Teil I Teil Die Fischarten Fischarten und Fischgewässer in Sachsen-Anhalt Fischarten und Fischgewässer

Fischarten und Fischgewässer in Sachsen-Anhalt Teil I Die Fischarten Fischarten und Fischgewässer in Sachsen-Anhalt

Teil I Die Fischarten

Herausgegeben durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt

1 Impressum

Herausgeber: Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Leipziger Str. 58, 39112 Magdeburg

Autoren: Bernd Kammerad Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Ref. Agrarwirtschaft, Ländliche Räume, Fischerei Dr. Julia Scharf Institut für Binnenfischerei e. V. Potsdam-Sacrow Unter Mitarbeit von: Steffen Zahn Institut für Binnenfischerei e. V. Potsdam-Sacrow Ingo Borkmann Institut für Binnenfischerei e. V. Potsdam-Sacrow

Layout: PEGASUS Werbeagentur GmbH

Druck: Quedlinburg Druck GmbH

1. Auflage: 10.000, 2012

Bildnachweise: Autor Seite Peter Beek 57 Ingo Borkmann 14, 15 u.r., 30, 31 Christian Edler 45 Stefan Ellermann Titel, 7 – 11, 15 o., 16 u. 18, 23, 29, 32 u. Werner Fiedler Rückseite o.r., m.l., 48, 51, 59 – 74, 87 – 125, 130 – 219 Torben Finkel Rückseite u.m., 20 Heimatmuseum Arneburg 52 Tassilo Jaeger-Kleinicke 81 Bernd Kammerad 15 u.l., 22, 28 Michale Kämmereit 127 Susan Schiewe 25, 26 o. Siegfried Schlosser 12 Jörg Schuboth 32 o. Janek Simon 16 o., 19, 21, 24 u., 27 AndreasVilcinskas 54, 77 Steffen Zienert 17, 24 o., 39 – 44, 83 Die Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Das Copyright liegt bei den jeweiligen Autoren.

Alle Rechte beim Herausgeber. Nachdruck nur mit Genehmigung. Verwendung der Daten nur mit Quellenhinwei- sen. Vervielfältigungen auf mechanischem, fotomechanischem oder elektronischem Weg bedürfen der Zustimmung des Herausgebers.

Diese Schrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung von Sachsen-Anhalt kostenlos her- ausgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahl- helfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Europa-, Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen.

Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Im Jahr 1997 erschien die Publikation „Fischfauna Sachsen-Anhalts“ – eine alle Gewässer des Landes umfassende Arbeit. Inzwischen haben sich in den vergangenen 15 Jahren die Fischartengemeinschaften insbesondere in den Fließgewässern erheblich verändert.

1997 noch vereinzelt vorhandene Verödungszonen sind heute fast vollständig verschwunden. Während damals für die Fischfauna von der Gewässerverschmutzung die größte Gefahr ausging, spielen Gewässerbelastungen heute keine wesentliche Rolle mehr. Im Jahr 1997 gab es von vielen Arten oft nur Restpopulationen, die entweder sehr klein waren oder an nur wenigen Stellen vorkamen. Im Gegensatz dazu hat sich heute das Fischarteninventar­ der einzelnen Fließgewässersysteme spürbar erhöht.

Die Anzahl der nachgewiesenen heimischen Arten erhöhte sich von 40 auf 45. Fünf Arten galten 1997 noch als ausgestorben oder verschollen. Heute können Meerneunauge, Meerforelle, Lachs, Flunder und Nase wieder nach- gewiesen werden.

Vor diesem Hintergrund war eine Aktualisierung des Datenbestandes zur Fischfauna in Sachsen-Anhalt und die Darstellung in einem neuen Fischartenatlas notwendig.

Die Ergebnisse dieser Studie sollen vor allem den vielen Fischereischeininhabern in unserem Land zu Gute kom- men. Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass die hier vorliegenden Untersuchungen eine wichtige Informations- quelle und Entscheidungshilfe für Behörden, Verbände, Vereine, Institutionen und die interessierte Bevölkerung sein wird.

Mein Dank gilt allen, die zum Erscheinen dieser Broschüre beigetragen haben. Ich wünsche mir, dass die in der Broschüre zusammengefassten Erkenntnisse dazu beitragen, die Artenfülle unserer Gewässer langfristig zu ­sichern. Damit wäre ein wesentliches Ziel dieser Arbeit erreicht.

Dr. Hermann Onko Aeikens

Minister für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt

3 Geleitwort der Autoren

Schon 15 Jahre sind seit der Veröffentlichung des ersten Der Verbreitungsatlas der Fische in Sachsen-Anhalt ist Verbreitungsatlasses „DIE FISCHFAUNA VON SACHSEN- besonders für Fischer und Angler von Interesse, die im ANHALT“ vergangen. Mit dieser Broschüre lag erstmals Sinne der Hegeverpflichtung nach dem Fischereigesetz nach langen Jahren der Geheimhaltung von Umwelt- des Landes zum Schutz und Erhalt der Fischbestände daten durch die Behörden der früheren DDR wieder verantwortlich sind. Außerdem wendet er sich an eine allen Bügern zugängliche Zustandsbeschreibung Behörden und Institutionen, die fischereiliche oder der Fischbestände und ihrer Gefährdungssituation in naturschutzfachliche Themen bearbeiten, und soll sachsen-anhaltischen Gewässern vor. darüber hinaus auch interessierten Laien Informatio- nen zu den Fischbeständen des Landes geben. Die Broschüre war begehrt bei Anglern, Fischern, Behörden und Planungsbüros. Obwohl sie damals in Der 2. Teil „Die Fischgewässer“, der sich derzeit in Vor- vergleichsweise hoher Auflage erschien, ist sie mitt- bereitung befindet, ist an diejenigen gerichtet, die lerweile vergriffen. Immer wieder gehen Anfragen speziellere gewässerbezogene Kenntnisse benötigen. nach einer aktualisierten Neuauflage ein. Hier ist sie Dazu sind neben den oben genannten Nutzergruppen nun: die aktuelle Zustandsbeschreibung der Fisch- insbesondere die zahlreichen Planungsbüros zu zählen, fauna unseres Landes. Allerdings unter neuem Titel die z. B. für die Erstellung von Managementplänen für und wegen der Datenfülle diesmal in zwei Teilen. Sie Schutzgebiete oder für die Planung von Gewässeraus- führt die Tradition der Pioniere der deutschen Fisch- bau und Unterhaltungsmaßnahmen konkrete Angaben artenkartierung Dr. L. Wittmack und Max von dem zu bestimmten Gewässertypen benötigen. Daher wer- Borne fort. den in diesem Teil auch kleine Gewässer berücksichtigt, die aus fischereilicher Sicht unbedeutend sind. Gleich- Im vorliegenden Teil 1 werden in der bewährten Form wohl stellen solche Gewässer wichtige und schützens- der 1997er Ausgabe alle Arten der sachsen-anhalti- werte Lebensräume für zahlreiche Kleinfischarten dar. schen Fischfauna in Einzelbeschreibungen und mit Verbreitungskarten dargestellt. Hier finden sich neben Die dem vorliegenden Verbreitungsatlas „Fischarten Angaben zur Verbreitung auch Beschreibungen zur und Fischgewässer in Sachsen-Anhalt“ zugrunde lie- Lebensweise und zu den Biotopansprüchen der Fisch- genden Daten wurden sowohl durch kommerziell arten. Daneben sind Gefährdungen und notwendige tätige Fischereisachverständige und Planungsbüros Schutzmaßnahmen aufgeführt. Hinzu kommen aber als auch durch zahlreiche ehrenamtlich tätige Fischer, auch allgemeine Beschreibungen zu ausgestorbenen Angler und Fischfreunde erfasst. Aufgrund der Vielzahl oder verschollenen Arten sowie Geschichtliches zur der Informationen ist eine namentliche Nennung aller früheren Fischerbevölkerung und den wichtigen Nutz- Datensammler hier leider nicht möglich. Daher sei fischarten der Binnenfischerei. Auf eine Beschreibung zusammenfassend all denen herzlich gedankt, die der äußeren Merkmale der einzelnen Fischarten wur- durch Ihren Beitrag den Verbreitungsatlas bereichert de bewusst verzichtet, da diese Angaben in der zahl- haben. Beson­derer Dank gilt dem Landesamt für reich zur Verfügung stehenden Fischereiliteratur oder ­Umweltschutz Sachsen-Anhalt für die Bereitstellung auch im Internet heute überall zugänglich sind. der Gewässerbilder.

4 Inhaltsverzeichnis Seite

1. Einleitung 7 2. Gefährdungen der Fischfauna in Sachsen-Anhalt 11 3. Fischerei in Sachsen-Anhalt 17 Historische Situation 17 Gegenwärtige Situation 23 4. Die Fischartenerfassung in Sachsen-Anhalt 29 5. Artenliste der Rundmäuler und Fische des Landes Sachsen-Anhalt 36 6. Artbeschreibungen mit Verbreitungskarten 39 Neunaugen 39 Stör 51 Heringe 54 Lachsartige 59 Hecht 92 Karpfenartige 95 Schmerlen und Dorngrundeln 174 Welse 185 Aal 191 Barschartige 194 Groppe 203 Stichlinge 207 Quappe 214 Flunder 218 7. Anhang 223 Auszüge aus den gesetzlichen Bestimmungen 223 Glossar 227 Literaturverzeichnis 232

5 Artenregister Seite

Aal (Anguilla anguilla) 191 Aland (Leuciscus idus) 107 Äsche (Thymallus thymallus) 86 Atlantischer Lachs (Salmo salar) 59 Bachforelle (Salmo trutta) 68 Bachneunauge (Lampetra planeri) 48 Barbe (Barbus barbus) 133 Barsch (Perca fluviatilis) 194 Bitterling (Rhodeus amarus) 154 Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva) 130 Blei (Abramis brama) 145 Döbel (Squalius cephalus) 101 Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus) 207 Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus) 77 Elritze (Phoxinus phoxinus) 110 Europäischer Stör (Acipenser sturio) 51 Finte (Alosa fallax) 57 Flunder (Platichthys flesus) 218 Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) 43 Giebel (Carassius gibelio) 160 Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella) 166 Große Maräne (Coregonus spp.) 74 Gründling (Gobio gobio) 125 Güster (Blicca bjoerkna) 142 Hasel (Leuciscus leuciscus) 104 Hecht (Esox lucius) 92 Karausche (Carassius carassius) 157 Karpfen (Cyprinus carpio) 163 Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua) 197 Kleine Maräne (Coregonus albula) 83 Maifisch (Alosa alosa) 54 Meerforelle (Salmo trutta) 65 Meerneunauge (Petromyzon marinus) 39 Moderlieschen (Leucaspius delineatus) 98 Nase (Chondrostoma nasus) 122 Neunstachliger Stichling (Pungitus pungitus) 211 Plötze (Rutilus rutilus) 95 Quappe (Lota lota) 214 Rapfen (Aspius aspius) 116 Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) 71 Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) 113 Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) 181 Schleie (Tinca tinca) 119 Schmerle (Barbatula barbatula) 174 Schneider (Alburnoides bipunctatus) 140 Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) / Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis) 169 Steinbeißer (Cobitis taenia) 177 Stint (Osmerus eperlanus) 89 Stromgründling (Romanogobio belingi) 127 Ukelei (Alburnus alburnus) 137 Wels (Silurus glanis) 185 Westgroppe (Cottus gobio) 203 Zährte (Vimba vimba) 151 Zander (Sander lucioperca) 200 Zope (Ballerus ballerus) 148 Zwergwels (Ameiurus nebulosus) 188

6 1. Einleitung

Fische sind die ältesten Wirbeltiere unserer Erde. Schon ­Erscheinung. Vor allem seit dem Beginn der industri- vor etwa 400 Millionen Jahren traten primitive Fisch- ellen Revolution bestimmen menschliche Tätigkeiten formen auf. Im Verlauf der Erdgeschichte entwickelte in zunehmendem Maße die dynamischen Prozesse in sich dann durch Anpassung an die wechselnden Um- den natürlichen Gewässersystemen. Die z. B. durch weltverhältnisse die heutige Fischfauna. Gegenwärtig Abwassereinleitungen oder Gewässerausbau beding- sind über 25.000 verschiedene Fischarten beschrieben. ten Veränderungen der Umwelt übersteigen die auf Es wird vermutet, dass auf der Erde insgesamt ca. erdgeschichtliche Zeiträume ausgerichtete Anpas- 40.000 Fischarten vorkommen. Damit sind die Fische sungsfähigkeit der meisten Fischarten. Artenrückgang die formenreichste Gruppe der Wirbeltiere überhaupt. oder sogar das Aussterben bestimmter Arten sind die Aus archäologischen Funden ist bekannt, dass bald Folge. Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts waren nachdem die ersten Menschen die Welt besiedelten, viele deutsche Flüsse auf langen Strecken durch Ab- auch schon erste primitive Methoden des Fischfangs wassereinleitungen verödet und fischfrei (Max von zur Anwendung kamen und Fische seit jeher eine dem Borne 1882, 1883). Diese Problematik betraf alle wichtige Nahrungsgrundlage des Menschen darstell- Industriestaaten unabhängig von ihrer Gesellschafts- ten. Somit gehört die Fischerei neben der Jagd zu den ordnung und entwickelte sich in den 1960er und ältesten Tätigkeiten des Menschen. Die Fangtätigkeit 1970er Jahren zu einer Katastrophe für die Fischerei. des Menschen hatte Jahrtausende lang keine nach- In diesen Konflikten zwischen den Interessenvertretern haltigen Auswirkungen auf die natürlichen Fischbe- der ­Industrie und der Fischerei bildeten die Fischer stände, da immer nur ein geringer Teil zu Nahrungs- Jahrhunderte lang die unterlegene Partei, welche zwecken entnommen wurde. Erst seit wenigen sich meist erfolglos gegen eine übermächtige Lobby Jahrhunderten tritt der Mensch als neuer, ernst aus Schifffahrt, Industrie und Wasserwirtschaft zur ­zunehmender, die Natur beeinflussender Faktor in Wehr zu setzen versuchte. Während allerdings in den

Elbe bei Arneburg

7 ­westlichen Staaten mit dem wachsendem Umwelt- Dauer des DDR-Staates immer ungünstiger. Auf den bewusstsein der Menschen seit den 1970er Jahren ein meisten der größeren Flüsse war in der Regel wegen Umdenken erfolgte und zunehmend Maßnahmen der übermäßigen Wasserverschmutzung überhaupt gegen diese Lebensraumzerstörungen ergriffen wur- keine Fischereiausübung mehr möglich. Das betraf in den, konnten die osteuropäischen Staaten aufgrund Sachsen-Anhalt z. B. weite Strecken von , unterer ihrer deutlichen schwächeren Wirtschaftskraft solche Mulde, unterer , Weißer und Schwarzer Elster Umweltschutzmaßnahmen nicht realisieren. In der sowie von mittlerer und unterer . Lediglich die DDR, wo nicht genügend Waren zur Befriedigung der untere Havel war als größerer Fluss noch soweit intakt, Konsumbedürfnisse der eigenen Bevölkerung vorhan- dass die dort gefangenen Fische verzehrt werden den waren, standen für den Umweltschutz keine konnten. Selbst kleine Flüsse wie Holtemme, , Ilse ausreichenden Mittel zur Verfügung. Entsprechende oder Wipper waren auf weiten Abschnitten biologisch Gesetze, die zur Reinhaltung der Gewässer verpflich- tot. Abgesehen vom Harz und einigen landwirtschaft- teten, waren in der DDR zwar vorhanden, nur fehlten lich geprägten Gegenden (z. B. Altmark) konnte die die materiellen Voraussetzungen, um die gesetzlichen Fischerei in Sachsen-Anhalt deshalb vornehmlich nur Forderungen durch den Bau ausreichender Kläranla- auf Standgewässern ausgeübt werden. gen umzusetzen. Da die Betriebe alle volkseigen waren, drückten auch die staatlichen Aufsichtsorgane bei Darüber hinaus wurde in der DDR die Umweltbewe- Verstößen gegen die Umweltgesetzgebung beide gung mit politischen Mitteln unterdrückt. Alle um- Augen zu. Saubere Flüsse gab es deshalb nur dort, wo weltrelevanten Daten insbesondere zur Luft- und aufgrund der Standortbedingungen keine Industrie Gewässerverschmutzung unterlagen in den 1970/80er und keine größeren Ortschaften vorhanden waren. Jahren der Geheimhaltung. An der Fischerei und dem Die Wasserwirtschaft hatte unter anderem zum Ziel, Gewässerschutz interessierte Bürger durften sich nur mit geeigneten Meliorationsmaßnahmen die sozia- in staatlich gelenkten Verbänden organisieren. So listische Intensivierung der Landwirtschaft zu unter- waren z. B. die über 500.000 ostdeutschen Angler stützen. Nicht begradigte Flüsse gab es daher nur in ausschließlich in dem einheitlichen Anglerverband solchen Gegenden, wo keine Landwirtschaft möglich DAV organisiert. Wer sich dem entzog, hatte Schwie- war (Mittelgebirgslagen) oder das Geld für Ausbau- rigkeiten eine Fischereierlaubnis zu bekommen. Die maßnahmen fehlte. Die Voraussetzungen für die in den 1980er Jahren zunehmend entstandenen und Flussfischerei wurden deshalb mit zunehmender weniger nutzungsorientierten Ichthyofaunisten­

Süßer See

8 Fische mehr waren oder deren Fische aufgrund der Einwirkung von Wasserschadstoffen nicht mehr ge- gessen werden konnten, entwickelten sich innerhalb weniger Jahre wieder zu wahren Fischgewässern. Trotzdem gibt es natürlich auch unter den neuen gesellschaftlichen Voraussetzungen nach wie vor Gefährdungsfaktoren, die auf die Fischbestände wir- ken und der Entwicklung einer artenreichen Fischfau- na entgegenstehen. Während eine Verbesserung der Wassergüte durch den Bau funktionsfähiger Kläran- lagen in relativ kurzen Zeitabständen möglich ist, benötigt die Renaturierung ausgebauter und begra- digter Flüsse unvergleichlich höhere gesellschaftliche Anstrengung und finanzielle Mittel. Zudem haben sich viele fischereischädliche Gewässernutzungen über Jahrzehnte und Jahrhunderte etabliert und können auch bei Aufbringung des besten politischen Willens nicht in überschaubaren Zeiträumen rückgängig ge- macht werden.

In Hinsicht auf die chemische und strukturelle Situa- tion der Oberflächengewässer wird durch das Inkraft- treten der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) das Erreichen eines guten ökologischen Zustands bis zum Jahr 2015 als verbindliches Umweltziel festgelegt. Als biologische Qualitätskomponenten zur Bewertung des ökologischen Zustands nennt die WRRL Phyto- plankton, Makrophyten und Phytobenthos, Makrozoo- Harzer Bachtal benthos und erstmals auch die Fischfauna. Ein Gewäs- ser kann demnach nur dann als gut eingestuft werden, wenn u. a. die Zusammensetzung des Fischbestandes gruppen mussten der staatlich gelenkten Gesell- nicht bzw. nur gering vom fischereilichen Leitbild ab­ schaft für Natur und Umwelt beitreten, um öffentlich weicht und alle für die Gewässerregion typischen ihre Interessen vertreten zu können. Wer sich nicht Fischarten in reproduktiven Beständen vorhanden solch einer anerkannten Organisation anschloss und sind. Bei Eingriffen in die Gewässer müssen deshalb trotzdem mit umweltorientierten Themen oder gar nun auch die Lebensansprüche der Fische Berücksich- negativen Umweltdaten an die Öffentlichkeit trat, tigung finden. Die WRRL schreibt daneben ein aus- unterlag der Missbilligung staatlicher Behörden. Der drückliches Verschlechterungsverbot vor, d. h. weder Berufsfischerei, also einem Wirtschaftszweig, der infolge von Einleitungen, Ausbaumaßnahmen, Was- für die Versorgung der Bevölkerung von Bedeutung serkraftnutzung oder Unterhaltung dürfen nachhal- war, blieb die Gründung einer eigenen, vom Staat tige Beeinträchtigungen der natürlichen Gewässer- unabhängigen Interessenvertretung sogar bis zum fauna auftreten. Eine standardisierte Untersuchung Ende der DDR vollkommen verwehrt. Erst am 12. März der Fischfauna ist dabei in einem Abstand von 3 Jahren 1990 wurde in den neuen Bundesländern der „Ver- vorgeschrieben. Die ab dem Jahr 2009 aufgestellten band der Binnenfischerei e. V.“ als eigenständige Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme Vertretung der Berufsfischerei gegründet (Steffens & zur Umsetzung der WRRL werden mit Sicherheit zu Herold 1995). einer weiteren Verbesserung der Fischereiverhältnisse in unseren Gewässern führen. Die politische Wende im Herbst 1989 und die deutsche Wiedervereinigung 1990 brachten in Hinsicht auf den Eine weitere Chance zum Schutz und zur Verbesserung Fischartenschutz den neuen Ländern zahlreiche posi- der Gewässer bietet die EU-weite Naturschutzgesetz- tive Veränderungen. Vor allem die spürbare Verbesse- gebung nach der sogenannten „Fauna-Flora-Habitat- rung der Wasserqualität infolge Stilllegung von Ab- Richtlinie (kurz FFH-RL oder NATURA 2000 genannt). wasser einleitenden Industriebetrieben und der Hierbei werden nicht nur einzelne bedrohte Arten nahezu flächendeckende Anschluss der Kommunen berücksichtigt, sondern Kernpunkte sind der ganzheit- und Betriebe an neue, hochmoderne Abwasserkläran- liche Schutz und die Vernetzung spezieller Lebens­ lagen bewirkte eine deutliche Verbesserung der Fi- räume. Diese Lebensräume werden nach Bedrohung schereiverhältnisse. Sachsen-Anhalt ist dafür eines und Seltenheit europaweit ausgewählt, wobei auch der besten Beispiele. Flüsse, in denen infolge übermä- das Vorkommen gefährdeter Arten und Artengemein- ßiger Abwassereinleitungen Jahrzehnte lang keine schaften berücksichtigt wird. Ensprechende Flächen

9 Mulde

raumtypen aufgeführt. Unter den in Anhang II aufge- listeten Fisch- und Rundmaularten, für deren Erhal- tung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen, sind für unsere Region Bachneunauge, Fluss- neunauge, Meerneunauge, Stör, Maifisch, Finte, Nord- seeschnäpel, Lachs, Bitterling, Rapfen, Steinbeißer, Schlammpeitzger, Stromgründling und Groppe rele- vant. Stör und Nordseeschnäpel sind außerdem nach Anhang IV streng zu schützende Arten. Darüber hinaus enthält Anhang V eine Auflistung der Arten, deren Nutzung und Entnahme aus der Natur zwar zulässig bleibt, jedoch besonderen Vorschriften unterliegt (wie Schonzeiten, Fangquoten, Handelsbeschränkungen). Für die Region Sachsen-Anhalt betrifft dies Maifisch, Okeraue Finte, Rapfen, Barbe, Flußneunauge, Lachs, Äsche und Maränen (Coregonus spp.). werden als FFH-Gebiete (Gebiete von gemeinschaft- In Sachsen-Anhalt sind derzeit 265 FFH-Gebiete­ und licher Bedeutung) und SPA-Gebiete (Special Protected 32 Vogelschutzgebiete (SPA-Gebiete) ausgewiesen, die Areas) ausgewiesen. In den verschiedenen Anhängen in den nächsten Jahren in eine ­nationale Schutz­ der FFH-RL sind die zu schützenden Arten und Lebens- gebietskategorie überführt werden müssen.

10 2. Gefährdungen der Fischfauna in Sachsen-Anhalt

Eine unbedingte Voraussetzung für die Ausübung In der Roten Liste der Fische und Rundmäuler des der Berufs- und Angelfischerei sind naturnahe Landes Sachsen-Anhalt (Kammerad, Wüstemann & ­Gewässer mit guter Wasserqualität, struktureller Zuppke 2004) sind von den 50 Arten der potentiell Vielfalt und einer artenreichen Fischfauna. Begradig- natürlichen Fischfauna unseres Landes insgesamt 32 te und ausgebaute Flüsse oder Standgewässer mit Arten (64 %) als ausgestorben oder gefährdet einge- verbauten Ufern sind für die Fischerei selbst bei stuft (Tab. 1). Werden diese Arten nach ihren bevorzug- guter Wasserqualität weniger wertvoll, da hier nur ten Lebensraumtypen eingeteilt, dann sind 100 % der einige anspruchslose Fischarten existieren können. marinlimnischen Wanderarten, 72 % der kieslaichen- Die Größe des Fischbestandes und somit auch die den Fließgewässerarten, 50 % der Stillwasserarten und Höhe der Fangerträge sind gegenüber naturnahen 11 % der eurytopen Arten mehr oder weniger stark Gewässern deutlich verringert. Viele fischereilich gefährdet. Die Rote Liste der Süßwasserfische und wertvolle Fischarten (insbesondere Salmoniden, wie Neunaugen Deutschlands (Freyhof 2009) weist ähn- Forellen, Äschen, ­Lachse) können nur in naturnahen liche Gefährdungsgrade aus. Insgesamt sind nur 45 % oder ­natürlichen Gewässern mit guter Wasserquali- der in Deutschland heimischen Fische und Neunaugen tät geeignete Lebensbedingungen vorfinden. Die derzeit nicht gefährdet. Die hohe Zahl der gefährdeten ge­genwärtige Bestandssituation der Fischfauna in Fließgewässer- und der Langdistanzwanderarten zeigt, Sachsen-Anhalt ist die Folge einer Vielzahl mensch- dass der Schwerpunkt der Gefährdungen nach wie vor licher Einflüsse mit weitreichenden Auswirkungen bei den rheophilen Arten liegt, welche naturnahe und in nahezu allen Gewässerökosystemen. Jeder Eingriff durchgängige Flusssysteme sowie Kiesbänke zur in das empfindliche Wirkungsgefüge der Gewässer- Fortpflanzung benötigen. Arten mit unspezifischen biozönosen hat Konsequenzen und wirkt sich oftmals Ansprüchen sind dagegen weniger gefährdet. Als nachteilig auf das Ökosystem und seine Lebensge- hauptsächliche Gefährdungsursachen für die Fisch- meinschaft aus. fauna der Binnengewässer werden angenommen:

Saalewehr

11 1. Lebensraumverluste durch Gewässerunterhal- teilweise zur schnellen Wiederbesiedlung vormals tung und Gewässerausbau verödeter Gewässerabschnitte mit Fischen. Diese 2. Querverbauungen und Stauhaltungen sowie Wiederbesiedlung erfolgte überwiegend aus angren- zunehmende Wasserkraftnutzung zenden, weniger stark beeinträchtigten Gewässern 3. Belastung der Gewässer mit Feinsedimenten, mit Reliktpopulationen und betraf sogar Arten, die Nähr- und Schadstoffen, insbesondere aus dif­ schon als verschollen galten. Bekannt geworden ist fusen Einträgen und schwer sanierbaren Alt­­ besonders das Beispiel der Schwarzen Elster, die inner- lastenstandorten halb von nur 4 – 5 Jahren mit 26 Fischarten von der 4. Fischverluste spezieller Arten (bes. Äschenbe- Elbe her neu besiedelt wurde, da auf sachsen-anhal- stände) durch Kormoranfraß. tischem Gebiet keine Querbauwerke vorhanden sind. Ähnlich zu bewerten ist die Wiederbesiedlung der Elbe durch vormals verschollene Arten wie Barbe, Zährte, Im Vergleich zur Zustandsbeschreibung der Fischfau- Quappe, Steinbeißer oder Flussneunauge. Das verdeut- na im Jahr 1997 hat sich die Gewichtung der Gefähr- licht, dass Fische ein hohes Wiederbesiedlungspoten- dungsfaktoren allerdings geändert. Die starke Abwas- zial besitzen, wenn sich die Lebensbedingungen ver- sereinleitung, die noch in den 1990er Jahren viele bessern und eine Ausbreitung erhaltener Bestände sachsen-anhaltische Flüsse belastete, ist heute zurück- möglich ist. Mit der weiteren planmäßigen Erhöhung gegangen und hat nur noch in wenigen Fällen einen des kommunalen Anschlussgrades an moderne Klär- Einfluss auf die Fischbestände. Allein im Elbeeinzugs- werke können weitere Verbesserungen der Wasser­güte gebiet des Landes Sachsen-Anhalt wurden zwischen prognostiziert werden. Lediglich bei einigen bergbau- 1991 und 2000 über 200 Kläranlagen neu errichtet. lichen Einleitern (Althalden, stillgelegte Bergwerke) Das führte zur Verbesserung der Wasserqualität und sind keine Veränderungen zu erwarten.

Elbe; Schotter für Uferbefestigung

12 Tab 1: Bestandssituation und Rote-Liste-Kategorisierung der Fisch- und Rundmaularten in Sachsen-Anhalt (0 = ausgestorben oder verschollen, 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, G = Gefährdungsausmaß unbekannt, R = extrem selten, D = Daten unzureichend, V = Vorwarnliste, N = Neobiota).

Artname Bestand aktuell Bestandstrend Rote Liste 2004 Rote Liste 2009 Sachsen-Anhalt Deutschland Aal verbreitet rückgängig 3 (nicht geführt) Aland verbreitet konstant - - Äsche sehr selten stark rückgängig 2 2 Bachforelle verbreitet rückgängig 3 - Bachneunauge selten konstant 2 - Bachsaibling sehr selten Einzelnachweise N N Barbe selten rückgängig 2 - Barsch sehr häufig konstant - - Bitterling verbreitet zunehmend 2 - Blaubandbärbling selten zunehmend N N Blei sehr häufig konstant - - Döbel verbreitet konstant - - Dreist. Stichling verbreitet konstant - - Elritze selten konstant 2 - Finte ausgestorben 0 (nicht geführt) Flunder sehr selten konstant G (nicht geführt) Flussneunauge sehr selten konstant 1 - Giebel häufig zunehmend - - Graskarpfen selten rückgängig N N Groppe selten konstant 2 - Große Maräne sehr selten konstant R 3 Gründling sehr häufig konstant - - Güster sehr häufig konstant - - Hasel verbreitet rückgängig - - Hecht verbreitet konstant - - Karausche selten rückgängig 3 2 Karpfen häufig konstant - - Kaulbarsch verbreitet konstant - - Kleine Maräne selten zunehmend R - Lachs sehr selten konstant (Besatz) 0 1 Maifisch extrem selten Einzelnachweise 0 1 Marmorkarpfen sehr selten rückgängig N N Meerforelle sehr selten konstant 0 - Meerneunauge sehr selten konstant 1 V Moderlieschen selten rückgängig 3 V Nase sehr selten konstant 1 V Neunst. Stichling selten konstant - - Nordseeschnäpel ausgestorben 0 3 Plötze sehr häufig konstant - - Quappe selten konstant 2 V Rapfen selten konstant 2 - Regenbogenforelle selten konstant (Besatz) N N Rotfeder verbreitet konstant - - Schlammpeitzger selten konstant 2 2 Schleie verbreitet rückgängig - - Schmerle verbreitet konstant - - Schneider ausgestorben 0 V Silberkarpfen selten rückgängig N N Sonnenbarsch sehr selten rückgängig (Besatz) N N Steinbeißer selten zunehmend 2 - Stint sehr selten konstant 0 V Stör ausgestorben 0 0 Stromgründling selten konstant D - Ukelei verbreitet konstant - - Wels selten zunehmend 2 - Zährte sehr selten rückgängig 2 3 Zander verbreitet konstant - - Zope selten konstant 3 V Zwergwels selten zunehmend N N

13 Gegenwärtig ist die Nährstoff- und Feinsedimentbe- Bei kleineren Fließgewässern erfolgen Ausbau- und lastung der Gewässer zunehmend in den Blickpunkt Unterhaltungsmaßmaßnahmen vor allem zur Verbes- geraten. Die hieraus resultierende Eutrophierung von serung des Hochwasserschutzes. Da in diesem Zusam- Seen und die Versandung und Verschlammung von menhang meist auch alte und nicht mehr benötigte Kiesbetten in Fließgewässern wirken sich zwar meist Wehre rückgebaut werden, sind hierbei die Vor- und nur auf die Bestände weniger Arten aus, trotzdem darf Nachteile für die Fische nicht immer klar von einander ihr nachteiliger Einfluss nicht unterschätzt werden. In zu trennen. Gewässerunterhaltung außerhalb von Sachsen-Anhalt spielen diese Faktoren vor allem in Ortschaften dient vornehmlich der Gewährleistung begradigten Niederungsflüssen und Bächen eine eines geregelten Wasserabflusses zum Zwecke der Rolle und führen dazu, dass Salmoniden und ähnlich optimalen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flä- anspruchsvolle Arten nur in individuenarmen Bestän- chen. Da aber diese Unterhaltungsmaßnahme regel- den vorkommen. Der hohe Eintrag von Feinsedimenten mäßig mit Strukturverlusten einhergeht, handelt es und Nährstoffen kommt in der Regel durch Einleitun- sich aus ökologischer Sicht um Eingriffe mit negativen gen von Niederschlagswässern aus Gewerbegebieten Auswirkungen auf die Fischfauna. Das derzeitige po- und Verkehrsflächen, ungeschützte Anbindung an litische Umdenken von der rein technischen hin zur Meliorationssysteme und Drainagen, ungenügende ökologischen Gewässerunterhaltung wird anhand Regenrückhaltekapazitäten von Kläranlagen und zu neuer Gesetze und Richtlinien erkennbar (EU-WRRL, schmale Gewässerschutzstreifen an Fließgewässern neues Wasserhaushaltsgesetz 2010). Die Realisierung zustande. dieser Zielstellungen ist jedoch nur langfristig möglich. In Sachsen-Anhalt werden bereits erste Massnahmen Auch wasser- und schifffahrtsbauliche Maßnahmen getroffen und die nicht mehr benötigten Wehranlagen an Fließgewässern stellen eine Gefährdung für Fische in den Gewässern 1. Ordnung zurückbaut oder mit dar. Die klimabedingte Prognose von häufigeren und geeigneten Fischwanderhilfen nachgerüstet. Die zahl- stärkeren Hochwasserereignissen wird nach Freyhof reichen Deichbaumaßnahmen an der Elbe zur Verbes- (2009) in den kommenden Jahren vermutlich zu neu- serung des Hochwasserschutzes in den letzten Jahren en technisch orientierten Gewässerausbaumaßnah- haben geringere Auswirkungen auf die Fischfauna, men führen. Die Bedeutung dieser Gefährdungsursa- weil sie nicht in den Mittel- und Niedrigwasserbereich che für Fischbestände wird deshalb wahrscheinlich in des Gewässers eingreifen. Im Zuge der Deicherneue- der gesamten Bundesrepublik weiter zunehmen. rungen werden vielerorts auch Deiche rückverlegt, wodurch sich die Überflutungsflächen erweitern. Das In Sachsen-Anhalt sind hinsichtlich der Auswirkungen wirkt sich wiederum günstig auf die Fischfauna aus, auf die Fischfauna vor allem die bereits erfolgten und da so beispielsweise geeignete Laichabitate entstehen. noch geplanten wasserbaulichen Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vorkriegsausbauzustandes der Ein zunehmendes Gefährdungspotenzial für Fischpo- Bundeswasserstraße Elbe zu nennen. Neben den vor- pulationen in Sachsen-Anhalt stellen seit einigen gesehenen Ausbaumaßnahmen sind es vor allem Jahren die verstärkte Reaktivierung sowie der Neubau Unterhaltungsmaßnahmen (wie z. B. Reparatur und von Wasserkraftanlagen und die damit verbundenen Wiederherstellung von Buhnen und Leitwerken, Be- Gewässerausbaumaßnahmen dar. Während die An- seitigung von Durchbrüchen, Verfüllung von Kolken tragsteller von Wasserkraftanlagen im Rahmen gel- und Uferabbrüchen, Uferbefestigungen), die zu einer tender Fachstandards und Gesetze verpflichtet sind, Dezimierung von fischereiökologisch wertvollen Struk- geeignete Fischaufstiegsanlagen zu errichten, wurde turen im Elbstrom führen. der Tatsache der rechen- bzw. turbinenbedingten Verluste bei absteigenden Fischen bislang nur wenig Beachtung geschenkt. Ein gültiger Fachstandard zu diesem Gebiet fehlt bis heute. In Sachsen-Anhalt wurde mit der Novellierung des Landesfischereigeset- zes im Jahr 2005 erstmals eine Regelung geschaffen, die es den Fischereibehörden erlaubt, notwendige Fischschutzmaßnahmen in Genehmigungs- und Plan- feststellungsverfahren zum Bau von Wasserkraftan- lagen durchzusetzen. Mittlerweile wurde auch ein Schutzsystem konzipiert, welches absteigende Fische an den Rechen der Turbinen vorbei ins Unterwasser ableitet. Verluste bei absteigenden Aalen oder Jung- lachsen können dadurch vermieden werden. Dieser so genannte „Kombinierte Fisch- und Treibgutableiter für Wasserkraftanlagen“ nach Gluch (2007) hat sich bereits an einigen neuen Wasserkraftanlagen in Begradigte Fließstrecke mit Gewässerunterhaltung an der Sachsen-Anhalt bewährt und gute Ergebnisse bei den Nuthe bei Walternienburg Funktionskontrollen gezeigt. Nach dem Fischerei­

14 Buhnen an der Elbe bei Arneburg gesetz unseres Landes ist jeder Betreiber einer neu ­Beginn des neuen Jahrtausends die zunehmenden errichteten Wasserkraftanlage zum Bau und dauer- Fischerei­schäden durch Kormorane dar. Das genaue haften Betrieb von wirksamen Fischaufstiegsanlagen Ausmaß der Schäden an den Fischbeständen bleibt sowie Fischschutz- und Fischabstiegsanlagen ver- häufig un­erkannt, da Bestandsrückgänge vor allem pflichtet. Dasselbe gilt auch bei Modernisierung alter bei wenig oder nicht genutzten Arten oft erst spät Anlagen, wenn damit der Zweck verfolgt wird, die wahrge­nommen werden. Nur durch regelmäßige erhöhte Einspeisevergütung nach EEG (Erneuerbare Bestandskontrollen und lückenlose Fangstatistiken Energien Gesetz) zu erlangen. lassen sich die entstandenen Verluste halbwegs einschätzen. Vor allem in strengen Wintern, wenn Ein völlig neues Problem für die Fischerei und den alle Standgewässer längere Zeit zugefroren sind, Fischartenschutz in Sachsen-Anhalt stellen seit konzentrieren sich die Kormorane auf die eisfreien

Gewässerunterhaltung in der Holtemme Schau-Wasserkraftwerk mit Fischtreppe im Bodetal

15 Fließgewässer. Hauptsächlich betroffen sind dabei Bereiche der Forellen-, Äschen- und Barbenregion und die hierin lebenden Fischgemeinschaften. Die Äsche ist dabei besonders prädationsanfällig, da sie sich vornehmlich in offenen Gewässerbereichen aufhält. Daher sind in einigen Gewässern die Populationen der Äsche drastisch reduziert worden. Regelmäßiger star- ker Kormoranbeflug kann zu einer Veränderung der Fischartenzusammensetzung führen, welche vor allem zu Lasten solcher Arten geht, die aufgrund anthropo- gener Veränderungen ihrer Lebensräume ohnehin bereits mehr oder weniger stark gefährdet sind.

Gegenüber den bisher aufgezeigten Hauptgefähr- dungen sind andere Gefährdungsfaktoren meist nur Kormoran regional von Bedeutung, wie z. B. Beeinträchtigungen der Fischfauna durch niedrige pH-Werte, übermäßige Wasserentnahmen und Freizeitnutzungen. Der direk- die zahlreichen Angelvereine, die den Hauptteil der te Fischfang der Berufs- und Angelfischerei zählt fischereilich nutzbaren Gewässer in unserem Land heute nicht mehr zum Gefährdungspotential für angepachtet haben, tragen in dieser Hinsicht eine Wildfischpopulationen. Ein Problem ist allerdings die große Verantwortung. Mit dem durch das Institut für liberale Handhabung des Handels mit lebenden Binnenfischerei Potsdam-Sacrow erarbeiteten „Leit- ­Fischen innerhalb der EU-Grenzen. So ist es leicht faden zur nachhaltigen angelfischereilichen Bewirt- möglich, dass von Händlern als biotoptypische Wild- schaftung von Gewässern in Sachsen-Anhalt“ steht fische angebotene Besatzfische für Angelgewässer allen Fischereivereinen eine geeignete Handhabe zur aus ganz anderen Regionen Europas stammen und Verfügung, um Besatz- und Bewirtschaftungsfehler damit zur Verfälschung des autochthonen geneti- zu vermeiden. Darüber hinaus können sich Angler und schen Materials beitragen. Außerdem sind diese Fischer bei Fragen zu Besatz- oder Bewirtschaftungs- Tiere nicht an die jeweils vorherrschenden Umwelt- maßnahmen direkt an die Mitarbeiter der oberen bedingungen angepasst und es können leicht Fischereibehörde des Landesverwaltungsamtes oder Krankheiten eingeschleppt werden. Insbesondere des Instituts für Binnenfischerei wenden.

Muldestausee

16 3. Fischerei in Sachsen-Anhalt

Da durch Bewirtschaftungsmaßnahmen der Berufs- und Angelfischerei direkt oder indirekt in die Zusam- mensetzung und Bestandsdichte der Arten eingegrif- fen werden kann und zudem die Fischerei im Gebiet des heutigen Landes Sachsen-Anhalt eine lange Tra- dition besitzt, soll im einleitenden Abschnitt dieser Schrift auch die Geschichte und Gegenwart der Fische- rei Berücksichtigung finden.

Historische Situation

Einer der ältesten und kulturhistorisch wertvollsten Berufe der Menschheitsgeschichte ist der Beruf des Reusenfischerei Fluss- und Seenfischers. Schon seit frühen Zeiten ist das Leben des Menschen eng mit dem Wasser verknüpft. Auch auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts Die Fanggeräte und -methoden sind häufig beschrie- bildeten sich die ersten menschlichen Siedlungen stets ben worden (Kluge 1904 a und b, Kisker 1926, Otten- an den Ufern der Flüsse. Im Mittelelbegebiet lebte klinger 1940, Pape 1952, Bauch 1958, Kammerad 1995). nachweislich schon vor etwa 7000 Jahren ein Fischer- Das Hauptfanggerät der Innungen war das große und Jägervolk. Aus rohen Baumstämmen wurden Stromgarn, ein Zugnetz von 100 – 120 m Länge, 5 m Flöße oder Einbäume gebaut und Fische mit aus Kno- Tiefe und 40 mm Maschenweite. Mit diesem Netz fing chen geschnitzten Harpunen, primitiven Knebelangeln man vor allem die Wanderfische (Lachs, Schnäpel, Stör, und später mit Reusen und Netzen gefangen. Etwa Maifisch) sowie alle größeren Standfische an den flach vor 2000 Jahren wurde das Mittelelbegebiet durch auslaufenden Sandhegern. Ein weiteres traditionelles germanische Völkergruppen besiedelt (Elbsueben, Fanggerät an der Mittelelbe war das dreiwandige Semnonen, Langobarden). Hieraus rekrutierte sich Treibnetz von 2 m Tiefe und etwa 80 m Länge. Man dann die spätere, aus historischen Schriften bekannte, ließ es sowohl parallel als auch senkrecht zur Strom- typische Fischerbevölkerung. richtung treiben und nahm es von Zeit zu Zeit auf, um die Fische zu entnehmen. Seit jeher wurden auch Bereits am Ende des 1. Jahrtausends nach der Zeiten- kleinere Flügelreusen, Aalkörbe und Aalschnüre be- wende wurde versucht, die Fischerei an den Flüssen nutzt. Ein Gerät, das schon vor 1900 von der Unterelbe durch Verordnungen und Gesetze zu reglementieren. zum Mittellauf bis etwa Magdeburg vordrang, war der Anders als an der Küste wurde schon frühzeitig sicht- 10 – 15 m lange Ankerhamen zum Aalfang, welcher bar, dass die Fischereigründe und Fischbestände nicht durch ein 4 x 6 m großes, rechteckiges Balkengestell unerschöpflich sind. Dieses war auch die Zeit, in der offen gehalten wurde. Daneben fanden, lokal verschie- erstmalig Privilegien und Fischereirechte festgeschrie- den, noch spezielle Fangmethoden Anwendung. So ben wurden und sich die ersten Fischerzünfte, Gilden z. B. Neunaugenhamen zum winterlichen Neunaugen- und Fischerinnungen herausbildeten. Die bislang äl- und Quappenfang am Cracauer Wasserfall bei Mag- teste bekannte Fischerinnung unseres Landes scheint deburg oder Schleppsack und Wurfnetz im oberen die Cröllwitz-Lettiner Fischerinnung gewesen zu sein, Bereich der Mittelelbe. die im Jahre 1937 ihr tausendjähriges Bestehen feierte (Klinz 1937). Fischerinnungen waren Zusammen- Die Bedeutung der Flussfischerei und die Rolle der schlüsse der ortsansässigen Fischermeister, die nach Fischerinnungen sanken zum Ende des 19. Jahrhun- streng festgelegten Regeln die Fischerei ausübten, die derts in dem Maße, wie die Flussverbauungen und die Traditionen wahrten und den Nachwuchs ausbildeten. Industrialisierung in Mitteldeutschland zunahmen. Die Gewässerstrecken, welche die Innungen befisch- Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Bestän- ten, waren teils Eigentum der Innungen selbst, oder de der Wanderfische der Elbe und ihrer großen Neben- sie hatte sie in Pacht oder Erbpacht. Außer an der flüsse stark zurückgegangen oder ausgerottet. Bis Saale gab es vor allem an der Elbe sowie an den ande- etwa 1928 gelang es den Flussfischern, die Ertragsaus- ren großen Nebenflüssen Fischerinnungen. Allein an fälle bei den Wanderfischen durch die Umstellung auf der Mittelelbe existierten noch 1925 mindestens 6 den verstärkten Fang von Standfischen auszugleichen. Innungen mit etwa 200 Fischern. Die Jahre unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurden

17 später fälschlicherweise häufig die „Blütezeit“ der In dem Maße, wie die Zahl der Berufsfischer an den Elbfischerei genannt (Bauch 1958, Pape 1952), weil die mitteldeutschen Flüssen sank, gewann die Angelfi- großen Weißfischfänge offensichtlich gut mit den scherei als Freizeitbeschäftigung an Bedeutung. Der Absatzmöglichkeiten bei der hungernden Bevölkerung Angelfischerei als Hobby wird eine wesentlich jünge- nach dem Krieg und während der Inflationszeit zu- re Entwicklungsgeschichte als der Berufsfischerei sammenfielen. Kisker (1926) sowie die Jahresberichte nachgesagt. Erstmals tauchten im späten Mittelalter des „Fischereivereins für die Provinz Sachsen und des nachweislich Schriften und Bilder auf, die die Fische- Herzogtums Anhalt“ zeigten jedoch, dass diese Jahre reiausübung nicht nur zu reinen Ernährungszwecken keinesfalls Anlass zur Freude bei den Flussfischern sondern auch zum Zeitvertreib zeigten. In aller Regel gaben. In den meisten Elbnebenflüssen herrschten handelte es sich dabei um begüterte Edelleute wie aufgrund starker Abwassereinleitungen extreme Ritter, Fürsten und Kaiser, die wie vormals die Jagd nun Verhältnisse. Vom Jahre 1929 an (totales winterliches auch die Fischerei als Liebhaberei und Privileg betrie- Fischsterben in der Elbe) ging es auch bei der Elbfi- ben. Das Vorzugsfanggerät für diese Freizeitfischerei scherei infolge der ungeheuren Abwasserbelastung stellte dabei die Angel, also der Fischfang mit Haken, stetig bergab. Waren 1928 an der Mittelelbe noch 153 Köder, Schnur und Rute dar. Bei dieser Art Fischerei ist Berufsfischer tätig, so ging deren Zahl nach dem ver- der Fangerfolg nicht nur vom richtigen Fanggerät und heerenden Fischsterben schlagartig auf 105 zurück der genaue Kenntnis der Lebensweise der Fische ab- (Bauch 1958). Mit zunehmender Industrialisierung in hängig, sondern man muss den Fisch auch dazu ver- der Vorkriegszeit trat ab 1935 ein weiterer Rückgang leiten, den ausgelegten Köder zu schlucken und danach auf 81 ein. 1951 war die Zahl der Fischer an der mittle- den gehakten Fisch letztlich noch sicher anlanden. Die ren Elbe auf 54 zurückgegangen, um dann Anfang der erfolgreiche Angelfischerei erfordert somit nicht nur 60er Jahre mit der katastrophalen Elbverschmutzung besonderes Geschick vom Fischer, sie bereitet auch im und der Ungenießbarkeit der Elbfische nahezu voll- Vergleich zu den anderen genannten Fangtechniken ständig zu verschwinden. Von da ab konnte die Elbfi- offensichtlich besonders viel Spaß und Erfolgserlebnis. scherei nur noch als Relikt oberhalb der großen Ab- Als „Mutterland“ des Angelsports galt dabei lange Zeit wassereinleiter, unterhalb von Einmündungen relativ England, da dort im 15. Jahrhundert augenscheinlich sauberer Gewässer (z. B. Havelmündung) und auf eine besonders begünstigte Adelsklasse intensiv das Nebengewässern ausgeübt werden. Angeln als Hobby betrieb (von dem Borne & Göllner

Elbe bei Bölsdorf

18 1998) und hier auch das erste bekannt gewordene „Angler-Club München“ (Stingwagner & Bachfischer Angelbuch erschien („Boke of St. Albans“ von Julian 2002) und der „Central-Verein der Angelfreunde 1866 Barnes, 1496). Es ist heute allerdings unstrittig, dass zu Berlin“ (Haase & Mechtel 2004). In den folgenden die Entdeckung der Angelfischerei als Hobby für pri- Jahren entstanden vor allem in den Städten zahlreiche vilegierte Edelleute, die sich nicht notgedrungen mit weitere Vereine. Der älteste sachsen-anhaltische Ang- dem alltäglichen Broterwerb beschäftigen mussten, lerzusammenschluss war der „Magdeburger Angler- etwa zeitgleich auch in anderen europäischen Ländern club 1882 e. V.“ Im Jahr 1884 wurde mit dem „Anglerclub einsetzte (von Brandt 1975; von dem Borne & Göllner Werder e. V.“ ein weiterer historischer Verein in Mag- 1998). Im 16. und 17. Jahrhundert dokumentierte dann deburg gegründet, dem ein Jahr später der „Anglerclub eine zunehmende Zahl von Angelbüchern, vor allem Dessau 1885 e. V.“ als drittältester Verein in Sachsen- aus England und Deutschland, die stetig wachsende Anhalt folgte. Beliebtheit der Angelfischerei als Freizeitbeschäfti- gung. So finden sich in dem 1599 in Wittenberg her- Der erste überregionale Zusammenschluss von Ang- ausgegebenen „Buch von den Fischen“ von Johannes lervereinen zu einem zentralen Verband erfolgte am Corelus bereits sehr detaillierte Beschreibungen der 31. Mai 1900 in Berlin mit der Gründung des „Deut- verschiedenen Angelmethoden (zitiert in: von dem schen Angler-Bundes“ (D.A.B.). Die vom Deutschen Borne & Göllner 1998). Die anerkannten Klassiker der Angler-Bund am 15. Oktober 1900 herausgegebene Angelliteratur in den folgenden Jahrhunderten er- Verbandszeitschrift „Deutsche Angler-Zeitung“ war schienen dann fast ausnahmslos entweder in England die erste deutsche Zeitschrift auf dem Gebiet der oder Deutschland. Auch die ersten von Anglern ge- Angelfischerei. Beide Ereignisse gaben der Angler- gründeten Vereinigungen entstanden in der zweiten schaft in Deutschland enormen Aufschwung; überall Hälfte des 19. Jahrhunderts in diesen beiden Ländern bildeten sich neue Vereine. Auf dem Gebiet des heu- (von dem Borne & Göllner 1998). In Deutschland tigen Sachsen-Anhalts nutzten zum Beispiel die Tan- bildeten sich Anglervereinigungen zuerst in Großstäd- germünder Angler die Gelegenheit und gründeten am ten, wo sich anfänglich eine am Angeln und am Ge- 2. August 1900 den „Tangermünder Anglerclub“ wässerschutz interessierte Elite (Akademiker, Beamte, ­( Anonym 1999). Trotz stetig wachsender Mitglieder- Ärzte, Kaufleute) organisierte. Die beiden ersten zahlen waren diese Angelvereine im Vergleich zu deutschen Anglervereine waren der 1855 gegründete heute Kleinstorganisationen. Der „Deutsche Angler-

Anglergruppe

19 bund“ (D.A.B.) zählte anfangs ca. 4000 Mitglieder, die fischer oder Sportfischerclubs, die bis dahin im nach wie vor überwiegend aus dem Bürgertum und „Deutschen Fischerei-Verein“ Mitglied waren, meist der Beamtenschaft kamen. Die aus der Arbeiterschaft exklusive Anglerclubs oder Einzelpersonen mit Gewäs- hervorgehenden Angler fühlten sich in diesen bürger- serbesitz und eigener Gewässerbewirtschaftung, lichen Vereinen nicht wohl und begannen dann vor wurden zudem Zwangsmitglied im „Reichsverband allem nach der Novemberrevolution eigene „Arbeiter- der Deutschen Fischerei“. Die „Volkspolitik“, die Mas- Angler-Vereine“ zu gründen. Diese Arbeitervereine senbewegungen und auch die augenscheinliche Ver- fanden sich 1921 in Berlin zusammen und gründeten einsförderung und Gleichstellung während der ersten dabei den „Arbeiter-Angler-Bund Deutschlands“ Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft bewirkten (A.A.B.D.). Bis 1931 waren im A.A.B.D. 157 Vereine mit ca. einen enormen Zulauf zu den Angelvereinen. Angel- 7000 Mitgliedern organisiert (Haase & Mechtel 2004). vereine mit mehreren Hundert Mitgliedern in den Die Zersplitterung der deutschen Anglerschaft in Städten waren nun keine Seltenheit mehr. Das Angeln mehrere große Verbände (auch in Süddeutschland und war zum Volkssport geworden. Da die meisten der Österreich gab es ähnliche Organisationen; viele schiffbaren Flüsse und Ströme im Deutschen Reich ­Anglervereine waren auch dem „Deutschen Fische­ bereits zu Wasserstraßen ausgebaut und dazu noch rei-Verein“, also dem Berufsfischerverband ange- eine stetig zunehmende Verschmutzung der Flüsse schlossen) gab mehrmals Anlass zur Gründung über- kam, brach die Berufsfischerei an den großen deut- geordneter Organisationen (1926: „Allgemeiner schen Flüssen in dieser Zeit fast vollständig zusammen. Schutzverband Deutscher und Österreichischer Sport- Die Gewässer übernahmen nun die Anglervereinigun- fischer“, A.S.D.Ö.S.; 1927: „Arbeitsgemeinschaft deut- gen. Ab den 1930er Jahren entstanden so die ersten scher Anglerbünde“, A.D.A). Die endgültige Vereini- wirklich großen Angelvereine in Sachsen-Anhalt, weil gung erfolgte jedoch erst 1933 nach Machtergreifung die ehemaligen Pachtstrecken der Fischerinnungen der Nationalsozialisten mittels staatlicher Gewalt. zunehmend in die Hände der Angelfischerei gelangten. Sämtliche deutschen Sportfischervereine der Angler- bünde und -verbände wurden innerhalb kurzer Zeit Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Angler in der durch das 1933 geschaffene Amt für Agrarpolitik der sowje­tischen Besatzungszone (SBZ) kurzerhand an die NSDAP zum „Reichsverband Deutscher Sportfischer“ Berufsfischerei angegliedert. Grundlage dafür war der zusammengefasst (Bahr 1995). Die übrigen Sport- 1946 von der sowjetischen Besatzungsmacht erlassene

Angler am See

20 SMAD-Befehl Nr. 11. Dieser hatte zum Ziel, die Notlage der hungernden Bevölkerung zu entschärfen und verfügte daher die Zuordnung aller Anglervereine zu den hiernach gegründeten Fischwirtschaftsgenossen- schaften. Dass diese Zwangsangliederung sowie das damit verbundene Fischabgabesoll der Anglerschaft nicht behagten, versteht sich von selbst. Die ostdeut- schen Angler strebten deshalb so schnell wie möglich den Austritt aus den Fischwirtschaftsgenossenschaf- ten und die Gründung einer eigenen, starken Organi- sation an. Da aber selbstbestimmte Organisationsbil- dungen weder von der SED-Führung noch von der Besatzungsmacht gewünscht waren, wurde die Bil- dung eines eigenständigen Anglerverbandes in der 1949 neu gegründeten DDR durch die Staatsorgane Abgelassener Teich zunächst immer wieder verzögert und behindert. Stattdessen wurde von staatlicher Seite versucht, die Angler in bereits bestehende, von SED und Staat kon- Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Der DAV war letztlich trollierte Organisationen einzugliedern wie der Freien der einzige DDR-Verband dieser Größenordnung, der Deutschen Jugend (FDJ), der Vereinigung Der Gegen- die politische Wendezeit überdauerte und auch unter seitigen Bauernhilfe (VdgB), dem Freien Deutschen den neuen Bedingungen in der Bundesrepublik Fuß Gewerkschaftsbund (FDGB) oder dem Deutschen fassen konnte. Sportausschuss. Da das weder von den Anglern noch von diesen Organisationen selbst gewünscht war, Neben der uralten Form der Fangfischerei in den na- schlugen diese Versuche jedoch allesamt fehl. Inzwi- türlichen Seen und Fließgewässern Sachsen-Anhalts schen hatten sich viele Anglergruppen selbständig zu entwickelten sich schon vor hunderten von Jahren größeren Organisationseinheiten auf Ebene der nach erste Formen der Teichwirtschaft und Fischzucht in dem Krieg zunächst auch in Ostdeutschland gebilde- unserem Gebiet. Zur Fischzucht künstlich angelegte ten Länderstrukturen zusammengeschlossen. Als Teiche entstanden vor allem in Gegenden mit schlech- diese „Landesverbände“ dann Anfang 1952 begannen, ten Ackerböden und nicht ausreichenden natürlichen im so genannten „Sechserausschuss“ zusammen zu Fischereiverhältnissen. Der eigentliche Beginn der arbeiten, war der Staat im Zugzwang, wenn er die Bil- Teichwirtschaft fällt bei uns in das frühe Mittelalter, dung einer DDR-weiten, eigenständigen Anglerorga- als durch die Klöster ein allgemeiner fischereilicher nisation noch verhindern wollte. Die Staatsorgane Aufschwung erfolgte. So entstand z. B. am nördlichen setzten deshalb die Zuordnung der Anglergruppen Harzrand und im Harzvorland seit dem 9. Jahrhundert zum so genannten „Staatlichen Komitee für Körper- ein ganzer Ring von geistlichen Einrichtungen. Allein kultur und Sport“ durch, obwohl dieser Anschluss in der Grafschaft Wernigerode befanden sich damals seitens der organisierten Anglerschaft abgelehnt nicht weniger als sechs geistliche Stiftungen, die, da wurde. Die große Mehrheit der Angler verstand sich die Fischereierträge der Harzer Bäche zur Versorgung nicht als Sportler. Trotzdem gelang es dem Staat, nicht der Klöster nicht ausreichten, Fischteiche anlegten und zuletzt durch geschickte Lenkung und Einschleusung Fische aufzogen. Von einer zielgerichteten Fischzucht von SED-treuen Kadern in die Führung des sich grün- kann man allerdings bis etwa zum 12. Jahrhundert denden Verbandes, eine eigenständige Verbandsgrün- nicht sprechen. Die Teiche wurden anfänglich nur dazu dung zu verhindern. Die Gründung des einheitlichen benutzt, um die in den verschiedenen natürlichen „Deutschen Anglerverbandes“ der DDR (DAV) erfolgte Gewässern gefangenen Fische bis zur Fastenzeit zu dann im Herbst 1954, nachdem die Staatsführung am hältern. Die robusten Karpfen, Karauschen, Giebel und 13. Mai 1954 eine entsprechende „Verordnung über die Schleien eigneten sich dazu besonders gut. Eingesetz- Bildung einer einheitlichen Anglervereinigung in der te Jungfische wuchsen ohne Schwierigkeiten rasch ab, Deutschen Demokratischen Republik“ erlassen hatte. so dass sich allmählich der Übergang zur Aufzucht und Der DAV war damit zwangsweise dem staatlichen schließlich auch der Vermehrung des Karpfens und Sportverband (zunächst Staatliches Komitee für Kör- einiger anderer robuster Fischarten unter teichwirt- perkultur und Sport, später DTSB) angeschlossen. Am schaftlichen Bedingungen ergab. Durch strenge Fas- 14. Oktober erließ die DDR-Regierung eine weitere tengesetze war der Fischverbrauch der Klöster sehr „Verordnung zur Förderung des Angelsports“, die hoch. Aus diesem Grund vergrößerten sich die Teich- letztlich durch Gewährung von staatlichen Vergüns- flächen bis zum 15. Jahrhundert beständig, und die tigungen für alle im DAV organisierten Angler (z. B. Fischzucht wurde nach strengen Arbeitsregeln und kostenlose Bereitstellung von Angelgewässern) einen von speziell ausgebildeten Fischmeistern durchge- enormen Aufschwung der Angelfischerei in der DDR führt. Während und nach dem Dreißigjährigen Krieg bewirkte. Zum Ende der DDR hatte der DAV ca. 530.000 stagnierte die Teichfischerei. Noch verheerender wirk- Mitglieder, davon ca. 80.000 im Gebiet des heutigen te sich dann die spätere Säkularisation der Klöster aus,

21 da die neuen Eigentümer (Grafen, Fürsten und Ritter- niden geeignet war, dann zur Karpfenzucht. Auf diese gutsbesitzer) der Fischzucht lange nicht mehr die Weise wurden ertraglose Äcker und versumpfte Wie- Beachtung schenkten wie die Mönche. Erst ab Ende sen in gewinnbringende Fischteiche umgewandelt. des 19. Jahrhunderts (etwa ab 1870/80) rückte die Die Teiche wurden zur vorletzten Jahrhundertwende Teichwirtschaft und Fischzucht wieder mehr in das schon damals nach den heute noch gültigen Grund- Interesse der Grundbesitzer. Man besann sich der alten sätzen bewirtschaftet: strenge Jahrgangstrennung, Bewirtschaftungsverfahren, probierte neue Methoden herbstliche Abfischung und winterliche Trockenle- und führte auch neue Fischarten in die Teichwirtschaft gung, Umbruch durch Pflügen und Gründüngung, ein. Insbesondere entwickelten sich an Standorten mit Überwinterung der Satzfische in speziellen Wintertei- kühlem bzw. Quellwasser auch erste Forellenteich- chen. Zur Fütterung der Karpfen dienten je nach Preis wirtschaften (z. B. in Michaelstein und Wüstenjeri- verschiedene, in der eigenen Landwirtschaft erzeugte chow), in denen anders als in der Karpfenteichwirt- Getreidesorten. Die Forellen wurden mit Fleisch- und schaft, wo die Fische unter kontrollierten Bedingungen Fischabfällen gefüttert. Die Teichwirtschaft (insbeson- natürlich ablaichen, die Geschlechtsprodukte der Fo- dere die Karpfenwirtschaft) wurde meist organisato- rellen abgestrichen und künstlich befruchtet wurden. risch der Forstwirtschaft der großen Güter zugeschla- Eine Besonderheit der Teichwirtschaften in Sachsen- gen, da sie für sich allein zu klein war, um ein ständiges Anhalt im Vergleich zu den Nachbarbundesländern Arbeitspersonal zu unterhalten. Sie bildete so zusam- Sachsen und Brandenburg ist seit jeher ihre geringe men mit der Baumschule zwei wichtige Nebenzweige Größe von meist 20 – 30 ha teichwirtschaftliche Nutz- der Forstwirtschaft. Nach Dade (1913) war die Zusam- fläche. Die Teichwirtschaft war daher im Rahmen menlegung der drei Bereiche sehr zweckmässig, da großer landwirtschaftlicher Güter in die übrige Land- Baumschule und Teichwirtschaft hauptsächlich in der und Forstwirtschaft mit eingebunden. Häufig glieder- Sommerzeit, die Forst hingegen in den Wintermonaten te sich eine Teichwirtschaft auch in zwei Bereiche, die meiste Arbeit erfordert. Diese über viele Jahrzehn- nämlich Forellen- und Karpfenzucht. Während im te gewachsenen Strukturen der Einbindung der Teich- kühlen und sauberen Wasser in Quellnähe gewöhnlich wirtschaft in die übrigen Zweige der Land- und Forst- Forellen gemästet wurden, nutzte man das Wasser wirtschaft wurden dann durch die Bodenreform und unterhalb der Forellenteiche, wo es aufgrund der Er- die nachfolgende sozialistische Umgestaltung der wärmung und Verschmutzung nicht mehr für Salmo- Landwirtschaft zerstört.

Netzkäfiganlage in Wendefurth (1989)

22 Trotzdem kam es ab Ende der 1970er / Anfang der Fischverarbeitung und Herstellung von Fischtechnik 1980er Jahre unter sozialistischen Bedingungen zu auszudehnen. Nach der Wende zerbrachen diese einer erneuten Blütezeit der Teichwirtschaft und Genossenschaften, genau wie viele der LPG, an den Fischzucht, da mit massiven Subventionen und Preis- Problemen der Umstrukturierung nach dem Land- stützungen sowie ideologischer und wissenschaft­ wirtschaftsanpassungsgesetz und hieraus folgenden licher Förderung durch den SED-Staat versucht wurde, Eigentumsauseinandersetzungen mit ehemaligen die gravierenden Rückgänge der Fangerträge in der bzw. ausscheidenden Mitgliedern. Übrig blieben da- Hochseefischerei durch eine Steigerung der Binnen­ von letztlich die wenigen kleinen Berufsfischereibe- fischereierträge auszugleichen. Durch Gründung triebe, die heute im Bereich der unteren Havel und bezirksgeleiteter, zentraler Binnenfischereibetriebe, mittleren Elbe im Land Sachsen-Anhalt als Relikte die möglichst alle Fischzuchtanlagen und Produkti- einer einst zahlreichen Fischerbevölkerung noch im- onsgewässer eines Bezirkes umfassten (bei uns VEB mer im bescheidenen Umfang Fluss- und Seenfische- Binnenfischerei Magdeburg und VEB Binnenfischerei rei betreiben. Halle), sollte die Binnenfischerei konzentriert und effektiv betrieben werden. Das führte zu einer bis dahin ­nahezu für unmöglich gehaltenen Steigerung der Erträge in der Teichwirtschaft und intensiven Fischhaltung in Sachsen-Anhalt. Lagen die Höchster- träge in der Karpfenteichwirtschaft bis dahin bei etwa 1000 – 1500 kg/ha (mit Getreidezufütterung), so konnten mit den neu entwickelten Pelletfuttermitteln in den 1980er Jahren je nach Produktionsverfahren 3000 – 7000 kg Karpfen pro Hektar Teichfläche abge- fischt werden. In der ­Forellenzucht wurden Haltungs- dichten von etwa 20 kg Forellen/mD Wasser in Netz- käfigen und sogar 200 kg/mD in Beckenanlagen erreicht. Die absoluten Produktionszahlen für das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt im Jahr 1989 erreichten allein bei den Speisefischen 1638 t, davon 972 t Regenbogenforellen, 503 t Karpfen und 164 t sonstige Speisefische. Die Kehrseite dieser intensiven Schollener See Fischzuchtverfahren waren die enormen staatlichen Preisstützungen (Karpfen: 5,10 Mark/kg, Forellen: 6,50 Mark/kg). In keinem anderen Bereich der DDR- Gegenwärtige Situation Landwirtschaft wurden so hohe Subventionen gezahlt wie in der Binnenfischerei. Der starke Einbruch der Von der statistisch erfassten Gesamtwasserfläche Binnenfischerei nach der Währungs­union 1990 war Sachsen-Anhalts (43.297 ha) werden gegenwärtig ca. daher keinesfalls überraschend. 44 % (19.071 ha) fischereilich genutzt. Damit ist der fischereilich nutzbare Anteil der Gewässer weitge- Neben den beiden großen, volkseigenen Binnen­ hend ausgeschöpft. Lediglich in Naturschutzgebieten fischereibetrieben gab es auf dem Gebiet des heuti- und bergbaulich noch nicht abschließend gesicherten gen Sachsen-Anhalt zu DDR-Zeiten noch drei Produk- Tagebaurestseen gibt es größere, fischereilich attrak- tionsgenossenschaften der Binnenfischerei (PGB, tive Wasserflächen ohne Nutzung. Die Berufsfischerei davor PwF – Produktionsgenossenschaften werktäti- bewirtschaftet von diesen Wasserflächen lediglich ca. ger ­Fischer). Die Fischproduktion erfolgte hier nicht 6500 ha, der größere Rest der Gewässer befindet sich auf der Grundlage von Volkseigentum, sondern wie somit in Pacht bzw. auch Eigentum von Anglern bzw. bei den LPG (Landwirtschaftlichen Produktionsge- Anglervereinen. Allein anhand der genutzten Wasser- nossenschaften) befanden sich die Produktionsmit- flächen ist erkennbar, dass die Binnenfischerei in tel im Kollektiveigentum der zusammengeschlossenen Sachsen-Anhalt nur ein relativ kleiner, unbedeutender Fischer. Gleichwohl wurden auch den PGB viele der Wirtschaftszweig ist, der allerhöchstens regional, wie bewirtschafteten Gewässer vom Staat kostenlos zur etwa im Harz oder im Elbe-Havel-Winkel, in der Verfügung gestellt. Die PGB befassten sich haupt- ­Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Die Zahl der sächlich mit dem zu DDR-Zeiten weniger lukrativen Arbeitsplätze liegt bei ca. 60. Bei saisonbedingten Fischfang in natürlichen Flüssen und Seen sowie in Tätigkeiten werden noch etwa 100 zusätzliche Ar- geringerem Umfang auch mit Karpfenteichwirtschaft. beitskräfte befristet beschäftigt. Die Gesamtspeise- Nur die größte Fischereigenossenschaft in Havelberg fischproduktion der Binnenfischerei Sachsen-Anhalts ergriff nach dem Inkrafttreten des staatlichen Pro- ging in den Nachwendejahren auf ca. ein Drittel der gramms zur Intensivierung der Binnenfischerei in der Vorwendezeit zurück. Ende der 1990er Jahre erfolgte DDR Anfang der 1980er Jahre die Gelegenheit, ihr dann eine Stabilisierung auf etwa 600 t Speisefische Geschäftsfeld auch auf die Intensivfischhaltung, jährlich. Noch stärker vom Rückgang betroffen war

23 allesamt noch aus der DDR-Zeit stammen, gleichwohl aber entsprechend dem aktuellen Stand der Technik ausgerüstet sind. Ein größerer Teil der Forellen wird auch noch in kleinen Teichwirtschaften produziert. Netzgehegeanlagen in Seen und Tagebaurestgewässer (nur noch 1 Anlage) haben aufgrund von Umwelt- schutzauflagen fast vollständig an Bedeutung verlo- ren. Die Fütterung der Forellen erfolgt heute mit Pel- letfuttermitteln, die Futterquotienten von 1 bzw. sogar unter 1 erreichen, d. h. mit 1 kg Futter werden 1 kg und mehr Forellen produziert.

Im Gegensatz zu den Forellen hat der Karpfen nach Teichwirtschaft der Wende seine Rolle als Hauptfisch der ostdeutschen Binnenfischerei größtenteils verloren. Die Fläche der bewirtschafteten Karpfenteiche in Sachsen-Anhalt die Produktion bei Satzfischen. Fischfang für die dürfte gegenwärtig nur noch etwa 250 ha betragen. Tierernährung erfolgt heute praktisch überhaupt Viele Teiche wurden nach der politischen Wende von nicht mehr. Anglervereinen angepachtet und gingen so der Teich- wirtschaft verloren. Die hochintensiven Produktions- Der bedeutendste Produktionszweig der Binnenfische- verfahren der DDR-Zeit mit Pelletfütterung und rei Sachsen-Anhalts ist gegenwärtig die Forellenpro- technischer Belüftung sind heute völlig verschwun- duktion, bei der in den letzten Jahren konstant ca. 450 t den. Stattdessen wird auf Kosten sparende Ausnut- Speisefische jährlich erzeugt wurden. Insgesamt gibt zung der Naturnahrung geachtet und allenfalls mit es derzeit 10 Haupterwerbsbetriebe im Land, die sich Getreide (Mais, Weizen) zugefüttert. Häufig, insbe- mit der Forellenaufzucht befassen. Die Hauptmenge sondere in Zeiten hoher Getreidepreise, wird auf eine der Forellen wird dabei in Betonbeckenanlagen mit Zufütterung sogar ganz verzichtet und die Besatz- einfachem Wasserdurchfluss aufgezogen, welche zwar stärke dafür soweit reduziert, dass die Fischzahl dem

Teichwirtschaft

24 heute in den modernen Industrie- und Agrarstaaten stark an Bedeutung verloren haben oder nur noch von Minderheiten ausgeübt werden, nimmt die Bedeutung der Fischerei stetig zu. Das betrifft weniger die Fluss- und Seenfischerei als vielmehr die Aquakultur sowie die Angelfischerei. Trotz der langen Entwicklungsge- schichte der Fischerei haben sich in der Fluss- und Seenfischerei (in Deutschland „Berufsfischerei“ ge- nannt) die Grundprinzipien der bewährten Fangtech- niken bis heute nahezu unverändert erhalten. Die Fluss- und Seenfischerei ist dabei der ursprünglichste Zweig der Binnenfischerei, der im Gegensatz zur Aqua- kultur nur den natürlichen Fischereiertrag der Gewäs- ser nutzt. Bei einer jährlichen Entnahmemenge (Fang) Fischer mit Stellnetzfang von ca. 25 % des Fischbestandes ist diese Fischerei nachhaltig und unerschöpfbar. Die Berufsfischerei ba­ siert dabei auf ca. einem halben Dutzend ursprüngli- Naturnahrungsangebot der Teiche angepasst ist. chen Fangtechniken (Mattern 1999), die im Wesent- Obwohl es sich hierbei um ein „Ökoprodukt“ allerbes- lichen in den letzten Jahrzehnten nur durch Einführung ter Güte handelt, verliert der Karpfen als Wirtschafts- neuer Herstellungsmethoden, moderner Materialien fisch weiter an Bedeutung. Schuld daran sind einmal und Weglassen unrentabler Varianten vervollkomm- der ausgeprägte Saisoncharakter der Karpfenproduk- net wurden: tion und zum anderen die schwindende Beliebtheit dieses Fisches bei der jüngeren Generation wegen óó Fang mit Fallen (z. B. Reusen, Hamen), seines Grätenreichtums und der geringen Tauglichkeit óó Fang mit maschenden und verwickelnden Geräten für Fertiggerichte. Insgesamt beschäftigen sich in (z. B. Stellnetzen), Sachsen-Anhalt noch 7 Haupterwerbsbetriebe mit óó Fang mit Haken (Angeln, heute meist unrentabel), der Karpfenzucht, wobei die Karpfenteichwirtschaft óó Fang mit verwundenden Geräten (z. B. Speere, Ga- dabei in der Regel nur noch ein Standbein innerhalb beln; heute verboten), eines Fischereibetriebes darstellt und das Hauptein- óó Fang mit betäubenden Mitteln (z. B. Gift, Spreng- kommen mit anderen Arten bzw. Produktionsverfah- stoff, Strom; heute verboten), ren verdient wird. Die Speisekarpfenerzeugung hatte óó Fang mit umschließenden Netzen (z. B. Zugnetz). sich in den Nachwendejahren auf ein Niveau von durchschnittlich etwa 100 t/Jahr eingepegelt. Seit In Sachsen-Anhalt gibt es aktuell noch 13 Haupter- einigen Jahren ist jedoch aufgrund starker Kormoran- werbsbetriebe, die sich mit Fluss- und Seenfischerei schäden ein weiterer, nicht marktbedingter Rückgang befassen. Da die Pachtflächen der Betriebe in der Regel um mindestens ein Drittel zu verzeichnen. Da die recht klein sind (z. B. im Vergleich zu Mecklenburg- großen Karpfenteiche im Vergleich zu den bedeutend Vorpommern) und die Erträge relativ gering, ist die kleineren Forellenteichen schlecht mit Schutznetzen Berufsfischerei in den meisten Fällen noch mit Karp- oder Spanndrähten vor Kormoraneinflug geschützt fenteichwirtschaft, Forellenhaltung oder Verarbeitung werden können, entstehen hier teilweise hohe Ver- und Vermarktung (Fischhandel) kombiniert. Die wich- luste durch Vogelfraß. tigsten Wirtschaftstiere der Berufsfischerei in Sachsen- Anhalt sind gegenwärtig Kleine Maräne, Aal, Zander, Anders als bei der Teichwirtschaft und der Fischzucht Hecht, Karpfen, Weißfische und Wollhandkrabben. in künstlichen Haltungseinrichtungen (zusammen- Während die ersten 4 Arten relativ leicht absetzbar fassend Aquakultur genannt) befasst sich die Berufs- sind und gute Erlöse erbringen, ist die Vermarktung fischerei mit dem Fang von Wildfischen in Seen, grätenreicher Weißfische heute nahezu zum Erliegen Flüssen und Talsperren. Das Verhältnis zwischen gekommen. Nur von Spätaussiedlern und Einwande- Mensch und Fisch ist, wie bereits oben beschrieben, rern aus osteuropäischen Staaten werden Weißfische so alt wie die Menschheit selbst. Der Fischfang hat aus traditionellen Gründen noch in nennenswertem den Menschen von der ersten Stufe seiner Entwicklung Umfang verzehrt. Wollhandkrabben dagegen werden an begleitet. Er gehört zur Ur-Betätigung des Men- von asiatischen Mitbürgern gern gekauft und bringen schen wie das Sammeln und Jagen und ist somit vor allem bei großen Tieren akzeptable Erlöse. weitaus älter als die frühen Zweige der Landwirtschaft. Trotzdem ist anzunehmen, dass der auf den Fischfang Ein völlig neues Problem der Fluss- und Seenfischer spezialisierte Mensch, also der (Berufs-) Fischer im sind die schon erwähnten Fischereischäden durch eigentlichen Sinne, erst eine deutlich spätere Erschei- Vogelfraß. So sind die Fänge der Berufsfischerei in nung der Menschheitsgeschichte ist als der ursprüng- Sachsen Anhalt unter dem starken Kormoranbeflug liche Wildbeuter. Im Gegensatz zu anderen etwa gleich von 156 t in 2003 auf nur noch 72 t in 2009 zurück- alten Berufen wie Sammelwirtschaft oder Jagd, die gegangen. Die aktuell schlechte Ertragslage der

25 Kormoranschwarm am Goitzschesee

Berufsfischerei führt dazu, dass viele ältere Fischer heute eine Wachstumsindustrie (USA: 40 Milliar- keinen Nachfolger mehr finden. den Dollar Jahresumsatz, Deutschland: 5 – 7 Milliar- den Euro Jahresumsatz) herausgebildet, die durch Auch die Angelfischerei in Sachsen-Anhalt spürt Er- Entwicklung, Herstellung und Handel von Angelgerä- tragseinbußen durch den zunehmenden Kormoran- ten sowie durch Serviceleistungen für Angelfischer bestand. So sind die Fänge der ca. 43.000 organisier- Milliardenumsätze erwirtschaftet (Aiken 1999 zitiert ten Angelfischer in Sachsen-Anhalt zwischen 2002 in: Wedekind 2000, Arlinghaus 2006). Die Angelfi- (ca. 240 t) und 2009 (ca. 150 t) um etwa 38 % zurück- scherei hat hier also vornehmlich sozio-ökonomische gegangen. Manche Fischarten, wie z. B. die Äsche, sind Bedeutung. In den Industriestaaten wurde die Berufs- seit dem Kormoranbeflug der Gewässer vollständig fischerei bei den Fangerträgen durch die Angelfische- aus den Fangstatistiken der Angler verschwunden. rei lange überholt. So liegt der Jahresertrag der be- Dabei ist die Anglerzahl in Sachsen-Anhalt nicht we- rufständigen deutschen Seen- und Flussfischerei bei sentlich zurückgegangen. Die Zahl von konstant ca. ca. 3.500 – 4.000 t, der der deutschen Angelfischerei 60.000 ausgegebenen Fischereischeinen in den letz- bei ca. 17.000 t (Steffens 2007). Auch in Sachsen-­ ten Jahren zeigt, dass es neben den organisierten Anhalts Flüssen und Seen fangen die Angelfischer seit Anglern auch noch eine große Zahl von „Gelegen- der politischen Wende stets mehr Fische als die heitsanglern“ in Sachsen-Anhalt gibt. Die organisier- ­Berufsfischer. Der Anteil Angler an der Gesamtbevöl- ten Angler des Landes gehören zum Großteil dem kerung in Deutschland liegt bei geschätzten 5,9 % DAV-Landesanglerband Sachsen-Anhalt an (ca. 41.000 (Arlinghaus 2004, Wichmann, Hiller, Arlinghaus Mitglieder), also dem ehemaligen Anglerverband der früheren DDR. Der Deutsche Anglerverband bildet derzeit nach dem Verband Deutscher Sportfischer (VDSF) mit ca. 240.000 Mitgliedern den zweitgrößten deutschen Anglerverband. Der übrige Teil der organi- sierten Angler unseres Landes gehört dem VDSF- Landesanglerverband Sachsen-Anhalt an.

Die Angelfischerei ist eine Tätigkeit, welche die Jagd- und Ur-Instinkte des Menschen fordert. Gleichzeitig bietet sie einer Vielzahl von Menschen selbst in den Kulturlandschaften der Industriestaaten die Möglich- keit, Erholung und Entspannung in der Natur zu finden. So gibt es Länder wie z. B. Finnland, in denen über 50 % der Bevölkerung die Fischerei als Hobby ausüben. Weitere Beispiele für „Angelfischernationen“ sind die USA oder Großbritannien. In solchen Ländern hat sich Angler an der Elbe

26 2008). In Sachsen-Anhalt liegt der Angleranteil dage- gen gegenwärtig nur bei 2,7 % der Gesamtbevölkerung. Nach Wedekind (2000) gab ein organisierter Angler in Sachsen-Anhalt in den Jahren 1996 und 1997 durch- schnittlich 1100 DM/Jahr für sein Hobby aus. Hierbei waren aber Ausgaben für spezielle Urlaubsangelreisen und Mitgliedsbeiträge nicht mit berücksichtigt wor- den, sondern nur die Kosten für Geräte und direkte Angelausflüge in der Umgebung des Wohnorts bzw. innerhalb des Bundeslandes. Dies entsprach einem errechneten Jahresumsatz der organisierten Angler in Sachsen-Anhalt zu diesem Zeitpunkt von mindestens 61 Mio. DM. Der Wert der gefangenen Fische machte dagegen nur ca. 15 % der Ausgaben aus. Die durch Wedekind (2000) erhobenen Daten zeigen, dass ­Angler nicht nur umfangreiche Leistungen beim Aalreuse ­Gewässer- und Fischartenschutz erbringen sondern auch im sozialen Bereich. Zugleich stellt diese Freizeit- beschäftigung einen beachtlichen regionalen Wirt- (Forellen, Aale, Zander, Seefisch) ausgleichen. Da die schaftsfaktor dar, der den der gesamten Binnen­ deutsche Steuergesetzgebung bei landwirtschaftli- fischerei übertrifft. chen Betrieben nur einen Zukauf bis maximal 30 % des Gesamtumsatzes akzeptiert, bestehen solche Die besten Prognosen für die berufsständige Fischerei Fischerei­betriebe heute eigentlich aus zwei (steuer- in Sachsen-Anhalt lassen sich gegenwärtig für die rechtlich) getrennten Betrieben. In der Regel wird der etablierten Betriebe der Forellenproduktion treffen. (landwirtschaftliche) Fischereibetrieb dabei durch den Die Zielfischart Regenbogenforelle erfüllt mit ihren ausgebildeten Teichwirt/Fischwirt geführt, während verschiedensten Angebotsformen alle Anforderungen Fischverarbeitung, Vermarktung und Zukauf dem an ein modernes Nahrungsmittel. Die Nachfrage in- Gewerbebetrieb der Ehefrau bzw. des anderen Partners nerhalb Deutschlands kann durch eigene Produktion obliegen. Eine besonders rentable Form, vor allem bei nicht gedeckt werden, mehr als die Hälfte der verzehr- Fischereibetrieben in der Nähe von größeren Städten ten Forellen muss aus anderen Staaten eingeführt oder Erholungsgebieten, bildet die Vermarktung über werden. Allerdings wird die Inbetriebnahme neuer einen eigenen Imbiss- oder Gaststättenbetrieb. Auch Anlagen aufgrund der begrenzten Standorte mit aus- diesen Schritt haben einige Fischereibetriebe in reichender Wasserversorgung und der restriktiven Sachsen-Anhalt bereits erfolgreich vollzogen. Bei der Handhabung bei der Erteilung wasserrechtlicher Direktvermarktung ist es neben der Präsentation eines ­Genehmigungen für solche Anlagen mit „Verschmut- ausreichend breiten Warenangebots unbedingt not- zungspotenzial“ eher die Ausnahme sein. Produk­ wendig, dass sich die Fischereibetriebe von anderen tionserhöhungen lassen sich deshalb nur durch Anbietern des Fischhandels deutlich unterscheiden, ­moderne Technologien (z. B. Sauerstoffbegasung, Was- sei es durch besondere Räucherverfahren, spezielle serreinigung) und Einsatz modernster Futtermittel regionale Zubereitungen und vor allem besondere erreichen. Der wichtigste Schritt in die Zukunft wurde Frische der Ware. Nur dann wird der Kunde bereit sein, von allen sachsen-anhaltischen Familienfischereibe- den Umweg zum Fischereibetrieb und höhere Preise trieben nach der politischen Wende bereits vollzogen. als im Supermarkt in Kauf zu nehmen. Er liegt in der selbständigen Veredlung/Verarbeitung und Vermarktung der Fische. Nur wenn die relativ Daneben können vor allem die Teichwirte (z. T. auch kleinen Betriebe ihre Produktion selbst an die Kunden Seenfischer) konsequent solche Möglichkeiten nutzen, verkaufen, können sie akzeptable Preise erzielen. Aus die der „Wachstumsmarkt Angelfischerei“ heute bie- diesem Grund werden bereits heute ca. 90 % der in tet. Das ist neben der Aufzucht bzw. dem Fang von Sachsen-Anhalt erzeugten Fische durch die Erzeuger- Besatzfischen für die ortsansässigen Fischereivereine betriebe im Direktverkauf über eigene Hofläden oder vor allem die Vermarktung der selbst aufgezogenen mobile Verkaufseinrichtungen vermarktet. Eine Fische „über die Angel“ in tierschutzgerecht betrie­ Produktionsmenge­ oberhalb des Selbst­vermark­ benen Angelseen. Am schwierigsten lässt sich eine tungspotenzials ist nicht rentabel. Hieraus ergeben Prognose gegenwärtig für die Betriebe der Fluss- und sich vor allem Probleme für die Karpfenteichwirtschaf- Seen­fischerei treffen, da die Fangrückgänge durch ten, da die Speisekarpfen fast ausnahmslos nur zur schwindende Aalbestände und Kormoranfraß nicht Abfischsaison zum Jahresende hin anfallen und ver- durch die Fischer beherrscht werden können und käuflich sind. Die „abfisch- bzw. fangfreie“ Zeit des ­traditionelle­ Fischereigebiete, wie z. B. der Elbe-Havel- Jahres müssen die Teichwirtschaftsbetriebe und an- Winkel, durch eine geringe Bevölkerungsdichte ohne- deren kleineren Fischereibetriebe durch Zukauf, Ver- hin nur begrenztes Absatzpotenzial besitzen. Der kul­ edlung und Vermarktung weiterer, begehrter Arten turhistorisch wertvolle Beruf des Flussfischers lässt

27 sich hier vermutlich nur erhalten, wenn die Betriebe auf mehrere Standbeine aufbauen und den zuneh- menden Tourismus in ihr Konzept einbeziehen (Angeln oder Ferien auf dem Fischerhof).

Ob die neue, öffentlichkeitswirksame Branche der Aquakultur in geschlossenen Kreislaufanlagen tat- sächlich einmal die Zukunft der Fischerei darstellen wird, muss sich erst noch in der Praxis beweisen. Tat- sache ist, dass die Anlagentechnologie von heute nicht mehr mit der von vor 10 – 15 Jahren zu vergleichen ist. Die Technik wird immer praxisorientierter, ausgereifter und sicherer. Trotzdem vertrauen Fischer und Teich- wirte bislang noch lieber der herkömmlichen Fisch- produktion. Es sind eher Quereinsteinsteiger, die sich an den technisch anspruchsvollen Verfahren der ge- schlossenen Anlagen mit ihren nicht minder an- spruchsvollen exotischen Zielfischarten erproben. Vielleicht liegt hierin auch einer der Gründe für die vielen Fehlversuche der letzten zwei Jahrzehnte. Tat- sache ist, dass von den 5 seit der politischen Wende in Sachsen-Anhalt gebauten Anlagen dieser Art gegen- wärtig nur noch eine in Betrieb ist. In der Regel berei- tet aber heute nicht mehr die erfolgreiche Aufzucht Fischerhof am Arendsee der Fische die größten Probleme, sondern das Erzielen kostendeckender Preise. Das gilt umso mehr, je größer die Anlagen sind und daher die Betreiber ihre Ware an Stör- und Kaviarproduktion), weil nur so die hohen den Großhandel absetzen müssen anstatt direkt zu Investitions- und Produktionskosten gedeckt werden vermarkten. Nicht umsonst ist die Fischproduktion in können. Es bleibt zu hoffen, dass sich die neuen Tech- geschlossenen Kreislaufanlagen bislang vorwiegend nologien zukünftig bewähren und der Fischerei neue auf die Erzeugung teurer Arten ausgerichtet (z. B. Aal, Perspektiven eröffnen.

28 4. Die Fischartenerfassung in Sachsen-Anhalt

Während es für viele der höheren, landlebenden Wir- 19. Jahrhunderts zu großen Vereinen oder Verbänden beltiere seit langer Zeit systematische Arterfassungen zusammenschlossen, um ihre Interessen gegenüber sowohl durch Wissenschaftler als auch Laienkartierer dem Staat und der Öffentlichkeit geltend machen zu gibt, kann die zielgerichtete Erfassung der Fischfauna können, wurden gezielt Daten zum Rückgang der erst auf eine relativ junge Geschichte zurück blicken. Fischbestände bzw. einzelner Arten gesammelt und Fische leben für den Großteil der Bevölkerung nicht publiziert. Trotzdem wurde das Aussterben der Berufs- sichtbar in den Tiefen der Flüsse und Seen. Der Rück- fischerei in der damaligen Gesellschaft allenfalls als gang der einstmals großen Fischbestände in den na- unvermeidbares Opfer für den zunehmenden Fort- türlichen Gewässern bis hin zum Aussterben verschie- schritt betrachtet. Die ersten vorliegenden bzw. heute dener Arten erregte deshalb in der Öffentlichkeit auch noch auffindbaren Fischbestandsdaten zu Flüssen des kaum Aufsehen und ging in den letzten beiden Jahr- heutigen Landes Sachsen-Anhalt stammen meist aus hunderten eher unbemerkt vonstatten. Lediglich die dieser Zeit des vorletzten Jahrhunderts. Sie betrafen Fischer, die tagtäglich mit diesem Problem konfrontiert aber fast immer nur einzelne Flüsse und in der Regel wurden und sich zunehmend ihrer Existenzgrundlage die wirtschaftlich interessanten Arten, weil nur diese beraubt sahen, schlugen Alarm. Da es sich aber bei gezielt erfasst wurden. Die ersten zusammenfassen- den Fischern meist um einen vergleichsweise kleinen den Darstellungen zu den Fischbeständen der Gewäs- und ärmeren Teil der Landbevölkerung handelte, blie- ser des Deutschen Reichs (einschließlich des heutigen ben deren Klagen in der Öffentlichkeit ungehört. Dazu Sachsen-Anhalts) stammen von Dr. L. Wittmack (1875) kam das Problem der mangelnden Buchführung über und Max von dem Borne (1882), zwei Führungsper- die getätigten Fänge. Erst nachdem sich die Fischer sönlichkeiten des früheren Deutschen Fischereivereins. und Fischereirechtsinhaber in der zweiten Hälfte des Da es unter den damaligen Verhältnissen unmöglich

Selketal im Harz

29 keit zu verbergen. So gab bis zur politischen Wende letztlich nur noch das Gewässerverzeichnis des Deutschen Anglerverbandes Auskunft über einige, angelfischereilich bedeutsame Fischarten in den Verbandsgewässern.

Mit den Einflüssen der westlichen Umweltbewegung auf die DDR begannen sich Anfang bis Mitte der 1980er Jahre in einzelnen Teilen der Republik Ichthyofau­ nistengruppen zu gründen. Sie rekrutierten sich aus ­fischereilich interessierten Biologen, Naturschützern, Fischern und Anglern, die es sich zum Ziel erklärt hatten, alle vorhandenen Fischarten zu erfassen, ihre Gefährdung zu dokumentieren und schließlich sowohl die Öffentlichkeit als auch die Staatsorgane für den Elektrofischerei Fisch- und Gewässerschutz zu sensibilisieren. Der führende Kopf dieser Bewegung war der damalige Kustos der ichthyologischen Sammlung des Berliner war, alle fischereilich genutzten Gewässer selbst zu Naturkundemuseums Dr. H. J. Paepke (Paepke 1981 a, bereisen oder gar zu befischen, arbeiteten sie mit b, 1989). In den damaligen Bezirken Halle und Magde- Fragebögen, die sie an die organisierten Mitglieder burg bildeten sich drei Ichthyofaunistengruppen, die des Deutschen Fischereivereins verschickten. In den unter Leitung von D. Engelke (Haldensleben), U. einzelnen Ländern des Deutschen Reichs gab es flä- ­Zuppke (Lutherstadt Wittenberg) sowie O. Wüste- chendeckend Landesvereine des Deutschen Fischerei- mann & U. Eichler (Wernigerode) Pionierarbeit leiste- vereins. Im überwiegenden Gebiet des heutigen ten ­(Engelke 1988, Wüstemann 1989, Zuppke 1986). Landes Sachsen-Anhalt war das der „Fischerei-Verein Alle zusammengetragenen Daten wurden in einem für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt“ zentralen Datenspeicher des damaligen Instituts für (gegründet ca. 1880). Die von Wittmack (1875) und von Landschaftsforschung und Naturschutz Halle, Außen- dem Borne (1882) für das Gebiet des Deutschen Reichs stelle Biologische Station Serrahn gesammelt. Nach erfassten Fischereiverhältnisse und Fischverbreitungs- der politischen Wende ging dieser Datenbestand, angaben konnten natürlich nur so gut sein, wie die soweit er das Land Sachsen-Anhalt betraf, an das Zuarbeit der von ihnen angeschriebenen Fischer. So Landesamt für Umweltschutz (LAU) in Halle über und kommt es, dass die Zustandsbeschreibungen der bildete damit zugleich eine Grundlage für den 1997 Fischbestände der einzelnen Flüsse von recht unter- erschienene Verbreitungsatlas der Fischfauna Sach- schiedlicher Qualität sind. Für manche Gewässer, wie sen-Anhalts (Kammerad et al. 1997). Diese ersten z. B. der sachsen-anhaltischen Nuthe, liegen überhaupt Angaben der Nachwendezeit wiesen aber auch Män- keine Daten vor, weil hierzu kein Fischer oder Fische- gel auf, da die Daten oft auf ungenügenden Erfas- reirechtsbesitzer Angaben machte. Darüber hinaus sungsmethoden basierten. Die zur objektiven Erfas- fehlen häufig Angaben zu den wirtschaftlich nicht sung notwendigen Elektrofischfanggeräte fehlten genutzten Kleinfischen. Trotzdem sind diese Arbeiten damals weitestgehend. Die meisten Angaben stamm- heute oft die einzigen Anhaltspunkte, wenn es um die ten daher aus Befragungen von Anglern bzw. aus der Frage geht, ob diese oder jene Art ursprünglich in ei- Aufzeichnung von Angel- und Senkenfängen. Alle alten nem bestimmten Flusssystem oder Gebiet vorkam. Daten aus Anglerbefragungen bzw. solche mit unsi- Auch werden die Arbeiten dieser beiden Bearbeiter cheren oder fehlerhaften Angaben wurden bei der hinsichtlich der Datenfülle von allen späteren Veröf- vorliegenden Neuauflage der FISCHFAUNA herausge- fentlichungen zu unserem Gebiet bis zum 2. Weltkrieg nommen. nicht übertroffen. Inzwischen gehören moderne und leistungsfähige In der DDR-Zeit wurden die Angaben zu den Fisch- Elektrofanggeräte zur Standardausrüstung bei fisch- beständen der natürlichen Gewässer noch seltener. faunistischen Untersuchungen. Daraus resultierte in In den ersten Jahren erschienen noch vereinzelte den letzten Jahren vor allem ein Erkenntniszuwachs Ver­öffentlichungen, insbesondere von Fischereiwis- bei Fischarten, die mit den üblichen berufs- und an- senschaftlern des Instituts für Binnenfischerei Ber- gelfischereilichen Fangmethoden nur schwer zu er- lin-Friedrichshagen (z. B. Bauch 1958). Darin wurden fassen sind. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um vorrangig die berufsfischereilichen Probleme bedingt Kleinfischarten, insbesondere solche, die am Boden durch die Gewässerverschmutzungen und dem hier­ bzw. im Bodensubstrat versteckt leben, wie z. B. aus folgenden Rückgang der Fischbestände behan- Schlammpeitzger, Steinbeißer und Neunaugenlarven. delt. Doch schließlich ging die DDR-Staatsführung Trotz der verbesserten Untersuchungsmethodik ist dazu über, alle umweltspezifischen Daten der Ge- die Datengewinnung bei Fischpopulationen aber bis heimhaltung zu unterwerfen und vor der Öffentlich- heute mit großen Unsicherheiten behaftet. Durch die

30 momentan überwiegende Erfassung mit der Methode der Elektrofischerei ergibt sich zwar ein guter Überblick über die Vorkommen der meisten Litoral- und Klein- fischarten, jedoch spiegeln die so ermittelten Häufig- keiten, vor allem bei Fischarten mit hoher Fluchtdis- tanz sowie Profundal- und Pelagialarten (z. B. Rapfen, Zander, Ukelei, Blei), nicht die tatsächliche Zusammen- setzung der Bestände wider. Darüber hinaus leiden faunistische Erfassungen bei Fischen generell unter methodischen Schwierigkeiten, weil alle Fangmetho- den mehr oder weniger selektiv fischen. Erst die Kom- bination der verschiedensten Fangmethoden, insbe- sondere die der Elektrofischerei mit den zahlreichen Netzfanggeräten der Berufsfischerei, liefert in größe- ren Gewässern ein annähernd ausreichendes Bild. So fand Brümmer (1994) durch Anwendung verschiede- Elektrofischerei ner Netzfangmethoden noch zwischen der 60. und 70. Befischung des gleichen Gewässers eine weitere Fischart. Neuentdeckungen seltener Arten in den Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verschiedenen Flusssystemen sind vielfach auf solche offenbarten sich jedoch die Schwächen dieses Pro- Erfassungs- bzw. Kenntnislücken zurückzuführen. gramms, weshalb für die Erfassung der Fischbestands- Allerdings kann es sich im Einzelfall auch um unge- daten nach WRRL das Erfassungssystem BIOLIMS des wollte oder illegale Aussetzung/Einschleppung durch Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasser- Fischbesatz handeln. Die umfassendsten Bestandsda- wirtschaft (LHW) zur Anwendung kommt. Für dieses ten liefern in der Regel Fangstatistiken der Berufsfi- Erfassungsprogramm ist nicht nur die genaue Anzahl scherei. Da in Sachsen-Anhalt aber nur noch ca. ein der gefangen Fische jeder Einzelart erforderlich, son- Dutzend Berufsfischer tätig sind, basieren die Daten, dern auch die Angabe von Größen- bzw. Altersgrup- die diesem Verbreitungsatlas zugrunde liegen, fast pen, um die Alterstruktur und den Reproduktionssta- ausschließlich auf Fangmeldungen zur Elektrofische- tus der nachgewiesenen Fische angeben zu können. rei. Der Fischfang mit Gleichstrom ist eine schonende, Die Bewertung der Qualitätskomponente „Fischfau- jedoch laut Landesfischereigesetz nur unter bestimm- na“ für die Zustandserfassung nach der EU-WRRL ten Voraussetzungen zu genehmigende Fangmethode. erfolgt dann mit einem so genannten fischbasierten Ausnahmegenehmigungen hierfür werden durch die Bewertungssystems fiBS (Dußling et al. 2005). Hier- obere Fischereibehörde des Landes Sachsen-Anhalt bei werden die Fischbestandsdaten einer vorher durch nur für notwendige wissenschaftlich-faunistische Experten für jedes Gewässer festgelegten Referenz- Untersuchungen und für begründete Hegemaßnah- fischzönose (ursprünglicher Zustand der Fischbesied- men der Fischereiausübungsberechtigten erteilt. Die lung im natürlichen/naturnahen Gewässer) gegen- dabei festgestellten Fischarten und ihre Häufigkeiten über gestellt. Die dabei festgestellten Unterschiede müssen der oberen Fischereibehörde gemeldet wer- zwischen der Referenzzönose und dem Ist-Zustand den. Das Datenmaterial wird in einem Fischartenka- werden dann durch ein entsprechendes fünfstufiges taster gesammelt, welches bei Bedarf auch von ande- Notensystem bewertet. Dieses gibt Auskünfte darü- ren Behörden und Institutionen genutzt werden kann. ber, ob sich der Fischbestand eines Gewässers in einem Angaben anderer Fangmethoden (z. B. Netz- und Ha- „sehr guten“, „guten“, „mäßigen“, „unbefriedigenden“ menfänge der Berufsfischerei) werden zur ichthyofau- oder „schlechten“ Zustand befindet. nistischen Bestandserfassung nur soweit verwendet, wie sie verlässlich erscheinen oder durch ergänzende Da alle im Rahmen des WINART-Systems gespeicher- Untersuchungen belegbar sind. Eine flächendeckende ten Daten für eine Bewertung nach der WRRL nicht Befischung aller Gewässer unseres Bundeslandes ausreichen, erfolgen im Auftrag der für die Umset- durch eine beauftragte Institution (wie z. B. in Sachsen zung der WRRL zuständigen Behörden bereits seit oder Bayern) konnte aufgrund des Kostenumfanges 2004 regelmäßig umfangreiche Fischbestandsunter- in Sachsen-Anhalt nicht erfolgen. suchungen in nahezu allen WRRL-relevanten Oberflä- chenwasserkörpern des Landes Sachsen-Anhalt. Als Die Daten werden durch die obere Fischereibehörde Ergebnis dieser Befischungen liegen mittlerweile für bislang in das vom Landesamt für Umweltschutz (LAU) alle Gewässersysteme (mit Ausnahme kleiner Bäche bereit gestellte Erfassungsprogramm WINART einge- und Gräben sowie Standgewässer unter 50 ha) Fisch- geben, welches bei den Artenhäufigkeiten nur die bestandsdaten vor. Diese WRRL-Befischungen bringen qualitativen und halbquantitativen (zudem meist somit einen enormen Erkenntniszuwachs auf dem subjektiv beeinflussten) Angaben „häufig“, „regelmä- Gebiet der Fischartenverbreitung. Sie zeigen auch die ßig“ und „selten“ erfordert. Deshalb sind diese Daten extrem dynamische Entwicklung der Fischbestände vornehmlich in qualitativer Hinsicht verwertbar. Mit einiger Gewässer auf, die trotz seit Jahren vielerorts

31 Aland-Elbe-Niederung

Aga im Zeitzer Forst

32 stabiler chemischer Wassergüte immer wieder Ände- thone Arten, die in den letzten 100 Jahren eingebürgert rungen unterliegt. Da die Häufigkeiten vieler Arten oder eingeschleppt wurden. Die Mehrzahl dieser Arten innerhalb kürzerer Zeiträume variieren können, wurde pflanzt sich unter natürlichen Bedingungen nicht oder in den Verbreitungskarten des vorliegenden Atlasses nur sporadisch fort. Die Bestände sind auf frühere Be- auf grob klassifizierende Häufigkeitsangaben verzich- satzmaßnahmen der Binnenfischerei (z. B. Gras-, Silber- tet. In den Karten sind daher nur die Fundorte der je- und Marmorkarpfen) und auf den heute illegalen Besatz weiligen Fischarten dargestellt, ohne weitere Angaben durch Angler, Zierfischzüchter oder Gartenteichbesitzer zu den entsprechenden Bestandsgrößen. Für den Be- zurückzuführen. Die Verbreitung exotischer oder Fremd- trachtungszeitraum 1991 – 2010 (mit Status vom fischarten, die nur in Einzelexemplaren nachgewiesen 30.04.2010) wurden insgesamt 1748 Untersuchungs- wurden (z. B. Sonnenbarsch, Bachsaibling, Störhybriden) stellen mit einer Anzahl von 7992 Fangnachweisen ist nachfolgend nicht weiter aufgeführt. Eine Sonder- ausgewertet (Abb. 1). Einen Eindruck von der Verbrei- stellung nehmen bereits in historischen Zeiten ausge- tungssituation der einzelnen Fischarten in Sachsen- setzte Arten wie der Karpfen ein. Anhalt vermittelt auch die Präsenz (Abb. 2). Diese ist hier angegeben als der prozentuale Anteil der Fund- Aktuell gelten 4 ehemals in Sachsen-Anhalt heimische orte einer Art gemessen an der Gesamtzahl der Un- Arten als verschollen, bzw. ausgestorben: Europäischer tersuchungsstellen. Stör, Elbschnäpel, Finte und Schneider.

Unter der Berücksichtigung der gegenwärtigen Erkennt- In den nachfolgenden Aufführungen erfolgt die Zu- nisse zu den ausgestorbenen bzw. verschollenen Arten ordnung der Arten in Anlehnung an Kottelat (1997) wird davon ausgegangen, dass die autochthone Fauna sowie Kottelat & Freyhof (2007). Da aber die eindeu- der Fische und Rundmäuler des Landes Sachsen-Anhalt tige taxonomische Zuordnung mancher Arten mittels 50 Arten umfasst (siehe Kapitel 5). Bachforelle und genetischer Untersuchungen noch nicht abgeschlos- Meerforelle werden dabei als eine Art, die Atlantische sen ist, können in Zukunft auch Korrekturen notwen- Forelle, gezählt. Dazu kommen noch weitere 8 alloch- dig werden.

33 Abb. 1: Übersichtskarte aller Untersuchungsstellen im Zeitraum 1991 – 2010.

34 Präsenz [%] 0 10 20 30 40 50 60 70

Plötze Barsch Hecht Gründling Dreistachliger Stichling Aal Döbel Schleie Hasel Güster Rotfeder Blei Bachschmerle Ukelei Bachforelle Aland Kaulbarsch Giebel Karpfen Zander Quappe Neunstachliger Stichling Rapfen Steinbeißer Bitterling Barbe Moderlieschen Bachneunauge Karausche Westgroppe Äsche Elritze Zope Schlammpeitzger Wels Graskarpfen Regenbogenforelle Zwergwels Stromgründling Blaubandbärbling Silberkarpfen Zährte Marmorkarpfen Nase Flussneunauge Lachs Meerforelle Bachsaibling Große Maräne Kleine Maräne Meerneunauge Stint Maifisch Sonnenbarsch Flunder

Abb. 2: Prozentualer Anteil der Fundorte der nachgewiesenen Fischarten gemessen an der Gesamtzahl (n = 1748) der Untersu- chungsstellen (Präsenz).

35 5. Artenliste der Rundmäuler und Fische des Landes Sachsen-Anhalt

Klasse Cyclostomata Rundmäuler Ordnung Petromyzontiformes Neunaugenartige Familie Petromyzontidae Neunaugen Petromyzon marinus Linnaeus, 1758 Meerneunauge Lampetra fluviatilis (Linnaeus, 1758) Flussneunauge Lampetra planeri (Bloch, 1784) Bachneunauge Klasse Osteichthyes Knochenfische Überordnung Chondrostei Knorpelganoide Ordnung Acipenseriformes Störartige Familie Acipenseridae Störe Acipenser sturio Linnaeus, 1758 Europäischer Stör * Überordnung Teleostei Höhere Knochenfische Ordnung Clupeiformes Heringsartige Familie Clupeidae Heringe Alosa alosa (Linnaeus, 1758) Maifisch, Alse Alosa fallax (Lacépède, 1803) Finte * Ordnung Salmoniformes Lachsartige Familie Salmonidae Lachsfische Salmo salar Linnaeus, 1758 Atlantischer Lachs Salmo trutta Linnaeus, 1758 Atlantische Forelle Oncorhynchus mykiss (Walbaum, 1792) Regenbogenforelle a Salvelinus fontinalis (Mitchell, 1815) Bachsaibling a Familie Coregonidae Maränen, Renken Coregonus albula Linnaeus, 1758 Kleine Maräne Coregonus spec. Große Maräne Coregonus oxyrinchus (Linnaeus, 1758) Elbschnäpel * Familie Thymallidae Äschen Thymallus thymallus (Linnaeus, 1758) Äsche Familie Osmeridae Stinte Osmerus eperlanus (Linnaeus, 1758) Stint Ordnung Esoxiformes Hechtartige Familie Esocidae Hechte Esox lucius (Linnaeus, 1758) Hecht Ordnung Anguilliformes Aalartige Familie Anguillidae Aale Anguilla anguilla (Linnaeus, 1758) Europäischer Aal Ordnung Cypriniformes Karpfenartige Familie Cyprinidae Karpfenfische Unterfamilie Acheilognathinae Bitterlinge Rhodeus amarus (Bloch, 1782) Bitterling Unterfamilie Gobioninae Gründlinge Gobio gobio (Linnaeus, 1758) Gründling Romanogobio belingi (Slastenenko, 1934) Stromgründling Pseudorasbora parva (Temminck & Schlegel, 1842) Blaubandbärbling a Unterfamilie Cyprininae Karpfen und Barben Barbus barbus Linnaeus, 1758 Barbe Carassius carassius (Linnaeus, 1758) Karausche Carassius gibelio (Bloch, 1782) Giebel Cyprinus carpio Linnaeus, 1758 Karpfen Unterfamilie Leuciscinae Weißfische Abramis brama (Linnaeus, 1758) Blei, Brassen

36 Alburnoides bipunctatus (Bloch, 1782) Schneider * Alburnus alburnus (Linnaeus, 1758) Ukelei Aspius aspius (Linnaeus, 1758) Rapfen Ballerus ballerus (Linnaeus, 1758) Zope Blicca bjoerkna (Linnaeus, 1758) Güster Chondrostoma nasus (Linnaeus, 1758) Nase Hypophthalmichthys molitrix (Valenciennes, 1844) Silberkarpfen a Hypophthalmichthys nobilis (Richardson, 1845) Marmorkarpfen a Leucaspius delineatus (Heckel, 1843) Moderlieschen Leuciscus idus (Linnaeus, 1758) Aland Leuciscus leuciscus (Linnaeus, 1758) Hasel Phoxinus phoxinus (Linnaeus, 1758) Elritze Rutilus rutilus (Linnaeus, 1758) Plötze, Rotauge Scardinius erythrophthalmus (Linnaeus, 1758) Rotfeder Squalius cephalus (Linnaeus, 1758) Döbel Vimba vimba (Linnaeus, 1758) Zährte Unterfamilie Squaliobarbinae Graskarpfen Ctenopharyngodon idella (Valenciennes, 1844) Graskarpfen a Unterfamilie Tincinae Schleien Tinca tinca (Linnaeus, 1758) Schleie Familie Cobitidae Dorngrundeln Cobitis taenia Linnaeus, 1758 Steinbeißer Misgurnus fossilis (Linnaeus, 1758) Schlammpeitzger Familie Nemacheilidae Schmerlen Barbatula barbatula (Linnaeus, 1758) Schmerle Ordnung Siluriformes Welsartige Familie Siluridae Welse Silurus glanis Linnaeus, 1758 Wels Familie Ictaluridae Amerikan. Zwergwelse Ameiurus nebulosus (Le Sueur, 1890) Zwergwels, Katzenwels a Ordnung Gadiformes Dorschartige Familie Lotidae Quappen Lota lota (Linnaeus, 1758) Quappe Ordnung Perciformes Barschartige Familie Centrarchidae Sonnenbarsche Lepomis gibbosus (Linnaeus, 1758) Sonnenbarsch a Familie Percidae Barsche Gymnocephalus cernua (Linnaeus, 1758) Kaulbarsch Perca fluviatilis Linnaeus, 1758 Barsch, Flussbarsch Sander lucioperca (Linnaeus, 1758) Zander Ordnung Scorpaeniformes Drachenkopfartige Familie Cottidae Groppen Cottus gobio (Linnaeus, 1758) Westgroppe, Mühlkoppe Ordnung Gasterosteiformes Stichlingsartige Familie Gasterosteidae Stichlinge Gasterosteus aculeatus Linnaeus, 1758 Dreistachliger Stichling Pungitus pungitus Linnaeus, 1758 Neunstachliger Stichling Ordnung Pleuronectiformes Plattfische Familie Pleuronectidae Schollen Platichthys flesus (Linnaeus, 1758) Flunder

* = ausgestorben oder verschollen a = allochthon / Fremdfischart

37 38 6. Artbeschreibungen mit Verbreitungskarten

Meerneunauge (Petromyzon marinus)

Meerneunauge (Petromyzon marinus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Mit der Fertigstellung der Staustufe Geesthacht 1960 nahmen die wenigen Fänge rapide ab, so dass bis Ende Das Meerneunauge trat von jeher nur unregelmäßig der 1990er Jahre nicht viel mehr als 10 Fänge aus dem und im Vergleich zum Flussneunauge in geringerer Brandenburger Havelgebiet, wo bis heute noch viele Zahl in der Elbe und ihren Nebenflüssen auf. Es hat Flussfischer tätig sind, bekannt wurden. Der Fischer- nie eine vergleichbare Bedeutung als Wirtschafts- meister E. Jacobs aus Kamern, Sachsen-Anhalt konnte fisch gehabt und wurde daher in Veröffentlichungen sich lediglich an einen Reusenfang bei Molkenberg im meist nur am Rande erwähnt. Trotzdem war es (nicht Winter 1965/66 erinnern. 1997 gelang ein Nachweis in zuletzt wegen seiner stattlichen Größe) bei den der Elbe bei Lenzen (km 488) durch Fischer Köthke. Nach Berufsfischern auf Elbe und Havel gut bekannt. Die der Errichtung eines Fischpasses an der Staustufe Hauptlaichgebiete der Art lagen wohl vornehmlich Geesthacht (Herbst 1998) nahmen ab dem Jahr 2000 in den Unterelbenebenflüssen oder in der Elbe die Zufallsfänge von Meerneunaugen in der Havel selbst. Nur gelegentlich gingen früher einzelne wieder zu. Gleichzeitig registrierte auch der Berufsfi- Exemplare oberhalb der Havelmündung in Fisch- scher G. Quaschny aus Hohengöhren, der als einziger fanggeräte. Ein solches Exemplar, welches um die Elbfischer in Sachsen-Anhalt zu dieser Zeit einen Aal- Jahrhundertwende in der Elbe bei Magdeburg ge- hamen auf der Elbe bei Schelldorf betrieb, die ersten fangen wurde, befindet sich als Stopfpräparat im Meerneunaugenfunde in der sachsen-anhaltischen Kulturhistorischen Museum in Magdeburg. Die Elbe seit über 40 Jahren. Seitdem wird die Art in wech- Magdeburger Elbfischer kannten das Meerneunau- selnder, aber sehr geringer Zahl, alljährlich im Zeitraum ge früher unter dem Namen „Neunaugenkönig“ oder April bis Juni als Beifang in den Aalhamen nachgewie- „Lamprete“. Die Tiere erschienen „gegen den Monat sen. Den sorgfältigen Aufzeichnungen der Fänge ver- Mai hin“ in der Magdeburger Gegend (Kluge 1904 a) danken wir heute überhaupt die Kenntnis davon, dass und sollen dann noch weiter stromauf gewandert Meerneunaugen wieder bis nach Sachsen-Anhalt sein. Schwerpunkt der Verbreitung war früher das aufsteigen. 2004 konnten in diesen Aalhamen 3 Exem- Gebiet der Havelmündung und der unteren Havel, plare, 2007 sogar 17 Exemplare nachgewiesen werden. wo sich zahlreiche Laichplätze befunden haben Außerdem wurden im Jahr 2007 bei Reusenkontrollen müssen. Historische Fangplätze der Berufsfischer am Fischpass Wehr Gnevsdorf weitere 9 Exemplare lagen zum Beispiel bei Strodehne, an der Mündung gezählt. Seit 2000 liegen für Elbe und Havel insgesamt

des Rhins in die Havel. 90 Nachweise von Meerneunaugen vor. Neunaugen

39 Meerneunauge (Petromyzon marinus)

Biotopansprüche/Lebensweise beträgt 200.000 – 300.000 Stück. Die Embryonal- und Larvalentwicklung verläuft wahrscheinlich ähnlich wie Das Meerneunauge kommt als anadromer Wander- beim Flussneunauge (siehe dort). Nach Kottelat & fisch an der gesamten europäischen Atlantikküste vor. Freyhof (2007) dauert das Querderstadium im Süß- Bei parasitischer Lebensweise wächst es über mehre- wasser 5 V bis 7 V Jahre. Die Tiere leben zu dieser Zeit re Jahre in küstennahen Regionen bis zur Geschlechts- in Feinsedimentbänken der Flüsse und ernähren sich reife heran. Der Laichaufstieg aus der Nordsee in die vornehmlich von Detritus und Diatomaeen. Ab etwa Elbmündung erfolgt im Gegensatz zum Flussneunau- 13 – 15 cm Länge erfolgt im Sommer des letzten Lar- ge erst im Spätwinter oder Frühjahr. Die Nahrungs- venjahres die Metamorphose zum Neunauge und die aufnahme wird im Süßwasser eingestellt. In Sachsen- Abwanderung ins Meer. Im Meer saugen sich erwach- Anhalt tauchen die Aufsteiger erst im Mai, also kurz sene Meerneunaugen an Fischen oder Walen fest, um vor der Laichzeit, auf. Als auslösende Temperaturgren- sich dabei von Blut und Gewebesäften ihrer Wirte zu ze für die Eiablage wird das Erreichen einer Wasser- ernähren. Diese parasitische Lebensphase im Meer temperatur von 15 – 16 °C angesehen. Das ist bei uns dauert etwa drei Jahre. Danach steigen die laichreifen meist die Zeitspanne von Mitte Mai bis Anfang Juni. Tiere in die Flüsse auf und der Lebenszyklus beginnt Bevorzugte Laichplätze sind Bereiche mit kiesigem von vorn. Adulte Meerneunaugen unternehmen nur Bodengrund und stärkerer Strömung im Mittellauf einen einzigen Laichaufstieg und verenden nach der größerer Flüsse. Das Ablaichen erfolgt paarweise an Eiablage im Süßwasser. hellen, meist sonnigen Tagen (Meyer & Beyer 2002). Die Tiere zeigen dann eine stark verminderte Flucht- reaktion und lassen sich an flachen Stellen gut beob- Gefährdungen achten. Wie die seltenen Fänge von Meerneunaugen in Elbe Ähnlich wie bei anderen Neunaugen, tragen die Männ- und Havel bis zum Bau des neuen Fischpasses am Wehr chen am Laichplatz Kiesel und Steine hin und her und Geesthacht 1998 zeigen, war die Elbpopulation im bauen so eine Art Laichnest. Die Eizahl pro Weibchen Gegensatz zu Stör oder Lachs noch nicht ausgestorben.

Neunaugen Meerneunaugenmaul

40 Meerneunauge (Petromyzon marinus)

Es erfolgte jedoch Jahrzehnte lang eine extreme Ge- strat lebenden Larven (Querder) sind bis heute durch fährdung der Art durch Wasserverschmutzungen und die noch immer vorhandenen Schadstoffablagerungen der Behinderung des Aufstiegs zu den Laichplätzen in den Flusssedimenten bedroht. oberhalb des Stauwehres Geesthacht.

Die gegenwärtig zu verzeichnende Zunahme der Art in Schutzmaßnahmen Sachsen-Anhalt ist maßgeblich auf die positive Verän- derung der Wasserqualität und die verbesserten Auf- Hierzu zählen vor allem Maßnahmen zur Herstellung stiegsbedingungen am einzigen deutschen Elbwehr der ökologischen Durchgängigkeit der Gewässer und zurückzuführen. Trotzdem ist das Meerneunauge nach zur Verbesserung ihrer Strukturgüte. Grundsätzlich sind wie vor gefährdet. In den Elbnebenflüssen (z. B. Havel), alle Kiesbänke und Sander in der Elbe und ihren Neben- in denen sich früher die bevorzugten Laichgebiete be- flüssen als potentielle Laichplätze und Querderhabitate fanden, herrscht aufgrund des Ausbauzustandes und zu schützen und zu erhalten. Daneben muss auch Vor- regelmäßiger Unterhaltungsmaßnahmen ein perma- sorge gegen die regelmäßig auftretenden Sauerstoff- nenter Mangel an geeigneten Laichplätzen. Die weni- mangelsituationen in der Unterelbe getroffen werden, gen vorhandenen Kiesbänke (z. B. unterhalb von Weh- da hiervon nicht nur die dort lebenden Ästuararten, ren) sind durch Verschlammung gefährdet. Zudem sind sondern in besonderem Maße auch die Wanderarten potenzielle Laichplätze in den Nebenflüssen wegen der betroffen sind. Ein Negativbeispiel für einen Umwelt- noch immer zahlreichen Wehranlagen nicht erreichbar. schaden größeren Ausmaßes stellt dabei die teilweise Eine häufig unterschätzte Gefahr geht von den regel- Verfüllung des Mühlenberger Lochs im Hamburger mäßigen Bagger- und Vertiefungsarbeiten an der Un- Stadtgebiet zum Bau einer Startbahn für das Airbuswerk terelbe aus. Durch fehlende Flachwasserzonen, in denen dar. Dadurch wurde der Unterelbe ein wichtiges und Sauerstoff produziert wird, kommt es häufiger zu Sauerstoff produzierende Flachwassergebiet entzogen. sommerlichen und herbstlichen Sauerstoffmangelsi- tuationen und hierdurch bedingten Fischsterben in der Die Fischereiordnung des Landes Sachsen-Anhalt stellt Unterelbe. Aufsteigende Wanderfische können diese das Meerneunauge ganzjährig unter Schutz. In der sauerstofffreien Zonen nicht durchqueren. Die im Sub- FFH-RL ist die Art im Anhang II aufgelistet. Neunaugen

41 Meerneunauge (Petromyzon marinus) Neunaugen

42 Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)

Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt werden von Bauch (1958) vornehmlich auf niedrige Wasserstände, Stromausbau und Abwasserbelastun- Das Flussneunauge war in der Mittelelbe bis etwa 1920 gen zurückgeführt. Die Havelmündung war bis dahin und im Bereich der Havelmündung bis in die 1950er noch ein wichtiger Fangplatz. Mitunter konnten auch Jahre hinein ein wichtiger Wirtschaftsfisch für die am Cracauer Wehr in Magdeburg, wie z. B. im Jahr Berufsfischerei (Kluge 1904 a, Pape 1952, Bauch 1958, 1936, noch große Neunaugenfänge gemacht werden. Pflaumbaum 1961, Kammerad 1997). Von den Magde- Der Geschmack der Tiere war jedoch schon damals burger Elbfischern wurden die Tiere als „Pricken“ be- infolge der Verschmutzung der Unterelbe durch Che- zeichnet und waren sowohl geräuchert als auch ge- mieabwässer („Phenolgeschmack“, Bauch 1958) stark röstet und mariniert gut absetzbar. Der Fang erfolgte beeinträchtigt. Das völlige Ausbleiben in den Fängen mit speziellen Körben, Reusen und engmaschigen der dortigen Fischer kam wie beim Meerneunauge Hamen. Die bekanntesten Fangstellen waren um die erst in den Jahren nach 1960 mit der Vollendung der Jahrhundertwende das Cracauer Wehr in der Alten Staustufe Geesthacht (Kammerad 1997, Kammerad Elbe bei Magdeburg (Kluge 1899) sowie der Hämert- et al. 1997). sche Fall zwischen Tangermünde und Arneburg (Pflaumbaum 1961). Pflaumbaum (1961) berichtet Trotzdem ist es damals, wie beim Meerneunauge, nicht anhand der Aufzeichnungen eines Fischers in seiner zum völligen Zusammenbruch der Elbpopulation Hausbibel von Fangmengen bis zu 450 kg je Elbfischer gekommen. Die Gründe dafür waren einerseits in der in einer einzigen Winternacht. relativen Anpassungsfähigkeit der Neunaugen zu sehen, andererseits boten die unterhalb Geesthachts Der Aufstieg der Neunaugen und die Fangmengen liegenden Elbnebenflüsse (wie Seeve, Este, Ilmenau, waren stark wasserstandsabhängig. Während sie bei Pinnau, Krückau) noch ausreichende Laichmöglichkei- niedrigem Wasserstand in der Hauptsache nur bis zur ten für den Erhalt der Art. So wurden nach Dehus (1981) Havelmündung aufstiegen, erfolgte mit höherem allein 1978 am Feinrechen des Kernkraftwerkes Bruns- Wasserstand der Aufstieg früher bis in die Saale und büttel über 21.000 Flussneunaugen im Gesamtgewicht Mulde hinein. Die rückläufigen Fangmengen in der von 2.387 kg vernichtet und abgesammelt. Die Stau-

Mittelelbe in den Jahren bis zum zweiten Weltkrieg stufe Geesthacht schien jedoch damals für die Art Neunaugen

43 Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)

nahezu unüberwindbar zu sein, weil die Einstiegsöff- ­Fischers G. Quaschny, Hohengöhren, ablesen. Dort nungen in die Fischaufstiegshilfen von den Neunaugen wurden 1999 – 2001 um die 20 Exemplare gefangen, nicht gefunden wurden. Petrick (1992) berichtete al- seit 2002 liegen die Fangnachweise im Durchschnitt lerdings von seltenen Reusenfängen der brandenbur- bei 200 Exemplaren. Die Daten zeigen aber auch, gischen Havelfischer, die zeigten, dass einzelnen Tieren dass die Aufstiegszahlen in den Jahren sehr variieren doch die Überwindung dieses Aufstiegshindernisses können. So wurden 2006 nur 19 Individuen gefangen gelang. Nach Petersen (1993) konnte der Aufstieg während im Jahr darauf über 500 Nachweise bestä- einzelner Flussneunaugen über die alte Fischtreppe tigt werden konnten. am Wehr Geesthacht nachgewiesen werden, wenn sich beim Schließen eines Wehrsektors unübliche Neben diesen Hamenfängen wurden 2004 auch in der Strömungsverhältnissen ergaben. Alten Elbe bei Magdeburg über 100 Tiere gefangen.

Der erste Fang eines Flussneunauges in Sachsen- Auch in die Nebengewässer der Elbe steigen wieder Anhalt seit 1960 wurde im Jahr 1996 am historischen vermehrt Flussneunaugen auf. Dies belegen Fänge in Fangplatz in der Alten Elbe Magdeburg unterhalb der Havel bei Gnevsdorf und im Bereich Werder (Bran- des Wasserfalls verzeichnet (Raschewski 1996). denburg). Der erste Neunachweis für die Untere Mul- Nachdem 1998 am Stauwehr Geesthacht ein neuer de gelang 2002 (Gaumert & Zuppke 2003). 2005 Fischpass fertig gestellt war, konnten bis etwa 2004 wurde das erste Exemplar oberhalb des Wehres in in beständig zunehmender Zahl Flussneunaugen in Dessau gefangen (Brämick et al. 2006). Ein Tier fand der Elbe nachgewiesen werden (Thiel 2002). Die 2010 den Einstieg in die Jonitzer Mulde und wurde Katasterangaben belegen seit 1999 regelmäßige dort am Fischpass nachgewiesen. Im Rahmen des Nachweise von Flussneunaugen auf Kiesbänken und Monitorings zur Lachswiedereinbürgerung gingen in Flussmündungen in der Elbe. Die jährliche Häu- 2007 in der Nuthe 5 Flussneunaugen in die aufge- figkeit lässt sich gut an den Hamenfängen des stellte Smoltfalle.

Neunaugen Flussneunaugenmaul

44 Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)

Biotopansprüche/Lebensweise Fluchtreaktionen bevorzugt an helllichten Sonnenta- gen in schneller Strömung. Vor dem Laichen wühlen Das Flussneunauge erreicht gewöhnlich nach zwei- die Neunaugen eine Art Laichgrube auf und tragen jährigem Aufenthalt im Brackwasser der Flussmün- mit ihrem Saugmaul Steinchen zu einem kleinen Wall dungen oder flussnahen Meeresküsten die Ge- zusammen. Das Ablaichen erfolgt dann portionswei- schlechtsreife. Der Laichaufstieg ins Süßwasser beginnt se über einen Zeitraum von meist 3 – 4 Tagen. Die ex- schon im Herbst (September bis November). Dabei trem klebrigen, blassgelben Eier treiben mit der wandern die Tiere grundsätzlich nachts und stellen Strömung ab und bleiben größtenteils auf bzw. zwi- ihre Nahrungsaufnahme ein. Bei tiefen, winterlichen schen den Kieseln des Laichwalls haften. Die Eizahl der Wassertemperaturen wird die Laichwanderung teil- einzelnen Weibchen schwankt je nach Körpergröße weise unterbrochen und die Neunaugen ruhen an zwischen 4.000 und 30.000 Stück. Nach der Eiablage geeigneten Winterlagern im Strom. Die oftmals sehr sterben die Elterntiere innerhalb der nächsten 4 – 6 weit stromauf gelegenen Laichplätze werden meist Wochen. Die Inkubationsphase bis zum Schlupf der erst im Frühjahr kurz vor der Laichzeit erreicht. Larven dauert etwa 13 – 15 Tage. Diese verbleiben bis zum Aufzehren des Dottersacks zunächst noch 4 – 10 Die Größe der Adulten liegt meist bei 30 – 40 cm Län- weitere Tage im Lückensystem des Kieses, bevor sie ge. Beim Erreichen einer Wassertemperatur von etwa sich an sandig-schlickigen Stellen in den Boden ein- 14 – 16 °C, bei uns meist also von Mitte Mai bis Anfang graben. Dort ernähren sich die Larven filtrierend von Juni, laichen die Tiere in größeren Trupps an kiesigen organischen Schwebstoffen (Detritus) und Mikroor- Stellen. Dem Laichvorgang gehen ausgedehnte Paa- ganismen. Nach ca. 4 Jahren wandeln sich die als rungsspiele voraus, wobei sich die Tiere in so genann- Querder bezeichneten, augenlosen Larven im Spät- ten „Neunaugenzöpfen“ an Steinen festsaugen. Die sommer/Herbst bei einer Länge von etwa 10 – 13 cm nachtaktiven Tiere verlieren dabei ihre sonst ausge- zum frei schwimmenden Neunauge um und wandern prägte Lichtscheu und paaren sich ohne sichtbare bis zum kommenden Frühjahr in die Küstengewässer

Flussneunaugen Neunaugen

45 Flussneunauge (Lampetra fluviatilis)

flussabwärts. Dort leben sie bevorzugt im Brackwasser Die Querder sind durch Unterhaltungsarbeiten in den der Flussmündungen und können Salzgehalte bis zu Flüssen sowie mangelnde Wasserqualität gefährdet. 20 ‰ tolerieren. Die Ernährung erfolgt wie beim In Ohre, Saale und Bode wurden bislang, wahrschein- Meerneunauge parasitär durch Ansaugen und Anfres- lich wegen der hohen Salzbelastung im Wasser, noch sen von Fischen. Als Wirtsfische werden Heringe und keine Neunaugen beobachtet, obwohl zumindest die Dorschartige bevorzugt (Holcik 1985). Unterläufe dieser Flüsse für die Tiere von der Elbe her erreichbar sind.

Gefährdungen Schutzmaßnahmen Hauptursachen der Bestandsrückgänge sind vor allem Wasserbaumaßnahmen und Querverbauungen der Für das Flussneunauge sind die gleichen Schutzmaß- Flüsse. Neben dem direkten Einfluß solcher Bauwerke nahmen wie beim Meerneunauge (siehe dort) erfor- auf die Bestände der Neunaugen sind auch indirekte derlich. Auswirkungen zu verzeichnen. Nach Beobachtungen, insbesondere am Elbwehr Geesthacht, fallen alljährlich In Sachsen-Anhalt ist die Art durch die Fischereiord- bei der Suche nach Aufstiegsmöglichkeiten über die nung ganzjährig unter Schutz gestellt. Außerdem ist Wehranlagen große Mengen von Neunaugen den dort das Flußneunauge in den Anhängen II und V der FFH- wartenden Kormoranen zum Opfer. RL gelistet. Neunaugen

46 Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) Neunaugen

47 Bachneunauge (Lampetra planeri)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Durch die Verbesserung der Wasserqualität und auf- grund intensiverer Nachsuche in kleineren Fließge- Das Bachneunauge war früher in zahlreichen Bächen wässern wurden 2009 viele Vorkommen bestätigt und Flüssen der Forellenregion sowohl des Harzes sowie weitere Nachweise erbracht. Dies betrifft z. B. als auch der Niederungen des Landes Sachsen-An- Fundorte in der Bode (bei Ditfurt und Wegeleben), der halt weit verbreitet. Heute ist es in den meist durch- Selke, der Eine und der Wipper. gängig begradigten Bachläufen weiter Gebiete unseres Landes mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung sowie in dichter besiedelten Gegenden Biotopansprüche/Lebensweise großflächig verschwunden (z. B. Allersystem, Uch- tesystem, Weiße Elster). Nur in einigen wenigen, Das mit dem Flussneunauge nahe verwandte, höchs- anthropogen geringer beeinflussten Gewässern tens bleistiftgroße Bachneunauge (die Querder beider konnten sich bis jetzt stabile Populationen halten. Arten sind praktisch nicht zu unterscheiden) lebt Dies sind einzelne Bäche der Dübener Heide (z. B. stationär in Bächen und kleinen Flüssen sowohl der Zuflussbäche des Fliethbaches), des Flämings (z. B. Mittelgebirge als auch der Niederung. Es ist die einzi- Olbitzbach, Grieboer Bach, Nuthe, Rossel), des Bo- ge nichtparasitäre, einheimische Neunaugenart in desystems (z. B. Kalte und Warme Bode, Rappbode, Mitteldeutschland. Als Charaktertier der Forellenregi- Hassel), des Selkesystems (z. B. Selke, Uhlenbach), on ist das Bachneunauge oft zusammen mit der des Jeetze-Dummesystems (z. B. Tangelnscher Bach, Bachforelle als Begleitfischart anzutreffen. Mitunter Hartau, Purnitz, Harper Mühlenbach), des Wipper- werden auch kleinste Bäche mit geringer Wasserfüh- systems sowie einige Zuflüsse der Helme. Im rung, die selbst von Bachforellen gemieden werden, ­Ohre­system gibt es nur noch eine vom Aussterben noch besiedelt. Die Gewässer müssen sowohl feinsan- bedrohte Reliktpopulation in Wanneweh und Müh- dige bis torfig-schlammige Sedimentbereiche für den lenbach. Aufenthalt der Larven (Querder) als auch grobkiesige

Neunaugen Bachneunauge (Lampetra planeri)

48 Bachneunauge (Lampetra planeri) und steinige Strecken als Laichgebiete für die Adulten In den Urgesteinsgebieten des Harzes leiden die Po- aufweisen. Weitere Voraussetzung ist die gute Sauer- pulationen unter der Versauerung der kleinen Bä- stoffversorgung der im Sediment eingegrabenen che. Auch Bergwerksabwässer (aus Schwerspat- und Querder, was durch deutlich sichtbare Fließverhältnis- Schwefelkiesgruben) stellen nach Einstellung der se und einen geringen Anteil an fäulnisfähigen Stoffen Gewässerunterhaltung an einigen Harzflüssen per- im Sediment gewährleistet wird. manente Gefahrenquellen dar. Begradigungen und Unterhaltungen mit schwerer Technik gefährden in Die Larvenzeit der Art dauert nach neuesten Erkennt- der Regel ganze Bestände an Querdern. Diese Unter- nissen mindestens 5 – 6 Jahre. Die Tiere haben damit haltungsmaßnahmen sowie auch die immer noch die gleiche Lebenserwartung wie die nahverwandten erfolgenden Ausbaumaßnahmen (vor allem zum Flussneunaugen, nur dass statt deren parasitärer Hochwasserschutz) stellen heute, nach Verbesserung Phase bei den Bachneunaugen das Querderstadium der Wasserqualität an den meisten Flusssystemen in um etwa 2 Jahre verlängert ist. Die Querder filtrieren, Sachsen-Anhalt, die Hauptgefährdungsursachen dar. bis auf den Kopf im Sand vergraben, Mikroorganismen Nur eine unregulierte Morphologie des Bachbettes und Detritus aus dem Wasser. Die Umwandlung zum mit unbefestigten Ufern und Sohle kann aufgrund der erwachsenen Tier beginnt im Spätsommer des letzten wechselnden Schleppkraft des Wassers einen so viel- Larvenjahres. Erst kurz vor der Geschlechtsreife ent- gestaltigen Lebensraum mit turbulenten und strö- wickeln sich die Augen; gleichzeitig verkümmert der mungsberuhigten Zonen erzeugen, wie ihn die unter- Verdauungstrakt. Nach Einstellung der Nahrungsauf- schiedlichen Lebensstadien des Bachneunauges nahme und Vollendung der Metamorphose beginnt brauchen. Diese Vielfalt von Wohn-, Laich- und Über- die stromauf gerichtete Laichwanderung (bis zu eini- winterungssubstrat ist für den Erhalt der Populationen gen Kilometern). Die Laichzeit fällt gewöhnlich in den eine zwingende Voraussetzung. Mai (bis Juni) und wird durch das Erreichen einer Wassertemperatur von 14 – 16 °C ausgelöst. Zur Laich- Unausgewogene Besatzmaßnahmen, insbesondere ablage finden sich auf kiesigem Grund in flachen, rasch mit Regenbogenforellen, können ebenfalls die Bestän- strömenden Bereichen kleine Gruppen zusammen. de der laichreifen Exemplare nach der Metamorphose Bevorzugt wird Kies von 20 – 30 mm Korngröße. Genau bedrohen. wie bei den anderen beiden Neunaugenarten finden die Laichspiele der sonst nachtaktiven Tiere an hellen, sonnigen Tagen statt. Die Eiablage erfolgt in Portionen Schutzmaßnahmen in durch die Männchen aufgewühlten, flachen Laich- gruben von ca. 15 – 20 cm Durchmesser und 5 cm Tiefe. Besonders wichtig ist der Verzicht auf jegliche Gewäs- Zwischen den Paarungsakten tragen die Tiere immer serausbaumaßnahmen in den wenigen noch intakten wieder Steine am Laichplatz hin und her, so dass bereits Salmonidenflüssen und Bächen in Sachsen-Anhalt. abgelegte Eier im schützenden Spaltensystem des Auch die Beseitigung von Aufstiegshindernissen und Kieses verborgen werden. Pro Rogener werden ca. Querverbauungen in den kleineren Flüssen und Bä- 500 – 2000 klebrige Eier abgegeben. Nach dem Laichen chen ist unbedingt notwendig, da bereits kleine Ab- sterben die Elterntiere ab. Die Larven schlüpfen nach stürze von den Adulten zur Laichwanderung nicht etwa 13 – 20 Tagen. mehr überwunden werden können. Typische Bach- neunaugengewässer, auch in den Niederungen und landwirtschaftlich genutzten Regionen, sind von Gefährdungen Grundräumungen und ähnlichen Unterhaltungsmaß- nahmen zu verschonen. Die Ursachen für rückläufige Bestandsentwicklungen waren in der Vergangenheit vorrangig in negativen Große Bedeutung für eine anzustrebende Ausbrei- Veränderungen der Wasserbeschaffenheit zu suchen, tung der Bestände in ehemals verödeten Bächen da die Jahre lang im Sediment lebenden Larven be- kommt der zunehmenden Verringerung der Gewäs- sonders für eine Schadstoffakkumulation prädestiniert serbelastung aus den sanierten bzw. noch zu sanie- sind. Aber auch großflächige Entwässerungsmaßnah- renden Altlastenstandorten der Industrie und des men führten in der Vergangenheit zum Verlust poten- Bergbaus zu. tieller Lebensräume; genauso wie die hierdurch be- dingten erhöhten Eiseneinträge (Verockerung) In den Gewässern des Landes Sachsen-Anhalts besteht wertvolle Reproduktionsflächen veröden ließen. Bäche für das Bachneunauge gemäß Fischereiordnung ein mit Bachneunaugen weisen deshalb auf eine für lan- ganzjähriges Fangverbot. Gemäß der FFH-RL ist das ge Zeit stabile, gute Wasserbeschaffenheit hin. Die Art Bachneunauge eine Art, für die besondere Schutzge- gilt daher als Indikator zur Anzeige guter Wassergü- biete ausgewiesen werden müssen. Sie ist daher im

teverhältnisse. Anhang II aufgelistet. Neunaugen

49 Bachneunauge (Lampetra planeri) Neunaugen

50 Europäischer Stör (Acipenser sturio)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt – 1902 Fang zweier Störe bei Belgern (Bauch 1958), – 1907 Fang eines Störes von 150 kg Gewicht und An einige typische Elbfische wie den Stör können sich 3,05 m Länge bei Pretzsch (Zuppke 1978), heute selbst die ältesten Fischer in Sachsen-Anhalt – 1911 Fang eines Störes oberhalb Magdeburgs nur noch vage erinnern. Die Art ist in früheren Zeiten (Bauch 1958), in der Elbe weit über Hamburg hinaus aufgestiegen – 1912 Fang eines Störes bei Mühlberg (Zaunig 1915, und vereinzelt sogar bis Böhmen vorgedrungen (von zitiert in Füllner et al. 2005), dem Borne 1882, Leonhardt & Schwarze 1903). Nach – 1932 bei Arneburg wird ein 1,75 m langer, verletzter Kluge (1904b) wurden von den Magdeburger Fischern Stör angetrieben (Pflaumbaum 1961), bis 1872 relativ konstant um die 100 Störe pro Jahr – 1946 letzter nachgewiesener Störfang bei Schna- gefangen. Große, bis über 3 m lange Weibchen waren ckenburg (Bauch 1958). dabei nicht selten. Im Frühsommer 1865 wurden von den Elbfischern in Magdeburg allein an einem Tage Inwieweit Störe in die Nebenflüsse der Elbe eingewan- 84 Störe gefangen; die größte Fangmenge, die hier dert sind, ist nicht mehr genau nachvollziehbar. Histo- jemals an einem Tage erzielt wurde. Der Fang war bis rische Nachweise liegen aus den Unterläufen von dahin meist höher als die Nachfrage. Das Fleisch war Saale und Mulde vor (Fangstatistiken der Fischerinnung grobfaserig und wenig beliebt; nur geräuchert war es Calbe, Hoppenhaus & Senne 1993). Der letzte Störfang besser absetzbar (Kluge 1900). In Magdeburg kostete in der Havel erfolgte 1903 bei Plaue (Bauch 1958). um 1872 ein Pfund Störfleisch zwischen 12 und 20 Pfennig. Auch später, als die Fangerträge nachließen, Der Zusammenbruch des Störbestandes in der Mit- stieg in Magdeburg der Störpreis nicht spürbar an. Erst telelbe bedeutete nicht gleichzeitig das Aussterben um 1900, nachdem die Art in der Mittelelbe nahezu der gesamten Population, da im Elbeunterlauf sowie verschwunden war, kam es zu einer deutlichen Erhö- den dort einmündenden Nebenflüssen noch viele hung auf 60 – 80 Pf/Pfund. Jedoch bereits nach 1872 intakte Laichplätze vorhanden waren. Doch die zuneh- erfolgte ein rapider Absturz der Fänge, ohne dass die mend intensivere Fischerei auf der Unterelbe und die Fischereimethoden verändert oder die Fangintensität Anlandung großer Mengen untermassiger Störe aus erhöht wurden. Konnten 1884 ausnahmsweise noch dem Wattenmeer brachten nicht einmal 20 – 30 Jahre mal 84 Störe gefangen werden, so waren es 1885 nur später den völligen Bestandszusammenbruch. noch 35; ab 1890 noch etwa jährlich einer, seit der Jahrhundertwende praktisch keiner mehr. Von da ab wurde jeder der seltenen Fänge registriert und in der Biotopansprüche/Lebensweise Regel auch in der Tagespresse bekannt gemacht. Das Aussterben dieses größten einheimischen Fisches in Der Stör ist ein anadromer Wanderfisch, welcher den der Mittelelbe wird durch folgende letzte Fänge do- größten Teil seines Lebens im Meer und den Flussmün- kumentiert: dungen verbringt und nur zum Laichen in größere

Europäischer Stör (Acipenser sturio) Stör

51 Europäischer Stör (Acipenser sturio)

Flüsse und Ströme aufsteigt. In der Elbmündung be- Nach ca. 6 Monaten wanderten die Jungstöre dann in gann der Laichaufstieg früher meist im April/Mai. Der Richtung Elbmündung ab und erreichten bereits zum Aufstieg der Störe war wie bei fast allen Wanderfisch- Ende des ersten Sommers eine Länge von etwa 16 cm. arten vom Wasserstand abhängig. Während sie bei Bevor die Jungfische endgültig zu ihren Fresshabitaten hohen Wasserständen weiter aufstiegen, dürfte die in die Nordsee zogen, verbrachten sie aber noch 1 bis Hauptmenge der Laicher bei Mittelwasserbedingun- 1 V Jahre im Elbästuar. Die Männchen wurden bei gen ihre Eiabgabe in der Elbe bis etwa Höhe Magde- einer Länge von 1,2 – 1,5 m (8 – 13 Jahre) und die Weib- burg vollzogen haben. Die Störe mieden bei ihrer chen bei 1,6 – 1,8 m (11 – 18 Jahre) geschlechtsreif. Wäh- Laichwanderung stark strömendes Wasser und zogen rend die männlichen Tiere gewöhnlich etwa jedes vornehmlich an Sandbänken und in Nebenarmen zweite Jahr am Laichgeschäft teilnahmen, reprodu- entlang aufwärts. Die Eiablage erfolgte gewöhnlich zierten die Weibchen in der Regel nur alle drei bis vier in den Monaten Juni/Juli bei Wassertemperaturen von Jahre. Die größten früher gefangenen Störe waren ca. mindestens 19 – 20 °C an tiefen, kiesigen Stellen des 5 m lang und bis zu 600 kg schwer. Der Hauptanteil Hauptstroms oder in tiefen Strömungsrinnen von der Fänge bestand jedoch aus Fischen zwischen 1,5 Nebenarmen mit rascher Strömung (0,8 – 2 m/s). Die und 2,5 m Länge. Störe können nachweislich über 60 abgelaichten Elterntiere kehrten gewöhnlich unmit- Jahre alt werden. telbar danach zurück ins Meer. Historische Laichplät- ze in Sachsen-Anhalt befanden sich z. B. in der Alten Die Nahrung der Jungstöre besteht in den ersten Le- Elbe unterhalb des Cracauer Wasserfalls bei Magde- benswochen aus kleinen Wirbellosen, später werden burg sowie in der Elbe zwischen Storkau und Billberge dann größere, wirbellose Bodentiere (Borstenwürmer, (Elb km 397,5). Die Eizahl je Rogner schwankte je nach Krebse, Muscheln) und auch kleine Fische gefressen. Größe zwischen 400.000 und 2,4 Millionen. Die ca. 3 mm großen, extrem klebrigen Eier wurden durch die an den Laichplätzen herrschende starke Strömung Gefährdungen verteilt und blieben an den Steinen des Untergrundes haften. Bereits nach 3 – 5 Tagen schlüpften die kaul- Es gibt keine andere Süßwasserfischart neben dem quappenähnlichen Larven, welche sich bis zur Aufzeh- Stör, bei der im Zusammenhang mit der totalen Aus- rung des Dottersacks im Kieslückensystem verbargen. rottung der Berufsstand des Fischers mit hinzugezogen

Stör Stör aus der Elbe bei Arneburg (1932)

52 Europäischer Stör (Acipenser sturio) wird. Der großwüchsige Stör war seit jeher ein begehr- speist. Da Störe tausende von Kilometern an den tes Objekt der Flussfischerei und die Auswirkungen des Küsten entlang wandern, wird vermutet, dass diese intensiven Fanges auf den Gesamtbestand stehen seltenen Fänge alle von der letzten existierenden außer Zweifel. Trotzdem wurden von den Magdeburger Störpopulation in der Gironde stammen. Fischern bis Anfang der 1870er Jahre relativ konstant große Mengen angelandet, so dass das Angebot dort stets größer als die Nachfrage war (Bauch 1958). Schutzmaßnahmen

Der Zusammenbruch des Stör- und auch des Maifisch- Der Rückgang der Störerträge veranlasste den Deut- bestandes in der Mittelelbe begann auffälligerweise schen Fischereiverein, welcher sich eines lohnenden mit dem Beginn des Wasserstraßenbaus und der lü- Fangobjektes für seine Berufsfischer beraubt sah, ckenlosen Buhnenverlegung nach 1866. Diese Wasser- schon Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend Schutz- bauwerke hatten die Aufgabe, den Strom einzuengen und Schonmaßnahmen zu ergreifen. So wurden Laich­ und ihn zu veranlassen, Heger und Untiefen abzu- gebiete z. B. auf Eider und Oste angepachtet und unter schwemmen. Dadurch gingen den Stören in der Fol- Schutz gestellt, Störeier künstlich erbrütet und das gezeit nahezu alle Laichplätze verloren. Insbesondere Mindestmaß auf 1,5 m erhöht. Ein Teil dieser Maßnah- fielen auch die flachen Nebenrinnen weg, in denen men griff aus verschiedenen Gründen nicht bzw. kam die Störe bevorzugt zu den Laichplätzen aufwärts bereits zu spät, so dass der weitere Niedergang des zogen. Ein Laichaufstieg in die Mittelelbe erfolgte von Bestandes nicht aufzuhalten war. Insbesondere Wehr- da ab praktisch überhaupt nicht mehr, so dass die Elbe bauten, Stromregulierungen, Wasserverschmutzungen oberhalb des Gezeitenbereichs von diesen Fischen sowie die bis zum letzten Fisch erfolgte Nachstellung gemieden wurde. in den Küstengewässern verhinderten eine Regenera- tion der Bestände. Die landesweite Ausrottung dieses Die ausschließliche Überfischungsthese geht auf die Fisches in Deutschland wurde mit der Abdämmung Beschreibungen von Mohr (1952) zurück, die in den der Eider (als letztem deutschen Stör­fluss) besiegelt, Jahren nach 1900 hautnah den Niedergang der Ham- wodurch seit 1936 praktisch keine Reproduktion mehr burger Störfischerei miterlebte und eindrucksvoll die in den Laichgebieten erfolgen konnte. neue, zunehmend intensivere Trawlfischerei mit Dampfschiffen und die Anlandung großer Mengen Heute ist der Europäische Stör die am stärksten ge- untermassiger Störe aus dem Wattenmeer dokumen- fährdete Fischart Europas. Durch die flächendeckende tierte. Zu dieser Zeit war aber der Stör in der Mittelel- Ausrottung des Nordseestörbestandes erscheint eine be längst ausgerottet und mit ihm ein Fisch, der von mögliche Wiedereinbürgerung dieses Fisches in der den Flussfischern als „getreuer Begleiter des Störs“ Elbe problematisch. Die einzige noch bekannte euro- (Bauch 1958) bezeichnet wurde, weil er in derselben päische Population in der französischen Gironde ist Zeit zum Laichen die Elbe hinaufzog und ebenfalls selbst vom Aussterben bedroht. Die letzte natürliche Kiesbänke als Laichplätze bevorzugte: der Maifisch. Vermehrung von Stören wurde hier 1994 registriert. Ein französisches Forscherteam (Cemagref), dem die Bei der Fischerei in den Mündungsgebieten gab es künstliche Vermehrung von Stören gelang, hat dem schon damals ein Problem, dass auch heute noch zu Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfi- Recht von den Angelfischern in Hinsicht auf die Wie- scherei in Berlin einige Jungstöre zum Aufbau eines dereinbürgerung von Lachs und Meerforelle angepran- Laicherbestandes zur Verfügung gestellt. Im Rahmen gert wird, nämlich die unbeschränkte Fischerei nicht der deutsch-französischen Forschungsarbeiten zur nur durch Berufsfischer sondern auch durch die soge- Arterhaltung und Wiederansiedlung des Störs wurden nannten Hobbyfischer. Im Binnenland dagegen war im September 2008 erstmals 51 Jungstöre in die Elbe die Fischerei durch die Gesetzgebung sowie auch durch bei Lenzen (Brandenburg) ausgesetzt. Hierbei handelt die Abgrenzung durch Fischereirechte seit jeher streng sich um einen experimentellen Besatz, der von mehr- reglementiert und limitiert. jährigen Untersuchungen zum Verhalten der Jungfi- sche und der Bewertung ihrer Gefährdung im heutigen Heute ist das Vorkommen von Stören in Deutschland Elbstrom begleitet wird. Erst wenn sich dabei zeigen erloschen. Nur ganz selten wurden bis Anfang der sollte, dass die Jungstöre in der Elbe gute Lebensbe- 1990er Jahre einzelne Fänge aus deutschen Küsten- dingungen vorfinden, kann über einen weiteren Besatz gewässern (meist um Helgoland) bekannt. So z. B. ein dieser wertvollen Fische entschieden werden. 142 kg schwerer und 2,85 m langer Fisch, der im No- vember 1993 einem Mecklenburger Kutterfischer vor Nach der Fischereiordnung des Landes Sachsen-Anhalt Helgoland ins Netz ging (Fisch & Fang, Heft 2/1994). ist der Fang des Störes verboten. In der FFH-RL ist die Dieser Fisch wurde illegal angelandet und letztendlich Art in Anhang IV aufgeführt und gilt damit als streng

in der Kantine des Bonner Innenministeriums ver- zu schützen. Stör

53 Maifisch (Alosa alosa)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt

Das Verschwinden des Maifisches in der Mittelelbe erfolgte zeitgleich mit dem des Störes und liegt schon viele Jahrzehnte zurück. Da der Maifisch nicht eine annähernd so hohe Bedeutung für die Flussfischerei hatte wie der großwüchsige Stör, gibt es nur unzurei- chende Angaben über die Größe des früheren Elbbe- standes und sein Verschwinden. Hinzu kommt noch, dass mit der nahe verwandten Finte Bastardierungen vorkommen können und beide Arten äußerlich ohne- hin nur schwer von einander zu unterscheiden sind. Maifisch (Alosa alosa) Aus diesem Grund werden z. B. im Hamburger Gebiet, die heute dort noch zahlreich vorkommenden Finten stets als „Maifische“ auf den Markt gebracht. An der unweit der Havelmündung verzeichnet. Der neuste Mittelelbe wussten die Fischer beide Arten vornehmlich Nachweis gelang im Juni 2001 in der Havel bei Quit- anhand ihrer Größe und nach dem Zeitpunkt ihres zöbel. Es handelte sich um einen 53 cm langen und Erscheinens auf den Laichplätzen zu unterscheiden 1235 g schweren Rogner. (Kluge 1899; Jürgens 1939; Albrecht 1960; Bauch 1958). Nach Kluge (1899) war der deutlich größere Maifisch dabei stets ein getreuer Begleiter des Störs, Biotopansprüche/Lebensweise der im Magdeburger Bereich etwa 4 Wochen früher als die Finte, nämlich im Mai (daher der Name!) erschien. Der zur Familie der Heringe gehörende Maifisch lebt Nach Fricke (2004) sind das auch heute noch die bes- vorwiegend in küstennahen Meeresgebieten (bis ten Merkmale, um beide sehr nah verwandte Arten maximal 300 m Tiefe). Nach Erreichen der Laichreife äußerlich von einander zu trennen. In der Regel steigen wandern die adulten Tiere von April bis Juni in die die Finten nur bis zur Obergrenze der Gezeitenwirkung Mittel- und Oberläufe größerer Flüsse und Ströme. Der auf. Alle in den Oberläufen bzw. in den oberen Abschnit- Aufstieg vom Meer ins Süßwasser beginnt gewöhnlich ten der Flüsse gefundenen Fische sind mit großer bei Frühjahrswassertemperaturen im Mündungsdelta ­Sicherheit Maifische. In der Elbe erreichten die gefan- von 10 – 12 °C. Zuerst erscheinen die etwas kleineren genen Maifische früher eine Länge von 60 – 70 cm und Männchen an den Laichplätzen; 1 – 2 Wochen später 6 Pfund Gewicht. Bei der Fischerbevölkerung an der dann die bis 70 cm langen Weibchen. In großen Strö- Mittelelbe war der Maifisch damals allgemein unter men wie der Elbe oder dem Rhein stiegen die Maifische dem Namen „Ziege“ bekannt, nicht zu verwechseln mit früher oft viele hundert Kilometer flussaufwärts. Die der Ziege, Pelecus cultratrus, einem Cypriniden, der Eiablage erfolgt schwarmweise und stets im rasch vornehmlich im Gebiet des Schwarzen- und Kaspischen strömenden Wasser über sauberen Kiesbänken, oft Meeres sowie der süd-östlichen Ostsee vorkommt. auch im Bereich der Mündungen von Nebenflüssen. Maifische sind Portionslaicher und geben in Abständen Anhand von Belegexemplaren aus der Sammlung des von mehreren Nächten ihren Laich ab. Das erste Paa- Prager Museums ist ein Laichaufstieg von Maifischen rungsereignis findet mitunter schon bei Wassertem- in der Elbe bis hin nach Böhmen in früheren Zeiten peraturen knapp unter 20 °C statt. Die Optimaltem- nachweisbar. Historische Nachweise über den Aufstieg peraturen liegen aber nach Kottelat & Freyhof (2007) von Maifischen in Elbnebenflüsse des Landes Sachsen- bei 22 – 24 °C. Nach dem Laichen sterben die meisten Anhalt liegen nur für die Schwarze und Weiße Elster Exemplare, so dass nur etwa 1 % bis maximal 20 % der vor (Parzyk 1995, Steglich 1895). Die geringen Angaben Elterntiere an einem zweiten Laichaufstieg im darauf- lassen jedoch den Schluss zu, dass der Maifischaufstieg folgenden Jahr teilnehmen. Die Wahrscheinlichkeit, in der Elbe auch in vergangenen Zeiten bei weitem dass die Tiere im kommenden Jahr ein zweites Mal nicht die Mengen erreichte wie im Rhein oder einigen zum Laichen aufsteigen, vermindert sich mit zuneh- französischen Flüssen, weil das Flusssystem der Elbe mender Länge der Wanderstrecke. praktisch die nord-östliche Verbreitungsgrenze der Art darstellt. Die Eizahl schwankt je nach Größe der Rogner zwischen 50.000 und 650.000 Stück. Die abgelegten Eier sind Aktuell ist die Art in Einzelexemplaren in Elbe und nicht klebrig und fallen meist zwischen das Kieslücken- Havel wieder nachweisbar. Bereits 1991 wurde im system am Laichplatz. Manche Eier treiben bei der sächsischen Elbeabschnitt ein Einzeltier gefangen bevorzugten Fließgeschwindigkeit von 1 – 1,5 m/s am (Füllner et al 2005). Im Jahr 1996 wurde der erste Laichplatz auch mit der Strömung ab und können so

Heringe Fang eines Maifisches für Sachsen-Anhalt in der Elbe bis zu 30 km weit verdriftet werden. Die Inkubations-

54 Maifisch (Alosa alosa) dauer liegt je nach Wassertemperatur bei 4 – 8 Tagen. ­gewesen sein. Auch Fricke (2004) geht von einem Nach dem Schlüpfen suchen die etwa 1 cm langen ursprünglich großen Elbbestand aus. Danach erfolgte Larven zunächst strömungsberuhigte Flachwasser­ genau wie beim Stör ein steter Rückgang, so dass der bereiche auf. Mit zunehmender Größe werden auch Maifisch bereits 1881 für das Dömitzer Gebiet (Dun- strömende Bereiche besiedelt. Meist halten sich die cker 1937) und um 1899 für das Magdeburger Gebiet Fische am Rand zu tiefen Kolken und Strömungsrinnen (Kluge 1899) als „ganz selten geworden“ eingestuft auf. Bis zum Herbst wachsen die Jungfische auf 8 – 14 wird. Nach Fricke (2004) ist der historische Rückgang cm Länge ab. In der Elbe sollen die jungen Maifische der Maifischbestände auf die Kombination von Fluss- Ende Juli etwa 4 cm Länge erreicht haben und bis ausbau, Gewässerverschmutzung und intensiver Oktober dann 8 – 12 cm (Fricke 2004). In diesem Grö- ­Küstenfischerei zurückzuführen. ßenstadium bewegen sich die Jungfische zunehmend flussabwärts bis in den Mündungsbereich, wo sie sich Jahrzehntelang galt das Vorkommen des Elbmaifisches allmählich an den steigenden Salzgehalt adaptieren. als erloschen. Nach den belegten Einzelfunden in der Im Wachstum zurück gebliebene Jungfische können Elbe und Havel seit Anfang der 1990er Jahre schätzte auch im Süßwasser überwintern und erst im zweiten Fricke (2004) die Bestandssituation genau wie im Jahr ins Meer wandern. Die Nahrung im Meer setzt Rhein als „beginnende Wiederbesiedlung“ ein. Als sich überwiegend aus pelagischen oder halbpelagi- Quelle für die Wiederbesiedlung werden Irrläufer aus schen Krebstieren zusammen. Die Fress- und Wachs- anderen europäischen Beständen vermutet. Verwiesen tumsphase im Meer bis zum Erreichen der Ge- werden soll aber auch auf die Artgruppenthese, wo- schlechtsreife dauert 3 – 10 Jahre. In französischen nach Maifisch und Finte vermutlich nur zwei unter- Flüssen werden die meisten Weibchen im Alter von schiedliche Lebensraum- und Vermehrungsstrategien 5 – 6 Jahren und die meisten Männchen mit 4 – 5 Jahren ein und derselben Art darstellen (Fricke 2004, siehe laichreif. Die Weibchen wachsen dabei schneller als auch Artbeschreibung Finte). die Männchen und sind deshalb beim ersten Laichauf- stieg signifikant größer und schwerer. Schutzmaßnahmen Die Unterscheidung zwischen Maifisch und Finte ist schwierig, da sich einzelne meristische Merkmale Der Rückgang der Maifischbestände in den großen überlappen und mitunter auch vermehrungsfähige deutschen Flüssen hat bereits 1874 den Deutschen Bastarde vorkommen können. Am besten sind zur Fischereiverein dazu veranlasst, Versuche zur künstli- Artdiagnose die Kiemenreusendornenzahlen verwend- chen Erbrütung dieses Fisches durchzuführen. Prakti- bar, da der Maifisch gewöhnlich 70 – 155 lange Kiemen- sche Erfolge wurden allerdings nicht erzielt, weil die reusendornen aufweist und die Finte dagegen nur erzeugten Brutmengen zu gering waren. Einer mögli- 35 – 60 deutlich kürzere. Zur Problematik der Unter- chen Wiedereinbürgerung mit Besatzfischen aus an- scheidung der Merkmale siehe auch bei Artbeschrei- deren Flüssen stehen heute aber die wenigen Einzel- bung Finte. funde gegenüber. Solange die Möglichkeit einer selbstständigen Wiederbesiedlung bzw. Erholung der Bestände besteht, sollte man auf Besatzmaßnahmen Gefährdungen mit fremdem Besatzmaterial verzichten. Stattdessen sollten die Umwelt- und Lebensbedingungen für die Die Ausrottung des Maifisches in der Mittelelbe verlief Art soweit verbessert werden, dass sie sich selbststän- analog zum Stör und ging mit den forcierten Strom- dig etablieren kann. Abgesehen von der Wassergüte ausbaumaßnahmen nach 1870 rasend schnell, weil bestehen auch heute noch alle Gefährdungsfaktoren, die Laichplätze verschwanden. Die Schuldfrage der die bereits früher zum Verschwinden der Art in der Fischerei wird allerdings beim Maifisch nicht diskutiert. Elbe geführt haben. Von eminenter Bedeutung ist vor Sie erübrigt sich auch schon durch die Tatsache, dass allem die Passierbarkeit der Staustufe Geesthacht für sein naher Verwandter, die Finte, welche den Vorteil den Maifisch. hat, nicht in die Mittelläufe zum Laichen einwandern zu müssen, heute noch einer der häufigsten Fische im Die Fischereiordnung des Landes Sachsen-Anhalt stellt Elbmündungsgebiet ist. Nach Albrecht (1960) sollen den Maifisch ganzjährig unter Schutz. In der FFH-RL Maifische bis etwa 1870 in der Elbe relativ häufig ist die Art in den Anhängen II und V aufgelistet. Heringe

55 Maifisch (Alosa alosa) Heringe

56 Finte (Alosa fallax)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt zum Laichen aufgestiegen sein. Mit Zunahme von Stromregulierung, Schiffsverkehr und Abwasserlast Es gibt kaum einen einheimischen Fisch, über dessen sowie abnehmenden Wasserständen verschoben sich ursprüngliche Verbreitung in Sachsen-Anhalt so viele die Laichgebiete, ähnlich wie beim Schnäpel, immer Unklarheiten bestehen, wie bei der Finte. Die Gründe weiter stromabwärts. hierfür sind z. T. schon beim Maifisch genannt, da beide Arten einander sehr ähneln und früher unter dem gleichen Namen zum Verkauf gelangten. Zudem Biotopansprüche/Lebensweise liegen die historischen Fangangaben schon viele Jahr- zehnte zurück und können heute nicht mehr durch Die Finte ist wie der Maifisch ein anadromer Wanderer Belegexemplare, wie sie z. B. das Kulturhistorische zwischen küstennahen Meeresgebieten und dem Museum der Landeshauptstadt Magdeburg vor seiner heimatlichen Geburtsfluss. Allerdings erfolgt die Zerstörung im Krieg besaß, bezeugt werden. Tatsache Wanderung zwischen Fluss und Meer bei der Finte ist, dass die Finte im Gegensatz zum Maifisch gewöhn- nicht nur zum Zwecke der Laichablage der adulten lich nicht sehr weit über den Gezeitenbereich hinaus Fische, sondern auch die juvenilen Exemplare wandern in die Flüsse zum Laichen einwandert. Auch ist die die ersten Lebensjahre bis zum Erreichen der Laichrei- Elbpopulation anders als beim Maifisch nicht ausge- fe regelmäßig zwischen beiden Lebensräumen hin und storben gewesen und die Art im Mündungsbereich her. Dabei dient das Meer als Überwinterungshabitat der Elbe nach wie vor weit verbreitet. In den Hamen- und der Mündungsbereich des Geburtsflusses als fängen der Berufsfischer ist die Finte im tidebeein- Fresshabitat während des Sommerhalbjahres. In der flussten Elbbereich heute nach dem Stint die zweit- Regel verlassen die Fische im Herbst spätestens beim häufigste Art. Schenkt man den historischen Artikeln Absinken der Wassertemperatur auf Werte um 9 °C fachkundiger Autoren, wie z. B. Kluge (1898, 1899, 1900, den Fluss und wandern dann im Frühjahr beim Anstieg 1928) Glauben, dann müssen Finten zumindest in auf 10 – 12 °C wieder in das Ästuar ein. Die Laichreife wasserreichen Jahren bis in den Raum Magdeburg erreichen die meisten Finten im Alter von 2+, also zum

Finte (Alosa fallax) Heringe

57 Finte (Alosa fallax)

Beginn des dritten Lebensjahres. Die Laichplätze liegen Eiszeiten entstanden. Als marine Form, der die sandig- gewöhnlich an der oberen Grenze des Einwirkungs­ schlammigen Substrate im Flussunterlauf als Laich- bereichs der Gezeiten im reinen Süßwasser über gebiet ausreichten, überdauerten sie die Kaltzeiten. schlammigem bis sandigem Grund. Von kleineren In den nachfolgenden Warmzeiten eroberten daraus Küstenflüssen ist auch ein Ablaichen über Kiesgrund hervorgehende Langdistanzwanderformen und stati- bekannt (Kottelat & Freyhof 2007). Die Hauptlaich- onäre Binnenformen die Flussoberläufe zurück. Diese gebiete der Elbpopulation lagen bis Anfang der 1990er These würde auch erklären, weshalb Jungfische von Jahre im Bereich der Lühe-, Stör-, Pinnau- und Krück- Maifisch und Finte sich hinsichtlich vieler meristischer aumündung (Diercking & Wehrmann 1991). Mit zu- Merkmale, wie z. B. Zahl der Kiemenreusendornen, nehmend verbesserter Wasserqualität in den Nach- Schuppenzahl in der Seitenlinie, kaum unterscheiden wendejahren verlagerten dann die Elbfinten ihre bzw. die Merkmale sehr variabel sind und bei beiden Laichgebiete wieder beständig elbaufwärts bis zur Arten mit dem Körperwachstum zunehmen. Grenze der Tidenwirkung. Die Laichzeit erstreckt sich von Mai bis Mitte Juni bei Wassertemperaturen um 20 °C. Die Laicher sind 25 – 40 cm lang und haben eine Gefährdungen Eizahl von 80.000 – 200.000. Finten sind wie Maifische Portionslaicher, d.h. das Laichen erfolgt in mehreren, Die Ursachen für das Verschwinden der Finte in der zeitlich versetzten Schüben während der Nacht. Die unteren Mittelelbe waren die gleichen wie bei den farblosen, nicht klebrigen Eier schweben über dem anderen Wanderfischarten, also Wegfall der Laichplät- Grund und treiben mit der Strömung bis zu 30 km ze infolge von Stromausbau und Abwasserbelastung. abwärts. Die ca. 5 – 6 mm lange Brut schlüpft nach 3 – 5 Fricke (2004) nennt, ähnlich wie beim Maifisch, als Tagen. Bis zum Herbst erreichen die Jungfische im Grund für die historischen Rückgänge der europäi- Süßwasser etwa 7 – 8 cm und wandern mit zunehmen- schen Populationen insbesondere eine Kombination der Größe immer weiter Richtung Meer zum Überwin- aus Flussausbau, Gewässerverschmutzung und Über- tern. Während der Fressphasen im Ästuar halten sich fischung in küstennahen Meeresgebieten. Daneben die Jungfinten pelagisch in Wasserkörpern gleichen werden die ins Meer abwandernden Jung- und Altfi- Salzgehalts auf. Sie driften so praktisch mit den Gezei- sche durch Rechenanlagen von Kühlwasserentnahme- ten auf und ab und ernähren sich hauptsächlich von stellen an Kohle- und Kernkraftwerken sowie in den Planktonkrebsen. Auch die Adulten leben während der Turbinen und Rechenanlagen von Wasserkraftwerken Fressphase im Meer von pelagischen Crustaceen. Wäh- getötet. In der Unterelbe schädigt der Wellenschlag rend der Laichwanderung nehmen sie wie die Maifische von Großschiffen die Jungfische sowohl direkt als auch gewöhnlich keine Nahrung auf und kehren unmittelbar deren Lebensräume. Durch die Verfüllung eines Teils nach dem Laichen ins Ästuar bzw. Meer zurück. Wegen des Mühlenberger Loches und durch Elbvertiefungen der relativ kurzen Laichwanderung können Finten 3 – 5 gehen Lebensräume für Finten und andere Ästuararten Jahre lang am Laichgeschäft teilnehmen. Die meisten verloren. Ob eine Wiederbesiedlung der Mittelelbe im Tiere werden nicht älter als 7 – 8 Jahre. Land Sachsen-Anhalt, ähnlich wie beim Stint, möglich ist, wird die Zukunft zeigen. Zur Populationsstruktur und zum Verwandtschafts- grad von Maifisch und Finte findet sich bei Fricke (2004) eine These, die auf neueren genetischen Un- Schutzmaßnahmen tersuchungen französischer und portugisischer Wis- senschaftler beruht (Alexandrino & Boisneau 2000, Schutzmaßnahmen sind im Land Sachsen-Anhalt nicht zitiert in Fricke 2004). Danach konnten bei verglei- realisierbar, da die autochthonen Bestände zurzeit aus chenden proteinelektrophoretischen Untersuchungen verschiedenen Gründen nicht mehr über die Gezei- keine signifikanten Unterschiede zwischen Maifisch tengrenze hinaus in die Elbe aufsteigen. Nach Fricke und Finte gefunden werden. Deshalb bilden Maifisch (2004) sind besonders die Lebensräume und Auf- und Finte vermutlich einen Artkomplex und stellen wuchshabitate der Jungfische in der Elbmündung und lediglich nur zwei verschiedene ökologische Formen die Überwinterungshabitate in der Nordsee durch bzw. Vermehrungsstrategien derselben Art dar. Ähn- Schutzgebietsfestlegungen entsprechend der FFH- liche Formenkomplexe gibt es auch bei der Atlanti- Richtlinie zu schützen. schen Forelle, Salmo trutta (Komplex Meerforelle/ Bachforelle/Seeforelle) oder beim Neunauge, Lampe- Die Fischereiordnung des Landes Sachsen Anhalt stellt tra fluviatilis (Komplex Flussneunauge/Bachneunau- die Finte ganzjährig unter Schutz. In der FFH-RL ist die ge). Diese Artkomplexe sind vermutlich während der Art in den Anhängen II und V aufgeführt. Heringe

58 Atlantischer Lachs (Salmo salar)

Atlantischer Lachs (Salmo salar)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Bereits zum Beginn des 17. Jahrhunderts verschwan- den hier die ­Lachse und die Mönche legten Teiche Der Atlantische Lachs ist ein Fisch, der in der Öffent- an, um Fische für die Fastenzeiten zur Verfügung lichkeit einen ähnlichen Bekanntheitsgrad besitzt wie zu haben. z. B. Aal oder Hecht. Trotzdem gibt es in Sachsen-Anhalt bislang nur wenige Fischer und Angler, die diesen Fisch An der Mittelelbe und ihren großen Nebenflüssen bei uns gefangen haben. In diesen seltenen Fällen bildete der Lachsfang aber noch bis Ende des 19. Jahr- handelte es sich dann meist um Fische, die aus dem hunderts eine der Haupteinnahmequellen der Fluss- sächsischen Wiedereinbürgerungsprogramm stamm- fischer (Kluge 1900, Bauch 1958). Es waren dies alles ten und die Elbe in unserem Bundesland auf dem Weg ­Lachse, die in die Oberlaufbereiche und Zuflüsse von zu ihren Laichgründen durchwanderten. Der groß- Saale, Mulde, Schwarzer Elster, Moldau, Wottawa und wüchsige Elblachs vergangener Jahrhunderte ist in Wilden Adler aufstiegen. Allein an der mittleren Elbe den 1930er Jahren restlos ausgerottet worden. Die gab es mindestens 8 Fischerinnungen mit über 200 Wiedereinbürgerung mit ­Lachsen aus südschwedi- Fischern, die gemeinschaftlich den Fang von Wander- schen Beständen, wie ihn die Sachsen seit 1995 betrei- fischen (in erster Linie Lachs und Schnäpel) mit dem ben, ist daher die einzige Möglichkeit, diesen Fisch bei großen Stromgarn betrieben. Dieses Netz von uns wieder heimisch zu machen. 100 – 120 m Länge und 5 m Tiefe konnte nur gemein- schaftlich gefischt werden. Die Tatsache, dass es eine Die Ausrottung der Lachsbestände einzelner Laich- Maschenweite von 4 cm aufwies und man somit be- flüsse in unserem Gebiet begann schon im Mittelalter wusst auf den Fang aller kleinen Fische verzichtete, und liegt teilweise so lange zurück, dass nicht einmal zeigt, wie gut die Fangerträge der Fischer gewesen mehr historische Aufzeichnungen über frühere Vor- sein müssen. Während die Bevölkerung im Harz selbst kommen existieren. Zuerst waren Flüsse des Harzran- Elritzen und Schmerlen nutzte, wurde an der Elbe des und Harzvorlandes betroffen, da hier sehr frühe solchen Arten wie Zope, Gründling, Hasel, Kaulbarsch, menschliche Siedlungsgebiete lagen und bereits im Ukelei und sogar Barbe nur wenig fischereiliches In- 16. und 17. Jahrhundert so hohe Mühlwehre angelegt teresse entgegengebracht (Kluge 1900). Die letzten wurden, dass die ­Lachse diese nicht mehr überwinden großen Lachsfänge an der Mittelelbe erfolgten 1870 konnten. Nur wenig später traten durch den Bergbau und 1871. In diesen Jahren fingen die Fischer der Mag- und die Entwicklung des Hüttenwesens auch schon deburger Innung, die eigentlich keinen geeigneten erste Abwasserschäden in den Harzflüssen auf. Das Lachsfangplatz innehatte, je ca. 200 ­Lachse mit einem Verschwinden des ­Lachses aus dem Einzugsgebiet der Durchschnittsstückgewicht von 10 kg (Kluge 1900). Bode bereits im Mittelalter ist heute nicht einmal Als bestes Lachsjahr ist für Magdeburg 1747 überliefert, mehr dokumentiert. Von der Ilse weiß man nur, dass als die Fischer der Innung einen Fang von 547 ­Lachsen die Mönche des Klosters Ilsenburg bis zum 17. Jahr- mit 97 Zentnern Gesamtgewicht einbrachten. Bessere

hundert einen Lachsfang bei Veckenstedt betrieben. Lachsfänge gelangen in der Regel den Fischerinnungen Lachsartige

59 Atlantischer Lachs (Salmo salar)

oberhalb Magdeburgs, welche gute Lachsfangstellen gerten, mehr als zweimal in der Woche Lachs zu essen“. („Lachszüge“) besaßen, sowie in den großen Neben- Schenkt man diesen Berichten Glauben, dann müssen flüssen. So wird in den Jahresberichten des „Fischerei- sie an der Elbe mindestens 160 bzw. noch mehr Jahre vereins der Provinz Sachsen und des Herzogtums zurückliegen. Bauch (1957) schätzte den Jahresdurch- Anhalt“ berichtete, dass allein die Fischer der Innung schnittsertrag an Elblachsen im Gebiet der heutigen Mühlberg bis Mitte des vorvorigen Jahrhunderts in Bundesländer Sachsen-Anhalt und Sachsen anhand sehr guten Jahren über 1000 ­Lachse fingen. Der Rück- verfügbarer Fangdaten zu Anfang des 20. Jahrhun- gang des Lachsbestandes setzte wie bei den anderen derts, also nachdem die Elbe bereits zu einer schiffba- ausgestorbenen Langdistanzwanderfischarten der ren Wasserstraße ausgebaut war, auf rund 1500 Stück/ Elbe bereits nach 1872 ein. Da die Laichgebiete des Jahr (entspricht 11.000 kg). Dazu kamen noch einmal ­Lachses nicht im eigentlichen Elbstrom lagen, sondern Fänge von 2000 – 3000 ­Lachsen aus der Unterelbe und vorwiegend in böhmischen, sächsischen und thürin- vielleicht 1000 – 1500 ­Lachsen aus tschechischen Elb- gischen Nebenflüssen, erfolgte er jedoch nicht so zuflüssen. Trotz dieser recht überschaubaren Zahlen ­radikal wie bei Maifisch und Stör. muss der finanzielle Erlös der Lachsfischerei an der Elbe für die Fischer von enormer Bedeutung für die Obwohl später die Lachsfänge in der Elbe um die Existenzsicherung gewesen sein. So berichtet Kluge Jahrhundertwende in einzelnen Quellen immer noch (1900) von nahezu unglaublichen 8 Mark pro Pfund, als „gut“ bezeichnet werden, beklagten z. B. die Fischer die im Monat Mai in Böhmen für die sogenannten der Mühlberger Innung den Rückgang der Lachs­ Veilchenlachse (wegen ihres bläulich schimmernden erträge um das Jahr 1900 auf nur noch durchschnitt- Rückens) gezahlt wurden. lich 200 Stück pro Jahr, also einem Bruchteil früherer Jahre. Auch Kluge (1900) gibt für das Jahr 1900 nur Bis 1997 waren Lachsfänge nur sehr vereinzelt in der noch Fänge von etwa 20 Stück/Jahr für die Magde- Elbe und in der Havel durch die Berufsfischerei zu burger Innung an. Die wichtigsten Fangplätze für den verzeichnen. Seit der Wassergüteverbesserung, der aufsteigenden Lachs befanden sich am Anfang des Nachrüstung des Wehres Geesthacht mit neuen Fisch- 20. Jahrhunderts im Land Sachsen-Anhalt fast aus- pässen und dem Beginn der Wiederbesiedlungspro- schließlich unterhalb einiger Saalewehre (vor allem gramme in Sachsen und Brandenburg tauchen auch bei Calbe und Bernburg). Nach dem Trockenjahr 1904, in Sachsen-Anhalt vor allem in Hamenfängen, aber in welchem noch relativ hohe Lachs­erträge einge- auch bei wissenschaftlichen Untersuchungen wieder bracht wurden, gingen die Fänge sehr stark zurück. aufsteigende große ­Lachse und abwanderne Jungfi- Der bis dahin sehr einträgliche Fang am Saalewehr sche (Smolts) auf. Seit 1998 liegen insgesamt 397 Calbe sank von 1906 bis 1907 von über 400 Stück pro Lachsnachweise für die Elbe in Sachsen-Anhalt vor. Jahr auf nur noch 10 Stück (Bauch 1958). Nach 1912 Davon waren mindestens 30 Exemplare aufsteigende hörte der Lachsfang in der deutschen Elbe und ihren Laichfische mit einer Länge von bis zu 87 cm und max. Nebenflüssen fast ganz auf. Durch künstliche Erbrü- 6,3 kg Körpermasse. Bemerkenswert ist der Fang eines tung und Besatz wurde versucht, dem Bestandsrück- sehr großen männlichen ­Lachses in der Havel bei Garz gang Einhalt zu gebieten. Zwischen 1925 und 1933 im Februar 2010 durch den Fischereibetrieb Wilfried hatte sich der Oberelbebestand dann so weit erholt, Schulz. Das Tier maß 1,15 m und wog 11,5 kg. dass in Sachsen an den wenigen vom Stromausbau verschonten Fangplätzen nochmals größere Erträge Der Nachweis von ­Lachsen in der Oker bei Wülperode eingebracht werden konnten. Hiervon profitierten beruht auf Besatzmaßnahmen in Niedersachsen. auch die Flussfischer in Sachsen-Anhalt, die im Jahr 1925 insgesamt 285 ­Lachse fingen (Kisker 1926). Letzt- malig wurden dann 1931/32 nennenswerte Lachsfän- Biotopansprüche/Lebensweise ge in der Elbe erzielt. In der Saale und in den übrigen deutschen Nebenflüssen der Elbe ist nach 1925 kein Der Lachs ist ein anadromer Wanderfisch, welcher den erneuter Lachsaufstieg mehr beobachtet worden größten Teil seines Lebens im Meer zubringt und aus- (Kisker 1934). schließlich zur Fortpflanzung in seine Laichgewässer zieht. In Sachsen-Anhalt waren das ursprünglich nur Der Elblachs ist seit alters her fischereilich genutzt die Flüsse, die am Rand des Harzes einen ausgeprägten worden. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mussten Übergangsbereich von der Äschen- in die Forellenre- die Fische aus verkehrstechnischen Gründen an Ort gion aufwiesen, also vom Elbeeinzugsgebiet die Bode und Stelle verkauft werden. Dadurch ergaben sich bei mit Zuflüssen und die Wipper sowie vom kleinen Stück großen Fangerträgen oftmals Absatzschwierigkeiten. unseres Wesereinzugsgebietes die Ilse und die Oker. In vielen Städten Deutschlands erzählt man heute Alle anderen größeren sachsen-anhaltischen Flüsse, noch immer wieder die bekannten Geschichten aus in denen früher ­Lachse gefangen werden konnten,

Lachsartige der „guten alten Zeit, in der sich die Dienstboten wei- waren nur Wanderrouten, die der Elblachs beim

60 Atlantischer Lachs (Salmo salar)

­Aufstieg in seine Laichgewässer durchschwamm. Zuflüsse. Als Beginn des Laichgeschäfts wurde in Böh- Die wichtigsten Laichgebiete der Elblachspopula- men die Zeit um den 22. Oktober angegeben. Seinen tion ­befanden sich in den oberen Elbenebenflüssen Höhepunkt erreichte es in der zweiten Hälfte des in Böhmen, im sächsischen Muldeeinzugsgebiet, dem Monats November. Die Zahl der 5 – 6 mm großen Eier Oberlauf der Schwarzen Elster sowie dem thürin­ soll beim Elblachs 10.000 – 40.000 Stück je Rogner gischen Saalegebiet. betragen haben. Die Larven schlüpften nach einer extrem langen Inkubationsperiode (120 – 200 Tage) Der Laichaufstieg in den Mittel- und Oberlauf der Elbe von April bis Mai. Bis zur Aufzehrung des großen Dot- vollzog sich ehemals in vier großen Zügen. Je nach tersackes lag die Brut dann noch unbeholfen ca. 4 – 6 ihrem Eintreffen an den einzelnen Fangplätzen im Wochen zwischen den Steinen der Laichgrube. Elbverlauf erhielten diese Lachsschwärme von der Fischerbevölkerung die verschiedensten Bezeichnun- Danach suchte die Lachsbrut („Parr“) strömungsberu- gen. Der Aufstieg der ersten Lachsschwärme begann higte Zonen auf und ernährte sich von wirbellosen an der Elbmündung bereits im Januar. In Magdeburg Kleintieren. Mit zunehmender Größe besiedelten dann traf dieser 1. Zug in milden Wintern mitunter bereits die Junglachse die typischen Standplätze z. B. hinter Anfang Februar ein; bei kalter Witterung auch erst im Steinen auf den Rauschen. Die Masse der Junglachse März oder April. Bei diesen Fischen handelte es sich soll sich im Einzugsgebiet der Elbe nur einen Sommer fast ausschließlich um große, blanke Weibchen (in im Geburtsfluss aufgehalten haben. Sie zogen sich im Magdeburg „Silberlachs“ genannt) von etwa 20 Pfund Winter in tiefe Strudellöcher des Heimatflusses zurück Gewicht (Kluge 1900). Die wenigen mit aufsteigenden und wanderten dann mit dem nächsten Frühjahrshoch- Männchen waren am leicht gekrümmten Unterkiefer wasser in das Mündungsgebiet des Stromes ab. Die („Haken“) gut erkennbar. Bei diesem 1. Zug handelte Junglachse wurden früher an einzelnen Elbzuflüssen es sich wahrscheinlich um dieselben Fische, die im Mai massenhaft gefangen. Sie ähnelten äußerlich stark in Böhmen an der Moldau auftauchten („Veilchenlach- den Bachforellen und wurden als „Königsforellen“ auf se“) und die o. g. hohen Preise erzielten. den Markt gebracht. Im Gegensatz zu Forellen haben jedoch die Junglachse keinen roten Fleck auf der Fett- Der 2. Zug traf in der Mittelelbe von Mai bis Juni ein flosse und die wenigen roten Punkte des Körpers (in Magdeburg „Mailachse“ genannt). Es waren fast weisen keine helle Umrandung auf. Charakteristisch durchweg kleinere Fische von durchschnittlich 10 sind auch die größeren Brustflossen. Pfund Gewicht. Sie wiesen durch die beginnende Laichfärbung ein buntes Aussehen auf. Es sollen aber, Beim Eintritt in das Meerwasser verloren die ­­Lachse wie auch beim 1. Zug, noch einzelne blanke Fische ihr typisches Jugendkleid und bekamen einen starken dabei gewesen sein. Silberglanz („Smolt“). Im Meer ernährte sich der Lachs als pelagischer Raubfisch hauptsächlich von Schwarm- Der 3. Zug wurde von unseren Fischern an der Mittelel- fischen (v. a. Hering) und Krebstieren. Das Wachstum be meist nicht bemerkt. Hierbei handelte es sich um war enorm, so dass bereits nach einem Jahr 1,5 – 3,5 kg sehr bunt gefärbte, kleine Männchen (englisch: (50 – 65 cm), im zweiten Jahr 4 – 8 kg (70 – 90 cm) und ­„Grilse“, an der Elbe: „Bartholomäuslachse“), die Ende im dritten Jahr 8 – 15 kg (90 – 110 cm) Gewicht erreicht August vor allem in Böhmen auftauchten und dann wurden. Die Rückwanderung der Laicher erfolgte nach befischt wurden. Das Durchschnittsgewicht der Bar- ein- bis vierjährigem Meeresaufenthalt. Der überwie- tholomäuslachse lag bei 3 – 4 Pfund. gende Teil der Elblachse unternahm in seinem Leben nur eine Laichwanderung. Höchstens 5 – 10 % erlebten Der 4. Lachszug tauchte von Ende August bis Oktober eine zweite und vielleicht 1 % eine dritte Fortpflan- in den Fängen der Fischer auf. Es handelte sich hierbei zungsperiode. wiederum um große Fische von 20 Pfund Gewicht, die prall mit Rogen gefüllt waren (in Magdeburg: „Voll- lachs“) und ein buntes Hochzeitskleid mit vielen roten Gefährdungen Punkten aufwiesen. Verschiedentlich wurde vermutet, dass es sich hierbei nicht um Neuaufsteiger handelte, In den potentiellen Laichgebieten der Elblachspopu- sondern um Fische, die während des Sommers in tiefen lation, den großen Zuflüssen des Mittel- und Ober- Kolken gestanden hatten und ausgelöst durch die laufes in Böhmen, Sachsen und Thüringen, zeichnete Wasserabkühlung dann weiter zogen und dabei ge- sich schon lange vor 1900 eine rückläufige Be- fangen wurden. standsentwicklung ab. Die Ursachen hierfür waren der vermehrte Bau von Wehren und Schleusen, die Nach dem Ausreifen der Geschlechtsprodukte begaben den Laichaufstieg verhinderten. So ist die Havel ober- sich die Elblachse aus ihren Sommerlagern zu den halb Brandenburgs bereits im 10. Jahrhundert infolge

Laichplätzen im Oberlauf der Elbe sowie der großen der Anlage des Brandenburger Mühlenwehres als Lachsartige

61 Atlantischer Lachs (Salmo salar)

Laichfluss ausgefallen (Bauch 1958). Unterhalb von aufsteigenden Tiere erschienen ab Mai vor den Saale- Rathenow fing man noch bis zur Mitte des 19. Jahr- wehren und gingen dann später in großer Zahl an hunderts ­­Lachse (von dem Borne 1882). Sauerstoffmangel zugrunde, bevor sie im Herbst ihren Laich ablegen konnten. Von den Gegnern des Es wird immer wieder vom großen Springvermögen Berufsfischerstandes wird heute immer die große der ­­Lachse berichtet. Gewöhnlich werden jedoch beim Zahl der 1904 vor dem Saalewehr in Calbe gefangenen Atlantischen Lachs nur Sprünge von 0,8 – 0,9 m Höhe ­­Lachse als Argument für die Ausrottung ins Feld beobachtet. Seine maximalen Sprungleistungen sollen geführt. Doch diese Fische, die bei normalen Wasser- bei 1,7 m liegen. Selbst große Fische von 10 – 15 kg güteverhältnissen allesamt abgestrichen und zur können 1,5 m hohe Wehrkronen im Allgemeinen nicht künstlichen Vermehrung im Lachsbruthaus Calbe mehr bezwingen. Vor allem ab Mitte des 19. Jahrhun- verwendet worden wären, erstickten bereits vor dem derts hat man zahlreiche neue und höhere Wehre Erreichen der Geschlechtsreife im sauerstoffarmen gebaut, da die neu aufkommenden Turbinen zur Saalewasser. Der Saalelachsbestand hat sich in der Stromgewinnung höhere Staustufen verlangten als Folgezeit von diesem vernichtenden Schlag des bisher. Nur bei außerordentlich hohen Wasserständen Jahres 1904 nicht mehr erholen können. Obwohl gelang es dann den ­­Lachsen noch, in größerer Zahl die nachweislich jeder größere Elbezufluss seinen eige- Wehre zu übersteigen. Einige Flüsse fielen nach sol- nen Lachsbestand hatte, traten aber immer wieder chen Wehrneubauten vollständig aus, wie z. B. ab 1852 Irrläufer auf (2 – 7 %), die bei erloschenen Popula­tionen die Schwarze Elster. Der wichtigste mitteldeutsche in einzelnen Zuflüssen der Elbe neue Bestände hätten Lachsfluss ist die Mulde gewesen. Hier wurden bis 1865 begründen können. Da aber die Bestandssituation der in guten Jahren mehrere tausend ­­Lachse gefangen. Elblachspopulation stetig schlechter wurde, trat dieser Für den Lachsfang in Dessau ist als bestes Jahr 1642 Umstand nicht ein. aktenkundig belegt, als allein am dortigen Fischwehr 4905 ­­Lachse gefangen werden konnten. Das Ende der Die Laichplätze des bis dahin noch verbliebenen Restes Lachsfänge trat hier zwischen 1868 und 1873 ein, weil der Elblachspopulation lagen vor allem in Böhmen, in die aufsteigenden Fische die erhöhten Wehre bei der Moldau, Wottawa und der Wilden Adler. Diese Dessau und Raguhn nicht mehr überwinden konnten. Bestände erlitten 1900 durch den Bau des Moldau- Allein im Gebiet der Mulde und ihrer Nebenflüsse wehres in Klecany (3,1 m Stauhöhe) und 1902 durch existierten bereits Ende des 19. Jahrhunderts mindes- das Elbwehr bei Dolni-Bercowice (2,7 m Stauhöhe) tens 409 Staubauwerke, von denen 95 eine Höhe von schweren Schaden. Die Aufrechterhaltung dieser Be- 2 m und mehr aufwiesen (Nitsche 1893). stände gelang vor allem durch Abstreichen der Laicher nach dem Fang und künstliche Erbrütung der Eier in Nachdem der Ausbau der Elbe zur Wasserstraße er- Böhmen. Nach dem ersten Weltkrieg hatten sich ein- folgt war, wurden etwa ab 1900 auch in den großen zelne böhmische Bestände soweit erholt, dass zwi- Nebenflüssen zunehmend Regulierungs- und Ufer- schen 1925 und 1932 noch einmal größere Schwärme befestigungsmaßnahmen ausgeführt, die den Lachs- stromauf wanderten und zum Ablaichen kamen. bestand nachhaltig beeinträchtigten. Verheerend Diese letzten Laichplätze wurden ihnen jedoch im wirkte sich zudem im letzten mitteldeutschen Lachs- Jahre 1935 durch die Fertigstellung des untersten fluss, der Saale, die stetig zunehmende Wasser­ tschechischen Elbwehres am Schreckenstein (7 m verschmutzung ab etwa 1900 aus. Neben dem Stauhöhe) genommen. Eine Wiederbesiedlung der Durchbruch des Wassers des Salzigen Sees in den Elbe durch Irrläufer aus benachbarten Flusssystemen Schlüsselstollen, was zu einer katastrophalen Salz- fand nicht mehr statt, da auch die Verschmutzung der belastung der Saale führte, verursachten vor allem Unterelbe gravierende Ausmaße angenommen hatte. ungeklärte Industrie- und Fäkalabwässer den Zusam- Schon im Trockenjahr 1911 traten auch im Hamburger menbruch des Saalelachsbestandes. Ausreichende Elbegebiet große Fischsterben auf, bei denen neben Kläranlagen gab es damals nicht; zum großen Teil vielen anderen Fischen auch zahlreiche ­­Lachse umge- wurden die Schmutzstoffe nicht einmal mechanisch kommen sind oder, wie in Calbe 1904, sterbend von gereinigt. Abwasserschlamm sammelte sich überall den Fischern aufgelesen wurden. in Buchten und vor den Wehren an und verunreinig- te die Laichbänke. Seit 1900 führten vor allem die Abwässer der Zuckerfabriken in der unteren Saale Schutzmaßnahmen dazu, dass nicht mal mehr eine Hälterung der für die künstliche Erbrütung durch die Mitglieder des An- Um den enormen Ertragseinbußen der Flussfischer haltinischen Fischereivereins vor dem Saalewehr entgegenzuwirken, wurde in Böhmen bereits im Jah- Calbe gefangenen ­­Lachse möglich war. In Niedrig- re 1869 mit der künstlichen Erbrütung von ­­Lachsen wasserzeiten, wie im Sommer 1904, verschlimmerte begonnen. Die Mitgliedervereine des Deutschen Fi-

Lachsartige sich die Verschmutzungssituation dramatisch. Die schereivereins betrieben fast flächendeckend an allen

62 Atlantischer Lachs (Salmo salar) deutschen Lachsflüssen Brutanstalten, damit dieser sind in Sachsen-Anhalt seit der Wende über 100 Brotfisch der Berufsfischerei erhalten blieb. Der Fische- Querbauwerke passierbar gemacht worden. Das Pro- reiverein des Herzogtums Anhalt und der Provinz blem bilden in der unteren Saale die Wehranlagen der Sachsen unterhielt in Calbe/Saale ein Bruthaus, in dem Bundeswasserstraßenverwaltung. Immerhin sind im jährlich 300.000 – 400.000 Lachsbrütlinge erzeugt Zusammenhang mit der Errichtung von Wasserkraft- wurden. Da bereits zur vorletzten Jahrhundertwende anlagen an den bundeseigenen Wehren durch priva- nicht mehr genug eigene Laichfische zur Verfügung te Investoren einige der Wehre mit Fischpässen standen, mussten zur Aufstockung der Bestände lau- nachgerüstet worden. Diese Wasserkraftanlagen fend steigende Eimengen von der Weser und dem bringen aber leider zugleich auch ein neues Problem, Rhein zugekauft werden, bis auch diese Quellen erlo- da die Möglichkeiten der Ableitung absteigender schen. Die letzten Lachsbrutanstalten des Deutschen Lachssmolte an den Turbinen der Wasserkraftwerke Fischereivereins wurden um 1920 geschlossen. vorbei bei großen Flüssen wie der Saale teure, tech- nische Lösungen erfordern. Nachdem es in neuerer Zeit Sportfischervereinigungen gelungen ist, durch künstliche Aufzucht und Besatz- Ein eigenes Lachs­­einbürgerungsprojekt kann in maßnahmen die Meerforelle in verschiedenen Un- ­Sachsen-Anhalt nur an solchen Flüssen Erfolg bringen, terelbezuflüssen wieder anzusiedeln, versucht man die auch potenziellen Lachslaichplätze aufweisen. Das mittlerweile auch den Lachs wieder einzubürgern. Da sind, wie bereits oben erwähnt, vorwiegend Flüsse des die deutschen Lachsstämme ausgestorben sind, wird Harzrandes, also die Ilse, die Bode mit Zuflüssen ­(Selke, dabei vornehmlich auf schwedisches, irisches oder Holtemme) und die Wipper. Die Zahl bestehender französisches Eimaterial zurückgegriffen. Derartige Probleme, die hier noch zu lösen sind, ist groß. Nicht Lachsprojekte laufen mittlerweile an fast allen deut- nur viele unpassierbare Wehre müssen durchgängig schen Strömen. Von den Elbanliegerländern an der gemacht werden, auch strukturelle Defizite der Ge- Mittelelbe hat sich vor allem das Bundesland Sachsen, wässer sind zu beseitigen. Wenn man das enorme in dem heute die besten Laichflüsse liegen, für die Tempo sieht, mit dem der LHW in den letzten Jahren Wiederansiedlung des ­­Lachses verdient gemacht. Wehre rückbaut oder mit Fischpässen nachrüstet, dann Sachsen-Anhalt fungiert dabei als wichtiges Transit- sind auf lange Sicht wohl mehr die strukturellen De- land für den Lachs. Die Hauptverantwortung unseres fizite der potenziellen Laichflüsse das größere Problem. Bundeslandes liegt also in erster Linie bei der Sicher- Auch die Wassergüte ist in manchen Harzvorlandflüs- stellung der ökologischen Durchgängigkeit der großen sen abschnittsweise noch immer unzureichend. So ist Flüsse. Dazu gehört nicht nur die Nachrüstung beste- die Bode von Staßfurt bis zur Mündung in die Saale hender Wehranlagen mit Fischpässen und der Schutz infolge der starken Salzbelastung durchgängig ver- der abwandernden Smolte vor den Turbinen der ödet. Hier können nur ganz wenige Fischarten leben, Wasserkraftwerke sondern auch eine ausreichende die die extreme Salzfracht tolerieren. Der Weg bis zur Wasserqualität in den Flüssen. Die Fortschritte, die Wiederansiedlung des ­Lachses in seinen einstigen hier in den letzten Jahren gemacht wurden, täuschen Laichflüssen in Sachsen-Anhalt ist in jedem Fall noch leicht über die Zahl der noch bestehenden Probleme lang. Nach einer Studie des IfB erscheinen gegenwär- hinweg. Das gelungene Beispiel des sächsischen Lachs­ tig aufgrund der Gewässergüte und der geringen programms zeigt, dass die Elbe bis hin nach Sachsen Anzahl von Querverbauungen lediglich einzelne Nie- frei passierbar ist und eigentlich die wenigsten Prob- derungssalmonidenflüsse wie Nuthe, Rossel, Jeetze leme bereitet. In Tschechien ist das aber noch nicht mit Dumme und Tangelnscher Bach für die Wiederan- der Fall, hier werden sogar neue Elbstaustufen zur siedlung von Großsalmoniden in Sachsen-Anhalt Verbesserung der Schiffbarkeit geplant. geeignet zu sein. Deshalb erfolgte der erste Wieder- einbürgerungsbesatz mit Junglachsen in unserem Auch die Schwarze Elster ist in Sachsen-Anhalt frei Land 2009 auch in der Nuthe. Ob diese Maßnahme passierbar. Bei der Mulde liegen bereits konkrete erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Im Frühjahr Planungen vor, um die noch bestehenden Querver- 2010 konnten in der Nuthe die ersten abwandernden bauungen, darunter auch das riesige Staubauwerk Smolts in einer Kontrollreuse an der Poleymühle un- des Muldestausees, mit Fischpässen nachzurüsten. weit von Walternienburg nachgewiesen werden. Bei der Saale (oberhalb Merseburg) und einzelnen ihrer Nebenflüsse (z. B. Unstrut, Helme) wurde durch Nach der Fischereiordnung des Landes Sachsen-Anhalt den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Was- sind ­Lachse ganzjährig geschützt. Außerdem sind sie serwirtschaft (LHW) bereits viel erreicht. Insgesamt in der FFH-RL in den Anhängen II und V gelistet. Lachsartige

63 Atlantischer Lachs (Salmo salar) Lachsartige

64 Meerforelle (Salmo trutta)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt ­reproduktive Einheit. Trotzdem erfolgt in diesem Ver- breitungsatlas eine Trennung zwischen Meer­forelle Die bisher übliche Unterscheidung der einheimischen und Bachforelle, um der besonderen Bedeutung der Forellen in 3 Unterarten, nämlich Meerforelle, Bachfo- meerwandernden Forellenbestände gerecht zu werden. relle und Seeforelle, wird aktuell nicht mehr vorge- nommen. Nach Schreiber & Diefenbach (2004) sowie Aus fischereikundlichen Aufzeichnungen aus dem 19. Kottelat & Freyhof (2007) handelt es sich bei den und 20. Jahrhundert ist bekannt, dass im Elbeinzugs- früheren Unterarten lediglich um verschiedene Le- gebiet des Landes Sachsen-Anhalt ursprünglich neben bensstrategien ein und derselben Art Salmo trutta, der ­Lachsen auch Meerforellen vorkamen (Bauch 1957, Atlantischen Forelle. Ihre Unterschiede im äußeren 1958; Kluge 1900, 1928; Jürgens 1939, Pflaumbaum Erscheinungsbild und der Wachstumsleistung beruhen 1961). Obwohl sich beide Arten äußerlich sehr ähnlich vornehmlich auf Anpassungen an unterschiedliche sahen und wegen des erzielbaren Preises unter der Lebensräume und Umweltbedingungen. In intakten Einheitsbezeichnung „Lachs“ verkauft wurden, konn- Flussgebieten sind die Forellenbestände eines Gewäs- ten sie nach Fischerangaben im Habitus sicher vonei- sersystems daher nicht reproduktiv getrennt. Nach nander unterschieden werden. Die Meerforelle war heutigen Erkenntnissen soll die Anzahl der anadromen dabei in Sachsen-Anhalt früher offensichtlich viel Wanderer, also der ins Meer wandernden Fische des seltener als der Lachs. Während der Lachs in den großen Forellenbestandes eines Flusses, vor allem mit ab­ Elbenebenflüssen bis in die Mittelgebirgslagen auf- nehmender Entfernung des Laichflusses zum Meer stieg, um auf groben Kies- und Schotterbänken zu zunehmen. Weiterhin wird der Anteil der anadromen laichen, soll sich die Meerforelle vornehmlich in den Wanderer auch von der Bestandsdichte und den kleineren Nebenflüssen und -bächen der mittleren ­Habitatverhältnissen (z. B. Anzahl der Unterstände, Elbe vermehrt haben. Hierbei ist allerdings zu beach- Nahrungsbedingungen) in den Laichbächen beein- ten, dass zum Zeitpunkt der oben genannten histori- flusst, d. h. bei weniger geeigneten Bedingungen neigt schen Quellen die meisten Harz- bzw. Harzvorland- ein höherer Prozentsatz der Forellen zur Abwärts­ flüsse bereits durch unüberwindbare Wehranlagen wanderung ins Meer als umgekehrt. Aufgrund dieser vom Hauptstrom abgetrennt waren. Näheres über die Zusammenhänge wird verständlich, warum in vielen ursprünglichen Laichflüsse im Mittelelbegebiet ist Stromsystemen in den letzten 10 bis 20 Jahren nach nicht bekannt. Es kann aber davon ausgegangen wer- Verbesserung der Wassergüte und der Beseitigung den, dass dies alle Flüsse waren, die früher gute Bach- von Wanderhindernissen plötzlich wieder Meerforel- forellenbestände aufwiesen oder heute auch noch len aufgetaucht sind. Es handelt sich hierbei um Fische haben (z. B. Jeetze-Dumme, Tanger, Nuthe, Rossel, vorher isolierter Bachforellenbestände, denen nun- Grieboer Bach, Wipper). Auch bereits lange Zeit nach mehr wieder die Möglichkeit zum Langstrecken­ dem endgültigen Zusammenbruch des Elblachs­ wandern gegeben wurde. Die stationären Bachforellen bestandes konnten trotz zunehmender Abwasserlast dieses Flusses und die weitwandernden Meerforellen, immer noch vereinzelt bis in die fünfziger Jahre hinein die zum Laichen in diesen Fluss zurückkehren, gehö- Meerforellen in der Elbe gefangen werden (Bauch ren somit zum gleichen Bestand und bilden eine 1958), weil die kleinen, elbnahen Laichbäche der

Meerforelle (Salmo trutta) Lachsartige

65 Meerforelle (Salmo trutta)

­Meerforellen noch nicht so verschmutzt und verbaut auf und nutzen das gleiche Nahrungsspektrum wie waren wie die großen Lachsflüsse (Saale, Mulde, die Bachforellen. Mit 10 – 25 cm Länge wandern sie Schwarze Elster). Das endgültige Aus für die Art in der meist im Frühjahr oder Herbst ins Meer ab. Die Rück- Mittel­elbe wurde dann durch den Bau der Staustufe wanderung der abgelaichten Alttiere erfolgt meist Geesthacht sowie mit zunehmender Verschmutzung unmittelbar im Anschluss an die Eiablage. Die Laich- und Ver­bauung ihrer Laichbäche besiegelt. reife wird gewöhnlich nach 2 – 3 jährigem Aufenthalt im Meer erreicht. Seit der Wassergüteverbesserung und der Nachrüs- tung des Wehres Geesthacht mit neuen Fischpässen tauchen vor allem in den Hamenfängen der Elb­ Gefährdungen fischer neben Lachssmolten aus dem sächsischen Wiederbesiedlungsprogramm auch immer wieder Die Ursachen für das Verschwinden der meerwandern- Meerforellensmolte auf. Vereinzelt konnten auch den Forellen im Mittelelbegebiet in den 1950er Jahren adulte Aufsteiger durch Berufsfischer in der Elbe müssen sowohl in den Beeinträchtigungen der Was- gefangen werden. Beides deutet auf Verbesserungen serqualität der Elbe und ihrer Nebenflüsse als auch in der ökologischen Durchgängigkeit des Stromsystems den technischen Veränderungen der Gewässerstruk- sowie auf Lebensraumverbesserungen in den Laich- turen der Laichflüsse und -bäche (Querverbauungen, bächen hin. Mit dem Beginn von weiteren Besatz- Gewässerausbau) gesehen werden. Nach Aussagen maßnahmen im Land Brandenburg (Stepenitzsys- älterer Berufsfischer an der Elbe, führte der Wehr- tem) nimmt nun auch in Sachsen-Anhalt der Fang schluss am Stauwehr Geesthacht zum Versiegen der aufsteigender Meerforellen weiter zu. Die meisten letzten Restvorkommen in der Mittelelbe. Prinzipiell Nachweise liegen für die Havel im Bereich von Gnevs- wirken also dieselben Gefährdungsfaktoren wie bei dorf und die Elbe im Bereich von Schelldorf vor. In der Bachforelle, nur dass bei den Langdistanzwande- den Fängen von Kontrollreusen und im Hamen des rern schon ein einziges, unpassierbares Wehr ausreicht, Fischers G. Quaschny waren im Zeitraum von 2002 um ihr Vorkommen zu unterbinden. bis 2009 insgesamt 31 Meerforellen mit Körperlän- gen von bis zu 85 cm und über 3 kg vertreten. Elb- aufwärts gelang nur 1 Nachweis im Mai 2002 in der Schutzmaßnahmen Saale unterhalb des Wehres bei Calbe. Eine Wiedereinbürgerung von Meerforellen in der Mittelelbe ist bei Gültigkeit der Einartenthese (Schrei- Biotopansprüche/Lebensweise ber & Diefenbach 2004, Kottelat & Freyhof 2007) eigentlich nicht erforderlich. Da jedoch durch die Als anadrome Wanderfische suchen die meerwandern- teilweise schon Jahrhunderte dauernde Isolation der den Forellen nach mehrjährigem Aufenthalt in mari- Forellenbestände in den Oberläufen auch das gene- nen Bereichen wieder die Bäche und Flüsse auf, in tische Potenzial der Wanderform verloren ging, sind denen sie ehemals geschlüpft sind. Die Laichzeit der Besatzmaßnahmen mit meerwandernden Forellen Elbpopulation erstreckt sich analog zu den stationären gerechtfertigt. Das Vorkommen meerwandernder Bachforellen in den Niederungsbächen meist von Fische steht und fällt mit dem Vorkommen intakter November bis Dezember und wird durch rasche Was- Bestände in den Oberläufen der Nebenflüsse und der serabkühlung nach Temperaturstürzen ausgelöst freien Durchwanderbarkeit des Stromsystems. Da der (Laichtemperatur ca. 2 – 6 °C). Der Aufstieg in die Elb- Anstieg des meerwandernde Anteils der Forellen­ mündung beginnt in der Regel im Mai/Juni und wird population im Elbesystem auch von der Zahl und der von den kleineren Erstaufsteigern (ca. 50 cm Länge) Größe der Bachforellenbestände in den Nebenflüssen angeführt. Da, anders als beim Lachs, eine relativ und -bächen abhängt, ist ein Anwachsen des Meer- große Anzahl von Fischen Mehrfachaufsteiger und forellenbestandes in erster Linie über die Verbesse- -laicher sind, können einzelne Exemplare bis zu 1 m rung des Erhaltungszustandes der Bachforellenpopu- lang und über 10 kg schwer werden. Als Laichplätze lationen möglich. Voraussetzungen hierfür sind neben werden solche Stellen aufgesucht, an denen zur selben einer weiteren Verbesserung der Wassergüte natur- Zeit auch die stationären Bachforellen laichen. Wie bei nahe Ausbauzustände der Laichgewässer. diesen erfolgt die portionsweise Abgabe der Eier (Ei- zahl ca. 1000 Stück/kg Körpergewicht) in einer vom Forellenpopulationen, die sowohl aus Bachforellen als Rogner geschlagenen Laichgrube auf kiesigem Grund auch aus Meerforellen bestehen, sind besonders im rasch strömenden Wasser. Die Embryonalentwick- schützens- und erhaltungswert. lung ist wie bei allen Fischen temperaturabhängig und dauert je nach Temperaturverlauf 2 V bis 3 V Monate. Nach der Fischereiordnung des Landes Sachsen-Anhalt

Lachsartige Die Jungfische halten sich 1 – 2 Jahre im Heimatbach sind Meerforellen ganzjährig geschützt.

66 Meerforelle (Salmo trutta) Lachsartige

67 Bachforelle (Salmo trutta)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt befinden sich in den Quellbächen der Kalten Bode bis knapp 800 m über NN. Als Bachforelle wird die mehr oder weniger stationä- re, potamodrome Lebensform der Atlantischen Forel- Im Zuge der Verbesserung der Wasserqualität und z. T. le, Salmo trutta, in den Oberläufen der Flusssysteme auch der Lebensräume ist die Bachforelle heute in (der sogenannten Forellenregion) bezeichnet, die ohne Sachsen-Anhalt weiter verbreitet als noch bis Mitte die Fressphase im Meer auskommt. Wie bereits bei der der 1990er Jahre. Dabei wurden zum einen kleinere Meerforelle erläutert, bilden die meerwandernden Fließgewässer, besonders im Süden des Landes, wie- und stationären Individuen des Forellenbestandes in derbesiedelt. Zum anderen ist die Art auch in größeren einem unverbauten Gewässersystem eine reproduk- Gewässern, wie beispielsweise Bode, Holtemme und tive Einheit. Wipper, zunehmend weiter flussabwärts nachweisbar. Außerdem tritt sie auch in den großen Flüssen wie Die Bachforelle war ursprünglich flächendeckend in Saale und Elbe vermehrt in Erscheinung. Sachsen-Anhalt verbreitet. Autochthone Vorkommen waren in allen Gewässersystemen, insbesondere auch im Flachland in den kleineren Niederungsflüssen und Biotopansprüche/Lebensweise -bächen vertreten. Es gab nur wenige Gebiete, in denen aufgrund der natürlichen Bedingungen (z. B. Die Bachforelle bevorzugt naturbelassene, sommer- Niedermoorgebiete Drömling, Wische) keine Besied- kühle und sauerstoffreiche Bäche mit Kiesgrund vor lung erfolgte. Diese Situation hat sich jedoch zwi- allen im Bergland, aber auch der Ebene. Diese Bacho- schenzeitlich grundlegend verändert. Besonders in berläufe und Flüsse der sogenannten Forellenregion den dichter besiedelten Gebieten und in den intensiv weisen meist Gefällewerte von über 0,4 % und Tem- landwirtschaftlich genutzten Gegenden Sachsen- peraturen nicht über 18 °C auf. Außer an die Wasser- Anhalts ist die Art großflächig verschwunden. Selbst qualität werden auch an die Strukturgüte der Wohn- in weiten Gebieten des Harzvorlandes gibt es Bäche, gewässer hohe Ansprüche gestellt. Insbesondere in denen seit Jahrzehnten keine selbst reproduzieren- müssen ausreichend Unterstände und Verstecke den Bestände mehr existieren. Stabile Bachforellen- vorhanden sein, da Forellen ein ausgeprägtes Revier- bestände sind heute vor allen in den Bachsystemen verhalten zeigen. der meisten Harzflüsse zu finden (z. B. Bode, Selke, Wipper, Thyra). In den Niederungen existiert die Art Die Fortpflanzung der Bachforellen erfolgt im Spät- insbesondere noch in den kleineren Flüssen und herbst bis Frühwinter nach vorheriger Laichwanderung Quellbächen, die in größeren Waldgebieten liegen zu bachaufwärts gelegenen Kiesbetten bei Wasser- (z. B. Fläming, Magdeburger Forth, Flechtinger Höhen- temperaturen von meist 2 – 6 °C. Im Harz ist das meist zug, Westliche Altmark, Dübener Heide) und weitge- der Zeitraum der ersten durchgängig kalten Frost­ hend von Ausbaumaßnahmen und Abwassereinlei- woche Ende Oktober bis Mitte November. Das Weib- tungen verschont geblieben sind (z. B. Oberläufe von chen schlägt Laichbetten in den Kies, in dessen Zwi- Nuthe, Rossel, Olbitzbach, Ihle, Ringelsdorfer Bach, schenräumen sich die Eier und später die Brut Dumme, Tangelnscher Bach, Milde, Flieth). Aktuelle entwickeln. Die relative Eizahl wird mit ca. 1.500 Stück/ Vorkommen in begradigten Fließgewässern, die der kg Körpergewicht angegeben. Die Entwicklungsdauer Art kaum Reproduktionsmöglichkeiten mehr bieten, der Eier variiert in Abhängigkeit von der Temperatur beruhen meist auf Besatz durch Angelfischervereine. zwischen 70 – 130 Tagen. Die Jungfische schlüpfen In den oberen Harzlagen leben Bachforellen selbst in daher erst zu Beginn des kommenden Frühjahres und kleinsten, wasserarmen Rinnsalen, soweit sie nicht verbleiben bis zur Aufzehrung des Dottersackes noch versauert sind. Obwohl in strengen Wintern die Be- etwa 2 – 4 Wochen im Kiesbett. Nach Abschluss dieser stände manchmal durch extremen Frost oder Versau- Entwicklungsphasen sind die Fische ca. 25 mm lang, erung während der Schneeschmelze vernichtet wer- verlassen nachts das Kiesbett und streben zur Ober- den, erfolgt in der Regel innerhalb kurzer Zeit vom fläche, um die Schwimmblase mit Luft zu füllen. Dabei Hauptgewässer her eine Wiederbesiedlung. Die Bach- werden sie von der Strömung erfasst und bachabwärts forellen solcher nahrungsarmen Bäche bleiben klein verdriftet. So gelangen sie zu den während des folgen- und erreichen mitunter schon mit 14 – 16 cm Länge den Lebensabschnitts benötigten Habitaten, nämlich die Laichreife. Die Harzer nennen diese Fische Stein- flache und strömungsberuhigte Ausbuchtungen sowie forellen. Nach dem Bau von Stauteichen und Talsper- Substratbänke, wo sie mit der aktiven, exogenen Er- ren in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die nährung beginnen und zunehmend das für Bach­ aus den kleinen Bächen zugewanderten Forellen zu forellen typische Territorialverhalten entwickeln. Mit den gleichen Wachstumsleistungen fähig sind, wie zunehmender Größe finden erneut bachabwärts die Populationen nahrungsreicherer Flüsse. Die ­gerichtete Ortswechsel zu allmählich tieferen und

Lachsartige höchstgelegenen Vorkommen der Bachforelle im Harz stärker strömenden Gewässerabschnitten statt. Die

68 Bachforelle (Salmo trutta)

Bachforelle (Salmo trutta) heranwachsenden Jungfische ernähren sich überwie- (Beseitigung des Gehölzstreifens; Bau eines Aufstiegs- gend von benthischen Wirbellosen und Anflugnah- hindernisses) den Bestand erlöschen lassen. rung. Mit zunehmendem Alter werden auch Fische und andere Wirbeltiere (z. B. Frösche, Mäuse) aufge- nommen. Die Laichreife wird meist am Ende des 3. Schutzmaßnahmen oder 4. Lebenssommers erreicht. In aller Regel werden, wie bei anderen Salmoniden auch, wieder die Geburts- Nachdem in den 1990er Jahren der Hauptschwerpunkt bäche zur Eiablage aufgesucht. Das können mitunter des Schutzes vor allem in der Gewässersanierung sehr schmale Rinnsale sein, in denen man auf den durch Beseitigung der Abwassereinleitungen zu sehen ersten Blick gar keine Fische vermutet. Nach der Eiab- war, ist nunmehr die Renaturierung ausgebauter lage ziehen die Laicher bevorzugt wieder in das vor Fließgewässer als vorrangiges Ziel für den Artenschutz der Wanderung besiedelte Habitat zurück. Große, zu nennen. Gegenwärtig wird vor allem die Beseiti- adulte Fische benötigen tiefe Kolke und Einstände. gung von Aufstiegshindernissen bzw. der Einbau Fehlen diese z. B. in begradigten Bächen und Flüssen, funktionsfähiger Fischpässe in Wehre und Sohlabstür- wandern die Fische mit zunehmender Größe ab oder ze favorisiert. Doch genauso wichtig ist auch die Ein- werden leicht Opfer für Fressfeinde. Je stärker der schränkung und Reduzierung der Unterhaltungsmaß- Ausbauzustand eines Gewässers vom ursprünglichen nahmen, damit die Gewässer durch Eigendynamik und Zustand abweicht, desto schlechter ist auch sein Kraft des fließenden Wassers allmählich eine natur- ­Forellenbestand. nahe Gestalt zurück gewinnen können.

Verfälschungen des Genpotenzials dieser lokal sehr Gefährdungen variablen Art durch Besatzmaßnahmen mit Forellen aus anderen Einzugsgebieten müssen unterbleiben. Diese anspruchsvolle Art ist zahlreichen Gefährdungen Nach der Fischereiordnung (§ 9) darf in Gewässer, in ausgesetzt. Neben Einleitungen von Abwasser sind denen sich selbst reproduzierende Bestände an Sal- besonders Gewässerausbau- und Unterhaltungsmaß- moniden oder Coregonen vorkommen, nur Besatz aus nahmen zu nennen, die die Bachforellenbestände in Nachzuchten dieser Bestände erfolgen. Ursprüngliche, ihrer Verbreitung zunehmend zurückdrängen. Aus sich auch heute selbst erhaltene Populationen sind begradigten und meliorierten Strecken ist die Bach- besonders zu schützen. Isolierte, anglerisch nicht forelle in der Regel binnen kurzer Zeit verschwunden. nutzbare Population, in den Oberläufen kleiner Fließ- Auch Ausbau mit Faschinen und Strömungslenkern, gewässer sind zu sichern (z. B. Laichschongebiete nach wie er lange Zeit als naturverträglich galt, ist für die § 47 FischG LSA) und unbedingt zu erhalten. Sie stellen Art völlig unzureichend. In Niederungsbächen mit die wichtigste Ressource für die Wiederbesiedlung hoher Sandführung und Sedimenttransport mangelt renaturierter Gewässerabschnitte dar. es häufig an geeigneten und ausreichenden Kies­ betten als Laichsubstrat. Hier sind meist nur zahlen- Im Land Sachsen-Anhalt hat die Art eine Schonzeit mäßig schwache Bestände zu finden. In solchen Ge- vom 15. September bis 31. März, zusätzlich gilt für den

wässern können schon geringfügige Veränderungen Fang der Fische ein Mindestmaß von 25 cm. Lachsartige

69 Bachforelle (Salmo trutta) Lachsartige

70 Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt das Jahr laichenden Stämmen, um den Fischmarkt ganzjährig mit diesen begehrten Speisefischen ver- Die Regenbogenforelle wurde 1882 von der nordame- sorgen zu können. Die Regenbogenforelle wird heute rikanischen Westküste durch den bekannten Fischzüch- in großem Umfang auch in Sachsen-Anhalt in Teich- ter Max von dem Borne nach Deutschland eingeführt. wirtschaften, Becken- und Netzgehegeanlagen ge- Die Stammform bewohnt als anadromer Wanderfisch züchtet. Die durchschnittliche Jahresproduktion in die pazifischen Küstengewässer Nordamerikas von unserem Bundesland liegt bei ca. 450 t (Deutschland Kalifornien bis Alaska sowie Ostsibiriens und ähnelt in ca. 23.000 t/a). Aus den hiesigen Aquakulturanlagen ihrer Lebensweise der bei uns heimischen Meerforelle. entweichen des Öfteren einzelne Fische in die natür- Wie bei dieser gibt es auch von der Regenbogenforelle lichen Gewässer, so dass vor allem in Flüssen, die an stationäre Süßwasserformen sowohl in Bächen als auch Zuchtanlagen liegen, vereinzelt Regenbogenforellen in Seen. Systematisch wurde die Art erst vor wenigen gefangen werden können. Daneben wird die Regen- Jahren, wie am Gattungsnamen Oncorhynchus erkenn- bogenforelle als beliebter Angelfisch auch in solche bar ist, zu den pazifischen Lachsen­ gestellt. Gewässer der Angelfischerei ausgesetzt, die aufgrund anthropogener Einflüsse (Ausbau, Begradigung, Ab- Bei den bei uns heute vorkommenden Fischen handelt wässer) nicht mehr für die heimische Forelle geeignet es sich, ähnlich wie beim Karpfen, um einen domesti- sind. Da die Regenbogenforelle zudem gegenüber zierten Zuchtfisch, der durch Einkreuzen verschiedener erhöhten Wassertemperaturen und verminderten amerikanischer Stammformen und lokaler Rassen Sauerstoffgehalten weniger empfindlich ist als die entstanden ist. Die ersten aus Amerika importierten einheimischen Salmoniden, wird sie oft auch in künst- Regenbogenforellen waren nach Kottelat & Freyhof liche Gewässer wie Kiesbaggerseen, Talsperren und (2007) bereits Hybriden aus anadromen Steelheads Staubecken eingesetzt. In neu entstandenen Kiesbag- und stationären Fischen aus dem Sacramentosystem. gerseen ist sie, zumindest in den ersten Jahren nach Mittlerweile gibt es weltweit in der Aquakultur Ge- der Flutung, oft der einzige Fisch, der fischereiliche brauchskreuzungen aus verschiedensten, quer über Erträge liefert.

Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) Lachsartige

71 Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss)

Sich selbst reproduzierende Bestände sind aus Sach- Regenbogenforellen gleichgroßer Brut einheimischer sen-Anhalts fischereilich genutzten Gewässern derzeit Forellen- und Lachsarten im Konkurrenzkampf um nicht bekannt. Lediglich im Glasebach (Zufluss zum Futter und Lebensraum häufig überlegen. Liegen die periodischen See) im Südharz wurde ein lückenloser Wassertemperaturen allerdings unter 14 – 15 °C behält Bestandsaufbau mit mehreren Altersklassen, der auf die Brut einheimischer Salmoniden gewöhnlich die eine erfolgreiche natürliche Reproduktion hindeutet, Oberhand. Bei Wassertemperaturen unter 5 °C und gefunden. Auch in anderen deutschen und europä­ über 25 °C reduzieren Regenbogenforellen die Nah- ischen Ländern sind sich selbst reproduzierende rungsaufnahme nahezu auf Null. Das Nahrungsspek- ­Regenbogenforellenbestände selten. Gewöhnlich trum der Regenbogenforellen ist überaus groß und überwiegen bei den bei uns ausgesetzten Regenbo- setzt sich aus unterschiedlichsten aquatischen und genforellen die Erbanlagen der Wanderform (Steel- terrestrischen Wirbellosen zusammen. Auch kleinere heads), so dass die Fische mit zunehmender Größe Fische bilden mitunter einen Großteil der Nahrung. abwandern und sich in den Unterläufen der großen Verschiedene Beobachtungen deuten darauf hin, dass Flüsse verlieren. die Regenbogenforelle bei optimalen Lebensbedin- gungen (z. B. Wassertemperaturen über 15 °C) die Bachforelle aus ihrem Revier verdrängen kann und sich Biotopansprüche/Lebensweise auch auf die Bestände der typischen Kleinfischarten der Forellenregion ungünstig auswirkt. Aus diesem Die Laichzeit der Regenbogenforelle fällt je nach Ver- Grund sollte die Art nicht in Gewässer ausgesetzt breitungsgebiet des Herkunftsstammes und der vor- werden, die schutzwürdige Bestände heimischer herrschenden Wassertemperaturen in den Bereich von Fischarten aufweisen. In Sachsen-Anhalt werden die Oktober bis April (Winterlaicher bis Frühjahrslaicher). Bedingungen für den Besatz von Salmonidengewäs- Die meisten natürlichen Bestände in Ostsibirien und sern in § 9 der Fischereiordnung (FischO LSA) geregelt. Nordamerika laichen von Februar bis Mai bei bevor- Danach darf in Gewässer, in denen sich selbst repro- zugten Wassertemperaturen zwischen 10 und 15 °C duzierende Bestände an Salmoniden oder Coregonen (Kottelat & Freyhof 2007). Mit 3 – 5 Jahren erreichen vorkommen, nur Besatz aus Nachzuchten dieser bo- die Fische gewöhnlich die Geschlechtsreife. Der Laich- denständigen Bestände erfolgen. Anders als beim vorgang und die Embryonalentwicklung sind ähnlich Karpfen ist der Status der Regenbogenforelle als hei- wie bei anderen kieslaichenden Salmoniden. Die nicht mische Art umstritten und häufiges Reizthema zwi- klebrigen Eier werden auf rasch überströmten Kies- schen Fischern und Umweltschützern. Wegen der mehr bänken in das Lückensystem des Substrats gepresst. als 100 jährigen Zucht der Fische in Deutschland und Große Rogner können dabei bis zu 5000 Eier ablegen. verschiedentlich vorkommenden selbsterhaltenden Die Brut schlüpft bei frühjahrslaichenden Formen etwa Beständen in einigen Gewässern wird die Regenbo- nach 4 – 6 Wochen. Bei Winterlaichern kann die Er­ genforellen nach den meisten Länderfischereigesetzen brütungsdauer aufgrund der niedrigen Wassertem- inzwischen als einheimische Art betrachtet. Denn nach peraturen wesentlich länger dauern. Nach dem Schlupf dem Bundesnaturschutzgesetz gilt eine Art dann als verharrt die wegen ihres großen Dottersacks schwimm­ heimisch, wenn sie sich in der freien Natur und ohne unfähige Brut noch ca. 2 Wochen im Lückensystem des menschliche Hilfe über mehrere Generationen als Laichbetts. Erst wenn der Dottersack aufgezehrt ist, Population erhalten kann. verlässt die Brut den Laichplatz und sucht in den ers- ten Wochen der selbständigen Ernährung zunächst strömungsberuhigte Rand- und Flachwasserzonen auf. Gefährdungen/Schutzmaßnahmen Die höchsten Überlebensraten treten, wie bei vielen frühjahrslaichenden Fischen, dann auf, wenn die Was- Da es sich bei der Regenbogenforelle um eine einge- serstände nach dem Schlupf niedrig sind und die bürgerte Art handelt, kann der Gefährdungsmaßstab Frühjahrswassertemperaturen rasch ansteigen. Hoch- für bodenständige Arten hier nicht zur Anwendung wasser und niedrige Frühjahrs- und Sommertempe- kommen. Schutzmaßnahmen sind nicht erforderlich. raturen (unter 13 °C) reduzieren die Überlebensraten In Sachsen-Anhalt ist für den Fang der Regenbogen- des 0+ Jahrganges deutlich. Bei optimalen Temperatur- forelle aus fischereilichen Gründen ein Mindestmaß und Lebensbedingungen sind die frisch geschlüpften von 25 cm festgelegt. Lachsartige

72 Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) Lachsartige

73 Große Maräne (Coregonus spp.)

Große Maräne (Coregonus spp.)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt In Sachsen-Anhalt lebte im Arendsee lange Zeit eine Großmaränenart (Lehrmann & Schmidt 1912), die Bei den Großen Maränen (auch Renken oder Felchen vermutlich von Besatz aus nahen Mecklenburger oder genannt) handelt es sich um eine formen- bzw. arten- Schleswig-Holsteiner Seen, eventuell sogar dem reiche Gruppe von vielfach sehr nahe miteinander Schaalsee, stammte. Der Bestand war allerdings so verwandten Fischen, deren systematische Stellung bis dünn, dass den Berufsfischern zu DDR-Zeiten pro Jahr jetzt zum großen Teil unklar ist. Bis Ende des 20. Jahr- nicht mehr als ein Dutzend Fische in die Netze gingen. hunderts neigten die meisten Autoren jahrzehntelang Es handelte sich dabei um sehr großwüchsige Marä- dazu, die Großen Maränen Europas zu einigen wenigen nen, welche bis 4 kg schwer und über 70 cm lang bzw. einer einzigen polymorphen Art (Coregonus lava- werden konnten. Mit der zunehmenden Eutrophierung retus) zusammen zu ziehen, welche in vielen Standort- des Arendsees wurden diese Großen Maränen immer varietäten in größeren oligotrophen Seen und Flüssen seltener und sind vermutlich ausgestorben. Die heute vorkommt. Dieses System wird aber neuerdings von im Arendsee von den Berufsfischern gefangenen Gro- Kottelat & Freyhof (2007) verworfen. Stattdessen ßen Maränen stammen aus Besatz von Schleswig- sollen jetzt wieder zahlreiche eigenständige lokale Holsteiner Seen. Diese Besatzherkunft wurde deshalb Arten, insbesondere im Donaueinzugsgebiet und den gewählt, weil aus alten Besatzstatistiken hervorging, Alpenseen unterschieden werden, ähnlich wie es schon dass bereits vor der DDR-Zeit Großmaränenbrut aus Vogt & Hofer (1909) oder Wagler (1941) taten. Das der Brutanstalt Alt-Mühlendorf des Fischereivereins neue System findet unter den Vertretern der prakti- Schleswig-Holstein bezogen wurde. Nach Kottelat & schen Fischerei bislang keine Anerkennung (Wißmath Freyhof (2007) gehören die Großen Maränen Nord- 2009 a, b). Die historische Diversität der Großen Ma- deutschlands mit Ausnahme der Großen Schaalsee- ränen ist heute kaum mehr nachvollziehbar, da manche maräne (Coregonus holsatus) alle zur äußerst variablen Arten bereits ausgerottet sind und die Fische zudem Art Coregonus maraena, also zur selben Art, zu der bereits seit dem 15. und 16. Jahrhundert aus wirtschaft- neuerdings auch Ostsee- und Elbschnäpel gezählt lichen Gründen von einem See zum anderen umgesetzt werden. Für den unvoreingenommenen Betrachter ist wurden. Während die Kleinen Maränen des norddeut- diese Zuordnung überraschend, da der Elbschnäpel schen Tieflandes und wahrscheinlich auch die Felchen mit seiner „langen Schnauze“ und die großen Maränen und Renken des Alpenraumes als postglaziale Einwan- der norddeutschen Seen sich ja schon äußerlich stark derer gelten (Thienemann 1926, Wißmath 2009a), ist von einander unterscheiden. Die Art soll aufgrund der Herkunftsstatus der Großen Maränen Norddeutsch- ihrer Anpassung an verschiedenste Lebensräume (See, lands bislang noch nicht hinreichend geklärt. Von ei- Fluss, anadrome Wanderer) diese erstaunliche Formen- nigen Fischereiexperten aus Schleswig-Holstein wird vielfalt hervorgebracht haben. sogar behauptet, dass viele der dortigen Seen erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Großmaränen aus den Das Vorkommen der Großen Maränen im Arendsee Seen Ostpreußens und Russlands besetzt wurden und scheint heute ausschließlich vom Besatz abhängig zu so diese Fische in der Folgezeit auch in die anderen sein, denn wird dieser für einige Jahre unterbrochen,

Lachsartige Norddeutschen Seen gelangt sind. dann verringern sich sofort spürbar die Fänge. Eine

74 Große Maräne (Coregonus spp.) selbstständige Vermehrung ist augenscheinlich bei niedrigen Wassertemperaturen meist 3 – 4 Monate. dem aktuellen Trophiezustand des Sees nicht möglich. Die Laichreife wird mit etwa 3 – 4 Jahren erreicht. Das Auch in einigen neu entstandenen Bergbaurestgewäs- ist auch die Altersgruppe, in der die Fische erstmalig sern im Land Sachsen-Anhalt wurde versucht, Große von der Berufsfischerei gefangen werden. Das durch- Maränen aus Schleswig-Holstein einzubürgern (z. B. schnittliche Endalter liegt etwa bei 8 – 10 Jahren. Die Bergwitzsee, Goitzsche, Kiessee Wegeleben). Während Fische können relativ groß werden und bei 60 – 70 cm dies mit der Kleinen Maräne vom Arendsee meist auf Totallänge über 3 – 4 kg schwer werden. Anhieb gelang, ist die Einbürgerung der Großen Ma- räne relativ schwierig. Daneben werden sowohl von den Berufsfischern in Sachsen-Anhalt als auch in Gefährdungen Brandenburg in Havel und Elbe nahezu jährlich ein- zelne Großmaränen gefangen, deren Artzugehörigkeit Infolge zunehmender Nährstoffeinträge und Eutro- schwer zu definieren ist. Die Vermutung, dass es sich phierungserscheinungen beim Arendsee kommt es hierbei eventuell um Elbschnäpel handelt, wurde am Seeboden zu Sauerstoffmangelsituationen, wo- mittlerweile zerstreut, weil seit 1994 mehrere gefan- durch die Entwicklung der Eier gestört bzw. ganz gene Exemplare eindeutig ohne typische Merkmale verhindert wird. Die künstliche Vermehrung im Brut- („Nase“) festgestellt wurden. Diese Großmaränen haus Zießau am Arendsee scheiterte früher immer an kommen offensichtlich in sehr dünnem Bestand im der ungenügenden Anzahl gefangener Laichfische. Flussseensystem der Havel und der Elbe vor. Insgesamt Heute besteht aus wasserwirtschaftlicher Sicht eine liegen für den Zeitraum 1996 bis 2003 17 Nachweise Ablehnung gegen die Förderung und den Brutbesatz von Großmaränen in der Elbe vor. Ein durch die Fische- mit Plankton fressenden Fischen wie Maränen. Da sich rei Schulze, Warnau, im Mai 2003 gefangenes Exem- für die Berufsfischerei in Sachsen-Anhalt der aufwän- plar (60 cm, 2.630 g) wurde als Ostseeschnäpel (Core- dige Besatz mit Großen Maränen im Vergleich zur hier gonus maraena) bestimmt. bekannteren Kleinen Maräne nicht rechnet, wird der künstlichen Vermehrung der Art keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In anderen Gegenden Biotopansprüche/Lebensweise Deutschlands (Schleswig-Holstein, Süddeutschland), wo die wirtschaftliche Bedeutung der Großen Marä- Alle Maränenarten bewohnen als sogenannte kalt nen höher ist, werden dagegen massive Bestandsstüt- stenotherme Fische vor allem größere Seen mit kla- zungen mittels künstlicher Erbrütung und Besatz rem, sauerstoffreichem Tiefenwasser. Neben den ty- durchgeführt. Da die Großen Maränen im Gegensatz pischen Freiwasserformen gibt es auch Bodenmarä- zur Kleinen Maräne auch mit der Angel gefangen nen, die sich vorwiegend von Benthosorganismen werden können, werden in Sachsen-Anhalt gegenwär- ernähren. Die Bodentierfresser sollen sich von den tig einige der zahlreichen Tagebaurestseen, die nicht Planktonfressern gewöhnlich durch kürzere, gröbere berufsfischereilich genutzt werden, versuchsweise mit und weniger zahlreiche Kiemenreusendornen unter- Großmaränen besetzt. Die Bestandsituation im Land scheiden. Die Erfahrungen bei der Einbürgerung von wird sich deshalb in Zukunft eher verbessern als ver- Coregonus maraena aus Schleswig-Holsteiner Seen schlechtern. in mitteldeutsche Tagebaurestseen zeigen jedoch, dass die Art sich je nach Nahrungsangebot sowohl zum Bodentierfresser als auch zum Planktonfresser Schutzmaßnahmen entwickeln kann. Die Unterscheidung dieser beiden Lebensformen anhand der Kiemenreusendornenzahl Schutzmaßnahmen sind in Eutrophierung verhindern- trifft daher wohl nur für die unterschiedlichen Marä- den Maßnahmen zu sehen. Eine besondere Förderung nenarten der Alpenseen zu. der Art erscheint nicht unbedingt notwendig, da sie in Sachsen-Anhalt ursprünglich nicht bodenständig Die Laichzeit der norddeutschen Großmaränen fällt in war. Das Scheitern einiger Einbürgerungsversuche in die Monate November/Dezember und beginnt, wenn neu entstandenen Tagebaurestseen Mitteldeutsch- sich die Homothermie im See eingestellt hat (bei lands zeigt, dass die Großen Maränen sehr anspruchs- 4 – 6 °C Wassertemperatur). Die Eiablage erfolgt meist voll hinsichtlich ihrer Lebens- und Fortpflanzungsbe- in mehreren Portionen über festem Grund, bevorzugt dingungen sind. Welche Faktoren im Einzelnen das werden Sand- oder Steingrund. Die Eizahl schwankt Vorkommen dieser Fische limitieren, ist derzeit noch je nach Größe der Rogner zwischen 20.000 und ma- nicht genau bekannt. ximal 50.000 Stück mit 2,2 – 3,2 mm Eidurchmesser. Die Eier sinken zu Boden und können sich in den gro- Alle Maränen (Coregonus spp.) sind in der FFH-RL im ßen Tiefen nur bei ausreichendem Sauerstoffgehalt Anhang V aufgeführt, wodurch ihr Fang bestimmten

entwickeln. Die Inkubationsperiode dauert wegen der Vorschriften unterliegt. Lachsartige

75 Große Maräne (Coregonus spp.) Lachsartige

76 Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt ausreichend Streitmaterial für die Taxonomen vorhan- den. Klärung können wohl nur moderne genetische Der Elbschnäpel, eine anadrome Wanderform der Untersuchungsmethoden bringen. Das Problem ist Großmaränen, war ehemals ein häufiger Elbfisch und aber, dass sowohl die Schnäpel aus Rhein, Maas und eines der begehrtesten Fangobjekte der Berufsfische- Schelde als auch die aus Elbe, Weser, Ems und vielen rei. Von den Fischern an der Mittelelbe wurde der anderen deutschen und dänischen Nordseeflüssen Schnäpel früher auch „Blaunase“ oder nur „Nase“ ausgerottet wurden. Lediglich die Population des genannt, wegen der schwarzen, korpeligen und stark deutsch-dänischen Grenzflusses Vidau hat überlebt. vorspringenden Nasenpartie. Jahrzehntelang wurden Alle wieder eingebürgerten Bestände in europäischen die Schnäpel der Elbe genauso wie die der Weser, der Flüssen gehen auf den Herkunftsbestand Vidau zurück. Ems und der westdänischen Flüsse aufgrund des ex- Die wenigen schlecht erhaltenen, alten Schnäpel­ trem unterständigen Mauls, taxonomisch dem Nord- präparate in Museen sind für vergleichende Unter­ seeschnäpel (Coregonus oxyrinchus) zugeordnet. Die- suchungen wenig geeignet. se Meinung wird aber neuerdings revidiert (Kottelat & Freyhof 2007; Freyhof 2009). Demnach soll der Im Allgemeinen wird in der heutigen Literatur immer Elbschnäpel zur Wanderform von Coregonus maraena die Meinung vertreten, der Elbschnäpel wäre im Ver- zählen, also zur selben Art, zu der auch der Ostsee- gleich zu anderen Wanderfischarten, wie Lachs oder schnäpel, die Madümaräne und die meisten Großma- Stör, für die Fischer von geringerer Bedeutung gewe- ränen der norddeutschen Seen gezählt werden. Der sen, da nur wenige Angaben zu Fangzahlen vorliegen. eigentliche Nordseeschnäpel, der heute ausgerottet Das war aber zumindest an der Mittelelbe bis hinauf ist, kam nach Kottelat & Freyhof (2007) nur in den nach Tangermünde nicht so (Kammerad 2001a). Vieles südlichen Nordseezuflüssen Rhein, Schelde und Maas deutet darauf hin, dass geeignetes Zahlenmaterial sowie entlang der Südostküste Englands vor. Da sich lediglich deshalb fehlt, weil die gefangenen Schnäpel aber die früheren Elb-, Weser- und Emsschnäpel, ge- nicht so einfach an zwei Händen abzuzählen waren, nauso wie die der kleineren schleswig-holsteinischen wie die wenigen ­Lachse und Störe, welche in den Jah- und dänischen Nordseezuflüsse durch ihre extrem ren vor dem 1. Weltkrieg noch den Weg in die Mittelel- lange „Nase“ schon rein äußerlich vom Ostseeschnä- be hinauf schafften. Das Problem mit der mangelnden pel und den anderen norddeutschen Großmaränen Buchführung bzw. fehlenden Fangstatistiken der unterscheiden, räumen Kottelat & Freyhof (2007) ein, Flussfischerei war ja allgemein bekannt und wurde dass diese anadromen Nordseepopulationen eventu- von allen früheren Bearbeitern (z. B. Kluge 1900, Kisker ell sogar eine eigenständige Art darstellen könnten. 1926, Pape 1952, Bauch 1958) beklagt. Es ist einer der Nur darf sie dann nicht Coregonus oxyrinchus genannt Gründe dafür, warum es den Interessenvertretern der werden, da diese Bezeichnung für die früheren Rhein-, Fischerei damals nicht gelang, die enormen Fischerei­ Maas- und Scheldeschnäpel gilt. Hier ist also noch schäden durch Flussausbau und Abwässer exakt zu

Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus) Lachsartige

77 Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus)

beweisen und die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisie- Stück pro Nacht und Fischer. Eine ursprüngliche jähr- ren. Die wohl umfassendste historische Analyse zur liche Fangmenge von mindestens 1 – 2 t kann daher Schnäpelfischerei auf der Mittelelbe vor 1900 liefert auch für diesen Standort vermutet werden. Dröscher (1898). Die Mehrzahl aller späteren Arbeiten (Kisker 1926, Bauch 1958, Albrecht 1960) basiert óó Im Gebiet der früheren Havelmündung bestand wahrscheinlich auf Dröschers Erkenntnissen, nur rechtsseitig das Einzelfischereirecht eines Havelberger selten (wie z. B. bei Pape 1952) werden andere bzw. Fischers (A. Wilke), wogegen linksseitig die Fischer von neuere Zahlen vermittelt. Zur Ermittlung der Bedeu- Werben ihren Beruf ausübten. Die ausgedehnten tung der Schnäpelfischerei verteilte Dröscher (1898) Sand- und Kiesheger in diesem Gebiet waren altbe- Fragebögen an die Fischerinnungen zwischen Tanger- kannte Schnäpellaichplätze. Der Havelberger Fischer münde und Finkenwerder. Wie viele aktive Fischer benannte für gute Jahre Fangmengen auf den Laich- diese Innungen umfassten oder wie groß die befisch- plätzen während der ca. 14 – 15-tägigen Laichzeit von ten Elbstrecken im Einzelnen waren, ist leider meist 1 – 4 Schock je Nacht. Das waren 50 – 200 kg/Nacht und nicht mehr bekannt. Dadurch sind die heute üblichen insgesamt je Saison ca. 1,5 – 2,5 t. Die Schwankungen Ertragsangaben in kg/ha nicht ermittelbar. Genau der Fangmengen in den einzelnen Jahren führte er auf genommen ist eine Erfassung der Fänge auf Basis von die unterschiedlichen Wasserstände zurück, in den Flächenerträgen bei der Fischerei auf anadrome Wan- wasserreichen Jahren zogen die Schnäpelschwärme derarten ohnehin bedenklich, weil es sich nicht um größtenteils noch weiter elbaufwärts zum Laichen, die Eigenproduktion der betreffenden Fischereistre- während in Niedrigwasserzeiten die meisten Schnäpel cken handelt. Gute Fänge sind hier vielmehr aus- im Bereich der Havelmündung laichten. Ein allgemei- schließlich das Ergebnis günstiger Fangmöglichkeiten. ner Rückgang der Schnäpel war hier bis 1897 noch nicht Untersuchungen zeigten, dass der Rückgang des festzustellen. Schnäpelbestandes bereits Anfang der 1870er Jahre einsetzte und eine Folge der flächendeckenden Strom- óó Zu den anderen Fischern im Werbener Gebiet wird baumaßnahmen und der lückenlosen Buhnenverle- berichtet, dass ein gutes Schnäpeljahr 300 – 400 Mark gungen war (Dröscher 1898). Für den Zeitraum vor für jeden Fischer einbrachte, was in Anbetracht der 1860/70 lässt sich ein Schnäpelertrag der Berufs­ kurzen Fangperiode einen beträchtlichen Teil der Er- fischerei in der Elbe von mindestens 40 – 70 t jährlich träge darstellte. Die Schnäpelzeit war eine „Hauptein- errechnen (Kammerad 2001 a). Im Einzelnen schätzte nahmezeit für den Elbfischer, und um so wichtiger und ­Dröscher (1898) die frühere Bedeutung der Schnäpel- unentbehrlicher, als sie ihn mit den notwendigen fischerei für die Fischerbevölkerung an der Mittelelbe Existenzmitteln für den Winter ausrüstet“ (Zitat August zwischen Strom-km 472 und 380 wie folgt ein: Wilke in Dröscher 1898). Der Absatz der Schnäpel erfolgte hier fast ausnahmslos geräuchert, nur bei óó Die Elbfischer aus Cumlosen beklagten ab dem großen Fängen wurden auch grüne Fische verkauft. Es Jahre 1892 eine allgemeine Abnahme ihrer herbstli- ist anzunehmen, dass die Werbener Fischer alljährlich chen Schnäpelfänge. Bis dahin galten 10 – 11 Schock Schnäpelfänge von mindestens 1 – 2 t anlandeten. pro Fischer und Jahr als ein ordentliches Fangergeb- nis. Das Schock war damals an der Mittelelbe für alle óó Im Elbebereich von Berge bis Sandau bestand das Massenfischarten das gebräuchliche Zählmaß und Großfischereirecht eines Einzelfischers (F. Rieck), der umfasste stets 60 Stück. Das Schock Schnäpel wurde zum damaligen Zeitpunkt analog zur Fischerei im allgemein mit einem Durchschnittsgewicht von 50 kg Bereich der Havelmündung noch keinen Rückgang berechnet, was eine Durchschnittsstückmasse der des Schnäpelbestandes auf den dortigen Laichplät- gefangenen Schnäpel von rund 830 g ergab. Ein or- zen feststellte. Er wies jedoch darauf hin, dass im dentlicher Jahresfang eines Fischers im Cumlosener Gegensatz zu ihm die vielen Kleinfischer sehr unter Gebiet lag also damals bei ca. 500 kg Schnäpel. dem Buhnenbau litten und bei Wegfall ihres Fisch- Nimmt man mindestens 5 Fischer für das Gebiet an, zuges keine Ausweichmöglichkeit auf andere Fang- betrugen die Gesamterträge je Jahr hier ca. 2 bis 2,5 t. stellen hätten, was diesen insbesondere in Hinsicht Bis etwa 1897 sanken die durchschnittlichen Erträge auf den Schnäpelfang enorme Einbußen bescherte. je Fischer und Jahr dann auf nur noch etwa 1 Schock Der Bergener Einzelfischer benannte durchschnitt- Schnäpel. liche Jahresfänge von 15 – 20 Schock Schnäpeln, also 760 – 1000 kg für seine Elbstrecke. Der Maximalertrag óó Die Fischer von Wittenberge hatten bereits zum eines Jahres (1891) lag bei 53 Schock = 2.700 kg. Als Ende der 1880er Jahre alle ihre Fischzugstellen durch Preise für grüne Schnäpel wurden an diesem Standort den Buhnenbau verloren. Die Schnäpelfänge sanken 0,60 – 0,70 Mark/kg und für geräucherte 0,90 Mark/ dadurch bis zur Bedeutungslosigkeit ab. Vor dem kg gezahlt. Rieck betonte, dass für die Fischer von der Buhnenbau betrugen die Fänge während der relativ Havel- bis zur Tangermündung der Schnäpelfang stets

Lachsartige kurzen, oft nur 2 – 3wöchigen Schnäpelzeit ca. 15 – 20 den „Hauptverdienst“ darstellte.

78 Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus)

óó Aus dem Gebiet von Sandau berichtete Fischermeis- Schnäpellaichplätze (sowie auch Störlaichplätze) in ter R. Lambrecht (zitiert in Dröscher 1898), dass er der Mittelelbe markiert sind. Nach Dröscher (1898) seit 1860 alljährlich am Schnäpelfang teilgenommen brachten die Arneburger Fischer bis etwa 1880 gute hatte und davor seit 1828 sein Vater. Insgesamt sollen Fänge von durchschnittlich 10 – 12 Schock (500 – 600 kg) nach Lambrecht zum damaligen Zeitpunkt auf der Schnäpel pro Fischer und Jahr ein. Nach 1880 erfolgte Elbstrecke zwischen Sandau und Tangermünde (ca. ein starker Abfall der Erträge. Im Zeitraum von 28 km) insgesamt allein 27 Fischermeister aus den 1891 – 1897 wurden dann die Fänge wieder etwas bes- Innungen von Tangermünde, Arneburg und Sandau ser, d. h. durchschnittlich sollen pro Fischer und Jahr tätig gewesen sein. Eine erste starke Abnahme der 3 – 6 Schock Schnäpel (150 – 300 kg) gefangen worden Schnäpelfänge wird bereits für die Jahre zwischen 1870 sein. Auf diese „besseren“ Jahre zwischen 1891 und und 1880 beklagt. Bis dahin soll jeder der Fischermeis- 1897 bezieht sich auch Pflaumbaum (1961), der den ter jährlich durchschnittlich 15 – 20 Schock Schnäpel, Schnäpelfang als „… die ergiebigste Einnahmequelle also zwischen 760 und 1000 kg je Fischer und Jahr unserer Elbfischer …“ bezeichnete. Der Absatz der gefangen haben. Das ergibt für die etwa 30 km lange Schnäpel erfolgte im Arneburger Gebiet hauptsächlich Stromstrecke dieser 3 großen Fischerinnungen einen geräuchert. „Fast jeder Fischer hatte damals im Garten heute fast unvorstellbaren Jahresertrag von eine Räuchervorrichtung. Anfangs räucherte man nur 20.000 – 27.000 kg allein beim Schnäpel. Wie viel da- mit Holz, später aber mit Nussbaumlaub, weil dadurch von auf die Sandauer Fischer entfiel, ist nicht exakt zu der Fisch eine sehr schöne gelbe Farbe annahm.“ ermitteln, da ihre Anzahl nicht mehr bekannt ist. Ab (Pflaumbaum 1961) Die Preise für geräucherte Schnä- den 1870er Jahren sank dann der Schnäpelfang auf pel waren um 1897 ausgesprochen gut und wurden 8 – 12 Schock (400 – 600 kg) je Fischer ab, um dann in von Weinland (zitiert in Dröscher 1898) auf den 1880er Jahren noch weiter auf 4 – 6 Schock 2,00 – 2,40 Mark/kg beziffert. Bei größeren Fängen (200 – 300 kg) pro Fischer abzunehmen. Aus diesem wurden die Fische auch grün verkauft und erzielten Negativtrend ragte allein das Jahr 1891 heraus, welches dann um 1 Mark/kg im Arneburger Gebiet. In den vielerorts bei den Elbfischern als gutes Schnäpeljahr Jahren vor 1880, als der Schnäpelfang bei Arneburg bekannt wurde. Lambrecht und seine Berufsgenossen noch überaus reichlich war, wurden die meisten Schnä- fingen 1891 letztmalig noch mal bis zu 24 Schock pel grün verkauft und erzielten bei dem großen An- Schnäpel pro Mann. Ab 1892 war dann auch auf den gebot zur herbstlichen Laichzeit lediglich 0,60 Mark/ vormals nahezu unerschöpflich scheinenden Laichhe- kg. Der Durchschnittsverdienst der Fischer aus dem gern zwischen Sandau und Tangermünde das Ende Schnäpelfang zu dieser Zeit lag nach Weinland bei der Schnäpelfischerei nicht mehr zu übersehen. Die rund 360 Mark/Jahr. Die Preissteigerungen in den dann späterhin auch immer wieder mal auftretenden darauf folgenden Jahren aufgrund nachlassender „guten Schnäpeljahre“ (z. B. 1897, 1917, 1920, 1921) er- Fänge bei gesteigerter Nachfrage konnten die Ertrags- brachten dann nur noch Erträge, die in den Jahren vor ausfälle der Fischer nicht ausgeglichen. Weinland dem Buhnenbau als ausgesprochen schlecht bewertet beklagt daher, dass die Elbfischerei bei Arneburg worden wären. Der Absatz der Schnäpel erfolgte durch „durch den Rückgang des Schnäpelfanges sehr an Wert die Fischer im Gebiet von Sandau in den 1880er und verloren ...“ hat. 1890er Jahren fast überwiegend geräuchert zu einem sehr guten Preis von rund 2 Mark/kg. Nur bei reichen óó Stellvertretend für die Fischer aus Tangermünde Fängen wurden auch mal grüne Schnäpel zum Preis wird von Dröscher (1898) der Berufsfischer Giensch von ca. 1 Mark/kg verkauft. Nach Lambrecht war der zitiert. Seine Angaben zu früheren Fangmengen und Schnäpelfang „... für alle Beteiligten hierorts eine große späteren Ertragsrückgängen sind nahezu identisch mit Ernte, auf welche das ganze Jahr gerechnet wurde und denen aus dem benachbarten Arneburg: Bis etwa 1880 mit Sicherheit gerechnet werden konnte. Ich selber weiß waren die Schnäpelfänge gut und lagen durchschnitt- noch, dass mehrere arneburger Fischer, die sich den lich bei 10 – 12 Schock (500 – 600 kg) pro Fischer und größten Teil des Jahres der Schifffahrt zuwandten, weil Jahr, was je nach Vermarktungsform Erlöse von ca. der Ertrag und Erlös aus der Sommerfischerei ihnen zu 400 – 480 Mark einbrachte. Ab 1880 erfolgte ein steti- gering war, zum Schnäpelfang und zum Neunaugen- ger Abfall der Erträge, ohne dass an den Fangmethoden fang heimkehrten und sich dann an der Fischerei betei- oder der Fangintensität etwas geändert wurde. Galten ligten …“. in den 1880er Jahren 5 – 6 Schock (250 – 300 kg) je Fi- scher noch als guter Durchschnittsfang in einer Fang- óó Die Stadt Arneburg/Elbe besaß eine Fischerinnung, saison, so bahnte sich Anfang bis Mitte der 1890er der vor 1900 wahrscheinlich ein Dutzend Fischer an- Jahre eine Katastrophe für die Tangermünder Fischer gehörten. Eine Schilderung der gesellschaftlichen an. 1894 war im Gebiet der Tangermündung die letzte Verhältnisse der Fischerbevölkerung von Arneburg Saison mit nennenswerten Schnäpelerträgen. Zwi- liefert Pflaumbaum (1961). Bemerkenswert sind dabei schen 1895 und 1897 kam die Schnäpelfischerei hier

zwei Elbskizzen, in denen einige der damals bekannten völlig zum Erliegen, was einen starken Wertverlust der Lachsartige

79 Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus)

Fischerei zur Folge hatte und manchen Fischer zur Jahre 1897 mit 2,9 kg/ha am höchsten. Nach diesem Aufgabe seines Berufes zwang. „Früher war der Schnä- Jahr sank der Ertrag schlagartig auf Werte deutlich pelfang der Winterverdienst der Fischer, ihr Brot für die unter 0,5 kg/ha ab. Einzig die Jahre 1917 (0,6 kg/ha), schlimme Jahreszeit ...“ (Giensch, zitiert in Dröscher 1920 (0,75 kg/ha) und 1921 (0,7 kg/ha) ragten hier noch 1898). heraus. Die letzten Nachweise dieser Fischart im Land Sachsen-Anhalt aus dem 20. Jahrhundert stammen Stromaufwärts von Tangermünde wurde ein zielge- aus dem Jahr 1939 (Bauch 1958). Wenig später galt der richteter Schnäpelfang nicht mehr betrieben, weil nur Schnäpel in der Elbe bereits als ausgestorben. bei ausgesprochen hohem Wasserstand ein Aufstieg über den Bereich der Tangermündung hinaus erfolgte. Der am weitesten elbaufwärts gelegene, regelmäßig Biotopansprüche/Lebensweise aufgesuchte Laichplatz befand sich bei Magdeburg am Zusammenfluss von Alter Elbe und Stromelbe Als anadromer, schwarmbildender Freiwasserfisch (Kluge 1900, Jürgens 1939). Die Fangmengen bei besiedelt der Schnäpel außerhalb der Laichzeit küs- Magdeburg waren auch vor 1900 nie sehr groß (wahr- tennahe Nordseebereiche und Flussästuare. In der scheinlich deutlich unter 1 t/a) und stark wasser- Unterelbe sammelten sich die adulten Fische oft schon standsabhängig. Nichtsdestotrotz war der Schnäpel gegen Ende August/Anfang September. Der Aufstieg als „... ebenso feinfleischiger und gern gekaufter Fisch in die Mittelelbe begann Ende September/Anfang wie Lachs und Meerforelle ...“ (Kluge 1900) bei den Oktober, wenn die Wassertemperatur auf Werte um Fischern der Magdeburger Innung (10 Mitglieder um 12 °C abfiel. An den Laichgründen vor der Havelmün- 1900) äußerst begehrt. dung setzte die Schnäpelfischerei meist Mitte Oktober ein, wenn sich die eintreffenden Fische in den zwischen Aus Dröschers (1898) Aufzeichnungen ist erkennbar, den Hegern gelegenen tiefen Stellen sammelten. Bei dass Schnäpel für die Flussfischerei erst dann interes- Sandau und Arneburg erschienen die Schnäpel oft erst sant wurden, wenn sich zum Spätsommer hin die in der letzten Oktoberwoche und bei Magdeburg erst adulten Fische in der Elbmündung sammelten und im November mit Beginn der Laichzeit. Um den 6./8. stromaufwärts ihren Laichgründen zustrebten. In der November begann gewöhnlich das Laichgeschäft Mittelelbe erfolgte der Fang zeitlich versetzt über ei- (vermutlich bei einem Wassertemperaturabfall auf nen relativ kurzen Zeitraum von höchstens 4 Wochen bzw. unter 6 °C) und zog sich über eine Zeitspanne von auf die durchziehenden Fische je nach dem, wann sie 14 bis 16 Tagen hin. Der Hauptteil des Bestandes laich- an den einzelnen Lokalitäten auftauchten. Bei güns- te nach dem 10. November ab (Bauch 1958). Die Eiab- tigem Wasserstand kamen hier dann dreiwandige lage soll ausschließlich in der Dämmerung bzw. nachts Stell- und Treibnetze sowie vor allem das große Strom- stattgefunden haben (Kluge 1900). Ein durchschnitt- garn (Zugnetz) zum Einsatz. Für die Zugnetzfischerei licher Rogner von etwa 40 cm Länge soll bis zu 50.000 auf Schnäpel benötigte man die flach auslaufenden Eier abgelegt haben, die im Wasser auf etwa 3 mm Stromkrümmungen (Sander, Heger) bzw. in der Höhe Größe anquollen (Kluge 1900). Die Männchen wiesen von Sandfeldern Buhnenintervalle von mindestens einen auffälligen Laichausschlag von fünf Reihen 500 m. weißlicher Wärzchen an den Seiten auf. Die Schnäpel auf den Laichplätzen waren meist 3 – 5 (max. 10) Jahre Nach 1895 gingen die Schnäpelfänge der Elbfischer alt. Nach Dröscher (1898) lagen die damals bekannten stetig zurück, weil durch zunehmenden Buhnenbau Laichgründe des Schnäpels ausnahmslos in der Mit- sowohl Fang- als auch Laichplätze nach und nach ver- telelbe und zwar auf den ausgedehnten Sand- und schwanden. Die letzten nennenswerten Schnäpel­ Kieshegern zwischen Havelberg und Tangermünde. fänge an der Mittelelbe gelangen in den Kriegs- und Um den 20./22. November war die Laichablage ge- Nachkriegsjahren 1917 – 1921. Zum Schnäpelfang in der wöhnlich beendet. Die Laichschwärme zerstreuten Mittelelbe für die Jahre von 1896 bis 1937, also dem sich dann und die Schnäpel wanderten zurück in das Zeitraum vom Niedergang der Schnäpelfischerei auf Mündungsgebiet der Elbe. Die Brut schlüpfte meist der Elbe bis hin zur völligen Ausrottung der Art in die- im März bis Anfang April und verdriftete dann strom- sem Stromgebiet, macht später nur noch Pape (1952) abwärts. Bis etwa Juni/August verblieben die Jungfi- konkrete Ertragsangaben für eine einzelne (anonyme) sche im Süßwasser. Danach erfolgte der Abstieg in Elbfischerei im Gebiet von Werben (vermutlich Fische- Richtung Elbästuar/Meer. Die Nahrung der Jungfische rei Wilke). Ein Bezug zu den oben genannten absoluten bestand zunächst aus Zooplankton und Insektenlarven Fangzahlen kann leider nicht hergestellt werden, da später zunehmend aus Benthosorganismen und auch Pape (1952) die Ertragszahlen in kg/ha beziffert, jedoch kleinen Fischen. Die Laichreife erreichten die Schnäpel den Namen des Fischereibetriebes und die Größe der gewöhnlich mit 3 – 4 Jahren. Manche Weibchen nah- fischereilichen Nutzfläche nicht preisgibt. Danach war men nur alle 2 Jahre an der Laichwanderung und dem

Lachsartige der Schnäpelfang in diesem Zeitraum (1896 – 1937) im Laichgeschäft teil.

80 Elbschnäpel Kopf

Gefährdungen Dadurch gingen den Schnäpeln in der Folgezeit die meisten Laichplätze verloren. Trotzdem blieben vor al- Wie bei Wanderfischen im Allgemeinen und bei Core- lem zwischen Arneburg und Werben noch verschiede- gonen im Besonderen traten auch beim Elbschnäpel ne Laichplätze erhalten, weil zwischen den hier anfangs von jeher große Fluktuationen der einzelnen Jahrgangs- weniger zahlreichen, kurzen Buhnen noch genug Heger stärken auf. In der Mittelelbe konnte üblicherweise vorhanden waren, die von den Schnäpeln zur Eiablage immer drei Jahre nach einem Hochwasserjahr mit ei- benutzt werden konnten. In den Jahren vor 1900 wurde nem besonders ertragreichen Schnäpelfang gerechnet von den Elbfischern (fälschlicherweise) die Abnahme werden (Dröscher 1898, Pape 1952, Bauch 1958). Das der Schnäpelfänge weniger auf die Zerstörung der deutet zum einen darauf hin, dass die Schnäpel bei Laichplätze zurückgeführt, sondern vielmehr auf das hohem Wasserstand besonders gute Vermehrungsbe- Verschwinden der Fischzugstellen infolge der Buhnen- dingungen vorfanden (deutliche Vergrößerung der baumaßnahmen (Dröscher 1898, Bauch 1958). Laichflächen und Brutaufwuchshabitate). Zum anderen war die Schnäpelfischerei bei Hochwassersituationen In der Zeit nach 1885 sind zwischen den bis dahin in allgemein schlechter durchführbar, weshalb dann ein der Mittelelbe vorhandenen kurzen Buhnen zahlreiche größerer Anteil des Bestandes ungefangen an der neue verlegt worden. Zudem wurden alle Buhnen Laichablage teilnehmen konnte. Bei der damals (vor wesentlich verlängert. Dies führte zu weiteren Be- 1890) großen Fischerzahl sowie der starken Fanginten- standsrückgängen beim Schnäpel. Ab Anfang der sität während der Schnäpellaichzeit ist davon auszu- 1890er Jahre erfolgte eine Erhöhung der Buhnen (über gehen, dass die fischereiliche Sterblichkeit beim Schnä- die Mittelwasserlinie), eine Verbauung der restlichen pel in guten Fangjahren sehr hoch war und der Kolke und dann ab 1900 eine Richtungsänderung der überwiegende Teil der aufsteigenden Laicher, insbeson- Buhnen (70 Grad stromaufgeneigt) zum besseren dere der 3 – 4sömmrigen Erstlaicher, weggefangen Abschwemmen der wenigen im Strom übriggebliebe- wurde. Trotzdem hatte dies bis zum Beginn der plan- nen Sander und Untiefen (Bauch 1958). In der Folgezeit mäßigen Schiffbarmachung des Stromes keinerlei verringerte sich der Schnäpelbestand soweit, dass er nachhaltige Auswirkungen auf den Fortbestand der für die Fischerei seine Bedeutung verlor. Im Gegensatz Elbschnäpelpopulation. Der Zusammenbruch des etwa zu Maifisch und Stör verschwand der Schnäpel Schnäpelbestandes der Elbe setzte, genau wie bei den jedoch nicht ganz aus dem Elbstrom. So kam es über- anderen anadromen Wanderfischen dieses Flusssys- raschender Weise in den Jahren unmittelbar nach dem tems, nach 1870 mit Beginn der lückenlosen Buhnen- 1. Weltkrieg noch einmal zum kurzzeitigen Anstieg der verlegung ein. Bei einem Sanderfluss wie der Elbe Fänge im Bereich der Havelmündung, vermutlich in- hatte dies bereits innerhalb kurzer Zeiträume gravie- folge der kriegsbedingten Einstellung des Dampfer- rende Folgen. Die Einengung des vormals stark mäan- verkehrs und der Einstellung der Stromunterhaltung drierenden Flusses auf einen engen Stromschlauch und (Bauch 1958). Der endgültige Zusammenbruch des der so erzeugte Gefälleanstieg bewirkten ein relativ Elbschnäpelbestandes nach 1923 wurde dann mit rasches Abschwemmen der Heger und Sandbänke. zunehmender Wasserverschmutzung durch die

81 Elbschnäpel (Coregonus oxyrinchus)

­fortschreitende Industrialisierung des mitteldeutschen Erst in neuerer Zeit wurde dann nach der zufälligen Raumes forciert. Bei Bauch (1958) findet sich folgende Entdeckung einer Reliktpopulation von Schnäpeln in Chronologie der Ausrottung des Elbschnäpels: der Vidau und der erfolgreichen Wiedereinbürgerung der Art im schleswig-holsteinischen Eider-Treene­ 1916/1917 Unerwartete Zunahme der vorher schon system auch ein Wiedereinbürgerungsversuch in der gegen Null tendierenden Schnäpelfänge unterhalb Mittelelbe in Sachsen-Anhalt unternommen. So be- von Tangermünde, vor allem im Bereich der Havelmün- stand im Jahr 2000 erstmalig seit fast 80 Jahren dung, aufgrund „...zunehmender Versandungen an wieder die Gelegenheit, Besatzmaterial des Schnäpels manchen Flussstellen, die infolge Menschenmangels für eine Wiedereinbürgerung in die Mittelelbe zu nicht beseitigt werden konnten und dem Schnäpel gute bekommen. Die Voraussetzungen für die Wieder­ Fortpflanzungsverhältnisse boten...“. ansiedlung der Fischart in Sachsen-Anhalt erschienen zu diesem Zeitpunkt so günstig wie nie zuvor. Die 1919 – 1921 Weiterer Anstieg der Schnäpelfänge, vor Wassergüte der Elbe und ihrer großen Nebenflüsse allem bei Werben. hatte sich in den Jahren seit der Wende enorm ver- bessert und die Zahl ehemals verschollener, kies­ 1923 Letztes Jahr mit „größeren“ Schnäpelfängen bei laichender Fischarten nahm zwischen 1994 und 2000 Werben, danach rapider Abfall. stetig zu. Auch das einzige Elbwehr auf deutschem Gebiet bei Geesthacht wurde durch die Inbetrieb­ 1933 Letzter Schnäpelfang bei Belgern. nahme eines neuen Fischpasses im Jahre 1998 wieder für Fische passierbar gemacht. Im Mai 2000 konnten 1934 Letzter größerer Fang (2,5 Zentner) von Schnäpeln erstmals Jungschnäpel in Sachsen-Anhalt ausgesetzt in der Mittelelbe zwischen Arneburg und Werben. werden. Insgesamt gelangten bis zum Jahr 2007 jähr- lich zwischen 500.000 und 600.000 vorgestreckte 1936 „...Schnäpelfang bei Arneburg nur noch ganz ver- Schnäpel zum Einsatz in die Mittelelbe bei Räbel, einzelt...“ Dalchau, Billberge, Tangermünde und Magdeburg. Von der Fortführung des Besatzes wurde danach 1939 „...Fang des letzten Schnäpels bei Werben...“. abgesehen, weil die erwarteten Rückkehrer in den Jahren nach 2003/04 ausblieben. Auch die Ergebnis- se von Reusenkontrollen im Fischpass Geesthacht Schutzmaßnahmen waren ernüchternd. Nicht ein einziger Schnäpel konnte hier gefangen werden. Da unterhalb von Nachdem es in den 1880er Jahren dem Amtsrichter Geesthacht vereinzelt immer wieder Schnäpel von Adickes aus Arneburg zum ersten Mal gelungen war, Berufsfischern gefangen werden, wird deutlich, dass Eier von vor Ort gefangenen Elbschnäpeln künstlich der Fischpass am Südufer des Geesthachter Wehres zu erbrüten, richtete der westpreußische Fischereiver- selektiv wirkt und bestimmten Fischarten keine Pas- ein 1887 in Arneburg erstmals eine Schnäpelbrutan- sage ermöglicht. Dazu kommt die beständige Fort- stalt ein. Diese erzeugte in den Folgejahren alljährlich setzung wasserbaulicher Maßnahmen. Ein weiteres zwischen einigen Hunderttausend und mehreren Problem sind die seit einigen Jahren wieder auf­ Millionen Stück Schnäpelbrut, welche man in der tretenden „Sauerstofflöcher“ im Hamburger Gebiet. Mittelelbe zur Aussetzung brachte (Von dem Borne Diese spätsommerlichen, sauerstofffreien Gewässer- 1905). 1890 wurde bei Bienenbüttel an der Ilmenau bereiche an einzelnen Abschnitten der Unterelbe eine weitere Schnäpelbrutanstalt in Betrieb genom- können den Aufstieg von Langdistanzwanderfischen, men, die ebenfalls eine Kapazität zur Erzeugung besonders jedoch aufwachsende Jungfische erheblich mehrerer Millionen Stück Schnäpelbrut besaß. Die Eier gefährden. Solche Sauerstofflöcher wurden ursprüng- für beide Anlagen wurden anfänglich auf den Schnä- lich ausschließlich auf die starke Belastung der Elbe pellaichplätzen bei Arneburg und Werben gewonnen; mit Wasserschadstoffen aus der ehemaligen DDR später nach Ausbleiben des Schnäpelaufstieges im zurückgeführt. Heute zeigt sich jedoch, dass sie auch Arneburger Gebiet stammten die Eier aus dem Bereich maßgeblich vom Ausmaß der Baggerarbeiten zur der Havelmündung bei Werben und Räbel. Nach Schef- Elbvertiefung und der Beseitigung von Sauerstoff fel (1995) sollen im Jahr 1905 immerhin noch 2,3 Mil- produzierenden Flachwasserbereichen in der Unter­ lionen Stück Schnäpelbrut erzeugt worden sein, ob- elbe beeinflusst werden. wohl der Laichfischfang ständig schwieriger wurde. Die Schnäpelerbrütung im Mittelelbegebiet wurde Nach der FFH-RL ist der Elbschnäpel (Coregonus oxy- nachweislich bis Anfang der 1920er Jahre fortgesetzt rinchus) streng geschützt (Anhang IV) und für seine (Kisker 1926) und musste dann mit dem völligen Aus- Erhaltung müssen entsprechende Schutzgebiete aus- bleiben der Art im Mittelelbegebiet eingestellt werden. gewiesen werden (Anhang II). Lachsartige

82 Kleine Maräne (Coregonus albula)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Biotopansprüche/Lebensweise

Die Kleine Maräne stellt im Land Sachsen-Anhalt im So wie die Großen Maränen (englisch: Whitefishes) Arendsee einen wichtigen Wirtschaftsfisch der Be- bilden auch die Kleinen Maränen einen eigenstän­ rufsfischerei dar. Daneben gibt es auch in einigen digen Artenkreis (Coregonus albula species group) Tagebauseen, wie Goitzsche, Gröbener und Gremmi- innerhalb der Familie der Coregoniden. Obwohl die ner See, und der Rappbodetalsperre stabile Bestände. meisten Vertreter dieser Artengruppe, insbesondere Da der Arendsee ein relativ junger Einbruchsee ist in Europa, tatsächlich relativ klein bleiben, bildet die (letzte größere Senkungen im 16./17. Jahrhundert), Größe kein spezielles Kriterium für die Zuordnung zu basiert der Maränenbestand vermutlich auch hier den Großen oder Kleinen Maränen. So können auch ausschließlich auf Besatzmaßnahmen. Wann erstma- einige Vertreter der Kleinen Maränen bis 40 cm lang lig Besatz erfolgte, lässt sich nicht mehr genau ermit- werden. Die europäischen Kleinmaränen kommen teln. Lehrmann & Schmidt (1912), die den Fischbe- vorwiegend in großen Seen vor. In Finnland, Russland stand und die Berufsfischerei auf dem Arendsee vor und Sibirien gibt es aber auch anadrome Arten, die dem 1. Weltkrieg beschreiben, erwähnen nur verein- im Meer oder Brackwasser der Flussmündungen zelte Fänge von lachsartigen Fischen. Hierbei handel- ­leben und zum Laichen in die Zuflüsse aufsteigen. te es sich allem Anschein nach um die auch damals Weiterhin existieren frühjahrs- und herbstlaichende dort nur selten vorkommende Große Maräne, deren Populationen. Bestand ebenfalls auf Besatz beruhte (Anonym 1913). Eine gezielte Maränenfischerei wurde bis zum 1. Welt- In Sachsen-Anhalt kommt ausschließlich die in Nord- krieg nicht betrieben. Die heute in weiten Fischerei- deutschland und im Baltikum weit verbreitete Art kreisen Nord- und Mitteldeutschlands bekannten und Corgeonus albula vor. Sie ist wie die meisten Coregonen alljährlich in vielen Millionen Stück Brut für Besatz- kaltstenotherm und daher fast ausschließlich in oli- maßnahmen verschickten Arendseemaränen (Kleine gotrophen, tieferen Seen zu finden, die auch im Maränen) stammen ursprünglich aus dem Enzigsee ­Sommer noch ausreichende Sauerstoffverhältnisse im bei Nörenberg in Hinterpommern (Schriftwechsel Tiefenwasser aufweisen. Unsere Kleine Maräne laicht Prof. Schäperclaus – Kammerad). In den Jahren von von Ende November bis Dezember nach Absinken der 1928 – 1945 wurde mit alljährlich vielen Millionen Wassertemperatur auf 6 – 4 °C und Erreichen der Voll- Stück Brutbesatz im Arend­see ein fischereilich nutz- zirkulation des Seewassers. Die Eizahl der Rogner liegt barer Maränenbestand aufgebaut. Nach dem Krieg durchschnittlich bei 10.000 – 20.000 Stück. In der und der Abtretung der Ostgebiete an Polen erlangten Regel laichen die Fische entlang der Schaarkante in dann die Arendseemaränen in der norddeutschen Tiefen von 3 – 10 m, selten in bis zu 20 m tiefem Wasser. Seenfischerei den gleichen legendären Ruf wie ehe- Nach Kottelat & Freyhof (2007) erfolgt das Laichen mals die Maränen des Enzigsees (Bauch 1966). Die in klaren Seen in größerer Tiefe als in trüberen Gewäs- wenigen übrigen Vorkommen in Sachsen-Anhalt sern, wo flacher bzw. oberflächennäher gelaicht wird. stammen aus Brutbesatz vom Arendsee. Die Eier sinken nach der Befruchtung zu Boden, wo sie

Kleine Maräne (Coregonus albula) Lachsartige

83 Kleine Maräne (Coregonus albula)

am Substrat haften bleiben. Durch die niedrigen Was- Schutzmaßnahmen sertemperaturen erstreckt sich die Inkubationsphase über 3 Monate (300 – 400 Tagesgerade). Meist schlüp- Hierzu zählen insbesondere eutrophierungsverhin- fen die Larven im März oder Anfang April. Die Larven dernde Maßnahmen zur strikten Reduzierung des leben zwar schon wie die adulten Tiere pelagisch; sie Nährstoffeintrages über Abwässer oder aus dem halten sich aber bevorzugt oberflächenah entlang der kultivierten Umland. In Zießau am Arendsee wird Uferkanten bzw. Schilfgürtel auf. Die größeren und durch den ansässigen Berufsfischer ein Bruthaus adulten Fische stehen gewöhnlich tagsüber im tiefe- betrieben, in dem jährlich 20 – 30 Millionen Stück ren Freiwasser, wogegen sie sich nachts mehr oberflä- Brut der Kleinen Maräne erzeugt werden können. Der chennah aufhalten und im Sommer oft sogar bis ganz größte Teil dieser Brut dient zum Besatz der neu zur Oberfläche aufsteigen und dort nach Nahrung entstandenen Tagebaurestseen im mitteldeutschen suchen. Die Ernährung erfolgt fast ausschließlich Braunkohlenrevier in Sachsen, Sachsen-Anhalt und durch Zooplankton. Die Laichreife der kurzlebigen Art Brandenburg. Als Eigenbesatz für den Arendsee (4 – 6 Jahre) wird meist nach 2 Sommern erreicht. Die werden davon maximal 5 Millionen Stück pro Jahr Größe der Fische im Fang der Berufsfischer liegt meist ausgesetzt. zwischen 15 und 20 cm (2 – 4 jährig). Die Maximalgrö- ße erreicht je nach See und Nahrungsbedingungen Da die Kleine Maräne in Sachsen-Anhalt ursprünglich zwischen 20 und 30 cm. In den oligotrophen, nah- nicht heimisch war, sind eigentlich keine speziellen rungsarmen Tagebaurestseen im mitteldeutschen Artenschutzprogramme notwendig. Von Maßnahmen, Braunkohlenrevier neigen die Maränen häufig zu die der Reinhaltung der Standgewässer und der Ver- Klein­wüchsigkeit, was die berufsfischereiliche Nut- besserung der Wassergüte dienen, profitieren grund- zung der Gewässer sehr einschränkt. sätzlich auch die Maränen. Die Kleine Maräne stellt eine der Leitarten bei der Rekultivierung und Besied- lung der Restseen der Bergbaufolgelandschaft in Gefährdungen Mitteldeutschland dar. Deshalb wird eine allgemeine Zunahme der Bestände dieser Fischart in Sachsen- Gefährdungen ergeben sich vor allem durch zuneh- Anhalt in den kommenden Jahren erwartet. mende Eutrophierung (Arendsee) und dadurch be- dingtem Sauerstoffmangel in der Tiefenzone sowie In der FFH-RL sind alle Maränen (Coregonus spp.) im höheren Temperaturen und pH-Werten oberhalb der Anhang V aufgelistet, wodurch ihr Fang bestimmten Sprungschicht. Vorschriften unterliegt. Lachsartige

84 Kleine Maräne (Coregonus albula) Lachsartige

85 Äsche (Thymallus thymallus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Weise und ganz im Gegensatz zu anderen Flusssyste- men der Äschenbestand in Helme und Thyra trotz Autochthone Vorkommen der Äsche in Sachsen-Anhalt verbesserter Wassergüte und Strukturgüte dieser sind ursprünglich hauptsächlich aus dem Saaleein- Gewässer keinerlei Erholungstendenzen zeigte. Im zugsgebiet bekannt. Hier waren insbesondere für Gegenteil, die Äschen- und Barbenbestände nahmen Helme und Thyra sowie für die oberen, an Thüringen immer weiter ab. Untersuchungen von Ebel (2005) grenzenden Abschnitte von Saale, Unstrut und Weißer bewiesen, dass eindeutig der zunehmende Kormoran- Elster historische Vorkommen beschrieben worden bestand, insbesondere auf dem nahen Helmestausee, (von dem Borne 1882, 1883). Nach der Verbreitungs- hierfür verantwortlich war. Auf der mittleren Bode karte von Wittmack (1875b) gab es früher auch in der tauchten erstmals im Winter 1999/2000 größere sachsen-anhaltischen Wipper und der Selke Äschen Kormoranschwärme auf. In der Folge brach der Äschen- (Wittmack 1875a). Zahn et al. (2007) fanden darüber bestand hier fast schlagartig zusammen. Seit Winter hinaus im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalts auch 2005/06 hat sich dieser Zusammenbruch dann an Angaben zu historischen Äschenvorkommen in der allen anderen Äschenflüssen des Harzvorlandes und Ilse und der Ecker. Inwieweit noch weitere Flüsse des der Niederungen in Sachsen-Anhalt vollzogen. Wärend Unterharzes und nördlichen Harzvorlandes von der im Jahr 2000 in der Bode bei Ditfurt noch eine weit- Äsche besiedelt waren, lässt sich anhand der vorhan- gehend intakte Population festgestellt werden konn- denen historischen Quellen heute nicht mehr nach- te, fehlte die Äsche 2007 und 2008 bis auf wenige vollziehen. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war die Einzeltiere völlig. Ähnliche Populationsrückgänge typische Äschenregion der Flüsse starken anthropo- waren ebenfalls für die Holtemme und die Wipper zu genen Schädigungen und Einflüssen unterworfen und verzeichnen (Lewin et al. 2009). in der Regel übermäßig durch Abwässer verschmutzt. Im Gegensatz zu anderen Arten wie z. B. der Bachfo- Nur an ganz wenigen Abschnitten von Bode und Sel- relle, die bis in kleinste Nebenbäche aufsteigt und nach ke im Harz, die in diesen Wintern zugefroren waren, Abwasserfischsterben relativ rasch die verödeten blieben Restbestände der Äsche erhalten. Versuche, Flussstrecken wieder besiedeln kann, verfügten die mit Besatzfischen von diesen beiden erhaltenen Be- einmal ausgerotteten Äschenbestände nicht über ein ständen andere Abschnitte der Äschenregion im solches Wiederbesiedlungspotenzial. Wenn die Art in Harzvorland wiederzubesiedeln, blieben erfolglos. der Äschenregion eines Vorharzflusses erst einmal Mittlerweile sind auch die beiden Harzbestände durch verschwunden war, dann konnte sie wegen der bereits die ganzjährige Besiedlung des Harzes mit Kormora- seit dem Mittelalter vorhandenen zahlreichen Müh- nen akut bedroht. Durch die relativ strengen Winter lenstaue sowie der späteren Verödungszonen durch 2008/09, 2009/10 und 2010/11, die einen verstärkten Bergwerks- und Industrieabwässer den ehemaligen Kormoranbeflug kleinerer, nicht vereister Fließgewäs- Lebensraum nicht selbständig neu besiedeln. Dieser ser mit sich brachten, hat sich die Bestandssituation Zustand änderte sich erst Anfang der 1990er Jahre. So der Äsche in Sachsen-Anhalt weiter verschlechtert. gelangten zu dieser Zeit Äschen aus Helme und Thyra Der Zustand ist ähnlich, eventuell sogar bedrohlicher, im Rahmen von Wiederbesiedlungsversuchen veröde- als Ende der 1980er Jahre. Die Verbreitungskarte spie- ter Flussstrecken nach Abwasserfischsterben in Bode gelt diese aktuelle Gefährdungssituation noch nicht und Selke. Im Zuge der enormen Wassergüteverbes- wider, da hier alle Funddaten seit 1991 dargestellt sind. serung nach der Wende vermehrten sich die hier an- gesiedelten Äschenbestände auf den vormals nahezu fischfreien Strecken rasant. So dauerte es in diesen Biotopansprüche/Lebensweise Vorharzflüssen nur 4 – 5 Jahre, bis die Äschen die nach ihnen benannte Flussregion dieser Gewässer in großer Die Äsche gibt als Leitfischart einer Fließgewässer­ Zahl wieder besiedelt hatten und den Angelfischern region (Äschenregion) ihren Namen, die sich beim eine fantastische Fischerei boten. In der Folgezeit Austritt aus dem Vorgebirge gewöhnlich an die Forel- wurden weitere anthropogen geschädigte Salmoni- lenregion anschließt. Der Flusslauf ist hier gegenüber denflüsse durch Angelfischervereine mit Äschen be- den Gebirgsstrecken deutlich vertieft und große, setzt (Holtemme, Wipper, Nuthe, Rossel). Mit Ausnah- ausgespülte Kolke sowie tiefe, ruhige Strecken wech- me der Rossel, die für die Fischart weniger geeignet seln regelmäßig mit flachen, schnell fließenden Be- ist, bildete die Äsche in all diesen Gewässern innerhalb reichen. In strömungsberuhigten Zonen sind große kurzer Zeit sich selbst erhaltende Bestände, die auch Wasserpflanzenbetten vorhanden. Entscheidend für bei intensiver Angelfischerei keinerlei Beeinträchti- das Vorkommen der Äsche sind neben einer guten gungen erkennen ließen. Das änderte sich allerdings Wasserqualität vor allem Wassertemperaturen, die in zu Beginn des neuen Jahrtausends mit dem Anstieg den Sommermonaten längere Zeit die Schwelle von des Kormoranbestandes in Europa. Bereits Ende der 16 °C überschreiten. Kurzzeitige Verschlechterungen

Lachsartige 1990er Jahre war erkennbar, dass überraschender der Wassergüte toleriert die Äsche eher als die

86 Äsche (Thymallus thymallus)

Äsche (Thymallus thymallus)

­Bachforelle. Die Eiablage erfolgt von März bis Anfang die bereits außerhalb der Mittelgebirgslagen in stark Mai bei etwa 8 °C Wassertemperatur auf kiesigen besiedelten Bereichen liegen und durch einen hohen Flächen. Weite Laichwanderungen werden dabei nicht Grad der Mehrfachnutzung (Industrie, Gewerbe, Land- unternommen. Das Weibchen schlägt nur flache wirtschaft, Besiedlung) gekennzeichnet sind. Hinzu- Laichgruben, welche die nicht klebrigen Eier gerade kommend sind die wenigen Äschenvorkommen Sach- eben gegen das Abdriften schützen. Hierdurch können sen-Anhalts durch den Fraßdruck des Kormorans stark auch Laichbetten, die für die Forellenreproduktion beeinträchtigt. In Summe können diese Faktoren den durch Verschlammung oder Versandung unbrauchbar Erhaltungszustand der Leitfischart Äsche dieser Fließ- geworden sind, von den Äschen genutzt werden. Die gewässerregionen gefährden. Erbrütungsphase der Eier dauert bei den meist schnell steigenden Frühjahrstemperaturen nur 2 – 4 Wochen. Die ausschlüpfenden Larven haben im Vergleich zu Schutzmaßnahmen anderen Salmoniden einen relativ kleinen Dottersack und verlassen bereits nach wenigen Tagen ihre Ver- Gelingt es, die genannten zivilisatorischen Einflüsse stecke zur Nahrungsaufnahme. Bei optimalen Was- und den Kormoranfraßdruck zu reduzieren und eine sertemperaturen von 16 – 19 °C erreichen sie zum Ende gute Wasserqualität sowie eine ausreichende Anzahl des ersten Sommers 7 – 12 cm Länge und ausreichende von Laichplätzen zu erhalten, dann ist die Äsche eine Körperreserven, um den ersten Lebenswinter zu über- relativ robuste Salmonidenart, die sich selbst bei stehen. Die Laichreife wird mit 3 – 4 Jahren und etwa ­intensiver Nutzung durch die Angelfischerei ohne 30 cm Länge erreicht. Bei uns werden die Äschen zusätzliche Besatzmaßnahmen gut halten kann. maximal 50 cm lang und 1,2 kg schwer. Die Nahrung ­Andererseits können aber durch Kormoranbeflug, besteht überwiegend aus aquatischen Insektenlarven Abwasserbelastungen oder Ausbaumaßnahmen gan- und anderen Wirbellosen (Schnecken, Würmer). ze Populationen in kurzer Zeit dezimiert werden. Ohne die Besatz- und Hegemaßnahmen der Angelfischer- vereine sowie ihr Nutzungsinteresse wäre der Äschen- Gefährdungen bestand in Sachsen-Anhalt in weitaus schlechterem Zustand. Trotz vieler Verbesserungen bei der Wasser- und Struk- turgüte der Gewässer bilden die Ausbau- und Unter- Für die Äsche besteht in Sachsen-Anhalt eine Schonzeit haltungsmaßnahmen zugunsten von Hochwasser- vom 1.12. bis 15.5. und für den Fang ist ein Mindestmaß schutz und Landwirtschaft nach wie vor ein starkes von 30 cm festgesetzt. Aufgrund der schlechten Be- Gefährdungspotenzial für Äschenbestände. Der hohe standssituation wurde aber in vielen Gewässern be- Gefährdungsgrad entsteht hier dadurch, dass die reits ein ganzjähriges Fangverbot erlassen. In der

Äschenregion der Gewässer solche Abschnitte ­umfasst, FFH-RL sind Äschen im Anhang V gelistet. Lachsartige

87 Äsche (Thymallus thymallus) Lachsartige

88 Stint (Osmerus eperlanus)

Stint (Osmerus eperlanus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt ­Wehrschusses nicht in der Lage, zum Fischpass am gegenüber liegenden Südufer zu wechseln. Nur ein Vom Stint gibt es zwei unterschiedliche Verbreitungs- verschwindend geringer Teil der Laichschwärme formen: Den großwüchsigen (max. 30 cm langen), wurde dann dort bei günstigen Umständen mit den anadromen Seestint, welcher in küstennahen Mee- Schiffen über die am Nordufer gelegene Schleuse ins resgebieten, Haffs und Flussmündungen lebt und Oberwasser befördert. Eine Abhilfe soll hier zukünf- den kleinwüchsigen (max. 10 cm langen) Binnenstint tig durch den 2010 neu erbauten Fischpass am Nor- der großen norddeutschen Seen und Flussseen. Die dufer erreicht werden. Anhand der seltenen Stintfän- anadrome Wanderform ist heute im Elbästuar die ge oberhalb der Staustufe weis man, dass der Seestint nach Gewicht und Zahl häufigste Fischart und nach wie früher bis in den Abschnitt zwischen Wittenber- wie vor ein wichtiges Fangobjekt der Berufsfischerei. ge und Werben, im Einzelfall auch noch höher, auf- Früher drangen die Laichschwärme bis etwa Witten- steigt und sich in der Mittelelbe auch vermehrt. Die berge in die Elbe vor, wobei sich das Hauptlaichgebiet ersten Stintlarven in unserem Elbeabschnitt wurden normalerweise bis zur Gezeitengrenze bei Geest- Ende der 1990er Jahre im Rahmen des BMBF-For- hacht erstreckte. Nur sehr selten wird in den histori- schungsprojektes „Elbefische“ festgestellt (Thiel schen Quellen von Einzelfängen an oberhalb gelege- 2002). Auch im Rahmen eines Nachfolgeprojektes in nen Fangstellen der Mittelelbe berichtet (Kluge 1900, den Jahren 2005/06 konnten hier wieder Stintlarven Jürgens 1939). Ein nennenswerter Aufstieg oberhalb gefunden werden (Thiel 2006). Nachweise für die Geesthacht wird heute in der Regel durch das dorti- Elbe liegen aus den Jahren 1998, 2000, 2003 und 2007 ge Elbwehr verhindert. Der Seestint, der als Schwarm- für den Bereich der Havelmündung bzw. Schelldorf fisch in großen Verbänden mit tausenden Individuen vor. Damit gelang der bislang am weitesten strom- stromaufwärts zieht, ist offenbar nicht in der Lage, aufwärts gelegene Fang einzelner Stinte 2007 im den Fischpass am Südufer der Staustufe in größerer Hamen des Berufsfischers G. Quaschny bei Schelldorf. Zahl zu überwinden (Schubert & Hagge 2000). Die Im Flussseensystem der Havel im Land Brandenburg im zeitigen Frühjahr aufsteigenden Stintschwärme belegen Befragungen der Berufsfischer zwischen stauen sich unterhalb des Wehres und sind dann dort 1992 und 2010 seltene Vorkommen des kleinen Bin- Gegenstand einer intensiven Fischerei. Oberhalb des nenstintes. Auch von den Havelfischern in Sachsen- Wehres werden dagegen vergleichsweise wenige Anhalt wird dieser hin und wieder mitgefangen. Ob Fische nachgewiesen. Nach Schubert und Hage es sich bei diesen Exemplaren um zugewanderte (2000) stiegen die Stinte bisher vornehmlich am Fische aus den größeren Standgewässern des Havel- Nordufer bis kurz unterhalb des Wehres auf und systems handelt oder um „echte Havelfische“, ist

waren dann wegen der starken Strömung des jedoch unklar. Lachsartige

89 Stint (Osmerus eperlanus)

Biotopansprüche/Lebensweise Larven sind ca. 5 mm lang und halten sich zunächst noch längere Zeit im Süßwasser- bzw. Brackwasserbe- Die Biotopansprüche des Stintes sind schwer definier- reich auf. Bis zum Ende ihres ersten Lebensjahres bar. Die extrem kurzlebige Binnenform bewohnt be- können sie 6 – 8cm Länge erreichen, nach zwei Som- vorzugt größere, tiefe Seen, insbesondere solche mit mern bereits 15 – 18 cm. Die Ernährung der Jungfische sommertrübem Wasser vom Typ des Zandersees. erfolgt überwiegend durch planktische Kleinkrebse Wichtig scheint insbesondere die Größe des Gewässers (Wasserflöhe). Auch die erwachsenen Seestinte ernäh- zu sein, da der in Schwärmen umherziehende Freiwas- ren sich überwiegend von Kleinkrebsen und sonstigen serfisch ein großes Areal beansprucht. Die Laichzeit Freiwasserkleintieren. Im Brackwasser werden bevor- fällt in die Monate März/April, wobei die Eiablage beim zugt Garnelen gefressen. Daneben bilden mit zuneh- Binnenstint sowohl an flachen Stellen der Seen als mender Größe auch Brut- und Jungfische, insbeson- auch nach kurzem Aufstieg in die Zuflüsse über Sand- dere der eigenen Art, einen Großteil der Nahrung. Am oder Kiesgrund stattfinden kann. Über die Laichbedin- Ende des zweiten Lebensjahres erreichen die Fische gungen und Embryonalentwicklung des Binnenstintes gewöhnlich die Geschlechtsreife. Die meisten der am ist wenig bekannt. Die meisten der im Alter von 1 – 2 Laichgeschäft beteiligten Stinte sind 2 Jahre alt. Das Jahren laichreif werdenden Binnenstinte verenden weist darauf hin, dass viele der Stinte nur ein- bis nach der Laichablage. zweimal im Leben am Laichgeschäft teilnehmen und dann bereits einer erhöhten Sterblichkeit unterliegen. Die adulten Stinte der Wanderform leben außerhalb Im Allgemeinen wird der Stint nicht älter als 3 – 5 Jahre. der Laichzeit im Freiwasser der küstennahen Meeres- gebiete sowie im Brackwasser der Flussmündungen. Etwa Mitte/Ende Februar beginnen sich die Schwärme Gefährdungen im Elbmündungsgebiet allmählich zu sammeln. An- fang März setzt dann bei Wassertemperaturen zwi- Gefährdungen der Wanderform des Stintes ergeben schen 3 und 6 °C der stromaufwärts gerichtete sich insbesondere durch Strombaumaßnahmen, Was- Laichaufstieg ein. Trotz häufiger Schlechtwetterperi- serverschmutzung und Beseitigung oder Verschlam- oden in dieser Jahreszeit streben die Fische relativ mung der Laichsedimente. In der Unterelbe und im zügig ihren stromauf gelegenen Laichgebieten zu. In Hamburger Gebiet leiden besonders die Jungfische Jahren mit hoher Wasserführung steigen die Stinte unter den sommerlichen Sauerstoffdefiziten, die im (wie die meisten Wanderfische) weiter auf als bei Zuge der Elbvertiefungen immer häufiger werden. Mittel- oder Niedrigwasserverhältnissen. Die eigent- Weiterhin führen diese Maßnahmen auch zu direkten liche Laichzeit liegt dann in der Elbe zwischen Mitte Lebensraumverlusten. Die teilweise Verfüllung des März und Mitte April und ist wie bei allen Fischen Mühlenberger Lochs, einem großen Süßwasserwatt temperaturabhängig. Ein milder Winter bewirkt eine und NATURA 2000-Gebiet, zur Erweiterung des Airbus- schnellere Reifung der Gonaden und ein früheres Werkes ist ein besonders drastisches Beispiel. Außer- Ablaichen. Welche Temperaturgrenze als Auslöser für dem führen Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen die Laichablage wirkt, ist nicht exakt bekannt. In jedem zur Beseitigung der Heger und Untiefen in der Mit- Fall liegen die Laichtemperaturen unter 10 °C. Nach telelbe zur Zerstörung wertvoller Laichplätze. Diercking & Wehrmann (1991) kann die Laichtempe- ratur im zeitigen Frühjahr erheblich schwanken und soll deshalb kein direkter, die Eiablage beeinflussender Schutzmaßnahmen Faktor sein. Als Laichplatz fungieren sandige oder kiesige Stellen in mäßiger bis schneller Strömung. Die Da mit dem zusätzlichen Fischpass in Geesthacht am Eier sind wenig kälteempfindlich und können bei Nordufer der Elbe zukünftig das Problem der Auf- Kälteeinbrüchen Wassertemperaturen bis hinunter zu stiegsbehinderung zumindest teilweise gelöst wird, 2,5 °C unbeschadet überstehen (jedoch schnelles gilt es hauptsächlich die Ursachen für die anthropo- Absterben bei 20 °C). Die Eizahl beträgt 6.000 – 40.000 gen verursachten Sauerstoffmangelsituationen in der je nach Größe der Rogner. Die gelblichen Eier kleben Unterelbe zu beseitigen. Bei notwendigen Elbvertie- zunächst am Substrat, später lösen sie sich und treiben fungen, durch die geeignete Lebensräume beeinträch- frei im Wasser herum. Bis ins Brackwasser abgetriebe- tigt oder zerstört werden, müssen entsprechende ne Eier können einen Salzgehalt bis maximal 1 % er- Ersatzhabitate mit strömungsberuhigten Flach­was­ tragen. Die Inkubationsperiode dauert je nach Was- serzonen als Brut- und Aufwuchshabitate geschaffen sertemperatur 3 – 4 Wochen. Die frisch geschlüpften werden. Lachsartige

90 Stint (Osmerus eperlanus) Lachsartige

91 Hecht (Esox lucius)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Günstige Bedingungen findet der Hecht auch heute noch in den Altwässern und Resttümpeln mit klarem Der Hecht war einst einer der Charakterfische der Elbe Wasser und reichlich Pflanzenwuchs (Hecht-Schlei- und der großen in sie einmündenden Niederungsflüs- Seentyp) entlang der Elbe und Havel. Der Prototyp se im Land Sachsen-Anhalt. Im Gegensatz zum Zander eines typischen Hechtgewässers war stets der Schol- waren seine Bestände jedoch in den großen Flüssen lener See; jedoch ist hier der Bestand durch Aus­ jahrzehntelang stark rückläufig, so dass er von den stickung und sommerliches „Umkippen“ zusammen- Berufsfischern hier lange Zeit als selten eingestuft gebrochen. Auch die Unterbrechung der ökologischen wurde. Dies gilt nach wie vor in ganz besonderem Durchgängigkeit durch Stauanlagen zwischen Havel Maße für Saale, Havel, Mulde, Unstrut, Weiße und und Schollener See wirkt auf den Hechtbestand stark Schwarze Elster, die entweder durch den Ausbau zu limitierend, da der Schollener See früher ein bedeu- Wasserstraßen oder aus Hochwasserschutzgründen tendes Reproduktionshabitat für Havelhechte darstell- sowie durch starke Eutrophierung als Lebensraum te. Stabile Hechtbestände sind heute vor allem in den wenig geeignet sind und demzufolge nur noch gerin- verzweigten Grabensystemen von Drömling, Wische, ge Bestände beherbergen. Auch bei der Elbe war dieser Gebiet der Unteren Havel und Großes Bruch anzutref- Prozess abnehmender Hechtbestände jahrzehntelang fen. Auch die Harztalsperren und -teiche mit ihrem zu beobachten. Erst mit der leicht abnehmenden klaren Wasser sowie verschiedene Kiesbaggerseen Trübung des Flusses durch die Verbesserung der Was- und Tagebaurestgewässer bieten dem Hecht ausrei- sergüte seit einigen Jahren scheinen sich hier auch die chende Lebensbedingungen. In den kleineren und Hechtbestände zu erholen. Bereits seit einiger Zeit ist mittleren Fließgewässern des Landes wird der Hecht die Tendenz zu beobachten, dass die Hecht- und Zan- bei Fischbestandserfassung zwar regelmäßig ange- derfänge der Berufsfischer in der Elbe gleichwertig troffen; im Vergleich zum Gesamtfischbestand ist die sind. In den 1990er Jahren fiel dieses Verhältnis noch Art jedoch unterrepräsentiert und keinesfalls be- eindeutig zu Gunsten des Zanders aus. standsregulierend wirksam. Das ist auch einer der

Hecht Hecht (Esox lucius)

92 Hecht (Esox lucius)

Gründe dafür, warum in den anthropogen geschädig- der Makrophytenbestände verursacht. Desgleichen ten Gewässern Überstände anspruchsloser Massen- führen wasserbauliche Maßnahmen im weitesten fischarten überwiegen und so zusätzlich den Bestand Sinne zur Abnahme der Laichplätze und Unterstände. bzw. das Aufkommen gefährdeter Arten unterdrücken. Da fast alle kleineren Fließe und Grabensysteme im Land Sachsen-Anhalt zur Wasserhaltung staureguliert sind, verursacht ein zu frühes und schnelles Senken Biotopansprüche/Lebensweise des Wasserstandes auf den Überschwemmungsflä- chen (z. B. im Havelgebiet) regelmäßig das Trocken­ Der Hecht ist ein allgemein bekannter, großwüchsiger fallen von Laich und Brut. Daneben führt der relativ Raubfisch (bis über 1,2 m lang) stehender und fließen- leichte Fang des Hechtes (Zielfischart der Angelfischer) der Gewässer. Im Gegensatz zum Zander bevorzugt er zu einer hohen fischereilichen Sterblichkeit. klare Gewässer mit reichlichem Wasserpflanzenbe- wuchs. Hier steht er als Lauerräuber in Unterständen Die herausragende Stellung des Hechtes als Groß- und erbeutet Fische der verschiedensten Arten durch raubfisch in der Nahrungskette unserer Gewässer blitzschnelles Zustoßen. Da der Hecht als Einzelgänger wird mitunter von Angelfischern verkannt. Obwohl zum Kannibalismus neigt, hängt die Bestandsgröße er gerne und stark beangelt wird, erfolgt in vielen u. a. stark von der Anzahl möglicher Verstecke und Gewässern der Angelfischerei keine wirkliche För- Unterstände (Wasserpflanzenbestände) ab. Nur zur derung der Bestände, da er anscheinend die eben- Laichzeit finden sich mehrere Fische zusammen. Die- falls gern beangelten und zahlreich ausgesetzten se liegt bei uns meist zwischen Anfang April bis Anfang Karpfen gefährden soll. In der Folge gibt es Angel- Mai bei Wassertemperaturen um 8 – 10 °C. Zur Fort- gewässer (insbesondere kleinere Standgewässer), pflanzung suchen die laichreifen Hechte seichte ver- die verbuttete Cyprinidenbestände beherbergen krautete Uferstellen oder Überschwemmungswiesen und deshalb nur eine geringe fischereiliche Produk- auf. Die Laichablage erfolgt in mehreren Portionen tivität aufweisen. und kann bis zu 2 Wochen in Anspruch nehmen. Die Eizahl liegt bei ca. 40.000 Stück je kg Körpergewicht. Die klebrigen Eier haften an Wasserpflanzen und be- Schutzmaßnahmen nötigen je nach Wassertemperatur 10 – 20 Tage bis zum Schlupf. Hierzu zählen insbesondere Maßnahmen zur Ein- schränkung der Eutrophierungsursachen sowie der Die Brut heftet sich zunächst ca. 10 Tage lang mit am Erhalt von Laichplätzen und Unterständen für die Art. Kopf befindlichen Klebdrüsen an Pflanzen an. Erst Auf stauregulierten Überschwemmungsflächen muss danach geht sie zur aktiven Ernährung über. Zuerst ein möglichst spätes (nicht vor dem 15. Mai) und vor wird Zooplankton gefressen, doch schon ab 3 – 4 cm allem langsames Absenken des Wasserstandes erfol- Länge erfolgt der Übergang zu größeren Beutetieren. gen, damit die Brut mit abschwimmen kann. Die Überlebensrate der Jungfische hängt stark von der Menge bzw. Größe der Wasserpflanzenbestände ab. Zur Bestandsstützung werden sowohl von Berufs- als Die Beutefische sind deutlich größer als beim Zander auch Angelfischern in Sachsen-Anhalt das künstliche und können zuweilen mehr als die Hälfte der eigenen Erbrüten und Vorstrecken von Hechten durchgeführt. Größe überschreiten. Die Laichreife erreichen die In Angelgewässern mit hoher fischereilicher Sterblich- männlichen Hechte bereits ab einer Größe von ca. keit der Hechte und ungenügenden Wasserpflanzen- 20 – 35 cm, die weiblichen zwischen 25 und 40 cm beständen bzw. Laichplätzen kann Hechtbesatz ent- Länge. Die Fische wachsen bei gutem Nahrungsange- sprechend der vom Institut für Binnenfischerei bot sehr rasch, so dass das erste Laichen meist bereits herausgegeben Grundsätze zur „ordnungsgemäßen im zweiten oder dritten Lebensjahr erfolgt. Fischerei“ eingebracht werden. Zur Ermittlung der notwendigen Besatzhöhe ist die Führung von entspre- chenden Besatz- und Fangstatistiken unerlässlich. Gefährdungen Gesetzliche Schutz- und Schonmaßnahmen für den Die vielerorts regressive Bestandsentwicklung beim Hecht im Land Sachsen-Anhalt sind eine Artenschon- Hecht wird vor allem durch Eutrophierung und Eintrü- zeit vom 15. Februar bis 30. April sowie ein Mindestmaß bung der Gewässer und in deren Folge durch Abnahme von 50 cm. Hecht

93 Hecht (Esox lucius) Hecht

94 Plötze (Rutilus rutilus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt geeigneter strömungsberuhigter, tiefer Winterhabi- tate, insbesondere in Altarmen, entscheidend. Hier Die Plötze ist in nahezu allen geeigneten Gewässern hinein ziehen die meisten Stromfischarten, wenn sich vertreten und die häufigste und am weitesten verbrei- das Wasser im Hauptstrom im Herbst unter 7 – 8 °C tete einheimischen Fischart in Sachsen-Anhalt. Es gibt abkühlt. Fehlen diese Winterlager infolge des Strom- nur wenige Gewässertypen, in denen dieser Fisch bei ausbaus, erleidet vor allem die 0+ Altersgruppe der Bestandsuntersuchungen nicht nachgewiesen werden Plötze sowie auch vieler anderer Fischarten bei der kann, wie kleinste Wiesengräben und Mittelgebirgs- ersten Überwinterung hohe Verluste. In den schiffba- bäche. Eine Abnahme des Plötzenbestandes, wie z. B. ren Strömen sind deshalb die Häfen oftmals die ein- von den Berufsfischern in der Havel in den 1990er zigen verfügbaren Winterhabitate für Fische. Da hier Jahren beklagt, ist äußerst selten. Das extreme Anpas- aber gewöhnlich eine hohe Beunruhigung durch den sungsvermögen der Plötze bezüglich Lebensraum- Schiffsverkehr herrscht, stellen Häfen oft keine opti- strukturen, Wassergüte und Nahrungsspektrum prä- malen Ersatzwinterlager dar. destiniert sie geradezu für das Überleben auch in stark ausgebauten bzw. stark anthropogen beeinträchtigten In der Erwerbsfischerei spielt die grätenreiche Plötze Gewässern. Selbst in den großen Schifffahrtskanälen heute trotz ihrer Häufigkeit nur eine untergeordnete ist sie eine der häufigsten Arten und deshalb ein typi­ Rolle. Hier ist sie vornehmlich in der Nahrungskette scher Vertreter der sogenannten „Bundeswasserstra- als bevorzugter Futterfisch für Zander und Hecht von ßen-Ichthyozönose“. Im Gegensatz zum Barsch hängt Bedeutung. die Höhe des Brutaufkommens der Plötze nicht unbe- dingt von der Strukturvielfalt der Uferregion ab. Des- halb sind auch in völlig strukturlosen Gräben und Biotopansprüche/Lebensweise Kanälen mit Spundwandufern mitunter große Plötzen­ bestände vorhanden. In großen zu Wasserstraßen Die Plötze ist eine euryöke, also in Hinsicht auf Was- ausgebauten Flüssen und Strömen (wie Elbe, Havel, serqualität, Gewässerstruktur und Fortpflanzungs­ Saale) ist für die Bestandsgröße das Vorhandensein bedingungen sehr anspruchslose Fischart. Sie zeigt

Plötze (Rutilus rutilus) Karpfenartige

95 Plötze (Rutilus rutilus)

keine Präferenz für Stand- oder Fließgewässer. Selbst über 12 cm. Die Weibchen wachsen dabei deutlich im Brackwasser bis zu etwa 0,8 % Salzgehalt kommen besser als die Männchen und erreichen auch ein hö- Plötzen vor. Trotzdem sind sommerwarme, pflanzen- heres Endalter sowie größere Stücklängen und Kör- reiche, stehende bis schwach fließende Gewässer mit permassen. Zudem zeigen die Plötzenmilchner eine sandigem bis schlammigem Grund der bevorzugte höhere Sterblichkeit als die Rogner, so dass letztere Lebensraum. Auch alternde, mesotrophe bis schwach mit zunehmendem Alter überwiegen. Plötzen über eutrophe Bergbaurestseen oder zur Eutrophierung 25 cm Länge sind gewöhnlich immer Rogner. In der neigende Maränenseen sind typisch für starke Plöt- Regel werden aber auch die Plötzenweibchen selten zenbestände. Daneben werden aber auch vielfältige älter als 13 – 15 Jahre sowie maximal 45 cm lang und andere Gewässertypen besiedelt. In ausgebauten 1,5 – 2,0 kg schwer. In manchen kleineren Standgewäs- Gewässern, wie Kanälen, ist die Plötze eine der häu- sern, vor allem solchen mit ausschließlich angelfische- figsten Arten überhaupt. reilicher Nutzung und geringem Raubfischbestand, können die Plötzenbestände zur Verbuttung neigen. Die Laichzeit erstreckt sich von April bis Mai, bei Laich- Hierbei handelt es sich dann häufig um Fische, die bei temperaturen von 10 – 16 °C (meist bei 12 – 14 °C). In Mangel an tierischer Nahrung größere Mengen Det- Stauseen und auch in Flüssen erfolgt meist beim Er- ritus fressen. reichen einer Wassertemperatur von 9 °C eine kurze Laichwanderung flussaufwärts in Richtung der Zuflüs- se bzw. Nebengewässer. An das Laichsubstrat stellt Gefährdungen die Plötze keine besonderen Anforderungen. Gewöhn- lich werden die klebrigen Eier an submerse Makro­ Aufgrund ihrer Anspruchslosigkeit gegenüber Was- phyten abgelegt. Wo keine Pflanzen vorhanden sind serqualität und Lebensraumstrukturen ist eine Be- wie in Schifffahrtskanälen, werden die Eier einfach standsgefährdung nahezu überall auszuschließen. Die über Steinschüttungen abgegeben. In kleinen Niede- regressive Entwicklung des Plötzenbestandes in eini- rungsflüssen und Bächen legen die Plötzen, ähnlich gen Gewässern hängt offensichtlich mit einem hohen wie Hasel und Döbel, ihre Eier auch auf Kiesgrund bzw. Zanderbestand zusammen, der ein wichtiger Fress- über steinigen Substraten ab. Meist laicht die gesam- feind der Plötze ist und im Gegensatz zum Hecht die te Population eines Gewässers schwarmweise in einem hochrückigen Arten Güster, Blei und Zope nicht aus- Zeitraum von 5 – 10 Tagen. Die Eizahl kann bei großen reichend nutzen kann. Der besonders in Angelgewäs- Rognern 50.000 – 100.000 Stück betragen. Die Inku- sern beobachteten Verbuttung des Plötzenbestandes bationsperiode dauert je nach Wassertemperatur kann mit Raubfischbesatz (Zander oder Hecht) meist 6 – 10 Tage. sehr gut begegnet werden. Es ist deshalb ein grund- sätzlicher Bewirtschaftungsfehler der Angelfischerei, Die Ernährung ist bei dieser anpassungsfähigen Fried- in Standgewässern mit kleinwüchsigen Plötzen ande- fischart erwartungsgemäß sehr vielseitig. Das Beute- re vermeintlich großwüchsigere Friedfischarten (Karp- spektrum umfasst das gesamte greifbare Artenspek- fen, Blei, Schleie) in großer Zahl zu besetzen. Da das trum des Zooplanktons (in Standgewässern) sowie vorhandene Nahrungsangebot in solchen Fällen ja des Makrozoobenthos. Zum Teil werden aber auch schon für die Plötzenpopulation nicht ausreicht, müs- Fadenalgen und andere weiche Wasserpflanzen sowie sen stattdessen geeignete Raubfische als natürliche Detritus in größeren Mengen gefressen. Gewöhnlich Gegenspieler eingesetzt werden. Dadurch kann meist fressen die jüngeren Altersklassen vornehmlich Zoo- bereits in relativ kurzer Zeit die Verbuttung der Plötzen plankton und gehen dann mit zunehmender Größe gestoppt werden und das erhöhte Raubfischaufkom- zur Ernährung durch Chironomiden und Mollusken men führt zu einer Steigerung des Fischereiertrages. über. Plötzen sind typische Schwarmfische, die bevor- zugt die Uferregionen der Gewässer besiedeln. Ledig- lich zur Überwinterung werden die tiefsten Stellen der Schutzmaßnahmen Gewässer aufgesucht. Die Laichreife erreichen die Männchen im Alter von 2 – 3 Jahren bei ca. 10 – 12 cm Schutz- und Fördermaßnahmen sind für die Art nicht Länge; die Weibchen meist ein Jahr später bei Längen erforderlich. Karpfenartige

96 Plötze (Rutilus rutilus) Karpfenartige

97 Moderlieschen (Leucaspius delineatus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt scheint das Vorkommen von Graskarpfen zu spielen. Graskarpfenfreie Kleingräben waren stets völlig mit Die Vorkommen des Moderlieschens sind sporadisch Makrophyten zugewachsen oder nahezu völlig durch über das Land Sachsen-Anhalt verteilt. Dabei ist die Schwimmblattpflanzen (Lemnea) bedeckt, so dass der Art vielerorts in Gewässern zu finden, die weder durch Lebensraum für Fische nicht geeignet war. In den ganz die Berufs- noch von der Angelfischerei bewirtschaftet oder teilweise durch Graskarpfen frei gefressenen werden. Wegen ihrer Kleinwüchsigkeit wird sie bei Kleingräben ließen sich dagegen häufig Graskarpfen Bestandserfassungen leicht übersehen. Zusätzlich und Moderlieschen als alleinige Fischbesiedlung unterliegen die Bestände des Moderlieschens auf- finden, oft aber noch ergänzt durch eine oder meh- grund einer geringen Lebenserwartung naturgemäß rere der anderen drei dominanten Fischarten Barsch, starken Schwankungen, so dass Populationsgröße und Güster und Plötze. Weitere Verbreitungsschwerpunk- -entwicklung oft falsch eingeschätzt werden. te des Moderlieschens sind kleine, ausstickungsge- fährdete Teiche und Tümpel sowie die wenigen Verbreitungsschwerpunkte bilden sowohl die Altwäs- kommerziell betriebenen Karpfenteichwirtschaften ser entlang der Elbe als auch einzelne, ehemalige im Land Sachsen-Anhalt. Trotz oder gerade wegen der Niedermoorgebiete im Land, die mit ihren zahlreichen für die Bewirtschaftung notwendigen regelmäßig Entwässerungsgräben dem Moderlieschen optimale Abfischungen und Trockenlegungen sowie dem Besatz Bedingungen bieten (z. B. Drömling). Dort ist die Art mit nur wenigen Nutzfischen bilden sich hier fast oft in hohen Bestandsdichten anzutreffen und lebt alljährlich starke Moderlieschenpopulationen heraus. oft nur mit wenigen Arten vergesellschaftet (meist Mitunter tritt die Art (meist kurzzeitig) auch in für sie Plötze, Güster oder Barsch) in einem Graben zusam- weniger typischen Lebensräumen (z. B. Saale und Elbe) men. In artenreicheren und größeren Gewässern mit auf. Nach Arnold & Längert (1995) werden jedoch höherem Konkurrenzdruck, fehlt die Art dagegen vornehmlich stehende Gewässer besiedelt, während häufig. Eine Schlüsselrolle für die Verbreitung in den nur 18 % der nachgewiesenen Vorkommen in Fließ- kleinen, abgeschlossenen Gräben des Drömlings gewässern zu finden waren.

Karpfenartige Moderlieschen (Leucaspius delineatus)

98 Moderlieschen (Leucaspius delineatus)

Historische Angaben zum Moderlieschen finden sich Abbruch des Laichvorganges, so dass die Optimaltem- nur äußerst selten. Aufgrund seiner geringen Größe, peraturen für die Embryonalentwicklung über 20 °C der wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit und Unauf- liegen. Die Inkubationszeit der Eier ist für einen fälligkeit wurde es wahrscheinlich früher häufig Frühsommerlaicher relativ lang und beträgt bei übersehen. Auch Bauch (1958) wies schon auf die 21 – 22 °C Wassertemperatur etwa 6 – 7 Tage. Die Männ- unzureichenden Kenntnisse über das Vorkommen chen zeigen während der Laichzeit ein ausgeprägtes dieser Art hin. Nach Füllner et al. (1996) wird das Territorialverhalten. Vor dem Laichgeschäft reinigen Moderlieschen in manchen historischen Quellen unter sie den Laichplatz von Ablagerungen und Schweb­ dem Namen „Wetterfisch“ geführt. Da diese Bezeich- stoffen und bewachen später auch noch eine gewisse nung heute jedoch als historischer Name für den Zeit das Gelege. Bei dieser Brutpflege werden nicht Schlammpeitzger gedeutet wird, können sich auch nur Eindringlinge vom Eiablageplatz vertrieben, son- hieraus Fehlinformationen ergeben. dern das Männchen stößt in unregelmäßigen Abstän- den auch die mit Eier beklebten Pflanzenstengel mit dem Kopf an, um das Festsetzen von Schwebstoffen Biotopansprüche/Lebensweise zu vermindern. Die Ernährung erfolgt hauptsächlich durch Zooplankton und Anflugnahrung, z. T. auch durch Das Moderlieschen ist ein gesellig lebender Kleinfisch Detritus. In Gewässern, die frei von Fressfeinden und (mittlere Länge 6 – 8 cm) vor allem flacher stehender anderen Konkurrenzarten sind, können sich oft klein- oder schwach fließender Gewässer. Bevorzugt werden wüchsige Massenpopulationen heraus bilden. Die sommerwarme Weiher, Tümpel und Gräben bewohnt, Moderlieschen verbutten dabei ähnlich wie Plötzen- die nur eine geringe Zahl an anderen Fischarten auf- oder Karauschenbestände. Die Mechanismen für die weisen. In Gewässern mit großem Arteninventar und schnelle Besiedlung neu entstandener Gewässer sind höherem Konkurrenzdruck kommen Moderlieschen noch weitgehend unbekannt. Vermutlich werden die nur selten vor. Das Moderlieschen gilt ähnlich wie die klebrigen Eier durch Wassergeflügel verbreitet. Stichlingsarten als Pionierart („schneller Wiederbe- siedler“). In neu entstandenen Gewässern, frisch be- spannten Karpfenteichen, austrocknungsgefährdeten Gefährdungen Altwassertümpeln u. ä. können sich oft binnen weni- ger Monate hohe Bestandsdichten entwickeln. Der Gefährdungen ergeben sich hauptsächlich durch Name geht auf diese Fähigkeit zurück, da man früher Beseitigung von Kleingewässern durch Verfüllung, glaubte, diese Fische würden sich aus dem Moder und Verrohrung oder infolge von Meliorationsmaßnah- Schlamm heraus entwickeln. Mit der zunehmenden men. In den Flussauen von Elbe und Saale verschwin- Besiedlung durch andere Arten verschwindet das den die für die Art lebenswichtigen Altwässer vor Moderlieschen oftmals genauso schnell aus dem allem durch Grundwasserabsenkung und Austrock- Fischbestand wie es aufgetaucht ist. Die Ansprüche nung infolge der Strombettvertiefungen und Unter- an Wasserqualität und Lebensraum dieses oberflä- haltungsmaßnahmen seit dem Ausbau der Flüsse zu chenorientierten Cypriniden sind gering. Die Ge- Wasserstraßen. schlechtsreife wird bereits nach 1 Jahr erreicht. Da die Lebenserwartung dieses kurzlebigen Kleinfisches gewöhnlich nicht mehr als 2 Jahre beträgt, nehmen Schutzmaßnahmen die meisten Individuen eines Bestandes auch nur ein Mal im Leben an der Fortpflanzung teil. Beim Männ- Notwendig ist vor allem die Erhaltung der spezifischen chen wird zur Laichzeit der für Cypriniden typische Lebensräume des Moderlieschens. Insbesondere auch Laichausschlag ausgebildet. Die Weibchen legen mit zeitweilig trocken fallende Tümpel und Dorfteiche sind einer Geschlechtspapille etwa 80 bis 150 Eier ring- oder Lebensräume für die Art. In typischen Moderlieschen- spiralförmig an Wasserpflanzenstengeln ab. Die Min- gewässern mit stabilen Vorkommen darf keine Verän- desttemperatur für die Laichabgabe liegt bei 17 – 18 °C. derung der Artenzusammensetzung durch Besatz- Ein Temperaturrückgang um 2 – 3 °C führt bereits zum maßnahmen erfolgen. Karpfenartige

99 Moderlieschen (Leucaspius delineatus) Karpfenartige

100 Döbel (Squalius cephalus)

Döbel (Squalius cephalus)

Verbreitung im Land Sachsen-Anhalt Biotopansprüche/Lebensweise

Der Döbel kommt im Land Sachsen-Anhalt besonders Der Döbel ist ein typischer Vertreter der Flussfischfau- in der Elbe und allen größeren dort einmündenden na. Als geselliger Oberflächenfisch besiedelt er vor- Nebenflüssen vor. Stabile Bestände sind z. B. aus Saa- zugsweise Gewässer der Äschen- und Barbenregion. le, Unstrut, Schwarzer und Weißer Elster, den Unter- Er ist jedoch eine anpassungsfähig Art und darum in läufen von Wipper, Helme und Bode, Mulde, Nuthe, vielerlei Gewässern, vom klaren Niederungsforellen- Ehle, Ohre, Tanger, dem Flusssystem Milde-Biese- bach bis zum ausgebauten und abwasserbelasteten Aland, der Jeetze mit Zuflüssen, dem Flieth sowie Strom, zu finden. Der großwüchsige Cyprinde (bis Kapengraben bekannt. In der zum Flusssystem der 60 cm lang und über 3 kg schwer) hat ein breites Weser zählenden Aller kommt der Döbel gleichfalls Nahrungsspektrum. Neben wirbellosen Kleintieren häufig vor. Daneben ist er auch regelmäßig in den und Anflugnahrung nimmt er mit zunehmendem großen Schifffahrtskanälen (Mittelandkanal, Elbe- Alter auch Fische, Frösche und Krebse auf. Im Sommer Havel-Kanal) zu finden sowie in den Altwässern und können auch Fadenalgen einen entscheidenden Anteil Altarmen entlang der Elbe, wenn sie im Überflutungs- an der Nahrung bilden. bereich liegen. Reproduktive Bestände in stehenden Gewässern, wie z. B. Muldestausee, gibt es nur dort, Zur Fortpflanzung des Döbels ist wenig bekannt. Ob- wo Laichmöglichkeiten in Zu- oder Abflüssen beste- wohl er bis weit in die Mittelgebirge vorkommen kann, hen. Ein isoliertes Vorkommen, das ursprünglich durch ist er ein eher Wärme liebender Fisch. Der Beginn der Besatz entstanden ist, stellt die Zillierbachtalsperre Eiablage setzt vermutlich bei Temperaturen nicht unter bei Wernigerode dar. Seltener ist der Döbel in der 15 – 16 °C ein. Anders als beim Hasel erfolgt die Eiabla- Unteren Havel nachzuweisen. Dies überrascht inso- ge portionsweise, so dass sich die Reproduktionsphase fern, als die Art in größeren Fließgewässern allgemein über einen längeren Zeitraum hinziehen kann. Die häufig vorkommt. Er wird dort offensichtlich durch meisten Rogner laichen in 3 – 4 Laichschüben zwischen den Aland vertreten; einem ebenfalls großwüchsigen Ende Mai und Ende Juni. Beim letzten Laichschub hat Cypriniden mit ähnlichen Habitatansprüchen, der die Wassertemperatur gewöhnlich Werte von mindes- allerdings hinsichtlich der Laichsubstratpräferenzen tens 18 – 20 °C erreicht. Als Laichsubstrat werden kiesig- variabler ist. Analog stellt sich auch die Situation im steinige Substrate an rasch strömenden Stellen mit Harz dar, wo der Döbel nicht zur ursprünglichen Fisch- 20 – 50 cm Tiefe bevorzugt. In zuflusslosen Schifffahrts- fauna zählt und durch den Kälte-toleranteren Hasel kanälen wurde beobachtet, dass die Döbel auch ein-

ersetzt wird. fach über den Wasserbausteinen der Uferböschungen Karpfenartige

101 Döbel (Squalius cephalus)

ablaichen (Arlinghaus 2000). Die Eizahl schwankt je gen Populationsdichten vorkommt. Gegenwärtig stellt nach Größe der Rogner zwischen 10.000 und 40.000 auch der hohe Kormoranbestand in vielen Regionen Stück. Die hellgelb gefärbten Eier sind etwa 1 mm groß einen weiteren Gefährdungsfaktor dar. Allerdings ist und klebrig. Der Schlupf der Larven erfolgt bei Wasser- der Döbel diesbezüglich weitaus weniger betroffen temperaturen von 18 – 20 °C nach etwa drei Tagen, bei als andere Fischarten. Denn er ist ein sehr scheuer Fisch, niedrigen Temperaturen kann die Erbrütungsperiode der sich bei Gefahr in Unterständen versteckt, ähnlich auch 1 – 3 Tage länger dauern. Die volle Schwimmfähig- wie die Bachforelle. Zudem sind große Döbel von über keit der Larven wird nach etwa 13 Tagen erreicht. Zwi- 1,5 kg Gewicht als Beute für den Kormoran ungeeignet, schen den einzelnen Jahresklassenstärken herrschen weshalb selbst bei starkem Prädationsdruck durch große Abweichungen. Ein starker Jahrgang kommt Kormorane immer noch eine bestimmte Anzahl Laich- durchschnittlich nur alle 5 – 6 Jahre auf. Die Laichreife fische erhalten bleibt. Eine Bestandsdezimierung wie wird meist bei einer Größe von etwa 25 cm erreicht. bei der Äsche ist daher unwahrscheinlich.

Gefährdungen Schutzmaßnahmen

Eine potenzielle Gefährdung der Art ist hauptsächlich Schutzmaßnahmen sind vor allem in großen Gewäs- dort möglich, wo der Fisch von Natur aus nur in gerin- sern in der Regel nicht erforderlich. Karpfenartige

102 Döbel (Squalius cephalus) Karpfenartige

103 Hasel (Leuciscus leuciscus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt im Land Sachsen-Anhalt, wo aufgrund langsam fließen- der, eutropher Gewässersysteme ein permanenter Der Hasel ist im Land Sachsen-Anhalt flächendeckend Mangel an geeigneten Laichplätzen herrscht. verbreitet und kommt in nahezu allen Flusssystemen vor. Bevorzugt werden von ihm die Mittelläufe der größeren Flüsse besiedelt, von wo aus er selbst in die Biotopansprüche/Lebensweise Unterläufe der schiffbaren Ströme wie Elbe und Saale vordringt. Starke individuenreiche Bestände waren bis Der Hasel ist ein oberflächenorientierter Schwarmfisch zur Ausbreitung des Kormorans insbesondere in grö- vor allem der Äschen- und Barbenregion von Fließgewäs- ßeren Abschnitten von Helme, Unstrut, Bode und Selke sern. Bevorzugt werden größere Flüsse und Ströme mit zu finden. Diese bevorzugten Flussstrecken beheima- steinigem oder kiesigem Grund. Im Gegensatz zum teten ursprünglich große Äschen- und Barbenbestände. Döbel, gilt der kleinere Hasel (20 – 30 cm) als typische Nach dem wasserwirtschaftlichen Ausbau bzw. der kaltstenotherme, also an kältere Temperaturen ange- Flussbegradigung hat hier dann der Hasel die Rolle der passte, Art. Zur Laichzeit im April werden Wanderungen stark dezimierten Leitfischarten übernommen. In den bis zu mehrenden Dutzend Kilometern flussaufwärts meisten Flachlandflüssen ist der Hasel ebenfalls regel- durchgeführt, in größeren Flüssen oft bis in die Neben- mäßig vertreten, wenn auch nicht in hohen Populati- flüsse hinauf. Der Laichvorgang wird durch das Erreichen onsdichten (z. B. Nuthe, Rossel, Ehle, Ihle, Aller, Milde, einer Wassertemperatur von 8 – 10 °C ausgelöst (Wüste- Biese, Jeetze, Dumme). Zur Laichzeit dringen die Hasel- mann & Kammerad 1995). Die Eiablage erfolgt gewöhn- schwärme auch in einmündende kleine Bäche vor, die lich nachts bzw. in der Dämmerung an rasch strömenden im Laufe des Sommers dann von der heranwachsenden Stellen mit kiesig-steinigem Grund (Litophillaicher). Die Brut wieder verlassen werden. In Standgewässern ist 1,5 – 2,2 mm großen, extrem klebrigen Eier fallen in das der Hasel nur dann zu finden, wenn sie in offener Ver- Lückensystem der Kiesbänke bzw. bleiben an den Kieseln bindung mit Fließgewässern stehen (z. B. Stausee Kel- und Steinen des Laichplatzes haften. Ihre Zahl beträgt je bra, Rappbodevorsperre, Talsperre Königshütte). Nicht nach Größe des Rogners 3.000 – 16.000 Stück. Alle Eier vertreten ist die Art nur in solchen Niederungsgebieten werden in einem einzigen Laichakt abgegeben, was zu

Karpfenartige Hasel (Leuciscus leuciscus)

104 Hasel (Leuciscus leuciscus) einer starken Schwächung vor allem der Rogner führt. Gefährdungen Die Fortpflanzungsperiode ist deshalb sehr kurz und erstreckt sich bei den einzelnen Populationen oft nur Gefährdungen des Hasels im Land Sachsen-Anhalt über einen Zeitraum von wenigen Tagen. Die Inkubati- sind in der Regel nur dort gegeben, wo in den Niede- onsperiode dagegen dauert für Cypriniden ungewöhn- rungsflüssen mit ohnehin begrenzter Anzahl geeig- lich lange und beträgt bei 10 °C ungefähr 29 Tage. Die neter Laichplätze ein Ausbau der Gewässer droht bzw. obere Temperaturgrenze für die Entwicklung der Emb- eine übermäßige Verschmutzung stattfindet. Von ryonen des Hasels liegt bereits bei 16,5 °C. Demgegenüber solchen negativen Umweltveränderungen sind aber werden als tiefste Erbrütungstemperaturen sogar noch andere, sensiblere Fischarten in viel höherem Maße 5 °C ertragen. Die frisch geschlüpften Larven suchen nach betroffen, denn der Hasel ist relativ anspruchslos der Aufzehrung des Dottersackes zunächst strömungs- gegenüber der Wasserqualität und sehr anpassungs- beruhigte Flachwasserbereiche auf. Nach Erreichen der fähig gegenüber sich verändernden Lebensbedingun- vollen Schwimmfähigkeit bilden die Jungfische große gen. Sind ausreichend Laichplätze vorhanden, gibt es Schwärme und wechseln zunehmend in rascher strö- meist auch stabile Haselpopulationen mit entspre- mende Bereiche. Das Brutaufkommen wird positiv be- chenden Bestandsdichten. Seit dem Jahrtausendwech- einflusst durch steigende Frühjahrstemperaturen und sel leiden die Haselbestände vieler Flüsse zunehmend niedrige Wasserstände während der Phase des Beginns unter dem steigenden Kormoranfraßdruck. Die einst- der aktiven Ernährung. Durch den frühen Laichzeitpunkt mals starken Haselbestände z. B. von Helme, Bode oder und die längere Wachstumsperiode im Vergleich zu Selke sind dadurch in den letzten Jahren zurückgegan- anderen Cypriniden unterliegt die Jahrgangsstärke der gen und die Entwicklungstendenz ist derzeit nicht 0+ Altersklasse beim Hasel deutlich geringeren Schwan- einschätzbar. Im Gegensatz etwa zur Äsche, die durch kungen als z. B. beim Döbel. Die Laichreife wird meist mit den Kormoran in diesen Flüssen stark dezimiert wur- 3 Jahren bei 16 – 18 cm Länge erreicht. Nach dem Laichen de, scheinen sich die Haselbestände bislang auf ein unterliegen die Hasel einer erhöhten Sterblichkeit, so zwar geringes, aber nach wie vor selbst reproduzier- dass viele Tiere deshalb nicht mehr als 1– 2 Mal im Leben bares Niveau einzustellen. an der Vermehrung teilnehmen. Das Höchstalter liegt bei 10 Jahren. Schutzmaßnahmen Das Nahrungsspektrum der Art ist sehr vielseitig; hauptsächlich werden Benthosorganismen und An- Schutzmaßnahmen für die Art müssen vor allem auf flugnahrung aufgenommen; im Sommerhalbjahr den Erhalt der Laichplätze in Niederungsflüssen und bilden manchmal Fadenalgen den Hauptanteil an der -bächen gerichtet sein, d. h. Gewährleistung eines Nahrung. Zur Überwinterung benötigen die Hasel abwechslungsreichen Fließgewässerverlaufs und tiefe und strömungsberuhigte Flussabschnitte oder Schutz vorhandener Kiesbetten und Geröllstrecken angebundene Altarme. vor Grundräumungen und Ausbaumaßnahmen. Karpfenartige

105 Hasel (Leuciscus leuciscus) Karpfenartige

106 Aland (Leuciscus idus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt in der Elbe waren fast überall große Anzahlen an Jungfischen nachweisbar. Der Aland ist eine der Das Verbreitungsbild des Alands im Land Sachsen- ­Charakterfischarten der Mittelelbe. Anhalt zeigt eine deutliche Konzentration der Vorkom- men im unmittelbaren Einzugsgebiet der Elbe. Regel- mäßige Nachweise liegen insbesondere aus den Biotopansprüche/Lebensweise Unterläufen von Mulde, Saale, Schwarzer Elster, Flieth, Nuthe, Ehle, Tanger, Ohre und Aland vor. Das Vorhan- Der Aland ist ein relativ großwüchsiger Cyprinide (bis densein großer Mengen Jungfische ist ein sicheres ca. 60 cm, über 3 kg), der vornehmlich in größeren Indiz dafür, dass der Aland zur Laichzeit nicht nur in Fließgewässern der Barben- und Bleiregion zu finden die größeren Elbzuflüsse, sondern sogar in kleinste ist. In stehenden Gewässern kommt er nur vor, wenn Nebenbäche (z. B. Olbitzbach) aufsteigt. In den großen sie in Verbindung mit Fließgewässern stehen. Zuwei- Schifffahrtskanälen kommt er im Mittellandkanal len werden auch kleinere, sommerwarme Niederungs- insbesondere im Drömlingsgebiet vor sowie im ge- flüsse besiedelt, während die kühleren Fließgewässer- samten Elbe-Havel-Kanal mit einmündenden Neben- bereiche der Forellen- und Äschenregion gemieden gewässern. Anders als der Döbel ist der Aland beson- werden. Die Ansprüche des Alands an die Wasser­ ders häufig auch im Gebiet der Unteren Havel zu qualität sind gering, wie die Vorkommen selbst in finden. Da der Aland große, weiträumige Flachland- relativ stark verschmutzten Gewässern beweisen. flüsse bevorzugt, wird seine gegenwärtige Verbreitung Trotzdem ist in einigen Gebieten lokal ein stärkerer insbesondere im Hinblick auf seine Laichwanderungen Rückgang zu verzeichnen, der vornehmlich mit durch Querverbauungen stark eingeengt. In vielen Gewässerver­bauungen in Verbindung steht. Elbzuflüssen wird das Vorkommen dieser Fischart bereits wenige Kilometer oberhalb der Mündung Der Aland ist ein gesellig lebender Oberflächenfisch durch Wehre unterbrochen, so dass dem Aland wert- mit einem breiten Nahrungsspektrum ähnlich dem volle Laichareale und Brutaufwuchsgebiete verloren nahe verwandten Döbel. Neben Wirbellosen werden gehen. In der Elbe selbst gibt es gegenwärtig kaum vor allem im Sommer auch Anflugnahrung, Detritus eine andere Fischart, die so von den Verbesserungen und Fadenalgen gefressen. Größere Exemplare kön- der Wassergüte seit Mitte der 1990er Jahre profitiert nen sich auch räuberisch von Fischen und Krebsen hat wie der Aland. Bei den Fischbestandserfassungen ernähren. Das Wachstum des Alands verläuft relativ

Aland (Leuciscus idus) Karpfenartige

107 Aland (Leuciscus idus)

schnell. Am Ende des ersten Sommers erreichen die Verlandungsbereichen und Röhrichten. Auch die erste Jungfische ca. 6 cm Länge, im dritten 18 cm und im Überwinterung der Jungfische erfolgt im Altarm. Erst sechsten Jahr über 30 cm. Die Laichreife erreichen die mit zunehmender Größe im zweiten Lebensjahr ori- Fische meist im Alter von 3 – 5 Jahren. Das Höchstalter entiert sich die Altersklasse 1+ zunehmend Richtung liegt bei 15 Jahren. Mündungsbereiche der Altarme, wo sie sich in größe- ren Schwärmen über Sandgrund bzw. an Brandungs- Bereits zeitig im Frühjahr werden die ausgedehnten ufern aufhalten. Mit weiter zunehmendem Größen- Laichwanderungen zu flussaufwärts gelegenen san- wachstum wird der Hauptstrom als Lebensraum dig/kiesigen Stellen oder geeigneten Nebengewässern erobert, wo die adulten Tiere besonders Totholz, begonnen. Über die eigentliche Fortpflanzung ist nur Ufergehölze oder andere Deckungsstrukturen als wenig bekannt. Einige Untersuchungen weisen darauf Aufenthaltsort bevorzugen. Die großen Alande sind hin, dass der Aland nicht nur auf kiesig-steinigen im Jahresverlauf in den verschiedensten Flusslebens- Substraten, sondern auch auf Wasserpflanzen und räumen anzutreffen. Die Entfernung zwischen Laich- Weidenwurzeln bzw. Weidengestrüpp auf Über- und Winterhabitat einzelner Tiere kann mehrere schwemmungswiesen ablaicht. Er ist somit ein so hundert Kilometer betragen. Zur Winterruhe werden genannter phyto-lithophil-Laicher. Nach Hillebrecht Altarme oder ersatzweise auch Häfen aufgesucht. (1996) wandern in der Unteren Havel die laichreifen Alande im Frühjahr bei Hochwasser und steigendem Wasserstand in die angebundenen Altarme ein und Gefährdungen von dort aus weiter auf die zunehmend überschwemm- ten Wiesen, wo sie dann ablaichen. Solche Ortsbewe- Gefährdungen ergeben sich hauptsächlich durch gungen der Alande lassen sich auch bei Sommer- und Flussverbauungen (besonders Wehre), die den Fischen Herbsthochwässern beobachten. Die adulten Alande die Wanderung zu den Laichplätzen unterbinden. halten sich auf den Überschwemmungsflächen be- Durch Kanalisierung werden die Aufwuchsgebiete der vorzugt zwischen Weidengebüsch oder unter umge- Jungfische zerstört. Die regelmäßige Unterhaltung stürzten Bäumen auf. Somit bilden Uferbäume und der Gewässer führt nicht nur zur Beeinträchtigung Büsche wichtige Habitatstrukturen im Lebensraum von Laichhabitaten, sondern auch zur Beseitigung von dieser Fischart. Im Gegensatz zur Vorliebe des Alands ins Wasser ragenden Weidenbüschen, Uferbäumen für sommerwarme Fließgewässer stehen einige An- und ähnlichen Deckungsstrukturen, welche die adul- gaben zu relativ niedrigen Laichtemperaturen von 7 ten Alande als Standplätze benötigen. bis 8 °C. Von der domestizierten Farbvarietät des Alands, der Goldorfe, ist bekannt, dass sie in der Teich- wirtschaft bei etwa 12 – 13 °C ablaicht. Nach Herzig & Schutzmaßnahmen Winkler (1985) liegen die Laichtemperaturen im Be- reich von 7 – 14 °C. Da bereits ab 6 – 8 °C eine erfolgrei- Von besonderer Bedeutung für diese potamodrome che Embryonalentwicklung möglich ist, zeigt der Aland Wanderart ist die Gewährleistung der Durchgängig- auch eine gute Anpassung an niedrige Temperaturen. keit der Flusssysteme. Hierzu ist die Nachrüstung Die Eizahl beträgt im Durchschnitt etwa 40.000 bis vorhandener Wehre mit funktionsfähigen Fisch­ 50.000. Die Laichablage erfolgt in einem Akt. Die pässen obligatorisch. Da vor allem in großen Flüssen klebrigen Eier bleiben nach der Befruchtung an den und Strömen auch die Überschwemmungswiesen Substraten des Laichplatzes, in der Regel Steine oder zum Laichen aufgesucht werden, kommt dem Erhalt Wasserpflanzen, haften. Nach dem Laichen wandern funktionsfähiger Auestrukturen und ausreichender die Fische wieder flussabwärts zu ihren bevorzugten Überflutungs- und Retentionsräumen Bedeutung zu. Sommereinständen im Hauptstrom. Die Embryonal- Von besonderer Wichtigkeit ist der Erhalt einer aus- entwicklung dauert je nach Wassertemperatur zwi- reichenden Anzahl angebundener Altarme, die nicht schen 8 (bei 16 °C) und 18 (bei 10 °C) Tage. Nach dem nur als Lebensräume für Jungfische fungieren, son- Schlupf und dem Erreichen der Schwimm- und Fress- dern auch als essentielle Winterhabitate für die fähigkeit schwimmen die Jungfische mit dem zurück- Adulten. Daneben ist der Verzicht auf Flussausbau, gehenden Frühjahrshochwasser vornehmlich in die Kanalisierung und regelmäßige Gewässerunterhal- angebundenen Altarme ab. Dort lebt die 0+ Alters- tung für den guten Entwicklungszustand der Art klasse bevorzugt in den flachen, strömungsberuhigten entscheidend. Karpfenartige

108 Aland (Leuciscus idus) Karpfenartige

109 Elritze (Phoxinus phoxinus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Die letzten Nachweise liegen hier aber schon über 30 Jahre zurück. Unklar sind auch einzelne Angaben zu Die Vorkommen der Elritze in Sachsen-Anhalt sind auf ehemaligen Vorkommen in einigen Flämingbächen zahlreiche Mittelgebirgsflüsse und -bäche des Harzes östlich der Elbe (Zuppke 1993; Högel 1992; Dornbusch konzentriert. Verbreitungsschwerpunkte sind hier die 1991). Außer in der Rossel, gelangen dort weder bei Bode mit ihren größeren Zuflüssen (Warme und Kalte neueren Befischungen Nachweise von Elritzen, noch Bode, Hassel, Rappbode) sowie verschiedene Abschnit- fand Albrecht (1952) bei ihren Untersuchungen zahl- te der Bachsysteme von Wipper, Eine und Selke. Auch reicher Flämingbäche in den 1940er Jahren diese in den aus dem Gebirge austretenden Bächen und Fischart. Ebenfalls nicht mehr rekonstruierbar ist Flüssen war die Elritze ehemals sehr häufig. Zwischen- heute die frühere Verbreitung der Elritze in den kleinen zeitlich haben hier die Bestandszahlen jedoch stark Niederungsbächen und -flüssen der Altmarkheiden. abgenommen. Mit der deutlich verbesserten Wasser- Der gegenwärtige Nachweis der Elritze in der Elbe wird güte in den Gewässern seit Ende der 1990er Jahre durch verschiedene historische Quellen untermauert. erobert die Elritze nun aber beständig ihren alten Diese besagen, dass die Art früher in der Stromelbe Lebensraum zurück. So sind gegenwärtig im Harzvor- hin und wieder zu finden war. Da es sich hierbei ver- land vor allem in Bode, Goldbach, Selke, Eine, Oker und mutlich um Fische handelte, die aus Nebengewässern Ilse wieder stabile Populationen vorhanden. Die star- zugeschwommen waren, muss die Verbreitung der Art ken Elritzenbestände in diesen Flüssen profitieren früher auch im Flachland deutlich besser gewesen sein offensichtlich gegenwärtig auch von der starken De- als heute. zimierung der größer wüchsigen Konkurrenzarten durch Kormorane. Biotopansprüche/Lebensweise Außerhalb des Harzgebietes und Harzvorlandes ist die Elritze nur in kleinen Populationen an einzelnen Stand- Die Elritze ist ein kleinwüchsiger (7 – 11 cm), gesellig orten nachgewiesen (Riole, Rossel, Elbe, Saale). Nach lebender Schwarmfisch sommerkühler, klarer, kleine- Zuppke (1993) gab es ursprünglich auch in einigen rer Fließgewässer der Forellen- und Äschenregion. Zuflussbächen zur Weißen Elster südlich von Zeitz Bevorzugt werden bei uns Salmonidengewässer der sowie in der Weißen Elster selbst Elritzenvorkommen. Mittelgebirge bewohnt, soweit sie Sommertempera-

Karpfenartige Elritze (Phoxinus phoxinus)

110 Elritze (Phoxinus phoxinus) turen von mindestens 15 °C erreichen. Im Flachland beschrieben sind. Die Hauptgefährdungsfaktoren sind sind heute meist nur sporadische Vorkommen be- vor allem Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an kannt. In anderen nördlichen Regionen ist die Elritze den Gewässern. Mehr noch als die Bachforelle wird auch in großen Flachlandströmen sowie in zahlreichen die Elritze in Gewässern mit nur wenigen intakten oligotrophen Seen zu finden. Laichplätzen durch Querverbauungen gefährdet, da sie bei ihren Laichwanderungen nur sehr geringe Die Nahrung besteht vornehmlich aus aquatischen Absturzhöhen überwinden kann. In Bachabschnitten Wirbellosen, im Sommer zum großen Teil auch aus ohne Kiesbetten mit der notwendigen Korngröße von Anflugnahrung. Die kleinwüchsigen Fische erreichen 2 – 3 cm bzw. mit versandeten oder verschlammten ein durchschnittliches Lebensalter von 4 – 5 Jahren. Kiesbetten verschwindet die Art in kurzer Zeit. In be- Nur ausnahmsweise können Einzeltiere auch einmal gradigten Gewässern wirkt darüber hinaus vor allem bis zu 10 Jahre alt werden. Die Laichreife setzt gewöhn- der Mangel an Kolken oder ähnlich tiefen, strömungs- lich nach zwei Lebensjahren ein. Die Männchen zeigen armen Überwinterungshabitaten stark limitierend. dann eine überaus attraktive Laichfärbung mit inten- siv rot gefärbten ventralen Flossen und roter Bauch- seite. Darüber hinaus weisen beide Geschlechter einen Schutzmaßnahmen typischen Laichausschlag auf, der bei den Männchen besonders stark ausgeprägt ist. Die Laichzeit fällt bei Besonderer Erhaltungsmaßnahmen bedürfen bei uns uns meist in den Monat Mai und wird durch das Errei- vor allem Elritzenbestände außerhalb des Harzes. In chen einer Wassertemperatur von 11 °C ausgelöst. Die solchen Niederungsbächen sind insbesondere noch laichreifen Tiere schließen sich dann zu größeren vorhandene naturnahe Abschnitte vor anthropoge- Schwärmen zusammen und wandern Bach aufwärts nen Veränderungen zu schützen. Dies betrifft auch zu geeigneten Laichplätzen. Da die Eiabgabe in meh- besonders Unterhaltungsmaßnahmen, die nur dann reren Schüben erfolgt (Portionslaicher), kann sich die durchgeführt werden dürfen, wenn sie nachweislich Laichzeit über mehrere Wochen und bis zu einem unbedingt notwendig sind. In unumgänglichen Fällen Anstieg der Wassertemperatur auf 15°C hinziehen. Der muss die Abfolge der Maßnahmen räumlich und Laichakt erfolgt in strömendem Wasser an kiesigen zeitlich differenziert organisiert werden. In jedem Stellen (typischer Litophillaicher) mit einem Korn- Fall sollten immer unberührte Zonen als Refugialbe- durchmesser von 2 – 3 cm. Die klebrigen Eier werden reiche erhalten bleiben. Bei ehemals von der Elritze direkt auf die Oberfläche des Kiesbettes abgegeben besiedelten Gewässern kommt vor allem der Gewäs- und durch die Strömung bis zu 5 cm tief in das Lücken- serrenaturierung zur Wiederherstellung naturnaher, system hinein gedrückt. Die Eizahl liegt gewöhnlich abwechslungsreicher Fließgewässerhabitate beson- bei etwa 1000 Stück je Rogner. Die Inkubationszeit dere Bedeutung zu. Bevor hier eine Wiedereinbür­ beträgt je nach Wassertemperatur 5 – 10 Tage. Nach gerung mit Fischen aus den nächstgelegenen, ge­ dem Schlupf kriechen die Larven bis zum Aufzehren sicherten Population erfolgen kann, müssen die des Dottersackes (6 – 7 Tage) bis zu 30 cm tief in das Habitatbedingungen soweit wieder hergestellt sein, Lückensystem des Kiesbettes hinein. Die erste Zeit dass sich die Elritzen zukünftig selbst reproduzieren, nach dem Verlassen der Kiesbetten und dem Erreichen d. h. ohne ständigen weiteren Besatz erhalten kön- der Schwimm- und Fressfähigkeit verbringen die nen. Das erfordert im Einzelnen das Erreichen einer Brutschwärme an strömungsberuhigten Flachstellen Wasserqualität mit mindestens Güteklasse II, Anlage der Gewässer. Wie alle Cypriniden benötigen auch und Schutz geeigneter Kiesbetten mit den erforder- Elritzen für die Überwinterung tiefe, strömungsberu- lichen Substratkorngrößen, Gewährleistung der öko- higte Abschnitte. Häufig verbergen sich die im Winter logischen Durchgängigkeit des Gewässersystems, die äußerst trägen Fische dann unter Substratanhäufun- Anlage strömungsberuhigter Flachwasserbereiche gen wie Ästen, Wurzeln oder angeschwemmten Laub- für die erste Jungfischphase, geeignete Überwinte- haufen. rungshabitate sowie eine angepasste fischereiliche Bewirtschaftung (kein Besatz mit biotopfremden Arten und kein Überbesatz mit gewässertypischen Gefährdungen Nutzfischarten).

Diese anspruchsvolle Art ist denselben vielfältigen In Sachsen-Anhalt besteht für die Elritze ein ganz- Gefährdungen ausgesetzt, wie sie für die Bachforelle jähriges Fangverbot. Karpfenartige

111 Elritze (Phoxinus phoxinus) Karpfenartige

112 Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus)

Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt größeren Gewässer, wie Elbe, Havel, Saale, Mulde, Un- strut, Schwarze Elster genannt. Grund hierfür war in Die Rotfeder ist nahezu flächendeckend in der gesam- erster Linie der Ausbau zu Wasserstraßen und damit ten Region verbreitet und bildet vielerorts stabile der Verlust von geeigneten Habitaten und Laichgebie- Bestände insbesondere in stehenden oder langsam ten, wie pflanzenreiche, langsam fließenden Gewäs- fließenden Gewässern. serabschnitte und Altarme. Aber auch das Verschwinden von Wasserpflanzenbeständen infolge zunehmender Günstige Bedingungen findet die Rotfeder vor allem in Eutrophierung und Eintrübung hat zu den Bestands- den zahlreichen Altwässern und Resttümpeln mit kla- rückgängen der Art beigetragen. Da die Verbesserung rem Wasser und reichlich Pflanzenwuchs entlang von der Wassergüte inzwischen zu einer Erholung der Elbe und Havel. Auch in vielen klaren, makrophytenrei- Hechtbestände beigetragen hat, lässt sich diesbezüglich chen Kleinkanälen der verzweigten Grabensysteme von auch eine positive Auswirkung auf die Rotfeder vermu- Drömling, Wische, Großes Bruch, Fiener Bruch, Gebiet ten. Wenngleich sich dies anhand der Informationen zu der Unteren Havel und einigen anderen Niederungsge- den derzeitigen Bestandgrößen im Artenkataster noch bieten ist die Art regelmäßig anzutreffen. Desgleichen nicht belegen lässt, so deuten die Daten und die weite bieten die vielen neu entstandenen Kiesbaggerseen Verbreitung der Art im Bundesland aber zumindest auf und Tagebaurestseen mit ihren meist großen Sichttie- relativ stabile Bestandsituationen hin. fen der Art fast immer ausreichende Lebensbedingun- gen. Obwohl die Rotfeder eindeutig klare, wasserpflan- zenreiche Flachseen als Lebensraum bevorzugt, so ist Biotopansprüche/Lebensweise sie doch so anpassungsfähig, dass sie mitunter auch in Dorfteichen und anderen kleinen, trüben Angelgewäs- Die Rotfeder ist eine gesellig lebende, oberflächeno- sern in der Kulturlandschaft verbreitet anzutreffen ist. rientierte Fischart vor allem makrophytenreicher, Auch bei der Auswertung von Anglerfängen wird sie stehender und schwach fließender Gewässer. Typische regelmässig genannt. Im Vergleich zum Gesamtfisch- Lebensräume sind größere, pflanzenreiche Flachland- bestand und zu anderen Cypriniden ist die Rotfeder flüsse, Altarme, Altwässer, stark verkrautete Teiche jedoch häufig unterrepräsentiert. und Entwässerungskanäle mit weichem Sediment. Ihre Ansprüche an Sauerstoffgehalt und andere Was- Nach Angaben der im Land Sachsen-Anhalt tätigen sergütekriterien sind gering. Sie bevorzugt aber klares Berufsfischer war die Art in Fließgewässern lange durch Wasser und hält sich gern im Gelegegürtel der kraut- eine regressive Bestandsentwicklung gekennzeichnet, bewachsenen Uferregion auf. ähnlich wie Hecht und Schleie. Da die Habitatansprüche aller drei Arten ähnlich sind, überrascht diese Entwick- Die Laichreife erreichen Rotfedern im Alter von 3 – 4

lung nicht. Starke Rückgänge wurden vor allem für die Jahren. Die Laichzeit fällt meist in die Monate Mai bis Karpfenartige

113 Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus)

Juni, wobei die Eiablage erst bei Temperaturen ober- nicht wirksam zurück gedrängt werden, da viele halb von 15°C (15 – 20 °C) erfolgt. Die extrem klebrigen Nährstoffeinträge aus diffusen Quellen stammen. Eier werden dabei an Wasserpflanzen oder Wurzeln Deshalb sind die früher typischen kleinen Klarwasser- angeheftet. Rotfedern sind typische Portionslaicher, weiher („Karauschentümpel“) und Hecht-Schlei-Seen d. h. die Eier reifen unterschiedlich schnell und werden in der Kultur- und Agrarlandschaft heute weitestge- deshalb in mehreren Schüben über mehrere Tage bis hend verschwunden. Wochen verteilt abgegeben. Die Eizahl liegt entspre- chend der Größe der Rogner zwischen 50.000 – 100.000 In den großen Flüssen sind die Bestandsrückgänge Stück. Die Inkubationsperiode dauert je nach Wasser- hauptsächlich auf Flussausbau und Begradigungen temperatur 5 – 10 Tage. zurück zuführen. Dadurch kommt es nicht nur zur Erhöhung der Fließgeschwindigkeiten, zunehmender Rotfedern ernähren sich überwiegend von wirbellosen Sohlerosion und Eintrübung der Flüsse sondern vor Kleintieren und Anflugnahrung sowie im Sommer- allem zum dauerhaften Abtrennen der Auegewässer halbjahr zum großen Teil auch von weichen Makro- vom Hauptstrom. Hierdurch gingen den Rotfedern, phytenteilen und Fadenalgen. Bei schlechten Ernäh- genau wie vielen anderen Fischarten, die Laich-, rungs- und Lebensbedingungen, z. B. in kleinen Brutaufwuchs- und Winterhabitate verloren. Dorfteichen, neigen Rotfedern, genau wie einige an- dere Cyprinidenarten auch, zu vermindertem Wachs- tum und Kleinwüchsigkeit (Verbuttung). Unter opti- Schutzmaßnahmen malen Verhältnissen können Rotfedern 35 – 40 cm lang (max. 45 cm) und bis zu 1 kg schwer werden. Das Hierzu zählen bei Standgewässern insbesondere Höchstalter liegt bei 15 – 17 Jahren. Maßnahmen zur Einschränkung der Eutrophierung und zum Erhalt der Makrophytenbestände.

Gefährdungen Bei den großen Niederungsflüssen werden vor allem Renaturierungsmaßnahmen notwendig, die zur Wie- Rückläufige Bestandsentwicklungen sind vor allem derherstellung des ursprünglichen Verbundes zwi- dort zu beobachten, wo die Bestände an submersen schen Hauptstrom und Nebengewässern führen. Nur Wasserpflanzen infolge anthropogener Einflüsse (be- bei ausreichender Vernetzung zwischen allen typi- sonders Eutrophierung und Gewässerausbau) ver- schen Gewässerstrukturen der Flussauen und einer schwinden. Dieses Problem der Eutrophierung und intakten Auendynamik kann eine artenreiche Fisch- Eintrübung von Standgewässern konnte in Sachsen- fauna in der Elbe und ihren großen Nebenflüssen Anhalt trotz deutlich verbesserter Kläranlagen bislang existieren. Karpfenartige

114 Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) Karpfenartige

115 Rapfen (Aspius aspius)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt der Saale werden seit einigen Jahren Rapfen auch im Hallenser Gebiet gefangen. Diese Vorkommen gehen Genau wie beim Aland zeigt das Verbreitungsbild des maßgeblich auf Wiederansiedlungsbemühungen der Rapfens im Land Sachsen-Anhalt eine Konzentration Fischereipächter zurück. der Vorkommen im unmittelbaren Einzugsgebiet von Elbe und Havel. Während jedoch der Aland zum Laichen Mit den Hochwässern gelangen Rapfen auch in die auch in kleinere Nebenflüsse und Bäche aufsteigt und großen Altwasserketten der Elbe, so z. B. in den Elbe- dort dann Laichfische und später Brut gefunden wer- Umflut-Kanal bei Magdeburg, in die Altwasserkette den können, besiedelt der Rapfen nur die großen Pelze-Löbben-Leinersee oder den Großen Streng bei Strombereiche sowie breite Flussabschnitte im Mün- Wartenburg. Weitere Nachweise gibt es aus dem Fluss- dungsbereich der Nebengewässer. Nach Angaben der seensystem des Trübengrabens sowie auch aus dem Berufsfischer ist der Rapfen vor allem in den weitläu- Mitteland- und Elbe-Havel-Kanal. In der Jeetze gelang figen Fließbereichen der Elbe und Havel ein regelmä- bislang nur ein Nachweis im Bereich der Landesgrenze ßiger Fisch. Die Bestände sind mit der Verbesserung zu Niedersachsen. Im Zuge der Flutungen von Tage- der Wassergüte seit den 1990er Jahren eindeutig zu- baurestlöchern kamen Rapfen auch in den Gremminer nehmend. Aktuelle Nachweise der Art gibt es ebenfalls See, den Gröbener See und den Goitzschesee. aus anderen größeren Flüssen, wie Mulde, Saale und Schwarze Elster sowie den Unterläufen von Bode, Weißer Elster und Aland. Hier ist die Populationsstär- Biotopansprüche/Lebensweise ke aber geringer als in Elbe und Havel. Sie beschränken sich in der Regel auf die ersten 10 – 20 Flusskilometer Der großwüchsige Rapfen (bis 70 cm) ist wie Döbel oberhalb der Mündungen, bis wohin die Art vom und Aland ein typisches Element der Flussfischfauna. Hauptstrom aus vordringt. In der Mulde kommt der In stehenden Gewässern ist er nur zu finden, wenn Rapfen wie in historischer Zeit (Hoppenhaus & Senne sie in Verbindung mit Fließgewässern stehen. Bevor- 1993) wieder bis zur Landesgrenze zu Sachsen vor. In zugte Lebensräume sind die Barben- und Bleiregion

Karpfenartige Rapfen (Aspius aspius)

116 Rapfen (Aspius aspius) größerer Flüsse und Ströme sowie mit diesen verbun- adulten Rapfen sind dagegen ausgesprochene Raub- dene Flussseen. In Hinsicht auf die Wasserqualität ist fische und fressen vornehmlich oberflächenorientier- er relativ anspruchslos, nicht so sehr jedoch auf den te Kleinfische wie Ukelei, Stint und Hasel. Bei guten Ausbauzustand der Gewässer. So wurde bei teleme- Nahrungsbedingungen wachsen die Rapfen relativ trischen Untersuchungen an Elbrapfen festgestellt, schnell. Bereits die 0+ Altergruppe kann bis zum Ende dass diese im Jahresverlauf ausgedehnte Wanderun- des ersten Sommers über 12 cm lang werden. Gewöhn- gen zwischen Winter-, Laich- und Nahrungshabitaten lich werden die großwüchsigen Rapfen mindestens durchführen und dadurch stärker durch Querbauwer- 10 – 12 Jahre alt. ke behindert werden können, als bislang vermutet (Fredrich 2002). Die weiteste, zurückgelegte Entfer- nung betrug dabei 166 km. Ungefähr 50 % der mar- Gefährdungen kierten Rapfen lebten ausschließlich im Hauptstrom; die andere Hälfte wanderte dagegen regelmäßig Gefährdungen des Rapfens ergeben sich hauptsächlich zwischen Sommereinständen im Hauptstrom und durch Gewässerausbau und Kanalisierung der großen Wintereinständen in Häfen, Kanälen und Altarmen Flüsse und Ströme. Hierdurch kommt es nicht nur zur umher. Die Winterlager werden im Oktober/Novem- Zerstörung der Fischlebensräume im Hauptfluss selbst, ber bei Abfall der Wassertemperaturen unter 10 °C sondern auch zur Zerschneidung bzw. Abtrennung der aufgesucht und meist im März oder Anfang April einzelnen Biotopsegmente der Auen. Den Flussfischen wieder verlassen, wenn die Temperaturen dauerhaft gehen dadurch einzelne, in bestimmten Lebensphasen 6 – 7 °C übersteigen. Die Rapfen wandern dann zu benötigte Habitate verloren, die auch durch künstliche ihren Laichplätzen im Hauptstrom, wo sie je nach Lebensräume nicht ersetzbar sind. Den gleichen Effekt Wetterlage von Ende März bis Ende April laichen. haben Querverbauungen der Flüsse. Da der Rapfen Populationen in Seen steigen zum Laichen in die ein relativ anspruchsloser Cyprinide ist, wirkt meist Zuflüsse auf. Die Laichreife erreichen Rapfen gewöhn- die Beseitigung der Kieslaichplätze im ausgebauten lich im Alter von 3 – 5 Jahren. Wasserstraßennetz bzw. die Verschlammung dieser Laichplätze limitierend. Auch der Verlust strömungs- Über die Fortpflanzung des Rapfens selbst ist wenig beruhigter Flachwasserhabitate für die jüngsten bekannt. Die Wanderung zu den Laichplätzen wird ­Altersstadien oder der Verlust geeigneter Winter­ gewöhnlich in kleinen Trupps durchgeführt. Der Rap- habitate sind nachteilig. fen ist ein typischer Kieslaicher, der zur erfolgreichen Reproduktion Kiesbetten in stärker strömendem Wasser benötigt. Von den einheimischen Cypriniden Schutzmaßnahmen ist er eine der am frühesten im Jahr laichenden Arten. Die Eiablage wird wahrscheinlich durch das Erreichen Von besonderer Bedeutung ist der Schutz und Erhalt einer Wassertemperatur von 8 – 11 °C ausgelöst. Die geeigneter Kieslaichplätze. So sind z. B. in der zur Bun- Eizahl schwankt je nach Größe der Rogner zwischen deswasserstraße ausgebauten, stauregulierten Havel 30.000 und 100.000 Stück. Die klebrigen Eier sinken praktisch nur noch die schnell fließenden Bereiche der zu Boden und bleiben am Substrat haften. Da sich die Wehrunterläufe für die Eiablage geeignet. Und auch gesamte Laichzeit eines Bestandes nur über einen hier müssen die Rapfen in der Regel auf Wasserbau- kurzen Zeitraum von ca. 2 Wochen erstreckt, scheint steinen ablaichen, weil andere geeignete Substrate der Rapfen alle seine Eier in einem einzigen Laichakt fehlen. In den Elbnebenflüssen wird für die Forcierung abzugeben. Der Schlupf der Larven erfolgt nach 10 – 17 der Wiederbesiedlung die Durchgängigkeit der beste- Tagen (bei 8,5 – 12,5 °C). Bis zur Aufzehrung des Dotter­ henden Querbauwerke notwendig. Bei der Bode kann sackes halten sich die Larven noch etwa 10 Tage im eine dauerhafte Wiederbesiedlung erst erfolgen, wenn Lückensystem der Kiesbetten versteckt. Das Brut­ die Wassergüteprobleme im Flussabschnitt zwischen aufkommen ist umso besser, je niedriger das Früh­ Staßfurt und Mündung behoben sind. jahrs­hochwasser ausfällt und je höher die Frühjahrs­ wassertemperaturen nach dem Schlupf der Larven In Sachsen-Anhalt besteht für den Rapfen ein gesetz- ansteigen. Die frisch geschlüpfte Brut ernährt sich liches Mindestmaß von 40 cm. In der FFH-RL ist die Art zunächst von Kleintieren. Die größeren Jungfische und in den Anhängen II und V aufgeführt. Karpfenartige

117 Rapfen (Aspius aspius) Karpfenartige

118 Schleie (Tinca tinca)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt natürlichen Aufkommen wird die Schleie als beliebter Angelfisch in viele fischereilich genutzte Gewässer Ähnlich wie bei Hecht und Rotfeder waren im Zusam- durch Besatz eingebracht. Hierdurch ergibt sich im menhang mit dem Gewässerausbau und Eutrophie- Land Sachsen-Anhalt eine nahezu flächendeckende rungen auch bei der Schleie rückläufige Bestandsent- Verbreitung dieser Art. Ob mit der Verbesserung der wicklungen vor allem in der Elbe und ihren großen Wasserqualität in einigen Gewässern auch die Be- Nebenflüssen (Havel, Saale, Mulde, Schwarze Elster) standsgrößen zugenommen haben, lässt sich anhand im Land Sachsen-Anhalt zu verzeichnen. Damit wird der Katasterangaben derzeit nicht nachweisen. Daher deutlich, dass die Vernetzung dieser Flüsse mit den sind positive Auswirkungen der Gewässergüteverbes- Nebengewässern innerhalb der Flussauen stark ge- serung, ähnlich wie beim Hecht, derzeit nicht aufführ- stört bzw. völlig verloren gegangen ist. Demgegenüber bar. Die Daten und die weite Verbreitung im Land existieren aber in der Regel in nahezu allen Altwässern lassen aber zumindest auf relativ stabile Bestandsitu- und Restlöchern entlang der Flussauen noch stabile, ationen schließen. wenn auch nicht sehr individuenreiche Bestände an Schleien. Verbreitungsschwerpunkte der Art liegen auch in wasserpflanzenreichen Grabensystemen, wie Biotopansprüche/Lebensweise Drömling, Wische, Großes Bruch, Fiener Bruch, Untere Havel und anderen Niederungsgebieten im Land Die Schleie bewohnt vor allem träge fließende Gewäs- Sachsen-Anhalt. Allerdings sind auch hier die Vorkom- ser (Bleiregion) und flache, warme Seen mit dichten men eher individuenarm. Außer in Stillgewässern mit Pflanzenbeständen und Schlammgrund. Sie ist ein makrophytenreichen Litoralzonen (Hecht-Schlei-Seen- standorttreuer Bodenfisch, der besonders in der Däm- typ) können Schleien vielerorts auch in weniger ge- merung aktiv wird, um kleine Benthosorganismen eignet erscheinenden Gewässern (kleine Fließgewäs- (Insektenlarven, Mollusken) und Detritus aus dem ser; trübe, hocheutrophe Dorftümpel; Harztalsperren Schlamm zu wühlen. Gegenüber ungünstigen Wasser- und Harzteiche) angetroffen werden. Neben dem und Lebensbedingungen ist sie recht anpassungsfähig

Schleie (Tinca tinca) Karpfenartige

119 Schleie (Tinca tinca)

und kann daher auch in Gewässern gefunden werden, adulten Exemplare bevorzugen Mollusken und wach- die im Winter zur Ausstickung neigen. Unter günstigen sen bei entsprechendem Angebot im Gewässer be- Lebensbedingungen können Schleien über 2 kg schwer sonders gut. und über 50 cm lang werden. Solche großen Exemp- lare erreichen mitunter ein Alter von bis zu 20 Jahren. Bei Nahrungsmangel und weniger günstigen Verhält- Gefährdungen nissen, insbesondere in ausstickungsgefährdeten Kleingewässern mit fehlendem Raubfischbestand, Eine grundsätzliche Gefährdung der Schleie ist lan- neigen Schleien dagegen zu Kleinwüchsigkeit und desweit nicht zu erkennen. Die Bestandsrückgänge Verbuttung. Solche verbutteten Fische können schon der Art in den großen Flachlandflüssen sind dass Re- mit 10 – 12 cm Länge laichreif werden. Normalerweise sultat vorangegangener Ausbaumaßnahmen, die zur erreichen Schleien im Alter von 3 – 4 Jahren mit Betteintiefung und Abtrennung der Nebengewässer 17 – 20 cm Länge die Geschlechtsreife. Als spätester der Aue vom Hauptfluss führten. Darüber hinaus Sommerlaicher unter den einheimischen Cypriniden findet die Schleie in begradigten, ausgeräumten Flüs- findet die Fortpflanzung der Schleie nicht vor Ende sen ohnehin keinen ausreichenden Lebensraum. Mai/Anfang Juni bei Wassertemperaturen von min- Leichte Bestandsrückgänge waren lokal ebenfalls bei destens 19 bis 22 °C statt. Die meisten Fische laichen einigen Standgewässern durch Verschwinden von bei 22 – 24 °C im Juni und Juli. Da die Schleie ein Porti- Wasserpflanzenbeständen infolge übermäßiger Eu- onslaicher ist, kann sich das Laichgeschäft über einen trophierung festzustellen. längeren Zeitraum hinziehen. In der Regel erfolgen die einzelnen Laichschübe in einem zeitlichen Abstand von 11 – 15 Tagen. Bis zu neun Laichschübe wurden bei Schutzmaßnahmen einzelnen Tieren beobachtet (Kotelat & Freyhof 2007). Die kleinen, grünlichen Eier werden dabei an Wasser- Spezielle Schutzmaßnahmen für die Art sind im Land pflanzen der Uferregion abgelegt. Die Eizahl kann Sachsen-Anhalt nicht erforderlich. Eine Bestandsver- mehrere 100.000 Stück je Rogner betragen (ca. besserung in den großen Niederungsflüssen ist nur 250.000 Eier je 500 g Körpergewicht). Die Brut schlüpft über die Wiederanbindung und Revitalisierung vom in der Regel innerhalb von 3 – 4 Tagen. Bei starken Hauptfluss abgetrennter bzw. verlandeter Altwässer Temperaturschwankungen während der Ei- und Brut- möglich. entwicklung sind die Verlustraten außerordentlich hoch. Die Nahrung der Schleie besteht gewöhnlich aus Für den Fang der Schleie besteht im Land Sachsen- Benthosorganismen, Detritus und Pflanzenteilen. Die Anhalt ein Mindestmaß von 25 cm. Karpfenartige

120 Schleie (Tinca tinca) Karpfenartige

121 Nase (Chondrostoma nasus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Bei Füllner et al (2005) ist noch eine ganze Reihe wei- terer historischer Quellen benannt, in denen die Nase Es gibt kaum einen einheimischen Fisch, über dessen als Fisch der Elbe bezeichnet wird. Gleichzeitig verweisen ursprüngliche Verbreitung in Sachsen-Anhalt so viele Füllner et al. (2005) aber auch auf die Tatsache, dass in Unklarheiten bestehen, wie bei der Nase. Der Haupt- der tschechischen Elbe seit Jahrzehnten Nasen besetzt grund hierfür ist wohl in erster Linie durch Verwech- werden. Über den Ursprung der heute in Sachsen und selung mit einer ähnlich aussehenden Art, der Zährte, Sachsen-Anhalt in der Elbe gefangenen Nasen zu spe- zu sehen. Darüber hinaus bezeichnete die Fischerbe- kulieren, sei deshalb überflüssig, da sie wegen der ab- völkerung früher auch den Schnäpel häufig als Nase wasserbedingten Verödung der Elbe zu DDR-Zeiten (von dem Borne 1883). vermutlich alle von dem Besatz in Tschechien abstam- men. Diese Annahme kann aber nicht zu der Schlussfol- Derzeit vertreten einige Fischereiexperten die Meinung, gerung führen, dass die Nase früher nicht in der Elbe dass es im Einzugsgebiet der Elbe im Gegensatz zu dem vorkam. Aufgrund der zahlreichen historischen Quellen von Oder und Weser niemals Nasen gegeben hat. Diese vermuten Füllner et al (2005) daher, ähnlich wie beim Ansichten begründen sich hauptsächlich auf den Arbei- Schneider, ein unbemerktes Aussterben der Art bereits ten von Bauch (1958, 1966) und Lelek (1987), die die Art vor vielen Jahrzehnten. Die stetigen Verwechselungen als „fehlend“ für die Elbe angegeben haben. Liest man der Nase mit der Zährte und die Unsicherheiten bei der demgegenüber jedoch die älteren Arbeiten von Kluge Artbestimmung können dabei das unbemerkte Ver- (1900) oder Jürgens (1939), dann muss man diese Mei- schwinden begünstigt haben. nung revidieren. Beide Autoren differenzieren Nase und Zährte in der Elbe bei Magdeburg anhand ihrer morpho- Im Gegensatz zur Zährte, die früher in der Elbe Ge- logischen Merkmale so eindeutig, dass jeder Zweifel genstand des Massenfanges war, ist die Nase jedoch ihres früheren Vorkommens ausgeschlossen ist. Auch in der Mittelelbe nie häufig gewesen. Während sie Thienemann (1926) rechnete in seiner tiergeographi- Kluge (1900) noch als deutlich weniger zahlreich als schen Beschreibung der Süßwasserfische Deutschlands die Zährte einstuft, bezeichnet Jürgens (1939) die die Nase zur ursprünglichen Fischfauna des Elbesystems. Nase für die Elbe bei Magdeburg bereits als selten.

Karpfenartige Nase (Chondrostoma nasus)

122 Nase (Chondrostoma nasus)

Andere historische Fundorte als die Mittelelbe sind ihren scharfkantigen, hornigen Lippen von Steinen für das Land Sachsen-Anhalt bislang nicht bekannt. und Wurzelwerk abweidet. Die Laichzeit fällt in die Dies deutet darauf hin, dass auch früher nur ein äu- Zeit zwischen März und Mai. Die laichreifen Fische ßerst kleiner reproduzierbarer Bestand vorhanden wandern dann in Schwärmen flussaufwärts oder war und dieser womöglich immer auch noch durch dringen in Nebenbäche ein, um an flachen, kiesigen zugewanderte Fische aus dem oberen Mittellauf bzw. Stellen zu laichen. Beide Geschlechter zeigen den für Oberlauf der Elbe gestützt wurde. Cypriniden typischen Laichausschlag, der allerdings bei den Männchen deutlich ausgeprägter ist. Der Die Beschreibung von Jürgens (1939) ist die letzte Laichvorgang wird durch das Erreichen einer Wasser- bekannt gewordene historische Erwähnung der Nase temperatur von ca. 8 – 10 °C ausgelöst. Die Eizahl be- für das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt. Aus dem trägt 50.000 bis max. 100.000 Eier je Rogner. Über die gesamten Zeitraum zwischen dem zweiten Weltkrieg Erbrütungsdauer sind keine Angaben bekannt. und dem Jahr 1997 liegen keinerlei Fundmeldungen mehr vor. Erstmalig wurde eine Nase 1997 in der Unstrut bei Kontrolluntersuchungen an der neu errichteten Gefährdung Fischwanderhilfe Zeddenbachmühle nachgewiesen (Rommelmann & Ebel 1998). Die ersten Nachweise für Die Nase unterliegt im gesamten mittel- und west- die Elbe gelangen 1997 durch einen Hamenfang des europäischen Raum drastischen Bestandsrückgängen. Fischers Köthke und 1998 bei Stromkilometer 420 durch Um auf die dramatische Situation aufmerksam zu das Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow. Im machen, wurde die Art 1993 in Deutschland zum „Fisch Juli 2000 konnten Studenten der TU Braunschweig bei des Jahres“ ernannt. Über die detaillierten Ursachen fischökologischen Untersuchungen in der Elbe bei Tan- gehen die Expertenmeinungen weit auseinander. Auf germünde sowohl Jungfische von der Nase als auch von jeden Fall sind die Nasen, wie die meisten kieslaichen- der Zährte in den Nebengerinnen defekter Buhnenfelder den Fischarten, von einer Vielzahl von Veränderungen nachweisen. Dieser Fund wurde wenig später durch im Lebensraum Fließgewässer betroffen. Besonders Fischereibiologen der Universität Hamburg sowie in der wirken sich Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen Folgezeit auch durch andere Befischungen bestätigt. In zum Erhalt der Schifffahrtbedingungen und zum den Hamenfängen des Elbfischers G. Quaschny sind seit Hochwasserschutz auf die Art aus. In der Elbe sind 2003 jährlich Nasen vertreten. Damit konnte die Nase das zum Beispiel die Befestigung der Ufer und Buhnen infolge der enormen Wassergüteverbesserung, genau mit Schlackesteinen und die Beseitigung der kleinen wie Barbe und Zährte, nur mit 6 – 7jähriger Verzögerung, Nebengerinne hinter ehemals durchbrochenen Buh- wieder von ihrem früheren Lebensraum Besitz ergreifen. nen. Die oft weiten Laichwanderungen in die Seiten- flüsse werden häufig durch Querverbauungen ver- In den letzten Jahren sind auch aus Saale, Unstrut, hindert. Zusätzlich sind die Laichbiotope, flache, rasch Weißer Elster, Bode, Kleiner Helme und Havel Nasen- überströmte Kiesstellen, vielfach verschwunden oder funde bekannt geworden. Mit Ausnahme der Havel verschlammt. Daneben beeinflussen Gewässerverun- gehen diese Fänge wahrscheinlich auf Besatzmaßnah- reinigungen die Bestände. Ein neuer Gefährdungsfak- men von Anglervereinen, insbesondere in Thüringen, tor ist auch der stark angestiegene Kormoranbestand zurück (Bock et al 1996). Die größten Exemplare wur- in Sachsen-Anhalt. den mit 40 – 51 cm Körperlänge in der Weißen Elster und der Bode gefangen. Der Fang von vorwiegend ein- bis zweisömmrigen Fischen in Elbe und Saale weist Schutzmaßnahmen auf eine erfolgreiche Reproduktion der Art in sachsen- anhaltischen Gewässern hin. Wie bei der Barbe sind Nasen benötigen wie alle rheophilen Arten in ihrem vermutlich mit der Methode der Elektrofischerei eher Lebenszyklus vielgestaltige Flusslebensräume. Wäh- die Jungfische wegen ihrer ufernahen Standplätze zu rend für die Eiablage saubere Kiesbänke in schnell fangen als die Alttiere. fließendem Wasser benutzt werden, benötigt die Brut nach dem Schlupf flache, strömungsberuhigte Fluss- buchten. Mit zunehmendem Alter wechseln die Jung- Biotopansprüche/Lebensweise fische in strömungsintensivere Bereiche. Deshalb wurden alle Jungnasen in der Elbe auch in den kleinen Die Nase ist ein typischer Bewohner der Äschen- und Nebengerinnen hinter durchbrochenen Buhnen ge- Barbenregion großer Fließgewässer. Daneben kann fangen. Der Erhalt solcher Strukturen in der Elbe ist sie aber auch in rasch fließenden, großen Niederungs- somit zum Schutz des Nasenbestandes enorm wichtig. strömen mit kiesigem Grund vorkommen. Zur genau- en Biologie ist nur wenig bekannt. Ihre Nahrung bilden In Sachsen-Anhalt ist die Nase ganzjährig durch Fang-

Kleintiere aller Art sowie vor allem Algen, die sie mit verbot geschützt. Karpfenartige

123 Nase (Chondrostoma nasus) Karpfenartige

124 Gründling (Gobio gobio)

Gründling (Gobio gobio)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Die Laichreife erreichen Gründlinge in der Regel bereits nach 1 – 2 Lebensjahren mit 8 – 10 cm Länge. Über den Der Gründling ist im Land Sachsen-Anhalt ein allge- Laichvorgang ist nur wenig bekannt. Die Laichzeit fällt genwärtiger Fisch und in den verschiedensten Gewäs- in die Monate Mai bis Juni und beginnt wahrscheinlich sertypen anzutreffen. Es gibt nahezu kein Fließgewäs- beim Erreichen einer Wassertemperatur von 12 – 13 °C. ser, vom kleinen Wiesenbach bis zum breiten Strom, Die Weibchen laichen während einer Saison mehrmals in dem die Art nicht vorkommt. Daneben werden vom ab, so dass ein multipler Ablaichmodus vorliegt. Wie Gründling auch zahlreiche stehende Gewässer besie- bei allen Portionslaichern ist auch beim Gründling die delt, vor allem wenn sie sandige oder hartgründig- Laichzeit sehr lang und erfolgt bis zu einer oberen kiesige Bereiche aufweisen. Es lassen sich nur wenige Temperaturgrenze von 16 – 17 °C. Die Eier werden in der Gebiete aufzeigen, in denen die Art nicht vertreten ist. Regel an flachen, kiesigen bis steinigen Abschnitten So fehlt der Gründling nur z. B. in schlammig-moorigen im strömenden Wasser abgelegt und bleiben dann und überwiegend stark verkrauteten Gräben (z. B. im nach dem Absinken am Substrat haften. Die Eizahl Drömling) und in Mittelgebirgsbächen des Harzes, die schwankt je Rogner zwischen 1000 bis 3000. Die In- im Sommer nur Wassertemperaturen unterhalb von kubationsperiode soll je nach Wassertemperatur 16 °C aufweisen. 10 – 30 Tage betragen. Die schwimm- und fressfähigen Larven leben bereits wie die adulten Gründlinge ben- In vielen ehemals verödeten Bach- und Flussläufen, thisch und bevorzugen zunächst strömungsschwache die seit den 1990er Jahren eine spürbare Verbesserung Gewässerabschnitte mit detritusreichen Sandböden. der Wasserqualität erfahren haben (z. B. Oberlauf der Mit zunehmender Größe siedeln sie dann auf rascher Aller, Mittellauf der Bode, Holtemme), fungierte der strömende Bereiche um. Die Nahrung besteht über- Gründling als einer der ersten Wiederbesiedler und wiegend aus benthischen Organismen. Die durch- bildete dann sehr individuenreiche Bestände aus. schnittliche Lebenserwartung eines Gründlings be- trägt etwa 4 – 5 Jahre.

Biotopansprüche/Lebensweise Gefährdungen Der Gründling ist ein gesellig lebender Kleinfisch (Länge 8 – 12 cm) stehender und fließender Gewässer. Die anspruchslose und anpassungsfähige Fischart gilt Bevorzugt werden sandige oder feinkiesige Sedimen- in Sachsen-Anhalt als nicht gefährdet. Vereinzelten te, wogegen Gewässer mit ausschließlich schlammi- rückläufigen Vorkommen stehen in anderen Gewäs- gem Untergrund gemieden werden. In vielen Gewäs- sern stabile oder sogar zunehmende Populationsdich- sern ist er eine häufige Fischart. Auch in ausgebauten ten gegenüber. Gewässern können oft starke Gründlingsbestände gefunden werden, sofern ausreichend Deckungsmög- lichkeiten vorhanden sind. In der Elbe in Sachen-Anhalt Schutzmaßnahmen gilt er als einer der häufigsten Fische überhaupt. Wie viele Cypriniden ist er hinsichtlich der Wasserqualität Aufgrund der derzeitigen Bestandssituation sind

recht anspruchslos. Schutzmaßnahmen für diese Art nicht erforderlich. Karpfenartige

125 Gründling (Gobio gobio) Karpfenartige

126 Stromgründling (Romanogobio belingi)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt südlichen Ostsee, zur südlichen Nordsee und zum nördlichen Schwarzen Meer verbreitet. In Sachsen- Der Stromgründling wurde erst 1998 in der Elbe im Anhalt wurde der Stromgründling mittlerweile im Land Sachsen-Anhalt entdeckt und damals zunächst gesamten Elbeverlauf gefunden. Von dort aus dringt als Weißflossengründling (Gobio albipinnatus) be- er auch in geringerer Zahl bis in die Unterläufe von stimmt (Nellen et al. 1999, Zuppke 2000). Die geziel- Mulde und Saale vor. te Suche nach dieser Fischart in der Elbe erfolgte, nachdem zuvor bereits im deutschen Abschnitt der Warum der Stromgründling erst in den 1990er Jahren Donau (1986), in Oder und Neiße (1996) sowie im Rhein im Elbesytem und anderen deutschen Stromgebieten (1998) weißflossige Gründlinge entdeckt worden entdeckt wurde, muss bislang unbeantwortet bleiben. waren. Bis dahin waren Weißflossengründlinge nur Die meisten Autoren (Wolter et al 1998, Scholten aus dem Unterlauf und Mittellauf der großen Ströme 2000, Zuppke 2000, Kammerad 2001b) vermuten, dass des Schwarzmeer- und Kaspiseegebietes bekannt die Art schon immer hier vorkam, aber aufgrund ihrer gewesen. Tatsächlich lebt in den Zuflüssen zum großen Ähnlichkeit mit dem gewöhnlichen Gründling Schwarzen Meer und Kaspischen Meer eine Vielzahl (Gobio gobio) zuvor übersehen wurde. Zumindest nah verwandter Gründlingsarten, die leicht miteinan- scheint das in der oberen Donau so gewesen zu sein, der zu verwechseln sind. Nachdem die Taxonomie der da hier Vergleiche mit Museumssammlungen zeigen, in den deutschen Strömen neu festgestellten Weiß- dass einige der früher als gewöhnliche Gründlinge flossengründlinge näher untersucht wurde, ordnete archivierten Exemplare tatsächlich Weißflossengründ- man sie letztlich der Art Romanogobio belingi zu linge waren. Füllner et al (2005) dagegen nehmen (Füllner et al 2005). Bis zu seiner Entdeckung in den eine Einschleppung der Art über Fischbesatzmaß­ deutschen Strömen Ende des 20. Jahrhunderts war der nahmen an, weil in den historischen Sammlungen des Stromgründling nur aus dem Dnepr-, Dniester- und Museums für Tierkunde in Dresden nur Exemplare Weichsel-System bekannt. Nach Kottelat & Freyhof vom gewöhnlichen Gründling, nicht jedoch vom (2007) ist der Stromgründling in den Zuflüssen zur Stromgründling zu finden sind. Die Fischsammlung

Stromgründling (Romanogobio belingi) Karpfenartige

127 Stromgründling (Romanogobio belingi)

des Magdeburger Naturkundemuseums wurde leider werden ­(Kottelat & Freyhof 2007). Nach dem Abtrei- während des großen Bombenangriffs 1945 vernichtet, ben und Absinken bleiben die klebrigen Eier dann so dass für unser Gebiet keine Vergleiche mit histo­ letztlich am Substrat haften. Die Laichreife wird mit rischen Präparaten mehr möglich sind. zwei Jahren erreicht. Die durchschnittliche Lebensdau- er der Gründlinge beträgt etwa 5 Jahre. Erwachsene Die wichtigsten äußere Unterscheidungsmerkmal Tiere können 11 – 13 cm Gesamtlänge erreichen. Die zwischen den beiden heimischen Gründlingsarten sind: Nahrung besteht vor allem aus Insektenlarven und anderen kleinen, benthischen Wirbellosen. Der After ist beim Stromgründling näher dem Ansatz der Bauchflossen als dem Ansatz der Afterflosse (bei Gobio gobio umgekehrt). Gefährdungen

Die Barteln sind beim Stromgründling länger und Die Gefährdungssituation des Stromgründlings lässt reichen bis zum Hinterrand des Auges (bei Gobio gobio sich aufgrund unzureichender Kenntnisse zum Ver- nur bis zur Mitte). breitungsgebiet und zur Herkunft nicht sicher ein- schätzen. Sollte es sich um eine eingeschleppte Art Die Schwanz- und Rückenflossen sind beim Strom- handeln, dann ist die Einordnung in eine Gefährdungs- gründling sehr hell, mit nur einigen unregelmässigen kategorie ohnehin entbehrlich. Entsprechend der Le- Flecken. Gobio gobio hat dagegen deutliche, schwarze bensweise und der Vermehrungsstrategie scheint es Punktreihen in den Flossen. sich um eine ähnlich anspruchslose Art wie bei beim gewöhnlichen Gründling zu handeln. Die Ränder der Schuppen zwischen Kopf und Rücken- flosse sind beim Stromgründling gekielt. Schutzmaßnahmen

Biotopansprüche/Lebensweise Aufgrund der nicht einschätzbaren Bestands- und Gefährdungssituation können sichere Schutzmaßnah- Über die Biotopansprüche und Lebensweise des Strom- men nicht abgeleitet werden. Da die nachtaktiven gründlings ist wenig bekannt. Er gilt ähnlich wie der Fische bei Dunkelheit die Flachwasserbereiche der gewöhnliche Gründling als typischer Bodenfisch von großen Flüsse aufsuchen, müssen solche seichten Flüssen mit sandigem oder tonhaltigem Grund. Ob- Flussstellen, z. B. an den Gleitufern, erhalten bleiben wohl er gelegentlich in der Dämmerung oder nachts und dürfen nicht beständig aus Hochwasserschutz- in größeren Mengen gefangen und beobachtet werden oder Schifffahrtsgründen entfernt werden. Bevor die kann, soll er nach Füllner et al (2005) kein Schwarm- genaue Artzugehörigkeit zu Romanogobio belingi fisch sein. Im Gegensatz zu Gobio gobio besiedelt der überhaupt geklärt war, wurde der Stromgründling Stromgründling tagsüber mehr die Strömungsrinnen bereits als Weißflossengründling (Gobio albipinnatus) und tieferen Bereiche der Flüsse. Er erreicht auch nicht in der Roten Liste Deutschlands (Bless et al. 1998) als so hohe Besiedlungsdichten und Individuenzahlen wie „stark gefährdet“ eingestuft. Diese Einstufungen er- der gewöhnliche Gründling. Nachts jedoch verlässt scheinen heute in Kenntnis der weiten Verbreitung der Stromgründling in der Regel diese tiefen Flussab- der Art übertrieben und wurden bereits bei Aktuali- schnitte und kann dann oft in größerer Zahl auch im sierung der Roten Liste der Fische Deutschlands durch flachen Wasser gefangen werden. Nach Kottelat & Freyhof (2009) korrigiert, so dass die Art derzeit als Freyhof (2007) handelt es sich deshalb um eine streng ungefährdet gilt. Gemäß Anhang II der FFH-Richtlinie nachtaktive Art, die sich tagsüber zu ihren Ruhephasen gehört der Stromgründling aber zu den Tierarten von in die tieferen Bereiche der Flüsse zurückzieht. Die gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung Laichzeit fällt in die Monate Mai bis Juli. Die erste Ei- besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müs- ablage erfolgt, nachdem sich das Wasser auf ca. sen. Nach der Fischereiordnung des Landes Sachsen- 15 – 16 °C erwärmt hat. Genau wie der gewöhnliche Anhalt ist der Stromgründling, der darin noch entspre- Gründling ist auch der Stromgründling ein Portions- chend des damaligen Kenntnisstandes als Gobio laicher, der bis zu viermal pro Saison in etwa zwei­ albipinnatus bezeichnet wird, ganzjährig durch Fang- wöchigem Abstand laichen kann. Zur Eiablage be­ verbot geschützt. Dieser strenge fischereirechtliche geben sich die Fische ins freie Wasser oder an die Schutz wird schon allein aufgrund der NATURA Oberfläche, wo die Eier in die Strömung abgegeben 2000-Gesetzgebung der EU notwendig. Karpfenartige

128 Stromgründling (Romanogobio belingi) Karpfenartige

129 Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt und Heidemühlbach, den Gewässern im Harzvorland, der Helme, der Mulde sowie auch aus Teichwirtschaf- Der Blaubandbärbling ist eine Fremdfischart, die sich ten und verschiedenen Standgewässern, vor allem im erst seit einigen Jahren vehement in Sachsen-Anhalt Hallenser Gebiet. Welche Folgen diese Invasion für die ausbreitet. Beim Blaubandbärbling handelt es sich um einheimischen Arten haben kann, ist derzeit noch nicht einen Kleinfisch, der 1961 versehentlich beim Import absehbar. Einige Experten gehen davon aus, dass sich von Graskarpfen aus dem mittleren Jangtsekiang dieser Kleinfisch, ohne größere Schäden für andere (China) nach Rumänien eingeschleppt wurde (Kottelat Fischarten zu verursachen, in den Gewässerlebensräu- & Freyhof 2007). Von dort aus oder auch über weite- men einnischen wird. Danach wird der Blaubandbär- re Importe, bei denen die Art unentdeckt blieb, besie- bling wohl vor allem in solchen Gewässern größere delte er allmählich weitere Teile Europas. Arnold Bestände bilden können, in denen ohnehin überwie- (1985) wies die Art erstmals bei Wünschendorf (Thü- gend nur anspruchslose Arten zu gedeihen vermögen ringen) in der Weißen Elster nach. Seitdem breitet sie wie z. B. in hocheutrohen, kleinen Dorfteichen, Weihern sich rasant in ganz Mitteldeutschland und auch in und Meliorationsgräben. Füllner et al. (2005) verwei- Sachsen-Anhalt aus. Im Fischartenkataster des Landes sen jedoch darauf, dass die Art auch bis in die Barben- Sachsen-Anhalt wird der Blaubandbärbling erstmals region der Flüsse vorzudringen vermag, was mit den im Jahr 1997 für das untere Holtemmegebiet aufge- Nachweisen in Holtemme, Helme und mittlerer Weißer führt (Tappenbeck 1998). Die erste Beschreibung für Elster in Sachsen-Anhalt auch belegt ist. Zudem be- Sachsen-Anhalt erfolgte durch Zuppke (2001). In eini- fürchten Füllner et al (2007) eine Konkurrenz dieser gen Fällen scheint die Einschleppung der Art mit dem anspruchslosen Art um Nahrung und Lebensraum Zukauf von Satzkarpfen aus Nachbarbundesländern gegenüber einheimischen Kleinfischen. In der Karp- erfolgt zu sein. Inzwischen hat sich der Blaubandbär- fenteichwirtschaft, wo mitunter große Blauband­ bling vor allem im Südteil unseres Landes etabliert. bärblingsbestände neben den Wirtschaftsfischen Nachweise gibt es dort aus der Elbe, der Weißen Elster, heranwachsen können, besteht eine nicht zu unter- der Saale, der Schwarzen Elster, dem Kemberger Flieth schätzende Nahrungskonkurrenz zum Karpfen.

Karpfenartige Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva)

130 Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva)

Einen Überblick über die Ausbreitung des Blauband- bereichen von Buhnenfeldern oder Altarmen und bärblings in Sachsen-Anhalt anhand von aktuellen Altwässern, von wo aus er bei Hochwässern an immer Nachweisen in den letzten Jahren gibt folgende Auf- weitere Abschnitte der Flusssysteme verdriftet wird. stellung: Eine Ausbreitungsgrenze bildet nach Füllner et al (2005) die 300 m über NN Höhenlinie. Höher gelege- 1997: Holtemme ne Gewässer im Hügelland oder Gebirge vermag die Art aufgrund ihrer Temperaturansprüche nicht zu 2000: Teichwirtschaft Werningerode besiedeln.

2002: Priesitzer See, Heidemühlbach, Elbe (Sachau), Zur natürlichen Fortpflanzung finden sich nur sehr Schwarze Elster spärliche Angaben. Die Laichreife wird bei beiden Geschlechtern bereits nach 1 Jahr erreicht. Zwischen 2003: Gr. Bleesern Seegrehna, Elbe (Elster), Schwarze den Geschlechtern besteht ein ausgeprägter Ge- Elster, Schalengraben, Kemberger Flieth schlechtdimorphismus. Die Männchen werden deut- lich größer und kräftiger als die Weibchen. Zusätzlich 2004: Dreibach-Gloine, Mulde oberhalb des Stausees, zeigen sie eine blaugrau schimmernde Laichfärbung Weiße Elster, Kemberger Flieth und einen Laichausschlag. Das Laichen selbst findet bei uns vornehmlich in stehenden oder sehr langsam 2006: Teich Kabelskebach Benndorf, Teich Grünstraße fließenden Gewässerabschnitten in den Monaten Mai Nauendorf, Luthersee Gröningen bis Juni statt. Als Laichsubstrat für die stark klebrigen Eier dienen vornehmlich harte Gegenstände wie Stei- 2007: Elbe (L.-Wittenberg), Aller, Mittellandkanal, ne, Äste, Baumstümpfe, Wurzeln oder Muschelschalen. Strengbach, Selke, Getel, Eine, Bode, Goldbach, Die Männchen reinigen vorher die ausgesuchten Ei- Helme, Kleine Helme, Rohne ablageplätze von Verschmutzungen wie Sand, Detritus oder Pflanzenteilen. Danach versuchen sie jeweils 2008: Salzwedeler Dumme, Lausiger Teichgraben, mehrere Weibchen zur Eiablage auf ihrem Nest zu Pretzscher Bach, Solgraben, Mühlgraben Roßlau bewegen. Die abgelegten Eier werden bis zum Schlupf vom Männchen bewacht. Diese Brutpflege garantiert 2009: Heidemühlenteich b. Reinharz, Kernersee, Elbe trotz relativ geringer Eizahlen von 700 – 900 Stück (Schelldorf), Saale (Halle), Wethau einen maximalen Bruterfolg. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Blaubandbärblinge liegt bei 3 Jahren. Die Nahrung besteht aus kleinen Krebstier- Biotopansprüche/Lebensweise chen, Insektenlarven, Detritus und pflanzlichen Be- standteilen. Die Fische werden in der Natur kaum Obwohl der Blaubandbärbling keine Barteln wie un- größer als 10 cm. sere heimischen Gründlinge trägt, wird er wie diese zur Unterfamilie der Gobioninae = Gründlinge gezählt. Die eigentliche Heimat der Blaubandbärblinge sind Gefährdungen/Schutzmaßnahmen die gemäßigten und wärmeren Gebiete Ostasiens, wo sie vom Amur im Norden bis zum Pearl River im Süden Da es sich um eine eingeschleppte Fremdfischart vorkommen. Bei uns besiedeln sie vor allem wärmere, handelt, stellt sich die Frage nach einer möglichen nährstoffreiche Flachgewässer. Die anspruchslose und Gefährdung nicht. Schutzmaßnahmen sind daher sehr anpassungsfähige Art kann aber auch Fließge- nicht erforderlich. Vielmehr gilt es, die weitere Aus- wässer und weniger geeignete Lebensräume besetzen. breitung zu verhindern und alle fangbaren Fische der In größeren oder rasch fließenden Flüssen werden Art zu entnehmen. Bestehende Populationen sollten, dabei stark strömende Bereiche gemieden. Hier findet soweit das möglich ist (z. B. in Teichwirtschaften), man den Blaubandbärbling vornehmlich in den Rand- dezimiert werden. Karpfenartige

131 Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva) Karpfenartige

132 Barbe (Barbus barbus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Einer der wenigen autochthonen Barbenbestände des Landes Sachsen-Anhalt, die die DDR-Zeit überdauerten, Die Barbe gibt als Leitfischart einer Flussregion ihren war nach der politischen Wende im Mittel- und Un- Namen, die durch hohe Fließgeschwindigkeit und terlauf der Helme vorhanden. Von hieraus drangen Wasserführung (= hohe Geschiebewirkung) sowie vermutlich auch immer wieder einige Fische in die kiesig-steiniges Substrat gekennzeichnet ist. Obwohl Unstrut ein, die aber durch ihre enorme Abwasserlast in der Elbe diese Region oberhalb des sachsen-anhal- nur ungenügenden Lebensraum bot. Daneben sollen tischen Abschnittes liegt, war die Barbe in der Elbe von nach Angaben des damals letzten sachsen-anhalti- der Landesgrenze zu Sachsen bis etwa Magdeburg schen Berufsfischers an Saale und Unstrut bis zur früher ein häufiger Fisch. Im unterhalb liegenden Teil Wendezeit auch immer wieder einzelne Barben in des Stromes war sie dagegen nie sehr zahlreich. Deut- der Saale zwischen Weißenfels und der Landesgrenze liche Bestandsrückgänge erfolgten zunächst mit dem zu Thüringen gefangen worden sein. Diese wenigen Aufbau der Kriegsindustrie ab 1937. Der völlige Zusam- ­Fische bildeten letztlich das Ausgangsmaterial für die menbruch des Mittelelbebestandes ereignete sich Wiederbesiedlung der Flüsse Sachsen-Anhalts in den Ende der fünfziger Jahre infolge der ungeheueren späten 1990er Jahren. 1995 wurden erstmals wieder Abwasserbelastungen. In den größeren südlichen vereinzelte Fänge aus der Elbe gemeldet. Hier erfolg- ­Elbezuflüssen des Landes Sachsen-Anhalt gestaltete te die Wiederbesiedlung wahrscheinlich durch Zu­ sich die Situation ähnlich. So verschwanden die Barben wanderung von Fischen, die als individuenschwache aus der Schwarzen und Weißen Elster, aus Mulde, Reliktvorkommen in sächsischen Elbnebenflüssen die Saale, Unstrut und Bode. Von den nördlichen Elbzu- Zeit der stärksten Wasserverschmutzung überdauert flüssen sind nur aus den Unterläufen von Milde, Jeet- hatten. ze und Havel historische Barbenvorkommen bekannt (Helms 1838, von dem Borne 1882). Im Ohregebiet Eine Wiederansiedlungsmaßnahme mit Barben gelang oder den kleineren in die Elbe einmündenden Flüssen Mitte der 1990er Jahre durch einige Angelfischer­ (Tanger, Nuthe, Ehle) scheint die Art früher hingegen vereine an der mittleren Bode. So konnten ab 1995 an nicht vorgekommen zu sein. nahezu allen geeigneten Flussabschnitten zwischen

Barbe (Barbus barbus) Karpfenartige

133 Barbe (Barbus barbus)

Barbe (Barbus barbus)

Quedlinburg und Staßfurt regelmäßig wieder Barben zeit von Mai bis Juni versammeln sich die Barben zu nachgewiesen werden. Mittlerweile ist die Barbe großen Schwärmen und wandern bei Erreichen einer wieder nahezu in allen Flüssen anzutreffen, in denen Wassertemperatur von 12 °C flussaufwärts, um dort sie auch früher heimisch war. Der letzte Barbenfluss an flachen, kiesigen Stellen in starker Strömung zu Sachsen-Anhalts, in dem die Art wieder eingebürgert laichen. Die von den Fischen bevorzugte Korngröße wurde, ist die Weiße Elster. Hier konnte sich die Barbe des Laichkieses liegt zwischen 1 und 3 cm. Die Ei­ablage etwa ab 2005 wieder dauerhaft etablieren. Trotz dieser soll bevorzugt bei Wassertemperaturen von ca. Erfolge ist die Bestandssituation bei der Barbe im Land 14 – 16 °C erfolgen und wird durch das Erreichen eines Sachsen-Anhalt gegenwärtig wieder als kritisch zu Tagesminimums der Wassertemperatur von 13,5 °C betrachten. Grund dafür ist die seit 2005 angestiege- ausgelöst (Ebel 2001). Die Eizahl beträgt 3000 – 9000 ne Kormoranpopulation, welche die Barbenbestände Stück je Rogner. Nach Ebel (2001, 2002) kann sich die teilweise stark dezimieren konnte (Ebel 2005). Beson- Eiablage über 2 – 3 Tage erstrecken. Kottelat & Freyhof ders gilt dies für die Helme und die Bode, aber auch in (2007) dagegen bezeichnen die Barbe als Portionslai- einigen anderen Barbenflüssen sind Bestandsrückgän- cher mit 10 – 15-tägigen Abständen zwischen den ge durch den Fraßdruck zu verzeichnen. einzelnen Laichphasen. In jedem Fall erfolgt das Lai- chen tagsüber. Die gelblichen, nicht klebrigen Eier (ca. 2 mm Durchmesser) werden durch das Weibchen bei Biotopansprüche/Lebensweise der Eiablage in das Lückensystem des Kieses am Laich- platz gepresst (Ebel 1996b). Jeder einzelne Laichakt Die Barbe bewohnt als geselliger Grundfisch schnell dauert nur wenige Sekunden und wird zuweilen von fließende, mittelgroße bis große Flüsse und Ströme Ruhepausen unterbrochen, zu denen sich der Rogner mit sauberem Wasser und sandig-kiesigem Grund. in den unterhalb der Kiesbank liegenden Kolk zurück- Tagsüber ruhen die Fische meist in deckungsreichen, treiben lässt. Die Erbrütungsdauer der abgelegten Eier tiefen Kolken und Strömungsrinnen unter Brücken beträgt je nach Wassertemperatur 7 – 9 Tage. Nach oder überhängenden Ästen. In der Dämmerung wer- dem Schlupf verbleiben die Larven bei ausschließlich den sie aktiv und verlassen die Unterstände zur Nah- endogener Ernährung 11 – 19 Tage im Lückensystem rungssuche. Während der Überwinterung stehen die des Kiesbettes, bevor zur aktiven Nahrungsaufnahme Fische oft in großer Zahl, dicht gedrängt in langsam übergegangen wird. Die Jungfische suchen zunächst

Karpfenartige fließenden Tiefwasserbereichen und Kolken. Zur Laich- strömungsberuhigte Flachwasserstellen auf und

134 Barbe (Barbus barbus) fressen dort Insektenlarven und benthische Kleinkreb- Sommermonaten oft starke Algenblüten mit extre- se. Mit zunehmender Größe siedeln sie in schneller men pH-Werten im basischen Bereich, welche die strömende Bereiche über. Die Nahrung der größeren anspruchsvolle Flussfischarten und besonders deren Exemplare besteht vornehmlich aus Wasserinsekten, Brut schädigen können. Ein neuer Gefährdungsfaktor Flohkrebsen und Mollusken. Die Laichreife wird bei ist der gestiegene Fraßdruck durch den Kormoran. beiden Geschlechtern mit unterschiedlichem Alter und unterschiedlichen Größen erreicht. Während die Die Barbe muss für das Land Sachsen-Anhalt nach wie Milchner bereits mit etwa 15 – 20 cm Länge im Alter vor als stark gefährdet eingestuft werden. von 2 – 4 Jahren laichreif werden, setzt bei den Rognern die Reife erst bei Körperlängen über 30 cm und einem Alter von 5 – 7 Jahren ein. Darüber hinaus werden die Schutzmaßnahmen Rogner (bis 70 cm) deutlich größer als die Männchen (bis 35 cm) und können über 4 kg schwer werden. Das An erster Stelle steht hier eine wesentliche Verbesse- Höchstalter liegt bei etwa 15 – 16 Jahren. rung der Strukturgüte in den großen Flüssen unseres Landes. Ebenso wie bei der Äsche sind Schutzmaßnah- men vor allem im Bereich des restaurierenden Gewäs- Gefährdungen serbaues zu sehen, d. h. die Durchwanderbarkeit und die Naturnähe größerer Flussabschnitte muss wieder- Für die Barbe gelten ähnliche Gefährdungsfaktoren hergestellt werden. Vorhandene Kiesbetten als poten- wie für Äsche, Zährte und Nase, mit denen sie häufig tielle Laichgebiete müssen unbedingt erhalten bleiben, ihren Lebensraum teilt. Die Bestände werden insbe- ebenso Buchten im Flachwasser für die Brut und sondere durch die Monotonisierung der Flüsse infolge Kolke als Überwinterungshabitate für alle Altersklas- gewässerbaulicher Eingriffe beeinträchtigt. Wehre und sen. Die Gewässerunterhaltung ist einzuschränken Staustufen verhindern die Laichwanderungen und und die Entwicklung naturnaher Strukturen in den unterbinden den Zusammenhalt der Populationen, Flüssen durch die Eigendynamik des fließenden Was- wodurch die Überlebensmöglichkeiten der Art deutlich sers zu zulassen. geschwächt werden. Intakte Kiesbänke als potentiel- le Laichplätze sind vielfach verschwunden oder ver- Wie an der Bode sichtbar, kann durch Initialbesatz eine schlammt. Durch die Begradigung der Gewässer Wiederbesiedlung gefördert werden. fehlen zudem fast immer ausreichend große und tiefe Kolke als Ruhe- und Überwinterungsplätze. In der Gemäß Anhang V der FFH-RL unterliegt der Fang der Helme herrschen durch den Stausee Kelbra in den Barbe bestimmten Vorschriften. Karpfenartige

135 Barbe (Barbus barbus) Karpfenartige

136 Ukelei (Alburnus alburnus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt ­Gewässer mit Ukeleibeständen sind nach Zuppke (1993) der Bergwitzsee und der Neolithteich bei Köthen Der Ukelei kommt in Sachsen-Anhalt vor allem in der sowie nach Berufsfischerangaben der Schollener See. Elbe und ihren großen Nebenflüssen Havel, Saale, Das Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow Mulde (mit Stausee) und Schwarze Elster vor. Er ist konnte allerdings den Nachweis des Ukeleis bei dabei nicht nur in den Fließbereichen und angebun- ­Untersuchung des Bergwitzsees im Jahr 2002 nicht denen Altarmen, Umflutern oder Häfen zu finden, bestätigen. sondern auch in abgetrennten Nebengewässern und den Altwasserketten der Flussauen, wenn diese im Überschwemmungsbereich liegen. Die kleineren Biotopansprüche/Lebensweise Elbzuflüsse werden nur besiedelt, wenn sie einem sommerwarmen Gewässertyp angehören. So ist der Der Ukelei lebt als kleiner (10 – 12 cm) Schwarmfisch Ukelei vor allem in den Unterläufen von Milde-Biese- an der Oberfläche stehender oder fließender, sommer- Aland, Jeetze, Tanger, Ohre, Ehle und Nuthe zu finden. warmer Gewässer. Da er ein Freiwasserfisch ist, werden Im Allgemeinen nimmt hier die Vorkommenswahr- bevorzugt große Seen und mittlere bis große Flüsse scheinlichkeit sehr schnell mit zunehmender Entfer- besiedelt. Die Art ist aber so anpassungsfähig, dass nung von den Mündungen in die Elbe ab. Von den in sie zeitweise auch in kleine Nebenflüsse aufsteigt und die Saale mündenden Nebenflüssen sind vor allem im Uferbereich der Seen angetroffen werden kann. die Unstrut und die Bode als Verbreitungsschwer- Dichte Krautbestände werden dabei gewöhnlich ge- punkt zu nennen. Von hier aus dringen Ukeleis auch mieden. Zur Überwinterung ziehen sich Ukeleis aus in die Unterläufe anderer Nebenflüsse wie Wipper Flüssen und Strömen in große angeschlossene Altarme und Großer Graben vor. Weitere Nachweise gibt es oder Häfen zurück. Die Sommernahrung besteht zum aus dem Mittellandkanal sowie dem Elbe-Havel-Kanal überwiegenden Teil aus Anflugnahrung (Insekten). In mit einmündenden Altkanälen und Nebengewässern der kalten Jahreszeit wird ausschließlich Zooplankton (z. B. Parchener Bach). Abgeschlossene, stehende gefressen. Die Ansprüche an die Wasserqualität sind

Ukelei (Alburnus alburnus) Karpfenartige

137 Ukelei (Alburnus alburnus)

nicht sehr hoch, wie das zahlreiche Vorkommen von nur ein- bis zweimal fort und sterben danach. Die Ukeleis in einigen Schifffahrtskanälen und mäßig ­Fische sollen aber in Ausnahmefällen auch ein Alter verschmutzten Flüssen zeigt. von 8 Jahren erreichen können.

Die Geschlechtsreife erlangen Ukeleis im Alter von 2 – 3 Jahren. Zu Beginn der Laichzeit unternehmen die Fi- Gefährdungen sche in größeren Schwärmen stromaufwärts gerich- tete Wanderungen in den Flüssen. Die Laichplätze Obwohl die Art keine besonderen Ansprüche an die liegen hier gewöhnlich auf flachen Kiesbänken von Wassergüte und die Wohngewässer stellt, waren die Rauschen und ähnlichen rasch fließenden Flussab- Bestände in Mitteldeutschland bis Anfang der 1990er schnitten. Der benötigte Temperaturbereich für das Jahre allgemein rückläufig. So konnte Bauch (1958) Laichen ist sehr weit gesteckt und reicht von 12 bis für die Elbe zeigen, dass auch diese recht anspruchs- 18 °C. Dadurch ergeben sich vielfältige Überlappungs- lose Art Wasserverschmutzungen nur bis zu einem möglichkeiten mit den Laichzeiten anderer Cypriniden, gewissen Grade toleriert. Denn mit zunehmender weshalb von keiner weiteren einheimischen Fischart Verunreinigung des Stromes ging bereits Anfang der so viele natürliche Hybridisierungen beschrieben sind 1950er Jahre der Bestand immer weiter zurück. Mit wie für den Ukelei. Das Laichen erfolgt in 2 – 4 Schüben der inzwischen verbesserten Wassergüte der Flüsse in im Abstand von 1 – 2 Wochen. Als Laichsubstrat werden Sachsen-Anhalt hat der Ukelei aber sein ursprüngli- insbesondere in Flüssen kiesige Stellen bevorzugt und ches Besiedlungsareal zunehmend zurückerobert. auch in Seen erfolgt, soweit vorhanden, die Eiablage Trotzdem stellen auch heute noch Veränderungen der vornehmlich an steinigen Uferbereichen. Der Ukelei Gewässerstrukturen, Eutrophierungen und Gewässer- ist jedoch sehr anpassungsfähig und laicht beim Feh- verschmutzungen sowie vielgestaltige anthropogene len solcher Substrate in Standgewässern mitunter Gewässernutzungen (z. B. starker Bootsverkehr) eine auch über Wasserpflanzenbeständen ab. In den Schiff- Gefährdung für die Art dar. fahrtkanälen dienen in der Regel die algenbewachse- nen Steinpackungen als Laichsubstrat. Schutzmaßnahmen Die Eizahl liegt bei etwa 1.500 Stück je Rogner. Die Inkubationsperiode dauert je nach Wassertemperatur Schutzmaßnahmen für wenig anspruchsvolle Arten 4 – 7 Tage. Die frisch geschlüpften Larven suchen in wie den Ukelei sind schwer zu definieren. Hierzu zäh- Flüssen zunächst strömungsberuhigte Flachwasser- len allgemein die Verringerung der anthropogenen zonen auf. Mit zunehmender Größe wird dann das Einflüsse und der Erhalt bekannter Laich- und Auf- Freiwasser besiedelt. In der Regel pflanzen sich Ukeleis wuchshabitate der Art. Karpfenartige

138 Ukelei (Alburnus alburnus) Karpfenartige

139 Schneider (Alburnoides bipunctatus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt sehr viel häufiger. Die wenigen bekannten Angaben zu früheren Schneidervorkommen in der Saale und Über die ursprüngliche Verbreitung des Schneiders Weißen Elster stammen von Burckhardt (1860), von im Gebiet des heutigen Landes Sachsen-Anhalt be- dem Borne (1882), Regel (1894), Brückner (1926) und stehen erhebliche Wissenslücken (Wüstemann & Schmiedeknecht (1927). Was die Ausbreitungsgren- Kammerad 1999). Das beruht darauf, dass die Art in zen der Art in diesen beiden Flüssen betraf, sind die Mitteldeutschland seit langer Zeit als ausgestorben Angaben jedoch ohne konkreten Ortsbezug. So gilt und früher solchen Kleinfischen nicht die ent- schreibt von dem Borne (1882) nur, dass der Schnei- sprechende Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Daher der in der Weißen Elster bis nach Plauen hinaufging. sind in der historischen Literatur nur unzureichende Wie weit Gebiete flussabwärts besiedelt wurden, ist Daten zu finden. Zudem liegt Sachsen-Anhalt auch nicht erwähnt, lässt aber den Schluss zu, dass er im am Rande der früheren Verbreitungsgrenze des ganzen mittleren und unteren Flusslauf zu finden Schneiders im Elbesystem. Nach Bauch (1966) war war. Nach alten Beschreibungen kam der Schneider die Art im Elbeeinzugsgebiet nur spärlich vertreten. in größeren Flüssen im Hügelland häufig zusammen Hier waren vor allem Vorkommen aus der oberen Elbe mit dem Ukelei vor (Dußling & Berg 2001). Eine in Sachsen und Böhmen sowie aus der Thüringischen Tatsache, die in Saale und Weißer Elster gegeben war. Saale und Weißen Elster bekannt. Im gesamten süd- Im Gegensatz zum Ukelei war der Schneider aber deutschen Raum dagegen war und ist der Schneider auch in kleineren Nebenflüssen und einmündenden

Karpfenartige Schneider (Alburnoides bipunctatus)

140 Schneider (Alburnoides bipunctatus) größeren Bächen zu finden. Aufgrund dieser histori- ­sowohl vom Grund als auch von der Oberfläche auf- schen Daten rekonstruieren Bock et al. (1996) ein genommen werden. Die Fische werden selten älter als früheres Verbreitungsgebiet des Schneiders in Saale vier Jahre, wobei Maximallängen von 13 – 14 cm erreicht und Weißer Elster, das Flussabschnitte auf dem Ge- werden. biet des heutigen Landes Sachsen-Anhalt mit ein- schließt. Zuppke (1993) sieht die Art aus diesem Grund als heimisch für Sachsen-Anhalt an. Der Schneider Gefährdung wird deshalb auch in den Roten Listen Sachsen-An- halts als ausgestorben geführt. Im Bundesland Bran- Als Ursachen für das Aussterben des Schneiders im denburg gibt es aktuell wieder einen Nachweis der deutschen Elbegebiet, insbesondere auch in Saale und Art, aus dem Unterlauf des Grano-Buderoser-Müh- Weißer Elster in den 1930er und 1940er Jahren werden lenfließ (Rothe 2002). vornehmlich die Verschlechterungen der Wassergüte in der damaligen Zeit vermutet. Daneben war die Art auch von Gewässerausbaumaßnahmen wie Begradi- Biotopansprüche/Lebensweise gungen und Bau von Wehranlagen besonders betrof- fen. Die Maßnahmen, die gegenwärtig europaweit zur Der Schneider ist vor allem ein geselliger Bewohner Umsetzungen der Zielstellungen der Wasserrahmen- klarer, naturnaher, mittelgroßer Flüsse des Hügellan- richtlinie ergriffen werden, insbesondere zum Errei- des. Nach Füllner et al. (2005) stellt im Gebirge die chen einer guten Wasserqualität und zur Verbesserung 600 m Höhenlinie die Ausbreitungsgrenze nach oben der Strukturgüte der Gewässer, werden sicherlich hin dar. Die Ansprüche an Wassergüte und Struktur- positive Auswirkung auf die Art haben. In Baden- vielfalt der Wohngewässer sind ähnlich hoch wie bei Württemberg zum Beispiel hat schon die Verbesserung den Salmoniden. Im Vergleich zu Bachforelle oder der Wassergüte zu einer Stabilisierung und Erholung Äsche werden aber höhere Temperaturen toleriert. der Bestände geführt (Dußling & Berg 2001). Aller- Deshalb können Schneider auch in Niederungsgewäs- dings sind derzeit bei uns keine Reliktpopulationen sern und großen Flüssen vorkommen, soweit diese aus dem Elbeeinzugsgebiet bekannt, durch die eine eine ausreichende Naturnähe und kiesig-steinige Wiederbesiedlung der Gewässer erfolgen könnte. Substrate aufweisen. Die Laichreife erreichen die Fische im Alter von 2 Jahren. Die Laichzeit fällt je nach Tem- peraturverlauf und Höhenlage in die Monate Mai bis Schutzmaßnahmen Juli. Der Beginn der Eiablage wird meist durch das Überschreiten einer Wassertemperaturschwelle von Schutzmaßnahmen für den Schneider setzen die vor- 12 °C ausgelöst. Nach Kottelat & Freyhof (2007) lai- herige Wiedereinbürgerung dieser Art in Saale und chen besondes die Weibchen in mehreren Schüben ab Weißer Elster voraus. Da das Hauptverbreitungsgebiet (Portionslaicher). Die Eier werden dabei im schnell in diesen Flüssen hauptsächlich im heutigen Thüringen strömenden Wasser über bzw. in das Lückensystem liegt, wäre eine Wiedereinbürgerung in beiden Bun- von Kies- und Geröllbänken gelegt. Zur Eizahl und desländern sinnvoll. Zuvor müssten allerdings struk- Erbrütungsdauer gibt es keine Angaben. Die heran- turgüteverbessernde Maßnahmen sowie Maßnahmen wachsenden Jungfische benötigen zunächst flach zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit geneigte, strömungsberuhigte Uferbuchten. Mit zu- umgesetzt werden. nehmender Größe wechseln sie dann in rascher strö- mende und tiefere Bereiche. Die Nahrung besteht In Sachsen-Anhalt ist der Schneider ganzjährig durch überwiegend aus Insekten und deren Larven, die Fangverbot geschützt. Karpfenartige

141 Güster (Blicca bjoerkna)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt ufernahen Bereichen mit Pflanzenbewuchs auf. Be- liebte Standorte sind strömungsberuhigte Gewässer- Die Güster ist ein typischer Fisch der mittleren und teile mit sandigem Grund. Größere Exemplare sind großen sommerwarmen Niederungsflüsse und Ströme. während des Sommers aber auch im Hauptstrom zu Bevorzugt werden Gewässertypen mit sandigen Subs- finden. Sie sind trotz ihrer hochrückigen Körperform traten besiedelt. Grundsätzlich stellt die Art aber keine schnelle und geschickte Schwimmer. Bei Treibnetzbe- besonderen Ansprüche an Wasserqualität und Struk- fischungen in der freien Fahrrinne der Elbe war deshalb turgüte der Gewässer. Im Land Sachsen-Anhalt kommt die Güster mit einem Anteil von 69,2 % die häufigste die Güster deshalb in nahezu allen geeigneten Flüssen Fischart (Fladung 2002). In der Saale konnten große und Standgewässern regelmäßig bis häufig vor. Es gibt Mengen Güstern in reißendem Wasser unterhalb des nur wenige Gewässer, in denen dieser Fisch bei Be- Meuschauer Wehres (Stadt Merseburg) angetroffen standsuntersuchungen nicht nachgewiesen werden werden. Da die Güster allgemein als Pflanzenlaicher kann. Das sind vor allem kleine, schnell fließende Nie- gilt, ist zu vermuten, dass die aus der darunter liegen- derungsforellenbäche und Gewässer in den Mittelge- den Stauhaltung aufsteigenden Fische bei der Suche birgsregionen des Harzes. Große Bestände werden bei nach geeigneten Laichgründen durch das bis dato uns insbesondere im Mittelelbe- und Havelgebiet sowie unpassierbare Wehr aufgehalten wurden. In pflanzen- vornehmlich in größeren Gewässern der Ebene ange- freien Gewässern oder Kanälen akzeptiert die Art auch troffen. Die hohen Dominanzgrade von Plötze und Blei Kiesbänke oder mit Algen überwachsene Wasserbau- werden jedoch durch die Güster meist nicht erreicht. steine als Laichsubstrat (Wolter et al. 2003, Kottelat & Freyhof 2007). Sie sind diesbezüglich also ähnlich anpassungsfähig wie der Blei. Die Geschlechtsreife Biotopansprüche/Lebensweise erreichen männliche Güstern bereits im Alter von 2 Jahren; die weiblichen Tiere meist ein Jahr später. Die Die Güster gehört zu den weit verbreiteten einheimi- Laichzeit fällt gewöhnlich in die Monate Mai bis Juni schen Cyprinidenarten. Sie ist ein gesellig lebender bei Wassertemperaturen über 15 °C. Die Laichschwär- Grundfisch in größeren Flüssen und stehenden Ge- me suchen flache, bewachsene Uferstellen auf, wo wässern der Flussauen und hält sich bevorzugt in nachts die Eiablage erfolgt. Der klebrige Laich wird

Karpfenartige Güster (Blicca bjoerkna)

142 Güster (Blicca bjoerkna) gewöhnlich innerhalb von 1 – 2 Tagen an Wasserpflan- Massenfischarten, zur Verbuttung (Kleinwüchsigkeit). zen abgesetzt. In der Regel folgen in etwa 10-tägigem Die Fische können dann bereits bei Längen unter 10 cm Abstand noch 1 bis 2 weitere Laichschübe. Die Eizahl laichreif werden und bilden große, schlechtwüchsige kann bis zu 100.000 Stück je Rogner betragen. Die Brut Populationen. Das Höchstalter bei Güstern liegt zwi- schlüpft meist innerhalb weniger Tage. Die höchste schen 8 – 10 Jahren. Überlebensrate erreicht die Brut in pflanzenreichen Altarmen. Die Ernährung der dämmerungsaktiven Art erfolgt sowohl durch Plankton, als auch Benthosorga- Gefährdungen nismen, Detritus und Pflanzenteile. Die Güster ist in Sachsen-Anhalt sowie in der gesam- Güstern können in großen Strömen und bei optimalen ten Bundesrepublik zurzeit nicht gefährdet. Ernährungsbedingungen über 40 cm lang und über 1,5 kg schwer werden. In der Regel gelten aber bereits Güstern ab 30 cm Länge als große Exemplare. In stark Schutzmaßnahmen eutrophierten, meist kleineren Standgewässern und bei einem Mangel an geeigneter Nahrung neigt aller- Schutz- und Schonmaßnahmen für die Art sind derzeit dings auch die Güster, genau wie viele andere euryöke nicht erforderlich. Karpfenartige

143 Güster (Blicca bjoerkna) Karpfenartige

144 Blei (Abramis brama)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt fisch bevorzugt er vor allem größere Seen und die sommerwarmen, strömungsberuhigten Unterläufe Der Blei gilt als Charakterart der Unterläufe mittelgro- größerer Fließgewässer mit feinsandigem bis schlam- ßer und großer Niederungsflüsse und Ströme, der migem Untergrund. Zur Überwinterung ziehen die sogenannten Bleiregion. Er ist dabei in vielen Gewäs- Fische bei Wasserabkühlung im Herbst aus dem sern Sachsen-Anhalts ähnlich häufig wie die Güster. Hauptfluss in die Altarme. Die Laichreife erreichen So findet man diesen Fisch vor allem im Gebiet der Bleie mit 3 – 4 Lebensjahren. Die adulten Männchen Mittelelbe sowie allen anderen in die Elbe einmün- beginnen bereits Wochen vor der Fortpflanzungspe- denden Flüssen einschließlich Altarmen und Altwäs- riode mit der Ausbildung eines typischen Laichaus- sern. Daneben werden auch stehende Gewässer wie schlags auf Kopf, Rücken und Flossen. Populationen in Seen, Teiche, Kiesabbau- und Tagebaurestlöcher, Ent- Flüssen können bis zu 100 km stromaufwärts zu ge- wässerungsgräben und Schifffahrtkanäle besiedelt. eigneten Laichplätzen wandern. Dabei werden vor- Der Blei ist eine äußerst anpassungsfähige Art und nehmlich flache, krautbewachsene Uferstellen oder stellt keine besonderen Ansprüche an die Strukturgü- überschwemmte Wiesen aufgesucht. Bei Fehlen sol- te und die Wasserqualität. Nur in der Mittelgebirgsre- cher Habitate, wie z. B. in Schifffahrtskanälen, dienen gion des Harzes sowie den sommerkühlen Ober- und auch Steinpackungen und andere Untergründe als Mittellaufbereichen kleinerer Fließgewässer ist der Laichsubstrat. Mit Eizahlen von etwa 100.000 Stück/ Blei in der Regel nicht anzutreffen. kg Körpergewicht ist die Art sehr produktiv. Das Lai- chen erfolgt bei Wassertemperaturen zwischen 15 – 20 °C in den Monaten Mai und Juni. Die Ablage der Biotopansprüche/Lebensweise klebrigen Eier erfolgt gewöhnlich nachts und kann in mehreren Etappen im Abstand von 1 – 2 Wochen erfol- Der Blei ist ähnlich wie Güster und Plötze eine euryöke gen, bei günstigen Temperaturen auch innerhalb Fischart, die sich an verschiedenartigste Lebensbedin- weniger Tage (Kottelat & Freyhof 2007). Die Inkuba- gungen anpassen kann. Als gesellig lebender Grund- tionsperiode beträgt nur 3– 5 Tage. Die Überlebensrate

Blei (Abramis brama) Karpfenartige

145 Blei (Abramis brama)

der Brut ist in krautreichen Altwässern am höchsten. schlechten Wuchses können die verbutteten Bleie In den ersten Lebensjahren hält sich der Blei vorwie- wegen ihrer hochrückigen Körperform nur schwer von gend im Uferbereich auf. Als Nahrung dienen hier Raubfischen (besonders dem Zander) gefressen wer- bevorzugt Zooplankton und benthische Wirbellose. den. Bei guten Wachstumsbedingungen können Bleie Mit zunehmendem Alter siedelt die Art in tiefere Längen von 70 cm und Körpermassen von 6 kg errei- Gewässerbereiche oder in den Hauptstrom über und chen. Das Höchstalter liegt bei 18 – 20 Jahren. ernährt sich hauptsächlich bodenorientiert von Zuck- mückenlarven, Würmern und Mollusken. Bei ungüns- tigen Nahrungsbedingungen bilden sich leicht klein- Gefährdungen wüchsige Massenbestände („Verbuttung“). Der Blei ist, ähnlich wie Silberkarpfen, in der Lage mit dem Der Blei ist weder in Sachsen-Anhalt noch bundesweit Kiemenreusenapparat große Zooplankter aus dem gefährdet. Wasser zu filtern. Er ist deshalb in eutrophierungsan- fälligen Gewässern nicht gern gesehen. Zudem haben selbst die schlechtwüchsigen Bleie bei ihrer geringen Schutzmaßnahmen Körpergröße ein enormes Vermehrungspotenzial. Verbuttete Bleibestände lassen sich mit fischereilichen Schutz- und Schonmaßnahmen für die Art sind nicht Methoden nur schwer beeinflussen. Trotz des relativ erforderlich. Karpfenartige

146 Blei (Abramis brama) Karpfenartige

147 Zope (Ballerus ballerus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt ist die Art in den größeren Altwässern entlang der Havel sowie in den Nebengewässern der Unteren Die Zope kommt in Sachsen-Anhalt ausschließlich im Havel zu finden. Nach den Angaben der im Elbe-Havel- Elbe- und Havelgebiet sowie den Unterläufen der hier Winkel tätigen Berufsfischer sind Zopen auch in den einmündenden Flüsse vor. Im Elbstrom selbst soll sie Flussseen (Kamernscher See, Schönfelder See) des nach Pape (1952) bis in die 1930er Jahre hinein zahlreich Trüben-Graben-Systems anzutreffen. gewesen sein. Bei der Fischerbevölkerung an der Mit- telelbe war der hier Schwope genannte Fisch wegen Über die frühere Verbreitung der Zopen in den Elbe- seines schmalen, fleischlosen Rückens und der vielen zuflüssen des Landes Sachsen-Anhalt gibt es keine Gräten nicht sehr beliebt. Mit dem Aufbau der Kriegs- historischen Daten. Es ist jedoch zu vermuten, dass industrie und steigender Abwasserbelastung Ende der zumindest in Mündungsnähe aller größeren Flüsse 1930er Jahre sowie vor allem mit der katastrophalen Zopen verbreitet vorkamen. Abwasserbelastung in den ersten Jahren nach DDR- Gründung brach der Bestand im Hauptstrom rasch zusammen. In den Altwässern und Altarmen entlang Biotopansprüche/Lebensweise der gesamten Mittelelbe blieben jedoch zahlreiche, zum Teil sehr individuenstarke Bestände erhalten. Als gesellig lebender Schwarmfisch besiedelt die Zope Nach Brümmer (1994) kommt die Zope besonders vor allem die Unterläufe größerer Flachlandflüsse und häufig in den großen, abgetrennten Nebengewässern Ströme mit zahlreichen Altarmen und Altwässern. Die der Elbe vor. Auch in den angeschlossenen großen Geschlechtsreife erreichen Zopen bei einer Körperlän- Altarmen ist die Art zu finden. Die zahlreichen, kleine- ge von ca. 18 cm im Alter von 3 – 4 Jahren. Die Männchen ren Altwässer der Elbe scheinen dagegen für die Zope bilden zur Laichzeit einen typischen Laichausschlag kein geeignetes Biotop darzustellen. Auch im ausge- aus. Im zeitigen Frühjahr wandern die Fische flussauf- bauten Elbstrom selbst ist die Zope heute eher selten. wärts, um von April bis Anfang Mai an flachen, pflan- Gesicherte Nachweise aus den Elbnebenflüssen liegen zenreichen Stellen im leicht strömenden Wasser der mit Ausnahme der Havel nur für mündungsnahe Flussufer oder auf Überschwemmungsflächen abzu- Unterlaufbereiche vor (Schwarze Elster, Mulde, Saale, laichen. Nach Kottelat & Freyhof (2007) werden in Aland, Seege). In der Havel, die nie so starker Abwasser- manchen Flüssen auch Kiesbänke in moderater Strö- belastung ausgesetzt war wie die Elbe, ist die Zope mung zur Eiablage genutzt. Da die Zope in Sachsen- seit jeher ein regelmäßig vorkommender Fisch. ­Ebenso Anhalt ausschließlich in großen Altwässern die Zeit

Karpfenartige Zope (Ballerus ballerus)

148 Zope (Ballerus ballerus) der stärksten Wasserverschmutzung überlebt hat, ist Verschwinden der Zopen in der stärker als die Havel eine Strömung am Laichplatz für die erfolgreiche Re- verschmutzten Elbe vor der politischen Wende. Einen produktion offensichtlich nicht unbedingt notwendig. Hauptgefährdungsfaktor für die Art in unseren großen Die Laichwanderung kann Entfernung von 100 km oder Flüssen stellt das Abtrennen der Altwässer und Alt­ mehr umfassen. Über den Laichvorgang ansich liegen arme vom Hauptstrom infolge der Schiffbarmachung nur wenige Angaben vor. So gilt als sicher, dass die Art bzw. des Flussausbaus dar. Im Zuge der nachfolgenden lange vor dem Blei ablaicht, wahrscheinlich in einem Eintiefung des Hauptflusses fallen die Eingangsbe­ Temperaturbereich zwischen 10 und 12 °C. Nach Kot- reiche zu den Altarmen trocken und die Altarme selbst telat & Freyhof (2007) soll das Erreichen einer Tem- werden immer flacher und verlanden. Damit gehen peraturschwelle von 10 °C auslösend wirken. Die den Zopen wichtige Habitate verloren. Der ausge- Laichperiode ist kurz und erstreckt sich nur über einen baute Strom allein stellt für die Art heute keinen Zeitraum von 1 – 2 Wochen. Vermutlich reproduziert ausreichenden Lebensraum mehr dar; nur die dauer- sich die Zope in einem einzigen Laichschub. Zur Inku- hafte Vernetzung von Hauptstrom und Nebenge­ bationsperiode existieren unterschiedliche Angaben. wässern innerhalb der Aue kann den Erhaltungs­ Nach Herzig & Winkler (1985) sind die Erbrütungszei- zustand der Zopenpopulationen verbessern helfen. ten ähnlich wie beim Blei und bewegen sich bei den Aufgrund der relativ eng begrenzten Verbreitung in niedrigeren Temperaturen im Bereich von 8 bis 11 Tagen. Sachsen-Anhalt muss die Zope nach wie vor als ge- Die Anzahl der klebrigen Eier soll zwischen 4.000 und fährdet angesehen werden. 25.000 Stück betragen. Die frisch geschlüpfte Brut benötigt zunächst strömungsarme, krautreiche Flach- wasserzonen im Uferbereich der Flüsse bzw. in Altar- Schutzmaßnahmen: men oder auf Überschwemmungswiesen. Hierzu zählen alle Maßnahmen, die die Vernetzung Da die Zope vorwiegend Planktonfresser ist und vor- zwischen Hauptstrom und Nebengewässern innerhalb nehmlich das Nahrungsangebot des Freiwasserberei- der Auen sicherstellen. Dazu zählen z. B. der Verzicht ches nutzt, besteht keine direkte Nahrungskonkurrenz auf neue Ausbaumaßnahmen, die Einstellung ausbau- mit den häufig in größeren Populationsdichten ver- gleicher Unterhaltungsmaßnahmen an der Elbe, die gesellschafteten Bleien. Zopen können bei guten Er- Verhinderung der weiteren Eintiefung der Flüsse, die nährungsbedingungen 40 – 45 cm lang werden und Wiederherstellung der Anbindung abgetrennter Alt- ein Alter von ca. 10 Jahre erreichen. arme, die Revitalisierung verlandeter Altarme und die Schaffung neuer, angebundener Nebengewässer z. B. durch Anschluss von Kiesbaggerseen an den Haupt- Gefährdungen fluss. Zur besseren Wiederbesiedlung der Unterläufe der großen Nebenflüsse der Elbe und zum Erreichen Obwohl die Art als relativ euryök gilt, stellt sie aber geeigneter Laichgebiete ist die Durchgängigkeit der höhere Ansprüche an die Wasserqualität als Blei und Gewässer und somit die Beseitigung von unüberwind- Güster. Dies erklärt auch das nahezu vollständige baren Querverbauungen unabdingbar. Karpfenartige

149 Zope (Ballerus ballerus) Karpfenartige

150 Zährte (Vimba vimba)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Massenvorkommen bekannt. Auch in Unstrut und Helme gab es früher zahlreiche Zährten (von dem Die Zährte war ehemals im gesamten Gebiet der Mit- Borne 1883). Im Mittel- und Unterlauf der Bode war telelbe häufig und für die Berufsfischerei „Gegenstand die Art aber bereits Ende des 19. Jahrhunderts weitest- des Massenfanges“ (Kluge 1900). Auch nach Pape (1952) gehend verschwunden. Zum Verschwinden der Zährten hatten Zährten im fischereilichen Fang bis 1937 im in den anderen größeren Elbe- und Saalenebenflüssen Magdeburger Gebiet noch eine wirtschaftliche Bedeu- (Havel, Schwarze Elster, Weiße Elster, Bode) finden sich tung. Bei Bauch (1958) dagegen wurde die Art für die heute keine genauen Datierungen mehr. Die extreme Mittelelbe bereits als selten eingestuft. Ab den 1960er Abwasserbelastung während der DDR-Zeit (etwa Jahren galt die Zährte dann in der Mittelelbe als ver- 1960 – 1989) überdauerten nur schwache Restbestän- schollen. Zwischenzeitliche Fangmeldungen von Zähr- de im Mittellauf der Saale oberhalb von Weißenfels. ten aus Elbenebengewässern waren bei genauen Re- Mit der Verbesserung der Wassergüte in den 1990er cherchen stets Verwechslungen mit Zopen. Der erste Jahren war die Zährte jedoch im Saale-Unstrut-Gebiet gesicherte Wiedernachweis für das Elbegebiet des wieder in Ausbreitung begriffen. Allerdings wurde Landes Sachsen-Anhalt ist auf das Jahr 1992 datiert, diese positive Entwicklung in jüngerer Zeit durch einen als im Bereich der früheren Havelmündung nördlich hohen Prädationsdruck der gestiegenen Kormoranbe- von Werben bei einer Elektrobefischung zwei Jung­ stände unterbrochen. Auch die in Mulde und Helme fische gefangen werden konnten (Borchard 1992). im Rahmen von Wiederansiedlungsversuchen einiger Seitdem werden immer wieder einzelne Zährtenfänge Angelvereine ausgesetzten Zährten (Herkunft: Saale) gemeldet. Meist handelt es sich dabei um juvenile wurden durch den Kormoran stark beeinflusst. Exemplare, die sich vornehmlich in den Buhnenfeldern bzw. Nebengerinnen hinter defekten Buhnen aufhal- Neben dem Vorkommen in der Saale liegen aktuelle ten. Seitdem die defekten Buhnen jedoch erneuert und Nachweise der Art für den südlichen Landesteil derzeit die Elbufer massiv mit Schlackesteinen verbaut werden, aus der Mulde, dem Wethauunterlauf, dem Unterlauf sind die Zährtennachweise wieder seltener geworden. der Bode und der Unstrut vor.

Ähnlich wie in der Mittelelbe verlief die Entwicklung Aus der Elbe gibt es bestätigte Fänge bei Wittenberge­ der Zährtenpopulationen auch in den großen Neben- und Lenzen sowie von Neuwerben aus stromauf bis nach flüssen. Vor allem Saale und Mulde waren früher für Sachsen (Belgern). Befragungen von Berufs­fischern

Zährte (Vimba vimba) Karpfenartige

151 Zährte (Vimba vimba)

seit den 1990er Jahren belegen auch ein Vorkommen Flussabschnitten. Mit zunehmender Größe siedeln die in der Havel, ab der Mündung flussaufwärts bis nach Jungfische dann in tiefere Flussabschnitte über. Berlin. Die neuesten Nachweise gelangen hier 2003 im Gnevsdorfer Vorfluter und bei Warnau. Als Nahrung werden vorrangig Benthosorganismen, insbesondere Insektenlarven und kleine Mollusken, aufgenommen. Zährten können 35 – 40 cm lang und Biotopansprüche/Lebensweise maximal 15 Jahre alt werden.

Als gesellig lebende Grundfische besiedeln Zährten vorwiegend die Mittel- und Unterläufe sowie die Brack- Gefährdungen wasserregionen größerer Fließgewässer. Es gibt auch Vorkommen in großen subalpinen Seen, die in den Nachdem Abwasserbelastungen der großen Flüsse Zu- und Abflüssen dieser Seen laichen sowie semi- heute als begrenzender Faktor für die Wiederbesied- anadrome Populationen in der östlichen Ostsee, ­welche lung der Zährte nahezu keine Rolle mehr spielen, sind in die einmündenden Flüsse zum Laichen auf­steigen. die Hauptursachen für Gefährdungen der Bestände Die in der Barbenregion kleinerer und mittelgroßer vor allem in wasserbaulichen Veränderungen zu sehen. Flüsse existierenden Zährtenbestände leben nach Dazu zählen Flussbegradigungen und Uferbefestigun- Kottelat & Freyhof (2007) in der Regel stationär. Auch gen genauso wie die immer noch zahlreich vorhande- im Elbegebiet existierten ursprünglich zwei unter- nen, unpassierbaren Querbauwerke. Weiterhin spielt, schiedliche Populationen: eine potamodrome Wander- vor allem bei den kurz wandernden Populationen in form, die aus dem brackwasser- und tidebeeinflussten­ den Elbenebenflüssen, der starke Kormoranfraßdruck Mündungsbereich der Elbe in den Mittellauf zum eine nicht zu unterschätzende Rolle. Laichen aufstieg sowie eine weitestgehend standort- treue, nur Kurzstrecken wandernde Form des Mittel- laufs und der größeren Nebenflüsse. Die Geschlechts- Schutzmaßnahmen reife erlangen Zährten meist im Alter von 3 – 5 Jahren. Die Laichzeit fällt bei uns gewöhnlich in die Monate Für die Zährtenbestände in Sachsen-Anhalt werden Mai bis Juni. Beide Geschlechter weisen dann eine prinzipiell dieselben Schutzmaßnahmen notwendig prächtige Laichfärbung auf, wobei der Rücken fast wie für die Barbe. Hierzu zählen grundsätzlich alle schwarz und die Bauchseite leicht orangerot gefärbt Maßnahmen zur Wiederherstellung einer naturnahen ist. Auf dieser Laichfärbung beruht wahrscheinlich auch Strukturgüte der großen Fließgewässer sowie die der mancherorts verbreitete Name Rußnase für die Gewährleistung der linearen Durchgängigkeit. In der Zährte. Die Eiablage wird durch das Erreichen einer Elbe kommt dem Erhalt durchbrochener Buhnen und Wassertemperatur von 14 – 15 °C ausgelöst (Herzig & moderat durchströmter Nebengerinne besondere Winkler 1985, Kottelat & Freyhof 2007). Die Eiablage Bedeutung zu. Es gibt bereits erprobte Methoden, erfolgt oft nachts bzw. in der Dämmerung auf flach durch den Einbau von Rohrdurchlässen in Buhnen bei überströmten Kiesbänken in rasch fließendem Wasser. deren Reparatur solche Strukturen zu imitieren. Ein Die klebrigen Eier werden dabei von den Rognern in weiterer Gefährdungsfaktor z. B in der Saale sind die das Lückensystem des Kieses gepresst bzw. bleiben an nicht genau einschätzbaren Verluste durch die zahl- den Oberflächenstrukturen der Kiesbank haften. Die reichen Wasserkraftanlagen. Obwohl neuere Wasser- Eizahl soll zwischen 80.000 bis maximal 300.000 Stück kraftwerke bereits mit „fischfreundlichen“ Leitrechen- betragen. Zährten sind Portionslaicher. Da zwischen und Bypasssystemen ausgerüstet sind, gibt es an den einzelnen Laichphasen mehrere Tage liegen, kann Altanlagen noch erhebliche Fischverlusten durch sich das Laichen über einen Zeitraum von 3 Wochen Turbinen- und Rechenanlagen. und bis zu Wassertemperaturen von etwa 18 – 20 °C hinziehen. Die Inkubationsperiode dauert zwischen 5 In Gewässern mit nachweislich ausgestorbenem (bei 14 °C) und 3 Tagen (bei 18 – 19 °C). Die frisch ge- Zährtenbestand oder mit durch Wehrbauten isolierten schlüpfte Brut verbirgt sich bis zum Aufzehren des Abschnitten können zur Förderung der Wiederbesied- Dottersackes zwischen dem Kies und den Steinen am lung auch Besatzmaßnahmen durchgeführt werden. Laichplatz. Nach dem Verlassen des Laichplatzes lebt Hierzu sind jedoch autochthone Fische aus dem Elbe- die Brut zunächst an flachen, strömungsberuhigten einzugsgebiet zu verwenden. Karpfenartige

152 Zährte (Vimba vimba) Karpfenartige

153 Bitterling (Rhodeus amarus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Muldemündung Bitterlinge nachgewiesen werden konnten. 1994 dagegen war dieser starke Jahrgang Der Bitterling ist ein kleinwüchsiger Cyprinide der, verschwunden, so dass im Elbstrom selbst die Art ähnlich wie das Moderlieschen, in verschiedenen nahezu nicht mehr zu finden war. Auch aus einigen Gewässern des Landes vorkommt. Während jedoch Saale- und Elsteraltarmen (z. B. Alte Saale/Krummes das Moderlieschen eindeutig stehende Gewässer Horn, Elsteraue Planena), der Mulde-Altwasserkette bevorzugt, kann der Bitterling auch in Fließgewässern Pelze-Löbben-Leinersee und dem Gebiet der unteren höhere Bestandsdichten erreichen. Da häufig Klein- Havel (Grützer Vorfluter, Lanke, Schollener Gebiet) sind gewässer mit geringem Arteninventar bzw. aus- ebenfalls größere Vorkommen bekannt. schließlich fischereilich uninteressanten Fischarten besiedelt werden, bleiben viele Vorkommen unent- Wichtige Verbreitungsschwerpunkte bilden aber auch deckt. Zudem unterliegen Bitterlingsbestände, wie kleine, sommerwarme Flüsse mit begradigten, flachen, alle kurzlebigen Kleinfische, häufig ausgeprägten sandigen Fließabschnitten, die eigentlich ein eher Populationsschwankungen, bei denen einem starken untypisches Habitat für die Art darstellen, wie z. B. die Jahrgang oft mehrere individuenschwache folgen Jeetze, die Ehle, der Flötgraben bei Mechau, die Biese, können. Einen Verbreitungsschwerpunkt im Land der Wiepker Bach, der Radegraben, die Untermilde, die bildet das Mittelelbegebiet zwischen Pretzsch und Hartau, die Purnitz, die Alte Dumme, der Zehrengraben Magdeburg, wo Bitterlinge in verschiedenen Altwäs- und der Molmker Bach. Hier profitieren die Bitterlinge sern und Nebengewässern (z. B. Gewässerkette Klein- offensichtlich vom Verschwinden anderer anspruchs- dröbener-Klödener Riß, Kühnauer See) sowie in den voller Fließgewässerarten und dem dadurch fehlenden Buhnenfeldern der Stromelbe selbst vorkommen. Konkurrenzdruck. Kaum besiedelt werden hingegen Starke Bitterlingsjahre für die Elbe waren z. B. 1992/93, sommerkühle Fließgewässer sowie die Harzregion des als in fast jedem Buhnenfeld zwischen Pretzsch und Landes Sachsen-Anhalt.

Karpfenartige Bitterling (Rhodeus amarus)

154 Bitterling (Rhodeus amarus)

Biotopansprüche/Lebensweise von Diatomeen, Aufwuchsalgen, Pflanzenteilen und wirbellosen Kleintieren. Obwohl Bitterlinge mitunter Der bevorzugte Lebensraum dieses Kleinfisches (Län- bis zu 5 Jahre alt werden können, sterben die meisten ge 4 – 6 cm) sind stehende, flache Kleingewässer, die Tiere einer Population gewöhnlich bereits nach der Uferregion von Seen und Altwässern sowie Buchten ersten Laichsaison. strömungsarmer Fließgewässer mit meist üppigem Pflanzenwuchs und sandigem Grund. Es dürfen jedoch auch offene, lichtdurchlässige Stellen nicht fehlen, an Gefährdungen denen sich die oft mit Stichlings- oder Jungcypriniden- schwärmen vergesellschaftet lebenden Bitterlinge Als Hauptursachen von Bestandsrückgängen sind vor aufhalten können. Wie die zahlreichen, individuen- allem die Zerstörung der Lebensräume von Bitterling starken Vorkommen in altmärkischen und ostelbi- und Muscheln durch Wasserbau- und Unterhaltungs- schen Bächen beweisen, kommen diese Kleinfische maßnahmen zu sehen; aber auch Verfüllungen von auch in strömendem Wasser sehr gut klar. Es werden Kleingewässern oder saisonales Trockenfallen dersel- sowohl ausgebaute als auch naturnahe Gewässer ben. So ist z. B. in der Spetze oberhalb von Grauingen besiedelt. Arealbegrenzend dürften sich daher vor in den 1980er Jahren ein individuenstarker Bitterlings- allem die mancherorts stark rückläufigen Muschel- bestand nachweislich durch Grundräumung des vorkommen auswirken, die für die Fortpflanzung der Gewässers ausgerottet worden. Da Bitterlinge in Art notwendig sind. Die Geschlechtsreife erreichen kleineren Gewässern der Konkurrenz durch andere Bitterlinge bereits nach einem Jahr bei einer Länge Arten nur bedingt widerstehen können, ist vor allem von 3,5 – 4 cm. Zur Laichzeit, die bei uns in die Monate ein übermäßiger Besatz mit Nutzfischen (Karpfen, Mai und Juni fällt, bilden vor allem die Männchen ein Aal, Zander) eine mögliche Gefährdungsursache. Die prächtiges, bläulich-rötliches Laichkleid aus. Die Voll- mancherorts rückläufige Verbreitung des Bitterlings reife wird etwa ab Wassertemperaturen von 18 – 20 °C ist jedoch nicht immer nachvollziehbar und hängt erreicht. Die schlichter gefärbten Weibchen sind dann vermutlich auch mit den starken natürlichen Popu­ an ihrer fadenförmigen Legeröhre leicht zu unterschei- lationsschwankungen zusammen. Grundsätzlich ha- den. Mit dieser legen die Weibchen ihre Eier in die ben aber in Sachsen-Anhalt die Bitterlingsvorkommen Kloakenöffnung von Teich- und Malermuscheln (Unio- in den letzten 10 bis 12 Jahren eher zugenommen. und Anodonta-Arten). Die Eiablage erfolgt in Schüben Kottelat & Freyhof (2007) beschreiben den Bitterling von 1 – 4 Eiern. Da Bitterlingsweibchen als typische allgemein sogar als eine invasive Art mit hohem Portionslaicher Eier unterschiedlicher Reifestadien Ausbreitungspotenzial. enthalten, kann sich die Laichzeit über einige Wochen mit bis zu 5 einzelnen Laichphasen hinziehen. Die Gesamteizahl pro Rogner liegt insgesamt bei etwa Schutzmaßnahmen 80 – 250 Stück. Die Eier gleiten nach der Ablage über die Legeröhre in den Kiemenraum der Muschel und Der Schutz des Bitterlings kann nur über den Schutz werden anschließend durch Spermaabgabe des Männ- geeigneter Lebensräume und den Erhalt der für die chens vor die Atemöffnung der Muschel befruchtet. Fortpflanzung wichtigen Muschelbstände erfolgen. Die Entwicklung der Eier erfolgt innerhalb der Muschel Im Mittelelbegebiet spielt die Anbindung der Altwäs- und die Larven verlassen diese erst als schwimm- und ser an den Hauptstrom eine entscheidende Rolle. fressfähige Brut. Dieser effektive Schutz der Eier und schlüpfenden Larven vor Fressfeinden sichert gewöhn- Bei notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen in Fließ- lich den Erhalt der Art trotz sehr geringer Eizahlen. Die gewässern und Grabensystemen hat der Schutz der Inkubationsperiode ist nach Kottelat & Freyhof (2007) Muschelbestände oberste Priorität. Sind aus wasser- extrem kurz und dauert nur etwa 2 Tage. Dafür zehren wirtschaftlicher Sicht Grundräumungen unbedingt die Larven relativ lange von ihrem Dottersack und erforderlich, sollten in einzelnen Jahren immer nur verlassen erst nach ca. 4 Wochen bei einer Länge von Teilabschnitte, niemals jedoch das gesamte Gewässer etwa 11 mm den Kiemenraum der Wirtsmuschel. Im unterhalten werden. In typischen Bitterlingsgewäs- Innern der Muschel überstehen die Larven einen er- sern darf zudem keine Veränderung des Arteninventars staunlich niedrigen Sauerstoffgehalt. Nach Kottelat durch Fischbesatz erfolgen. & Freyhof (2007) ist das Verhältnis des Bitterlings zur Wirtsmuschel parasitisch, da die Muscheln stark unter In Sachsen-Anhalt besteht für den Bitterling ein ganz- dem Befall der Bitterlingsbrut leiden und ihre Fitness jähriges Fangverbot. Zudem ist die Art im Anhang II deutlich herab gesetzt wird. Bitterlinge ernähren sich der FFH-RL aufgelistet. Karpfenartige

155 Bitterling (Rhodeus amarus) Karpfenartige

156 Karausche (Carassius carassius)

Karausche (Carassius carassius)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Biotopansprüche/Lebensweise

Die Karausche kommt im Land Sachsen-Anhalt nahe- Die Karausche ist ein anpassungsfähiger Fisch, der in zu flächendeckend in verschiedenen Gewässertypen vielen Gewässertypen gefunden werden kann. Nicht vor, wie beispielsweise in Altarmen der großen Nie- besiedelt werden jedoch große, tiefe und kalte Seen derungsflüsse, kleinen Tümpeln und Teichen sowie ohne größere Litoralzonen sowie schnell fließende künstlichen Abgrabungsgewässern. Die Art tritt dabei und sommerkühle Bäche und Flüsse. Häufig kommt aber gewöhnlich nicht besonders häufig auf und wird die Karausche in kleinen, stark verkrauteten und oft nur in Einzelexemplaren nachgewiesen. Obwohl verlandeten Tümpeln und Altwässern vor, wo sie vor allem flache, sommerwarme Gewässer der Nie- meist die einzige Fischart darstellt. Die Karausche derungen bevorzugt werden, ist die Karausche auch kann im Schlamm eingegraben auch kurze Trocken- in verschiedenen Teichen und Stauen im Harzgebiet perioden überstehen und Durchfrierungen und anzutreffen. Individuenstarke Bestände sind meist Ausstickungen von Kleingewässern in einer Art Win- nur in Kleingewässern mit geringem Arteninventar terstarre überleben. Auch an den häufigen Sauer- vorhanden. Da vielerorts geeignete Habitate ver- stoffmangel und die hohen sommerlichen Wasser- schwinden oder fehlen, sind gegenwärtig die Bestän- temperaturen in eutrophen Flachgewässern ist sie de der Art stark rückläufig. Andererseits ist die Art gut adaptiert. Außerdem werden Gewässerver- nach historischen Angaben in vielen Gegenden un- schmutzungen toleriert, wie das Vorkommen in stark seres Landes, so z. B. im Gebiet der Mittelelbe, auch belasteten Dorftümpeln beweist. Unter solchen ex- früher nicht sehr häufig gewesen (Kluge 1900; Bauch tremen Lebensbedingungen bildet die Karausche 1958). Einen typischen Ersatzlebensraum bilden die häufig kleinwüchsige Massenpopulationen (Verbut- in der Agrarlandschaft Sachsen-Anhalts zahlreichen, tung). Das Wachstum ist stark von den jeweiligen sommerwarmen und stark verkrauteten Entwässe- Lebensbedingungen abhängig. Während verbuttete

rungsgräben. Fische in raubfischfreien Gewässern nicht länger als Karpfenartige

157 Karausche (Carassius carassius)

10 – 15 cm werden, können in nahrungsreichen Flach- suchen (z. B. Trockenfallen oder Verfüllungen von seen mit Hechtbestand besonders hochrückige Exem- Kleingewässern, Verlandung von Fischteichen). Auch plare von bis zu 40 cm Länge und über 1 kg Körpermas- die Überdüngung und Eintrübung vieler Kleingewäs- se angetroffen werden. Solche großen Fische, die nur ser in den letzten Jahrzehnten dürfen nicht unter- in einem dünnen Bestand vorkommen, können teil- schätzt werden. So ist die Karausche ein typischer weise über 10 Jahre alt werden. Die Geschlechtsreife Vertreter klarer, pflanzenreicher Gewässer vom erlangen Karauschen in unserer Klimazone gewöhnlich Hecht-Schlei-Seetyp und reagiert trotz ihrer hohen im Alter von 3 (Männchen) bis 4 (Weibchen) Jahren. Anpassungsfähigkeit auf starke Eutrophierungen mit Das Laichen erfolgt von Ende Mai bis Juli bei Wasser- Bestandsrückgängen. Ein weiterer Grund für die Ab- temperaturen von mindestens 19 – 20 °C. Karauschen nahme der Kauschenbestände ist in der Konkurrenz sind Portionslaicher und die Rogner geben ihre Eier in mit anderen Arten zu sehen. Entscheidend sind hier 3 – 5 verschiedenen Laichraten innerhalb einer Saison sowohl Besatzmaßnahmen in Gewässern der Angel- ab. Dadurch können die Eier eines einzelnen Rogners fischerei, als auch die rasante Expansion des robuste- von verschiedenen Männchen befruchtet werden. Die ren und konkurrenzstärkeren Giebels in vielen bisher stark klebrigen Eier werden an die vorhandenen Was- reinen Karauschentümpeln. Aufgrund der Bestands- serpflanzen angeheftet. Die Eizahl soll bei sehr großen rückgänge wurde die Karausche als gefährdete Art in Rognern bis zu 300.000 Stück betragen. Kleine, ver- die Roten Listen des Landes Sachsen-Anhalt aufge- buttete Weibchen produzieren dagegen nur ca. nommen. 8.000 – 20.000 Eier. Die Entwicklungsdauer der Eier bis zum Schlupf beträgt je nach Wassertemperatur 3 – 7 Tage. Karauschen sind in ihrer Ernährung sehr Schutzmaßnahmen anpassungsfähig. Als Hauptnahrung werden Ben- thosorganismen, Plankton, Detritus und Pflanzen- Hierzu zählen insbesondere die Erhaltung der material aufgenommen. ­spe­zifischen Lebensräume dieser Art (krautreiche ­Klein­gewässer) sowie die Einschränkung der Eutro- Nach Kottelat & Freyhof (2007) ist die Karausche eine phierungsursachen. Außerdem darf in typischen sehr konkurrenzschwache Art. In Gewässern mit einer „Karauschentümpeln“ keine Veränderung des Artenin- artenreichen Ichthyofauna und hohen Raubfischdich- ventars durch Fischbesatz vorgenommen werden. Die ten ist sie daher oft nicht anzutreffen. Beim Fehlen sehr widerstandsfähige Karausche ist eine der weni- anderer Arten (insbesondere Fressfeinden) können gen heimischen Arten, die an die extremen Lebens­ dagegen sehr individuenreiche Karauschenbestände bedingungen in solchen Gewässern angepasst ist. vorkommen. Eingesetzte, großwüchsigere und fischereilich in­ teressantere Arten verschwinden dagegen bei der nächsten Ausstickung des Gewässers schnell wieder. Gefährdungen Lediglich Giebel, Schleie und einige wenige andere spezialisierte einheimische Arten können in dieser Sowohl landes- als auch bundes- und europaweit sind Hinsicht mit der Karausche halbwegs mithalten. Da gegenwärtig Bestandsrückgänge der Karausche zu aber Giebel und Schleie deutlich konkurrenzstärker verzeichnen. Nach Freyhof (2009) sind Gründe hierfür als Karauschen sind, darf in den Habitaten der Karau- vor allem im Verlust bevorzugter Lebensräume zu schen kein Besatz mit diesen Arten erfolgen. Karpfenartige

158 Karausche (Carassius carassius) Karpfenartige

159 Giebel (Carassius gibelio)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Ausstickung und Ausfrierung des Wohngewässers. Mehr als die Karausche besiedelt der Giebel jedoch Der Giebel gilt allgemein als allochthoner Vertreter auch Fließgewässer. Auch gegenüber Wasserver- unserer Fischfauna und soll als Stammform des Gold- schmutzungen und Eutrophierung ist er wesentlich fisches mit diesem aus Ostasien eingeführt worden toleranter. In größeren Gewässern können Giebel und sein (Arnold 1990). Neuerdings wird diese These aus Karausche auch gemeinsam vorkommen. verschiedenen Gründen stark bezweifelt. So wurde die Art nach Diercking & Wehrmann (1991) bereits Unter den Giebeln gibt es bei uns häufig rein weibliche, 1558 für die Elbe beschrieben (Gessner 1558 zit. bei triploide, Bestände, die sich durch Gynogenese fort- Wundsch 1962). Auch Kluge (1900) erwähnt das Vor- pflanzen. Durch diese besondere Vermehrungsweise kommen des Giebels neben der Karausche für das ist es möglich, dass ein einziges überlebendes Weib- Mittelelbegebiet ohne besondere Anmerkungen. chen den Fortbestand der Art in einem Gewässer si- Kottelat & Freyhof (2007) bezeichnen die Art daher cherstellen kann. Nach Kottelat & Freyhof (2007) als ursprünglich heimisch für das Binnenland entlang existieren nur wenige Populationen, die ausschließlich der südliche Ostsee, etwa von der Elbemündung im aus diploiden Fischen beider Geschlechter bestehen. Westen bis zur Ostgrenze Polens. Allerdings weisen Häufiger sind dagegen Populationen, die sich sowohl sie auch darauf hin, dass durch die Einführung und aus diploiden männlichen und weiblichen Giebeln als Freisetzung von Goldfischen (Carassius auratus) aus auch aus sehr vielen triploiden Weibchen zusammen- Asien bereits frühzeitig (seit dem 17. Jahrhundert) eine setzen. Diese Weibchen mit dreifachem Chromoso- Vermischung und Verfälschung der Bestände erfolgt mensatz können sich nur gynogenetisch vermehren. ist. Darüber hinaus wurde die Art, meist ungewollt, in Sie werden von Kottelat & Freyhof (2007) als „Sperma- riesigem Umfang beim Transport und Besatz von Parasiten“ bezeichnet, da hier die Befruchtung durch Karpfen ausgesetzt und verbreitet. Die tatsächliche, Spermien anderer Cyprinidenarten wie Plötze, Karau- ursprüngliche Verbreitung in unserem Gebiet und der sche oder Blei erfolgt. Die Geschlechtsreife erlangen ursprüngliche Genpool der Art sind deshalb heute Giebel in Mitteleuropa gewöhnlich im Alter von 3 – 4 kaum mehr zu rekonstruieren. Die früher häufig ge- Jahren. Die Laichzeit fällt bei uns in die Zeit von Mai äußerte Vermutung, dass die bei uns vorkommenden bis Juni bei Wassertemperaturen über 14 °C. In der Giebel die Wildform des Goldfisches bzw. rückgekreuz- Regel laichen zuerst die älteren Tiere eines Bestandes, te, naturfarbenen Formen von ausgesetzten Goldfi- die jüngeren zuletzt. Die höchste Laichaktivität ent- schen seien, wird von Kottelat & Freyhof (2007) wickeln die Giebel dabei in den frühen Morgenstunden verworfen. Eher weisen neuere genetische Untersu- und bei Wassertemperaturen von 18 – 19 °C. Die ein- chungen darauf hin, dass es sowohl in Europa als auch zelnen Rogner laichen gewöhnlich zusammen mit in Asien mehrere nahe verwandte Giebelarten gibt. mehreren Milchnern ab. Das Ablaichen erfolgt ge- wöhnlich in drei zeitlich versetzten Portionen. Die Ähnlich wie die Karausche kommt auch der Giebel im klebrigen Eier bleiben dabei an Wasserpflanzen oder Land Sachsen-Anhalt in vielen Gewässern vor. Anders Wurzeln von Uferbüschen haften. Die Eizahl schwankt als die Karausche sind jedoch die Giebelbestände of- je nach Größe der Rogner zwischen 20.000 und meh- fensichtlich in Ausbreitung begriffen. So lassen sich reren 100.000 Stück. Die Erbrütung der Eier dauert zunehmend Gewässer mit höheren Beständen und etwa 5 – 7 Tage. Die Brut hält sich dann zunächst zwi- oftmals auch verbutteten, kleinwüchsigen Populatio- schen den Flachwasserpflanzenbeständen des Laich- nen nachweisen. Auch in rasch fließenden Gewässern, platzes auf. Erst mit zunehmender Größe wird zur die von der Karausche strikt gemieden werden, können bevorzugten bodennahen Lebensweise der älteren mitunter stabile Bestände des Giebels vorkommen. Giebel übergegangen. Für die Ernährung werden wir- Der Giebel scheint in vielerlei Hinsicht anspruchsloser bellose Kleintiere (Plankton, Benthos) genutzt, bei und anpassungsfähiger als die Karausche zu sein und Nahrungsmangel auch Detritus, Fadenalgen und an- kann diese somit als konkurrenzstärkere Art bei Mas- dere Wasserpflanzen. Giebel können bei optimalen senvorkommen verdrängen. Lebensbedingungen über 40 cm lang und über 1 kg schwer werden und dabei ein Alter von 10 Jahren oder mehr erreichen. Biotopansprüche/Lebensweise

Genau wie die Karausche besiedelt der Giebel bevor- Gefährdungen zugt stehende, flache, sommerwarme Gewässer oder langsam fließende Flachlandflüsse mit üppigem Wie auch bundes- und europaweit, besteht in Sachsen- Wasserpflanzenbewuchs und schlammigem Grund. Anhalt keine Gefährdung der Art. Vielmehr gilt der Beide Arten gleichen sich auch hinsichtlich der Nah- Giebel als eine hoch invasive Art, die zudem von der

Karpfenartige rungswahl sowie der Widerstandsfähigkeit gegenüber gängigen Praxis des europaweiten Satzfischhandels

160 Giebel (Carassius gibelio)

Giebel (Carassius gibelio) profitiert und daher heute fast flächendeckend ver- Schutzmaßnahmen breitet ist. Durch seine hochrückige Form und die Hartstrahlen am Beginn von Rücken- und Afterflosse, Schutzmaßnahmen sind für diese äußerst robuste und welche bei Gefahr aufgerichtet werden, ist er als produktive Art nicht erforderlich. ­Beute für Raubfische weniger geeignet. Zusätzlich sind die Bestände schwer mit fischereilichen Methoden zu kontrollieren. Karpfenartige

161 Giebel (Carassius gibelio) Karpfenartige

162 Karpfen (Cyprinus carpio)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt gekreuzt. Es ist deshalb heute nicht mehr nachvoll- ziehbar, auf welche Art die bei uns in Teichen gezüch- Bei dem bei uns vorkommenden Karpfen handelt es teten oder in natürlichen Gewässern vorkommenden sich um einen domestizierten Zuchtfisch, der in aller Karpfen eigentlich zurückgehen. Auffällig sind die Regel durch Besatzmaßnahmen in die natürlichen verschiedenen Beschuppungstypen der Art, wobei aber Gewässer gelangt. Seine Zucht wird in ansehnlichem nur der Schuppenkarpfen und der Spiegelkarpfen Umfang sowohl zur Speisefischproduktion als auch reinerbig vermehrbar sind. Die bei uns vielerorts zu zu Besatzzwecken für Angelgewässer betrieben. In findenden Schuppenkarpfen sind keine Wildkarpfen unser Gebiet wurde er wahrscheinlich erst in der sondern nur eine spezielle Zuchtform. Der eigentliche zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts durch Mönche Wildkarpfen ist sehr viel gestreckter als diese Zucht- („Fastenspeise“) eingeführt. Bereits 1675 wurde die Art fische und nur wenig hochrückiger als ein Döbel. unter den Elbfischen erwähnt (Hesselius 1675, zitiert in Diercking & Wehrmann 1991). In den Gewässern des Landes Sachsen-Anhalts ist der Karpfen in seinen verschiedenen Zuchtformen heute Als ursprüngliche Heimat des europäischen Wildkarp- weit verbreitet. Allerdings sind sich selbst reprodu- fens gelten die Flussgebiete des nördlichen Schwarzen zierende Bestände in natürlichen Gewässern relativ Meeres, des Kaspischen Meeres und des Aralsees. Die selten, da die zur endgültigen Gonadenreifung erfor- in China und anderen ostasiatischen Ländern seit über derliche Temperatur unter unseren Klimabedingun- 2000 Jahren kultivierten Formen stammen von einer gen nur in warmen Sommern oder ausgesprochen anderen, vermutlich sogar von mehreren, ostasiati- flachen Gewässern erreicht wird. Solche Bedingungen schen Karpfenarten ab (Kottelat & Freyhof 2007). herrschen bei uns meist nur in Dorfteichen oder an- Eine davon, Cyprinus rubrofuscus (Synonym: Cyprinus deren flachen Weihern, wie z. B. dem Luthersee bei carpio haematopterus), wurde auch nach Russland, der Gröningen, wo in manchen Jahren eine erfolgreiche Ukraine und vielen anderen osteuropäischen Ländern Karpfenvermehrung zu beobachten ist. Aus diesem eingeführt und mit den dort gehaltenen Zuchtrassen Grund wird der Karpfen auch heute noch manchmal

Karpfen (Cyprinus carpio) Karpfenartige

163 Karpfen (Cyprinus carpio)

zu den eingebürgerten Fischarten gezählt, obwohl er auf die Ernährung ist der Karpfen also flexibel und seit hunderten von Jahren in Mitteleuropa vorkommt. versteht es, vorkommende Nahrungsangebote und Nach dem Naturschutzrecht gilt der Karpfen wegen -nischen optimal auszunutzen. Hierdurch kann es bei der über 500jährigen Verbreitung in Deutschland als starkem Besatz zum Verdrängen anderer bodenorien- heimische Art. tierter Fischarten kommen. Der Karpfen gilt allgemein als eine sehr konkurrenzstarke, invasive Art. Bei uns ist es lediglich den Temperaturverhältnissen zu ver- Biotopansprüche/Lebensweise danken, das Karpfenmassenentwicklungen mit ver- heerenden Folgen für die übrigen Gewässerlebewesen Als bodenorientierter Cyprinide besiedelt der Karpfen (wie z. B. in den südlichen Gebieten der USA) nicht vor allem sommerwarme, stehende bis langsam flie- vorkommen. Der Karpfen kann unter optimalen Le- ßende, verkrautete Gewässer mit lockeren Sedimen- bensbedingungen bis über 40 Jahre alt sowie über 1 m ten. Er ist jedoch in jeder Hinsicht auf die Umwelt- und lang und bis zu 40 kg schwer werden. In der Regel Lebensbedingungen recht anpassungsfähig und des- erreichen aber selbst sehr große Karpfen in unseren halb heute in vielerlei Gewässertypen anzutreffen. Gewässern nur ein Alter von maximal 20 – 25 Jahren. Besonders tolerant ist der Karpfen gegenüber niedri- gen Sauerstoffkonzentrationen, wie sie häufig in stark eutrophierten Flachgewässern herrschen können. Gefährdungen:

Die Geschlechtsreife erreichen die männlichen Karpfen Da die Existenz dieser Fischart in unseren heimischen gewöhnlich im Alter von 3 – 5 Jahren, die weiblichen Gewässern fast ausschließlich auf Besatzmaßnahmen mit 4 – 6 Jahren. Der Karpfen ist ungemein fruchtbar zurückgeht, sind Bestandsgefährdungen nicht gege- und große Weibchen können bis zu 2 Millionen klar ben. Stattdessen müssen eher die Gefahren beachtet durchsichtige bis leicht gelbliche Eier von etwa 2 mm werden, die vom Karpfenbesatz für andere Fischarten Größe abgeben. Die relative Eizahl liegt bei etwa ausgehen können. Überbesatz mit Karpfen, wie er 200.000 Stück/kg Körpermasse. Die Vermehrung häufig bei kleinen Standgewässern zu beobachten findet bei Wassertemperaturen nicht unter 19 – 20 °C ist, kann einen Rückgang der Schleien- oder Karau- an flachen, stark verkrauteten Gewässerabschnitten schenbestände nach sich ziehen und ist deshalb in statt. Die klebrigen Eier werden dabei an Wasserpflan- jedem Fall zu vermeiden. Darüber hinaus führt über- zen angeheftet. Der Schlupf der Larven erfolgt meist mäßiger Karpfenbesatz in klaren, wasserpflanzenrei- nach 3 – 4 Tagen. Für das Aufkommen der Brut in den chen Flachgewässern relativ rasch zur Eintrübung der dichten Wasserpflanzenbeständen der Flachwasser- Gewässer und zum Verlust der Krautbestände. Fisch- zonen ist nach dem Schlupf eine Wassertemperatur arten, die an solche Bedingungen angepasst sind, von deutlich über 20 °C notwendig. Die Überlebens- verschwinden in der Folgezeit. In natürlichen Gewäs- rate ist eng mit den in der Nachlaichperiode herrschen sern muss der Karpfenbesatz deshalb stets an den Luft- und Wassertemperaturen verknüpft. Bei Kälte- Richtlinien der ordnungsgemäßen Fischerei ausge- perioden, wie sie bei uns oft zwischen Mitte Mai und richtet sein und darf nie mehr als 25 – 30 Stück/ha Mitte/Ende Juni auftreten (Schafskälte), geht gewöhn- große Kc oder Kd betragen. Karpfen über 400 – 500 g lich der gesamte Brutbestand verloren. Auch die wei- Stückmasse gelten bereits als raubfischfest. Ein Nach- teren Sommertemperaturen sind für das Wachstum besatz von Karpfen darf nur in der Menge erfolgen, und den Fortbestand des 0+ Jahrgangs entscheidend. die zuvor in der Fangstatistik als Entnahme nachge- Jungkarpfen, die im ersten Sommer nicht mindestens wiesen wurde. 25 – 30 g Körpermasse erreichen, können den Winter in aller Regel nicht überleben. Die Nahrung der Jung- karpfen besteht zunächst aus Zooplankton. Später Schutzmaßnahmen werden überwiegend Bodenorganismen, insbesonde- re Chironomiden (Zuckmückenlarven) und Mollusken Schutzmaßnahmen sind für die Art nicht erforderlich. verzehrt. Bei Massenentwicklungen von großen Was- Aus fischereiwirtschaftlichen Gründen besteht in serflöhen (Daphnien) können auch große Karpfen noch Sachsen-Anhalt für den Karpfen ein gesetzliches Min- in nennenswerten Mengen Plankton fressen. In Bezug destmaß von 35 cm. Karpfenartige

164 Karpfen (Cyprinus carpio) Karpfenartige

165 Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt inzwischen ihre biologische Altersgrenze und nehmen durch natürliche Sterblichkeit und fischereilichen Fang Der Graskarpfen wurde zusammen mit zwei anderen immer mehr ab. Dem erneuten Besatz der Gewässer aus China stammenden Cypriniden, Silberkarpfen stehen Naturschutzgründe sowie die restriktive Ge- (Hypophthalmichthys molitrix) und Marmorkarpfen setzgebung zum Umgang mit nicht heimischen Arten (Hypophthalmichthys nobilis), Ende der 1960er Jahre entgegen. Ein allmähliches Verschwinden des Gras- über den Umweg Russland und Ungarn in die dama- karpfens aus den Gewässern des Landes Sachsen- lige DDR eingeführt. Ihre künstliche Verbreitung Anhalts ist deshalb zu erwarten. wurde von der DDR-Staatsführung gefördert, weil mit diesen Fischen ein billiges Nahrungsmittel ohne zu- Heute können Graskarpfen noch im gesamten Bereich sätzliche Futterkosten produziert werden sollte. Von der Elbe und Saale nachgewiesen werden sowie im diesen drei so genannten „Pflanzen fressenden Fisch- Biese-Aland-System, der Ohre, der Bode, Ehle und arten“ hatte in Sachsen-Anhalt vor allem der Gras- vereinzelt in anderen kleineren Fließgewässern. Au- karpfen eine enorme Verbreitung erfahren. Denn durch ßerdem ist die Art in verschiedensten Standgewässern seine Fraßtätigkeit ist bei höheren Bestandsdichten sowie Talsperren und Bergbaurestgewässern zu finden. in effektiver Weise eine „biologische Entkrautung“ von Meliorationsgräben und ähnlichen Wasserläufen er- reichbar. Daneben wurden auch zahlreiche Stand­ Biotopansprüche/Lebensweise gewässer der Berufs- und Angelfischerei mit Gras­ karpfen besetzt. Unmittelbar nach der politischen In seiner ostasiatischen Heimat besiedelt der Gras- Wende, als für große Mengen in der Teichwirtschaft karpfen vor allem die großen zentralen und südlichen aufgezogener Graskarpfen kein Bedarf mehr bestand Flussniederungen Chinas, wie z. B. die Flusssysteme und die Fische billig abgegeben wurden, gelangten des Tschangtschiang-Jangtse, des Hsitschiang und des diese Fische daher in die verschiedensten Gewässer. Hhangho. Die natürliche nördliche Ausbreitungsgren- Allerdings erreichen die damals ausgebrachten Fische ze bildet dabei der Amur. Im Alter von 7 – 10 Jahren und

Karpfenartige Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella)

166 Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella) einer Größe von 60 – 80 cm erreichen die Fische die mitteleuropäischen Bedingungen erreichen die Fische Geschlechtsreife. Die Fortpflanzung erfolgt in den allenfalls 1,20 m Länge und ca. 30 kg Körpermasse. Mitteläufen großer Flüsse an stark strömenden, kie- Untersuchungen zeigen, dass Graskarpfen bei uns sigen Flussabschnitten. Dorthin ziehen die Fische in mindestens 25 – 30 Jahre alt werden können. Ab dem großen Laichzügen bei Wassertemperaturen von ca. 25. Lebensjahr nimmt die Sterblichkeit rapide zu. 25 °C zur Zeit der Sommerregen und eingetrübtem Wasser. Das Laichen erfolgt in mehreren Portionen. In der deutschen Teichwirtschaft und Aquakultur Die durchschnittliche Eizahl der Weibchen beträgt erfolgt die Vermehrung des Graskarpfens ausschließ- etwa 1,5 Millionen Stück. Die abgelegten Eier quellen lich im Warmwasser und durch Hypophysierung der auf eine Größe von etwa 5 mm und werden, da sie fast Laichfische. Unter unseren klimatischen Bedingun- das spezifische Gewicht des Wassers haben, mit der gen ist die selbständige Fortpflanzung und damit Strömung flussabwärts getragen. Sie entwickeln sich ungewollte Ausbreitung des Graskarpfens bisher pelagisch während der Drift im Fluss. Die Eier und ausgeschlossen. Eine natürliche Vermehrung konnte Larven können bei ihrer Abdrift im Hauptstrom insge- bislang selbst in warmen Sommern nicht beobachtet samt Entfernungen bis zu eintausend Kilometern werden. zurücklegen. Wird die Drift der Eier unterbrochen, z. B. weil sie in den Staubereich eines Staudammes gelan- Der Effekt der „biologischen Entkrautung“ mittels gen, dann gehen sie zugrunde. Die Brut schlüpft je Graskarpfen wurde in den Jahren nach 1990 im Na- nach Wassertemperatur innerhalb von 2 bis 3 Tagen. turpark Drömling in Sachsen-Anhalt ausgiebig unter- Haben die Embryonen nach weiteren 3 – 4 Tagen den sucht (Wüstemann & Kammerad 1994). Nach Bart- Dottersack aufgezehrt, suchen sie Überschwem- helmes (1992) liegt die so genannte „kritische mungswiesen auf und gehen zur aktiven Ernährung metabolische Biomasse“, mit der die Bestandsgröße über. Die Anfangsnahrung bildet kleines Zooplankton, charakterisiert wird, ab welcher die pflanzenfressen- dann werden auch zunehmend Fadenalgen und an- den Fische ihr Gewässerhabitat nachhaltig beeinträch- dere weiche Makrophyten gefressen. Ab einer Körper- tigen, etwa bei 100 kg Graskarpfen pro Hektar Gewäs- länge von 4 – 5 cm besteht die Nahrung überwiegend serfläche. Bleibt man unter dieser Bestandsmasse, aus Wasserpflanzen. dann gelingt es den Fischen in der Regel nicht, die Wasserpflanzenbestände im Gewässer zu dezimieren. Die adulten Fische begeben sich unmittelbar nach dem Die Untersuchungen in den Totalreservaten des Dröm- Laichgeschäft in ihre Fress- und Sommerhabitate, wie lings haben gezeigt, dass bei fehlender fischereilicher makrophytenreiche Überschwemmungsflächen, an- Sterblichkeit (große Graskarpfen haben keine natür- geschlossene Seen und Altarme. Die Nahrung des lichen Feinde) bereits eine Bestandsmasse von ca. Graskarpfens bilden dabei nicht nur die Pflanzen selbst, 50 – 60 kg/ha Graskarpfen ausreicht, um die Gräben sondern auch aquatische Wirbellose, die in den Was- weitestgehend pflanzenfrei zu halten und vor rascher serpflanzen siedeln. Der gefressene Makrophytenan- Verlandung zu schützen. Wird diese Bestandsmasse teil nimmt dabei mit steigenden Wassertemperaturen unterschritten, kann das Ökosystem jedoch den Pflan- stetig zu. Weichfaserige Wasserpflanzen wie z. B. zenwegfraß durch die Graskarpfen ausgleichen und Wasserlinsen und Laichkräuter werden bevorzugt es tritt kein langfristiger Effekt ein. gefressen, hartfaserige Pflanzen, wie Seerosen oder Wasserhahnenfuß, dagegen gemieden. Gefährdungen/Schutzmaßnahmen Bei Abkühlung des Wassers im Herbst ziehen die Graskarpfen wieder in den Hauptfluss zurück, wo sie Da es sich beim Graskarpfen um eine bei uns fortpflan- an tiefen Stellen und Kolken mit geringerer Strömung zungsunfähige, nicht heimische Art handelt, sind überwintern. Während der Überwinterung wird keine Schutzmaßnahmen nicht erforderlich. Nahrung aufgenommen. Für den Besatz mit Graskarpfen ist in Sachsen-Anhalt In seiner asiatischen Heimat kann der Graskarpfen bis eine Ausnahmegenehmigung der oberen Fischereibe- über 1,30 m lang und 50 kg schwer werden. Unter hörde erforderlich. Karpfenartige

167 Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella) Karpfenartige

168 Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) / Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis)

Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix)

Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis) Karpfenartige

169 Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) / Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Biotopansprüche/Lebensweise

Silber- und Marmorkarpfen sind wie der Graskarpfen In ihrer chinesischen Heimat besiedeln Silber- und zwei aus China stammenden Cypriniden, die ebenfalls Marmorkarpfen die großen zentralen und südlichen zu den so genannten Pflanzen fressenden Fischen Niederungsflusssysteme, wobei aber der Marmorkarp- gezählt werden. Sie wurden zusammen mit Graskarp- fen aufgrund höherer Temperaturansprüche nicht so fen in den 1960er und 1970er Jahre über Russland weit nach Norden vordringt wie Silber- und Graskarp- kommend in die damalige DDR eingeführt. Die Staats- fen. Beide Arten sind großwüchsig. In China soll der führung der DDR schätzte ihre Bedeutung für die Silberkarpfen über 1,20 m lang und 35 kg schwer ostdeutsche Binnenfischerei noch höher ein als beim werden. Der Marmorkarpfen kann sogar bis 1,50 m Graskarpfen. Mit den Plankton fressenden Silber- und Länge und 50 kg Körpermasse erreichen. Bei uns wach- Marmorkarpfen wollte man nicht nur hochwertigen sen die Fische wegen der niedrigen Temperaturen nicht Fisch ohne jegliche Futtermittel erzeugen, sondern ganz so gut; trotzdem soll im Süßen See der größte auch die Wassergüte in den stark eutrophierten Ge- gefangene Marmorkarpfen 42 kg gewogen haben. wässern verbessern. Die künstliche Vermehrung und Verbreitung dieser Fische waren deshalb fester Be- Die Vermehrung beider Arten ist ähnlich. Sie werden standteil der vom Staat vorgegebenen Produktions- im Alter von 5 – 7 Jahren und bei Längen von 60 – 75 cm pläne der DDR-Binnenfischereibetriebe. Jahrelang geschlechtsreif. Zum Laichen wandern die Fische in wurden bedeutende Forschungskapazitäten gebun- großen Schwärmen weite Strecken stromaufwärts, den, um Reproduktion, Aufzucht und Vermarktung wenn im Frühjahr und Frühsommer Hochwasser und dieser wärmebedürftigen Fische rentabel zu gestalten. steigende Wasserstände auftreten. Die natürliche Als endlich eine praxistaugliche Technologie zur Ver- Fortpflanzung in den großen asiatischen Pazifikzu- mehrung der Pflanzenfresser unter unseren klimati- flüssen und Strömen erfolgt an rasch fließenden schen Bedingungen zur Verfügung stand, kam die Stellen mit kiesigem Grund. Das Laichen wird dabei politische Wende. Da kein Bedarf der Verbraucher an durch rasch steigende Wasserstände von mindestens diesen Fischen mehr bestand, kam ihre Erzeugung mit 1 m über normal und Wassertemperaturen von ca. den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen 25 °C ausgelöst. Fällt der Wasserstand während der schlagartig zum Erliegen. Auch die Prognosen zur Laichzeit stark ab, wird auch der Laichvorgang unter- möglichen Verbesserung der Wassergüte hocheutro- brochen und erst fortgesetzt, wenn die Wasserstände pher Seen durch diese Fische haben sich nicht erfüllt. wieder steigen. Die abgelegten Eier treiben mit der Strömung flussabwärts und entwickeln sich pelagisch. Silber- und Marmorkarpfen wurden früher vornehm- Sie sind transparent oder leicht gelblich gefärbt. Die lich in eutrophe Seen eingesetzt. Da es in Sachsen- Eizahl kann bei großen Rognern weit über 500.000 Anhalt zu DDR-Zeiten nur wenige berufsfischereilich Stück betragen und je nach Wasser- und Wetterbe- genutzte Seen gab, haben diese Fische bei uns keine dingungen in einer oder mehreren Portionen abgelegt so große Verbreitung gefunden wie der Graskarpfen. werden. Die Brut schlüpft je nach Wassertemperatur Allerdings sind sie aufgrund ihrer Ernährungsweise nach 1 V bis 2 V Tagen während der Drift. Wird die mit der Angel nahezu unfangbar, weshalb die geringen Drift während der Erbrütungsphase unterbrochen, Nachweise in den heute überwiegend angelfischerei- z. B. durch einen Staudamm, dann sterben die Eier ab. lich genutzten Gewässern vermutlich auch auf Nach- Nach dem Schlupf benötigen die Larven 3 – 4 Tage zur weislücken beruhen. Zusätzlich sind Silber- und Mar- Aufzehrung des Dottersacks und zum Erreichen der morkarpfen oft schwer von einander zu unterscheiden vollen Schwimm- und Fressfähigkeit. Sie suchen dann und es wurden zu DDR-Zeiten auch viele Hybriden nahrungsreiche Überschwemmungswiesen auf und erzeugt, die Merkmale beider Arten aufweisen. Tatsa- gehen zur aktiven Ernährung über. Die Brut von Silber- che ist aber, dass beide Fischarten früher oft zusam- und Marmorkarpfen frisst in den ersten 10 Lebens­ men mit Karpfen- oder Graskarpfenbesatz in die Ge- tagen überwiegend kleinstes, tierisches Plankton. wässer eingebracht wurden. Da die Fische heute bei Danach wird zunehmend pflanzliches Plankton auf- uns nicht mehr vermehrt werden, ist noch eher als genommen. Die Kiemenreusendornen dieser Fische beim Graskarpfen ein baldiges Verschwinden beider verwachsen miteinander und bilden so ein feinporiges Arten aus den Gewässern Sachsen-Anhalts zu erwar- Netz, mit dessen Hilfe das Plankton und andere schwe- ten. Bekannte Verbreitungsschwerpunkte in Sachsen- bende Nahrung aus dem Wasser filtriert werden kann. Anhalt sind der Drömmling, die Elbe und die Unter- Die Art des Nahrungserwerbs ist damit weitestgehend läufe einiger Nebengewässer. Daneben findet man anders, als bei unseren einheimischen Fischen. Wäh- beide Arten in den verschiedensten Standgewässern rend diese meist gezielt einzelne Nahrungsorganis-

Karpfenartige sowie Talsperren und Stauseen. men aufnehmen, filtern Silber- und Marmorkarpfen

170 Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) / Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis)

mit ihrem Kiemenfilterapparat das gesamte Geschwe- Nach der Laichzeit halten sich die adulten Fische wäh- be (Seston) aus dem Wasser. Da dies nicht nur aus rend der sommerlichen Fressphase hauptsächlich in Phytoplankton (Algen) sondern auch aus Zooplankton Altarmen, Flussseen und auf Überschwemmungswie- (Wasserflöhe, Hüpferlinge) und totem organischen sen auf. Im Herbst und Winter bei Temperaturen unter Material (Detritus) einschließlich Bakterienaufwuchs 10 °C wird die Nahrungsaufnahme eingestellt und die besteht, ist die Bezeichnung „Pflanzenfresser“ nicht Fische sammeln sich in großen Schwärmen an tiefen, ganz korrekt. Von Fachleuten werden Silber- und strömungsberuhigten Stellen des Stroms zur Über- Marmorkarpfen deshalb als Sestonfresser bezeichnet. winterung. Silber- und Marmorkarpfen reagieren Auch bei diesen Arten spielt wie beim Graskarpfen empfindlich auf niedrige Temperaturen unterhalb von das tierische Eiweiß aus dem Zooplankton eine we- 5 °C und winterlichen Sauerstoffmangel. Massenster- sentliche Rolle bei der Ernährung. Ohne Zooplankton ben von überalterten Silber- und Marmorkarpfen sind wachsen die Fische schlecht und erreichen keine bei uns deshalb vor allem im Frühjahr nach Eisaufgang normalen Körpergrößen. Silberkarpfen besitzen Kie- zu beobachten. menfilter von 10 – 20 µm Porenweite und Marmor- karpfen von etwa 60 µm. Dadurch filtrieren Silber- In der europäischen Fischzucht erfolgt die Vermehrung karpfen deutlich kleineres Geschwebe aus dem beider Arten ausschließlich im Warmwasser und durch Wasser als Marmorkarpfen, die ihrerseits anteilig Hypophysierung der Laichfische. Unter den klimati- wesentlich mehr Zooplankton fressen. Auch schwe- schen Bedingungen Mitteleuropas ist eine natürliche bende Schlammteilchen spielen bei der Ernährung Vermehrung nicht möglich. des Silberkarpfens mitunter eine Rolle und können am Darminhalt zeitweise bis zu 90 % ausmachen. Anhand wissenschaftlicher Untersuchungen ist be- Gefährdungen/Schutzmaßnahmen kannt, dass die kritische metabolische Biomasse, ab welcher die Fische ihr Gewässerhabitat nachhaltig Da es sich bei Silber- und Marmorkarpfen um nicht- beeinträchtigen, für Silberkarpfenbesatz in unseren heimische Arten handelt, sind Schutzmaßnahmen Gewässern bei etwa 500 kg/ha liegt und für Marmor- nicht erforderlich. karpfen etwa bei 300 kg/ha (Barthelmes 1992). Wird diese Bestandmasse überschritten, vollziehen sich Für den Besatz dieser Fischarten ist in Sachsen-Anhalt also infolge der Fraßtätigkeit der Fische deutliche eine Ausnahmegenehmigung der oberen Fischereibe- Veränderungen im Gewässerökosystem. hörde erforderlich. Karpfenartige

171 Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) Karpfenartige

172 Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis) Karpfenartige

173 Schmerle (Barbatula barbatula)

Schmerle (Barbatula barbatula)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt daher meist kein positives Anzeichen, sondern weisen eher darauf hin, dass wegen des naturfernen Ausbau- Die Schmerle kommt als typische Fließgewässerart zustandes des Gewässers oder Abwassereinleitungen vom Harz bis in die Niederungen im Land Sachsen- anspruchsvollere Fischarten (wie z. B. Bachforellen) Anhalt nahezu flächendeckend in zahlreichen Fluss- und keine geeigneten Lebensbedingungen mehr vorfinden. Bachsystemen vor. Nur sommerkalte Fließgewässer In intakten Niederungssalmonidenbächen und -flüssen der Mittelgebirgsforellenregion mit Wassertempera- mit biotoptypischer Artenzusammensetzung liegt der turen im Sommer unter 15 °C werden gemieden. In der Anteil der Schmerlen am Gesamtfischbestand je nach Niederung fehlt die Art dagegen lediglich in ausge- Gewässertyp dagegen nur bei 1 – 10 %. Mit der Verbes- sprochen langsam fließenden, grabenartigen, stark serung der Wassergüte war in vielen Fließgewässern verkrauteten Gewässern mit ausschließlich schlam- eine starke Zunahme der Schmerlenbestände zu be- migen Bodensubstraten (z. B. Drömlingsgräben). Selbst obachten. Die Art ist hier, ähnlich wie der Gründling, in völlig ausgebauten, durch zivilisatorische Einflüsse ein erster Wiederbesiedler, wenn Reliktpopulationen stark degenerierten Bächen können mitunter reliktar- im Gewässersystem vorhanden waren bzw. Zuwande- tige Bestände mit wenigen Individuen nachgewiesen rungsmöglichkeiten aus Nebenbächen bestanden. werden, wenn durch günstige Umstände (z. B. Schot- teransammlungen im Bachbett unter Eisenbahn­ In stehenden Gewässern kommt die Schmerle nur vor, brücken) auch nur bedingt geeignete Biotopreste wenn Zuwanderungsmöglichkeiten oder Laichhabi- erhalten blieben. tate in angebundenen Fließgewässern bestehen. Gemieden werden offensichtlich auch große Flach- In zahlreichen anthropogen beeinträchtigten Gewäs- landflüsse und Ströme wie Elbe, Havel, Saale und sern profitieren die Schmerlenbestände vom Ver- Mulde. Hier sind Schmerlen häufig nur in der Nähe schwinden anspruchsvollerer Arten und besetzen die von Bacheinmündungen oder aber in den flach über- freiwerdenden Nischen durch Ausbildung individuen- strömten Schotterbänken oder Wasserbausteinen der

Schmerlen und Dorngrundeln reicher Bestände. Solche Massenentwicklungen sind Wehrunterwasser zu finden.

174 Schmerle (Barbatula barbatula)

Biotopansprüche/Lebensweise Die Nahrung besteht vorrangig aus Benthosorganis- men und in geringerem Umfang aus Fischlaich und Die Schmerle (Länge 8 – 12 cm) galt lange Zeit vornehm- Detritus. Im Gegensatz zum Steinbeißer sind Schmer- lich als bodenbewohnende Begleitfischart der Forel- len in der Lage, auch relativ große Benthosorganismen len- und Äschenregion, da sie besonders gern flache, zu fressen. So können schon Jungfische von wenigen schnell fließende Gewässer mit kiesig-steinigem Se- Zentimetern Länge größere Nahrungstiere wie Bach- diment bevorzugt. Neuere Untersuchungen zeigen flohkrebse, Zuchmückenlarven und Eintagsfliegenlar- jedoch, dass sie keinem bestimmten Gewässertyp ven aufnehmen. eindeutig zuzuordnen ist. So kann sie außer in Forel- lenbächen des Berglandes und der Niederung auch in ausgebauten und eutrophierten Wasserläufen gefun- Gefährdungen den werden. An die Wasserqualität stellt die Schmer- le keine hohen Ansprüche und auch die Anforderungen Die Schmerle gehört zum Arteninventar der meisten an die Substratbeschaffenheit sind nicht immer ein- Fließgewässer, ist aber weniger häufig als der Gründ- deutig festzulegen (z. B. Vorkommen in Intensivkarp- ling. Gefährdungen ergeben sich dort, wo durch fenteichen). Jedoch scheint ein gewisses Maß an Abwasserbelastungen und Verschlammung der Fließgeschwindigkeit und Deckungsmöglichkeiten hartgründigen Substrate geeignete Habitate zerstört (Steine, Wurzeln) notwendig zu sein. In vielen begra- werden (z. B einige Bördebäche). Nach Kottelat & digten Forellenbächen entwickeln sich nach dem Freyhof (2007) sind Schmerlen zwar verhältnis­ Ausbau Massenpopulationen der Schmerle mit mäßig tolerant gegenüber Gewässerausbau und schwindendem Forellenbestand. In guten Forellenbä- Wasserverschmutzung, reagieren jedoch extrem chen sind dagegen nur schwache Bestände zu finden. empfindlich auf die Einleitung schwermetallhaltiger Abwässer. Geschlechtsreif werden Schmerlen schon nach 1 – 2 Lebensjahren. Die Laichzeit fällt bei uns meist in die Eine unmittelbare Gefährdung der Schmerle besteht Monate Mai bis Anfang Juni. Über den genauen Laich- im Land Sachsen-Anhalt nicht, da sie deutlich von den vorgang ist wenig bekannt. Nach Kottelat & Freyhof Verbesserungen der Wassergütesituation seit der (2007) laichen Schmerlen bei Wassertemperaturen politischen Wende profitiert hat. Nur regelmäßige über 10 °C. In einigen polnischen Flüssen wurde aber Grundräumungen und Unterhaltungen der Fließge- erst ein Ablaichen bei Wassertemperaturen von wässer können zu Beeinträchtigungen führen. Eine 18 – 19 °C beobachtet. Da die Schmerle bei uns in kalten Erholung mancher Schmerlenbestände scheitert je- Mittelgebirgsbächen mit Sommerwassertemperaturen doch öfter auch an mangelnder Gewässerdurchgän- unter 15 °C fehlt, ist eine Laichtemperatur im Bereich gigkeit. Dadurch sind intakte Populationen in den zwischen 15 und 18 °C anzunehmen. Weil Schmerlen Oberläufen häufig durch Querverbauungen isoliert Portionslaicher sind, kann die Laichtemperaturspanne und nicht in der Lage, verschollene Bestände benach- auch größer sein. Das Laichen findet fast immer gegen barter Gewässer wieder aufzufüllen. Morgen statt, wo dann die zahlreichen, etwa 1 mm großen, klebrigen Eier bevorzugt über steinig-kiesigem Grund abgegeben werden. Da der Laich aber nicht in Schutzmaßnahmen das Kieslückensystem hinein sondern einfach in das Wasser abgegeben wird, können Eier auch abdriften Schutzmaßnahmen für die Art betreffen grundsätz­ und sich an andere Substrate wie Wurzeln, Sand oder liche Verbesserungen der Gewässerökosysteme. Neben Detritus anheften. Die Eientwicklung dauert 8 – 12 Tage der Erhaltung reich strukturierter, sauberer Fließge- (bei 20 bzw. 16 C°). Das Männchen soll den Laich bis wässer muss insbesondere auch die Durchgängigkeit- zum Schlupf der Brut bewachen. Die meisten Schmer- keit kleiner Gewässer wiederhergestellt werden, um len nehmen nur an ein bis zwei Laichzeiten teil und stabile Populationen zu gewährleisten. sterben danach. Unter optimalen Bedingungen können die Fische aber auch älter werden und Totallängen von In Sachsen-Anhalt besteht für die Schmerle ein ganz- 16 – 17 cm erreichen. jähriges Fangverbot. Schmerlen und Dorngrundeln

175 Schmerle (Barbatula barbatula) Schmerlen und Dorngrundeln

176 Steinbeißer (Cobitis taenia)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt wiegend sandigen Substraten zu finden wie etwa im Unter- und Mittellauf der Ehle (einschließlich Umflut- Die verborgene Lebensweise und die fischereiliche kanal), im Vereinigten Tanger, in der Jeetze, Hartau und Bedeutungslosigkeit des Steinbeißers dürften der Salzwedeler Dumme (Unterlauf) sowie im Flusssystem Grund dafür sein, dass historische Angaben zur Ver- von Biese und Aland einschließlich Unterer Milde, breitung dieses Kleinfisches für unser Mittelelbegebiet Oberer Milde und Uchte. In diesen begradigten Ge- fehlen (Kluge 1898, 1899, 1900). Erst Jürgens (1939) wässern profitiert der Steinbeißer offenbar vom weist darauf hin, dass die Art in der Elbe und ihren schwindenden Konkurrenz- und Fraßdruck anderer Nebengewässern vorkommt und früher wahrscheinlich Arten (z. B. Aal, Quappe), so dass die Bestandsdichten regelmäßig übersehen wurde. Auch heute bildet das entsprechend hoch sein können. Mittelelbegebiet nach wie vor den Verbreitungsschwer- punkt dieser Art in unserem Bundesland. Der Steinbei- Eine intensivere Suche während umfangreicher Befi- ßer ist zwar in der ausgebauten Stromelbe selbst nicht schungen in den letzten Jahren trug sicherlich mit dazu so häufig, dafür aber in nahezu allen ­geeigneten Alt- bei, dass heute viele Nachweise des Steinbeißers vor- armen, Altwässern, einmündenden Flüssen und Bächen liegen. Das gilt besonders für die Elbe und die unmit- und sogar Vorlandseen zu finden (z. B. Alte Elbe Kreuz- telbar angeschlossene Nebengewässer. Neunachweise horst, Kühnauer See). Einen weiteren Verbreitungs- liegen auch für das Nuthe-System, den Saaleunterlauf, schwerpunkt für den Steinbeißer in Sachsen-Anhalt die östliche Fuhne und den Muldestausee, den Unter- bilden die stark ausgebauten, versandeten Bäche und lauf der Ohre, den Gnevsdorfer Vorfluter, den Lüderitzer Gräben der Altmark sowie das Gebiet der Unteren und Mahlwinkler Tanger, dem Kiesloch Tangermünde, Havel. Auch im Gebiet der Unteren Mulde gibt es eini- dem Schollener See und dem Schönitzer See sowie ge Altwässer, Altarme und Gräben, in denen Steinbei- kleiner Fließgewässer im Aland-Biese-Milde System ßer nachgewiesen wurden (z. B. Scholitzer See, Hinter- und im Einzugsgebiet der Jeetze vor. Auffällig ist, dass see, Diepolt, Jonitzer Mulde, Pelze-Löbben-Leinersee, es oberhalb von Coswig keine Steinbeißervorkommen Fließgraben, Hinterseegraben, Kapengraben). gibt. Weder in der Elbe und ihren Nebengewässern, noch in der Schwarzen Elster und ihren Nebenfließen. Starke, individuenreiche Bestände des Steinbeißers Auch im gesamten mittleren Saaleeinzugsgebiet ist sind in Sachsen-Anhalt insbesondere in den ausge- der Steinbeißer heute nicht nachweisebar. Inwieweit bauten, sommerwarmen Niederungsflüssen mit über- und bis wann er dieses früher besiedelt hat, ist nicht

Steinbeißer (Cobitis taenia) Schmerlen und Dorngrundeln

177 Steinbeißer (Cobitis taenia)

geklärt. Nach historischen Quellen soll er früher in der rungsdrift kann ein einmal gewählter Standort ta- Saale, der Weißen Elster, der Salza, der Querne, im gelang beibehalten werden. Wird das Substrat ver- Mansfelder Seengebiet sowie unter Umständen auch lassen, dann erfolgt der Standortwechsel durch in der Helme vorgekommen sein (Burckhardt 1860). kurzes ruckartiges Springen. Bei der aktiven Nah- Er wird neben Bachschmerle, Schlammpeitzger und rungssuche schieben sich die Fische langsam am Bachneunauge in den meisten Quellen eindeutig als Grund entlang, wobei sie das Substrat mit dem Maul eigene Art benannt. Eine Ausbreitung in der Saale absuchen und regelrecht durchkauen, daher wohl stromauf ist aufgrund unüberwindbarer Querverbau- auch der Name Steinbeißer. Bei Störungen und nach ungen nach wie vor ausgeschlossen. Fluchtwechseln können die Tiere blitzschnell und nahezu senkrecht im Substrat verschwinden.

Biotopansprüche/Lebensweise Da Steinbeißer eine extrem kleine Mundöffnung be- sitzen, können sie im Gegensatz zur Schmerle nur Als stationärer, nachtaktiver Bodenfisch besiedelt der kleine Nahrungspartikel aufnehmen. Diese bestehen Steinbeißer flache, schwach fließende sowie stehende meist aus kleinen Bethosorganismen und Detritus, die Gewässer mit sowohl sandigen als auch teilweise in der Regel dann gefressen werden, wenn sie direkt schlammigen Substraten und mehr oder weniger auf den Standort des Steinbeißers zudriften. In Fällen, dichtem Pflanzenbewuchs. Er ist sowohl in kleinen wo die kleinwüchsigen Fische bei Nahrungsmangel sommerwarmen Bächen und Flüssen als auch in der gezwungen sind, ihr Wohnsubstrat zu verlassen, wer- Uferregion großer Flüsse und Ströme zu finden. Der den sie häufig Opfer eines breiten Spektrums von Bodengrund muss so beschaffen sein, dass sich der Fressfeinden. Steinbeißer sind deshalb gegenüber langgestreckte Kleinfisch (7 – 11 cm) mühelos eingraben anderen (größeren) Arten wenig konkurrenzfähig. Ihr kann. Im Gegensatz zum Schlammpeitzger werden naturgemäßes Vorkommen im Freiland ist gewöhnlich anaerobe Substrate gemieden. Als Wohnhabitat wird auf konkurrenzarme Teillebensräume begrenzt. Sie vornehmlich Sand mit Korngrößen zwischen 0,06 und sind genau wie Schlammpeitzger auf die Besiedlung 2,00 mm besiedelt (Füllner et al. 2005). Im Vergleich und Erschließung von Extremhabitaten spezialisiert. zur starken Substratbindung ist die Art hinsichtlich Beherbergen natürliche Gewässer sehr individuen- der Wasserqualität relativ anpassungsfähig. Aufgrund starke Steinbeißerbestände, dann befinden sich dort der Fähigkeit zur Darmatmung erträgt der Steinbeißer meist nur Habitate, die anderen Arten keine ausrei- selbst Sauerstoffmangelsituationen ähnlich erfolg- chenden Lebensbedingungen mehr bieten. reich wie der Schlammpeitzger. Die meisten Steinbeißer werden nur 3 (Männchen) bis Die Geschlechtsreife erreichen die männlichen Ex- 5 (Weibchen) Jahre alt. Sie erreichen dabei gewöhnlich emplare nach 1 – 2 Jahren, die weiblichen mit 2 – 3 Körperlängen von 8 cm (Männchen) bis 11 cm (Weib- Jahren Lebensalter bei einer Körpergröße von chen). Größere Tiere sind die Ausnahme. Das Höchst­ 5,5 – 6,5 cm. Die Laichzeit fällt bei uns gewöhnlich in alter lag in Aquarienhaltung etwa bei 8 – 10 Jahren. die Monate Mai bis Juni bei Wassertemperaturen über 18 °C. Die klebrigen, gelblichen Eier (0,7 – 0,9 mm) werden bevorzugt an Wasserpflanzen abgelegt. Gefährdungen Auch Kies oder Lehmgrund wird mitunter als Laich- substrat angenommen. Im Wasser quellen die Eier Da sich der Steinbeißer, ähnlich wie der Schlammpeit- dann auf etwa 2,4 mm Größe an. Steinbeißer sind zger, in das Bodensubstrat eingräbt, ergeben sich Portionslaicher und haben unter Laborbedingungen Beeinträchtigungen des Lebensraumes vorrangig in bis zu 18 verschiedenen Laichschüben reproduziert durch wasserbauliche Ausbau- und Unterhaltungs- (Kottelat & Freyhoff 2007). Die maximale Eizahl je maßnahmen. Kaum besiedelbar sind Gräben und Rogner beträgt etwa 1.600 Stück. Die Inkubations- Bäche, deren Ufer in der Vergangenheit mit Stein­ periode dauert bei 20 °C Wassertemperatur etwa schotter befestigt wurden, da durch Witterungsein- 3 – 4 Tage. Die frisch geschlüpften Larven zeigen flüsse und Wellenschlag der Schotter bis auf die unmittelbar nach dem Schlupf, ähnlich wie die Graben­sohle verfrachtet wird. Schlammpeitzger, ein Stadium mit fadenförmigen Außenkiemen. Sie sind negativ fototaktisch und Wichtig für die Besiedlung der Gewässer mit Steinbei- verbergen sich unter Pflanzen und Detritusanhäu- ßern sind sandige und feinkiesige Substrate. Nicht fungen. Auch mit zunehmendem Alter bleiben die zuletzt sind die naturnahen Fundstellen in nicht aus- Fische lichtempfindlich und pflegen eine dämme- gebauten Gewässern gerade die sandigen Bereiche rungsaktive Lebensweise. Die meiste Zeit verbringen der Abbruchufer. Werden diese Abbruchufer beseitigt die Tiere im Sediment vergraben, so dass nur die und verfestigt, dann verschwinden auch die bevorzug-

Schmerlen und Dorngrundeln Maulspitze hervorschaut. Bei ausreichender Nah- ten Lebensräume dieser Art.

178 Steinbeißer (Cobitis taenia)

Schutzmaßnahmen der reinen Arten von den Hybriden ist nur anhand des Karyotyps möglich. So verfügt C. taenia über 2n = 48 Beim Steinbeißer werden dieselben Schutzmaßnah- Chromosomen und C. elongatoides über 2n = 50 Chro- men wie beim Schlammpeitzger notwendig (siehe mosomen. Die Hybriden sind in der Regel triploid und dort). In Sachsen-Anhalt ist der Steinbeißer durch ein rein weiblich. Ihre Fortpflanzung erfolgt wie beim ganzjähriges Fangverbot geschützt. Außerdem ist die Giebel gynogenetisch durch Spermaparasitose. Die Art im Anhang II der FFH-RL gelistet. Unterscheidung sowohl der reinen Arten als auch der Hybriden anhand morphologischer und morphome- ristischer Merkmale ist nicht einfach, da sie sich im Besondere Anmerkungen Aussehen (phänotypisch) nahezu nicht von einander unterscheiden. Wirkliche Sicherheit bei der Unter­ Bei neueren, genetischen Untersuchungen von Stein- scheidung ist nur mittels Chromosomenbestimmung beißerbeständen in Mitteleuropa wurde festgestellt, erreichbar. Da in unserem Gebiet entsprechende Un- dass in Deutschland nicht nur zwei verschiedene tersuchungen noch ausstehen und untersuchte Stein- Steinbeißerarten vorkommen, Cobitis taenia und Co- beißer aus dem Unterelbegebiet eindeutig Cobitis bitis elongatoides (Donausteinbeißer), sondern dass taenia zugeordnet wurden, werden die sachsen-­ die Bestände auffallend oft sogar überwiegend aus anhaltischen Steinbeißer bis auf weiteres auch zum Hybriden beider Arten bestehen (Füllner et al. 2005, weitverbreiteten „Nördlichen Steinbeißer“ Cobitis Kottelat & Freyhof 2007). Eine sichere Differenzierung taenia gezählt. Schmerlen und Dorngrundeln

179 Steinbeißer (Cobitis taenia) Schmerlen und Dorngrundeln

180 Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)

Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Bestände lassen sich mitunter auch in den stark aus- gebauten, verschlammten Bächen und Gräben der Der Schlammpeitzger ist nach Kluge (1900) früher ein intensiven Agrarlandschaften von Börde und Altmark regelmäßiger Elbfisch gewesen, wobei vor allem in finden (z. B. Sarre bei Wanzleben). Auch im unteren den Altarmen und Altwässern der Mittelelbe starke Tangergebiet sowie in Bereichen der unteren Weißen Bestände vorgekommen sein sollen. Von der Fischer- und Schwarzen Elster, der Ohre, der Taube, der unteren bevölkerung an der Mittelelbe wurde die Art als „Piet- Bode, der Aller, der Schöninger Aue und einigen Stand- chen“ oder „Schlammpietchen“ bezeichnet. Im Gegen- gewässern (wie z. B. Priesitzer See, Goldberger See, satz zu den früher zahlreich gestellten Fanggeräten Kühnauer See, Herrensee) wurde die Art nachgewie- der Berufsfischerei ist die Art mit den heute üblichen sen. Fast allen Vorkommen gemeinsam ist nur eine Fangmethoden der Angelfischer nicht zu erbeuten. sehr geringe Bestandsdichte. Dies gilt insbesondere Wegen seiner verborgenen Lebensweise und der mit- für regelmäßig gekrautete und grundberäumte Ent- unter schwierigen Befischung auch mit Elektrofisch- wässerungsgräben. Nicht besiedelt werden Gewässer fanggeräten sind mit Sicherheit einige der aktuellen des Berglandes (Harzgebiet) sowie sommerkühle Vorkommen nicht vollständig erfasst. Nach Auskunft Fließgewässer der Niederungen. der wenigen im Gebiet der Mittelelbe sowie der Un- teren Havel und Unteren Mulde tätigen Berufsfischer ist der Schlammpeitzger in verschiedenen Altarmen Biotopansprüche/Lebensweise und Altwasserketten dieser drei großen Flüsse nach wie vor regelmäßig anzutreffen. Seit 1994 gelangen Als typischer Bodenfisch besiedelt der Schlamm­ dann auch immer wieder mal einzelne Nachweise peitzger flache, warme, nährstoffreiche Gewässer dieser Art in der Stromelbe selbst, infolge der deutlich des Flachlandes. Er bevorzugt strömungsarme, ver- verbesserten Wassergüte nach der politischen Wende. schlammte Standorte mit üppigem Unterwasserpflan- Weitere Verbreitungsschwerpunkte des Schlamm­ zenbestand, insbesondere in Altarmen, Alt­wässern peitz­gers liegen in einigen Grabensystemen der Nie- und Nebengerinnen von Flachlandflüssen. Bewohnt dermoorgebiete Großes Bruch, Wische und Drömling werden dabei vor allem solche Substrate, in die die sowie den diese Gebiete durchziehenden Flüssen Fische leicht eindringen und sich vollkommen ver­ (Großer Graben, Flötgraben, Biese-Aland, Uchte, ­Untere stecken können. Das sind meist hohe, mit Pflanzen-

Milde). Vereinzelte Funde bzw. individuenschwache teilen durchsetzte Schlammflächen oder auch dichte Schmerlen und Dorngrundeln

181 Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)

Wasserpflanzenbetten über solchen Schlammflächen. Wochen hinweg vornehmlich an Wasserpflanzen In großen Gewässern werden im Sommer fast immer abgelegt. Die Eizahl liegt bei etwa 8.000 – 15.000 Stück die verschlammten, stark verkrauteten Uferrandbe- pro Rogner. Die Erbrütungsdauer ist temperaturab- reiche im Übergangsbereich zwischen Luft und Wasser hängig und beträgt durchschnittlich etwa 9 Tage. Die besiedelt. Nur ersatzweise werden von den Fischen frisch geschlüpften Larven besitzen lange Außenkie- kurzzeitig auch andere Verstecke angenommen. men, die nach 10 – 12 Tagen zurückgebildet werden.

Schlammpeitzger sind ausgesprochen nachtaktiv und Das Nahrungsspektrum ist breit und besteht vorrangig verbringen den Tag über meist im Substrat vergraben. aus Benthosorganismen wie Würmern, Insektenlarven, Bei Sauerstoffmangel ist die zählebige Art befähigt, Kleinkrebsen, Muscheln und Schnecken. Bei der Nah- akzessorische Darmatmung zu betreiben. Austrock- rungssuche bewegen sich die Fische langsam über den nungen im Sommer bzw. Ausfrierungen des Gewässers Grund und durchwühlen das Substrat. Schlammpeitz­ im Winter übersteht die Art im Schlamm eingraben. ger können bis zu 28 cm lang werden und ein Alter Schlammpeitzger sind weitgehend unempfindlich von 12 – 16 Jahre erreichen. gegenüber Gewässerbelastungen und kommen mit- unter auch in stark verschmutzten Gewässern bis Güteklasse III vor. Das hat aber weniger mit einer Gefährdungen Vorliebe für verschmutztes Wasser als vielmehr mit dem Fehlen anderer, konkurrenzstärkerer Fischarten Trotz vieler Überlebensstrategien ist die Art heute in und freiwerdenden Lebensraumnischen zu tun. ihrer Bestandsentwicklung stark rückläufig. Oft kom- men Schlammpeitzger nur noch in minimalen Relikt- Zur Vermehrungsstrategie der Art ist wenig bekannt. populationen vor. Aufgrund ihrer Ökologie sind sie in Die Geschlechtsreife wird meist im Alter von 2 – 3 extremer Weise auf einen Habitattyp fixiert (kleine, Jahren und bei einer Länge von 11 – 12 cm erreicht. Das weichgründige, vegetationsreiche Flachgewässer), der Ablaichen erfolgt bei Wassertemperaturen über 20 °C in hohem Maße gefährdet ist. Die mangelnde Konkur- vom späten Frühjahr bis in den Sommer hinein. Die renzfähigkeit der Schlammpeitzger verhindert, dass klebrigen Eier werden portionsweise über mehrere sie andere Gewässerbereiche mit zahlreichen weiteren

Schmerlen und Dorngrundeln Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)

182 Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis)

Fischarten besiedeln können. Die typischen Lebens- ist eine Änderung der Maßnahmen dringend erfor- räume im flachen Uferrandbereich großer Flüsse, derlich. Traditionell von Hand gemähte Gräben bieten Altarme und Altwässer sind aufgrund von Uferverbau gute Überlebensmöglichkeiten. Auch Teilräumungen selten geworden. Durch Entwässerungs- und Melio- bzw. Teilentkrautungen bieten sich an, um die Lebens- rationsmaßnahmen wurden auch viele potentielle bedingungen für den Fischbestand in Entwässerungs- Wohngewässer (z. B. in Sumpf- und Niedermoorgebie- gräben wesentlich zu verbessern. Hierbei werden bei ten) in landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen den Unterhaltungsarbeiten möglichst nur eine Ufer- umgewandelt. Ersatzlebensräume, wie sie die Entwäs- seite und die angrenzende Hälfte der Gewässersohle serungsgräben im Land Sachsen-Anhalt darstellen, behandelt, während das gegenüberliegende Ufer mit unterliegen in erheblichem Umfang Unterhaltungs- der anderen Hälfte des Gewässergrundes unberührt maßnahmen der Wasserwirtschaft. Beeinträchtigun- bleibt. Beim nächsten Unterhaltungseingriff im Fol- gen sind hier vor allem durch Grundräumungen, aber gejahr wird dann umgekehrt verfahren. Lässt sich auch Entkrautungen gegeben. Steinschüttungen der dieses Verfahren nicht realisieren, dann muss ein auf Ufer, die dann später die gesamte Gewässersohle die Belange des Fischartenschutzes ausgerichteter bedecken, sind für den Schlammpeitzger ebenfalls Gewässerunterhaltungsplan aufgestellt werden. Hier- nachteilig. Daher ist die Art häufig in solchen Gräben in sind alle Unterhaltungsmaßnahmen so zu regeln, zu finden, die weniger unterhalten werden oder die dass nicht alle Gewässer eines Gebietes gleichzeitig z. B. in Naturschutzgebieten, noch auf traditionelle bearbeitet werden, sondern stets ein ausreichender Weise von Hand entkrautet werden. Viele Schlamm- Teil als funktionierender Lebens- und Rückzugsraum peitzgergewässer in der Agrarlandschaft sind heute bestehen bleibt. Diese Abschnitte sollten dann erst zu isoliert oder nur wenig miteinander vernetzt, was einer einem späteren Zeitpunkt, wenn sich die bereits be- Ausbreitung der Art entgegensteht. arbeiteten Gewässerteile wieder regeneriert haben, gemäß den Unterhaltungserfordernissen bearbeitet werden. Schutzmaßnahmen Der Schlammpeitzger ist in Sachsen-Anhalt durch ein Da die Art vor allem durch die fortschreitende Mecha- ganzjähriges Fangverbot geschützt. In der FFH-RL ist nisierung der Gewässerunterhaltung gefährdet wird, die Art im Anhang II aufgeführt. Schmerlen und Dorngrundeln

183 Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) Schmerlen und Dorngrundeln

184 Wels (Silurus glanis)

Wels (Silurus glanis)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Ende der 1950er Jahren verschwand der Wels dann vollständig aus der Elbe und den meisten ihrer Neben- Obwohl Sachsen-Anhalt an der westlichen Grenze des gewässer. Lediglich im Gebiet der Unteren Havel, die ursprünglichen Verbreitungsgebietes des Welses liegt, auch zu DDR-Zeiten nie so stark verschmutzt war wie gehörte die Art schon immer zur typischen Flussfisch- die anderen großen Elbnebenflüsse im Land Sachsen- fauna der Mittelelbe sowie der Unterläufe der großen Anhalt, kamen danach noch vereinzelt Welse vor (Ja- Nebenflüsse (Havel, Saale, Mulde, Schwarze Elster). cobs, mündl. Mittl. 1993). Die Art war aber auch dort Nach Kluge (1900) waren bis 1860 in der Elbe Exem- zu DDR-Zeiten so selten, dass die im Gebiet ansässigen plare bis zu 2 Zentner Stückgewicht nicht selten. Der Berufsfischer nicht mehr als 2 – 3 Exemplare pro Jahr selbe Autor berichtet auch von einer Stromgarnfische- fingen. Vereinzelte Fänge zu dieser Zeit in anderen rei bei Dornburg, bei der in einem einzigen Zug über Gewässern, wie z. B. ein 48 kg schwerer Wels, gefangen 100 Welse von 10 – 20 Pfund Stückmasse gefangen durch Jacobs im Jahr 1960 im Kamernschen See, gin- werden konnten. Doch nach dem Ausbau der Elbe und gen offensichtlich auf Besatz zurück. Auch im Mulde­ ihrer großen Nebenflüsse zu Wasserstraßen und der stausee wurden bereits zu DDR-Zeiten mehrfach Welse damit verbundenen Beseitigung zahlreicher Altwässer ausgesetzt. Trotzdem blieben alle diese Wiedereinbür- gingen die Welsbestände bereits zu Beginn des 20. gerungsbemühungen aufgrund der unzureichenden Jahrhunderts stark zurück (Albrecht 1960). Schon in Wassergüteverhältnisse ohne Erfolg. Erst nach der den Jahren 1920 – 1937 sank der mittlere Jahresertrag politischen Wende gelang es dann, den Wels in seinem an Welsen im Gebiet der Havelmündung bei Werben ursprünglichen Verbreitungsgebiet in Sachsen-Anhalt auf Werte um 0,1 kg/ha (Pape 1952). Bauch (1958) be- wieder dauerhaft anzusiedeln. So erfolgte im Jahr 1992 richtete dann nur noch von sehr vereinzelten Fängen mit Förderung des Umweltministeriums ein sorgfältig in der Elbe zwischen Havelmündung und Wittenberge. vorbereiteter Wiedereinbürgerungsversuch mit Wel- Nach Berufsfischerangaben (Rathmann, mündl. Mitt. sen in der Elbe und einigen Altwässern zwischen 1992) kam der Wels ursprünglich auch im Bereich der Pretzsch und Vockerode. Auf diesen Besatz mit bereits Unteren Mulde und ihren Altwässern regelmäßig vor. relativ großen Fischen (über 60 cm, ca. 2000 Stück) Letzte Fänge gelangen hier in der Pelze bis gegen Ende geht nachweislich der heute wieder stabile Welsbe- der 1950er Jahre. Auch der Unterlauf der Schwarzen stand der Elbe sowie der Unterläufe ihrer großen Elster war vor dem Flussausbau ein bekanntes Wels- Nebenflüsse zurück. Bereits 1993 und 1994 gelangen

gewässer. Mit der zunehmenden Abwasserlast gegen erste Nachweise von einsömmrigen Jungwelsen in Welse

185 Wels (Silurus glanis)

einem Fischschongebiet im Mündungsbereich der bei uns über 2 m lang und 80 kg schwer werden. Bei Schwarzen Elster. Heute kommt der Wels auch in der optimalen Temperaturbedingungen werden die Fische Unteren Saale und der Unteren Mulde wieder in aber auch noch deutlich größer. ­stabilen Beständen vor. Begünstigt wird die positive Bestandsentwicklung vermutlich auch durch die Kli- maerwärmung und mehrere sogenannte Jahrhundert- Gefährdungen sommer in den letzten 15 Jahren. In der Havel und der Schwarzen Elster scheint die positive Entwicklung Da der Wels in Sachsen-Anhalt praktisch an der west- dagegen weniger deutlich als in den anderen großen lichen Grenze seines natürlichen Verbreitungsareals Elbezuflüssen. lebt, war die Art hier ehemals nur in moderaten Popu- lationsdichten vorhanden. Ein deutlicher Rückgang trat jedoch nach dem Ausbau von Elbe, Havel und Biotopansprüche/Lebensweise Saale zu Wasserstraßen ein. Dadurch wurden dem Wels Laich- und Brutaufwuchsgebiete entzogen, die Der natürliche Lebensraum dieses größten einheimi- in den sich rasch erwärmenden Altarmen und auf schen Süßwasserfisches sind größere, sommerwarme Überschwemmungsflächen lagen. Die heutigen Über- Seen und Flüsse der Tiefebene mit feinsandigem bis schwemmungswiesen, z. B. im Gebiet der unteren schlammigem Bodengrund und reicher Wasserpflan- Havel, genügen diesen Anforderungen nicht, da sie zenvegetation. Der Wärme liebende Raubfisch meidet der Wasserhaltung unterliegen und meist bereits vor als schlechter Schwimmer gewöhnlich stärker strö- dem Einsetzen der Laichperiode (spätestens am 15. mende Bereiche. Aufgrund einer ausgeprägten Nacht- Mai) wieder abgesenkt werden. Auch die Einstände aktivität verbirgt sich der Wels tagsüber in Unterstän- der Altwelse, welche tiefe Kolke im Hauptstrom be- den an tiefen Gewässerstellen. Bei seinen nächtlichen wohnen, gingen durch die Flussregulierungen und den Raubzügen jagt er jedoch auch in flachen Gewässer- sogenannten Übertiefenverbau nahezu restlos verlo- bereichen und an der Oberfläche. ren. Die damaligen Gefährdungsfaktoren wirken bis heute weiterhin fort, da die Wasserstraßen nach wie Die Laichzeit fällt in die Frühsommerzeit (Juni/Juli) bei vor dem Ausbau unterliegen. Lediglich die Abwasser- Wassertemperaturen über 20 °C. Da die notwendigen belastung der Gewässer hat sich deutlich verbessert. Temperaturen zur Gonadenreifung und zum späteren Aufkommen der Brut unter mitteleuropäischen Kli- maverhältnissen nicht jedes Jahr erreicht werden, ist Schutzmaßnahmen der Reproduktionserfolg meist nicht vorhersehbar. Gewöhnlich entwickelt sich nur alle paar Jahre ein Schutzmaßnahmen sind schwer realisierbar, da grund- guter Brutjahrgang, so dass die Bestandserhaltung legende Biotopverbesserungen an eingedeichten und dieses wärmebedürftigen Fisches vor allem durch das zu Wasserstraßen ausgebauten Flüssen gegenwärtig Erreichen eines hohen Alters (ca. 60 – 80 Jahre) gege- nicht möglich sind. Auch eine Rückhaltung des Was- ben ist. Die Geschlechtsreife erreichen Welse im Alter sers, z. B. auf den Überschwemmungswiesen der un- von 3 – 4 Jahren mit ca. 70 – 75 cm Länge und 1,5 – 2 kg teren Havel bis zur Laichzeit des Welses (Frühsommer) Körpermasse. Zum Ablaichen suchen die Alttiere paar- ist derzeit nicht durchsetzbar. Günstig für die Fort- weise seichte, strömungsfreie Uferstellen mit dichten pflanzung der Welse sind normalerweise Sommer- Pflanzenbeständen auf (Altarme, Überschwemmungs- hochwasser. Doch durch die Bewirtschaftung der wiesen). Auch die dichten Unterwasserwurzeln von Unteren Havel als Polderfläche zur Kappung von Elbe- Uferweiden werden als Laichsubstrat angenommen. hochwässern, kann es bei Extremwasserständen wie Die Männchen besetzten kleine Territorien mit geeig- beispielsweise im Sommer 2002 zu Sauerstoffmangel neten Laichgründen und bewachen das Nest bis zum und Ausstickung kommen. In diesem Fall ging der Schlupf der Larven. Die hellgelben, klebrigen und ca. gesamte Fischbestand der Havel im Bereich der Pol- 3 mm großen Eier haften nach dem Ablaichen an derflächen zugrunde. Pflanzenteilen und benötigen je nach Wassertempe- ratur 2 – 3 Tage bis zum Schlupf. Die kaulquappenähn- Die seit einigen Jahren anhaltende positive Be- lichen Larven heften sich zunächst an Substratteile an standsentwicklung des Welses im Elbegebiet hängt und verbleiben noch ca. 2 – 4 Tage im Nest. Erst nach maßgeblich mit mehreren überdurchschnittlich war- 5 – 7 Tagen und Aufzehrung des großen Dottersackes men Sommern und dem damit verbundenen Fort- wird die Schwimm- und Fressfähigkeit erreicht. Die pflanzungserfolg der Art zusammen. Die Welsbestän- Nahrung der Jungfische besteht zunächst aus einem de in den Gewässern Sachsen-Anhalts sind im Vergleich breiten Spektrum aquatischer Wirbelloser. Mit zuneh- mit anderen Regionen jedoch immer noch relativ klein. mender Größe werden dann vorwiegend Fische und Deshalb gibt es für den Fang der Art ein Mindestmaß

Welse andere Wasserwirbeltiere gefressen. Welse können und eine Schonzeit.

186 Wels (Silurus glanis) Welse

187 Zwergwels (Ameiurus nebulosus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Zwergwels sowohl im Hauptfluss als auch den Neben- flüssen, Gräben und Altwässern in großer Bestands- Der Zwergwels ist keine ursprünglich in Sachsen-An- dichte vor. Trotz dieser hohen Bestände hat sich die halt heimische Fischart. Er gelangte ähnlich wie die Verbeitungssituation der Art in den letzten Jahrzehn- Regenbogenforelle bereits vor 1900 von Nordamerika ten kaum verändert. So wäre seit der Verbesserung aus nach Deutschland. Da er in seiner Heimat, an der der Wasserqualität in der Elbe eine weitere Ausbrei- amerikanischen Ostküste, schon immer als ein belieb- tung der Art auch in weiter stromabwärts gelegene ter, schmackhafter und vor allem grätenloser Speise- Bereiche möglich. Dies konnte bisher aber nicht fisch galt, versuchte man ihn in vielen Ländern der nachgewiesen werden. Nach wie vor sind Vorkommen Welt und so auch an verschiedenen Stellen des euro- unterhalb der Muldemündung nur selten. Auch für päischen Festlandes einzubürgern. Nach Bauch (1958) die Unterläufe von Saale und Havel gibt es nur wenige soll der Bestand im Mittelelbegebiet des Landes Fangmeldungen. Sachsen-Anhalt auf einer Aussetzung von 100.000 Stück im Jahre 1904 in die Mulde basieren. Während Kluge (1900) die Art für die Mittelelbe noch nicht Biotopansprüche/Lebensweise erwähnt, wurden zum Ende der 1940er Jahre Zwerg- welse in den Elbaltwässern des Gebietes um Luther- Der Zwergwels besiedelt als anspruchsloser, nachtak- stadt-Wittenberg bereits „zentnerweise“ gefangen tiver Grundfisch vor allem stehende und langsam (Bauch 1958). Besonders in der Altwasserkette des fließende Flachlandgewässer mit sandigem bis Klödener Riß wurde die Art wegen ihres Massenvor- schlammigem Grund. Im Gegensatz zum europäischen kommens erwähnt, während im Hauptstrom selbst Wels hat er 8 Barteln und eine charakteristische Fett- dieser Fisch nur selten gefangen wurde (Bauch 1958). flosse. Die Geschlechtsreife erreichen Zwergwelse bereits bei Größen unter 20 cm im Alter von 2 – 3 Auch heute zeigt sich die Verbreitung des Zwergwelses Jahren. Das Ablaichen erfolgt bei Wassertemperaturen in Sachsen-Anhalt ähnlich wie in den 1940er Jahren. zwischen 15 und 20 °C (Mai bis Juni). Mehrere Laich- So ist er in der Elbe zwischen Dessau und Pretzsch akte innerhalb einer Saison sind dabei möglich. Die sowie vor allem in den Altarmen und Altwässern weit froschlaichähnlichen Eiklumpen werden an vorher von verbreitet. Auch die Fließgräben und Entwässerungs- den Adulten besetzten Laichplätzen, wie überhängen- kanäle linksseitig der Elbe von der Schwarzen Elster- de Wurzeln, ins Wasser gefallene Äste und ähnlichen, mündung bis nach Dessau werden besiedelt. Auch im geschützten Plätzen angeklebt. Die Eizahl schwankt Flussgebiet der Schwarzen Elster selber kommt der je nach Größe der Rogner zwischen 500 und 3000

Welse Zwergwels (Ameiurus nebulosus)

188 Zwergwels (Ameiurus nebulosus)

Stück. Das Männchen und oft auch beide Elterntiere Fische in Europa hat man erkannt, dass ihre Einbürge- betreiben Brutpflege und verteidigen die Eier sowie rung ein großer Fehler war. Der Zwergwels hat bei uns die geschlüpften Jungfische gegen Fressfeinde und keine nennenswerten natürlichen Feinde. Die Fische andere Eindringlinge. So ist trotz geringer Eizahlen besitzen am Beginn der Rücken- und Brustflossen mit fast immer ein hoher Bruterfolg zu verzeichnen. Die Zähnen besetzte Stachelstrahlen, die sie bei Gefahr Inkubationsperiode dauert je nach Temperatur etwa aufrichten und abspreizen. Damit erwehren sie sich 6 – 9 Tage. Nach dem Schlupf und Erreichen der nicht nur gegen alle möglichen Fressfeinde sondern Schwimm- und Fressfähigkeit bilden die Jungfische verletzten und beschädigen beim Fang in Reusen auch dichte Schwärme und durchstreifen im ersten Sommer alle anderen mitgefangenen Fische. Der Zwergwels in großen Verbänden das Gewässer auf der Suche nach hat sich so im Mittelelbegebiet zu einem regelrechten Nahrung. Durch dieses Verhalten sind sie auch nach Fischereischädling entwickelt. Vor allem die Berufsfi- Entlassung aus der Obhut der Eltern gut gegen Feinde scherei wird durch diese Fischart stark beeinträchtigt. geschützt. Die größeren Fische sind omnivor (Alles- Auch in Hinsicht auf den Schutz einheimischer Arten fresser). Sie vertilgen Algen, Pflanzenmaterial und ist die Verbreitung dieses konkurrenzstarken Fremd- Detritus genauso wie Wirbellose, Laich und kleine fisches unerwünscht. In vielen Gewässern entwickeln ­Fische. Die kalte Jahreszeit verbringt die Wärme lie- sich periodisch immer wieder Massenpopulationen, bende Art in Winterstarre im Schlamm verborgen. die jahrelang den Fischbestand dominieren und an- Während der Zwergwels in seiner nordamerikanischen dere, weniger anpassungsfähige Arten verdrängen. Heimat bis 45 cm lang und über 1,5 kg schwer werden kann, sind bei uns nur selten Exemplare über 20 – 25 cm Da es sich beim Zwergwels um eine eingebürgerte Art Länge anzutreffen. Die Fische können unter optimalen handelt, kann der Gefährdungsmaßstab für boden- Bedingungen bis zu 9 Jahre alt werden. ständige Arten hier nicht zur Anwendung kommen. Nach der Naturschutzgesetzgebung gilt der Zwergwels jedoch in Deutschland als heimisch, weil er sich seit Gefährdungen/Schutzmaßnahmen Jahrzehnten selbständig vermehrt und ausbreitet. Die Art ist hoch invasiv und hat sich seit ihrer unüberlegten Der Zwergwels ist sowohl bei Berufs- als auch Angel- Einbürgerung vor über 100 Jahren zu einer regelrechten fischern nicht gern gesehen, weil er wegen der hier- Plage entwickelt. Eine Entfernung dieser extrem an- zulande meist geringen Größe nicht verwertbar ist. passungsfähigen Art aus unseren heimischen Gewäs- Bereits wenige Jahre nach dem Aussetzten der ersten sern wird aber wohl nicht mehr möglich sein. Welse

189 Zwergwels (Ameiurus nebulosus) Welse

190 Aal (Anguilla anguilla)

Aal (Anguilla anguilla)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt setzt sich nahezu in allen Gewässersystemen in Sachsen-Anhalt fort. In vielen Fließgewässern ist Der Aal kommt in Sachsen-Anhalt seit jeher in allen häufig auf kilometerlangen Abschnitten bei Elektro- Gewässern vor, die er über den Aufstieg von Elbe und befischungen kein Aal nachzuweisen. Das jährliche Weser her erreichen kann. Dabei ist anhand histori- Aalaufkommen der Berufsfischerei in Sachsen-Anhalt scher Quellen belegbar, dass er im Harz früher verein- beläuft sich seit Jahren konstant im Bereich um 4 t. zelt bis in Höhenlagen von etwa 300 m anzutreffen Dazu kommen schätzungsweise noch einmal 8 – 10 t war. Die höchsten Bestandsdichten erreichte der Aal Aalfänge der Angelfischerei. In den 1970er und 1980er jedoch im unmittelbaren Elbegebiet und den Unter- Jahren lagen dagegen allein die Aalerträge der Berufs- läufen der Elbenebenflüsse bis etwa Magdeburg. fischerei in Sachsen-Anhalt zwischen 20 und 30 t/Jahr. Oberhalb von Magdeburg nahm der Aalbestand dann Bauch (1958) schätzte den Aalertrag der Mittelelbe mit zunehmender Entfernung zum Meer allmählich auf dem Gebiet der ehemaligen DDR mit etwa 37 t ein. ab (Bauch 1958). Ein ähnliches Verbreitungsbild, wenn auch auf deutlich geringerem Bestandsniveau, zeigt Da der Aal eine große Bedeutung für die Berufs- und der Aal in Sachsen-Anhalt noch heute. Vorkommen in Angelfischerei hat, wird er vielfach in die Binnenge- abgeschlossenen Gewässern (z. B. Kiesbaggerseen) wässer eingesetzt. Der natürliche Aalaufstieg in das wurden in der Regel als Besatz eingebracht. Beim Elbeeinzugsgebiet und die Ostseezuflüsse ist in den Monitoring für die EU-Wasserrahmenrichtlinie konn- letzten Jahren bedrohlich zurückgegangen. Die Grün- te der Aal zwar in ca. 35 % aller befischten Gewässer de hierfür sind jedoch nicht eindeutig geklärt. nachgewiesen werden, allerdings immer nur in sehr geringer Anzahl bzw. oft auch nur als Einzelfund. Wenn man in Betracht zieht, dass der seit vielen Jahren zu- Biotopansprüche/Lebensweise rück gehende Aalbestand im Elbeeinzugsgebiet noch durch Besatzmaßnahmen gestützt wird, dann ist die Der Aal ist ein katadromer Wanderfisch, der im Süß- Situation alarmierend. Bei Befischungen in einmün- und Brackwasser zum geschlechtsreifen Fisch heran- denden Nebenflüssen der Elbe können Aale in nen- wächst und zum Laichen ins Meer zieht. Die Laichplät- nenswertem Umfang oft nur auf den ersten Kilome- ze des europäischen Aals liegen in der Sargasso-See tern oberhalb der Mündungen nachgewiesen werden. im Nordatlantik. Das Laichen erfolgt hier in den sub- In manchen Gegenden des Landes Sachsen-Anhalt tropisch warmen, oberen Wasserschichten (über 20 °C) (z. B. der Unterharz und das Harzvorland) lassen sich über großen Tiefen und ist bisher noch nicht direkt nur dort punktuell Aalbestände finden, wo durch beobachtet worden. Fest steht nur, dass die abgelaich-

Angelfischervereine Besatz erfolgte. Diese Tendenz ten Alttiere sterben. Die aus den Eiern schlüpfenden Aal

191 Aal (Anguilla anguilla)

Aallarven sind zunächst schlank und wandeln sich óó Vernichtung rückwandernder Blankaale in Turbinen dann nach kurzer Zeit in weidenblatt-förmige glashel- von Wasserkraftwerken, le Larven um, die passiv mit den Meeresströmungen verdriftet werden. Die Drift der Aallarven mit dem óó Verlust von Lebensräumen (z. B. durch Querverbau- Golfstrom von der Sargasso-See zu den europäischen ungen in Flüssen), Küsten dauert drei Jahre. Hier wandeln sie sich zu den immer noch durchsichtigen Glasaalen um und wan- óó hohe fischereiliche Sterblichkeit, dern dann aktiv im Frühjahr in die Flussmündungen ein. Die dunkle Pigmentierung erfolgt beim Eintritt óó starker Kormoranfraßdruck, ins Brack- und Süßwasser. Aus diesem sogenannten Steigaal wird dann beim Erreichen der entsprechenden óó klimatische Veränderungen und Änderungen der Wohngewässer der Gelbaal (gelber Bauch). Während Meeresströmungen. die Männchen klein bleiben (bis 45 cm) und vornehm- lich in den Flussmündungen verbleiben, werden die Die seit über zwei Jahrzehnten zurückgehenden Glas- weiter ins Binnenland einwandernden Weibchen bis aale auf nur 5 – 10 % früherer Mengen in den deutschen über 1 m lang. Nach 6 – 15 Jahren wandern die Aale als Flussmündungsgebieten hat bereits 1994 dazu ge- sogenannte Blankaale (silberner Bauch) zurück ins führt, dass der Aal in der Rote Liste der BRD als gefähr- Meer. Der Wanderweg aus den Flüssen zur Nordsee det eingestuft wurde. Auch in Sachsen-Anhalt wird nördlich um die Britischen Inseln herum und weiter der Aal in der Roten Liste geführt. bis zur Sargassosee hat eine Länge von über 6.000 km und erfolgt ohne jegliche Nahrungsaufnahme. Schutzmaßnahmen Soweit der natürliche Aalaufstieg gewährleistet ist, besiedelt diese im Hinblick auf die Wasserqualität Da die Rückgänge des Aalbestandes europaweit auf- relativ anspruchslose Fischart nahezu alle stehenden treten und schon seit ca. 20 Jahren anhalten, hat die und fließenden Gewässer. Bevorzugt werden aber EU 2007 eine Verordnung mit Maßnahmen zur Wie- sommerwarme, pflanzenreiche Gewässerzonen mit derauffüllung des Aalbestandes beschlossen. Alle sandigem bis schlammigem Grund. In ausgebauten EU-Staaten müssen danach Managementpläne auf- Gewässern werden Steinschüttungen, Faschinen und stellen und geeignete Maßnahmen zum Erhalt dieser ähnliche Strukturen bevorzugt als Unterstand ange- Art ergreifen. Ziel der Programme ist es, eine Abwan- nommen. Auch bei der Nahrungsaufnahme ist der Aal derung von mindestens 40 % der Blankaale zu errei- sehr anpassungsfähig. Das Spektrum reicht von Ben- chen. Wird dieser Prozentsatz nicht erreicht, sind die thos bis hin zu Fischen, Krebsen und Laich. In Abhän- Mitgliedsstaaten zu entsprechenden Schutzmaßnah- gigkeit von der Ernährungsweise wird zwischen men verpflichtet. Folgende Maßnahmen sind dabei Spitzkopfaal (Kleintierfresser) und Breitkopfaal (Raub- kurzfristig umsetzbar: fisch) unterschieden. óó Einstellen des Glasaalfanges zu Speisezwecken,

Gefährdungen óó Fangverbote bzw. Reduzierungen der Fangintensität bei Gelb- und Blankaalen, Obwohl in vielen Gewässern noch relative stabile Aalbestände vorhanden sind, darf nicht übersehen óó Mindestmaßerhöhungen, werden, dass diese überwiegend mit aufwendigen Besatzmaßnahmen erkauft wurden. Das natürliche óó Besatzmaßnahmen, Aalaufkommen (Glasaalaufstieg) ist seit vielen Jahren stark rückläufig. Die Ursachen sind komplexer Natur óó Stilllegung von Wasserkraftanlagen, Schutz abwan- und in ihrer Bedeutung schwer definierbar: dernder Blankaale vor Turbinen,

óó starker Glasaalfang für Speisezwecke an der spani- óó Verringerung des Kormoranbestandes, schen und französischen Küste, óó Beseitigung von Aufstiegshindernissen, Renaturie- óó Kontaminierung der Laichaale mit Schadstoffen, rung der Lebensräume.

óó starke Parasitierung der Laichaale mit einem ein- óó In Sachsen-Anhalt soll das Mindestmaß für den geschleppten Schwimmblasenwurm, Fang von Aalen von 45 auf 50 cm erhöht werden. Aal

192 Aal (Anguilla anguilla) Aal

193 Barsch (Perca fluviatilis)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt In den Flussästuaren bzw. im Brackwasser toleriert er Salzgehalte bis etwa 8 ‰. Die Ansprüche der Art an Der Barsch ist in nahezu allen Gewässern Sachsen- die Wasserqualität und den Lebensraum sind allge- Anhalts eine häufig vorkommende Fischart. Lediglich mein sehr gering. Daher ist er z. B. auch in Schifffahrts- in den Mittelgebirgsforellenbächen und kleineren kanälen und Talsperren eine der häufigsten Fischarten. Flüssen des Harzes fehlt er natürlicherweise. Verein- Bevorzugt werden aber klare Gewässer mit festem, zelte Nachweise beruhen hier meist auf Abschwim- sandigem bis steinigem Grund sowie Bereiche mit men aus anliegenden Teichen und Talsperren. Im geringerer Strömung und Unterständen. In neu ent- Flach- und Hügelland existieren häufig selbst in be- standenen Gewässern ist er oft eine der ersten Fisch- gradigten oder abwasserbelasteten Flüssen sowie in arten, die ohne menschliches Zutun auftreten. Hierfür ausstickungsgefährdeten Gewässern stabile Bestände. soll die Verfrachtung seines klebrigen Laichs durch Im Mittellandkanal, Elbe-Havel-Kanal und anderen Wasservögel verantwortlich sein. In manchen kleine- naturfern ausgebauten Gewässern ist der Barsch nach ren Gewässern neigen Barsche, ähnlich wie einige der Plötze die zweithäufigste Fischart überhaupt. Cypriniden, aufgrund ihres hohen Vermehrungspoten- tials zu kleinwüchsigen Massenbeständen (Verbut- tung). Hiergegen hilft nur eine konsequente Entnahme Biotopansprüche/Lebensweise aller gefangenen Barsche, gezielte Befischung sowie eine Förderung geeigneter Raubfische (Hecht oder Der Barsch ist ein äußerst anpassungsfähiger Stand- Zander je nach Gewässertyp). fisch stehender und größerer fließender Gewässer sowohl des Flachlandes als auch der etwas höheren Die Geschlechtsreife erlangen Barsche meist im Alter Lagen. Im Gebirge ist er bis zu einer Höhe von von 2 – 3 Jahren und bei einer Länge von 11 – 13 cm. Die 800 – 900 m zu finden, wobei er dann vornehmlich Vollreife der Rogner tritt gewöhnlich bereits nach Seen und Talsperren besiedelt. Auf niedrige pH-Werte Erreichen einer Wassertemperatur von etwa 6 °C ein. reagiert er ähnlich anspruchslos wie die Bachforelle. Das Laichen findet somit relativ früh im Jahr bei

Barschartige Barsch (Perca fluviatilis)

194 Barsch (Perca fluviatilis)

­Wassertemperaturen von 7 – 9 °C in den Monaten neben Fischen auch andere Nahrungsorganismen, März oder April statt. Die Eier werden in gallertartigen wie beispielsweise Krebse, auf. Erst sehr große Fische Laichbändern von bis zu 1 m Länge und 4 – 5 cm Brei- werden zu Einzelgängern. te abgelegt. Das Weibchen schwimmt dabei in kreis- förmiger Bewegung um im Wasser befindliche Wur- In größeren Seen kann es aufgrund der Vielgestaltig- zeln, Äste oder Felsbrocken herum und legt das keit des Lebensraumes und der Nahrungsressourcen Laichband u-förmig ab. In Schifffahrtskanälen dienen zur Herausbildung verschiedener Lebensstrategien die Steinpackungen der Uferflächen als Laichsubstrat. der Art kommen. Bekannt sind z. B. die bunten Kraut- Alle Eier eines Weibchens werden in einem einzigen barsche der Uferzonen, die hell-blassen Jagdbarsche kurzen Laichakt bzw. einem einzigen Laichband ab- des Freiwassers und die dunklen Tiefenbarsche. Ob- gegeben. Die Befruchtung erfolgt dabei oft durch wohl die meisten Barsche selten älter als 6 – 7 Jahre mehrere Männchen. Die Eizahl soll zwischen 20.000 und länger als 20 – 25 cm werden, können Einzeltiere und 200.000 Stück betragen, je nach Größe der Rog- unter optimalen Lebensbedingungen ein Alter von ner. Die Erbrütungsdauer erstreckt sich wegen der bis zu 21 Jahren, 60 cm Länge und 3 kg Körpermasse niedrigen Wassertemperaturen über einen Zeitraum erreichen. von ca. 2 – 3 Wochen. Die geschlüpften Larven leben nach Aufzehren des Dottersackes zunächst im Frei- wasser und ernähren sich von Zooplankton. Mit zu- Gefährdungen/Schutzmaßnahmen nehmender Größe bilden die Jungbarsche Schwärme aus, um tagsüber zu jagen. Barsche ab etwa 15 – 20 cm Der Barsch ist landes- und bundesweit nicht gefährdet. Länge werden zunehmend piscivor, nehmen aber Schutz- und Schonmaßnahmen sind nicht erforderlich. Barschartige

195 Barsch (Perca fluviatilis) Barschartige

196 Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt der Kaulbarsch in geringen Bestandsdichten oder vereinzelt anzutreffen. Eine Ausnahme stellt die Havel Kluge (1899, 1900) erwähnte den Kaulbarsch in der mit ihren Nebengewässern dar, wo der Kaulbarsch fast Mittelelbe noch als häufig, während Bauch (1958) die überall regelmäßig bis häufig zu finden ist. Außerhalb Art später als sehr selten einstufte und lediglich für der großen Flussniederungen ist die Art im Land den Elbeabschnitt unterhalb der Havelmündung häu- Sachsen-Anhalt nur sporadisch vertreten, wie z. B. im figere Fänge angab. Zur politischen Wende zeigte sich Süßen See oder Arendsee. Während in einzelnen Ge- in der Elbe für den Kaulbarsch ein ähnliches Verbrei- wässern Bestände erlöschen (z. B. Stausee Bone), tungsbild wie noch bei Bauch (1958), doch mit der taucht die Art in anderen Gewässern plötzlich auf. So zunehmenden Wassergüteverbesserung in den letzten breitet sich der Kaulbarsch gegenwärtig in einigen zwei Jahrzehnten hat sich der Kaulbarschbestand im Talsperren des Ostharzes (Rappbodetalsperre, Talsper- Elbegebiet wieder deutlich erholt. So beschrieben re Königshütte) und auch im Stausee Kelbra aus. Nach bereits Brunken & Brümmer (1993) den Kaulbarsch Kottelat & Freyhof (2007) sind die Bestände mit der unterhalb der Havelmündung auf den Sandbänken in Eutrophierung der Gewässer europaweit allgemein der Stromelbe als zahlenmäßig dominierende Art. zunehmend. Auch in den angebundenen Nebengewässern unter- halb Werbens waren Kaulbarsche häufig vertreten. Oberhalb der Havelmündung dagegen nehmen die Biotopansprüche/Lebensweise Bestandsgrößen allmählich ab, um sich auf ein relativ niedriges Niveau einzupegeln. Trotzdem kann die Art Der Kaulbarsch bewohnt vor allem große Fließgewäs- aber in der gesamten Elbe, einschließlich der Altarme ser, eutrophe Seen und Flussmündungsgebiete. In den und Altwässer sowie einigen Vorlandseen, nachgewie- vom Tidenhub geprägten, trüben Flussästuaren ist er sen werden. Auch in den meisten Nebenflüssen der eine der Leitfischarten („Kaulbarsch-Flunder-Region“). Elbe (Saale, Mulde, Schwarze Elster, Ohre, Tanger) sowie Er toleriert hier Salzgehalte von 10 – 12 ‰ und besetzt in großen Schifffahrtskanälen in Sachsen-Anhalt ist so eine Nische, wo viele Süßwasserarten nicht mehr

Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua) Barschartige

197 Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua)

und Salzwasserarten noch nicht vorkommen. Daneben Tapetum lucidum, einer speziellen Struktur im Augen- können aber auch die verschiedenartigsten, mehr oder hintergrund, die bei Dunkelheit und trübem Wasser weniger stark eutrophierten Gewässer kleinerer Grö- das Sehvermögen erhöht. Die Nahrung des Kaulbar- ßenordnungen besiedelt werden, was den Kaulbarsch sches besteht vorwiegend aus kleinen Benthosorga- als recht anpassungsfähigen Fisch kennzeichnet. Be- nismen. In den Flussästuaren und großen brackigen vorzugt werden gewöhnlich schwach strömende, Küstenseen und Haffen können Kaulbarsche jedoch pflanzenfreie Bereiche mit weichen Bodensubstraten auch pelagisch leben und sich von Zooplankton und bewohnt. In der Mittelelbe sind Kaulbarsche meist an kleinen Fischen ernähren. In großen, tiefen Seen (wie Stellen mit Sandgrund zu finden. z. B. dem Arendsee), wo der Kaulbarsch zusammen mit dem Barsch vorkommt, besiedeln Kaulbarsche ge- Die Geschlechtsreife erlangen Kaulbarsche im Alter wöhnlich die tiefsten Gewässerbereiche und Barsche von 1 – 3 Jahren, die Männchen gewöhnlich 1 Jahr frü- die höher gelegenen Wasserschichten. Auf diese Art her als die Weibchen. Zum Laichen finden sich die und Weise gehen sie der direkten Konkurrenz aus dem ­Fische bereits im zeitigen Frühjahr zu Schwärmen Weg. Kaulbarsche werden in Binnengewässern ge- zusammen. Die Laichablage beginnt bei uns meist im wöhnlich nicht viel größer als 12 – 15 cm. Bei guten April bei Wassertemperaturen zwischen 8 und 10 °C Bedingungen, insbesondere im Brackwasser der Fluss- und kann sich bis zu einem Monat hinziehen. Die mündungen, können sie jedoch bis knapp über 20 cm meisten Weibchen laichen vermutlich in 2 – 3 zeitlich Länge erreichen. Das Maximalalter dieser Kleinfische versetzten Portionen ab. Die Eier der ersten Laich­ liegt bei den Weibchen etwa bei 10 Jahren, bei den phase sind gewöhnlich größer als die der nachfolgen- Männchen bei 7 Jahren. den zweiten Portion. In Hinsicht auf das Laichsubstrat bestehen keine deutlichen Präferenzen. Die Eier wer- den unmittelbar nach der Abgabe ins Wasser extrem Gefährdungen klebrig und bleiben in gallertartigen Klumpen an den Bodenstrukturen haften (z. B. Steinen, Wurzeln, Ästen, Der Kaulbarsch gilt als sehr robuste, anspruchslose Pflanzenteilen). Ihre Anzahl kann bei großen Weibchen Art. Seitdem sich die Wassergüte in den meisten Ge- 50.000 – 100.000 Stück betragen. Die Erbrütungs­dauer wässern unseres Landes verbessert hat, ist die Art in beträgt vermutlich 8 – 12 Tage. Die höchsten Über­ Sachsen-Anhalt nicht mehr gefährdet. Die in manchen lebensraten von Eiern und Brut sind im Temperatur- Gewässern zu beobachtenden Bestandsschwankun- bereich zwischen 10 und 20 °C zu verzeichnen. Nach gen beruhen überwiegend auf unterschiedlich starken dem Schlupf durchlaufen die Larven nur eine ver- Jahrgängen und Konkurrenzbeziehungen zu anderen gleichsweise kurze pelagische Phase und gehen schon größeren Fischen bzw. Fressfeinden (z. B. Zander). bald zur benthischen Lebensweise über. Sie schließen sich auch als Jungfische nicht zu Schwärmen zusam- men, sondern leben als Einzelgänger versteckt und Schutzmaßnahmen nacht- bzw. dämmerungsaktiv. Zur Orientierung in der Dunkelheit verfügen Kaulbarsche über ein beson- Spezielle Schutzmaßnahmen für die Art sind gegen- ders empfindliches Seitenlinienorgan sowie über das wärtig nicht erforderlich. Barschartige

198 Kaulbarsch (Gymnocephalus cernua) Barschartige

199 Zander (Sander lucioperca)

Zander (Sander lucioperca)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt fahrtskanälen sowie in nahezu allen größeren, eutro- phen Standgewässern im Land Sachsen-Anhalt (z. B. Nach Spieß et al. (1994) gehört der Zander eigentlich Muldestausee, Süßer See). In Kiesbaggerseen, Tage- nicht zum ursprünglichen Arteninventar der Elbe. Dem baurestlöchern und Gebieten, wo die Art ursprünglich widersprechen jedoch zahlreiche andere Angaben nicht vorkam (Harz), wurde dieser begehrte Nutzfisch (Kottelat & Freyhof 2007, Diercking & Wehrmann durch Besatzmaßnahmen der Angelfischervereine 1991, Kluge 1900). So hat Hesselius (zit. in Diercking angesiedelt. & Wehrmann 1991) bereits 1675 den Zander als Nutz- fisch der Elbe erwähnt. Nach Kluge (1900) war der Zander einer der begehrtesten Fische für die Stromfi- Biotopansprüche/Lebensweise scher an der Mittelelbe im Magdeburger Gebiet über- haupt. Allerdings kam der Zander in den früher klaren Dieser großwüchsige Raubfisch (bis ca. 1 m lang, 10 kg Flüssen bei weitem nicht so häufig vor wie heute und schwer, 16 Jahre alt) bevorzugt nährstoffreiche größe- fiel im Vergleich zum Hecht in den Fangerträgen weit re Seen mit geringen Sichttiefen sowie große Flüsse weniger ins Gewicht. Als typischer Fisch der Flussun- und Flussästuare. Hier hält er sich mit Vorliebe in den terläufe und Ästuare, der sehr gut Brackwasser bis ca. Tiefen der Freiwasserzone (in Seen) und über hartem 8 ‰ Salzgehalt toleriert, ist er erst mit der zunehmen- Grund (in Flüssen) auf. Der Zander ist hervorragend den Eutrophierung und Eintrübung der Flüsse auch in an trübe Gewässer mit geringer submerser Flora an- den Mittelläufen häufiger geworden. Im Rahmen der gepasst, in denen seine Nahrungskonkurrenten Hecht Fischartenkartierung konnte festgestellt werden, dass und Barsch weniger gute Lebensbedingungen vor­ der Zander heute im gesamten Verlauf der Elbe sowie finden. Aber auch in relativ klaren Seen können sich den Unterläufen ihrer großen Nebenflüsse im Land größere Zanderbestände entwickeln, sofern die Mög- Sachsen-Anhalt vorkommt. Auch in den großen Altar- lichkeit besteht, tagsüber in wenig belichtetete Tie- men und Altwässern der Flussauen ist er verbreitet zu fenzonen auszuweichen. Seine Beutefische jagt er finden. In der Elbe selbst nimmt der Zanderbestand meist in kleinen Trupps. Bevorzugt werden Kleinfisch- allerdings mit der zunehmenden Wassergüteverbes- arten des Freiwassers wie Stint und Ukelei, aber auch serung seit einigen Jahren wieder leicht ab und zwar Barsch, Plötze und jüngere Artgenossen. Bei der Nah- in dem Umfang, wie die Hechtbestände zunehmen. rungssuche orientiert sich der Zander vorwiegend

Barschartige Stabile Zanderpopulationen gibt es auch in den Schiff- durch den Geruchssinn. Deshalb ist er in trübem

200 Zander (Sander lucioperca)

Wasser gegenüber den optisch orientierten Arten, wie ratur dauert sie meist 4 – 6 Tage. Die winzige, unpig- dem Hecht, deutlich überlegen. Zusätzlich wird durch mentierte Brut ist beim Schlupf nur ca. 5 mm lang das Tapedum lucidum – einer speziellen Struktur im und zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Die Überle- Augenhintergrund – bei Dunkelheit und trübem Was- bensraten sind oft äußerst gering und hängen stark ser das Sehvermögen erhöht. Die Anpassungsfähigkeit von den herrschen Wassertemperaturen und dem des Zanders an für ihn weniger geeignete Lebensbe- Nahrungsangebot beim Beginn der exogenen Ernäh- dingungen ist nicht sehr groß. rung bzw. während des ersten Sommers ab. Der Dottersack wird je nach Temperatur innerhalb von Die Geschlechtsreife erreichen die meisten Zander im 7 – 10 Tagen aufgezehrt. Die aktive Nahrungsaufnah- Alter von etwa 3 – 4 Jahren und bei Längen von etwa me beginnt zwischen dem 6. und 7. Lebenstag. Die 35 cm (Männchen) bis 44 cm (Weibchen). Die Fortpflan- Nahrung der Larven besteht zunächst aus kleinstem zung erfolgt bei uns meist im Monat Mai bei bevor- tierischem Plankton (Rotatorien, Cladocerenlarven, zugten Wassertemperaturen von 14 – 16 °C. In der Elbe Copepoden). Später werden dann zunehmend größere­ wurde nachgewiesen, dass die Zander meist noch im Planktonorganismen (Daphnien, Glaskrebschen) und Bereich ihrer Überwinterungsstandorte, also in den Zoobenthos, wie Larven von Zuckmücken und Eintags- Altarmen und Häfen, ablaichen und erst danach in den fliegen, gefressen. Der Übergang zur Ernährung durch Hauptstrom ziehen. Das Ablaichen erfolgt immer Kleinfische findet meist zum Ende des ersten Lebens- paarweise an Hartsubstraten bzw. auf hartgründigen sommers statt. Im Gegensatz zum Hecht ist der Gewässerpartien in 1 – 3 m Tiefe. Zuerst erscheinen die Zander auch im höheren Alter vornehmlich auf kleine, Männchen an den Laichplätzen und besetzen ein spindelförmige Beutefische angewiesen. Selbst große geeignetes Revier. Bevorzugt werden Stellen mit Wur- Zander von 60 – 70 cm Länge fressen meist nur kleine zel- oder Astwerk als Laichplatz genutzt; in Flüssen Fische bis etwa 20 cm Länge. Darüber hinaus bevor- auch Stellen mit Sand- oder Kiesgrund. Das Männchen zugen sie bestimmte, schlanke Arten, die sie gut säubert durch Schwanzschläge das Laichsubstrat und schlucken können. Die für den Zander greifbaren betreibt später in geringem Umfang Brutpflege. Die Beutefische bestehen somit nur aus einigen wenigen Eiablage erfolgt gewöhnlich während der Nacht bzw. Jahrgängen und Arten. Das ist auch der Grund dafür, Morgendämmerung. Die Eier eines Weibchens reifen warum sich von Angelvereinen ausgesetzte Zander gleichzeitig und werden in einer einzigen Nacht (in- in manchen trüben Gewässern, die von hochrückigen nerhalb von 1 – 6 Stunden) abgegeben. Die relative Blei-, Güster- und Giebelbeständen dominiert werden, Eizahl beträgt ca. 150.000 – 200.000 Stück/kg Körper- nicht entwickeln. gewicht. Das Weibchen verlässt unmittelbar nach der Eiablage das Nest, wogegen das Männchen die Eier gewöhnlich noch 5 – 8 Tage (mindestens bis zum Gefährdungen/Schutzmaßnahmen Schlupf) bewacht und mit den Brustflossen frisches Wasser zuwedelt. Da die klebrigen Eier beim Fehlen Eine Gefährdung des Zanders besteht gegenwärtig von geeignetem Ast- und Wurzelwerk stark verklum- nicht. Aus fischereiwirtschaftlichen Gründen bestehen pen und leicht verpilzen, sind die Erbrütungsverluste in Sachsen-Anhalt für den Zander eine Artenschonzeit manchmal enorm hoch. Die Erbrütungsdauer der Eier vom 15. Februar bis 31. Mai sowie ein Mindestmaß von ist temperaturabhängig. Bei 15 – 16 °C Wassertempe- 50 cm. Barschartige

201 Zander (Sander lucioperca) Barschartige

202 Westgroppe (Cottus gobio)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt auch in umgekehrter Richtung, da die Oberläufe im Harz versauert sind und sich die Westgroppen hier in Die Westgroppe ist neben der Bachforelle eine charak- wenigen Reliktpopulationen in Nebenbächen im teristische Fischart der Mittelgebirgsforellenregion Harzvorland erhalten haben. So wurde die Ilse einzig des Harzes. Sie geht hier aber nicht ganz so weit die von der Stimmecke her wiederbesiedelt. Mittlerweile Bachoberläufe hinauf wie die Bachforelle, wahrschein- sind die Westgroppen hier flussaufwärts bis knapp lich weil sie empfindlicher gegenüber der Gewässer- unterhalb Osterwieck vorgedrungen, wo die weitere versauerung ist. Man findet die Westgroppe demzu- Ausbreitung dann durch unpassierbare Wehre be- folge überwiegend in den mittleren Lagen der grenzt wird. Die Wiederausbreitung der Westgroppe Harzflüsse und -bäche sowie mit geringerer Häufigkeit geht sehr viel langsamer vonstatten als etwa bei auch im Harzvorland. Aktuelle Nachweise liegen z. B. Bachforelle, Bachneunauge oder Elritze. Das ist auch aus folgenden Harzflüssen vor: Bode (mit Kalter Bode, der Grund, warum in vielen ehemals besiedelten Ge- Warmer Bode, Rappbode und Luppbode), Wipper, Alter wässern heute noch keine Vorkommen zu verzeichnen Wipper, Selke (mit Uhlenbach und Krebsbach), Helme, sind. Aktuell liegen aber Neunachweise aus dem Thyra, Leine (einschließlich Nasse), Zillierbach und Helmeeinzugsgebiet vor. So wurden 2007 in der Gon- Holtemme (nur Stadtgebiet Wernigerode), Ilse, Ecker na und 2009 in der Rohne erstmals Westgroppen (nur Harzvorland), Oker sowie Behre. Die ursprünglich gefangen. Außerdem gelang 2003 im Goldbach bzw. weite Verbreitung der Westgroppe in diesen Flusssys- 2004 in der Eine ein Erstnachweis. Außerhalb des temen im Harzvorland war zur Wendezeit bis auf einen Harzes/Harzvorlandes liegen für das gesamte Land kleinen Reliktbestand in der Stimmecke ausgerottet. Sachsen-Anhalt nur einige wenige Einzelnachweise Mittlerweile hat sich die Art in den meisten Harzvor- von Westgroppen aus der Aga (Weiße Elstersystem) landflüssen bis zur Äschenregion wieder ausgebreitet, vor. Diese Fische stammen aus einem Wiedereinbür- so z. B. in der Bode bis oberhalb von Quedlinburg oder gerungsversuch (Herkunft Bode), wobei bislang der in der Helme bis Öberröblingen. Bei einigen Harzflüss- Nachweis des dauerhaften Erfolges dieser Besatzmaß- chen wie Ecker oder Ilse verläuft die Wiederbesiedlung nahme (selbständige Rekrutierung) noch aussteht. Ein

Westgroppe (Cottus gobio) Groppen

203 Westgroppe (Cottus gobio)

individuenarmes Reliktvorkommen im Gutschbach chende Versteckmöglichkeiten zwischen Steinen. In (Zufluss zum Biberbach), das 1992 entdeckt wurde, ausgebauten, monotonen Gewässern verschwindet scheint mittlerweile erloschen zu sein, da trotz mehr- die Art oft innerhalb kurzer Zeit. Geschlechtsreif wer- maliger Nachsuche keine Westgroppen mehr gefun- den Groppen meist im Alter von 2 – 3 Jahren. Die den werden konnten. Laichzeit fällt bei uns in die Zeit von April bis Mai. Die Eiablage erfolgt gewöhnlich beim Erreichen einer Zur historischen Verbreitung der Westgroppe im Land Wassertemperatur von 11 – 12 °C in einem Schub. Dabei Sachsen-Anhalt gibt es, abgesehen vom Harz (von dem werden die klebrigen Eier in Ballen oder kompakten Borne 1883) nur spärliche Angaben. Als sicher gelten Klumpen von unten an hohl liegende Steine oder in nach Zuppke (1993) und Unruh (1997) frühere Grop- kleinen Felshöhlen angeheftet. Die Eizahl beträgt ca. penvorkommen in Zuflussbächen der Weißen Elster im 200 – 700 Stück pro Rogner. Das Männchen bewacht Zeitzer Hügelland (Aga, Gänsebach, Gutenbornbach). die Eier während der Brutphase. Ein starkes Männchen Die Ausrottung des letzten Reliktbestandes in diesem kann dabei die Gelege mehrerer, von ihm begatteter Gebiet wurde durch Unruh (1984, 1997) dokumentiert. Weibchen betreuen. Während der Zeit der Paarung Ob die typischen Niederungsforellenbäche, z. B. der und Brutpflege nehmen die Männchen keine Nahrung Altmark oder des Flämings, wie oft behauptet (z. B. auf und können dann bis zu 20 % ihres Körpergewichts Högel 1992), jemals Groppenbestände beherbergten, verlieren. Die Eier benötigen bei 12 – 14 °C etwa 4 – 5 ist zweifelhaft. Am wahrscheinlichsten scheint das noch Wochen bis zum Schlupf. Der Dottersack der frisch für die Flämingbäche zwischen Zahnabach und Nuthe geschlüpften Brut ist nach 4 – 6 Tagen aufgezehrt und zu sein, da hier verschiedene Hinweise vorliegen. Exak- die Larven gehen dann zur aktiven Ernährung über. te Belege durch namhafte Untersucher oder Literatur- Während sich die Jungfische zwischen kleineren Sub- quellen existieren aber nicht. Allerdings erwähnten stratgrößen verstecken (2 – 5 cm Korndurchmesser), sowohl Kluge (1899, 1900) als auch Jürgens (1939) benötigen die älteren Jahresklassen zunehmend früher das vereinzelte Auftreten von Westgroppen am gröbere Fraktionen (bis zu 20 – 30 cm). Das Maximal- Krakauer Wasserfall in der Alten Elbe bei Magdeburg. alter der Kleinfische liegt bei etwa 8 Jahren. Die meis- Beide führten diese Fänge, genau wie bei der Elritze, ten Groppen nehmen 2 bis höchsten 3 Mal am Laich- auf das Zuschwimmen aus oberhalb liegenden Elbezu- geschäft teil und unterliegen bereits im Alter von 4 – 5 flussbächen zurück. Sehr bemerkenswert ist in diesem Jahren einer erhöhten Sterblichkeit. In den kühlen Zusammenhang der Nachweis von zwei Westgroppen Harzbächen werden die meisten Westgroppen nur im Oktober 2008 in der Elbe bei Belgern (km 140 – 148,6) 6 – 8 cm lang. In nahrungsreichen Niederungsbächen auf sächsischem Gebiet nur ca. 30 km oberhalb der können die Fische aber auch auf Größen von 10 – 12 cm Landesgrenze durch die ehemalige Wassergütestelle Länge abwachsen. Elbe und ein weiterer Nachweis in der Elbe bei Mockritz nur ca. 5 km oberhalb der Grenze nach Sachsen-Anhalt (Füllner et al. 2005). Die nächsten Vorkommen im Elbe- Gefährdungen einzugsgebiet befinden sich nämlich erst ca. 80 km stromauf im Raum Dresden. Bei der Westgroppe wirken dieselben Gefährdungsur- sachen wie bei anderen empfindlichen Arten der Salmonidenregion (siehe unter: Bachforelle, Elritze, Biotopansprüche/Lebensweise: Bachneunauge). Das sind vor allem vielfältige Struk- turverluste durch Wasserbau- und Gewässerunterhal- Die Westgroppe ist eine typische Kleinfischart rasch tungsmaßnahmen, Abwasser-, Sediment- und Nähr- fließender, sommerkühler Bäche und Flüsse der Forel- stoffbelastungen, Verstopfungen des Lückensystems len- und Äschenregion mit grobkiesigen bis steinigen durch Schlamm und andere Schwebstoffe, Versaue- Bodensubstraten. Im Gebirge und in Nordeuropa rung und Verockerung von Gewässern. Die Westgrop- werden auch Seen besiedelt und selbst in ausgesüßten pe gilt als eine der empfindlichsten einheimischen Küstenbereichen der nördlichen und nordöstlichen Fischarten überhaupt und ist ein sicherer Indikator für Ostsee sind Vorkommen bekannt. Als nachtaktiver saubere, salmonidentaugliche Fließgewässer. Bodenfisch ernährt sich die Westgroppe von Insekten- larven und anderen Boden bewohnenden Wirbellosen. Die Ansprüche an die Wasserqualität und den Lebens- Schutzmaßnahmen raum sind sehr hoch. Auf Verschmutzungen und Ver- sauerung des Wassers reagiert sie sehr empfindlich. Die wichtigste Schutzmaßnahme ist der Erhalt natur- Das Habitat muss eine abwechselungsreiche Morpho- naher Bach- und Flusshabitate. Nur wenn Sedimente logie aufweisen, da die einzelnen Altersklassen unter- unterschiedlichster Korngrößen (2 – 20 cm Durch­ schiedliche Ansprüche an Substratkorngrößen und messer) und wechselnde Strömungsgeschwindig­

Groppen Fließgeschwindigkeiten stellen. Wichtig sind ausrei- keiten von ca. 0,2 – 1,0 m/sec (Kolk-Rauschenstruktur)

204 Westgroppe (Cottus gobio) engräumig im Gewässerverlauf vorhanden sind, fin- Maße Vorbeuge getroffen werden. Besonderen Schut- det die Art ausreichende Laich- und Wohnsubstrate. zes bedürfen die Reliktpopulationen einzelner Fluss- ­Unterhalb von Teichen und Talsperren muss die Ver- syteme, da von diesen eine Wiederbesiedlung der schlammung und Versandung von Kies- und Schotter- zahlreichen verödeten Gewässer ausgehen kann. flächen vermieden werden. In Hinsicht auf die Was- Außerdem sind sie eine wichtige Bezugsquelle von serqualität sollte die Güteklasse I – II angestrebt Besatzfischen für Wiedereinbürgerungsprojekte. In werden. Zur Wiederbesiedlung ehemals verödeter diesem Zusammenhang ist ein Schutz durch die Aus- Flussbereiche ist die ökologische Durchgängigkeit der weisung von Laichschongebieten möglich. Gewässer auch für Kleinfischarten unabdingbar. Im Harz stellt örtlich die Gewässerversauerung ein großes In Sachsen-Anhalt besteht für die Westgroppe ein Problem dar. Hier kann nur durch Förderung standort- ganzjähriges Fangverbot. Die Art ist im Anhang II der gerechter Ufergehölze (keine Fichten) in gewissem FFH-RL aufgelistet. Groppen

205 Westgroppe (Cottus gobio) Groppen

206 Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Vom Dreistachligen Stichling gibt es außer der stati- onären Binnenform auch noch eine anadrome Wan- Die vielzähligen Nachweise vom Dreistachligen Stich- derform, die im Winter und zeitigen Frühjahr in großen ling verdeutlichen eine nahezu flächendeckende Schwärmen aus der Nordsee bzw. dem Brackwasser Verbreitung dieser Art im Land Sachsen-Anhalt. Ledig- der Elbmündung in die Elbe zum Laichen aufsteigt. Ob lich die höheren Lagen des Harzes, hierbei insbeson- diese Wanderstichlinge auch das Elbwehr Geesthacht dere die Mittelgebirgsforellenbäche werden nicht überwinden und bis in das ­Elbegebiet des Landes besiedelt. Der Dreistachlige Stichling ist vor allem in Sachsen-Anhalt vordringen, ist bislang nicht unter- kleinen Gräben und meist auch in abwasserbelasteten sucht worden. Wahrscheinlich ist dies wohl eher nicht Fließgewässern der Niederung zu finden, in denen oder nur ausnahmsweise der Fall. andere Fischarten kaum vorkommen. Oft ist die Art einzig mit dem Neunstachligen Stichling vergesell- schaftet. In großen Gewässern, insbesondere wenn Biotopansprüche/Lebensweise sie zahlreiche andere Arten beherbergen, fehlen Stich- linge dagegen häufig. In den intensiv landwirtschaft- Der Dreistachlige Stichling ist ein äußerst euryöker und lich genutzten, gewässerarmen Gebieten (z. B. Mag- euryhaliner Kleinfisch, dessen bevorzugter Gewässer- deburger Börde), die meist stark beeinträchtigte, lebensraum kaum zu definieren ist. Die anadrome naturfern ausgebaute Gräben und Fließe aufweisen, Wanderform im Meer bevorzugt in der Regel den sind die beiden Stichlingsarten häufig die einzigen Küstensaum sowie die brackigen Bereiche der Ästuare und letzten Vertreter der einheimischen Fischfauna. und Flussmündungen. Im Süßwasser werden vor allem Da der Dreistachlige Stichling Salzgehalte bis über artenarme kleine Bäche und Rinnsale bevorzugt. So ist 30 ‰ toleriert, ist er in einigen salzbelasteten Gewäs- der Stichling z. B. nicht selten als Begleitfisch der Bach- sern der Börde, des Salzlandkreises und des Saalekrei- forellen in naturnahen Niederungsforellenbächen ses (z. B. Sülze, Schrote, Schlenze) oft die einzig vor- anzutreffen, andererseits jedoch auch oft in Sekundär- kommende Art. lebensräumen wie Meliorationsgräben und anderen

Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus) Stichlinge

207 Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus)

begradigten Bächen und kleinen Flüssen. Frisch aus- vorwiegend durch kleine Wirbellose wie Insekten­ gebaute Gewässer werden häufig zuerst vom Drei­ larven und Kleinkrebse, zum Teil werden auch Laich stachligen Stichling wiederbesiedelt, der dann beim und Brut anderer Arten gefressen. Die Maximalgröße Fehlen anderer Arten zu enormen Massenentwicklun- liegt im Süßwasser bei etwa 6 – 7 cm Länge. Ein adul- gen neigt. Das Brutaufkommen dieser kurzlebigen Art ter Stichling von 5 cm Länge wiegt etwa 2 g. kann jedoch von Jahr zu Jahr stark schwanken. In Ge- wässern mit großem Arteninventar fehlt der Dreistach- lige Stichling dagegen oft bzw. ist nur in sehr geringen Gefährdungen/Schutzmaßnahmen Bestandsdichten vertreten. Trotzdem können aber immer wieder auch in großen Seen sowie großen Aufgrund der weiten Verbreitung und der großen Flüssen und Strömen bei Fischbestandserfassungen Anpassungsfähigkeit besteht bundesweit keine Ge- einzelne Stichlinge gefangen werden. fährdung des Dreistachligen Stichlings. Schutz- und Schonmaßnahmen sind daher nicht erforderlich. Die etwas schneller wachsende, anadrome Wander- form wird gewöhnlich nach zwei Jahren Aufenthalt im Meer geschlechtsreif, die Binnenform bereits nach Besondere Anmerkungen einem Lebensjahr. Die Männchen zeichnen sich durch ein farbenprächtiges Laichkleid mit grell orange bis Bereits seit langem sind verschiedene Phänotypen des rot gefärbtem Bauch und blau-grünen Flanken und Dreistachligen Stichlings bekannt, die sich nicht nur Augen aus. Sie besetzen streng bewachte Territorien, in der Körperfärbung und Körperform sondern vor in denen sie im flachen Wasser aus Pflanzenmateri- allem durch die Anzahl und Ausbildung der äußeren al (bevorzugt Fadenalgen) am Boden ein ca. 10 x 14 cm Knochenschilde (insbesondere der Lateralplatten des großes Nest errichten. Die Pflanzenteile werden Rumpfes und des Schwanzstiels) differenzieren. So dabei mit einem klebrigen Sekret verbunden, das unterschied Paepke (1983) bei Gasterosteus aculeatus durch die Nieren produziert und über den Harnleiter die vollständig beschilderte trachus-Form (mit 29 – 35 ausgeschieden wird. Das Laichen erfolgt bei Wasser- Knochenschilden), eine weniger stark beschildete temperaturen über 12 °C. Für die Fortpflanzung ver- semiarmatus-Form sowie die schwach beschildete sucht das Männchen nacheinander verschiedene leiurus-Form, bei der die seitlichen Knochenschilde des laichbereite Weibchen ins Nest zu locken und zur Schwanzstiels, der sogenannte Caudalkiel, ganz fehlen. Eiablage zu bewegen. Während die Weibchen der Man nahm deshalb an, dass es sich beim Dreistachli- anadromen Wanderform ihre Eier stets in einem gen Stichling um eine polymorphe Art handelte, die einzigen Laichakt abgeben, scheint bei den Süßwas- sich je nach Verbreitung und Art der Wohngewässer serpopulationen auch ein portionsweises Laichen im Aussehen unterschied. Unter anderem wurde lan- möglich zu sein. In jedem Fall erstreckt sich die ge- ge Zeit vermutet, dass mit höheren Salzgehalten auch samte Laichperiode bei der Süßwasserform über ei- die Anzahl der lateralen Knochenplatten steigt. Paep- nen längeren Zeitraum. Die durchschnittliche Eizahl ke (1983) wies jedoch bereits nach, dass im Binnenland eines Weibchens liegt bei etwa 80 – 100 Stück. Das voll beschildete Stichlingsbestände (trachus-Form) Weibchen verlässt unmittelbar nach dem Laichakt östlich der Oder immer mehr zunehmen und letztlich das Nest, wogegen das Männchen Brutpflege betreibt dominieren und westlich der Elbe fast nur noch leiurus- und das Gelege bis zum Schlupf bewacht. Zudem Formen ohne Caudalkiel zu finden sind. Das Gebiet fächelt es durch Flossenbewegungen dem Gelege der früheren DDR befand sich dabei genau im Über- frisches Wasser zu. Die Inkubationszeit beträgt etwa lappungsbereich, in dem alle drei Wuchsformen zu 7 – 8 Tage. Während die anadromen Wanderstichlinge finden waren. Im westlichen Landesteil (z. B. Harzvor- gewöhnlich nach dem ersten Laichgeschäft sterben, land) konnten dabei fast ausschließlich leirus-Formen können die Süßwasserstichlinge auch mehr als eine ohne Caudalschilder gefunden werden. Laichsaison erleben. In der Regel werden Dreistach- lige Stichlinge nicht älter als 3 V Jahre. Unter den Nach Kottelat & Freyhof (2007) beruhen nun diese einheimischen Süßwasserfischen ist der Dreistach- unterschiedlichen Wuchsformen bei Dreistachligen lige Stichling die einzige Art, deren Laich sowohl im Stichlingen darauf, dass in Europa mehrere Arten von reinen Süßwasser als auch im Meerwasser entwick- Stichlingen vorkommen sowie in den Überlappungs- lungsfähig ist. Die Stichlingslarven sind beim Schlupf zonen darüber hinaus auch Hybriden dieser Arten. etwa 7 mm lang und verbleiben bis zur Aufzehrung Es handelt sich somit nicht nur um phänotypische des Dottersacks im Nest. Auch nach Erreichen der Unterschiede, sondern auch um genetisch bedingte. Schwimmfähigkeit werden sie vom Männchen oft Sachsen-Anhalt liegt dabei genau im Überlappungs- noch einige Zeit bewacht. Die größeren Jungfische gebiet zweier Arten Gasterosteus aculeatus und bilden dann im Juli/August Schwärme, die dem Ein- ­Gasterosteus gymnurus. Deshalb können hier sowohl

Stichlinge zeltier mehr Schutz bieten. Die Ernährung erfolgt die reinen Arten als auch Hybriden vorkommen.

208 Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus)

­Gasterosteus gymnurus, der Westliche Dreistachlige westlich der Elbe in Sachsen-Anhalt vornehmlich die Stichling, wird dabei durch solche Fische repräsentiert, Art G. gymnurus zu erwarten ist sowie mit zunehmen- die keinen Caudalkiel haben und am Rumpf keine oder der Elbnähe auch G. aculeatus sowie vor allem Bastar- nur sehr wenige Knochenschilde (2 bis 8) aufweisen. de aus G. gymnurus und G. aculeatus. Da aber in unse- Es sind also die Stichlinge, welche früher unter dem rem Gebiet entsprechende Untersuchungen zur Synonym G. leiurus oder G. aculeatus leiurus beschrie- genauen Verbreitung beider dreistachliger Stichlings- ben wurden. Die südwestliche Verbreitungsgrenze von arten noch ausstehen, werden die sachsen-anhalti- G. aculeatus, dem Östlichen Dreistachligen Stichling, schen Stichlinge in diesem Verbreitungsatlas noch wird vermutlich durch die Elbe gebildet, weshalb einheitlich zu G. aculeatus gezählt. Stichlinge

209 Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus) Stichlinge

210 Neunstachliger Stichling (Pungitus pungitus)

Neunstachliger Stichling (Pungitus pungitus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt der Ausprägung des Caudalkiels unterscheiden. Der Westliche Neunstachlige Stichling (Pungitus laevis) In Anbetracht der großen Verbreitung des Dreistachli- weist genau wie der Westliche Dreistachlige Stichling gen Stichlings liegen für den Neunstachligen Stichling (Gasterosteus gymnurus) keinen Caudalkiel auf, woge- vergleichsweise deutlich weniger Daten für unser gen der (östliche) Eurasische Neunstachlige Stichling Bundesland vor. Der Hauptgrund hierfür ist nicht nur (Pungitus pungitus) genau wie der Östliche Dreistach- im geringeren Vorkommen zu sehen, sondern auch lige Stichling (Gasterosteus aculeatus) einen Caudalkiel darin, dass häufig bei Bestandserfassungen nur unzu- besitzen. Da sich aber die Verbreitungsgebiete der reichend zwischen Dreistachligem und Neunstachligem westlichen neunstachligen Art P. leavis und der östli- Stichling unterschieden wird. In verschiedenen Gebie- chen neunstachligen Art P. pungitus nur im Nordwes- ten (z. B. Großes Bruch) ist der Neunstachlige Stichling ten der Bundesrepublik berühren bzw. geringfügig ähnlich weit verbreitet wie der Dreistachlige; allerdings überschneiden, kann davon ausgegangen werden, dass meist in deutlich geringeren Bestandsdichten. Noch alle Neunstachligen Stichlinge in Sachsen-Anhalt zur mehr als der Dreistachlige meidet der Neunstachlige Art Pungitus pungitus gehören. Stichling große Gewässer mit einem umfangreichen Fischarteninventar. Er ist daher vor allem in kleinsten Weiterhin gibt es genau wie beim Dreistachligen Gräben, Quellbächen und anderen Gerinnen zu finden, Stichling auch vom Neunstachligen Stichling Popula- welche von anderen Fischarten nicht mehr besiedelt tionen, die im Brackwasser der Flussmündungen sowie werden können. Vielerorts lebt die Art in solchen „Ex­ im Salzwasser entlang der Küsten der Ostsee und der trembiotopen“ nur noch mit dem Dreistachligen Stich- westlichen Nordsee sowie der arktischen Küsten Sibi- ling vergesellschaftet. Im Land Sachsen-Anhalt kann riens leben. Nach Paepke (1983) soll die Salztoleranz von einer flächendeckenden Verbreitung dieser Klein- des Neunstachligen Stichlings aber weitaus geringer fischart im Flachland ausgegangen werden. Das Berg- sein als beim dreistachligen Vetreter. Das trifft vor land dagegen wird von der Art jedoch gemieden. allem für Eier und Brut zu. Deshalb vermutet Paepke (1983), dass Fische, die an der Meeresküste angetroffen Ähnlich wie bei den Dreistachligen Stichlingen gibt es werden, hauptsächlich aus den brackigen Flussmün- auch von den Neunstachligen Stichlingen in Europa dungen und Ästuren stammen. Trotzdem ist es er-

mehrere Arten, die sich insbesondere auch hinsichtlich staunlich, dass Neunstachlige Stichlinge in den vielen Stichlinge

211 Neunstachliger Stichling (Pungitus pungitus)

salzbelasteten Gewässern Sachsen-Anhalts nicht und auch die Männchen mehrmals hintereinander ähnlich weit verbreitet sind wie Dreistachlige Stich- Nester bauen, erstreckt sich die Laichzeit über einen linge. Vermutlich beruhen die Nachweislücken hier längeren Zeitraum (April bis August/September). eher auf die oben genannten Erfassungsfehler als auf Angaben zu einer Mindestlaichtemperatur sind nicht die zu geringere Salztoleranz des Neunstachligen bekannt. Da die Art aber entlang der sibirischen Eis- Stichlings. meerküste vorkommt, muss die Kältetoleranz recht hoch sein. Die Gesamteizahl eines Weibchens liegt bei etwa 60 – 120 Stück. Der Schlupf erfolgt nach 6 – 7 Biotopansprüche/Lebensweise Tagen bei 15 – 16 °C Wassertemperatur. Die frisch ge- schlüpfte Brut wird vom Männchen noch mehrere Tage Der Neunstachliche Stichling ist ein ähnlich euryöker bewacht. Als Nahrung dienen vor allem wirbellose und konkurrenzschwacher Fisch wie der Dreistachlige Kleintiere, insbesondere Insektenlarven und Bachfloh- Stichling. Er bevorzugt pflanzenreiche, strömungsarme krebse. Vereinzelt werden auch Pflanzenteile und Gewässerbereiche. Am häufigsten findet man die Art Detritus gefressen. Neunstachlige Stichlinge sind in kleinen, schmalen Bächen, Gräben und Weihern mit ähnlich kurzlebig wie Dreistachlige. Das Höchstalter dichtem Makrophytenbestand und wenigen anderen liegt bei 3 – 4 Jahren. Die Endgröße der meisten Neun- Arten. An die Wasserqualität werden keine hohen stachligen Stichlinge liegt im Süßwasser im Bereich Ansprüche gestellt, weshalb selbst in verschmutzten von 5 – 6 cm, seltener bei 7,5 cm. Brack- und Salzwas- und sauerstoffarmen Drainageabflüssen oder ver- serpopulationen können Maximallängen von 7 – 9 cm schlammten Resttümpeln mitunter Populationen zu erreichen. finden sind. Der Neunstachlige Stichling gilt hinsicht- lich der Biotopansprüche als einer der genügsamsten Die durchschnittliche Anzahl der Dorsalstacheln liegt einheimischen Arten. In kleinen Wasserläufen und entgegen der Namensbezeichnung meist bei 10 Gerinnen ist er deshalb oft die einzige Fischart. Selbst (Schwankungsbereich: 8 – 11). Im Vergleich zum Dreis- saure Moorgräben, die bereits vom Dreistachligen tachligen Stichling sind die Stacheln des Neunstach- Stichling gemieden werden, sind oft noch durch Neun- ligen aber sehr viel dünner und weniger kräftig aus- stachlige Stichlinge besiedelt. Die Art gilt ähnlich wie gebildet. Sie bilden keinen wirksamen Schutz gegen der Dreistachlige Stichling als schneller Wiederbesied- Fressfeinde, was auch ein Grund für die extreme ler und kann Totalsterben nach Austrocknung oder Konkurrenzschwäche dieses Kleinfischs ist. Deshalb Austickung relativ rasch durch Bestandsneubildungen kommen Neunstachlige Stichlinge vornehmlich nur ausgleichen. Massenentwicklungen wie beim Dreis- in deckungsreichen Kleingewässern mit dichtem tachligen Stichling kommen beim Neunstachligen Pflanzenwuchs vor, wogegen der Dreistachlige Stich- Stichling nur dort vor, wo andere Arten fehlen und ein ling auch deckungsärmere bzw. -freie Gewässerteile dichter Wasserpflanzenbewuchs herrscht. besiedelt.

Die Geschlechtsreife erreichen Neunstachlige Stich- linge oft schon im ersten Lebensjahr, spätestens aber Gefährdungen nach der ersten Überwinterung. So können unter optimalen Bedingungen Fische, die bereits früh im Der Neunstachlige Stichling ist allenfalls durch Ent- Jahr schlüpfen, schon nach etwa drei Monaten erst- wässerungsmaßnahmen und Vernichtung von Klein- malig laichreif werden und noch im Spätsommer gewässern gefährdet. Da er aufgrund seiner kürzeren desselben Jahres selbst reproduzieren. Die Fortpflan- Stacheln im Gegensatz zum Dreistachligen Stichling zung ist ähnlich wie beim Dreistachligen Stichling. Die viele Fressfeinde hat, herrscht in größeren, fischarten- Männchen besetzen ein Territorium und bauen hier reichen Gewässern häufig ein hoher Selektionsdruck mit Hilfe des klebrigen Nierensekrets zwischen Was- durch Raubfische auf diese Art. Trotzdem ist der Neun- serpflanzen ein Nest aus Pflanzenteilen (meist Faden- stachlige Stichling aufgrund seiner geringen Ansprü- algen). Im Gegensatz zum Nest des Dreistachligen che an die Wasser- und Strukturgüte bundesweit nicht Stichling, das nur eine Öffnung besitzt, haben die gefährdet. Nester des Neunstachligen Stichling jeweils eine ge- sonderte Ein- und Ausschwimmöffnung. Die laichrei- fen Männchen sind auffällig schwarz gefärbt und Schutzmaßnahmen versuchen paarungsbereite Weibchen mit einem zickzackartigen Balztanz ins Nest zu locken. Nach der Schutzmaßnahmen sind in der Regel nicht notwendig, Eiablage verlassen die Weibchen das Nest, wogegen da lokale Populationsverluste durch Austrocknung der die Männchen, genau wie beim Dreistachligen Stich- Wohngewässer oder Gewässerunterhaltungsmaßnah- ling, Brutpflege betreiben. Da die Weibchen innerhalb men meist relativ schnell ausgeglichen werden (typi-

Stichlinge einer Laichzeit mehrfach ablaichen (Portionslaicher) sche „Pionierart“).

212 Neunstachliger Stichling (Pungitus pungitus) Stichlinge

213 Quappe (Lota lota)

Quappe (Lota lota)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt immer ein nennenswerter Quappenertrag erzielt (Bauch 1958). Die Fangmengen in den einzelnen Jahren Die Quappe war in der Elbe und den angebundenen waren aber außerordentlich unterschiedlich und stark Nebengewässern ehemals weit verbreitet. Sie war und vom Wasserstand abhängig. Im Bereich der Havelmün- ist noch immer ein begehrter und gut absetzbarer dung bei Werben lagen die jährlichen Durchschnitts- Fisch der Berufsfischerei in Sachsen-Anhalt. Ihre Be- erträge von 1896 – 1937 bei etwa 0,3 kg/ha; in guten deutung für die Flussfischerei ergab sich früher vor Jahren erreichten sie aber auch 3 – 4 kg/ha (Pape 1952). allem daraus, dass sie auf ihrem Laichzug aus dem Bereits Ende der 1920er Jahre gingen die Fangmengen Elbmündungsgebiet in die Mittelelbe und Elbneben- infolge der Strombaumaßnahmen zur Niedrigwasser- flüsse hinein im Winter gefangen wurde und so den regulierung der Elbe und zunehmender Abwasserbe- Fischern Arbeit und Einnahmen in einer Jahreszeit bot, lastungen erheblich zurück. Die Quappe der Elbe war in der sonst die Fischerei weitgehend ruhte. Kluge eine typische potamodrome Wanderfischart. Während (1899) schreibt: „Die Laichzeit der Quappe fällt in die ihre Fressgebiete im Gezeitenbereich der Elbe lagen, Monate Dezember und Januar, zugleich also mit der zogen die adulten Tiere zur Laichzeit bis weit in die (Zugzeit, Anmerkung B. Kammerad) des Neunauges, Mittelelbe und Elbnebenflüsse hinein. Die Hauptlaich- und auf dem Zug stromaufwärts wird sie dann auch gebiete lagen in den Nebengewässern der Elbe bis hier meistens zugleich mit den Neunaugen in den Ha- etwa auf Höhe der Havelmündung sowie in der Havel men am Cracauer Wasserfall gefangen. Ich zählte ein- und ihren Nebengewässern selbst. Ein Teil des Bestan- mal bei zwei Schock Neunaugen sieben Stück unserer des wanderte aber auch bis Magdeburg und in Jahren Quappen oder Aalraupen, wie sie sonst auch genannt mit reichlicher Wasserführung auch noch weiter werden. Früher war der Fisch hier viel reichlicher vertre- stromaufwärts (Parzyk 1995). Die auf den Laichzügen ten; im Jahre 1865 wurden gegen den Spätherbst fünf gefangenen Elbquappen waren wegen ihrer enormen Zentner in einem Zuge gefangen.“ Auch in der Zeit Stückgewichte von 2 – 6 kg begehrt. Nach Koops (1960) zwischen den beiden Weltkriegen wurde in der Mit- und Müller (1957) wiesen sie ein außerordentlich

Quappe telelbe zwischen Ohre- und Havelmündung noch schnelles Wachstum auf und erreichten bereits im

214 Quappe (Lota lota)

5. Lebensjahr Längen von 55 – 60 cm. Das wurde auf Lüderitzer Tanger, dem Pretzscher Bach, dem Großen die guten Ernährungsbedingungen im Tidebereich Graben, der Taube, der Wipper, der Weißen Elster, der der Elbe zurückgeführt, wo sich die Quappen bereits Unstrut, der Helme sowie dem Muldestausee. ab einer Größe von 12 – 15 cm räuberisch von den zahlreich vorkommenden Stinten, Flundern und Kaul- barschen ernährten. Mit dem Wehrschluss der Stau- Biotopansprüche/Lebensweise stufe Geesthacht 1959 brach der Quappenbestand der Elbe und der meisten ihrer Nebengewässer schlagar- Die Quappe ist die einzige im Süßwasser lebende Art tig zusammen. Bereits im Folgejahr 1960 war die der Dorschartigen (Gadiformes). Als Kälte liebender Quappe aus den Fangstatistiken der Berufsfischerei Grundfisch bevorzugt sie klare, sauerstoffreiche Fließ- in Sachsen-Anhalt verschwunden. Lediglich in einigen gewässer und große, oligotrophe Seen. Sie kann dabei wenigen Elbnebenflüssen konnten sich relativ klein- im Gebirge bis in kleine Forellenbäche hinein vordrin- wüchsige Restpopulationen erhalten, die ohne die gen. In großen Flachlandflüssen gibt es potamodrome Fresswanderung zwischen Brack- und Süßwasser Populationen, die zwischen den Fresshabitaten im auskommen. Diese Bestände sind gewöhnlich indivi- Brackwasser der Ästuare und den Laichgebieten im duenarm und haben sich wahrscheinlich aus einem Binnenland wandern. Als nachtaktiver Einzelgänger geringen Teil des Elbquappenbestandes entwickelt, verbirgt sich die Quappe tagsüber in Unterständen. der sich nicht an den Wanderbewegungen beteiligte. Die jüngeren Altersklassen ernähren sich vorwiegend Der stabilste und großwüchsigste Binnenquappen- von wirbellosen Benthostieren; die Adulten dagegen bestand mit Stückgewichten bis zu 1 kg ist aus dem besonders von Kleinfischen sowie größeren Wirbello- Gebiet der Unteren Havel und ihren angeschlossenen sen (z. B. Krebsen). Die größte Nahrungsaufnahme Nebengewässern bekannt. Als ausgesprochen klein- erfolgt in der kalten Jahreszeit vom Spätherbst bis wüchsig gilt dagegen die Quappe (max. 350 g) in der zum Frühjahr. Sogar im Winter unter Eis, wenn die Ohre und den einmündenden Nebengewässern. meisten anderen Fische in starrer Winterruhe verhar- Weitere Reliktpopulationen haben sich im Milde- ren, sind Quappen äußerst aktiv. Im Sommer, bei hö- Biese-Aland-System, der Uchte sowie dem Tanger heren Temperaturen (ab 20 °C), wird dagegen die erhalten. Nachweise gibt es auch aus der Saale, Aktivität und Fraßtätigkeit stark eingeschränkt. Der Schwarzen Elster, Jeetze, Ehle, Rossel, Zahna, Nuthe Vorzugstemperaturbereich liegt nach Kottelat & und Bode sowie einigen anderen, kleineren Zuflüssen Freyhof (2007) bei 11 – 13 °C. Während solcher Tempe- zur Elbe, Ohre und Schwarzen Elster, weiterhin aus raturen im Herbst und Frühjahr werden notwendige dem Elbe-Havelkanal und dem Fiener Bruch (z. B. Energiereserven angelegt, um die Gonadenreifung Torfschifffahrtskanal). Außer den bereits genannten auch bei höheren Temperaturen zu ermöglichen und in die Elbe einmünden Fließgewässern sind auch von die physiologisch ungünstige Sommerzeit zu überste- verschiedenen angebundenen Standgewässern und hen. Die Geschlechtsreife erlangen die männlichen Altarmen der Elbe sporadische Quappenfänge be- Quappen meist im Alter von 2 Jahren; die Weibchen kannt. Seit etwa 1994/95 dringt die Quappe mit der im Alter von 3 Jahren. Bei den potamodromen Bestän- zunehmenden Verbesserung der Wasserqualität der den der großen Flachlandflüsse beginnt im Spätherbst Elbe aus den Nebengewässern in den Hauptstrom der Laichaufstieg aus dem Brackwasser in die Neben- zurück und besiedelt so den einst verlorenen Lebens- flüsse des Hauptstroms hinein. Dabei können Wande- raum wieder. Die Hoffnungen auf eine Rückkehr der rungen von mehreren Hundert Kilometern Länge großen Wanderquappen der Elbe haben sich aller- durchgeführt werden. Die Wanderungen der Binnen- dings bislang nicht erfüllt. So konnte anhand von populationen sind dagegen weniger weit. Die Laichzeit radiotelemetrischen Untersuchungen an Quappen fällt gewöhnlich in die Monate Dezember bis Februar. nachgewiesen werden, dass diese Art nicht in der Lage Das Laichen wird durch das Erreichen einer Wasser- ist, den 1998 neu gebauten Fischpass am Südufer der temperatur von 3 – 4 °C ausgelöst. Dazu bilden sich Staustufe Geesthacht zu überwinden (Fredrich & Gruppen von bis zu 20 Individuen, welche sich am Arzbach 2002). Grund zu regelrechten Knäuelen zusammendrängen und dabei ihre Geschlechtsprodukte abgeben. Be­ In den letzen 15 Jahren hat sich die Quappe in Sachsen- vorzugt werden steinig-kiesige Laichsubstrate. Die Anhalt weiter ausgebreitet. In Gewässern wie der Fruchtbarkeit ist mit Eizahlen von etwa 1 Million/kg Mulde, der Saale, der Schwarzen Elster, der Fuhne aber Körpergewicht sehr hoch. Nach neueren Erkenntnissen auch gringfügig in der Bode besiedelt sie zunehmend werden die Eier bei Wasserkontakt klebrig und bleiben stromaufwärtsliegende Gewässerabschnitte. In der an den Substraten des Laichplatzes haften. Trotzdem Uchte, dem Tanger und im Nuthe-System scheint sie sind die Überlebensraten der Eier (ca. 1 mm) und Brut sich ebenfalls zu erholen. Für die Ohre liegen neue gering. Die Inkubationsperiode dauert aufgrund der Nachweise aus dem Unterlauf vor. Erstnachweise niedrigen Wassertemperaturen 1 V bis 2 V Monate.

gelangen in den letzen Jahren in der Dumme, dem Die winzige Brut (nur 3 – 4 mm) lebt nach dem Schlupf Quappe

215 Quappe (Lota lota)

pelagisch und ist im Gegensatz zu den erwachsenen viele der isolierten Binnenpopulationen in Sachsen- Tieren positiv phototaktisch. Erst nach etwa 2 Wochen Anhalt (z. B. mittlere Bode) erfahren durch Querbau- gehen die Jungfische zu bodennaher Lebensweise über werke starke Gefährdungen, da die Wehre die Wan- und wachsen dann schnell. Zur Endgröße gibt es na- derungen zur Laichzeit unterbinden (Trennung von hezu unglaubliche Angaben (über 1 m lang und bis 24 Laich- und Aufwuchsgebieten) sowie die Ausbreitung kg schwer). Nach Kottelat & Freyhof (2007) handelt der Art extrem behindern. Daneben stellen Gewäs- es sich vermutlich aber bei diesen großwüchsigen serausbau und vor allem regelmäßige Unterhaltungs- Populationen in nordamerikanischen und ostsibiri- maßnahmen durch Beseitigung der notwendigen schen Strömen um eine zweite Art, Lota maculosa. Unterstände akute Gefährdungsursachen dar. In Aber auch die frühere Wanderform der Elbquappe vielen begradigten Niederungsflüssen in Sachsen- konnte über 70 cm Länge und 6 kg Körpermasse errei- Anhalt finden die Quappen oft nur noch in den chen. Zum Endalter gibt es keine Daten. Grobsteinschüttungen der Wehrunterwasser geeig- nete Versteckmöglichkeiten.

Gefährdungen Schutzmaßnahmen Die wesentliche Ursache für das Aussterben der Wanderform der Elbquappe war der Bau der Stau- Hier zählen insbesondere die Gewährleistung der stufe Geesthacht. Trotz vorhandener Fischpässe, die Passierbarkeit von Aufstiegshindernissen, die Renatu- bereits mehrfach umgebaut wurden, gelang es seit rierung bzw. Wiederherstellung strukturreicher Fließ- Schließung dieses Staus den Quappen nicht mehr, gewässer sowie eine schonende bzw. eingestellte das Hindernis beim Laichaufstieg regelmäßig zu Gewässerunterhaltung. überwinden. „Sie sammelten sich zu Hunderten am Wehr und wurden dort z. T. in Massen geangelt sowie In Sachsen-Anhalt besteht für den Fang der Quappe mit dem Wurfnetz gefangen“ (Albrecht 1960). Auch ein gesetzliches Mindestmaß von 30 cm. Quappe

216 Quappe (Lota lota) Quappe

217 Flunder (Platichthys flesus)

Flunder (Platichthys flesus)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt Flunder in der Elbe. Seit etwa 10 Jahren gelangen immer wieder vereinzelte Flundernachweise durch Berufsfi- Die Flunder stieg früher in alle größeren Flüsse regel- scher in Sachsen-Anhalt. So wurden z. B. im November mäßig auf, so z. B. in die Weser bis Hameln, in die Ems 2001 insgesamt 3 Flundern gefangen, 2 Exemplare im bis Lingen und in den Rhein bis zur Moselmündung. Hamen bei Schelldorf und 1 Exemplar im Hafen von Auf dem Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt ist ihr Tangermünde bei der Zugnetzfischerei. Für die Havel gelegentlicher Fang in der Elbe bei Magdeburg oft liegt nur 1 Einzelnachweis aus dem Bereich Pots- erwähnt worden (Kluge 1898, 1900, 1928; Jürgens 1939, dam – Werder vor. Ob die Flundern über die Fischpässe Bauch 1958). Weniger bekannt dürfte hingegen sein, am Wehr Geesthacht aufsteigen oder die Staustufe bei dass die Flunder ehemals auch noch weiter in die Elbe Hochwasser umgehen, ist nicht bekannt. Bei Funkti- und ihre Nebenflüsse aufstieg (Helms 1838, Leonhardt onskontrollen des südlichen Fischpasses in den Jahren & Schwarze 1903, Jürgens 1939, Hertel 1978, Füllner 1998 – 2000 konnten in der aufgestellten Kontrollreu- et al. 2005). So sind Funde z. B. in der Saale (Anonym se lediglich 2 Exemplare gefangen werden, wogegen 1938) sicher belegt. Nach Angaben älterer Berufsfischer Flundern bei den gleichzeitig durchgeführten Elektro- an Elbe und Havel in unserem Bundesland konnte befischungen des Wehrunterwassers relativ zahlreich diese Fischart bis zum Wehrschluss der Staustufe nachgewiesen wurden (Schubert & Hagge 2000). Das Geesthacht 1959 außer in der Elbe auch in der Unteren deutet auf eine stark eingeschränkte Passierbarkeit Havel und im Unterlauf des Alands gelegentlich gefan- des südlichen Fischpasses für diese Art hin. gen werden. Danach war die Art dann in Sachsen- Anhalt verschollen. Im Jahre 1994 konnten erstmals wieder einige Flundern im Bereich der Havelmündung Biotopansprüche/Lebensweise (Gnevsdorfer Vorfluter) gefangen werden. Dies war darauf zurückzuführen, dass das Wehr Geesthacht Die Flunder ist ein geselliger Grundfisch küstennaher aufgrund einer Hochwassersituation längere Zeit ge- Flachwasserbereiche sowie der Brackwasserbereiche

Flunder öffnet war. 1997 gelang ein weiterer Nachweis einer großer Flussmündungen (Kaulbarsch-Flunderregion).

218 Flunder (Platichthys flesus)

Bevorzugt werden Sand- oder Schlammböden be- der Flundern haben die Augen allerdings auf der an- wohnt, in die sich die Fische eingraben können. Die deren, linken Körperseite. Mit zunehmend asymmet- Flunder toleriert dabei als typische Ästuarart wech- rischer Körperform gehen die Fische zur bodennahen selnde Salzgehalte ähnlich erfolgreich wie z. B. der Lebensweise über. Die Einwanderung ins Brackwasser Dreistachlige Stichling. Dadurch ist es möglich, dass bzw. den Tidenbereich der Flussunterläufe erfolgt die Jungfische mitunter bis zu mehrere hundert Kilo- bereits noch im pelagischen Stadium, zunächst durch meter weit in die Flüsse aufsteigen. Drift mit der Tidenströmung, später mit zunehmender Körpergröße auch aktiv. Die ersten Larven im Brack- Die Geschlechtsreife erreichen männliche Flundern im wasser des Elbästuars können oft schon im März Alter von 2 – 3 Jahren, die Weibchen im Alter von 3 – 4 nachgewiesen werden. Ab Ende April/Anfang Mai setzt Jahren. Zum Laichen wandern die bis ins Süßwasser gewöhnlich die aktive, stromaufwärts gerichtete aufgestiegenen Flundern nach Erreichen der Ge- Wanderung der Jungfische ein. An diese beteiligen schlechtsreife von Oktober bis Dezember zurück ins sich jedoch nicht alle Tiere des Bestandes. Die meisten Meer. Sie sind dann gewöhnlich zwischen 22 und 27 Flundern verbleiben in Küstennähe im Salzwasser bzw. cm lang. Die Eiablage erfolgt im Salzwasser in größe- im Brackwasser der Flussmündungen. Die im Süßwas- ren Tiefen (mindestens 20 m) im Zeitraum von Januar ser angetroffenen Flundern sind fast immer juvenile bis April. Die Rogner können bis zu 2 Millionen frei im oder subadulte Exemplare. Alle einmal laichreif ge- Wasser schwebende Eier abgeben. Die Erbrütungs- wordenen, adulten Fische verbleiben nach der ersten dauer beträgt je nach Wassertemperatur 5 – 11 Tage. Eiablage im Meer und kehren nicht mehr ins Süßwas- Die aus den planktischen Eiern schlüpfenden Larven ser zurück. Deshalb werden in der Elbe in Sachsen- leben anfangs ebenfalls pelagisch und driften mit der Anhalt meist auch nur kleinere Flundern und keine Strömung umher. Sie haben zunächst noch eine sym- großen, ausgewachsenen Exemplare gefangen. Die metrische Körperform. Erst ab etwa 12 mm Länge, wenn Nahrung besteht überwiegend aus wirbellosen Ben- die Körperpigmentierung einsetzt, wandert das linke thostieren, gelegentlich auch kleinen Fischen. Ausge- Auge auf die rechte Körperseite hinüber und die jungen wachsene Flundern im Meer können bis etwa 50 cm Flundern entwickeln sich so zu Plattfischen. Etwa 25 % lang werden.

Flunder (Platichthys flesus) Flunder

219 Flunder (Platichthys flesus)

Gefährdungen stellung des neuen Fischpasses am Nordufer des Geesthachter Wehres im Jahr 2010 zu erwarten. Da die Das Verschwinden der Flundern in der Mittelelbe und Flunder landläufig als Meeresfisch gilt, wird sie in den den Unterläufen ihrer großen Nebenflüsse wird im Roten Listen für Süßwasserfische nicht geführt. Die Wesentlichen auf den Bau der Staustufe Geesthacht Gesamtpopulation ist nicht gefährdet. zurückgeführt. Daneben war in der Vergangenheit auch die enorme Verschmutzung der Elbe als Grund für das Ausbleiben dieser Fischart im Land Sachsen-Anhalt zu Schutzmaßnahmen nennen. Mit abnehmender Abwasserbelastung der Elbe in den 1990er Jahren konnte im Hamburger Elb- Schutz- und Schonmaßnahmen sind in Sachsen-Anhalt gebiet ein beständiges Vorrücken der Flunder elbauf- nicht realisierbar, da es sich bei den hier vorkommen- wärts festgestellt werden (Diercking & Wehrmann den Flundern nur um vergleichsweise wenige Weit- 1991). Eine weitere Verbesserung ist durch die Fertig- wanderer einer großen Population handelt. Flunder

220 Flunder (Platichthys flesus) Flunder

221 222 7. Anhang

Auszüge aus den gesetzlichen Bestimmungen

I. Fischereigesetz des Landes Sachsen-Anhalt (FischG § 36 Anzeige von Fischsterben LSA) vom 31. August 1993 (GVBl. LSA 1993, S. 464) zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Januar 2011 Die Fischereiberechtigten und Fischereiausübungsbe- (GVBl. LSA S. 6) rechtigten sind verpflichtet, Fischsterben unverzüglich der Fischereibehörde oder einer Polizeidienststelle § 28 Fischereischein anzuzeigen.

(1) Wer die Fischerei ausübt, bedarf der behördlichen § 37 Verbote Erlaubnis. Diese wird durch einen Fischereischein er- teilt. (1) Bei der Fischerei ist die Verwendung künstlichen Lichts als Lockmittel, elektrischen Stroms, explodie- § 31 Fischerprüfung render, betäubender oder giftiger Mittel oder verlet- zenden Geräts mit Ausnahme von Angelhaken verbo- (1) Die erste Erteilung eines Fischereischeins ist davon ten. Die obere Fischereibehörde kann im Einzelfall abhängig, daß der Antragsteller im Geltungsbereich Ausnahmen vom Verbot der Verwendung künstlichen dieses Gesetzes nach Teilnahme an einem Lehrgang Lichts, elektrischen Stroms oder betäubender Mittel mit mindestens 30 Unterrichtsstunden eine Fischer- zu fischereiwirtschaftlichen oder wissenschaftlichen prüfung bestanden hat. In der Prüfung hat er aus- Zwecken zulassen. reichende Kenntnisse über die Arten der Fische, die Hege der Fischbestände und die Pflege der Fischge- (2) Niemand darf an oder auf Gewässern, in denen er wässer, die Fanggeräte und deren Gebrauch, die nicht zur Fischerei berechtigt ist, Fischereigeräte und Behandlung gefangener Fische und die fischerei- sonstige Fangmittel fangfertig mitführen. Das Mit- rechtlichen sowie die einschlägigen tierschutz-, führen unerlaubter Fischereigeräte und unerlaubter naturschutz-, wasser- und hygienerechtlichen Vor- sonstiger Fangmittel an oder auf Gewässern ist un- schriften nachzuweisen. tersagt.

§ 35 Inhalt des Fischereischutzes (3) Der Einsatz seuchenkranker oder seuchenverdäch- tiger sowie ansteckungsverdächtiger Fische ist verbo- (1) Der Fischereischutz dient dem Schutz des Fische- ten. reiausübungsrechts und der Fische insbesondere vor Wilderei, Fischdiebstahl und Fischseuchen sowie der § 38 Schadenverhütende Maßnahmen an Anlagen zur Sorge für die Einhaltung der zum Schutz der Fische Wasserentnahme und an Triebwerken und der Fischerei erlassenen Vorschriften. Wer Anlagen zur Wasserentnahme oder Triebwerke (2) Der Fischereischutz umfaßt die Befugnis, Personen, errichtet oder betreibt, hat auf seine Kosten durch die in Gewässern unberechtigt fischen, eine sonstige geeignete Vorrichtungen das Eindringen von Fischen Zuwiderhandlung gegen fischereirechtliche Vorschrif- zu verhindern und für die schadlose Ableitung der ten begehen oder an oder auf Gewässern, in denen sie Fische in das Unterwasser zu sorgen; § 46 Abs. 3 bleibt nicht zur Fischerei berechtigt sind, Fischereigeräte und unberührt. Die obere Fischereibehörde kann bei neu sonstige Fangmittel fangfertig mitführen, anzuhalten, zu errichtenden Anlagen im Einzelfall die Mindestan- ihnen gefangene Fische und Fanggeräte abzunehmen forderungen an die Schutzvorrichtung und die Ablei- und die Identität ihrer Person festzustellen. tung, insbesondere an die lichte Durchlassweite, die Anströmgeschwindigkeit, den Winkel zur Hauptströ- (3) Die zuständigen öffentlichen Stellen sind verpflich- mung und die für die Ableitung notwendige Wasser- tet, in vertrauensvoller Zusammenarbeit bei allen menge, festsetzen. Dies gilt auf Antrag des Betreibers Maßnahmen nach diesem Gesetz die Erfordernisse auch für bestehende Anlagen. Für unvermeidbare des Arten- und Biotopschutzes zu berücksichtigen und Schädigungen des Fischbestandes haben die nach Satz insbesondere für solche Fischarten, deren Bestand 1 Verpflichteten den betroffenen Fischereiausübungs- bedroht erscheint, den erforderlichen Schutz zu si- berechtigten Ersatz zu leisten. Weitergehende Ansprü- chern. che nach anderen Vorschriften bleiben unberührt.

223 § 39 Absenken von Gewässern § 47 Schonbezirke und Schutzgebiete

(2) Zwischen Maßnahmen der Gewässerunterhaltung, (1) Die obere Fischereibehörde wird ermächtigt, durch die mit einer vorübergehenden erheblichen Absenkung Verordnung Gewässer, Gewässerteile und Ufergrund- des Wasserstandes verbunden sind, muß ein Zeitraum stücke zu Schonbezirken zu erklären, die von mindestens drei Jahren liegen. Ausnahmen bedür- fen der Genehmigung der Fischereibehörde. 1. für die Erhaltung des Fischbestandes von besonderer Bedeutung sind (Fischschonbezirke), (3) Einem Gewässer darf nicht so viel Wasser entzogen werden, daß es hierdurch als Lebensraum nachhaltig 2. besonders geeignete Laich- und Abwachsplätze für geschädigt wird. Fische sind (Laichschonbezirke),

§ 41 Hege 3. als Winterlager für Fische besonders geeignet sind (Winterlager). (1) Die Hege hat zum Ziel, einen der Größe und Be- schaffenheit des Gewässers entsprechenden artenrei- (2) In der Verordnung können die Fischerei und die chen, gesunden, ausgeglichenen und naturnahen Entnahme von Fischnährtieren vollständig oder Fischbestand zu erhalten und aufzubauen. Die natür- teilweise sowie Störungen, die die Fortpflanzung lichen Bedingungen für das Vorkommen der einzelnen oder den Bestand der Fische gefährden, insbeson- Fischarten (Lebensräume) sollen erhalten und nach dere die Räumung, das Mähen, die Entnahme und Möglichkeit wiederhergestellt und nicht beeinträch- das Einbringen von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, tigt werden. Keine Art der heimischen (§ 10 Abs. 2 Nr. Kies und Steinen sowie die Ausübung des Wasser- 5 des Bundesnaturschutzgesetzes) Fische darf in ihrem und des Eissports beschränkt oder verboten Bestand gefährdet werden. ­werden.

(2) Der Einsatz nicht heimischer Fische bedarf der im (4) Die zuständige Naturschutzbehörde wird ermäch- Einvernehmen mit der obersten Wasserbehörde und tigt, durch Verordnung im Einvernehmen mit der der obersten Naturschutzbehörde erteilten Erlaubnis jeweils gleichrangigen Fischereibehörde die Aus- der obersten Fischereibehörde. Die Zuständigkeit kann übung der Fischerei in naturschutzrechtlich geschütz- auf einen nachgeordneten Bereich übertragen werden. ten Gebieten ( § 22 Abs. 1 des Bundesnaturschutzge- Die Erlaubnis ersetzt erforderliche Genehmigungen setzes) einzuschränken, soweit der Schutzzweck nach dem Naturschutzgesetz des Landes Sachsen- unter Abwägung der fischereilichen Belange dies Anhalt. erfordert.

§ 43 Sicherung des Fischwechsels II. Fischereiordnung des Landes Sachsen-Anhalt vom 11.01.1994 (GVBl. LSA Nr. 2 S.16) zuletzt geändert (1) In Gewässern dürfen keine Fischereivorrichtungen durch Verordnung vom 21.06.2006 (GVBl. LSA S. 368, errichtet werden, die den Wechsel der Fische verhin- 370). Achtung: Vorschrift wird zurzeit novelliert! dern. § 1 Unzulässige Fischereigeräte und Fangmethoden (2) Ein Gewässer darf durch ständige Fischereivorrich- tungen auf nicht mehr als die halbe Breite, bei Mittel- (1) Es ist verboten, beim Fischfang anzuwenden wasserstand gemessen, für den Fischwechsel versperrt werden. Ständige Fischereivorrichtungen müssen Geräte, die geeignet sind, Fische nachhaltig zu verlet- voneinander so weit entfernt sein, daß sie den Fisch- zen, insbesondere Aalharken, Speere, Harpunen, Schlin- wechsel nicht erheblich beeinträchtigen. Die wasser- gen, Fischgabeln, Reißangeln und Schußwaffen, rechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. mehr als drei ein- bis dreischenklige Angelhaken je § 44 Fischwege Angel, mit Ausnahme der Hegene, oder vier- und mehrschenklige Angelhaken, (1) Wer eine Stauanlage in einem Gewässer errichtet oder betreibt, hat durch geeignete Ausweichmöglich- ständige Fischereivorrichtungen mit einer Latten- oder keiten (Fischwege) den Fischwechsel zu gewährleisten. Maschenweite von weniger als zwei Zentimetern. Das gleiche gilt bei anderen Anlagen, die den Wechsel der Fische dauernd verhindern oder erheblich beein- (2) Das Schleppangeln in Gewässern unter 30 Hektar trächtigen. ist verboten.

§ 46 Fischerei in Fischwegen (3) Es ist verboten, lebende Fische und andere lebende Wirbeltiere oder Tiere, die nach §§ 2 bis 4 nicht gefan- In Fischwegen ist jede Art des Fischfangs verboten. gen werden dürfen, als Köder zu verwenden.

224 (4) Jeder Angler darf die Angelfischerei mit höchstens 1. Äsche 1. Dezember bis 15. Mai zwei Wurfruten mit Rolle und einer Kopfrute ohne 2. Bachforelle 15. September bis 31. März Rolle gleichzeitig ausüben. Zum Fang ausgelegte An- gelgeräte müssen sich in Blickweite befinden und sind 2 a. Barbe 1. April bis 30. Juni ständig zu beaufsichtigen. Bei der Verwendung einer 3. Hecht 15. Februar bis 30. April Spinn- oder Flugangel dürfen keine weiteren Angel- 4. Lachs 1. Oktober bis 31. März ruten benutzt werden. 5. Meerforelle 1. Oktober bis 31. März § 2 Fangverbote 6. (aufgehoben) 7. Wels 15. Februar bis 30. Juni (1) Es ist verboten, Fischen folgender Arten nachzustel- len oder sie absichtlich zu fangen oder zu töten 8. Zander 15. Februar bis 31. Mai

1. Bachneunauge (Lampetra planeri) (2) In Gewässern, in denen sich eine der in Absatz 1 2. (aufgehoben) genannten Fischarten, ausgenommen Hechte, fort- pflanzt oder die sie auf ihrer Laichwanderung durch- 3. Bitterling (Rhodeus sericeus amarus) wandert, sind ständige Fischereivorrichtungen wäh- 4. Elritze (Phoxinus phoxinus) rend der Schonzeit abzustellen. 5. Finte (Alosa fallax), § 4 Mindestmaße 6. Flußneunauge (Lampetra fluviatilis) 7. Groppe (Cottus gobio) (1) Es ist verboten, Fischen folgender Arten nachzuste- len oder sie absichtlich zu fangen oder zu töten, wenn 8. (aufgehoben) sie nicht von Kopfspitze bis Schwanzspitze gemessen 9. Lachs (Salmo salar) mindestens folgende Länge haben: 10. Maifisch (Alosa alosa) 11. Meerforelle (Salmo trutta) 1. Aal (Anguilla anguilla) 45 cm 12. Meerneunauge (Petromyzon marinus) 2. (aufgehoben) 13. Moderlieschen (Leucaspius delineatus) 3. Äsche (Thymallus thymallus) 30 cm 14. Nase (Chondrostoma nasus) 4. Bachforelle (Salmo trutta f. fario) 25 cm 15. (aufgehoben) 5. Barbe (Barbus barbus) 45 cm 16. Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) 6. (aufgehoben) 17. Schmerle (Barbatula barbatula) 7. Große Maräne (Coregonus nasus) 30 cm 18. Schneider (Alburnoides bipunctatus) 8. (aufgehoben) 19. Steinbeißer (Cobitis taenia) 9. Hecht (Esox lucius) 50 cm 20. Stör (Acipenser sturio) 10. Karpfen (Cyprinus carpio) 35 cm 21. Nordseeschnäpel (Coregonus oxyrhynchus) 11. Kleine Maräne (Coregonus albula) 12 cm 22. Weißflossengründling (Gobio albipinnatus) 12. Lachs (Salmo salar) 50 cm 23. Zährte (Vimba vimba) 13. Meerforelle (Salmo trutta) 40 cm 14. Quappe (Lota lota) 30 cm Dies gilt nicht für ­Lachse und Meerforellen, wenn sie 15. Rapfen (Aspius aspius) 40 cm in das Gewässer als Besatz eingebracht worden sind. Regenbogenforelle 16. 25 cm (Oncorhynchus mykiss) (2) Es ist verboten, Krebsen, Muscheln und Fisch- 17. Schleie (Tinca tinca) 25 cm nährtieren der besonders geschützten Arten (§ 10 18. Wels (Silurus glanis) 70 cm Abs. 2 Nr. 10 des Bundesnaturschutzgesetzes) nach- zustellen oder sie absichtlich zu fangen oder zu 19. Zährte (Vimba vimba) 30 cm töten. § 5 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 und § 6 gelten 20. Zander (Stizostedion lucioperca) 50 cm entsprechend.

§ 3 Schonzeiten § 5 Unzulässigerweise gefangene Fische

(1) Es ist verboten, Fischen folgender Arten während (1) Fische, die trotz Fangverbotes (§ 2) oder während folgender Zeiten nachzustellen oder sie absichtlich zu der Schonzeit (§ 3 Abs. 1) gefangen werden, und unter- fangen oder zu töten: maßige Fische (§ 4 Abs. 1) sind unverzüglich schonend

225 in das Gewässer zurückzusetzen. Andere Fische, die (2) In Gewässern mit Schiffs- oder Motorbootsverkehr nicht absichtlich gefangen wurden, können zurückge- und von fahrenden Wasserfahrzeugen aus ist das setzt werden, wenn dies aus einem vernünftigen Grund Hältern in Setzkeschern verboten. geschieht. Werden sie beim Fang nachhaltig verletzt, sind sie unverzüglich zu töten. Beim Fang oder nach § 11 Schutz von Fischlaich und Winterlagern Satz 2 getötete Fische sowie entsprechende tot ange- landete Fische dürfen nicht verwertet werden; eine (1) Das Entfernen oder Zerstören abgelegten Fisch- Aneignung ist verboten. laichs sowie das Betreten augenscheinlich belegter Laichbetten während des Erbrütungszeitraumes ist (2) Das Aneignungs- und Verwertungsverbot gilt nicht verboten. für Berufsfischer. (2) In Winterlagern sind Maßnahmen und Tätigkeiten § 8 Einsatzverbote verboten, die die Winterruhe des Fischbestandes nachhaltig stören können. (1) In Fließgewässern der Forellen- und Äschenregion und in Gewässern mit einem sich selbst erhaltenden § 12 Entnahme von Wasserpflanzen Edelkrebsbestand ist der Besatz mit Aalen und Hech- ten verboten. Die Entnahme von Wasserpflanzen oder deren Teilen darf nur in Abstimmung mit dem Fischereiausübungs- § 9 Schutz des Erbgutes von Fischen berechtigten und nur in einem solchen Maß erfolgen, daß die Fische nicht nachhaltig gestört oder beein- (1) Fische mit verändertem Erbgut dürfen nur in Aqua- trächtigt werden. Im Rahmen von Maßnahmen der kulturanlagen gehalten werden, die ein Entweichen Gewässerunterhaltung gilt dies unbeschadet des § 18 verhindern. mit der Maßgabe, daß eine Abstimmung möglichst erfolgen soll. Die Bestimmungen des Naturschutz- (4) In Gewässer, in denen sich selbst reproduzierende rechts bleiben unberührt. Bestände an Salmoniden oder Coregonen vorkommen, darf nur Besatz aus Nachzuchten dieser Bestände § 13 Schutz der Fischnährtiere erfolgen. (1) Die Entnahme von Zooplankton und anderen Fisch- § 10 Hältern gefangener Fische nährtieren darf nur in solchem Umfang erfolgen, daß die Nahrungsgrundlage des Fischbestandes nicht (1) Das Hältern von Fischen im Fanggewässer bedarf gefährdet wird. des vernünftigen Grundes und ist auf die erforderliche Dauer zu beschränken. Es dürfen nur hinreichend (2) Das Einbringen nicht heimischer Fischnährtiere in geräumige Setzkescher aus knotenfreiem Material Gewässer ist verboten. verwendet werden. Das Hältern von Forellen, Äschen, Maränen, Zandern, Hechten und Barschen bei der Angelfischerei ist verboten.

226 Glossar autochthon ursprünglich heimisch, dem betreffenden Lebensraum Abundanz entstammend Häufigkeit von Organismen pro Flächen- oder Raum- einheit Barbenregion Abschnitt im Mittellauf der Flüsse, in dem die Barbe adult als Leitform auftritt erwachsen, geschlechtsreif benthisch akzessorische Atmung am Gewässergrund lebend zusätzliche Atmung als Ergänzung zur Kiemenatmung (z. B. Darmatmung durch Verschlucken von Luftblasen) Benthos Gesamtheit aller Lebewesen, die den Gewässergrund Algenblüte besiedeln Massenentwicklung von Planktonalgen mit nachfol- gendem Algenmassensterben Besatz Fische, die von Fischern oder Anglern in ein Gewässer allochthon eingesetzt werden gebietsfremd, von außen eingetragen oder einge- wandert Bestand Anzahl der Individuen einer Population Altarm abgetrennte Flussschleife mit noch bestehender stän- Biotop diger Verbindung zum Hauptfluss; wird nicht mehr Lebensraum/Lebensstätte einer Tier- und Pflanzenge- kontinuierlich durchflossen meinschaft; oft fälschlicherweise nur für schützens- werte Lebensräume verwendet Altersgruppe Gesamtheit aller Individuen einer Fischart gleichen Biozönose Alters, also desselben Jahrgangs Lebensgemeinschaft aller Tier- und Pflanzenarten

Altwasser Bleiregion völlig abgetrennte Flussschleife ohne ständige Verbin- Abschnitt im Unterlauf der Flüsse, in dem der Blei als dung zum Hauptfluss, Verbindung zum Hauptfluss Leitform auftritt besteht nur bei Hochwasser Brutpflege anadrom Verhaltensmaßnahmen der Elternfische zum Schutze Fische betreffend, die vom Meer in die Flüsse zum des Laiches sowie der Fischlarven/Jungfische Laichen aufsteigen Buhne Anflugnahrung seitliches Querbauwerk in Fließgewässern, das den Insekten u. a. Kleintiere, die von Fischen von der Was- Wasserlauf auf eine geringere Breite einschränken seroberfläche weggefressen werden soll anthropogen Bypass vom Menschen verursacht oder beeinflusst siehe Fischabstieg

Arteninventar Coregonen Gesamtheit der im Habitat vorhandenen Arten maränenartige Fische, in Norddeutschland Maränen und in Süddeutschland Renken oder Felchen genannt Äschenregion Abschnitt im Oberlauf der Flüsse, in dem die Äsche als Cypriniden Leitform auftritt karpfenartige Fische, Weißfische

Ästuar Decapoden trichterförmige Flussmündung ins Meer „Zehnfußkrebse“; höhere Krebse, zu denen z. B. die einheimischen Flusskrebse zählen Aufstiegshindernis Veränderung im Flussverlauf, die die natürliche Fischwan- Detritus derung behindert oder ganz unterbindet; meist künstlich feine organische Schweb- und Sinkstoffe (organisches errichtet, wie z. B. Wehre oder Sohlabstürze Zerreibsel pflanzlicher oder tierische Herkunft)

227 diadrom Fischtreppe Fische betreffend, die zum Laichen Wanderungen eine Fischwanderhilfe, bei der der Höhenunterschied zwischen Meer und Binnengewässern durchführen zwischen Unter- und Oberwasser von Querverbauun- gen mittels einer stufenförmigen Folge von durch- domestizierte Form strömten Becken überwunden wird; meist kanalför- umgezüchtete Form („Haustier“), die mit der Wildform mige Gerinne, welche durch Querwände in Becken nicht mehr identisch ist unterteilt sind

Drift Forellenregion Transport von lebenden oder toten Partikeln mit der oberste Flussstrecke, in welcher die Bachforelle als Strömung Leitform auftritt

Embryonalentwicklung Gelegezone Entwicklung des (Fisch-) Eies von der Befruchtung bis Zone der Schwimmblatt- und Überwasserpflanzen zum Schlupf; bei Fischen aber oft auch für die Zeit- eines Gewässers spanne von der Befruchtung bis zum Beginn der selbständigen Ernährung (weitgehende Aufzehrung Gonaden des Dottersacks) gebraucht Bezeichnung für die männlichen und weiblichen Keimdrüsen (bei Fischen: Milch, Rogen) Euryök, eurytop anspruchslos, tolerant gegenüber vielfältigen bzw. Gynogenese stark schwankenden Umweltfaktoren Eientwicklung ohne echte Befruchtung, bei der nur weibliche Nachkommen entstehen. Es dringt zwar ein eutroph männlicher Samenfaden einer fremden Fischart in die stark mit Pflanzennährstoffen (Phophate, Nitrate) Eizelle ein, jedoch verschmelzen die Kerne nicht, so angereichert dass dabei nur die weiblichen Erbanlagen übertragen werden Eutrophierung Zunahme der pflanzlichen Produktion im Gewässer Habitat infolge erhöhten Eintrags von Pflanzennährstoffen der spezielle, charakteristische Wohnort eines Tieres, in dem es regelmäßig anzutreffen ist Fangertrag Menge der gefangenen Fische in Bezug auf eine Flä- Hamen chen- und Zeiteinheit, z. B. kg/ha und Jahr stationäres Netzfanggerät der Berufsfischerei, dessen Öffnung durch einen Rahmen bzw. Scherbrett offen Fischaufstiegshilfe gehalten wird naturnahe oder technische Einrichtungen zur stromauf- und/oder stromabwärtsgerichteten Heger (selten auch Häger) Überwindung von Bauwerken, die den Fischwechsel angeschwemmte Sand- oder Kiesbank in großen Flüs- behindern sen und Strömen, gewöhnlich im Bereich der Gleit- hänge von Kurven und Flussschleifen Fauna Gesamtheit aller Tierarten Hybride, Bastard Kreuzung zwischen zwei (meist nah verwandten) Fischfauna Arten Gesamtheit aller Fischarten Ichthyofauna Fischabstiegsanlage, Bypass Fischfauna eine in der Regel rohrartige oder schachtartige Ein- richtung am stromabwärts liegenden Ende von schräg Inkubationsphase zur Hauptströmung (25 – 35 °) angeordneten Horizon- Entwicklungsphase der Fischeier (Laich) von der Be- talrechenanlagen vor Wasserkraftwerken, mit deren fruchtung bis zum Schlupf Hilfe absteigende Fische schadlos an den Wasserkraft- anlagen vorbei ins Unterwasserwasser abgeleitet Jahresklasse werden können Gesamtheit aller Individuen einer Fischart, die im selben Jahr geschlüpft sind (also gleichen Alters = Fischaufstiegsanlage, Fischpass Altersgruppe) naturnahe oder technische Einrichtung mit deren Hilfe Fische auf ihren Wanderungen Wehre oder an- juvenil dere Querbauwerke überwinden können jugendlich, noch nicht geschlechtsreif

228 kaltstenotherme Art Nach dem fischartengestützten Bewertungssystem an kältere Temperaturen angepasste Art, die einen (fiBS) zur Bewertung der Gewässer entsprechend EU- engbegrenzten Temperaturbereich bewohnt Wasserrahmenrichtlinie sind das Arten mit Abundanz- werten (Häufigkeiten) von mindestens 5 % oder mehr. katadrom Fische betreffend, die zum Laichen aus Binnengewäs- Litophillaicher sern ins Meer wandern Fischarten, die ihre Geschlechtsprodukte in bzw. auf kiesigen oder steinigen Substraten ablegen Kaulbarsch-Flunder-Region Mündungsbereich eines Flusses ins Meer, in dem durch Litoral die Vermischung von Meer- und Süßwasser ein gezei- durchlichteter Uferbereich im Gewässer, der von Algen tengeprägter Lebensraum mit mittlerem Salzgehalt und höheren Wasserpflanzen besiedelt werden kann (Brackwasser) vorherrscht, in dem Kaulbarsche und Flundern als Leitarten vorkommen Mäander durch Seitenerosion entstanden Schlingen/Bögen Kolk eines naturnahen Fließgewässers durch die Kraft des fließenden Wassers entstandene tiefere Stelle (engl. „Pool“) im Bach- oder Flussbett. Makrophyten größere, höhere Pflanzen (im Gegensatz zu den kleinen Kolk-Rauschen-Struktur Algen = Phytoplankton) abwechselungsreiches Gewässerbild naturnaher Fließ- gewässer, bei dem tiefere, strömungsberuhigte Ab- Metamorphose schnitte (Kolke, Gumpen, Pools) mit flachen rasch Entwicklung/Verwandlung einer Tierart über ein oder fließenden Stellen (Rauschen, Schnellen) mehr oder mehrere Larvenstadien; neben dem Größenwachstum weniger regelmäßig wechseln erfolgt auch ein starker Formwechsel

Laich Milch befruchtete Fischeier Samenflüssigkeit der männlichen Fische (= Milchner)

Laichzeit Milchner Zeit der Eiablage/Fortpflanzung von Fischen männlicher, geschlechtsreifer Fisch

Laichaufstieg Mindestmaß flussaufwärtsgerichtete Wanderung der Fische zu gesetzlich vorgeschriebene Größe (Länge), ab welcher ihren Laichplätzen (bei anadromen und potamodro- ein Fisch gefangen und getötet werden darf; meist die men Arten) Größe, bei welcher die entsprechende Fischart die Geschlechtsreife erreicht hat und mindestens einmal Laichausschlag im Leben ablaichen konnte kleine warzenförmige Hornhautbildungen auf Schup- pen und Flossen zur Laichzeit von Fischen, insbeson- oligotroph dere bei Weißfischen, z. T. auch bei Maränen arm an pflanzlichen Nährstoffen(bei Gewässern mit geringer organischer Produktion) Langdistanzwanderfische anadrome und katadrome Wanderfischarten, die zur Parasiten Laichzeit auf ihrer Wanderung von den Fressgebieten Lebewesen, die schmarotzend auf Kosten und zu Las- zu den Laichplätzen große Strecken zurücklegen (hun- ten eines Wirts leben und diesen dadurch mehr oder derte bis tausende Kilometer) weniger schädigen (z. B. Bandwürmer)

Larve, Larvenstadium Pelagial umfasst bei Fischen die Zeitspanne vom Beginn der Freiwasserzone eines Gewässers exogenen Ernährung (nach weitgehender Aufzehrung des Dottersacks) bis zur abgeschlossenen Ausdifferen- pelagisch zierung der Flossen; oft wird damit (fälschlicherweise) im Freiwasser lebend aber das gesamte Entwicklungsstadium zwischen Schlupf aus dem Ei und vollständiger Ausbildung der Pionierart Flossen bezeichnet Art, die einen neu entstandenen Lebensraum als erste besiedelt Leitfischart Fischart, die für einen bestimmten Fließgewässerab- Phytoplankton schnitt bzw. Seentyp besonders charakteristisch ist. im Wasser schwebende Kleinpflanzen (Algen)

229 Plankton Sohlgleiten/Sohlrampen passiv treibende Lebensgemeinschaft des freien Was- rauhe Rampen bzw. Gleiten aus Grobsteinen, die statt sers (sowohl Tiere als auch Pflanzen) eines Wehres eingerichtet oder in einem Teilbereich eines Wehres als Fischaufstieg integriert sind. polymorph vielgestaltig (z. B. bei Maränen- oder Salmonidenarten sommerkalte Gewässer mit verschiedenen lokalen Rassen oder Wuchsformen) weisen Wassertemperaturen im Sommer von unter 17 °C auf Population Gesamtheit aller Individuen einer Tier- oder Pflanzen- sommerwarme Gewässer art in einem bestimmten Lebensraum, die über meh- erreichen im Sommer Wassertemperaturen von 17 °C rere Generationen genetisch verbunden sind und darüber potamodron Stellnetz Fische betreffend, die zum Laichen Wanderungen in- Netzfanggerät der Berufsfischerei, in dem sich die nerhalb des Flusssystems durchführen Fische durch Maschen und Verwickeln fangen

Profundal Stromgarn Tiefenzone eines Gewässers großes Zugnetz (Länge ca. 100 – 120 m, Höhe ca. 4 – 6 m) der Flussfischerei Querder augenlose Larven der Neunaugen Sublitoral Uferzone unterhalb des niedrigsten Wasserstandes Querverbauung bis zur unteren Grenze des Pflanzenwuchses bauliche Veränderung, die quer zur Fließrichtung von Gewässern vorgenommen wurde (Wehre, Schwellen, submers Abstürze) und die ökologische Durchgängigkeit un- unter der Wasseroberfläche terbricht Substrat Reliktvorkommen Material des Gewässergrundes, wie Sand oder Kies oft individuenarmes, räumlich engbegrenztes Rest- vorkommen einer früher weiter verbreiteten Art Tagesgrade Anzahl der Tage von der Eiablage bis zum Schlupf der rheophil Fischlarven multipliziert mit den Celsiusgraden der strömungsreiche Zonen bevorzugend mittleren Wassertemperatur

Reproduktion/Rekrutierung Teich Erzeugung von Nachkommen künstlich zur Fischhaltung angelegtes, ablassbares, stehendes Flachgewässer Reuse fallenartiges Netzfanggerät der Berufsfischerei Tümpel temporäres, nicht dauerhaft Wasser führendes, flaches Rogner Standgewässer, z. B. austrocknungsgefährdete Klein- weiblicher, geschlechtsreifer Fisch gewässer im Überflutungsbereich der Flussauen

Salmoniden tidebeeinflusst Gruppe der lachsartigen Fische im Gezeitenbereich liegend, von der Gezeitenströmung beeinflusst Sander flach auslaufende Sandbank meist an den Gleitufern Unterhaltungsmaßnahmen von Flusskrümmungen großer Flüsse und Ströme Alle wasserwirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erhaltung (Heger oder Kiesheger sind ähnlich gelagerte Kies- eines „ordnungsgemäßen“ Wasserabflusses (Hoch- bänke) wasserschutz), sowie an schiffbaren Gewässern zur Erhaltung der Schiffbarkeit; z. B. Reinigung, Räumung, Sediment Freihaltung des Gewässerbetts sowie der Ufer und Ablagerungen am Gewässergrund Anlagen. Bei der Definition „ordnungsgemäße Unter- haltung“ gehen die Meinungen von Wasserwirtschaft Seston und Fischerei/Umweltschutz mitunter weit ausein­ Organische und anorganische Partikel im Wasser ander. Gegenwärtig erfolgt mit Umsetzung der EU- Wasserrahmenrichtlinie ein gesellschaftlicher Wandel

230 der Wertung von Unterhaltungsmaßnahmen hin zu größerer Naturverträglichkeit und naturnaher Gestal- tung der Gewässer.

Verbuttung Kleinwüchsigkeit in Fischpopulationen infolge zu großer Bestandsdichte (vor allem bei Weißfischen und Barschen häufig)

Zooplankton im Freiwasser lebende tierisches Planktonorganismen, z. B. Wasserflöhe

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239 240 Teil I Teil Die Fischarten Fischarten und Fischgewässer in Sachsen-Anhalt Fischarten und Fischgewässer

Fischarten und Fischgewässer in Sachsen-Anhalt Teil I Die Fischarten