hesse, SPD: Die Jugendhilfe Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! ist bundesgesetzlich geregelt.) Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von der Links- fraktion! Produktionsschulen leisten im Land in der Tat Um den Produktionsschulen langfristig ihren berechtigten einen wichtigen Beitrag für den Übergang von jenen Stellenwert in der Schullandschaft zu verschaffen, müs- Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Beschäfti- sen diese Eingang in das Schulgesetz in Mecklenburg- gungsmarkt, die in einer regulären Schul- oder Ausbil- Vorpommern finden, beispielsweise durch eine Erweite- dungsform keinen Abschluss erreichen konnten. Sie als rung des Paragrafen 59a im Schulgesetz. pädagogischen, qualifizierenden und motivierenden Lern- ort für Jugendliche und junge Erwachsene zu sichern, ist Die Zahl der Schüler an den Produktionsschulen hat, so eine Aufgabe von gesellschaftlicher Tragweite. In Zeiten kann man der Antwort der Landesregierung auf eine des Fachkräftemangels sowie eines robusten Arbeits- Kleine Anfrage des Kollegen Foerster entnehmen, durch- marktes ist es arbeits- und sozialpolitisch unverzichtbar, aus einen gleichbleibenden Mittelwert. Welche Veranlas- jedem Jugendlichen bei uns eine berufliche Perspektive sung, frage ich mich, sollte also die Agentur für Arbeit zu bieten und jedes individuelle Potenzial auszuschöp- sehen, Finanzmittel zurückzunehmen bei gleichbleiben- fen. Dazu tragen in vielen Fällen auch die Produktions- dem Bedarf? Die neue Prüfung durch die Agentur für schulen bei und deshalb ist es richtig, dass wir sie als Arbeit liegt lediglich an einem Vertrag, der im August regierungstragende Fraktionen finanziell weiterhin unter- dieses Jahres ausläuft. Und, das muss man auch sagen, stützen. Darin sind wir uns, denke ich, einig und es ist im auch der Zuzug nicht oder gering qualifizierter Men- Koa-Vertrag auch verbrieft. schen, wie er derzeit stattfindet, gibt keinen Anlass, an einen sinkenden Bedarf zu glauben. Ich selbst habe mir mehrfach ein Bild vor Ort verschafft und weiß, mit wie viel Herzblut engagierte Werkstattpä- (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – dagogen und Mitarbeiter täglich mit den Jugendlichen Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Sehr gut!) arbeiten und ihnen Chancen für deren weiteres persönli- ches und berufliches Leben eröffnen. Des Weiteren ist das Konzept der derzeitigen Finanzlas- tenteilung durchaus verbesserungswürdig. Einige Pro- (Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU) duktionsschulen im Land werden von mehr als vier ver- schiedenen Stellen finanziert, die alle ihre eigenen Re- Vizepräsidentin Beate Schlupp: Einen Moment, Frau geln, Verordnungen und Bestimmungen der Mittelvergabe Friemann-Jennert! haben. Der dadurch entstehende Verwaltungsaufwand ist immens und bindet Ressourcen, die anderswo sicher Ich möchte den Kollegen der CDU doch bitte anraten, ein besser verwendet werden könnten. bisschen kollegialer der eigenen Fraktionskollegin zuzu- hören und die Gespräche auf ein Mindestmaß zu be- Viel schwerer wiegt hingegen das vermeintliche Ende grenzen. Es ist hier wirklich derartig deutlich zu hören, der Förderung durch den ESF, denn dieser stellt mit- ich finde das nicht sehr schön und es ist auch kein schö- hin fast die Hälfte der Finanzierung. Hier halten wir nes Zeichen, wenn man völlig uninteressiert ist, wenn das geforderte Konzept für die Zeit nach 2020 durch- eine Kollegin die Fraktion hier vorne vertritt. aus für sinnvoll. Es bleibt aber abzuwarten, ob der Lan- deshaushalt 2020/2021 dahin gehend angepasst werden Jetzt können Sie fortfahren. muss, um eventuell ausbleibende Förderung durch den ESF zu kompensieren. Sollte es dazu kommen, würde Maika Friemann-Jennert, CDU: Vielen Dank, Frau Prä- der Landeshaushalt mit rund 40 Millionen Euro innerhalb sidentin. von sechs Jahren zusätzlich belastet und es bedürfte sicher einer Gesamtüberprüfung der Finanzierung der Für dieses Wissen benötigen wir den Wink mit dem Produktionsschulen. Zaunpfahl allerdings nicht. Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 95

An dieser Stelle möchte auch ich ein ganz herzliches Auch wir möchten, dass Produktionsschulen ihrer wichti- Dankeschön richten an die Mitarbeiterinnen und Mitarbei- gen Funktion im Land weiterhin nachkommen. Nur soll- ter, die an den Produktionsschulen arbeiten. Wir wissen ten Sie in dieser Debatte nicht ignorieren, dass derzeit in Ihre Arbeit sehr zu schätzen. Mecklenburg-Vorpommern auf 11.000 Ausbildungsplätze gut 9.000 Bewerberinnen und Bewerber treffen. Heute sind die Erwerbsbiografien junger Menschen über- aus vielfältig und nehmen in vielen Fällen keinen linearen (Henning Foerster, DIE LINKE: Verlauf. Für mich war dies kein neues, aber ein beeindru- Wir reden hier über eine bestimmte Gruppe ckendes Zwischenergebnis der im Sozialausschuss durch- von nicht ausbildungsreifen Jugendlichen geführten Anhörungsreihe „Jung sein in M-V“ zum Über- und nicht über eine Allgemeinsituation.) gang Schule/Beruf. Jugendlichen eine zweite Chance zu geben, ist in unserer auf lebenslange Bildung ausgerich- Viele Unternehmen suchen also händeringend nach teten Arbeitswelt eine notwendige und unerlässliche jungen ... Aufgabe, zu der die Produktionsschulen beitragen. Herr Foerster, Sie können doch nachher auch noch re- Wenn wir darüber diskutieren, jungen Menschen eine den. Sie schreien immer so laut, dass man sich hier nicht dauerhafte Zukunftsperspektive in unserem Flächenbun- verstehen kann. desland zu geben, gehört die zielgerichtete Unterstüt- zung von Jugendlichen in ihrer Ausbildung zwingend (Elisabeth Aßmann, SPD: Na, endlich mal!) dazu. Ich begrüße es daher außerordentlich, dass wir in dieser Landtagswoche den Weg freimachen werden für Viele Unternehmen suchen händeringend nach jungen die Ausweitung des Fahrkostenzuschusses für Berufs- Fachkräften, wovon erfreulicherweise eben auch viele schülerinnen und Berufsschüler, um sie bei den in Jugendliche profitieren, die womöglich in wirtschaftlich Mecklenburg-Vorpommern üblichen langen Entfernun- schwierigeren Zeiten keinen Ausbildungsplatz erhalten gen würden. Einrichtungen der Jugendberufshilfe, zu denen Produktionsschulen zählen, unterliegen ebenso den (Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage, die sich doch nichts mit dem Thema nicht zuletzt am Vorhandensein potenzieller Jugendlicher Produktionsschulen zu tun.) orientieren. Dies sollten Sie auch, weil man eine Ziel- gruppe eben institutionell mit öffentlichen Mitteln nur zwischen Wohn- und Ausbildungsort dann unterstützen kann, wenn sie zahlenmäßig eine gewisse Größe erreicht hat. Diese Tatsache vermisse ich (Henning Foerster, DIE LINKE: in Ihrem Antrag. Das geht doch am Thema vorbei!) Wenn nun also ein Finanzierungspartner der Produkti- bei den Fahrt- und Übernachtungskosten zu entlasten. onsschule Waren erklärt, ab 1. September keine weiteren Plätze mehr belegen und kofinanzieren zu können, weil Meine sehr verehrten Damen und Herren, aktuell werden es schlicht nicht genug potenzielle Jugendliche gibt, dann in insgesamt fünf Produktionsschulen an acht Standorten ist dies erst einmal ein gutes Signal für den Arbeitsmarkt. im Land etwa 330 junge Menschen zwischen 15 und 25 Ebenfalls ist es ein Indiz für das Wirken einer vorsorgen- gezielt unterstützt, um sie in einem kompetenzvermitteln- den Landespolitik durch das energische und programm- den Umfeld auf den Einstieg in die Berufswelt vorzuberei- unterstützte Eintreten gegen Schulabbrüche. Dies ge- ten. Zu einfach, … schieht zum Beispiel durch die Inanspruchnahme des neuen Plusjahres für jene Schülerinnen und Schüler, die (Henning Foerster, DIE LINKE: die 9. Klassenstufe nicht erreicht haben. Seit dem Schul- Das wissen wir.) jahr 2015/2016 können diese Schülergruppen an einigen Regionalen Schulen und Gesamtschulen die Berufsreife Ja. in einem weiteren Schuljahr, also dem neuen Plus, er- werben. Dass wir hier messbare Erfolge erzielt haben, ist (Henning Foerster, DIE LINKE: für meine Fraktion eine Bestätigung der politischen Arbeit. Die Frage ist, wie das geändert werden soll.) Auf der anderen Seite nehmen wir die Situation der Wa- rener Produktionsschule sehr ernst und werden den … zu einfach machen Sie es sich von der Linksfraktion Sachverhalt in gemeinsamen Gesprächen auch mit dem jedoch, wenn Sie hier im Landtag so tun, als wenn Sie Sozialministerium prüfen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Retter der Produktionsschulen wären, und dabei die angekündigten Gespräche auf Ebene der Landkreise zentrale, eine für die Produktionsschule Waren förderliche Lösung bezwecken können. (Henning Foerster, DIE LINKE: Wir thematisieren sie In Ihrem Antrag fordern Sie darüber hinaus, gegebenenfalls als Einzige seit Jahren!) vorhandene Finanzierungslücken in den Jahren 2018/2019 zu schließen. So einfach geht das natürlich nicht. Wie Sie und dabei zentrale Fakten außer Acht lassen. Im Land- der Berichterstattung entnehmen konnten, handelt es sich ratswahlkampf mag das für Sie vielleicht ein probates in dem Warener Fall nicht um die Mittel des Landes, die Mittel gewesen sein, mit seriöser Politik und mit der hier zur Diskussion stehen. Auch hier sollten Sie die Fak- Kenntnis der derzeitigen Ausbildungsmarktsituation hat tenlage besser kennen und differenzierter argumentieren. Ihr Ansinnen allerdings wenig zu tun. (Henning Foerster, DIE LINKE: Es geht (Henning Foerster, DIE LINKE: Ach so?!) um die Frage, wer das kompensiert.) 96 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich mehrfach (Peter Ritter, DIE LINKE: Auf die wir reagieren zur Finanzierung der Produktionsschulen im Land be- müssen, nicht nur gefasst sein müssen. kannt und wird diese auch weiterhin aus Mitteln des Auf die wir reagieren müssen!) Europäischen Soziallfonds fördern. Jährlich stellen wir den Einrichtungen 2 Millionen Euro als Finanzierungs- Aber die Hauptnotwendigkeiten sind natürlich die Neu- grundlage zur Verfügung. ausrichtung oder die Weiterentwicklung, und das ist ja nicht das erste Mal, dass unsere Produktionsschulen sich Was den Fortgang der Produktionsschulen über den weiterentwickeln müssen. Das Problem – was heißt, das Zeitraum der ESF-Förderung bis 2020 anbelangt, so Problem, wir haben schon öfter Erörterungen hier im werden wir dies zunächst und zu einem geeigneten Landtag gehabt, Anpassungserfordernisse auch umge- Zeitpunkt mit unserem Koalitionspartner besprechen. setzt. Und das ist auch gut so. Ihrem Antrag werden wir indes nicht zustimmen. – Vie- len Dank. Frau Friemann-Jennert, aber auch die Ministerin spra- chen ja zu Recht die Situation unserer Jugendlichen auf (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU) dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt an. Mittlerweile sind mehr Unternehmen selbst bereit, Jugendlichen dabei zu Vizepräsidentin Beate Schlupp: Das Wort hat jetzt für helfen, Mängel in der Berufsreife auszugleichen, und die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier. trotz alledem, wenn diese Mängel da sind, nicht auf die Produktionsschulen zurückzugreifen – in Anführungszei- Martina Tegtmeier, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! chen – über die Arbeitsverwaltung, sondern direkt in den Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Friemann-Jennert Betrieben entsprechende Fördermöglichkeiten einzurich- hat ja hier schon, ich sage mal, koalitionstragend vorge- ten. Die Produktionsschulen wissen das, die wissen das tragen. Deswegen bin ich jetzt ein bisschen überrascht, ganz genau. dass ich schon gleich nach ihr dran bin. Aber wie dem auch sei, ich glaube, alle meine Vorrednerinnen und Frau Ministerin Drese hat auch von der Arbeit und von Vorredner haben die Wertschätzung, die wir insgesamt den Gesprächen, die sie führt und die auch die Arbeits- den Produktionsschulen, natürlich insbesondere den gruppe führt, gesprochen, und die Produktionsschulen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihnen, entgegenbrin- sind ja mit dabei. Sie sind mit dabei, weil sie ganz genau gen, hier zum Ausdruck gebracht. Ich will mich da aus- wissen, dass sie sich auf neue Anforderungen einstellen drücklich anschließen. müssen. Aber natürlich sind sie auch dabei, um immer ihre Situation und die Probleme, die das für sie in den Ebenso wurde in dem Antrag von der Fraktion DIE LINKE Schulen bedeutet, mit anführen zu können und sich dafür hier auch schon festgestellt, dass 2016 im Rahmen der einzusetzen, dass die Landesregierung das auch immer Expertenanhörung alle Fraktionen sich zu den Produkti- mit im Blick hat. onsschulen bekannt und zum Ausdruck gebracht haben, dass sie das Konzept unterstützen. Frau Sozialministerin Ich denke und meine Fraktion ist der Auffassung, dass Drese hat das ja explizit hier ausgeführt und hat uns, wir diese, glaube ich, einen ganz guten Rundumausblick im Zu- sammenhang gegeben, denn auch die Produktionsschu- (allgemeine Unruhe – len hängen mit vielen Dingen zusammen. Wenn man ihr Glocke der Vizepräsidentin) denn aufmerksam von allen Seiten zugehört hätte, hätte man sich hier einiges, und da meine ich jetzt zum Bei- dass Ihr Antrag in den vier Punkten, die Sie hier anfüh- spiel Herrn Reuken, der hätte sich die Hälfte seiner Aus- ren, vollkommen überflüssig ist. führungen, glaube ich, ersparen können. Er ist in keinem Punkt darauf eingegangen, womit die Sozialministerin (Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE) den Vortrag von Herrn Foerster hier ja an den meisten Stellen nicht entkräftet hat, sondern beantwortet hat, Die Ministerin hat hier ausgeführt, dass sie diese Punkte darauf reagiert hat, nicht nur bearbeitet,

(Henning Foerster, DIE LINKE: (Peter Ritter, DIE LINKE: Auf die entscheidende Frage Oh Gott, oh Gott, oh Gott!) hat sie keine Antwort gegeben.) sondern vor allen Dingen, dass ihr die Tragweite voll- Auskunft gegeben hat, wie das Land mit der Gesamtsitu- kommen bewusst ist. ation umzugehen gedenkt. (Peter Ritter, DIE LINKE: Kommen Sie Herr Foerster hat hier natürlich eine Gesamtbewertung, mal nächste Woche mit nach Waren in die Einschätzung der Situation und auch eine Einschätzung Produktionsschule. Da können Sie das vortragen!) der Problemlage, in der wir uns zurzeit befinden, ge- macht. Alle Punkte hat er allerdings nicht genannt, denn Außerdem ist sie auch explizit auf die Förderung auch die Förderung über die EU ist ja an bestimmte Din- ge gebunden und die Integration in den Arbeitsmarkt in (Peter Ritter, DIE LINKE: einem bestimmten Maße wird, glaube ich, in dem gefor- Achtkantig fliegen Sie dann raus!) derten Format noch gar nicht erfüllt. Sie sprachen von beachtlichen Erfolgen durch die Produktionsschulen. Die und die entstehenden Finanzierungslücken eingegangen, haben sie, aber die EU-seitige Forderung ist noch ein sodass ich meiner Fraktion nur empfehlen kann, Ihren Stück höher. Auch das wird in Zukunft bei der Neuaus- Antrag abzulehnen. richtung der Förderprogramme möglicherweise eine Rolle spielen, auf die wir gefasst sein müssen. (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 97

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat ten, und die Verantwortung dafür tragen SPD und CDU in noch einmal für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete diesem Land. Herr Foerster. Wir reden heute auch nicht zum ersten Mal über die (Torsten Renz, CDU: Auf alle grundsätzlichen Schwierigkeiten, die sich aus der be- Fragen ausreichend geantwortet. – kannten Mischfinanzierung der Produktionsschulen erge- Henning Foerster, DIE LINKE: Garantiert nicht.) ben. Für Sie mal zur Erklärung der Hintergründe: Die drei Träger der Produktionsschulen, die es im Land gibt, Henning Foerster, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Meine verhandeln bezüglich ihrer Finanzen mit Vertretern aus Damen und Herren! Vieles von dem, was ich seitens der acht Kommunen, setzen sich mit der Bundesagentur für Ministerin und der Regierungsfraktionen hier gehört ha- Arbeit an sechs Standorten auseinander und stimmen be, erinnert mich so ein bisschen an Silvester. Die meis- sich darüber hinaus mit sechs verschiedenen Jobcentern ten von Ihnen kennen vielleicht den Sketch „Dinner for ab. Sie sind dazu gezwungen, weil neben der ESF- One“, das „Same procedure as every year“. Übertragen Finanzierung nur mehrere Zuwendungsbescheide die auf Ihre Argumentation zum Thema Produktionsschulen Gesamtfinanzierung überhaupt absichern. Der daraus ist es ebenso die gleiche Prozedur wie jedes Jahr. resultierende Verwaltungsaufwand ist entsprechend hoch, denn an die Zuwendungsbestimmungen der jewei- Als sich die Produktionsschulen 2014, den Empfehlun- ligen Zuwendungsgeber sind verschiedene Prüfkriterien gen der Landesregierung folgend, auf den Weg machten, gebunden. angesichts einer zunehmend unsicheren Zukunft die Anerkennung als Ersatzschule zu beantragen, die dann Zudem erzeugt die aktuelle Mischfinanzierung eine Ein- versagt wurde, hieß es, sie seien trotzdem gesichert. Als mischung in praktisch alle Belange und Abläufe der sich der Sozialausschuss 2016 im Zuge einer Anhörung Schulen, was natürlich die inhaltliche Weiterentwicklung mit den Optionen für die Sicherung des Angebotes Pro- der Produktionsschulidee auch nach Aussage der Fach- duktionsschule befasste, hieß es, die Produktionsschulen leute deutlich erschwert. Beispielhaft seien genannt: unter- seien sicher. schiedliche Arbeitszeiten der Produktionsschüler, unter- schiedliche Hierarchien der Zuwendungsgeber, unter- (Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE) schiedliche Anforderungen an das Controlling oder unterschiedliche Laufzeiten eingekaufter Maßnahmen. Das Gleiche führten die Abgeordneten von SPD und Deshalb ist es aus unserer Sicht auch zwingend erforder- CDU auch aus, als wir im Rahmen der Haushaltsbera- lich, ein mit den Trägern abgestimmtes, langfristig tragfä- tungen 2017 über die finanzielle Ausstattung der Produk- higes Konzept zu entwickeln, in dem die gesetzliche tionsschulen diskutierten. Und auch heute haben Sie den Verortung und die künftige Finanzierung geklärt werden. Eindruck erweckt, als gäbe es gar keine Probleme. Wäh- rend ich Sie, Frau Ministerin Drese, auf ganz konkrete Und die Hoffnung meines geschätzten Kollegen Ingo Probleme angesprochen habe, haben Sie auf die Koaliti- Schlüter vom DGB Bezirk Nord, die er 2016 im Rahmen onsvereinbarung zwischen SPD und CDU verwiesen. der Anhörung zur Absicherung der Produktionsschulen in Dann senden wir also den Text der Koalitionsvereinba- deren Aufnahme in das Landeskonzept zum Übergang rung nach Waren, anstelle von Geld, Schule/Beruf setzte, ist mir ehrlich gesagt etwas zu vage. Denn dieses seinerzeit mit großem Brimborium ange- (Peter Ritter, DIE LINKE: kündigte Papier fristet jetzt vermutlich ein tristes Dasein Aber mit einer goldenen Schleife.) und vergilbt in Schubladen und Panzerschränken. Ich für meinen Teil habe jedenfalls schon lange nichts mehr und teilen mit, dass alles in Ordnung ist. Frau Ministerin, davon gehört. Was stattdessen aus den Produktions- ehrlich gesagt, das ist doch eine Farce! schulen zu hören ist, ist Frustration, dass im Nachgang zur Expertenanhörung 2016 nun wirklich gar nichts Signi- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) fikantes passiert ist, und die anhaltende Sorge darüber, dass aus dem einstigen Exportschlager nunmehr ein Es gab übrigens auch mal einen Bundessozialminister Ladenhüter werden könnte. von der CDU, der plakatieren ließ: Die Rente ist sicher. Und man könnte trefflich darüber streiten, ob er recht Meine Fraktion will das ausdrücklich nicht, denn dass es hatte oder nicht. dieses Angebot braucht, darüber war man sich 2016 einig und daran hat sich nach unserem Dafürhalten auch (Zuruf von Torsten Renz, CDU) bis heute nichts geändert. Deshalb möchte ich zum Schluss meiner Debattenrede noch einmal an die Aus- Aber Spaß beiseite, Herr Kollege Renz. Die jetzt in der führungen der Expertinnen und Experten erinnern. Produktionsschule Müritz anzutreffenden Probleme wa- ren auch schon lange absehbar. Schon im April 2016 Das Deutsche Jugendinstitut sah seinerzeit in den Pro- wiesen verschiedene Anzuhörende darauf hin, dass die duktionsschulen eine mögliche und geeignete Antwort, vertragliche Bindung der Produktionsschulen an die Bun- Jugendlichen in schwierigen Lebensumständen Chancen desagentur für Arbeit bezüglich des arbeitsmarktpoliti- für eine gelingende soziale und berufliche Integration zu schen Instrumentes BvB-Pro endlich sei und die aus- bieten. kömmliche Finanzierung für den Fall, dass keine gleich- wertige neue Regelung getroffen werde, nicht mehr Die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern hielt gesichert sei. Im selben Kontext wurde ausgeführt, dass die Produktionsschulen für einen Baustein im Über- ein Zurückfahren der Mittel nur zeigen würde, dass die gangssystem, der auch unter den heutigen Bedingungen, Verortung der Produktionsschulen eine aktuell dringend Frau Friemann-Jennert, in einem begrenzten Anwen- zu lösende politische Aufgabe sei. Offenkundig lässt die dungsbereich seine Berechtigung hat. Wir reden nämlich Lösung auch mehr als zwei Jahre danach auf sich war- nicht pauschal über Entwicklungen am Ausbildungs- 98 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 markt, wir reden hier über eine ganz bestimmte Gruppe chenden Auswirkungen mit einem Brief an die Minister- nicht ausbildungsreifer schulaversiver Jugendlicher. Da- präsidentin des Landes … gewandt und darauf verwie- rum geht es und um nichts anderes, und dieses allge- sen, dass durch die Deckelung der Landes-Co- meine Blabla, Entschuldigung, das hilft nun tatsächlich Finanzierung auf 2 Millionen Euro … jährlich für alle niemandem. 5 Träger der Produktionsschulen in Mecklenburg-Vor- pommern eine auskömmliche Finanzierung nicht … ge- (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) währleistet ist.“ Also hier ist ganz klar die Landesverant- wortung genannt. Die Bundesagentur für Arbeit in Greifswald erachtete die Produktionsschulen seinerzeit für eine bestimmte Gruppe (Torsten Renz, CDU: Jugendlicher – und ich habe eben gesagt, welche das Und wie lautete die Antwort?) ist – als das einzig geeignete Angebot im Kontext des Übergangssystems von Schule und Beruf. Und wenn Das sage ich Ihnen jetzt. sich die Regierungsfraktionen daran stören, dass wir als Oppositionsfraktion mit dieser Initiative um die Ecke „Das lang erwartete Antwortschreiben ging dann im April kommen und Sie wieder mal beim Regieren stören, dann ein. Leider sieht die Ministerpräsidentin derzeitig auch nehmen Sie meinetwegen doch das eindeutige Votum keine Lösungswege für die Produktionsschule Müritz und der Fachwelt zum Anlass, sich endlich ernsthafter als die anderen 4 Schulen im Land. Für das Jahr 2018 ist bislang mit dem Thema zu befassen! Der italienische aufgrund der Höhe der Überzeichnung ein Ausgleich Philosoph Dante Alighieri hat einmal treffend formuliert: nicht mehr zu erreichen. Derzeitig arbeitet die Produkti- onsschule auf der Grundlage des vorzeitigen Maßnah- (Tilo Gundlack, SPD: mebeginns, ohne jeglichen Rechtsanspruch auf eine Der ist aber auch schon tot.) auskömmliche Finanzierung.“ Und Sie stellen sich hier hin und erklären uns, es ist alles in Ordnung?! Ich muss „Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt, der andere Ihnen sagen, Sie haben leider überhaupt keine Ahnung. packt sie an und handelt.“ Gewartet haben Sie nun wirk- lich genug. Es ist Zeit zu handeln, meine Damen und (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Herren von SPD und CDU! In der Antwort heißt es weiter: Für den Fall, dass Sie selbst die Überweisung und die inhaltliche Auseinandersetzung im Fachausschuss ab- „Das Angebot der Produktionsschulen in Mecklenburg- lehnen sollten, beantrage ich hier schon mal namentliche Vorpommern hat sich in den letzten Jahren zunehmend Abstimmung zum Antrag. – Vielen Dank für die Aufmerk- zu einem Angebot für junge Menschen entwickelt, die die samkeit. bisherigen Angebote, Hilfen und Programme im Über- gang zwischen Schule und beruflicher Ausbildung aus (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) unterschiedlichen Gründen nicht annahmen und sich mehr und mehr aus dem System des Übergangs von Vizepräsidentin Beate Schlupp: Ums Wort gebeten hat Schule in … Beruf entkoppelt haben.“ Das, was Sie be- für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter. schrieben haben, was sie sonst in der Berufsausbildung Übergang von Schule/Beruf machen, das ist alles richtig, Peter Ritter, DIE LINKE: Frau Präsidentin! Meine sehr das stellt auch meine Fraktion überhaupt nicht infrage, verehrten Damen und Herren! Seit vielen Jahren folge aber dieses spezielle Angebot für die jungen Leute, das ich der herzlichen Einladung des Beirates der Produkti- ist eben etwas anderes, als Sie uns hier weiszumachen onsschule Waren-Müritz, um an der Zeugnisübergabe versucht haben. teilzunehmen. Wer einmal erlebt hat, wie stolz diese jungen Menschen auf das Erreichte sind, der wird sich „Die Produktionsschulen“, heißt es weiter, „konnten und sehr, sehr wundern über die Reden, die hier vor allen können nachweisen, dass insbesondere junge Menschen Dingen aus den Koalitionsfraktionen dargeboten worden mit massiven Problemen arbeitsmarktrelevante Kompe- sind. tenzen erwerben und in Anschlussmaßnahmen integriert werden können.“ Und Sie haben auf die Bedeutung der (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Wirtschaft und auf die Bedarfe der Wirtschaft hingewiesen.

Das ist einfach nicht zu tolerieren, wie Sie mit dieser Das machen die Produktionsschulen auch, indem die Situation umgehen. Und ich erlaube mir deshalb, auch Kreisverwaltung unter anderem antwortet: „In den Unter- noch mal aus der Antwort der Kreisverwaltung auf meine nehmen Mecklenburg-Vorpommerns fehlen Auszubil- Anfragen zu zitieren. Dort heißt es … dende und Nachwuchskräfte in höchstem Maße. Die Wirtschaft ist daher auch auf die Befähigung der meist Im Übrigen hat es gar nichts mit Landratswahlkampf und benachteiligten jungen Menschen angewiesen.“ Die so einem Quatsch zu tun. In meiner Eigenschaft als Mit- Produktionsschule ist also eine Vorstufe, um die Bedarfe glied des Jugendhilfeausschusses im Landkreis Meck- der Wirtschaft erfüllen zu können? Die kann künftig hier lenburgische Seenplatte bin ich seit vielen Jahren an nicht mehr gewährleistet werden und Sie stellen sich hier diesem Thema dran und begleite diese Einrichtung. hin und sagen, es ist alles in Ordnung, Ihren Antrag brauchen wir nicht?! (Torsten Renz, CDU: Genau. So kenne ich Sie, Sie denken ans Land.) „In der Produktionsschule Müritz“, heißt es weiter, „wer- den jährlich bis zu 60 junge Menschen betreut, vorrangig Also, in der Antwort heißt es, ich zitiere: „Der engagierte aus der Müritz Region aber auch aus Neubrandenburg, und langjährig erfahrene Beirat der Produktionsschule Demmin und Neustrelitz. 2018“, heißt es zum Abschluss, Müritz hat sich im Februar 2018 bezüglich dieser weitrei- „könnte es gelingen“ – könnte es gelingen! –, „das finan- Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018 99 zielle Defizit auszugleichen. Aber 2019 ff steht zu be- nächste Sitzung des Landtages für Donnerstag, den fürchten, dass dies nicht gelingt.“ Das ist die klare Bot- 31. Mai 2018, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen. schaft aus Waren-Müritz, dass die Finanzierung ab 2019 fortfolgend nicht mehr gelingen kann. Und Sie stellen Schluss: 19.06 Uhr sich hier hin und sagen, es ist alles in Ordnung?! Sie sollten sich schämen, meine sehr verehrten Damen und Es fehlten die Abgeordneten Holger Arppe, Sylvia Bret- Herren! schneider, Mathias Brodkorb, Sandro Hersel, Jörg Hey- dorn und Burkhard Lenz. (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Weitere Wortmeldun- gen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2157 zur Bera- tung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dage- gen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU, bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und AfD und Stimmenthaltung der Fraktion der BMV abgelehnt.

Die Fraktion DIE LINKE hat gemäß Paragraf 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2157 eine namentliche Abstim- mung beantragt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir beginnen nun mit der Abstimmung. Dazu werden Sie hier vom Präsidium namentlich aufgerufen und gebeten, vom Platz aus Ihre Stimme mit Ja, Nein oder Enthaltung abzuge- ben. Damit Ihr Votum korrekt erfasst werden kann, bitte ich Sie, sich nach Aufruf, wenn möglich, von Ihrem Platz zu erheben und Ihre Stimme laut und vernehmlich abzu- geben. Darüber hinaus bitte ich alle im Saal Anwesen- den, während des Abstimmungsvorgangs von störenden Gesprächen Abstand zu nehmen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer zu meiner Linken, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das scheint offen- sichtlich nicht der Fall zu sein.

Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich unterbreche die Sitzung für zwei Minuten. Die Sitzung ist unterbrochen.

Unterbrechung: 19.02 Uhr ______

Wiederbeginn: 19.06 Uhr

Vizepräsidentin Beate Schlupp: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sit- zung und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. An der Abstimmung haben insgesamt 55 Abgeordnete teil- genommen. Mit Ja stimmten 9 Abgeordnete, mit Nein stimmten 31 Abgeordnete, 15 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/2157 abgelehnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die 100 Landtag Mecklenburg-Vorpommern – 7. Wahlperiode – 37. Sitzung am 30. Mai 2018

Namentliche Abstimmung

über den Antrag der Fraktion DIE LINKE Produktionsschulen zukunftsfähig machen – dauerhafte Finanzierung sichern – Drucksache 7/2157 –

Jastimmen Ehlers, Sebastian Eifler, Dietmar DIE LINKE Glawe, Harry Kliewe, Holger Foerster, Henning Kokert, Vincent Kolbe, Karsten Liskow, Franz-Robert Koplin, Torsten Reinhardt, Marc Kröger, Eva-Maria Renz, Torsten Larisch, Karen Schlupp, Beate Ritter, Peter Waldmüller, Wolfgang Rösler, Jeannine Dr. Schwenke, Mignon Enthaltung Dr. Weiß, Wolfgang AfD Neinstimmen Förster, Horst Grimm, Christoph SPD de Jesus Fernandes, Thomas Kramer, Nikolaus Albrecht, Rainer Kröger, Jörg Aßmann, Elisabeth Lerche, Dirk Brade, Christian Obereiner, Bert Butzki, Andreas Reuken, Stephan J. Dahlemann, Patrick Schneider, Jens-Holger Drese, Stefanie Strohschein, Jürgen Friedriszik, Dirk Dr. Weber, Ralph Gundlack, Tilo Hesse, Birgit BMV Krüger, Thomas Mucha, Ralf Borschke, Ralf Pegel, Christian Dr. Manthei, Matthias Saemann, Nils Weißig, Christel Schulte, Jochen Wildt, Bernhard Schwarz, Thomas Sellering, Erwin Stamer, Dirk Tegtmeier, Martina Endgültiges Ergebnis:

CDU Abgegebene Stimmen ...... 55 Gültige Stimmen ...... von Allwörden, Ann Christin Jastimmen ...... 9 Berg, Christiane Neinstimmen ...... 31 Caffier, Lorenz Enthaltungen ...... 15