Einsichten Und Perspektiven

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Einsichten Und Perspektiven 4|14 Einsichten und Perspektiven Bayerische Zeitschriftfür Politik und Geschichte LebeninderUtopieoder:AlsDeutschlandnochgeteiltwar/Inter- viewMitMartinGutzeit/IMOstenwasNeues?/NS-Strafjustiz/ Ein Gesprächmit Okwui Enwezor/SchottlandnachdeMReferenduM Einsichten und Perspektiven Autorinnen und Autorendieses HeftesImpressum Dr.Maximilian Becker ist Historiker undResearch FellowamWienerWiesenthalInstitut für Einsichten Holocaust-Studien (VWI). undPerspektiven Dr.Stephan Dreischer befasst sich an der TU Dresden mitden Forschungsschwerpunkten Parlamentarismusforschung, europäische Integration,Institutionenanalyse und Parteien. Verantwortlich: Monika Franz leitetdas Publikationsreferat der Bayerischen Landeszentrale fürpolitische MonikaFranz, Bildungsarbeit. Praterinsel 2, Katharina Kern arbeitetals wissenschaftliche Hilfskraft an der TU Dresdenund befasstsich mit 80538 München diskursanalytischenund ethnomethodologischenFragestellungen. UdoSeiwert-Fauti war langjähriger Journalist bei der ARD undist heute freiberuflicher Europa- Redaktion: undSchottland-Korrespondent. MonikaFranz, Siegfried Wittenburg ist als freier Fotografiker,Textautor, Herausgeber undPublizisttätigund UtaLöhrer zählt zu den renommiertesten Fotografenzur DDR-Geschichte. Alexander Wulffius hat Politikwissenschaften studiert und arbeitetimBereich Public Relations in Gestaltung: München. www.griesbeckdesign.de Druck: alpha printmedien AG Darmstadt Veranstaltungshinweis Titelbild: Dieses Schaufenster einesLampengeschäftes der Lernort Staatsregierung staatlichen Handelsorganisa- Der Informationstag „Lernort Staatsregierung“ informiert über Aufgaben undArbeitsweisen der tion (HO) in Rostock foto- Bayerischen Staatsregierung. In Gesprächen mitleitenden Beamten und–nach Möglichkeit–Mit- grafierte Siegfried Wittenburg gliederndes bayerischen Kabinettswird ein Beitraggeleistet,die Distanz zwischenJugend und Staat im April 1989:„Womöglich abzubauen. Schulklassenoder Schülergruppen allerweiterführenden Schulen in Bayern ab Jahr- nacheinem Wutanfall habe gangsstufe10haben dieMöglichkeit teilzunehmen. Die Bewerbung erfolgt durchdie Lehrkräfte di- ich im Stadtzentrum meiner rekt per E-Mail an: [email protected] Heimatstadt, immerhin eine Bezirkshauptstadt, eine Reihe Parlamentsseminar 2015 ausgewählterSchaufenster des DieseLehrerfortbildunggibt Gelegenheit, für dreiTage Gast des Bayerischen Landtags im „Maxi- sozialistischen Einzelhandels milianeum“ zu sein.Vermittelt wird der parlamentarische Betrieb in all seinen Facetten.Ebenso dokumentiert. DieAuslagen wird Einblickgewährt in dieorganisatorischen Abläufe der Verwaltung. zeigenProdukte der staatlich Termine: verordneten Konsumgüter- 123. Parlamentsseminar 10.–12.02.2015 produktion, dieauf Kom- 124. Parlamentsseminar 09.–11.06.2015 mando am Bedarfvorbeiher- 125. Parlamentsseminar 27.–29.10.2015 gestellt wurden.“ Weitere Informationenfinden Sie unter: Foto:SiegfriedWittenburg http://www.blz.bayern.de/blz/veranstaltungen/parlamentsseminare/index.asp Die BeiträgestellenkeineMeinungs- Bundesratsseminar 2015 äußerungder Landeszentrale für In Kooperation mit dem Bundesrat in Berlin wird das Seminar „Bundesrat, Bundestagund Födera- politische Bildungsarbeit dar.Für die inhaltlichen Aussagen tragendie lismus im parlamentarischen System der Bundesrepublik Deutschland“ für Lehrerinnenund Lehrer Autorendie Verantwortung. allerSchularten mitFakultas Sozialkunde durchgeführt. Termin: 12.–16. Oktober 2015 DieLandeszentrale konnte dieUrhe- berrechte nicht bei allen Bildern dieser Ansprechpartnerin: Ausgabe ermitteln.Sie ist aberbereit, [email protected]; Tel.: (089) 2186 2175,Fax: (089) 2186-3175 glaubhaft gemachte Ansprüche nachträglich zu honorieren. 226 Einsichten und Perspektiven 4|14 Einsichten und Perspektiven Inhalt Siegfried Wittenburg 228 Lebeninder Utopie oder: Als Deutschland nochgeteilt war EinGespräch mit Martin Gutzeit 246 „Ichdenke, es will keiner zurück…” Katharina Kern und StephanDreischer 254 Im Osten wasNeues? DieLandtagswahlen2014 in Sachsen, Brandenburgund Thüringen MaximilianBecker 266 Strafjustiz und die nationalsozialistische Besetzung Polens AlexanderWulffius 274 VonKunstwelten und perfekten Verbrechen. EinGespräch mit Okwui Enwezor, Direktor am Hausder KunstinMünchen Udo Seiwert-Fauti 284 United we stand, divided we fall ... – Schottland nach demReferendum Ländernotiz Neuigkeitenaus derLandeszentrale 296 Vorschau 2015 298 Neue Publikationen der Landeszentrale Einsichten und Perspektiven 4|14 227 Leben in der Utopie oder: Als Deutschland nochgeteilt war 25 JahreFall Leben in derUtopie der Mauer: Zeitzeugen oder:Als Deutschland nochgeteilt war berichten VonSiegfried Wittenburg Radfahrer,Rostock-Groß Klein,1981. Dieses Fotostammt aus einerSerie meiner ersten Veröffentlichung in einer Be- zirksfotoausstellung des Kulturbundes. Die„Neubauimpressionen“,die mein unmittelbaresLebensumfeld darstellten, lösten jahrelangheftige undkontroverseDiskussionenaus. Fortan stand ich unter staatlicherBeobachtung, ohnedass ich einen konkreten Anlass fürein offensives Vorgehen gegen mich lieferte. Mein Leben wurdezum Drahtseilakt. Alle Fotografien: Siegfried Wittenburg 228 Einsichten und Perspektiven 4|14 Leben in der Utopie oder: Als Deutschland nochgeteilt war 30. September 1989: Ankunftinder Freiheit Hier befindetsichübrigensein nur wenigeMonate alter el- ternloser Säugling.Seine Eltern schafftenesnur noch, ihn Wasmuss dasfür ein Gefühl für die Menschen in Bayern ge- überden Zaunzureichen.Der Sau-Stasi warschneller.“1 wesen sein,als an diesem TagSonderzügeaus derDDR in Hof einrollten! Besetzt mit etwa 4000 Flüchtlingen, die zu- Und erschilderte seineAnkunft in Hof: vor in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in „Wasdie Filmberichte vom Abend des 30.09.’89betrifft,ich Pragwochenlang unter katastrophalenBedingungen ausge- sah sieam01.10. auch,mussich nicht wiederholen. Eswar harrt haben mit demeinzigen Ziel, in die Freiheit zugelan- eine fahle Darstellung.Ich weiß wasich sage, denn ichwar gen!Wie es den Flüchtlingen ergangen ist,weiß ichrechtge- da drin in dem4000fachen Wahnsinn, 4Meter hochauf ei- nau, denn mein Freund Lotharwar dabei. An seinerFlucht nemmassiven Zierzaun, derbedrohlichschwankte.Man warich nicht ganz unbeteiligt.Erschrieb mirdirektaus der kann dasgar nicht beschreiben, ichjedenfallsnicht. […] BotschafteinenBrief,hockte auf einerTreppeund schil- Und als ich im Grenzbahnhof Hof aus der Unter- derteinwinziger Schrift auf einem Zettel, den ihm einStern- führung hochstieg,standen da hunderte Leute und klatsch- Reporteraus dem HotelInter-Continental mitgebracht hat- ten. Ja doch! Da hab ich mich auf eine Treppenstufe gesetzt, te,was umihn herum geschah. Dieser Brief erreichte mich und es warmir egal,dass ichweinte.Und die Rotzeliefmir erst im November, unmittelbarvor dem Fall derMauer. aus der Nase, und der Kehlkopf war ein voll gefressener Dochich konnte ihngar nicht erfassen,denn in Rostock,wo Klumpen Schmerz. Musskomisch ausgesehen habe,der ichlebte,waren wirgerade miteiner Revolution beschäftigt. Kerl aufder Treppe.Dabin ich36Jahre alt, habe nichts er- Die Welt stand Kopf!Soblieb der Brief liegen. Er fiel mir reicht,wie Mamatränenerstickt sagt –und ichfühle mich bei jedemUmzug während derfür mich folgenden„wilden sauwohl dabei. Fühlt Euch ganzliebumarmt! Lothar“2 Jahre“ in die Hände. Ichhütete ihn wie meinenAugapfel, wasebenso auf mein Fotoarchiv,meineBücher, meine 40 JahreDDR: Der Staat behandelte Schallplatten und meine Dokumente zutraf. Erst im Jahre Erwachsene wie Kinder 2011 lasich ihn nocheinmal genau durchund erkannte,dass dieser Brief heute wohl das einzige Zeitzeugendokument WashattemeinenFreund Lothar bewogen, in die Prager ist, dasdiese für diedeutsche Geschichte so bedeutenden Botschaft zu fliehen? Er warnicht derersteFlüchtling aus Wochen voninnen heraus dokumentiert. Lotharschrieb: meinemunmittelbaren Umfeld in Rostock, wo ichgeboren „Die erste Nacht hinter mir, ein Alptraum!Habe wurde und lebte.Die erste Schockwelle erreichtemich angestanden wegen Anmeldung, um Erbseneintopf, sonsti- schon im Frühjahr 1989,als die Nachrichten aus demWes- gen Lebensmitteln, Essbesteck undwas weißich.Aushän- ten berichteten, dasssichjungeLeuteinder Botschaft der digung eines nagelneuen Bundeswehrschlafrocksnach BundesrepublikDeutschland in Budapest gemeldethaben 1-stündigem Warten.Das Bundes-DRK ist restlos überfor- und die Ausreise in denWesten verlangten.Darunterwar dert.Diese LeuteopfernunentgeltlichihrenUrlaubfür uns. eine Studentin, die Freundin einesanderen Freundes, was in […] diesem Fall nicht Liebschaftbedeutet.Sie hießKathrin, er Ich kam als 200–250ster Ausreisewilliger.Inder hießThomas. Kathrin warein hübsches, lebenslustiges Nachtkamen schätzungsweise 300 bis400 weitere Leute zu Mädchen und musiziertenebenbeiineinerBand. Ihre Vor- unsund derZustrom will nicht enden. Die sind Einzelper- liebe galtder irischen Folkloreund siewar dieGeige. Noch sonen, Frauen(mit oder ohne Kinder), und Männer,die ih- wenigeWochenzuvor hatte siezur Vernissage inder Foto- re Ehepartner zurück lassen,Kumpels zu zweit oderzu galerie„Zebra“ musiziertund gesungen,die meine Freun- fünft. […] de und ichals Arbeitsgemeinschaft fürFotografieimKul- Hierleben derzeitSäuglinge, Hochschwangere, turhaus der WarnowwerftinWarnemünde betrieben. Familienmit bis zu 4Kindern. Viele Vorbestrafteund As- Wirhatten die Nase voll vonder ständigen Bevor- sis, jugendliche Dummköpfe,die es hier als fröhliches mundung, welche von unseren Fotografien in die Öffent- Abenteuer betrachten; Skins,die mit halbwegspink-nor- lichkeit
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