Ins All geflogen, auf dem Boden geblieben

Am 26. August jährte sich das 40. Jubiläum von Dr. Sigmund Jähns erfolgreichem Flug zur Weltraumstation Saljut 6. Wäh- rend er in der DDR als erster Deutscher im All gefeiert und mit Orden überhäuft wurde, verspotteten ihn die Westme- dien gehässig als „Mitesser auf der Russenrakete“. Solche Gemeinheiten im Kalten Krieg dürften den heute 81jährigen kalt lassen. Seine wissen- schaftliche Arbeit am Zentra- linstitut für Physik der Erde Links! steht für sich. Nach 1990 hat im Digitalabo. Jede er sich darüber hinaus bei der Ausbildung von Raumfahrern Ausgabe schon drei Tage und als Berater der Europä- früher im Mailpostfach! ischen und der Russischen Weltraumbehörde bleibende Mit Sonder- Jetzt kostenlos bestellen: Verdienste erworben. www.links-sachsen.de/abonnieren, beilage [email protected] Wenn man Interviews von Sigmund Jähn liest, fällt auf, „Griechenland- oder 0351/84 38 9773. Info“ wie sehr er bis heute für eine ethisch reflektierte Tradition der Raumforschung steht. Kaum ein Gespräch, in dem er den Titel „erster Deutscher im Weltraum“ nicht auf den gemeinsamen Erfolg der kol- lektiven Arbeit der russischen, Erschließung des Alls für polnischen, ungarischen und Multimillionäre mit immensen tschechischen Kollegen ver- finanziellen und ökologischen weist. Erst jüngst sprach Jähn Kosten voran. Eigentlicher davon, dass die Raumfahrt ei- Treiber der Entwicklung von nen verstehen lasse, „dass die Raumfahrttechnik bleibt leider Dummheiten oder Verbrechen, wie im Kalten Krieg das Militär. Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Welt die wir mit dieser kleinen Erde Das gilt für die USA, in der betreiben, nicht endlos unbe- Donald Trump jüngst für die September 2018 straft bleiben.“ Sein Freund Ulf Aufstellung einer „Weltraumar- Merbold, der fünf Jahre nach mee“ als eigenständiger ihm für die Bundesrepublik ins sechster Arm des US-Militärs All flog, ergänzt, dass, wer „in plädierte. Es gilt aber auch 90 Minuten den Erdball um- für die Raumfahrtprojekte von rundet [...] von dort oben keine China, Indien, Russland und Grenzen mehr sieht.“ mit einigen Einschränkungen auch für die EU, wo militä- Das sind Gegenbilder zu den rische Überlegungen in der skrupellosen deutschen Raum- Regel weniger offen kommuni- fahrtpionieren wie Wernher ziert werden. von Braun, nach dem noch heute manche Straße in der Wer Sigmund Jähn, dem der Bundesrepublik benannt ist. Rummel um seine Person und Während seine Raketentechnik die ihm zugedachten Phrasen bei deren Produktion tausende immer erkennbar unangenehm ZwangsarbeiterInnen zu Tode waren, ehren will, der sollte geschunden wurden, und die an einer ernsthaften Demi- noch im letzten Kriegsjahr litarisierung der Raumfahrt Städte in Belgien, Frankreich arbeiten. Dies beinhaltet die und England verwüstete sowie Weiterentwicklung des UN- zahllose Zivilisten tötete, Weltraumvertrags und des sind Jähn und Merbold durch PAROS-Abkommen zur Verhin- den Blick aus dem All für das derung des Wettrüstens im All. gemeinsame Schicksal der Ihr Ziel ist die ausschließlich Menschheit noch sensibler ge- friedliche Nutzung des Alls worden. An ihre humanistische zugunsten der gesamten Botschaft lohnt heute mehr Menschheit. denn je zu erinnern. • Katja Kipping Für wissenschaftliche Zwecke wird die bemannte Raum- Dieser Beitrag erschien zuerst fahrt vermutlich zunehmend in „Raumfahrt Concret“, Heft obsolet. Stattdessen treiben 102, Juli 2018. Foto: Standar- Milliardäre wie Elon Musk die dizer / Wikimedia Commons / kommerzialisierte touristische CC BY-SA 3.0 Links! 09/2018 Links! im Gespräch Seite 2

Sie wären ein Thema für sich: die seit den … Gegen Ende der Zeit, also 1937 1989 vernichteten und umgewandelten kommt eine ganz große Gruppe aus Gedenkstätten in Sachsen. Wer heute Gedenkstätte Nordrhein-Westfalen, von sogenannten die Dresdner Neustadt besucht und auf kriminellen Häftlingen, das ist eine wei- der Alaunstraße an der „Scheune“ vor- tere Gruppe, die bisher völlig unterschla- beiläuft, wird bei diesem Kulturtempel gen wurde. Die Kommunisten bildeten kaum wissen, dass es sich erstens um KZ Sachsenburg – die größte Gruppe der politischen Ge- den ehemaligen FDJ-Jugendklub Mar- fangenen neben Sozialdemokraten und tin Andersen Nexö handelt und dass Gewerkschaftern. Einer der später nam- es zweitens auf dem Weißen Hirsch haftesten war der Kommunist und Autor bis zur „Wende“ eine Martin Andersen dritter Anlauf von „Nackt unter Wölfen“, Bruno Apitz. Nexö-Gedenkstätte gab. Der dänische Schriftsteller lebte in Dresden – woran Wie viele „frühe Lager“ gab es in man seit 1990 nicht mehr erinnert. Ein Sachsen? anderer Schriftsteller, Bruno Apitz, des- Ralf Richter sprach mit Anna Schüller, die seit Nach meinem bisherigen Stand gab es sen Meisterwerk „Nackt unter Wölfen“ 25 – aber die Gruppe um den Zschopau- unlängst neu verfilmt wurde, gibt es langem für ein würdevolles Gedenken kämpft er Heimatforscher Hans Brenner hat 110 dank dieser Medienproduktion wieder Haftstätten in Sachsen recherchiert. Die beim Aufbau-Verlag. Sogar als E-Book. Forschung geht da weiter. Es sind ja oft Was die wenigstens wissen: Bevor Bru- Turnhallen gewesen, Schlösser, Arbei- no Apitz ins KZ Buchenwald kam, war tersportheime wurden beschlagnahmt, er im KZ Sachsenburg inhaftiert. Dieses um Menschen inhaftieren zu können. In KZ hat wenig mit einem klassischen KZ Sachsenburg aber war es eine leerste- zu tun – es befand sich auf einem un- hende Fabrik. genutzten Textilfabrikgelände bei Fran- kenberg im Zschopautal, etwa zehn Ki- Hatte Sachsen einen besonders lometer von Chemnitz entfernt. Auch hohen Anteil an frühen KZ im dort hatte es schon eine Gedenkstätte Deutschen Reich? gegeben. Aber die ursprüngliche Aus- Ja, denn ein Viertel sämtlicher Lager ent- stellung ist weg. Es wird nicht mehr da- stand in Sachsen. Die Insassen waren ran erinnert. Dafür gibt es eine neu ge- nicht nur Deutsche. Zum Beispiel gab es staltete aus dem Jahr 1998 zu sehen. in Sachsenburg tschechische Häftlinge Heute bemühen sich junge Leute um und auch mindestens einen Italiener. den Erhalt der Anlage und um die Ein- richtung einer neuen Gedenkstätte. Be- Sie haben eine Gedenkstätten- sonders aktiv ist Anna Schüller, eine konzeption erarbeitet. Wie soll es junge Gymnasiallehrerin für Kunst und nun weiter gehen? Geschichte aus Chemnitz. Der Stadtrat hat es nun beschlossen, nachdem die Gremien der Stiftung Säch- Sie beschäftigen sich bereits seit sische Gedenkstätten das Konzept emp- 2009 mit dem KZ Sachsenburg. fohlen haben. Jetzt werden Bundesmit- Wie kam es dazu? tel beantragt und aus dem sächsischen Wir haben uns als Freundeskreis mit Tat- gibt keine Toilette, kein Wasser, keinen als die erste Gedenkstätte im Fabrikge- Haushalt sollen ebenfalls Mittel zur Ver- orten des Nationalsozialismus in Chem- Strom. Außerdem ist es natürlich darü- bäude entstand. Sie bestand bis 1990, fügung gestellt werden. Das ist sehr nitz beschäftigt. Dabei sind wir über den ber hinaus wichtig, für die Umsetzung als die Fabrik geschlossen wurde. Sie wichtig – denn nur wenn Landesmittel Kontakt mit dem VVN BdA (Vereinigung pädagogischer Angebote auch Tafeln war ja ein Teil davon. Teile der Ausstel- zur Verfügung gestellt werden, können der Verfolgten des Naziregimes – Bund oder Bilder zeigen zu können. So sind lung sind allerdings „verschwunden“. auch Bundesmittel genehmigt werden. der Antifaschistinnen und Antifaschis- wir allmählich zu der Überzeugung ge- Sobald die Bundesmittel da sind, könn- ten – Anm. d. Red.) auf den Ort Sach- langt, dass wir eine Gedenkstätte brau- Später gab dann noch eine Aus- ten die Sanierung der Gebäude und der senburg aufmerksam geworden. Das chen, und jetzt wollen wir uns auch da- stellung hoch oben im Schloss Aufbau einer Ausstellung beginnen. hat uns dann so interessiert, dass wir für einsetzen, dass hier eine entsteht. Sachsenburg über dem Zschopau- uns näher mit der Geschichte des KZ be- tal und der Fabrik, in der das KZ Was heißt das konkret? schäftigt haben. Wie knüpfen Sie an die Erinne- sich befand. Was wissen Sie zu Das Konzept eröffnet verschiedene Va- rungskultur der DDR an? dieser? rianten und der Stadtrat hat sich für die Sie hatten Kontakt mit hier Inhaf- Wir haben in den Archiven die Gästebü- Anfang der 90er gab es in der Presse Variante entschieden, die Ausstellung in tierten? cher gefunden, die es für die zugehörige lebhafte Auseinandersetzungen zur Fra- die Zellengebäude und das benachbarte Karl Stenzel kam Jahrzehnte nach sei- Gedenkstätte im Betrieb gab, und haben ge, ob es sich in Sachsenburg überhaupt Gebäude hinein zu bringen und die Kom- ner Inhaftierung nach Sachsenburg. Das uns darüber der Form des damaligen Ge- um ein KZ handelte oder ob es „nur“ ein mandantenvilla (Foto) und das Fabrikge- war für uns der Anlass, mit ihm und über denkens angenähert. Allerdings ist das Arbeitslager gewesen sei. Im Ergebnis bäude erst einmal außen vor zu lassen. ihn ein Filmprojekt zu machen. Seitdem noch ein sehr offener Prozess, da bin ich des Disputes gründete sich 1992 ein In- Im Rahmen des Forschungsprojektes lässt mich das Thema nicht mehr los. noch nicht so tief vorgedrungen. Aber teressenverband, der dann diese neue habe ich einen Beschluss des Stadtra- Wir haben 2011 und 2012 Workshop-Wo- in der Begegnung mit den Sachsenbur- Ausstellung initiierte, die 1997 eröffnet tes von 2015 entdeckt, die Kommandan- chen gemacht, Führungen, Projekttage gern haben wir schon einiges erfahren, wurde. Zuvor trat die Interessengemein- tenvilla abzureißen, obwohl sie unter und kleinere Veranstaltungen. Dabei ha- denn die Menschen hier wissen, dass es schaft an die Gruppen der ehemaligen Denkmalschutz steht. Sie zu erhalten be ich festgestellt, dass noch sehr vie- hier bereits eine Gedenkstätte gegeben Häftlinge heran und fragte, ob sie nicht wäre natürlich im historischen Interesse les unerforscht ist. Für die pädagogische hat. Eine „materielle Verbindung“ aber zur Ausstellung etwas beitragen woll- äußerst wichtig. Zwar verstehe ich den Wissensvermittlung aber ist es einfach gibt es zwischen dem neuen von uns ge- ten. Zunächst wurde die Ausstellung im Stadtrat, der an seine begrenzten Mittel notwendig, mehr Kenntnisse zu haben, schaffenen Gedenkstein im Steinbruch Schloss gezeigt, bis dieses baupolizei- denkt, aber wo ein Wille ist, da ist auch und so habe ich damit begonnen, zu dem und der alten DDR-Gedenkstätte mit lich gesperrt wurde. Anschließend wur- ein Weg. Egal ob über neue Möglichkei- Ort zu forschen. dem Skulpturenmonument: Beides be- de sie verwahrt und dann ermöglichte ten der Crowdfunding oder Spenden – steht aus Rochlitzer Porphyr! der Eigentümer Marcel Hett, dem ein selbst wenn die Mittel aktuell nicht zur Seither sind Sie kontinuierlich bei Teil des ehemaligen KZ Geländes ge- Verfügung stehen, wäre ein Abriss bis der Beschäftigung mit dem Thema Die heutige Gedenkskulptur mit hört, die Präsentation in den Garagen- auf die Grundmauern eine nicht wieder geblieben. der Figurengruppe war aber nicht räumen – wo sie sich noch heute befin- gut zu machende Vernichtung histori- Zunächst hatten wir den Fokus mehr auf das erste Gedenkmonument hier. det. schen Erbes. die pädagogischen Angebote gerich- Schon 1957 bei der Einweihung gab es tet. Politik hat uns da weniger interes- einen ersten kleineren Gedenkstein, der Wer waren die Gefangenen? Haben Sie einen Wunsch an unse- siert. Dass eine Gedenkstätte entstehen 1968 ersetzt wurde. Zudem gab es die Es waren zum größten Teil politische Ge- re Leserinnen und Leser? könnte, war für uns nicht so bedeutsam. Initiative eines Sachsenburger Lehrers, fangene, auch Zeugen Jehovas, Pfarrer Bitte prüfen Sie in der Familienge- Wir wollten uns einfach mit dem Ort be- der sich dafür eingesetzt hat, dass es der Bekennenden Kirche und einfach schichte, ob möglicherweise ein Fami- schäftigen und andere da „mitnehmen“. Gedenkräume gibt, wo man Besucher politisch engagierte Menschen, die kei- lienmitglied in Sachsenburg als Häft- Erst im Laufe der Jahre ist uns bewusst empfangen und die Geschichte darstel- ner Partei zuzuordnen sind. Sie kamen ling oder Wachmann war. Wir sind für geworden, wie wichtig eine Gedenkstät- len und daran erinnern kann. Der Lehrer zum großen Teil aus Chemnitz und Um- alle Informationen und Materialien sehr te ist, schon wegen der Infrastruktur: Es hieß Gottfried Weber und es war 1974, gebung, aber auch aus Leipzig, Dres- dankbar! Seite 3 Die dritte Seite 09/2018 Links! #wirsindmehr

Ich war am Nachmittag des 2. Sep- und den Schülerinnen und Schülern Das Konzert und die Mobilisierung da- ne und in ihr Konzert am Wochenende tember in Chemnitz, die evangelische erklärt, dass es so auch damals ange- zu liefen unter dem Motto „#wirsind- auf, die Bistümer Munster und Essen Kirche hatte zu einer Kundgebung auf- fangen habe. mehr“ und im Netz gab es verschiede- nahmen den Hashtag in ihr Titelbild gerufen. Zu den Rednerinnen zählten ne Meinungen, ob dieses Motto nun auf Facebook. Wann hat es in den gan- der Ministerpräsident, die Oberbür- Eine war eine tolle Veranstaltung, die besonders politisch sei oder nicht. Ich zen Jahren jemals eine so breite So- germeisterin und verschiedene Kir- sich klar gegen Fremdenfeindlichkeit finde es großartig, insbesondere wenn lidarisierung mit den Demokratinnen chenvertreter. Die Chemnitzer Ober- und Hass positionierte und gleichzei- ich dabei berücksichtige, wer sich al- und Demokraten in unserem Land, bürgermeisterin wies darauf hin, dass tig deutlich machte, wie wichtig es les dahinter versammelte. Da fuhren die sich in großen und noch viel mehr sowohl das Tötungsverbrechen, aber ist, im Gespräch zu bleiben. In diesem nämlich nicht nur Fans der Band aus kleinen alltäglichen Projekten gegen auch dessen Instrumentalisierung Sinne wünsche ich mir von den Kir- der Punk- und Linksszene zum Kon- Fremdenfeindlichkeit und jede Form inakzeptabel seien. Sie sagte auch: chen in unserem Land, dass sie immer zert. Mit dabei waren ebenso Mit- von Ausgrenzung und Hass engagie- Wenn jemand bei der rechten Demo deutlich Position gegen jede Art von glieder der katholischen Jugend oder ren, gegeben? Allein dass dies unter mitgelaufen sei und nun sage, er sei Ausgrenzung, Herabwürdigung und der Liberalen/Jungen Liberalen und dem Hashtag #wirsindmehr möglich kein Nazi, dann sei das so. Und ein- Fremdenfeindlichkeit beziehen und viele andere. Der Hashtag vereinte und Realität wurde, ist eine politische mal da mitzulaufen sei nicht schlimm. gleichzeitig den Raum für die nötigen deutschlandweit Menschen, die sich Botschaft, die durch fast 70.000 Kon- Aber nach den jetzigen Erkenntnissen, Dialoge schaffen. gegen Fremdenfeindlichkeit und jede zertbesucher und weitere rund 80.000 dass es auf diesem Demozug Hasspa- Form von Hass engagieren. Da gab es Zuschauer im Livestream noch unter- rolen und den Hitlergruß gab, müsse Am Montag danach fand dann ein tol- parallel Demos in anderen Städten, strichen wurde. man als mündiger Bürger wissen, dass les Konzert mit verschiedenen Bands beispielsweise , Stuttgart man Nazis und rechten Hetzern nicht statt, die allesamt kostenlos auftraten. usw., BAP nahm ihn mit auf die Büh- Dieses Gefühl, in diesem Kampf gera- hinterherläuft. Es dürfe sich nicht wie- de hier im Osten, hier in Sachsen nicht derholen. alleine zu sein, war wichtig und gibt Kraft. Nehmen wir dieses großartige Der Evangelische Landesbischof Cars- Gefühl mit in den Alltag und pflegen ten Rentzing machte unter anderem wir die sich in den letzten Tagen neu deutlich, dass es Mut braucht, um Lie- gebildeten Bündnisse gegen Rechts. be zu geben, wenn einem Hass ent- Jede friedliche Form des Widerstands gegenschlägt. Und er sagte, dass die ist wichtig und richtig. Wenn es uns Freiheit das Geheimnis des Glücks sei gelingt, die vielfältigen Ansätze, Ideen und das Geheimnis der Freiheit sei und Fähigkeiten der einzelnen Akteure der Mut. Mich persönlich am meis- zu bündeln und zu einem großen bun- ten bewegt haben die Worte des ka- ten Mosaik zusammenzuführen, kön- tholischen Probst der Pfarrei „Heili- nen wir unsere Gesellschaft zu einem ge Mutter Therese“ Clemens Rehor. friedlichen und freiheitlich-demokra- Er begann seine kurze Rede mit ei- tischen Miteinander verändern, in der nem Verweis auf eine kürzlich in ei- jeder und jede seinen und ihren Platz ner Chemnitzer Schule stattgefunden hat und findet. Veranstaltung mit einer Überlebenden des Holocaust. Dieser habe Bezug auf • Simone Hock die Ereignisse in Chemnitz genommen

Ich lese nicht nur, sondern ich schaue Aufmerksamkeit erregten zwei Bilder mir manchmal Ausstellungen an. Da einer dunklen Landschaft, mit kleinen Wem gehört Afrika? gab es diesen Sommer eine außer- Feuern und öligen Pfützen. Der Kom- ordentlich interessante; interessant mentar zu den Bildern belehrte mich, wegen des Ortes, wegen der Objekte dass es sich um die Bilder „einer ille- In dem Roman, den ich gerade lese Land gebaut.“ (S. 127) Sie appelliert an und der Art ihres Zeigens und wegen galen Raffinerie, die in ihrer Umgebung (Juli Zeh, Unterleuten, Luchterhand, einheimische Solidarität. einiger Inhalte-, die sehr nachdenk- die gesamte Pflanzenwelt vernichtet 2016), wird über eine Versammlung in hat“ handelt. „Der Schmuggel mit dem einem brandenburgischen Dorf, mit- Ich lese nicht nur Romane. Ich lese schwarzen Gold bedeutet nicht nur ei- ten in einem Vogelschutzgebiet gele- auch Zeitung. Da erfahre ich in mei- nen Verlust für die Erdölgesellschaf- gen, erzählt. Der geschniegelte Agent nem Leibblatt „“ ten …“ einer Windradfirma versucht mit einer am 7. August, dass im ostafrikanischen ausgefeilten Präsentation die Dorfbe- Uganda reiche Ölvorkommen entdeckt Moment mal: „Verlust für die Erdölge- wohner davon zu überzeugen, auf ihren wurden und sich vor allem ein franzö- sellschaften“? Ja wer erlitt denn zuerst Grundstücken Windräder aufstellen zu sischer und ein britischer Ölkonzern den existenzvernichtenden Verlust? lassen, zum Vorteil ökologischer Ener- mit ugandischer Hilfe um die Ausbeu- Wem gehörte denn dieses Afrika? Hat gieproduktion, die die Landesregierung tung bemühen. Geplant sind zudem sich hier nicht Unrecht in Recht ver- ja fördern will, und zum eigenen Vor- eine Raffinerie und eine Pipeline. Da kehrt? Und was machen die raffinier- teil durch den Erlös des notwendigen gibt es viel zu verdienen. Es gibt aber ten Illegalen, wenn man ihre Anlagen Landverkaufs. Die Firma, die die Wind- auch Kleinbauern, die seit Generatio- zerstört? Werden sie nicht versuchen, räder produziert und aufstellt, würde nen von der Bestellung des nun so be- sich das, was sie sich jetzt in Afrika als alles dafür tun. Es geht nun zu wie über- gehrten Landes leben. Sie sollen völlig Entschädigung für den Landraub der all. Manche träumen von schnell und unzureichend für ihr Land entschädigt lich machten. Der Ort war Baden bei Konzerne erschleichen, in den Heimat- leicht erreichtem Wohlstand. Andere werden. Dagegen wehren sie sich. Das Wien. Ein Ort, der sich „der kaiserli- ländern dieser Konzerne zu holen, wo fürchten um den langfristigen Nutzen Land ist nebst ihrer Lebensgrundlage che“ nennt – mit Recht, denn das war die Profite landen und sich in übrigens aus ihrem Land. Einige ängstigen mög- „Träger ihrer Geschichte, ihrer Identität einst das „Naherholungszentrum“ des höchst ungleich verteilten Wohlstand liche Folgen wie Geräuschbelästigung und ihres Wissens.“ (ebenda). Sie weh- Kaisers, der Adeligen und Reichen von verwandeln. und Schlagschatten. Die Vogelschützer ren sich, scheinen aber wohl auf verlo- Wien. Der Reichtum glänzt einem auch sprechen von den seltenen Vögeln der renem Posten zu stehen. Die Konzerne heute noch aus fast allen Häusern und Es wird eben in Europa entschieden, Region, die gefährdet wären. Die Regi- versuchen die Solidarität der Betroffe- Parks entgegen. Die ausgestellten Ob- aber in Afrika Beute gemacht; mit Be- on würde ihre touristische Attraktivität nen durch unterschiedliche Angebote jekte waren 2.000 Fotografien aus Af- trug, Gewalt, Bestechung. Egoismus, für das nahe verlieren. Eine erst zu zerstören. Auch Gewalt und illegale rika, großflächig angebracht an den Rassismus und Entsolidarisierung in kürzlich aus Berlin zugezogene Frau Landbesetzung sind im Spiel. Die be- Hauswänden der Stadt. Gezeigt wur- Europa sind Kollaborateure. Sie krimi- beschwört Interessengegensätze zwi- troffenen Menschen freilich kämpfen den Landschaften und Tiere des Konti- nalisieren und weisen jene ab, die sich schen Stadt und Land: „So etwas wird tapfer weiter. Die Chancen zum Sieg nents, Menschen, ihre Wohnungen und durch Widerstand und Flucht verwei- in Städten beschlossen und auf dem sind jedoch ungleich verteilt. ihre Arbeitsplätze. Meine besondere gern. Links! 09/2018 Hintergrund Seite 4 Immer wieder wächst das Gras Uwe Schaarschmidt zur Premiere des Gundermann-Films bei den Filmnächten am Elbufer

Irgendwann im Herbst 1994, hinter der Prahl als gönnerhafter MfS- Führungs- Bühne des Studentenclubs Bärenzwin- offizier, Peter Sodann als grummeli- ger in Dresden. Wir stehen vor Gunder- ger Parteiveteran). Vielmehr ist es die mann, nach dem Konzert. Schwitzend Zentrierung auf Gundermanns Stasi- kaut der schlaksige Liedermacher an Geschichte, hinter der vieles am Men- einer Körnersemmel und hört sich an, schen Gundermann und seiner Kunst was wir wollen: Ihn, als Musiker, im zurückstehen musste und welche dem nächsten Frühjahr, für die Jugendwei- Film eine bedrückende Haube über- he des Roten Baums. Schließlich nickt stülpt. er. „Mach ich. Klärt die Termine mit meiner Ollen. Kleene Gigs macht alle Andererseits ist dadurch die Zerrissen- meine Olle.“ heit des kauzigen Sängers natürlich erst skizzierbar geworden, eine Zerris- Hat sie auch wirklich gemacht, die Ol- senheit, die wohl viele nachvollziehen le. Und Gundi die kleinen Gigs, zwei können, die versucht haben, in dieser Lenze lang, zu unserer großen Freu- Zeit ihren Weg halbwegs gerade zu ge- de und bisweilen zum Schreck einiger Foto: Volker Palme / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0 hen, loyal zu Land und anständig vor Großmütter im Publikum. Denn Gun- „Gundermann & Seilschaft“ sich selbst zu bleiben – und es nicht dermann spielte nicht nur Gitarre und immer schafften. Letztlich kommt kei- sang dazu mit seiner spröden Stim- ne der verschiedenen Zeitebenen im me – er erzählte zwischen den Liedern dem sang er all jene Verluste und all je- er sein, der Film-Gundi? Wie redet er, Film ohne das Thema aus. auch Sprödes aus seinem Leben. ne Niederlagen wieder in den Kopf, die singt er, guckt er aus der großen Bril- schon schon fast vergessen schienen le? Wie kommt sein Moralismus rüber, Immerhin: Wunderbar eingebettet in Dass Gundermann so schnell gehen oder die man geheim gehalten hatte – heute, in dieser Zeit, in der die Moral das Filmgeschehen ist die Liebesge- würde, hatte keiner gedacht. Und so vor sich selbst und vor anderen. „Über- am Pranger steht – verlacht, denun- schichte zwischen Conny und Gerhard standen wir – fassungslos und tief lebe – wenigstens bis morgen …“ ziert, bespuckt, gehasst. Gundermann – erstere im Film mit An- traurig – in einer Reihe mit Hunder- na Unterberger auch wirklich grandios ten anderen traurigen Gestalten auf 43 Jahre alt wurde Gerhard Gunder- Ich habe auf‘s richtige Pferd gesetzt – besetzt – und es war ein ganz beson- dem Waldfriedhof, am Rande von Ho- mann und nun, über zwanzig Jahre aber es hat leider nicht gewonnen derer Moment an einem besonderen yerswerda, um uns zu verabschieden, nach seinem Tod in jener dämlichen Abend, als Conny Gundermann vor gut drei Jahre nach dem Abend im Bä- Mittsommernacht – also fast ein hal- Kurz gesagt: Es ist ein feiner Film ge- dem Film plötzlich auf der Bühne stand renzwinger. „Tankstelle für Verlierer“ bes Gundi-Leben später – kommt ein worden. Das Publikum am ausver- und mit der Prahl-Dresen-Band jenes nannte Hans-Dieter Schütt sein Buch, Spielfilm in die Kinos, ein Film über kauften Dresdner Elbufer dürfte den- Lied sang, das Gundermann einst für in dem er die 1996 mit Gundermann das ganze Leben des Sängers, Mu- noch mit gemischten Gefühlen nach sie als Hochzeitslied geschrieben hat- geführten Gespräche veröffentlich- sikers, Offiziersschülers, Stasi-IMs, Hause gegangen sein. Das lag gewiss te. Wie gesagt – es ist ein feiner Film te. Und das war Gundermann tatsäch- Bergmanns, Geschichtenerzählers, nicht am großartig spielenden Haupt- geworden und für den DDR-Kundigen lich, eine Tankstelle für Verlierer – egal Witzboldes, Moralisten und ewig Zwei- darsteller Alexander Scheer, der den gibt es auch eine Menge zu lachen – ob man selbst einer war. Bei ihm durf- felnden. Andreas Dresen hat dieses Gundermann mit großem komödian- ebenso, wie es für alle, die den Musi- te sich jeder als Verlierer fühlen und Leben verfilmt und man konnte einige tischem Eifer gab und auch nicht an ker noch erlebt haben, den einen oder wer eben gerade keiner zu sein meinte, Angst vor dem Film haben. Wie wird den gut besetzten Nebenrollen (Axel anderen Schluchz-Moment gibt. Altersarmut zwingt Rentner zum Arbeiten Susanne Schaper über eine besorgniserregende Sozial-Skandal des Monats Entwicklung

Nach Plänen der SPD in der letzten Le- Anfrage 6/14197 dokumentiert wird, gen sein, nach dem Renteneintritt wei- wie eine Rentenversicherungspflicht für gislaturperiode des Bundestages, soll- ist besorgniserregend und das Ergebnis terzuarbeiten! Selbstständige und Beamte. Auch die ten Arbeitnehmer nach 45 Beitrags- der von der Bundes-SPD maßgeblich in- sächsische Landesregierung steht in jahren abschlagsfrei in Renten gehen itiierten Rentenreform. Erste und längst überfällige Schritte der Verantwortung, auf der Bundesebe- können. In der Realität sieht das jedoch wären die Abschaffung von Beitragsbe- ne für ein solidarisches Versicherungs- anders aus. In den letzten drei Jahren Es gibt verschiedene Gründe dafür, messungsgrenzen, damit Spitzenver- modell zu streiten, das alle einbezieht. ist die Zahl der Menschen in Sachsen, dass auch in Sachsen immer mehr diener sich nicht weiter eines Teils ihrer Aber dazu braucht es eine andere poli- die auch nach dem 65. Geburtstag so- Rentnerinnen und Rentner weiterar- Verantwortung entledigen können, so- tische Mehrheit, auch in Sachsen. zialversicherungspflichtig beschäftigt beiten – den Fachkräftemangel, sicher sind, um etwa 30 Prozent (Männer) auch den freien Willen mancher, aber bzw. um 47 Prozent (Frauen) angestie- auch zu geringe Renten. Die Zahlbeträ- gen. Mithin arbeiten derzeit insgesamt ge werden laut der Deutschen Renten- 11.900 Personen im Freistaat auch im versicherung immer kleiner – erhielten Rentenalter weiter. Die Zahl der gering- Männer, die zum 31.12.2016 im Osten fügig Beschäftigten über 65-Jährigen in Rente waren, noch durchschnittlich stieg stetig von 20.950 Männern und 1.118 Euro, waren es im Neuzugang 16.335 Frauen im Jahr 2015 auf 26.500 2017 nur noch 968 Euro. Daran wer- Männer bzw. 22.300 Frauen im Jahr den auch die jüngsten Ankündigungen 2017. Den stärksten Anstieg mit insge- der Bundesregierung nichts ändern, die samt 49,7 Prozent im Vergleich zu 2015 Riester-Rente weiter zu stärken. CDU gab es im Landkreis Görlitz, gefolgt und SPD legen keine wirklichen Vor- vom Erzgebirgskreis (42,6 Prozent) und schläge vor, um die gesetzliche Renten- Dresden (42,2 Prozent). versicherung so auszubauen, dass sie Diese Entwicklung, die in der Antwort allen einen würdevollen Ruhestand si- der Staatsregierung auf meine Kleine chert. Niemand soll mehr dazu gezwun- Foto: Pixabay / CC0 Seite 5 Hintergrund 09/2018 Links!

Welche Perspektive eröffnet sich beim Polizeivollzugsdienstgesetzes) müssen Blick auf die neuen Polizeigesetze (Po- erst durch die Rechtsprechung konkre- lizeivollzugsdienstgesetz und Polizei- tisiert werden und unterliegen bis dahin behördengesetz) für den Freistaat, Gefährliche weitreichenden Interpretations- und und das vor dem Hintergrund der Si- Auslegungsspielräumen durch die Ex- cherheitsarchitektur in Sachsen und ekutive. Hochproblematisch wird dies, Deutschland? Beiden Gesetzen, die sollten Rechtspopulisten die Regierung nach dem Willen der CDU-geführten stellen: „In Sachsen etwa besteht die Landesregierung das bisherige Poli- Symbolpolitik reale Gefahr, dass die AfD im nächsten zeigesetz ersetzen sollen, kommt eine Jahr die stärkste Kraft im Landtag wird. große Bedeutung zu. Sie regeln Befug- Es gibt nicht wenige prominente Vertre- nisse und Pflichten sowie die rechts- Wie passt das neue Polizeigesetz in die ter_innen dieser Partei, die bestimmten staatliche Kontrolle der Polizei. Sie Gruppen von Menschen grundlegen- haben zudem weitreichende Auswir- politische Landschaft? Teil 1/3 – von de Menschenrechte absprechen und kungen auf jeden Menschen, der sich in Enrico Stange und Florian Krahmer dabei, um die öffentliche Stimmung zu Sachsen aufhält. schüren, auch vor Lügen und Manipu- lation nicht zurückschrecken. Das sind Die Änderung des Polizeigesetzes fin- keine Menschen, bei denen man sich det innerhalb eines Diskurses statt, der darauf verlassen kann, dass sie, ein- sich stark verschiebt. Das neue Polizei- mal an der wirklichen Macht, schon be- gesetz ist Teil von Veränderungen der stimmte menschenrechtliche Mindest- Sicherheitsarchitektur. Verschiedene standards einhalten würden.“ Autoren haben bereits versucht, die- (Galli 2018) se Veränderungen unter einem Begriff zu fassen – wie z. B. „Kontrollgesell- Literatur schaft“ (Deleuze, 2014). Die populärs- te Theorie im deutschsprachigen Raum Bässmann, Jörg/Vogt, Sabine: Community Poli- stammt von Tobias Singelnstein und cing. BKA-Forschung, Wiesbaden 1997. Buzan, Barry/Wäver, Ole/de Wilde, Jaap: Securi- Peer Stolle. Grob handelt es sich um ei- ty - A New Framework for Analysis. 1997. ne Verschiebung weg von der Abwehr Deleuze, Gilles: Unterhaltungen. Suhrkamp Ver- konkreter Gefahren hin zur Polizeiar- lag, Frankfurt a.M. 2014. beit mit Wahrscheinlichkeiten, unter Edelman, Murray: Politik als Ritual. Campus Ver- der Maßgabe einer ökonomisch effek- lag, Frankfurt a.M. 2005. tiven Steuerung von Ressourcen (Sin- Freie Presse: Sachsens Innenminister wirbt für gelnstein/Stolle 2012). Die neuen Ge- strengeres Polizeigesetz. 2018. www.freiepres- se.de/nachrichten/sachsen/sachsens-innenmi- setze des Polizei- und Ordnungsrechts nister-wirbt-fuer-strengeres-polizeigesetz-arti- stellen jedoch nicht „den“ Paradigmen- kel10261815, zuletzt aufgerufen am 18.07.2018. wechsel dar, sondern nur einen Teil der einem Anstieg der Wahrscheinlichkeit können wir froh sein, dass der Gefähr- Galli/Thomas: Das neue bayrische Polizeiaufga- Gesamtverschiebung. Zweifelsohne terroristischer Anschläge hergestellt: der nicht mehr in Deutschland ist.“ bengesetz. Fritz Bauer Blog 2018. https://www. fritz-bauer-blog.de/de/startseite/aktuell/tho- aber sind sie wesentlich, da sie, einmal „Hunderte ‚Gefährder‘ beantragen in (Tagesschau 2018) Armin Schuster, mas-galli-28-05-2018-polizeiaufgabengesetz, als „Wegstein“ gesetzt, nur schwer wie- Deutschland Asyl – Polizeibehörden Vorsitzender des Amri-Untersuchungs- zuletzt aufgerufen am 18.07.2018. der verschoben werden können (Krah- trauen ‚Gefährdern‘ schwere Strafta- ausschusses des Bundestags, gab zu Gerstner, Dominik: Predivtive Policing als Inst- mer 2018a), anders als weitere neue ten zu. 1.560 leben in Deutschland. Ein Protokoll: „Da habe ich keine schlaflo- rument zur Prävention von Wohnungseinbruchs- sen Nächte. Immerhin handelt es sich diebstahl. Max-Planck-Institut für ausländisches Formen wie „Community Policing“ (En- Viertel sind Asylbewerber. Das berich- und internationales Strafrecht, Freiburg 2017. ge Beziehungsarbeit der Polizei mit den tet der ‚Spiegel‘ unter Berufung auf ein um einen ausreisepflichtigen Gefähr- Krahmer, Florian: Grundlegende rechtsstaat- Menschen vor Ort, Bässmann/Vogt Papier der Bundesregierung. Die Behör- der mit Al-Kaida-Ausbildung.“ (Tages- liche Prinzipien werden außer Kraft gesetzt. 1997) oder „Predictive Policing“ (Steu- den versuchen zwar seit dem Terroran- spiegel 2018) Und Michael Kretschmer, Neues Deutschland, 2018 a. https://www. erung der Polizeiarbeit auf der Basis schlag von Berlin, ‚Gefährder‘ schnel- Sachsens Ministerpräsident, fügte hin- neues-deutschland.de/artikel/1090603.vers- chaerfung-der-polizeigesetze-grundlegende- berechneter Wahrscheinlichkeiten von ler abzuschieben. Aber das ist nicht so zu: „Ich bin froh, dass Sami A. Deutsch- rechtsstaatliche-prinzipien-werden-ausser-kraft- Straftaten, Gerstner 2017), die institu- einfach.“ (MDR 2018) Die Logik hinter land verlassen hat. Er soll nicht wieder- gesetzt.html, zuletzt aufgerufen am 18.07.2018. tionell und rechtlich niedrigschwelliger dieser Argumentation wird seit länge- kommen.“ (Sächsische Zeitung 2018b) MDR: Hunderte „Gefährder“ beantragen in angesiedelt sind. rem unter dem Begriff „Versicherheitli- Deutschland Asyl. 2018. www.mdr.de/nach- richten/politik/inland/islamisten-gefaehrder- chung“ (Buzan/Wäver/de Wilde 1997) d) Die neuen Polizeigesetze sind Teil deutschland-drittel-asylbewerber-100.html, zu- Neben den sächsischen sind neue Poli- gefasst. Die Theorie geht davon aus, der politischen Kommunikation inner- letzt aufgerufen am 18.07.2018. zeigesetze u. a. im und Nord- dass wichtige soziale und ökologische halb der Landtagswahlkämpfe: Rheinische Post: Ex-Bin-Laden-Leibwächter soll rhein-Westfalen in der parlamentari- Probleme vorrangig unter dem Aspekt „Freie Presse: Ab wann werden Sach- nach Deutschland zurückgeholt werden. 2018. ihrer Auswirkungen auf die Sicherheit sens Polizisten mehr Befugnisse ha- https://rp-online.de/nrw/panorama/abschie- schen Befassung oder, wie in Bayern, bung-von-sami-a-juristisches-tauziehen-um-ex- bereits beschlossen. Innerhalb des po- betrachtet werden und dass sich damit ben? – Roland Wöller: Das wird realis- leibwaechter-bin-ladens_aid-23926995, zuletzt litischen Diskurses entwickeln die neu- die Möglichkeit für die Politik öffnet, tisch nicht vor Ende nächsten Jahres aufgerufen am 18.07.2018. en Polizeigesetze ganz abgesehen vom Scheinlösungen anzubieten. passieren. Nach der Sommerpause Sächsische Zeitung: Lücken und Tücken im neu- neuen Bundeskriminalamtsgesetz eine wollen wir den Gesetzentwurf im Ka- en Polizeigesetz. 2018a. https://www.sz-online. de/sachsen/luecken-und-tuecken-im-neuen- besonders problematische Bedeutung: c) Die Polizeigesetze werden in einem binett beschließen und an den Land- polizeigesetz-3920098.html, zuletzt aufgerufen Diskurs über Innere Sicherheit verab- tag überweisen. Der wird das Gesetz am 18.07.2018. a) Ihre Notwendigkeit wird nicht aus schiedet, in dem zusehends ein Be- aber nicht vor dem Frühjahr 2019 ver- Sächsische Zeitung: „Kretschmer begrüßt Ab- empirischen Befunden wie einer Zunah- wusstsein über die Bedeutung und abschieden, danach sind noch einmal schiebung von Sami A. 2018 b. https://www. sz-online.de/sachsen/kretschmer-begruesst- me der Kriminalitätsbelastung abge- die Prinzipien des Rechtsstaats ver- acht Monate bis zum Inkrafttreten vor- abschiebung-von-sami-a-3976345.html, zuletzt leitet (Galli 2018), sondern aus der Ab- loren geht. Ein Beispiel ist die rechts- gesehen. – Freie Presse: Also gera- aufgerufen am 18.07.2018. sicht, mögliche künftige Bedrohungen widrige Abschiebung eines sogenann- de richtig für den Landtagswahlkampf Singelnstein, Tobias/Stolle, Peer: Die Sicher- vorbeugend zu bekämpfen: „[Innenmi- ten Gefährders (Sami A.), dem trotz 2019.“ (Freie Presse 2018) Aufgrund heitsgesellschaft. VS Verlag, Wiesbaden 2012. nister] Wöller zufolge will Sachsen die Ermittlungen keine Straftaten nach- der Trageweite sind die neuen Polizei- Tagesschau: „Nach Recht und Gesetz entschie- Gefahrenabwehr verstärken – zu einem gewiesen wurden. Dennoch wird die gesetze ein sehr gefährliches Mittel den“. 2018. https://www.tagesschau.de/inland/ leibwaechter-gerichtsurteil-107.html, zuletzt auf- Zeitpunkt, an dem das Kind noch nicht prognostische Annahme der Gefähr- symbolischer Politik (Edelman 2005). gerufen am 18.07.2018. in den Brunnen gefallen ist. ‚Wir wollen der-Eigenschaft zum zentralen Ent- Tagesspiegel: Tunesische Justiz will Gefährder Straftaten oder Anschläge verhindern.‘“ scheidungselement für politische Ent- e) Die Einführung neuer Befugnisse (z. Sami A. vorerst nicht zurückschicken. 2018. ht- (Sächsische Zeitung 2018a) scheidungsträger. Dieses Vorgehen B. „Ausschreibung zur gezielten Kont- tps://www.tagesspiegel.de/politik/fall-sami- a-tunesische-justiz-will-gefaehrder-sami-a-vor- erhöht die Gefahr der Unterhöhlung rolle“, vgl. § 60 Referentenentwurf des erst-nicht-zurueckschicken/22798128.html, b) Der Diskurs um die Polizeigesetze des rechtsstaatlichen Fundaments: Sächsischen Polizeivollzugsdienstge- zuletzt aufgerufen am 18.07.2018. geht einher mit einer Verschiebung der „Die Abschiebung von Sami A. sei ‚grob setzes) und neuer Einsatzmittel (z. B. politischen Argumentation nach rechts. rechtswidrig und verletzt grundlegen- „Fußfessel“, vgl. § 61 Referentenent- Wir drucken in drei Teilen einen Aufsatz So dient nicht die Entwicklung der de rechtsstaatliche Prinzipien‘, teilte wurf des Sächsischen Polizeivollzugs- von Enrico Stange und Florian Krahmer. Straftaten als Begründung, sondern es das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen dienstgesetzes) sowie die Verwen- Stange ist Mitglied des Landtags und in- wird eine Korrelation zwischen dem An- mit.“ (Rheinische Post 2018) Armin La- dung unbestimmter Rechtsbegriffe (z. nenpolitischer Sprecher der Linksfrak- stieg der Zahl der Asylsuchenden und schet, Ministerpräsident von Nord- B. „überschaubare Zukunft“ , vgl. § 21 tion, Krahmer ist Politikwissenschaftler der Anzahl der „Gefährder“ und damit rhein-Westfalen, sagte: „Im Ergebnis Referentenwentwurf des Sächsischen und Lehrbeauftragter an der Uni Leipzig. Links! 09/2018 Hintergrund Seite 6

Der G20-Gipfel ist in der Hamburger ten nicht ausschlaggebend gewesen Stadtgesellschaft noch sehr präsent. sein. Angesichts der Tatsache, dass Das wird immer wieder deutlich: in Ein Jahr danach während der G20-Tage einige hundert Veranstaltungen und Filmvorführun- „Tatbeobachter_innen“ im Einsatz wa- gen, in Gesprächen oder durch Berich- ren, gehen wir aber von mindestens te und Diskussionen zum 1. Jahrestag einer größeren zweistelligen Zahl bei in den Hamburger Medien. Bis heute der Welcome to hell-Demonstration halten sich in der Stadt zwei Erzäh- – G20 und die aus, vor der die Sicherheitsbehörden lungen, die schwer miteinander in Ein- wochenlang gewarnt hatten. Einige klang zu bringen sind. Dutzend vermummte Tatbeobachter_ innen hätten allerdings einen maßgeb- Die „offizielle“ Erzählung wurde vom lichen Einfluss auf den Auflösungs- Hamburger Abendblatt so auf den Folgen grund gehabt. Punkt gebracht: Die Proteste waren gewalttätig. Tatsächlich überschatten In den Akten konnten wir dann le- die ziellosen Zerstörungen, die eine Von Christiane Schneider, innenpolitische sen, dass die Polizei vorhatte, auch Gruppe Vermummter am Morgen des die Abschlussdemonstration mit ih- 7. Juli in der Elbchaussee anrichteten, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der ren 76.000 Teilnehmer_innen gewalt- und die Rauchwolken, die am Abend sam aufzulösen. Im Elektronischen des 7. Juli den Himmel über dem lin- Hamburgischen Bürgerschaft Einsatzprotokoll heißt es: „13:42, ken Schanzenviertel verdunkelten, für Meßberg: Der Schwarze Block wird einen Teil der Öffentlichkeit bis heute Im zweiten Akt setzte die Polizei bei sung der „Welcome to hell“-Demons- nicht an dieser Stelle abgetrennt. Das alles andere. Die Gegenerzählung be- Gericht mit Berufung auf einen „poli- tration. 12.000 Menschen kamen zu wird an einer anderen Örtlichkeit ver- richtet von (insgesamt 150) eindrucks- zeilichen Notstand“ eine 38 km² große dieser von autonomen Strukturen or- sucht.“ „Schwarzer Block“ suggeriert vollen Demonstrationen und kreativen Demonstrationsverbotszone im Innen- ganisierten Demonstration, obwohl Gewalt. Die Demonstration war fried- Aktionen während der Protestwoche, stadtbereich durch. 31.000 Polizist_ oder weil alle befürchteten, dass die- lich, auch dort, wo die Polizei den von einer polizeilichen Eskalations- innen wurden zum Schutz des Gipfels se Demonstration ihr Ziel nicht er- Schwarzen Block wähnte. Warum war strategie und erfahrener Polizeigewalt, und zur Eindämmung der Gegenpro- reichen soll. Tatsächlich stoppte die ein solcher Angriff noch um 13:42 ge- vom Terror tagelangen Hubschrauber- teste aus Bund und Ländern zusam- Polizei die Demonstration, bevor sie plant? Warum wurde er später abge- lärms und einer sich in den innenstadt- mengezogen, „mit allem, was Polizei- überhaupt losging, an einem, wie sie sagt? Wir können es nur vermuten. nahen Vierteln als „Besatzungsmacht“ en so besitzen, sowohl an Technik als glaubte, strategisch günstigen Ort Die Einsatzleitung, die sich um 13:42 aufführenden Polizei, die sich ausge- auch an anderem Equipment" (Dud- zwischen Häuserfronten und Flut- am Meßberg aufhielt, hat nach un- rechnet nicht blicken ließ, als Anwoh- de). Eine Woche lang befand sich die schutzmauer. Begründung: die Ver- serer Kenntnis ziemlich genau zu der nerInnen im Schanzenviertel nach Stadt in einer Art polizeilichem Aus- mummung zahlreicher Teilnehmer_in- Zeit realisiert, dass nicht die maximal Schutz vor Zerstörungen, Plünderun- nahmezustand. nen in den vorderen Blöcken. Obwohl 30.000 gekommen waren, die sie den gen und versuchten Brandstiftungen der Großteil die Vermummung ab- Akten zufolge erwartet hatte, sondern riefen. Am Abend des dritten Protesttages nahm, trennte die Polizei den vorde- nach ihrer eigenen Zählung 70.000. ließ Dudde ein sogenanntes „Massen- ren Teil ab und kesselte ihn ein. Dabei Der Angriff auf die friedliche Großde- Der von der Bürgerschaft eingerichtete cornern“ am Rande des Schanzenvier- nahm sie eine Massenpanik mit un- monstration hätte unabsehbare Fol- Sonderausschuss hat seine Arbeit be- tels auflösen. Ohne nachvollziehbaren übersehbaren Folgen in Kauf. Zu ihr gen gehabt, deshalb hat sie, so glau- endet. Zurzeit werden die Abschluss- Anlass schritt Polizei mit Wasserwer- kam es allein deshalb nicht, weil viele ben wir, davon abgesehen. berichte geschrieben. Zur Aufklärung fern gegen weit über 1.000 Menschen Menschen die Flutschutzmauer über- hat er wenig beigetragen. Denn für die ein, die sich hier wie anderswo zu po- winden und sich der Einkesselung ent- G20 hat neue Maßstäbe gesetzt und tut Aufklärung wichtige Informationen – litisch-kulturellen Veranstaltungen im ziehen konnten. Wir können es nicht es bis heute. Polizeieinheiten aus an- viele Akten, sämtliche Videos und Bild- Freien oder zwanglosen Gesprächen beweisen, aber die Fakten legen na- deren Bundesländern, auch aus Sach- dateien – wurden uns vorenthalten. auf Plätzen und Bürgersteigen ver- he, dass die Polizei die Auflösung an sen, haben mit der MZP 1 (einer Gra- Die polizeiliche Sicht auf die Proteste sammelt hatten. Mit diesem Einsatz genau diesem Ort geplant hatte, und natpistole, mit der 40mm-Granaten konnte dominieren. Dennoch haben gegen eine friedlich-fröhliche Men- dass die Vermummung lediglich der und verschiedene Typen von Muniti- wir fleißig Fakten zusammengetragen, on verschossen werden) u.a. Tränen- diese Sicht immer wieder hinterfragt gasgranaten abgeschossen. Das war und die wenig versammlungsfreundli- rechtswidrig, denn das Hamburger che polizeiliche Einsatztaktik kritisiert. Polizeirecht schließt den Einsatz der Eine unserer Schlussfolgerungen ist, MZP 1 in Hamburg aus. Wohl erstmals dass die demokratische Protestkultur in der BRD wurden, von sächsischem in Hamburg weiterzuentwickeln ist und SEK, Gummigeschosse abgeschos- dass die Polizei mit einer zukünftig ko- sen, die schwere Verletzungen herbei- operativen, deeskalierenden Einsatz- führen können. Deshalb hatte sich die strategie einen entscheidenden Bei- Innenministerkonferenz Anfang der trag dazu leisten muss. 1980er gegen den Einsatz entschie- den. Mit Schnellfeuergewehr bewaff- Früh war mit Hartmut Dudde ein für nete paramilitärische SEK-Einheiten seine harte „Hamburger Linie“ und waren nicht nur in einem robusten Ein- ein ausgeprägtes Feindbild „Links“ satz in der Nacht des 7. Juli im Schan- bekannter Polizeiführer zum G20-Ge- zenviertel, sondern wurden auch am samteinsatzleiter ernannt worden. In Abend darauf gegen eine entspannte einem ersten Akt legte er 16 Monate Menschenmenge in Stellung gebracht. vor dem Gipfel den Konfrontations- An den Einsatz von SEK werde man kurs fest: Ein Camp werde es nicht sich, hieß es von Senatsseite, zukünf- geben – auswärtige G20-Gegner_in- tig wohl gewöhnen müssen. Nach G20 nen sollten von der Anreise abge- führte die Soko „Schwarzer Block“ die schreckt werde. Daran hielt er fast Foto: Frank Schwichtenberg / CC BY-SA 4.0 bisher größte öffentliche Massenfahn- bis zum Schluss fest: Am 2. Juli 2017, dung nach inzwischen fast 300 Perso- zum Auftakt der G20-Protestwoche, schenmenge sandte die Polizei, be- willkommene Vorwand war. Einige Ta- nen durch, ohne dass klar ist, welcher setzte sich die Polizei über einen Ver- vor auch nur der erste Stein geworfen ge nach der Ausschusssitzung, auf erheblichen Straftaten die Gesuchten waltungsgerichtsbeschluss hinweg, wurde, zum zweiten Mal nach Enten- der die Demonstration behandelt wur- verdächtig sind. Sie stützt sich dabei mit dem die Errichtung eines Camps werder das Signal aus, dass Proteste, de, sagte ein sächsischer Polizist vor u.a. auf eine Gesichtsanalyse- und -er- auf der Elbhalbinsel Entenwerder ge- ob friedlich oder nicht, unerwünscht Gericht aus, dass er sich mit drei Kol- kennungssoftware, die den Sicherheits- nehmigt wurde, und ließ mit einem ge- und für Teilnehmer_innen potenziell legen als Tatbeobachter in „szenety- behörden auch ganz neue Perspektiven waltsamen Einsatz gegen friedliche gefährlich sind. Dieser willkürliche Po- pischer“ Kleidung und vermummt im zukünftiger Überwachung bietet, aller- Demonstrant_innen elf aufgestell- lizeieinsatz hat die Stimmung enorm Schwarzen Block aufgehalten hat. Sie dings vom Datenschutzbeauftragten als te Schlafzelte räumen. Erst drei Tage angeheizt. haben, womöglich als Agents Provo- rechtswidrig eingestuft wurde. später machte das Oberverwaltungs- cateurs, zum Vorwand für die Auflö- gericht den Weg zu einem Camp doch Die ersten Steine flogen am 6. Ju- sung der Demonstration beigetragen. So werden uns der G20 und seine Fol- noch frei, für viele zu spät. li, dem 5. Protesttag, nach der Auflö- Nun dürfte der Beitrag von vier Polizis- gen noch lange beschäftigen. Seite 7 09/2018 Links!

28. August, Goethes Geburtstag. Des erlebt. Sie seien mächtig und ohn- Dichterfürsten „Willkommen und Ab- mächtig zugleich gewesen, anfangs schied“ steht sinnbildlich auch für zwei ohne Richtlinien und Regeln. Viele Ent- disparate Momente bei Jour fixe 36. Willkommen scheidungen, ökonomisch umstritten Erstmals wird im „unkonventionellen bis falsch, wurden politisch durchge- Gesprächskreis“ an der Leipziger De- drückt. Nicht wenige Abwicklungen pendance der RLS Sachsen mit Petra waren von Skandalen und Selbstbe- Köpping (SPD) ministerialer Besuch und Abschied reicherungsfällen begleitet. Während aus Dresden willkommen geheißen. das Treuhandthema heute im Wes- Zum letzten Mal hingegen dreht sich ten öffentlich keine Rolle mehr spiele, das Debattenkarussell in den vertrau- verbinde es sich im Osten vor allem ten Räumen des ehrwürdigen Brück- Staatsministerin Petra Köpping bei Jour fixe: bei der älteren Generation mit trau- wald-Baus in der Harkortstraße 10. Die matischen Nachwehen persönlicher RLS-Geschäftsstelle verabschiedet Letzte Debatte an langjährigem Veranstal- Abwertung, ungerechter Behandlung sich demnächst von der Adresse. und, gesellschaftlich betrachtet, der tungsort zum Thema Treuhandtrauma. Unterwerfung unter den Westen. Stiftungsvorsitzender Peter Porsch lässt es sich nicht nehmen, die Staats- Von Wulf Skaun Jörg Roesler, von Ursula Wohlfeld ministerin und ihre wissenschaftlichen als einer der profiliertesten ostdeut- Mitstreiter auf dem Podium, die Histo- schen Wirtschaftshistoriker mit ein- riker Marcus Böick und Jörg Roesler, schlägigen Publikationen auch zum zu begrüßen. Die namhaften Gäste und Diskursthema vorgestellt, vergleicht das Reizthema – „Das Treuhandtrauma die „Schocktherapie“ der Treuhand- über die Privatisierung der DDR-Wirt- anstalt mit den Transformationspro- schaft“ − haben über 70 Interessier- zessen bei einigen früheren RGW- te angelockt, so viele wie nie zuvor bei Nachbarn, insbesondere Polen und Jour fixe. Porsch lenkt ihre Aufmerk- der Tschechoslowakei/Tschechien. samkeit auf Köppings Idee, in Aufarbei- Dort habe der marktradikale Umbau tungs- und Wahrheitskommissionen der Volkswirtschaften zu derartigen dem von vielen Ostdeutschen erhobe- ökonomischen und sozialpolitischen nen Vorwurf der Marktbereinigung und Verwerfungen geführt, dass die poli- Vermögensverschiebung zugunsten tischen Eliten dazu gezwungen wur- des Westens auf den Grund zu gehen. den, die schlagartige Privatisierung „Ein großes Debattenthema“, übergibt nicht zuletzt aus Gründen des ei- er an die Moderatorin des Abends, Ver- genen Machterhalts auf ein schritt- einsfreundin Ursula Wohlfeld. weises Vorgehen (Gradualismus) zurückzufahren. Roeslers Fazit: Im Die führt sachkundig ins Thema ein, Unterschied zu Polen und Tschechien weist den Referenten knapp bemes- dominierte in der Ex-DDR von Anfang sene Redezeiten zu und sorgt mit sou- bis Ende die „Schocktherapie“ die Pri- verän-lockerer Conférence für eine vatisierungspolitik der Treuhandan- angenehm flotte und konzentrierte Po- Scholz-Karas Susann Foto: stalt. Das entstandene Deindustriali- diumsdiskussion. Dass es rasch zur sierungs-Desaster war, ökonomischer Sache geht, provoziert Wohlfeld bei Fortan wusste sie, ihr größtes minis- die beiden Wissenschaftler an ihrer Vernunft zum Trotz, politisch gewollt der Vorstellung ihrer Gesprächspart- teriales Integrationsprojekt würden Seite Ergebnisse einschlägiger For- und ebenso begründet. ner auch mit klug platzierten Selbst- Inländer sein müssen. Viele von ih- schung vortragen. aussagen der Akteure. So fordert sie nen treibe ein Treuhandtrauma um. Im Dialog mit den Podiumsgästen zu die Ministerin kurzerhand auf, wie an- Wenn sie von ihren Leidens- und Bit- Moderatorin Wohlfeld bittet zunächst vertieften politökonomischen Aspek- derswo nun auch hier „Tacheles“ zu tergeschichten über den Verlust ih- den Historiker Marcus Böick von der ten des Treuhandthemas, an dem sich reden. Diese Steilvorlage nutzt die rer Arbeitsplätze, die Entwertung ih- Universität Bochum ans Mikrofon. unter anderen Monika Runge, Susan- 60-Jährige zu furiosem Auftritt. rer beruflichen Qualifikationen, über Der Autor der im Göttinger Wallstein na Karawanskij, Peter Porsch und Alt- ihren sozialen und materiellen Ab- Verlag erschienenen 767-Seiten- Stu- rektor Horst Hennig beteiligen, offen- Das Auditorium erlebt eine erfri- stieg erzählten, machten sie sehr oft die „Die Treuhand. Idee − Praxis – Er- bart sich neben Zustimmung für Petra schend authentische Politikerin, die die Treuhandanstalt für ihr Schicksal fahrung“ hat nun zehn Minuten, die Köppings Initiative auch Skepsis, ob wie zu ihren Zeiten als Bürgermeiste- verantwortlich. Dass diese den Os- Quintessenz seines Mammutwerks damit praktische Konsequenzen für rin und Landrätin die große Kümmerin ten als Konkurrenz ausgeschaltet und in Kurzfassung vorzustellen. In be- die Beseitigung sozialer Ungerechtig- geblieben ist, ihrer selbst verordne- das volkswirtschaftliche Vermögen wundernswerter Präzision legt er dar, keiten im Osten erreichbar seien. Sie ten Maxime getreu: für die Menschen der DDR zugunsten westdeutscher dass das Treuhandmodell als Privati- könne keine Versprechen abgeben, da zu sein. Sie sei vielen ein Dorn im Kapitalbesitzer umverteilt habe. Das sierungsagentur 1990 angesichts ei- glaube aber an die Kraft der kleinen Auge, weil sie sich im Klartext um erzeuge Wut und Aggression, schei- ner vermeintlich maroden und wett- Schritte, wenn sie von vielen gegan- Ungerechtigkeiten nach der Wieder- ne also mit zu erklären, weshalb die bewerbsunfähigen DDR-Wirtschaft gen würden, gibt sich die Ministerin vereinigung sorge, die andere unter AfD ein Wählerpotenzial von 25 Pro- als alternativlos begriffen wurde. Ur- kämpferisch. Es komme etwas in Be- den Teppich kehren wollten. Als ers- zent habe, sächsische Orte, wie zu- sprüngliche Ansätze, das Volksvermö- wegung, wenn die Ostdeutschen statt te sächsische Ministerin für Gleich- letzt Chemnitz, immer wieder Schlag- gen zu bewahren und nichtkapitalis- zu jammern selbstbewusst und offen- stellung und Integration 2014 ins Amt zeilen machten und mittlerweile auch tisch zu verwalten, wichen nach der siv in die Politik eingriffen. gekommen, habe sie Migrationspro- jüngere Leute glaubten, dass der Os- Volkskammerwahl am 18. März 1990 bleme im Auge gehabt – wie ihre Auf- ten benachteiligt wird. Man fühlt sich endgültig marktwirtschaftlicher Ver- Das letzte Wort hat an diesem Abend gabe auch im Dresdener Kabinett in- an Regine Hildebrandt, die frühere wertungslogik. Dass die Transforma- Manfred Neuhaus. Mit Klaus Kinner terpretiert worden sei. Doch habe sie Mutter Courage des Ostens, erinnert, tion von der Plan- zur Marktwirtschaft hat er im Januar 2015 Jour fixe be- angesichts Pegida und AfD ein um- wenn Petra Köpping mit Nachdruck als „Schocktherapie“ ausfiel, habe gründet. Angesichts alarmierender fassenderes Verständnis für ihr regie- erklärt: „Da ist eine Aufarbeitung der auch daran gelegen, dass Vorbild- aktuell-politischer Entwicklungen, da rungsamtliches Wirken entwickelt. Be- Ungerechtigkeiten in der Nachwende- oder Orientierungsbeispiele fehlten. solidar-demokratischer Diskurs durch gegnungen mit unzufriedenen Bürgern zeit notwendig.“ Daher plädiere sie für Mit der Herkulesaufgabe überforderte zunehmend digitalisierte illiberale, hätten ihr offenbart, dass sich deren gesamtdeutsche Aufarbeitungs- und Manager und Unternehmer aus West- konfrontative Kommunikation und ver- Unmut nicht nur an der Flüchtlings- Wahrheitskommissionen. Ausführ- deutschland, bar jeder Binnenkennt- giftete Fake-News verdrängt werde, politik entzündete. Viele Menschen lich habe sie ihre Ideen in ihrer Streit- nis ostdeutschen Wirtschaftens, pri- erinnert er an das Grundanliegen von im Osten fänden ihre Lebensleistung schrift „Integriert doch erst mal uns!“ vatisierten bereits in zwei Jahren über Jour fixe, einander zuzuhö¬ren, Nach- nicht anerkannt, hätten Kränkungen begründet. Jenseits von Rache- und 90 Prozent der DDR-Betriebe, sodass barschaft, ja Gemeinschaft zu stiften. und Demütigungen erfahren, fühlten Abrechnungsgelüsten solle sachlich rund drei Viertel der hier Beschäftig- „Nicht ohne Wehmut“ verkündet er sich gesellschaftlich abgehängt, de- aufgedeckt werden, wie es zu Eliten- ten ihre Arbeitsplätze verloren. Böick dann Abschiednehmen: „Es war dies klassiert. Wie ein Hilfeschrei habe sich tausch, Abwertung von Berufsab- schloss sein Treuhand-Stenogramm unsere letzte Debatte in diesen Räu- bei ihr da ein Satz eingebrannt: „Wenn schlüssen, Verlust von Betriebsrenten mit einem „Sittengemälde“ der Ma- men.“ Doch werde sie fortgesetzt. An Sie über Asylbewerber sprechen, inte- und eben zu verfehlter Treuhand-Po- nagerkaste. Viele hätten ihren Ein- anderem Ort, aber in bewährtem Geist grieren Sie doch erst mal uns!“ litik gekommen sei. Darüber würden satz als „Abenteuer im wilden Osten“ und mit ungebrochenem Elan. Links! 09/2018 Seite 8 „Gutes Gegengewicht gegen Beliebigkeit“ Freunde des politischen Plakats kommen derzeit in Leipzig auf ihre Kosten

Dr. Volker Külow sprach mit Grit Fiedler GF: Es ergab sich die Notwendigkeit, den DREWAG Dresden wurden veranstal- GF: Jetzt wollen wir erst einmal die IV. IPA (GF), Vorsitzende des Vereins zur Förde- weiteren Bemühungen eine feste Orga- tet. Eine große Ausstellung fand an der durchführen. 226 Autoren aus 35 Län- rung visueller Kultur e.V., und Wolfgang nisationsstruktur zu geben. So entstand Zaozhuang University Zhandong in Chi- dern reichten -769 Plakate ein; 86 wur- Blaschke (WB), Diplomfotograf und Ver- die Idee, einen Verein ins Leben zu rufen. na statt. Inzwischen können auf unserer den von der Jury – in der Mehrzahl akti- einsmitglied. Beide betreiben mit ande- Zugleich gefiel es mir, eine entsprechen- Webseite etwa 600 Plakate von über 100 ve Plakatkünstler – ausgewählt. Vom 29. ren die Plattform www.plakat-sozial.de de Internetplattform zu gründen. Mit de- internationalen Grafikdesignern betrach- September bis 19. Oktober ist sie im Ver- ren Hilfe organisierten wir in den letzten tet werden. ein Deutsches Museum für Galvanotech- Leipzig ist eine internationale Pla- Jahren drei internationale Plakatausstel- nik e.V. (Torgauer Strasse 76 b in Leipzig) katstadt mit lebendiger Tradition, lungen (IPA) in Leipzig, mit denen es ge- Gibt es schon konkrete Vorstel- zu sehen. Danach werden Teile u.a. im an die Sie beide anknüpfen wollen. lang, Plakatkünstler global zu vernetzen. lungen für weitere Projekte? Leipziger Rathaus gezeigt. Wie kam es zur Bildung der Inter- WB: Nicht nur Grafikdesignern oder foto- netplattform „plakat-sozial“? grafisch Interessierten steht unser Ver- WB: Die Berliner Kunstwissenschaftle- ein offen. Allen, die unsere demokrati- rin Dr. Sylke Wunderlich und der Dresd- schen Bemühungen unterstützen und ner Plakatkünstler Bernd Hanke hatten denen Plakate unserer Art etwas bedeu- vor fast zehn Jahren die Idee, eine ver- ten, können bei uns Mitglied werden. bindende Plattform Gleichgesinnter ins Auch Institutionen, die uns unterstützen Leben zu rufen. Der zu früh verstorbe- wollen, sind willkommen. ne Maler und Grafiker Ulli Strube und ich schlossen sich an. Als Fotograf gefiel mir Ende September findet die IV. IPA besonders, dass von Anfang an verschie- statt, unter dem Motto „Demokra- denen bildnerischen Genres Raum ge- tie – vor allem!“ Was hat sie bewo- boten und keinerlei Hürden aufgestellt gen, dieses Motto zu wählen? wurden. Vielleicht mit ein Grund, dass GF: Nach der II. und III. IPA wollten wir alsbald weitere Kolleginnen und Kollegen den inhaltlichen Bezug unserer Ausstel- folgten. Inhaltlich war Konsens, mit un- lung präzisieren. Die gesellschaftlichen seren künstlerischen Mitteln auf die zu- Spannungen nehmen welt- und europa- nehmenden gesellschaftlichen Spannun- weit zu. Die Stadt Leipzig widmet sich in gen zu reagieren und ein Zeichen gegen diesem Jahr deshalb besonders der För- Gewalt, Hass und Fremdenfeindlichkeit derung demokratischer Bestrebungen. zu setzen. Was also lag näher, als sich anzuschlie- GF: Nachdem wir die Gründung der Platt- ßen und starke visuelle Signale zu sen- form im Internet veröffentlicht hatten, den. Wenn Sie die Plakate betrachten, so waren wir über das große Echo erstaunt. ist das in vielen Beispielen gelungen. Es begann unsere erste internationa- WB: Die demokratischen Parteien und le Zusammenarbeit. Die Agentur „Next Verbände sollten sich durchaus für deren By Design“ aus San Francisco erfuhr Verwendung im öffentlichen Raum stark von unserem Vorhaben und bat uns, ge- machen, denn wo gehört das Plakat denn meinsam einen internationalen Plakat- hin? Auf die Straße! Das könnte ein gutes wettbewerb „OCCUPY – what‘s next?“ Gegengewicht gegen Beliebigkeit sein. zu veranstalten. Im Vordergrund stand der Gedanke, dem Dialog zwischen den Sind die Bemühungen des Vereins unterschiedlichen Gruppen der Gesell- lokal begrenzt? schaft visuelle Impulse zu verleihen. Die- GF: Nachdem es uns gelungen ist, über se Idee wurde erfolgreich umgesetzt und die Stadtgrenzen hinaus zu wirken, steht mit Hilfe des Zentrums für demokrati- einer landesweiten Wirkung nichts im sche Bildung der Stadt Leipzig gelang Wege. Auch einer Mitgliedschaft nicht. es uns, diese viel beachtete Ausstellung Es liegen bereits Anträge sogar aus Chi- auch im Rathaus zu präsentieren. na vor. Mehrere Ausstellungen, u.a. in der Mediengalerie der Gewerkschaft Wie ging es nach diesem hoff- ver.di in Berlin und im Leipziger Rat- nungsvollen Auftakt weiter? haus sowie den Geschäftsräumen der Verhängnisvolles Abkommen Mit der Propagierung der Gleichberech- überwiegend von Deutschen bewohn- 1938 zu einer Konferenz der vier Mäch- Münchener Abkommen ausgeliefert. tigung der Staaten und des Selbstbe- ten Sudetengebiete. Diese waren bis te Deutschland, Italien, Großbritanni- Das stellte den Gipfel der britischen Ap- stimmungsrechts der Völker – auch des zum Ende des Ersten Weltkrieges Be- en und Frankreich mit Hitler. Mussolini, peasement (Beschwichtigungs)-Poli- deutschen – hatte Hitler bedeutende Er- standteil der Habsburger Monarchie Chamberlain und Daladier – ohne einen tik dar („Frieden in unseren Tagen“). In folge erzielt. Im März 1938 erfolgte der Österreich-Ungarn. 1938 war die Tsche- Vertreter der Tschechoslowakei. Das dieser Zeit glaubte Chamberlain noch, „Anschluss“ Österreichs an das Deut- choslowakei – zumindest was den tsche- Abkommen sah vor, alle Gebiete, die zu Hitler vertrauen zu können: „Trotz der sche Reich unter dem Motto „Heim ins chischen Landesteil betraf – wirtschaft- mehr als 50 Prozent von Sudetendeut- Brutalität, die ich in seinem Gesicht zu Reich“ und „Ein Volk, ein Reich, ein Füh- lich hochentwickelt. Staatspräsident schen bewohnt waren, unzerstört an erkennen glaubte, hatte ich den Ein- rer“. Danach streckte Hitler die Hand Edvard Beneš bot unter starkem Druck Deutschland abzutreten. Der Einmarsch druck, einen Mann vor mir zu haben, auf aus gegen die Tschechoslowakei und Deutschlands, Großbritanniens und begann am 1. Oktober. Die Tschechoslo- dessen Wort man sich verlassen kann.“ verursachte im Mai 1938 eine schwere Frankreichs autonome Rechte für das wakei verlor 17.500 Quadratkilometer Zurückgekehrt stellte sich der britische internationale Krise, die insbesondere Sudetenland an, um den Frieden zu ret- Land, das von 2.800.000 Deutschen und Premier in der Downing Street einer die Regierungen der Tschechoslowakei, ten. Das genügte Hitler nicht. Er mobili- 800.000 Tschechen bewohnt war. Die Menschenmenge: „Meine guten Freun- Großbritanniens und Frankreichs alar- sierte für einen Einmarsch in die Tsche- Produktionsverluste betrugen 60 Pro- de ... ich glaube der Friede in unserer mierte. Der britische Regierungschef choslowakei zum 1. Oktober 1938. zent Steinkohle, 80 Prozent Braunkoh- Zeit ist gerettet.“ Für Hitler war das Ab- Neville Chamberlain reiste binnen kur- le, 80 Prozent Chemikalien, 80 Prozent kommen ein Freifahrtschein für die „Zer- zer Zeit dreimal nach Deutschland, um In dieser brisanten Situation kam es auf Zement, 70 Prozent Eisen und Stahl, 70 schlagung der Resttschechei“ – nach Hitler zu bremsen. Hitlers Forderungen Initiative von Chamberlain und Mussolini Prozent Kraftstrom, 40 Prozent Holz. Die Nazijargon – und die Vorbereitung des konzentrierten sich zunächst auf die in München am 29. und 30. September Tschechoslowakei war Hitler mit dem Überfalls auf Polen und des Weltkrieges. Seite 9 Geschichte 09/2018 Links!

Am 15. Oktober 1884 schrieb Friedrich Engels, 1820 als ältester Sohn einer Un- Engels an Johann Philipp Becker: „Ich ternehmerfamilie, die Baumwollspinne- habe mein Leben lang das getan, wozu Engels – Eigenes reien betrieb, geboren, starb am 5. Au- ich gemacht war, nämlich zweite Violine gust 1895 in London. Er hinterließ (nach spielen, und glaube auch, meine Sache Entrichtung der Erbschaftssteuer) ein ganz passabel gemacht zu haben. Und Vermögen von 20.378 Pfund, in heutiger ich war froh, so eine famose erste Violi- mit Marx erbracht Währung etwa 2,4 Millionen Euro. ne zu haben wie Marx.“ Mit diesem Zitat leitet Georg Fülberth seine im Frühjahr Fülberths Schrift ist für jüngere Leser in der PapyRossa-Reihe „Basiswissen Prof. Dr. Kurt Schneider empfiehlt ein hervorragend geeignet, sich mit Basis- Politik/Geschichte/Ökonomie“ erschie- wissen über Engels vertrautzumachen. nene Schrift „Friedrich Engels“ ein. lesenswertes Standardwerk Georg Fülberth: Friedrich Engels. Papy- Wo es eine erste und zweite Geige gibt, Rossa Verlag, Köln 2018. 124 Seiten, 9,90 vermerkt Fülberth, da besteht meist Der in elf Kapitel gegliederte Band gibt Wissenschaft konzentrieren konnte. Op- Euro. ISBN 978-3-89438-669-6 auch ein Ensemble. In diesem Sinne ar- einen ausgezeichneten Einblick in En- timal hatte er Marx unterstützt. Ständig beitet Fülberth die tatsächliche Bedeu- gels‘ Lebenswerk. Er behandelt sein spe- erreichten ihn Bittbriefe, auf die er nach tung von Engels heraus, der wie Marx zifisches wissenschaftliches Verdienst politischen Gesichtpunkten reagierte. zur Ersetzung der idealistischen Ge- und sein persönliches Leben. Während „Nur wenn die Anforderungen höher wa- schichtsauffassung durch die materialis- Marx bei der Kritik der Politischen Öko- ren als die gerade zur Verfügung stehen- Lyrisches tische beitrug. Damit versteht Fülberth, nomie blieb, versuchte Engels mit Erfolg den Erträge aus seinem Vermögen“, so im Unterschied zu manch entstellender nachzuweisen, dass die Dialektik die ge- Fülberth, „hielt er sich zurück: die Subs- Aber morgen sind wir tolerant modischer Lesart, unter Marxismus: „1. samte Realität, auch der Natur, bestim- tanz griff er nicht an.“ eine historisch-materialistische Analy- me. Dazu arbeitete er sich in die Litera- Auf der Flucht im Meer ertrunken. se von Ökonomie und Klassenverhält- tur des 19. Jahrhunderts zu Mathematik, Oder dem Tod entronnen – nissen; 2. eine auf diese gestützte The- Chemie und Physik ein. Am Abschluss und doch aus dem Leben gerissen. orie der Politik; 3. eine politische Praxis dieses Werkes wurde Engels dadurch in der Perspektive einer Aufhebung der gehindert, schreibt Fülberth, „dass er Aber ab morgen sind wir tolerant. kapitalistischen Gesellschaft.“ Marx und stattdesssen zwei Aufgaben übernahm, Engels haben diese komplexe Theorie, die operativ dringlicher waren“. Das war Durch die Straßen gehetzt – wie Fülberth betont, seit 1844 gemein- zunächst die Streitschrift „Herrn Eugen und geschlagen. sam ausgearbeitet, „ohne dass dabei Dührings Umwälzung der Wissenschaft“, Im Alltag diskriminiert. eine Priorität von Marx vor Engels oder dann, nach Marx’ Tod, die Herausga- umgekehrt erkennbar wäre“. Ihre Leis- be des zweiten und dritten Bandes des Aber ab morgen sind wir tolerant tung ist die erkenntnistheoretische wis- „Kapital“. Die Fertigstellung des dritten senschaftliche Revolution, die ihnen mit Bandes forderte seit 1885 all seine Kräf- Viel wird geredet – der materialistischen Geschichtsauf- te, insgesamt neun Jahre, da er nur eine allerdings mit vielen Brandsätzen. fassung gelang. Nachdem Engels 1869 ungeordnete Sammlung von Fragmen- Am Ausschank wird man bedient – seine Berufstätigkeit aufgegeben hatte, ten vorgefunden hatte. Von manchen mit Molotow-Cocktails. „hat er die Anwendung der materialisti- Abschnitten gab es lediglich Überschrif- schen Geschichtsauffassung in größe- ten. Zugleich war Engels durch das nach Aber ab morgen sind wir tolerant. rer Breite als Marx vorangetrieben, nicht Marx’ Tode erfolgte Erstarken der inter- nur als Popularisierung, sondern auch nationalen Arbeiterbewegung gefordert, In der Hoffnung auf offene Türen als Versuch der Verifikation und auch als so durch die strategische Partnerschaft sind sie gekommen – Vordringen in Wissensbereiche außer- mit August Bebel und Paul Lafargue. die aber blieben zugeschlagen. halb der ökonomischen Theorie“, auf die Sein Wohlstand erlaubte ihm eine Le- Ihr neues Heim geriet erneut in sich Marx konzentriert hat. bensführung, in der er sich auf seine Brand – das kannten sie schon.

Aber ab morgen sind wir tolerant. Vor 70 Jahren verstorben: August Thalheimer Besser wäre: Flüchtlingsgespräche über Flüchtlingsschicksale. Geboren am 18. März 1884 in Affal- 1916 in Berlin teil. 1914-1916 leitete er Philosophie an der Sun Yatsen-Univer- Dann sind wir tolerant. trach (Württemberg) als Sohn eines jü- als Chefredakteuer das Braunschweiger sität, arbeitete am Marx-Engels-Institut, dischen Kaufmanns, war August Thal- SPD-Organ „Volksfreund“. Im Mai 1916 war Mitglied der KPdSU und der Pro- • René Lindenau heimer der wichtigste theoretische Kopf zum Militärdienst eingezogen, kehr- grammkommission der Komitern und der KPD und danach der KPD(O). Von te er verwundet im Herbst 1918 nach publizierte zahlreiche Arbeiten. Im Mai 1902 bis 1907 hatte er an mehreren Stuttgart zurück. Er übersiedelte nach 1928 gelang ihm die Rückkehr nach FÜR DEINE PARTEI Universitäten Sprachwissenschaften Berlin, wurde Mitbegründer der Spar- Berlin. Nachdem er Ende 1928 zu den und Völkerkunde studiert und 1907 pro- takusgruppe und nahm am Gründungs- Mitbegründern der KPD(O) gehörte und Stimmen geentert moviert. Anschließend studierte er bis parteitag der KPD teil, in deren Zentrale an führender Stelle mitarbeitete, so als Bei der Wahl gekentert 1909 Philosophie und Ökonomie an der er gewählt wurde. Für die theoretische Herausgeber ihrer Wochenschrift „Ge- Universität Berlin. Thalheimer, der 1904 Arbeit der Partei zuständig, übernahm gen den Strom“, wurde er im Januar • Janina Niemann-Rich der SPD beigetreten war, wurde nach ei- er die Chefredaktion der „Roten Fahne“ 1929 aus der KPdSU und der Komitern nem Volontariat, das er auf Empfehlung und des theoretischen Organs „Interna- ausgeschlossen. 1933 musste er emig- von Rosa Luxemburg an der „Leipziger tionale“. Er verfasste den Entwurf des rieren. Von Paris aus nahm er Führungs- Politgreise Volkszeitung“ absolviert hatte, 1909 Programms der KPD, war federführend aufgaben der KPD (O) wahr. Zu Beginn Chefredakteur der Göppinger „Freien an der Ausarbeitung der Einheitsfront- des Krieges war er in etwa zehn Lagern Seehofer ist nicht in den Volkszeitung“, aus deren Redaktion er taktik beteiligt, entwarf das Agrarpro- interniert. 1941 konnte er nach Kuba Twitterwochen 1912 wegen Zusammenlegung mit revi- gramm der Partei und begann mit ers- emigrieren. Nach Kriegsende scheiter- Mit Trump sionisten Zeitungen austrat. ten Arbeiten zur Faschismusanalyse. ten die Bemühungen um die Rückreise- Oft vereint beide erlaubnis nach Westdeutschland an der Altersstarrsinn Im Zuge heftigster innerparteilicher Ablehnung der alliierten Militärbehör- Klappernde Gedankenschritte Auseinandersetzungen zu Fragen der den. Er, der antifaschistische Emigrant Unsichtbarer Begleiter stets: Strategie und Taktik, ausgelöst durch aus Deutschland, war unerwünscht im Das verkalkte Reaktionäre die ultralinke Offensivtheorie, wurde westdeutschen Nachkriegsdeutschland. Thalheimer, einer ihrer Begründer, in August Thalheimer starb am 19. Sep- Braunschwarzer Dünkel Deutschland steckbrieflich gesucht, tember 1948 in Havanna. Eng befreundet mit Clara Zetkin, Fried- weil er zum bewaffneten Kampf aufgeru- Bayerische Extrawurst rich Westmeyer, Rosa Luxemburrg, fen hatte. Bereits seit Ende 1923 in der • Prof. Dr. Kurt Schneider Sodawasser im Goldbecher: Franz Mehring, Karl Liebknecht u.a., ge- Sowjetunion lebend, wurde er am 19. Söder hörte er mit Kriegsausbruch zur „Grup- Februar 1924 vom Zentralausschuss Der Beitrag stützt sich auf Daten von pe Internationale“ und nahm an der 1. der KPD aus ihrer Zentrale abgerufen. Theodor Bergmann in „Gegen den • Jürgen Riedel Reichskonferenz der Linken im Januar In Moskau war Thalheimer Professor für Strom“, VSA-Verlag, Hamburg 2001. Links! 09/2018 Seite 10 Terminübersicht

Dresden, 17. September, 19 Uhr Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen und Willkommen* Island und dem Bund Deutscher Pfad- n Podium vergibt erstmals im Herbst 2018 den Mit Mathias Meisner (Herausgeber und finder_innen Trau‘ keinem über 100! Gesell- Rosa-Kunstpreis. Der Preis steht für Journalist). Eine Veranstaltung des poli- AJZ Chemnitz/ Alternatives Jugendzent- schaftliche Ansichten à la Marx. kontinuierliche Arbeit auf dem Gebiet tikkontor (Büro MdL Horst Wehner Die rum e.V., Chemnitztalstr. 54, Chemnitz REIHE: „An allem ist zu zweifeln!“ Marx‘ der politisch engagierten, zeitgenössi- LINKE) und der RLS Sachsen. Motto heute. Mit Klaus Lederer (Bür- schen Kunst und wird alternierend zum Zwickau, Ort wird noch bekannt gege- Statt zu warten, dass sich etwas an den germeister und Senator für Kultur und Wissenschaftspreis der Stiftung alle ben sächsischen Zuständen ändert, lasst Europa in Berlin) und Dirk Zöllner (Sän- zwei Jahre vergeben. Beworben haben es uns einfach selbst in die Hand neh- ger, Songtexter und Komponist) sich 77 Künstler*innen aus den Berei- Radebeul, 17.10.2018, 13 Uhr, bis men! Um uns gegenseitig zu ermutigen, Schauburg Dresden, Fritz-Lang-Saal, chen Literatur, Bildende Kunst, Musik, 21.10., 13 Uhr uns zu informieren und zu organisieren, Königsbrücker Strasse 55, Dresden Theater, sowie interdisziplinäre Kultur- n Workshop freuen wir uns mit Euch auf den anti- projekte. Der Rosa-Kunstpreis ist mit Intensivwoche Politische Bildung faschistischen Jugendkongress 2018. Leipzig, 17. September, 18.30 Uhr einer Summe von 1.200,- € dotiert. – Grundlagen der politischen Bil- Vorträge und Workshops gibt es u.a. n Lesung dungsarbeit*. Mit Claudia de Coster zum anhaltenden Rechtsruck und den „Deutschland - ein Wintermär- Dresden, 10. Oktober, 19 Uhr (Referentin politische Weiterbildung, kommenden Landtagswahl, zu Feminis- chen“ von Heinrich Heine* n Vortrag und Diskussion RLS) und Ronald Höhner (Referent poli- mus, Sozialen Kämpfen und Klimage- Mit Mike Melzer (RLS Sachsen) Verschläft die Linke die Digitali- tische Weiterbildung, RLS). rechtigkeit. Die Teilnahme ist kosten- Interim by linXXnet, Demmeringstraße sierung? Für eine neue Debatte um di- Jugendherberge Dresden-Radebeul, los. Für Unterhaltung, Inputs, diverse 32, Leipzig gitale Technologien*. Weintraubenstraße 12, Radebeul Workshops, Mucke und Pennplätze ist Mit Timo Daum (Autor) gesorgt. Essen und Trinken gibt es auf Chemnitz, 22. September, 11 Uhr WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Dres- Die Intensivwoche ist als Training an- Spendenbasis. Programm und Anmel- n Informationsstand den gelegt, um einen möglichst hohen dung unter https://timetoact.noblogs. Eröffnung der Interkulturellen Grad an Praxisnähe im gemeinsamen org. Anmeldeschluss ist der 30. Sep- Wochen Leipzig, 11. Oktober, 18 Uhr Aneignungsprozess von Modellen, tember. Neumarkt, Chemnitz n Podiumsdiskussion Techniken und Methoden zu errei- Neues von Arthur Koestler und chen. Teilnahmegebühr: 100 € / 50 Dresden, 19. - 20. Oktober, 19 Uhr - Leipzig, 25. September, 18 Uhr über Bertolt Brecht* € ermäßigt* (incl. Übernachtung im 21 Uhr und 10 Uhr - 18 Uhr n Vortrag und Diskussion REIHE: Jour Fixe - ein unkonventioneller Doppelzimmer und Vollverpflegung; n Workshop Georg Lukács’ langer Weg zu Gesprächskreis. Mit Prof. Dr. Klaus Kin- je nach Verfügbarkeit ist gegen einen Organisieren, um alles zu verän- Marx ner (Historiker) und Prof. Dr. Klaus Pe- Aufpreis eine Übernachtung im Ein- dern: Handwerkszeug für die Ar- REIHE: PHILOSOPHISCHE DIENSTAGS- zold (Historiker) zelzimmer möglich) Die Fahrtkosten beit in Nachbarschaften, Bildung GESELLSCHAFT Erich-Zeigner-Haus e.V., Zschochersche sind selbst zu tragen. Anmeldung bis und Politik.* Mit Rico Rokitte (Koor- Mit Dr. Antonia Opitz, Moderation: Prof. Straße 21, 04229 Leipzig zum 14. September 2018 per E-Mail dinator für den Arbeitskreis Organizing Dr. Karl-Heinz Schwabe an: [email protected]. der Bundesstiftung). RLS Sachsen, Harkortstraße 10, Leipzig Prof. Dr. Klaus Kinner würdigt die Ent- Die Anmeldung ist verbindlich und Wir AG, Martin-Luther Strasse 21, Dres- deckung des Originalmanuskripts von wird nach Eingang des Teilnahmebei- den Dresden, 26. September, 19 Uhr Arthur Koestlers „Sonnenfinsternis“. trags bestätigt. Die Teilnehmenden- n Vortrag und Diskussion Koestlers Schlüsselroman setzt sich Zahl ist auf 20 Personen begrenzt. Wir Mit den Werkzeugen des Organizings Roma in Deutschland: Immer mit den stalinistischen Säuberungen in streben an, mindestens die Hälfte der Politik zu machen, heißt längerfristige noch unerwünscht. Eine persön- den 1930er Jahren auseinander. Prof. Plätze mit Frauen zu besetzen. Wei- (Selbst-)Organisierung anzustoßen. Ziel liche Geschichte über den Kampf ge- Dr. Klaus Pezold stellt eine neue Biogra- tere Informationen unter: www.sach- des Workshops ist ein kompakter Ein- gen eine Abschiebung aus Sachsen* phie über Bertolt Brecht aus der Feder sen.rosalux.de blick in die Denkweisen und Methoden im Rahmen der Interkulturellen Tage. des britischen Germanisten Stephen des Organizings. Bitte meldet euch bis Mit Sami Bekir und Jörg Eichler (Gruppe Parker vor. Chemnitz, 18.-21. Oktober zum 5. Oktober 2018 unter rokitte@ro- Gegen Antiromaismus). n Kongress salux-sachsen.de an. Mehr Infos zum WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Chemnitz, 13. Oktober, 14 Uhr 3. Jugendkongress „Never give Workshop demnächst unter: Dresden n Workshop up“* www.sachsen.rosalux.de Marxlesekreis Eine Veranstaltung von WASTELAND - Dresden, 25. September, 18 Uhr Bibliothek, Rosenplatz 4, Chemnitz Vernetzung antifaschistischer und anti- * in Kooperation der Rosa-Luxemburg- n Vortrag und Diskussion rassistischer Gruppen Ost in Koopera- Stiftung. Gesellschaftsanalyse und poli- Smart City? Selbermachen - Leipzig, 16. Oktober, 19 Uhr tion mit der RLS Sachsen, dem Conne tische Bildung e.V. Stadtentwicklung im digitalen n Vortrag und Diskussion Zeitalter und do it yourself Sonderbericht des IPCC zum 1,5 REIHE: Junge Rosa. Mit Katalin Genn- Grad Ziel*. Mit Gerrit Hansen (Refe- burg (Stadtpolitische Sprecherin in der rentin für Internationale Klimaschutz- Fraktion DIE LINKE im Abgeordneten- politik). Eine Veranstaltung von PRISMA Impressum Kontakt: haus Berlin). IL Leipzig mit Unterstützung der RLS [email protected] WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Sachsen. Links! Telefon 0351-8532725 01099 Dresden Pöge-Haus, Hedwigstraße 20, Leipzig Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Fax 0351-8532720 Welt Redaktionsschluss: 01.09.2018 Wie wollen wir in der Stadt der Zukunft Der am 8.10.2018 veröffentlichte Son- Die nächste Ausgabe erscheint voraussicht- leben? Kann eine Transformation des derbericht des Intergovernmental Pa- Herausgeber: lich am 04.10.2018. analogen Stadtraums im digitalen Zeit- nel on Climate Change wird sich mit Dr. Monika Runge, Verena Meiwald, Prof. Dr. Peter alter gelingen und zwar ohne das wie- dem 1,5 Grad Ziel und dem Pariser Kli- Porsch, Dr. Achim Grunke Die Zeitung „Links!“ kann kostenfrei abonniert der nur dieselben Konzerne davon pro- maabkommen von 2015 beschäftigen. Verleger: werden. Wir freuen uns jedoch über eine fitieren? Ja! Lasst uns reden über neue Die hohe politische Brisanz, die der Verein Linke Bildung und Kultur für Sachsen e.V., Spende, mit der Sie das Erscheinen unserer Zei- Experimentierräume für alte und junge Bericht nach einem ersten Leak jetzt Kleiststraße 10a, 01129 Dresden tung unterstützen. Kostendeckend für ein Jahres- Menschen, in Nachbarschaften und für schon hat wird ebenso im Mittelpunkt Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung abo ist eine Spende in Höhe von 12 Euro. digitale Teilhabe. Lasst uns über ge- des Vortrages stehen, wie die Diskus- der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich Sollten Sie an uns spenden wollen, verwenden Sie meinsames Produzieren mit neuen An- sion welche Bedeutung der Bericht für das Recht auf sinnwahrende Kürzungen vor. Ter- bitte folgende Konto daten: wendungen und über neue Produkti- die deutsche Klimapolitik, die Kohle- mine der Redaktionssitzungen bitte erfragen. Verein Linke Bildung und onsorte für und mit dem Gemeinwesen kommission und das Mitteldeutsche Die Papierausgabe wird in der LR Medienver- Kultur für Sachsen e.V. sprechen. Urban Commoning statt digi- Revier haben. Nach dem Klimacamp in lag und Druckerei GmbH in Cottbus in einer Auf- IBAN: DE83 8509 0000 3491 1010 07 taler Rendite und Datenklau. Pödelwitz (Leipziger Land) sollen wei- lage von 10.950 Exemplaren gedruckt. BIC: GENODEF1DRS tere zivilgesellschaftliche Aktivitäten in Der Redaktion gehören an: Dresdner Volksbank Raiffeisenbank Leipzig, 29. September, 18 Uhr den Fokus rücken. Kevin Reißig (V.i.S.d.P.), Jayne-Ann Igel, Ute Aboservice: n Preisverleihung Gelfert, Thomas Dudzak, Ralf Richter www.links-sachsen.de/abonnieren, Verleihung des RosaKunstprei- Zwickau, 16. Oktober Bildnachweise, wenn nicht gesondert [email protected] oder ses n Lesung und Diskussion vermerkt: Archiv, pixelio, iStockphoto Telefon 0351-84389773 RLS Sachsen, Harkortstraße 10, Leipzig Unter Sachsen - Zwischen Wut Seite 11 Rezension & Dank 09/2018 Links! Die Angstprediger Ralf Richter über Liane Bednarz' Versuch, aufzuzeigen, „wo unter Christen die Bruchlinie zwischen konservativem und rechtem Denken verläuft“

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Rechtsintellektuelle wie Götz Kubit- mehr evangelisch geprägt ist, so sind Buch der diplomierten Juristin und Ade- schek zu verstehen, muss man wis- doch die „harten Konservativen“ bei- nauer-Stipendiatin Liane Bednarz ist ei- sen, wer seine geistigen Zieh-Väter wa- der Glaubensrichtungen – von denen in ne gute Ergänzung zu Melanie Amanns ren und von wem diese wiederum ihre den Freikirchen und bei den Evangeli- Buch „Angst für Deutschland“. Amann Ideen hatten. Bei Kubitschek, einem kalen ganz zu schweigen – kaum noch schreibt flüssiger, der Stil ist eingän- christlich-konservativen, rhetorisch von CDU oder CSU zu binden. Sie fin- giger. Liane Bednarz operiert mit zahl- versierten Verleger und Publizisten, der den – egal wie oft die sich noch spal- reichen Namen, Daten und Fakten, so den rechtsintellektuellen Thinktank „In- ten mögen – Halt in neurechten Bewe- dass manches Mal der rote Faden ver- stitut für Staatspolitik“ mitbegründete, gungen oder in der AfD. Mit der Wahl loren zu gehen droht. Gleichwohl ist es reicht es nicht zu wissen, dass er von Trumps, dem Erfolg der Nationalisten unumgänglich, dieses Buch zu lesen, der „Jungen Freiheit“ kommt. So wie in Großbritannien, Österreich und Itali- wenn man wissen will, weshalb die AfD man den deutschen Faschismus ab 33 en und dem neuen konservativen Block insbesondere so erfolgreich ist, Wähler nicht verstehen kann, ohne die intellek- des Visegrad-Staaten wird die inter- von der CDU bzw. CSU zu gewinnen. tuellen Wurzeln einzubeziehen, genau- nationale Vernetzung der „Verteidiger so wenig darf man das bei den heuti- des Abendlandes“ voranschreiten und Bednarz sieht sich selbst als konserva- gen Neurechten vernachlässigen. Wer es ist bislang nicht zu erkennen, wie tive Christin. Sie unternimmt auf 250 wissen will, wo die Identitären herkom- die etablierten C-Parteien sich erfolg- Seiten in einem schmalen Taschenbuch men, muss nach Frankreich schauen reich dem Rechtsruck entgegen stel- nun den Versuch, aufzuzeigen, „wo un- und kommt an dem Namen Alain de Be- len wollen, zumal mit der Abkehr vom ter Christen die Bruchlinie zwischen noist nicht vorbei. Dieser entwickelte Pfad der „Willkommenskultur“ bereits konservativem und rechtem Denken Ideen der „völkischen Intellektuellen“ eine kleine Kapitulation vollzogen wur- verläuft“ – und scheitert damit grandi- der Weimarer Republik weiter – ebenso de. Mit dem Beschreiten dieses „deut- os! Das muss so sein, weil sie ein we- wie der geistige Ziehvater des derzeit schen Sonderweges“ hat die CDU eine sentliches Element vernachlässigt: die tonangebenden Rechtsintellektuellen 1990, als das erste Studienjahr nach rote Linie überschritten. Das ist und Geschichte der CDU. Wenn es heute in Deutschland. Es ist der Schweizer der Wende begann, standen die Zei- bleibt aus Sicht vieler ihrer früheren selbst Linken schwerfällt, die CDU als Armin Mohler, der eine Gegenbewe- tungsverkäufer vor den Toren der Hum- Anhänger und Mitglieder einfach un- konservative Partei wahrzunehmen, gung zu den 68ern in Westdeutschland boldt-Universität in Berlin und schick- verzeihlich. da deren Anführerin jedem aktuellen aufbaut. Seine Grabrede wird kein an- ten sich an, den intellektuellen Diskurs Meinungsbild hinterherläuft –wie viel derer als Götz Kubitschek halten. Ei- im Universitäts- und Hochschulmilieu Noch eine interessante Beobachtung: schwerer muss das den Mitgliedern der ne klare Unterscheidung zwischen den zu beeinflussen. Das Hauptschlachtfeld liegt im virtuel- bis zur AfD-Gründung wichtigsten kon- Neurechten in Frankreich und denen len Raum! 90 Prozent der Quellen sind servativen Partei, der CDU, fallen? Bed- in Deutschland liegt eindeutig in ihrer So sehr sich die Autorin auch mit ihrer Online-Quellen. Eine klare Schwach- narz analysiert kaum die Entwicklung Haltung zum Christentum: Während „Bruchlinie“ zwischen Konservativen stelle ist das Fehlen eines Glossars. dieser Partei, sie taucht mehr in das die Franzosen die Kirche stark kritisie- und Neurechten müht, es wird deut- Auch für das Quellenstudium wäre es westdeutsche kirchenchristliche Milieu ren, ist das bei den Deutschen nicht lich, dass die AfD mit ihrem rechts- sinnvoll, wenn der Verlag einen Weg fin- ein, das ihr vertraut ist. so. Die Junge Freiheit als Publikation christlichen Hintergrund eher die den würde, den Leserinnen und Lesern der Neurechten wurde 1986 in Freiburg Bruchlinie für CDU und CSU bildet. das Quellenstudium zu ermöglichen. Interessant ist der Rekurs in die Ver- als christlich-konservative Schüler- Während die eine Partei (noch?) ka- Das Buch erschien bei Droemer und gangenheit. Denn um heute führende zeitschrift gegründet. Schon im Herbst tholisch-bayrisch und die andere doch kostet 16,90 Euro. Flieger-Ehrenmal nahe Syhra restauriert!

Nach einer jahrelangen Odyssee konn- nenden MiG 21 U retteten und da- te nun endlich die Restauration des durch zahlreiche Menschen in der Ort- Fliegerehrenmals bei Syhra (Kreis schaft Syhra vor dem Tod bewahrten. Leipzig) abgeschlossen werden. Damit Diesen Dank sprechen wir auch im Na- haben wir unsere Verpflichtung aus men der Angehörigen der beiden da- dem Jahr 2017, alles dafür zu tun, dass mals auf tragische Weise ums Leben das Gedenken am 52. Tag der Wieder- gekommenen Piloten Oberst Viktor Ni- kehr des Unglücks am sanierten Denk- kolajewitsch Schandakow und Major mal erfolgen kann, erfüllt. Dass dies Juri Alexejewitsch Wladimirow aus, die möglich wurde, verdanken wir der So- sich herzlich für die überwältigende lidarität vieler Menschen im ganzen Hilfsbereitschaft bedanken. Land. Die Spendensammlung erbrachte eine Die Mitglieder des Ortsverbandes Gei- größere Summe, als sie für die jetzige thain der Partei DIE LINKE und unse- Sanierung des Denkmals notwendig re Stadträte möchten deshalb auf die- ist. Das überschüssige Geld wird für sem Wege herzlich Danke sagen für die Werterhaltung des Denkmals und die Veröffentlichung unseres Spen- seines Umfeldes in der Zukunft einge- denaufrufes und die Beteiligung zahl- setzt werden. reicher humanistisch denkender Men- schen an der Spendenaktion für die Wirhaben das restaurierte Ehrenmal Sanierung des Ehrenmals. zum Weltfriedenstag am 1. September 2018 eingeweiht. Es wird somit auch in Zukunft an die zutiefst menschliche Tat der beiden • Bernd Gnant, Vorsitzender DIE LIN- Angehörigen der Fliegerkräfte der KE, Ortsverband Geithain Sowjetarmee erinnert werden, die am 19. Oktober 1966 ihr Leben nicht • Ulrich Böhme, Vorsitzender DIE LIN- schonten, sich nicht aus ihrer bren- KE, Fraktion im Geithainer Stadtrat Links! 09/2018 Die letzte Seite Seite 12

„Schreib Lieder, sagen die Gedichtema- gramm skurril in Szene setzte (das war cher, schreib Gedichte, sagen die Lie- übrigens angeblich die letzte DEFA- dermacher, schreib Prosa, fordern die Produktion). Dennoch kam es zur Tren- Essayisten … eine Mixtur der Genres, Seiltänzer nung, Mensching ging später nach Ru- fließende Grenzen.“ Mit diesen Wor- dolstadt und wurde der Intendant des ten leitete Steffen Mensching sehr zu- dortigen Theaters. Wenzel ist seitdem treffend im Schutzumschlag den ers- als Songwriter, Liedermacher bezie- ten Gedichtband Wenzels „Lied vom hungsweise Autorensänger unterwegs wilden Mohn“ aus dem Jahr 1984 ein. und hat inzwischen mehr als 40 Plat- Denn Hans-Eckardt Wenzel ist ein sehr auf den ten produziert, die allesamt mit ihrem vielseitiger Künstler, dem es wichtig ist, künstlerischen Niveau überzeugen, wie Lyrik und Musik ineinander fließen zu „Schöner Lügen“ aus dem Jahr 1999, lassen, wobei er darauf bedacht ist, zu „Lied am Rand“, „Ticky-Tock – Wenzel vertonenden Chansons Texte zu unter- singt Woodie Guthrie“ von 2003 oder legen, die rein strukturell dafür geeig- Buchstaben sein vorletztes Werk „Wenn wir war- net sind. Sonst lässt er Lyrik Lyrik sein ten“, das 2016 auf den Markt kam. und veröffentlicht sie in gedrucktem Format, wobei seine Arbeitsweise es Jens-Paul Wollenberg über den „guten Dass ihm politische Unzulänglichkeiten auch zulässt, falls es ihm unbedingt nö- nie einerlei waren und sind, bewies er tig erscheint, auch sie zu vertonen. Er Menschen“ Hans-Eckardt Wenzel durch ständiges Einmischen, etwa als ist bestrebt, seine Lieder im Vortrags- Erstunterzeichner der Resolution der stil eines Francois Villon zu kreieren, Liedermacher und Rockmusiker vom und teilweise lässt die Eislerschule aus 18. September 1989, die mehr Demo- der Ferne grüßen. kratie forderte, eine reformierte DDR, Wenzel selbst sprach von Aufklärung ohne gleich an die Wiedervereinigung als festem Skelett, auf dem sich seine beider deutscher Staaten zu denken. Werte aufbauen, er will Traditionelles Auch gegenwärtig prangert er in den nicht einfach fallenlassen, sondern es Ansagen zu seinen Liedern Missstände aufgreifen und neu gestalten. an, bleibt ein politischer Aufrührer im Geiste, seine Waffen sind Poesie, Ge- Es war Steffen Mensching nicht von sang und Musik. ungefähr vergönnt, den erwähnten Gedichtband einzuleiten. Denn beide Noch immer sind seine Konzerte sehr kannten sich schon eine kleine Ewig- gut besucht, er füllt die Säle, und es ist keit, sie sind bis heute gute Freunde, schon erstaunlich, dass es diesem Jon- waren streitbare Kollegen im Liedthe- gleur der politischen Werte, diesem ater „Karls Enkel“, bevor sie sich als Seiltänzer auf den Buchstaben trotz die inzwischen legendären Anarcho- seiner Rastlosigkeit spielerisch gelingt, Clowns „Wenzel-Mensching“ Kultstatus konzertant zum Verweilen einzuladen. erwarben. Da verliert der dumme Begriff „Event“ sein Schmäh, denn Wenzels Konzer- Wenzel galt schon zu DDR-Zeiten in te sind lebendiger denn je. Ja, und wel-

Kennerkreisen als der wichtigste Lie- Foto: Malenki / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 chem anderen deutschsprachigen Lie- dermacher. Er war es, der frischen Wind dermacher ist es bislang gelungen, sein durch die Szene blies. Ein Hauch von der Gitarre. Vielmehr streut er Zuver- cher, stieß unweigerlich auf das Ensem- Publikum zum Tanzen zu verführen? Da unbändiger Anarchie umwehte sein Pu- sicht, solidarisiert sich mit seinen Zu- ble „Karls Enkel“, das sich nach und ist schon Magie im Spiel. blikum, wenn er, langhaarig und bärtig, hörern, verbreitet Trost, vermittelt Zu- nach vom Singeklub zum Liedtheater die Bühne betrat und sein Chanson vom sammenhalt auf der Grundlage der von entwickelte, und wurde dessen Mitglied Auf die Frage eines Journalisten, ob er wilden Mohn bissig durchs Mikrofon ihm ausstrahlenden Bescheidenheit. – den Wandel beeinflusste er entschei- nicht darüber erstaunt sei, dass er heu- schmetterte. Er hob sich weit von der So vermag er sein Publikum mit seinem dend. Hier lernte er Steffen Mensching te noch große Säle füllt, reagierte Wen- üblichen Gangart anderer Kollegen sei- außergewöhnlichen Charisma zu ver- kennen, der als Autor und Darsteller zel nüchtern mit der Erkenntnis, dass nes Genres ab. Auf seiner ersten Solo- zaubern. agierte. Unter Wenzels Regie entstan- die allgemeine Verblödung wohl noch scheibe „Stirb mit mir ein Stück“, 1986 den bis zur Auflösung der Gruppe vier- nicht ganz so schnell fortgeschritten bei Amiga erschienen, schwelgt Wenzel Wenzel wurde am 31. Juli 1955 in zehn literarische Musikprogramme auf sei und dass viele noch an Inhalten in- in seinen Empfindsamkeiten, schlüpft in Kropstett bei Wittenberg als Sohn ei- hohem künstlerischen Niveau. teressiert sind, dass sie ihm und seinen Rollen vereinsamter Individualisten und nes Lehrerehepaars geboren. Er ver- Liedern vertrauten, weil sie spürten, schildert äußerst poetisch den oft grau- brachte seine Jugend in Wittenberg, wo Ab 1984, nach der Auflösung von dass sie nicht verarscht werden. en Alltag im ach so gepriesenen Prenz- er 1974 das Abitur ablegte, bevor es „Karls Enkel“, arbeiteten die Mitglieder lauer Berg, dem begehrten Stadtteil der ihn nach Berlin zog, wo er von 1976 bis an neuen Projekten. Stephan Körbel Hans-Eckardt Wenzel wurde für sein DDR-Hauptstadt (derweil ist Berlin das 1981 an der Humboldt-Uni Kulturwis- schlug eine Solokarriere als Liederma- künstlerisches Schaffen immer wie- dritte Mal Hauptstadt, und Wenzel re- senschaften studierte. Schon als Kind cher ein und gründete zur Wendezeit der ausgezeichnet. So erhielt er bereits signiert inzwischen: „Hier bin ich nicht begann er, Kurgeschichten und erste das Berliner Plattenlabel „Nebelhorn“, 1978 die Johannes-R.-Becher-Medaille, mehr zu Hause, bin wie ein Banause, Gedichte zu schrieben. Entdeckt wur- Rolf Fischer bereicherte mit seinem seither auch den Heinrich-Heine-Preis von Beton umbaut“, denn dem trostlo- de sein Talent von einem Pionierleiter Cello die „Bolschewistische Kurkapel- des Ministeriums für Kultur der DDR, sen Grau folgte gnadenloses Weiß). Er und seiner Deutschlehrerin, die ihm als- le Schwarz Rot“, andere ehemalige Mit- den deutschen Kabarettpreis und 2003 drückte die bis dahin noch kaum ausge- bald empfahlen, auch politische The- streiter erarbeiteten mit Wenzel und den „RUTH“ beim TFF-Rudolstadt. Die sprochenen Gefühlswelten junger Men- men zu bearbeiten. Und so dauerte es Mensching die Fortsetzung der legen- Jury bei letzterem begründete ihre Ent- schen aus, dokumentierte somit erst- nicht lange, bis er sich als dichtender dären „Hammer-Rewüh“ in Form einer scheidung folgendermaßen: „Die Ei- malig einen realexistierenden Kosmos Pionier einen Namen machte. Da in Wit- „Sicheloperette“. 1982 begann Wenzels genständigkeit seines Klanges entsteht aus Trauer, Hoffnung, Liebe, Leid, Le- tenberg ein bekannter Dichter lebte, Kooperation mit Mensching als bereits aus dem Gewöhnlichen, aus dem ge- bensfreude. lag es nahe, Wenzel zu überreden, in zu erwähntes Clown-Duo, das bis weit in lebten Leben. So lässt jeder Ton, jedes konsultieren, um kritische Hinweise zu die späten Neunziger hinein nicht nur Wort bei Wenzel einen das Leben und Auf diesem sehr sensiblen Album be- ergattern. Doch die hochgelobten Ver- auf Kleinkunstbühnen erfolgreich un- das Leben ,vor diesem Leben‘ erfüh- dient sich Wenzel auch zweier Textvor- se des jungen Poeten waren zum Schei- terwegs war. len. Ohne viel Umschweife, fast karg lagen des leider in Vergessenheit gera- tern verurteilt, der Meister verriss sie und spröde, sagen Wenzels Lieder alles tenen Österreichers Theodor Kramer. allzu arg, sodass Wenzel das Schreiben Es existieren zwei CDs, die Anfang der über die Befindlichkeiten einer Genera- Diesem Dichter widmete Wenzel Jahre erst einmal aufgab. Erst Jahre später Neunziger bei Buschfunk beziehungs- tion und ihres gesellschaftlichen Um- später weitere Produktionen. begann er wieder, Texte zu verfassen, weise Nebelhorn produziert wurden: felds aus.“ hauptsächlich in Liedform, die er dann „Abschied der Matrosen vom Kom- Wenzels Bühnenpräsenz ist es nicht, in diversen Singeklubs ausprobierte munismus“ und „die legendäre Ham- Auf meine Frage an ihn während eines des üblichen Liedermachergestus zu und vortrug. mer-Rewüh von 1982“. Als bemerkens- Treffens in Rudolstadt, was zu erwäh- bedienen, mit moralerhobenem Zeige- werter Leckerbissen sei der Spielfilm nen ihm noch wichtig sei, bekam ich die finger und belehrenden Ansagen wäh- Seit 1976 wirkte er dann parallel zu sei- „Letztes aus der DaDaeR“ empfohlen, kurze Antwort: „Schreib, dass ich ein rend des obligatorischen Stimmens nem Studium als Autor und Liederma- in dem das Duo sein gleichnamiges Pro- guter Mensch bin.“ Das ist er! Seite 1 09/2018 Sachsens Linke! September 2018

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Ursachen benennen!

Chemnitz sitzt allen noch in den Kno- chen. Wieder ein Schreck, der aus Sach- sen durch die Bundesrepublik geht, der sich einreiht in die und doch wieder he- raussticht aus der Kette an Ereignissen. Entsetzen. Und sofort auch reflexarti- ge Reaktionen. Rechte schlachten den, so wird betont, „Tod eines Deutschen“ aus. Mitte-links reagiert mit Demonst- rationen, Künstler*innen organisieren ein Konzert, welches glücklicherweise 65.000 auf die Straße holt. Wir LINKE reagieren richtigerweise antifaschis- tisch.

Allerdings liegt die Ursache dafür, dass Weichen für die Landtagswahl gestellt! anders aussehende Menschen durch eine Stadt gejagt werden, tiefer. Die Thomas Dudzak über den Parteitag in Hoyerswerda Abgrenzung des Sächsisch- und des Deutsch-Seins wurde durch die Regie- Am 25. August 2018 trat die 3. Tagung Spekulationen um eine mögliche Ein anderer Startpunkt wurde schließ- renden hierzulande zelebriert. Deut- des 14. Landesparteitages in der Lau- schwarz-dunkelrote Koalition, die in lich mit dem Wahl- und Aufstellungs- sche zuerst ist das Ergebnis. Dass oh- sitzhalle Hoyerswerda zusammen, um den Wochen vor dem Parteitag durch verfahren gesetzt, den nämlich zur ne Zuwanderung niemand auch nur ein die Weichen für die Landtagswahlen den Blätterwald gerauscht waren, er- Findung und Nominierung unserer Quäntchen mehr soziale Sicherheit hät- 2019 zu stellen. So stand neben der teilte sie eine klare Absage. Der CDU KandidatInnen zur Landtagswahl. te, gerät gesellschaftlich ins Hintertref- Diskussion des Leitbilds zum Landes- fehle es dazu an „politischer Kultur, Der Landesparteitag folgte hier nach fen. entwicklungskonzept ALEKSA auch einem gesunden Verständnis von intensiver Antragsbehandlung dem die Entscheidung über das Wahl- und Demokratie und an Anerkennung der Vorschlag des Landesvorstandes, Rücktrittsforderungen scheinen absurd, Aufstellungsverfahren auf der Tages- Opposition.“ Dies sei keine gute Basis einen 20er-Listenvorschlag mit weil es in der Tat nur noch schlimmer ordnung. Der Parteitag sollte darüber für eine Zusammenarbeit. SpitzenkandidatIn, Kernteam, zwei kommen kann. Deshalb reicht es nicht, hinaus beschließen, ob die Entschei- Jugendkandidierenden und jeweils wenn wir antifaschistisch reagieren, wir dung über die inhaltlichen Schwer- Falls es zu keiner stabilen Mehrheits- einem zusätzlichen Platz für Kandi- müssen Ursachen benennen: Sozialab- punkte und über die Spitzenkandidatur regierung nach der Landtagswahl dierende der Kreisverbände zu bilden. bau, Niedriglöhne, Abbau von Infrastruk- zur Landtagswahl 2019 in die Hände kommen sollte, werde man sich mit Die Landesliste selbst wird schließlich tur, von Verwaltungsnähe über Jahre aller Mitglieder gelegt werden soll. Da- allen demokratischen Parteien an ei- auf der LandesvertreterInnenver- hinweg, Selektion innerhalb der Gesell- rauf ging auch die Landesvorsitzende nen Tisch setzen und Optionen bera- sammlung im April 2019 gewählt. schaft, Demütigung von Menschen, z. B. Antje Feiks in ihrer Eröffnungsrede ein: ten. „Ob die CDU sich dann zu diesen durch Hartz IV. „Mit dem, was wir heute hier beraten, demokratischen Kräften zählen will, Der eigentliche Paukenschlag jedoch was wir heute hier beschließen wollen, ist ihre Entscheidung.“ brauchte auf der Tagung keine fünf Die „Mutter aller Probleme“ heißt Kapi- sind wir einzigartig.“ DIE LINKE werde Minuten, um beschlossen zu werden: talismus. Das zu benennen ist unsere die einzige Partei, die es wagt, ihre Im Anschluss fand die Beratung über Die Ordnung über Mitgliederentscheid Aufgabe. Ganz nebenbei gilt es Bündnis- Mitgliedschaft zu befragen, wenn es den Leitantrag statt. Ungewöhnlich: und -befragung zur Landtagswahl se zu schmieden mit allen, die ein ande- darum geht, die Schwerpunkte für die Dieser war nur eine halbe Seite lang. 2019. Mit übergroßer Mehrheit wurde res Sachsen wollen. Ohne die Nase zu kommende Landtagswahl festzule- Der eigentliche Text – der Entwurf für diese Ordnung verabschiedet und rümpfen, weil die Partner*innen mögli- gen. „Und weil wir die Inhalte für die das Leitbild zu ALEKSA – war lediglich somit der Weg dafür frei gemacht, die cherweise keine Lupenreinen sind. Je- Wahlen in die Hände unserer Mitglie- Anlage zum Leitantrag. Und das hatte inhaltlichen Schwerpunkte und die de Partnerschaft für ein (welt)offenes der legen, ist es folgerichtig, dass die seinen Grund: ALEKSA sollte nicht Spitzenkandidatur durch die Basis Sachsen muss genutzt, gepflegt, aus- Mitglieder auch darüber entscheiden, beschlossen werden, sondern auf bestimmen zu lassen. Daraus folgt ein gebaut werden, damit Sachsen nicht in wer diese Inhalte im Wahlkampf für dem Parteitag sollte der Startpunkt inhaltlich heißer Herbst für die Partei. blaubraun erstickt. uns vertreten wird. Das erfordert Mut. sein, um das Papier in der Partei zu Alle Informationen zu Mitgliederent- Mut zum Kontrollverlust. Aber gerade debattieren, bevor ein dritter Entwurf scheid und Mitgliederbefragung fin- als Partei mit basisdemokratischem mit Anregungen aus der Partei von den sich auf Seite 3 dieser Ausgabe. Anspruch steht uns dieser Kontrollver- der Redaktionsgruppe erarbeitet wird. lust gut zu Gesicht: Ich glaube an die Der Landesparteitag bildete also hier Weitere Informationen und Beschlüs- Weisheit und die Verantwortung der den Auftakt zu weiterer visionärer se zum Landesparteitag hier: www. GenossInnen“, so Feiks. Programmarbeit. dielinke-sachsen.de/partei/parteitag Sachsens Linke! 09/2018 Seite 2

sind. Denn der Menschheit drohen die Diktatur des Kapitals keine parla- Kriege, gegen welche die vergangenen mentarischen Mehrheiten oder Regie- Leserbriefe Wie armselige Versuche sind. Und sie rungen helfen, sondern nur ein breiter werden kommen, ohne jeden Zweifel, Widerstand aus der Bevölkerung. Somit wenn denen, die sie in aller Öffentlich- kann ohne massiven Druck von unten Wer entschuldigt die Frank Richter - kein linker keit vorbereiten, nicht die Hände zer- selbst eine linke Regierung nicht den Tausenden, die ihre Au- OB-Kandidat für Meißen schlagen werden!“ Was ist erforderlich, Rüstungshaushalt massiv senken, Pri- gen und Ohren vor Ras- um der militärischen Aufrüstung und vatisierungen und Sozialabbau verhin- sismus verschließen? In der Juni-Ausgabe wurde von Tilo Hell- dem Krieg ein Ende zu setzen? Meiner dern und Demokratie erreichen. Ja, wir mann die Unterstützung der Linkspar- Meinung nach erfordert das eine allge- „brauchen alle Bündnispartnerinnen Was hat meine Heimatstadt Dresden tei für Frank Richter (Ex-CDU) als OB- meine und vollständige Abrüstung und und -partner, die willens sind“, bei un- doch schon alles erlebt und erfahren Kandidaten in Meißen beworben. Eine die Verschrottung aller kriegerischen seren gemeinsamen Zielen mit uns zu- müssen? Im Alter über die Siebzig er- „Persönlichkeit mit Werten, Herz und Mordwaffen! Es ist höchste Zeit, die- sammenarbeiten. Diese brauchen wir innere ich mich gern an Kindheit und Verstand“ soll er sein, der „offen für ses Thema auf die Tagesordnung einer aber zuerst in außerparlamentarischen Jugend in und um diese schöne Hei- das Gespräch“ mit noch jedem ist und UNO-Vollversammlung und auf die Ta- Bewegungen und selbst bei parlamen- matstadt. Die Kriegstrümmer, das Leid dabei betont, „dass das Reden mit je- gesordnung der Parlamente aller Staa- tarischen Mehrheiten. Eine Regierungs- der Menschen und Familien, das Wie- mandem noch lange nicht zwangsläu- ten zu setzen! Es geht um die Existenz beteiligung, die diesem Druck von un- dererstehen der schönen Elbmetropo- fig die Übernahme der Positionen des der Menschheit! ten entgegensteht, widerspricht somit le mit ihren Schlössern, Kulturstätten, Gegenübers bedeutet.“ So hat er es vor • Werner Böhm, Weinböhla unseren Zielen. dem Großen Garten u.v.m., alles lebt ein paar Jahren auch der Freien Pres- • Uwe Schnabel, Coswig in der Erinnerung. Friedliche, freund- se erklärt: Es gebe eine „Political Cor- Schlafen Gott und auch liche Menschen mit sächsischer Le- rectness, die es verbietet, bestimmte alle anderen Oberhirten bensart sind mir in Erinnerung. Seit Probleme anzusprechen. [...] Dabei wis- ihrer unterschiedlichen Jahren erleben wir Bilder und Töne aus sen wohl alle, dass Rauschgiftkriminali- Religionen? Volksantrag der Stadt, die jeden mehr als befrem- tät oft mit Flüchtlingsbewegungen ein- den müssten, nicht gleichgültig lassen hergeht. Wenn man dies anspricht, ist Diese Frage muss erlaubt sein und be- unterstützen! dürften. Und dennoch ist es so, dass man noch lange kein Ausländerfeind trifft deren Versagen bei Katastrophen größte Bevölkerungsteile Auge und und ignoriert nicht, dass Kriminalität und gewaltigen Unwettern in der Welt, Der Landesverband DIE LINKE. Ohr en verschließen vor dem Sumpf, auch [sic!] von Deutschen ausgeht.“ aber auch ihre falschen Eingebungen an Sachsen unterstützt das breite der sich mehr und mehr breit macht. Zwei Monate zuvor hatte er als dama- die Verantwortlichen in den Ländern! Bündnis „Gemeinschaftsschule in Was ist übrig von den stolzen Men- liger Direktor dem mehrfach wegen Diese können immer noch nicht vom Sachsen – Länger Gemeinsam Ler- schen, die 1989 ihren Willen, ihre Mei- Drogenhandels und anderer Kleinkri- Waffengerassel lassen, meinen ohne nen“. Ziel ist es, mittels eines Volks- nung auf die Straßen trugen? Panora- minalität verurteilten Pegida-Gründer Kriege nicht bestehen zu können, und antrags das Schulgesetz zu ändern, ma zeigt am 19. Juli einige Bilder und Lutz Bachmann die Räume der Säch- bleiben so der Zielstellung „Frieden auf um die Schulform Gemeinschafts- Töne aus der Dresdner historischen sischen Landeszentrale für politische Erden und allen Menschen ein Wohlge- schule auch in Sachsen zu ermög- Neustadt, wo Pegida-Anhänger einem Bildung für eine Pressekonferenz zur fallen“ alle schuldig! Besonders schul- lichen. Dort kann dann länger ge- rassistischem Gebrüll und Hassge- Verfügung gestellt, um eine „Brücke zu dig wird aber auch das Weltkonsorti- meinsam gelernt werden. schrei mit Losungen wie „Absaufen, Journalisten“ zu bauen. „Politiker müs- um der Götter. wenn es unterlässt, auf Absaufen“ ihr Auge und Ohr widmen. sen sich die Argumente der Pegida an- Amerika mit dessen unzuverlässigem Wir bitten alle Genossinnen und Ge- Eine Stadt, ihre Verantwortlichen, Re- hören, die sagen: Um Flüchtlinge küm- Präsidenten einzuwirken, dass deren nossen herzlich um Unterstützung gierende eines christlich regierten mert sich der Staat, um unsere Fragen Weltrüstungsplan „Amerika zuerst“ bei der Unterschriftensammlung. In Sachsens, die dulden solch eindeu- und Nöte aber nicht“, hatte Richter im sich im Weltall platzieren kann, um den der ersten Runde müssen 40.000 tige Volksverhetzungen. Wie können Monat zuvor gegenüber Bild gefordert. Frieden in der Welt zu gefährden! So Menschen ihre Unterstützung be- und wie sollen ich und viele andere Auch Hellmann beklagt in seinem Bei- schlecht kann die Menschheit nicht kunden, damit sich der Landtag mit das noch als Heimat empfinden, oh- trag die mangelhafte „Akzeptanz un- sein, dass der gegenwärtige Zustand dem Anliegen befasst. In der nächs- ne tiefste Scham dabei zu fühlen? Man serer [sic!] politischen Ordnung“ und in der Welt als göttliche Strafe zu wer- ten Ausgabe gibt es detaillierte In- erkläre mir, wie es sein kann, dass sol- die „Kritik an den politischen Eliten“. In- ten ist – den Nutznießern wird ständig fos zur Unterschriftensammlung. ches im Namen besorgter Bürger ge- sofern ist Richter sein Kandidat. Auch ihr Kapital vergrößert, und hierzu hat- duldet werden muss? Wer erklärt, wie er hatte festgestellt: „Eine gute Gesell- te schon Karl Marx recht, als er meinte: www.gemeinschaftsschule-in- es vereinbar ist mit allem, was seit schaftsordnung [...] macht noch keine „Religion ist Opium fürs Volk!“ Wie lan- sachsen.de drei Jahrzehnten als Menschenrech- gute Gesellschaft“, man müsse sie auch ge noch schläft es, das Volk, und über- te in vielerlei Form thematisiert, an- wirklich wollen. Diese aktive Zustim- hört die Signale? geklagt und gepriesen wird? Wer er- mung wird mittels Wahlen organisiert. • Hermann Thomas, Wilsdruff klärt wie es vereinbar ist, dass jedes Das macht die Demokratie zur per- kritische Wort gegenüber Israel, jede fekten Form bürgerlicher Herrschaft. Zu „Griechenland schafft wichtige Impressum Beleidigung eines Juden, so es von Is- Die Gewählten, das erfährt man dann Etappe auf steinigem Weg“, Links! 07- lamgläubigen geschieht, zu größter beim Umblättern, treffen sich dann mit 08/2018, S. 1 und „Sparbüchse für's Sachsens Linke! Aufregung und Bezichtigung des An- Unternehmern, um diesen aufzuzeigen, Rüstungsministerium“, Sachsens Linke! Die Zeitung der LINKEN in Sachsen tisemitismus führt, aber Formen des dass die Linkspartei „eben auch [!] in 07-08/2018, S. 8 Herausgeberin: Rassismus wie Ausländerhass ganz der Wirtschaftspolitik realistische Vor- DIE LINKE. Sachsen unaufgeregt toleriert werden? Um po- schläge anzubieten“ hat. Druck muss auch von Verleger: litische Bildung war und ist Sachsen • Christoph, Leipzig unten kommen Verein Linke Bildung und Kultur für Sachsen sehr bemüht. Wer erklärt politisch e.V., Kleiststraße 10a, 01129 Dresden verständlich einfach nur einmal diese Meine Gedanken zum Auch ich bezeichne es nicht als Ver- Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung Verhaltensweisen zu beschriebenem Weltfriedenstag rat, wenn eine sich als links verstehen- der Redaktion wieder. Die Redaktion behält Geschehen? Welche Fraktionen, Par- de Regierung in Griechenland oder der sich das Recht auf sinnwahrende Kürzungen teien und Volksvertreter haben da- Nie wieder Faschismus, nie wieder BRD gegen den Willen der Mehrheit der vor. Termine der Redaktionssitzungen bitte er- zu deutliche Worte und Forderungen Krieg! Dieser Schwur bewegte nach Bevölkerung (z.B. Volksabstimmung ge- fragen. von sich zu geben, außer den üblichen dem verbrecherischen, mörderischen gen das Schuldendiktat in Griechen- Die Papierausgabe wird in der LR Medien- Verklärungen? Das alles geschieht 2. Weltkrieg mein ganzes Denken und land) öffentliche Güter privatisiert und verlag und Druckerei GmbH in Cottbus in einer und geht vor sich in einer Zeit, wo uns Handeln. Wenn ich mich nicht irre, war Sozialleistungen kürzt. Das würde ka- Aufl age von 10.950 Explaren gedruckt. Heimat-und Vaterlandsgefühl wieder es J. F. Kennedy, der im Juli 1963 vor pitalistische Systemmechanismen als Der Redaktion gehören an: einprägsam werden soll. Wie kann der UNO einmal sagte: „Man muss dem persönliches moralisches Fehlverhalten Ute Gelfert, Jayne-Ann Igel, Thomas Dudzak, das jeder normal denkende und mini- Krieg ein Ende setzen, oder der Krieg verharmlosen. Die Individualisierung Antje Feiks (V.i.S.d.P.), Andreas Haupt, mal gebildete Mensch, ein klein wenig setzt der Menschheit ein Ende.“ Und der Diktatur des Kapitals und die mora- Ralf Richter, Stathis Soudias. menschlich Fühlender das noch gu- Bertolt Brecht mahnte: „Das große Kar- lisierende Kritik daran sind typische ka- Bildnachweise, wenn nicht gesondert ver- ten Gewissens als seine Heimat emp- thago führte drei Kriege. Es war noch pitalistische Propagandamechanismen. merkt: Archiv, pixelio, iStockphoto finden? Die berühmten Einzelfälle, die mächtig nach dem ersten, noch be- Auf diese sollten wir nicht hereinfallen. Kontakt: angeblich wenigen, die dazu gehören, wohnbar nach dem zweiten. Es war Außerdem empfinden die handelnden [email protected] die entschuldigen nichts mehr. Wer nicht mehr auffindbar nach dem drit- Politiker*innen ihre Politik nicht als Ver- Telefon 0351-8532725 und was entschuldigt die Tausenden, ten. Lasst uns das tausendmal gesagte rat, nehmen diese Kritik meist persön- Fax 0351-8532720 die Auge und Ohr verschließen samt immer wieder sagen, damit es nicht ein- lich und nicht systembezogen und sind Redaktionsschluss: 01.09.2018 derer, die auch für diese Rassismus- mal zu wenig gesagt wurde. Lasst uns deshalb für die berechtigte Kritik meist Die nächste Ausgabe erscheint voraus- form höchste Verantwortung tragen? die Warnungen erneuern, und wenn sie unempfänglich. Stattdessen zeigt auch sichtlich am 04.10.2018. • Roland Winkler, Aue schon wie Asche in unserem Munde das Beispiel Griechenland, dass gegen Seite 3 09/2018 Sachsens Linke! Mitgliederentscheid Basis ist Boss! Thomas Dudzak über Mitgliederbefragung und Mitgliederentscheid zur Landtagswahl 2019

Der sächsischen LINKEN steht ein betreut. Diese erstellt am 1. November Wie werden die Thesen abge- heißer, interessanter Herbst bevor. Der 2018 den Stimmschein. Aus allen bis stimmt? 14. Landesparteitages hat den Weg frei Fristen zum 31. Oktober 2018 eingereichten Bei der Mitgliederbefragung kannst du gemacht für eine Mitgliederbefragung Thesen wählt sie 15 unter der Maßgabe jeweils eine Präferenz von 1 („ist mir zu den inhaltlichen Schwerpunkten zur • Die Bewerbung zur Spitzenkandi- der grundsätzlichen und landesweiten besonders wichtig“) bis 5 („ist mir gar Landtagswahl. Gleichzeitig werden die datur ist bis zum 2. Oktober 2018 18 Bedeutung aus, die dann zur Abstim- nicht wichtig“) abgeben. Du kannst im Landesverband organisierten Ge- Uhr (eingehend) gegenüber der Ab- mung gestellt werden. dich auch ganz enthalten. Aus der nossInnen über die Spitzenkandidatur stimmungskommission schriftlich zu Summe aller Präferenzen bilden wir abstimmen. Ein solches Verfahren soll erklären. Wie kann man Thesen für die einen Durchschnittswert. Die sieben erstmalig in unserem Landesverband • Die Erstellung des Stimmscheins Mitgliederbefragung einreichen? Thesen mit dem geringsten Durch- durchgeführt werden. für die Mitgliederbefragung erfolgt Vorschläge für Thesen können ab so- schnittswert sind dann unsere sieben am 1. November 2018 durch die An- fort über die Kontaktadressen der Lan- Thesen für die inhaltliche Schwer- Wer darf abstimmen? trags- und Redaktionskommission. desgeschäftsstelle eingereicht werden. punktsetzung zur Landtagswahl. Alle Mitglieder des Landesverbandes. Die Möglichkeit der Einreichung von Die Thesen selbst sollen nicht länger Wer bis zum 02.10.2018 seine Mitglied- Thesen endet damit am 31. Oktober als 150 Zeichen sein, dazu kann eine Was passiert, wenn meine These schaft erklärt, in der vorgegebenen 2018 (eingehend). Begründung von maximal 500 Zeichen nicht mit abgestimmt wird? Zeit seinen ersten Beitrag bezahlt hat • Die Versendung der Abstimmungs- eingereicht werden. Die eingereichten Deine Arbeit war nicht umsonst. The- und gegen dessen Eintritt kein Wider- unterlagen erfolgt am 13. November Thesen werden auf den Regionalkonfe- sen, die wir nicht mit zur Abstimmung spruch vorliegt, kann mitmachen. 2018. Dieser Tag gilt als erster Tag renzen zur Debatte gestellt. Auch neue stellen, fließen in die Erarbeitung des der Abstimmung. Thesen können dort formuliert werden. Landtagswahlprogrammes ein. Dieses Wie wird entschieden, was • Die Rücksendefrist für die Wahl- Die Diskussion auf den Regionalkonfe- wird im Juni 2019 verabschiedet. abgestimmt wird? unterlagen endet am 30. November renzen soll bei der Auswahl der Thesen Für Mitgliederentscheid und -befra- 2018 um 18 Uhr eingehend bei der für den Mitgliederentscheid einfließen. gung gibt es je eine Abstimmungskom- Landesgeschäftsstelle oder dem Schick uns deine Ideen für Thesen per mission. Den Mitgliederentscheid zur angegebenen Postfach. Mail, per Post, ruf an, komm zu den Re- Spitzenkandidatur betreut die Wahl- • Die parteiöffentliche Auszählung gionalkonferenzen und sprich dort vor. Konferenzen kommission des Landesparteitages. erfolgt am 1. Dezember 2018 ab 10 Die These muss da noch nicht fertig Sie wird am 2. Oktober um 18 Uhr die Uhr. Danach werden die Ergebnisse sein, deine Idee ist wichtig. 01.10.2018, 17 Uhr, KV Mittelsach- Liste schließen und feststellen, wer parteiöffentlich bekanntgegeben. sen: Welcome Wellness, sich um die Spitzenkandidatur bewirbt. Kann ich mich für oder gegen Fichtestraße 10, Döbeln Wer das tun will, muss dies bis dahin eine These aussprechen? schriftlich gegenüber der Wahlkommis- die sich dann zur Kandidatur verhalten Alle eingereichten Thesen werden auf 02.10.2018, 18 Uhr, KV Bautzen: Kul- sion getan haben. Zusätzlich können je muss. Die Mitgliederbefragung wird der Homepage des Landesverbandes turfabrik, Braugasse 1, Hoyerswerda 50 GenossInnen des Landesverbandes durch die Antrags- und Redaktions- veröffentlicht. Wer einer These zustim- gemeinsam eine Person vorschlagen, kommission des Landesparteitages men oder widersprechen will, kann 04.10.2018, 17 Uhr, SV Chemnitz: dann seine Für- bzw. Gegenrede in pentagon³, Brückenstraße 17, einer Länge von maximal 500 Zeichen Chemnitz ebenfalls an die Kontaktadressen der Karl-Marx-Jahr 2018: Bildungsreise nach Trier Landesgeschäftsstelle schicken. Die 05.10.2018, 17 Uhr, KV Zwickau: G Kommission wählt zu jeder These, die ewerkschaftshaus, Bahnhofstr. 68, Der Landesverband DIE LINKE. Sach- sind der Bustransfer nach Trier und abgestimmt werden soll, eine Für- und Zwickau sen feiert in diesem Jahr den 200. zurück, zwei Nächte im Hotel, Früh- eine Gegenrede aus, die anonym im Geburtstag von Karl Marx und hat stück, Abendessen sowie Eintritte Abstimmungsheft veröffentlicht wird. 23.10.2018, 17 Uhr, KV Vogtland: dafür ein Projekt ins Leben gerufen. und Führungen zu allen Programm- Festhalle, Äußere Reichenbacher Ziel des Karl-Marx-Jahres ist es, punkten. Eine Anmeldung ist bis zum Wie laufen die Regional- Str. 4, Plauen einen positiven Zugang zur Person 20. September über die Landesge- konferenzen ab? Karl Marx, seinem Leben, Wirken schäftsstelle möglich: marx200@ Sie sind zweigeteilt in einen Arbeitsteil 24.10.2018, 17 Uhr, KV Erzgebirge: und Werk zu schaffen. Umgesetzt dielinke-sachsen.de; 0351 8532723 für die Thesen und einen Vorstellungs- Kulturbahnhof, Hauptmarkt 1, wurde das Projekt mit einer eigenen Anreise: Freitag, 19.10.2018, 7 Uhr teil für die KandidatInnen. Dazu sind Stollberg Website, Werbeartikeln und einem ab Pirna via Dresden und Chemnitz, sie zeitlich zweigeteilt: Bis zum 31. vielbesuchten Infostand zum Marx- Rückkehr: Sonntag, ca. 20 Uhr. Die Oktober wird auf den Konferenzen die 29.10.2018, 17 Uhr, SV Leipzig: Geburtstag am 5. Mai in Chemnitz. Kreisverbände sind gebeten, Men- Entwicklung neuer und die Bearbeitung Veranstaltungsraum der Leipziger Vor allem aber mit politisch-kulturel- schen im Bedarfsfall per Zuschuss zu eingegangener Thesen im Mittelpunkt Servicebetriebe, Jahnallee 56, len Angeboten, wie einer Kino-Tour unterstützen. Auskunft dazu geben stehen. In kleinen Gruppen wollen Leipzig mit dem Film „Der junge Karl Marx“ die jeweiligen Kreisgeschäftsstellen. wir zunächst herausarbeiten, welche von Raoul Peck und einer szenischen Probleme bzw. Schwerpunkte die 30.10.2018, 17 Uhr, SV Dresden: Lesung des Monodramas „Marx in • Tino Wehner Teilnehmenden aktuell sehen, und Gewerkschaftshaus, Schützen- Soho“ mit Franz Sodann. Abschluss diese diskutieren. Danach wollen platz 14, Dresden des Karl-Marx-Jahres ist nun eine Bil- wir versuchen, für diese Analyse dungsreise in Marxens Geburtsstadt eine passende These mit politischer 02.11.2018, 17 Uhr, KV Görlitz: Trier. Denn auch die Stadt widmet Forderung zu entwerfen. Wenn eine Jugendherberge, Peterstraße 15, ihrem bekanntesten Sohn ein um- These bereits formuliert wurde, wollen Görlitz fangreiches Jubiläumsprogramm. Die wir diese diskutieren und gemeinsam Bildungsreise findet vom 19. bis zum weiterentwickeln. Die Ergebnisse der 05.11.2018, 17 Uhr, KV Westsachsen: 21. Oktober statt. Auf dem Programm jeweiligen Regionalkonferenz werden Rathaussaal, Markt 27, Grimma stehen Führungen durch die große dokumentiert und dann auf die nächste Landesausstellung „KARL MARX Regionalkonferenz mitgenommen. 09.11.2018, 17 Uhr, KV Meißen: Akti / 1818 – 1883. LEBEN. WERK. ZEIT“ Auf den Regionalkonferenzen ab dem Jesus Zentrum, Elbgasse 1, Meißen sowie Stadtführungen durch Trier. 1. November werden wir dann die 15 Abgerundet wird das Kulturprogramm Thesen, die zur Abstimmung gestellt 12.11.2018, 18 Uhr, KV Sächsische durch einen geselligen Abend mit Ge- Kino, wo es kein Kino mehr gibt - werden, diskutieren. Alle Regionalkon- Schweiz-Osterzgebirge: Drogenmüh- nossInnen aus Trier und dem Besuch mobile Kinotechnik macht's möglich. ferenzen richten sich grundsätzlich an le, Dresdner Str. 26, Heidenau eines Weingutes inkl. Verkostung. Wie hier in Rosswein fanden auch alle Mitglieder im Landesverband. Die Kosten belaufen sich auf 190 in Penig, Zittau und Löbau Vorstel- Die Möglichkeit, sich mit den Bewer- 15.11.2018, 17 Uhr, KV Nord- Euro pro Person bei einer Übernach- lungen mit insgesamt etwa 100 berInnen für die Spitzenkandidatur westsachsen: Bürgerhaus, Franz- tung im Doppelzimmer. Enthalten Gästen statt. auszutauschen, wird es auf allen Regio- Mehring-Str. 23, Eilenburg nalkonferenzen geben. Sachsens Linke! 09/2018 Seite 4 DIE LINKE. Kreisverband Erzgebirge Für ein modernes und soziales Vergaberecht Klaus Tischendorf über ein wichtiges Anliegen für Sachsens Wirtschaft

Die öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggeber in Sachsen geben jährlich mindestens eine Milliarde Euro für Lieferungen, Dienstleistungen und Bauarbeiten aus. Gleichzeitig gibt es immer mehr geringfügig Beschäftigte, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeit- nehmer, deren Entgelte selbst bei Voll- zeittätigkeit nicht zum Leben reichen. Wir finden: Die öffentliche Hand muss ein Vorbild sein! Deshalb muss das Ver- gabegesetz im Freistaat dringend mo- dernisiert werden. Es legt fest, zu wel- chen Bedingungen die öffentliche Hand private Unternehmen beauftragen kann – ob es nun um den Bau einer Au- tobahn geht oder um kleinere Projekte.

Mit einem anständigen Vergaberecht lassen sich mit öffentlichem Geld die- jenigen in der Privatwirtschaft unter- stützen, die gute Arbeit leisten, ihre Beschäftigten anständig behandeln und nachhaltig wirtschaften. CDU und SPD vereinbarten 2014, „bis spätes- tens 2017“ „ein modernes Vergabege- setz“ zu schaffen. Dieses Versprechen ist offen – da kommt nichts mehr. Da- bei müssen die Regularien dringend modernisiert werden. Ich freue mich deshalb sehr, dass es uns nach andert- halbjähriger guter Zusammenarbeit mit dem DGB Sachsen und der Initia- Foto: Pixabay / CC0 tive „Sachsen kauft fair“ gelungen ist, im Landtag einen Gesetzentwurf vor- zustellen. Gemeinsam mit dem sächsi- Vergabeentscheidungen sollen nicht reue- und Mindestentgeltregelungen schen und ihrer Hände Arbeit, von der schen DGB-Chef Markus Schlimbach mehr allein vom Preis angebotener berücksichtigen können. Indem sie so- sie anständig leben sollen. und der „Sachsen kauft fair“-Koordina- Leistungen abhängen, sondern auch ziale, innovative und ökologische Kri- torin Antonia Mertsching habe ich ihn von sozialen, umweltbezogenen oder terien durchsetzen, erfüllen sie die be- Der Gesetzentwurf gibt Städten, Ge- im Sommer der Presse vorgestellt. innovativen Aspekten. Dazu zählen Ta- nannte Vorbildfunktion gegenüber der meinden und Landkreisen verlässliche riftreue und weitere Arbeitsbedingun- Privatwirtschaft. Auch sollen klein- und Kriterien für Vergabeentscheidungen Unser Entwurf harmonisiert die säch- gen, Umweltverträglichkeit, die ILO- mittelständische Unternehmen leich- an die Hand. Bieterinnen und Bieter er- sischen Regelungen mit bundes- und Kernarbeitsnormen, Gleichstellung ter Zugang zu öffentlichen Aufträgen halten Rechtssicherheit. Ich bin nun unionsrechtlichen Vorgaben. Vor al- und Ausbildungsaktivität. Vorgeschla- und Leistungen erhalten. Es sollen al- sehr gespannt, wie sich die Koalitions- lem aber erhebt er sozialverträgliche gen wird auch, angelehnt an den Tarif- so auch diejenigen eine Chance ha- fraktionen verhalten, wenn sich der Arbeitsbedingungen zum Standard. vertrag für den öffentlichen Dienst der ben, die trotz guter Arbeit bisher kei- Landtag mit unserem Entwurf befasst. Das nützt nicht nur den Beschäftig- Länder, ein Mindestentgelt von 11,24 ne Chance hatten, weil nur der Preis ten – hierdurch können auch Leistun- Euro pro Stunde. Öffentliche Auftrag- ausschlaggebend war. Damit muss gen hochwertiger, nachhaltiger und ge- geber sollen also bei Vergabeentschei- Schluss sein, denn es geht schließlich meinwohlorientierter erbracht werden. dungen auch die Einhaltung von Tarift- nicht nur um Zahlen, sondern um Men- Termine

Jugendclubtour mit der AG Asyl arbeitet erfolgreich Landtagsabgeordneten Janina Pfau: In der AG Asyl des Kreisverbandes Heim konnten wir mit Bewohnern so- tergehen wird. Von den Medien nahe- 19. September, 14 Uhr, „Alte Braue- DIE LINKE. Erzgebirge treffen wir uns wie Unterstützern ins Gespräch kom- zu unbeachtet ist im April 2018 das rei“ Annaberg-Buchholz regelmäßig zu einem Erfahrungs- men und mit einer Bastelstraße ins- Zuwanderungs- und Integrationskon- austausch. 2018 waren Verantwor- besondere den Kindern eine Freude zept II für den Freistaat Sachsen von Bürgersprechstunde: tungsträger des Landratsamtes Erz- bereiten. Die meisten unserer AG- der Sächsischen Staatsregierung ver- 21. September, 16:30 bis 18 Uhr gebirgskreis bei uns zu Gast, wobei Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Oft abschiedet worden. Auch dieses Kon- in Marienberg, Herzog-Heinrich- anstehende Fragen und Probleme of- sind längst Freundschaften zu auslän- zept knüpft wieder an die aufenthalts- Straße 2, mit Klaus Tischendorf fen angesprochen und diskutiert wur- dischen Einzelpersonen oder Familien rechtliche Situation an und ermöglicht den. Auch Mitarbeiter sozialer Träger entstanden. so keine Teilhabe für alle. Landkreistour: und Lehrer gaben uns interessante Straßencafè am 2. Oktober von Einblicke in ihre Arbeit mit Migranten. Dem äußeren Anschein nach sind vie- Umso notwendiger und erfreulicher 10 bis 16 Uhr, Markt Annaberg- le der neu hier lebenden Menschen ist es, dass die Fraktion DIE LINKE im Buchholz, Beginn der Unterschrif- Hierbei konnten sowohl ehrenamt- längst integriert. Andererseits wird ein Sächsischen Landtag im Juni 2018 tensammlung zum Volksentscheid lich Engagierte wie auch beruflich in Großteil dieser Menschen von staatli- den Gesetzentwurf „Integrations- und zum längeren gemeinsamen Lernen diesem Bereich Tätige voneinander chen Teilhabeangeboten ausgegrenzt. Teilhabegesetz für Migrant*innen“ lernen, wie Integration gelingen kann Der Streit in der Flüchtlingsdebatte (Drucksache 6/13768) eingebracht Regionalkonferenz zum und welche Herausforderungen noch und zahlreiche Asylrechtsverschär- hat, der eine gleichberechtigte Teilha- Mitgliederentscheid: zu meistern sind. Bei unserer Teilnah- fungen führten bei vielen Asylsuchen- be für alle, die hier leben, vorsieht. 24. Oktober, 17 Uhr, Kulturbahnhof me an dem vom Unterstützerkreis den zu einer noch stärkeren Angst und Stollberg, Bahnhofstraße 2 Zschopau organisierten Picknick am der Ungewissheit, wie es für sie wei- • Annett Börner Seite 5 09/2018 Sachsens Linke! DIE LINKE. Kreisverband Zwickau Kommunalpolitik im Ländlichen Raum – Was bewegt?!

Zwei Termine standen am 8. August 1. Juni statt. Barrierefrei zugänglich und die Themen der Tagesordnung vor und trifft die junge Generation ebenso wie 2018 auf dem Programm. Zu Gast war mit Fahrstuhl ausgestattet, bietet das diese hat immer einen Tagesordnungs- die ältere. Wer nun erwartet, dass ein Luise Neuhaus-Wartenberg, stellvertre- Mehrgenerationenhaus vielfältige An- punkt „Jugendbeirat“, wo dann gezielt flächendeckender ÖPNV als großes Heil tende Vorsitzende der Fraktion DIE LIN- gebote für Jung und Alt. Man merkt, wie Belange der Jugendlichen zur Sprache gesehen wird, irrt jedoch. Bevorzugt KE im Sächsischen Landtag und Spre- stolz Bürgermeister und Mitarbeiter auf kommen. So erhielten Stadtrat und werden individuelle Lösungen, eine Art cherin für Tourismus und Mittelstand. dieses Haus sind und wie tief die Ent- Verwaltung Kenntnis davon, dass der Ruftaxi/Bürgerbus, der für bestimmte täuschung darüber sitzt, dass zur Eröff- Schulbus nicht immer alle Haltestellen Zeit vorbestellt wird und dann die Leu- Los ging es beim Mittagessen im nung alle geladenen Vertreter der Po- anfährt und Schüler laufen mussten, te zum gewünschten Termin bringt und Hirschgasthof mit einem Austausch litik abgesagt hatten. Man hatte mehr und konnte das schnell klären. Wir fin- wieder abholt. Man wünscht sich eine zwischen Landes- und Kommunalpo- Würdigung gerade auch des ehrenamt- den: Wildenfels hat einen guten Weg Lösung über einen Trägerverein, der ei- litik. Im Gespräch stellte sich heraus, lichen Engagements, ohne das ein sol- gefunden, um engagierte Jugendliche ne entsprechende Finanzausstattung dass gerade für kleine Kommunen ches Haus mit den vielen Angeboten einzubinden und sie für politische, ins- hat. Finanzausstattung ist überhaupt die Fülle an Fördertöpfen und die da- nicht möglich wäre, erwartet. Zumal besondere kommunalpolitische Ent- ein großes Thema, nicht nur für die mit verbundene Antragsproblematik gerade solche Eröffnungen, das mach- scheidungen zu interessieren. Sie er- Kommune an sich. Auch Vereine brau- schnell zur großen Herausforderung te Bürgermeister Kögler deutlich, auch leben ganz praktisch, dass sie etwas chen nicht nur genug Geld, sondern wird. So schön es ist, für vielfältige Pro- Gelegenheit für Gespräche zwischen verändern können! dabei auch Sicherheiten, die über den jekte und Maßnahmen vor Ort Förder- Bürgerinnen und Bürgern und den Ver- aktuellen Bewilligungszeitraum von ei- mittel vom Land bekommen zu können, tretern der Politik gibt. Vertane Chan- Und was braucht es, um ländlichen nem Jahr hinausgehen. Sinnvoll, so hör- so unübersichtlich ist die Fördermit- cen und enttäuschte Ehrenamtliche – Raum lebenswert zu machen? Wie ten wir mehrfach, wären Bewilligungs- tellandschaft und so umständlich und können wir uns das in der heutigen Zeit schaut es mit der Mobilität aus, war da zeiträume für Projekte von drei bis fünf aufwendig ist die Antragstellung. Diese wirklich leisten?! eine Frage. Viele Jugendliche nutzen Jahren, weil jedes Projekt eine gewisse Bedingungen sind für alle Kommunen den Moped-Führerschein ab 15. Diese Anlaufzeit braucht und sich manche An- gleich. Doch je kleiner eine Kommu- Wir erfuhren, dass sich in Wildenfels Möglichkeit wurde nun um zwei weite- schaffungen nur über einen gewissen ne ist, desto größer ist die Herausfor- mit seinen fünf Ortschaften ein Jugend- re Jahre verlängert, wichtig wäre aber Zeitraum wirklich rentieren. Zum Bei- derung, weil die personelle Unterset- beirat gebildet hat, der – ganz ohne eine dauerhafte Regelung. Denn ohne spiel lasse sich ein Kleintransporter nur zung geringer ist und somit viel weniger rechtlichen Rahmen – eine ganze Men- Moped sind junge Leute kaum in der kaufen, wenn ein entsprechendes Pro- Kapazität zu Verfügung steht, um die ge auf die Beine stellt und mit zwei Ver- Lage, sich zu organisieren und ihr Le- jekt über mehrere Jahre Sicherheiten in entsprechenden Informationen und tretern an jeder Stadtratssitzung teil- ben eigenverantwortlich zu gestalten. der Finanzierung bietet. Und dann sind Vorgaben zu erfüllen. Hier wären Verän- nimmt. Vor der Sitzung berät der Beirat Der fehlende öffentliche Nahverkehr wir wieder bei der Wertschätzung des derungen wünschenswert, wie uns im Ehrenamts. Da gibt es eine geringe Auf- folgenden Gespräch der Bürgermeister wandsentschädigung für zu leistende von Wildenfels, Tino Kögler, bestätigte. Stunden im Monat. Doch davon können nicht einmal die Fahrtkosten beglichen Wildenfels ist mit 3.670 Einwohnern die werden. Eine Anpassung wäre also drin- kleinste Stadt des Landkreises, dank gend angezeigt. seines Schlosses aber weit über Land- kreisgrenzen bekannt. Hier gibt es re- Es waren spannende Stunden, die wir gelmäßig Ausstellungen. Derzeit finden in Wildenfels mit unseren Kommunal- umfassende Rekonstruktionsmaßnah- politikern, Bürgermeister Kögler, dem men im Schloss statt. Später wird die Team vom Mehrgenerationenhaus und Kommunalverwaltung ins Schloss um- der Vertreterin des Jugendbeirats ver- ziehen und somit endlich barrierefrei bringen durften. Viele Anregungen und zugänglich sein. Unser Gespräch mit Hinweise haben wir mitgenommen und Bürgermeister Kögler fand im Mehr- versprochen, wiederzukommen. Denn generationenhaus gleich neben dem dieses vielfältige und ehrenamtliche En- Schloss statt. Nach aufwendiger Sanie- gagement kann man nicht hoch genug rung des Gebäudes, das 15 Jahre lang wertschätzen! leer stand, fand die Eröffnung erst vor wenigen Monaten am • Simone Hock

Seniorenbetreuung, die zu Herzen geht Termine

Viele Ehrenamtliche betreuen jahre- te er die Kreisschule Marxismus-Leni- 16. Oktober 2018, 19 Uhr, lang ältere Genossen, die nicht mehr nismus, war Zirkelleiter im Parteilehr- Barterre – Alter Gasometer, jahr und arbeitete in der Gewerkschaft am Parteileben teilnehmen können. Kleine Biergasse 3, Zwickau: Der Dank ist ein Lächeln dafür, dass mit. Über die Jahre gehörte sein gesell- Lesung „Unter Sachsen“. Mit Heike sie nicht vergessen werden. So erfolg- schaftliches Engagement zum festen Kläffner und Matthias Meisner, He- te die Ehrung eines 100-Jährigen. Als Bestandteil seines Lebens. Dennoch rausgeber des Buches. Moderation: drittes von vier Kindern wurde Horst blieb Zeit für seine Hobbys – die Arbeit Rene Jalaß (MdL). In Reportagen, Redlich am 2. Dezember 1917 in Hohn- mit Holz und die Jagd. Am 14. Septem- analytischen Hintergrundtexten, dorf geboren, sein Vater war Tischler- ber 2015 konnten Ilse und Horst die Interviews und persönlichen meister, die Mutter Hausfrau. Nach der Kronjuwelenhochzeit feiern, zu der Mi- Kommentaren beleuchten mehr als Volksschule besuchte er die Handels- nisterpräsident Stanislaw Tillich, Bun- 40 AutorInnen die Hintergründe schule und absolvierte die kaufmän- despräsident Joachim Gauck und die rechter Gewalttaten in Sachsen und nische Gehilfenprüfung in der IHK. Es Gemeinde Gersdorf gratulierten. In- stellen die Aktionen der kreativen folgten Arbeitsdienst und Wehrdienst zwischen lebt das Paar im Pflegeheim, Zivilgesellschaft dar. von 1937 bis 1945. Die Kriegsgefan- wo sich Kinder und Enkelkinder um sie genschaft blieb ihm wegen einer Verlet- kümmern. Beim Umzug sagte er zu mir 17. Oktober 2018, 18 Uhr, zung erspart. Später war er Dekorateur mit Blick auf meine Aktentasche: „Das Kleingartenanlage „Am und Werbeleiter und qualifizierte sich ist nun mein ganzes Leben – in einer Schmelzbach“, Gießener Str./ im DEWAG-Betrieb zum Werbeökonom. Tasche!“ Seine Ehrung als langjähriges B93, Wilkau-Haßlau: Mitglieder- Seit 1940 verheiratet mit der Buchhal- Parteimitglied durch den Kreisvorstand versammlung BO Wilkau-Haßlau. terin Ilse, zogen sie vier Kinder groß. berührte ihn sehr und war eine gelunge- Gast: Björn Reichel zum Thema Horst war immer zielstrebig und über- ne Überraschung. (gekürzt) „Republik Europa“ nahm Verantwortung für seine Familie. Seit 1946 Mitglied der SED, besuch- • Eva Rösler, Lichtenstein Sachsens Linke! 09/2018 Seite 6 DIE LINKE. Kreisverband Meißen Gesicht zeigen für Abrüstung! Ursula Windsheimer über einen bewegten Weltfriedenstag in Riesa

Könnt ihr euch noch an die allumfas- „Auf der Straße unterschreibe ich gar sende Frage bei kritischen Diskussi- nichts“ bis zu „Nein, ich bin dafür! Wir onen in DDR-Zeiten erinnern: „Bist müssen uns doch wehren können“ du nun für den Frieden oder nicht?!“ und „Unterschreiben, das hat doch Damit wischte man alle lästigen Ge- eh keinen Sinn! DIE machen doch genargumente weg. Am 1. September eh, was sie wollen“ schwankten die war Gelegenheit, diese Frage ernst- Reaktionen. Doch auch Zustimmung haft an den Mann/die Frau zu brin- habe ich erfahren. Teilweise setzte gen. Wir sammelten Unterschriften diese auch erst nach nachdenklich für den Aufruf „Abrüsten jetzt“, der machenden Argumenten ein. sich gegen die Erhöhung der Militär- ausgaben und Waffenexporte richtet. Am Stand mit den Unterschriften- Viele Genossen aus den Basisorga- listen dagegen kamen die Bürger auch nisationen von Riesa, Großenhain, mit „Danke, dass ihr hier steht!“, „Ja, Meißen und Coswig waren angereist, da bin ich dafür!“ und bereitwillig von unsere Kreistagsabgeordneten, allein. Mit guten Gesprächen und Mitglieder der Kreisleitung, aber vielen gefüllten Unterschriftenlisten auch Sympathisanten waren dabei. haben sie ein Zeichen gesetzt. Große Statt fand das Ganze in Riesa auf Aufmerksamkeit fand ein Genosse der Hauptstraße im aufkommenden mit einem handgemaltem Schild zur Getümmel des Stadtfestes. Höhe der Rüstungsausgaben und der Forderung von Präsident Trump. Das Wie habe ich es erlebt? Blaue Luftbal- animierte Spaziergänger, stehen zu lons mit der Friedenstaube darauf in bleiben und zu diskutieren. Die Aktion der einen und die Unterschriftenliste beendeten wir mit dem Aufsteigen in der anderen Hand ging ich zwei von (nicht ganz) 99 Luftballons. Un- Stunden lang auf Bürger zu: „Darf sere Straßenmusiker hatten uns die ich Sie ansprechen? Wir sind hier ganze Zeit und besonders in diesem zum Weltfriedenstag unterwegs und Moment die passende musikalische wollen Unterschriften sammeln für Untermalung gegeben. einen Protest gegen eine erneute Aufrüstung.“ Viele Male begann Die Aktion ist nicht zu Ende – wer ich so. Wenn nicht offensichtlich sich im Netz informieren und noch ak- ausgewichen wurde auf die ande- tiv werden will, schaue unter: https:// re Straßenseite, wechselten die abruesten.jetzt/ Dort kann man auch Reaktionen stark. Von schweigendem seine Unterschrift nachholen. Weiterlaufen über „Nein, danke!“, „Ich unterschreibe nichts mehr!“, • Ursula Windsheimer Stadtkrimi in Meißen

In der Mitgliederversammlung am 3. das schon einmal gemacht (1989) und ten Wahlgang die meisten Stimmen Besorgnis spiegelte sich auch in September wurden noch einmal die er will es wieder tun. Sein Buch „Hört bekommen – und OB sein. Da helfen Gesichtern der Versammelten. Wohin Köpfe heiß geredet. Gestritten wurde endlich zu“ spricht von Erfahrungen, weder Manipulationen von Wahlveran- ein Land driftet, wenn es praktisch vor allem um die Streitkultur, die uns die er mit grundlegenden gesellschaft- staltungen noch Schlammschlachten nicht regiert wird, damit hat man als ja jetzt in Sachsen gerade wieder so lichen Umwälzungen gemacht hat. in lokalen Medien. So lebendig wie Ossi seine persönliche Untergangs- schlecht öffentlich vorgeführt wird. Und der Gedanke: Wie weit kann ich jetzt war Meißen nie. erfahrung. Und gleich ob Chemnitz Aber in Meißen geht es nicht um auf den Andere zugehen und dabei oder Meißen: Wer sich gegen Nazis „Stimmung und Meinungen“, hier geht dennoch auf meiner Position bleiben? Offensichtlich angesteckt vom stellt, ist noch nicht links, sondern es um die Zukunft der Stadt, um einen durchzieht das Büchlein wie ein roter Schwung des laufenden OB-Wahl- normal. Eine normale Gesellschaft zu neuen OB, der fähig und bereit ist, Faden. Als ob sie es (fast) alle gelesen kampfes zog der Fraktionsvorsitzende gestalten ist durchaus ein linkes Ziel. den „bewährten Kurs“ der eingefahre- hätten, diskutierten die Genossinnen ordentlich vom Leder und erklärte Beschlüsse wurden nicht gefasst. nen Gleise zu verlassen, mit Stagnati- und Genossen durchaus scharf in der die „Traditionspflege beim Wahlpro- Aber der „Zeitgeist“, von dem Gregor on und Desinteresse fertig zu werden Sache – aber fast immer verbindlich gramm für beendet.“ Neue Situation Gysi einmal in Riesa sprach, will ange- und mit Phantasie und Einfühlungsver- im Ton. Wenn die Streitkultur der Mei- im Land und in der Stadt – da gibt es eignet und verbreitet sein. mögen eine lebendige Demokratie der ßener LINKEN auf die Stadt übergreift, kein „weiter so“. Und besorgt sind Bürger zu gestalten. Frank Richter hat dann wird Frank Richter auch im zwei- nicht nur Bürger auf Pegida-Straßen. • Reinhard Heinrich Großer Bahnhof in Coswig Der interkulturelle Garten in Coswig Menschen mitgeholfen, einen Ort landdeutscher Spätaussiedler der Arbeit gestalteten Garten schloss wurde zehn Jahre alt. Dazu stieg am der Begegnung entstehen zu lassen. 1990er Jahre in Coswig tun wollte. sich eine ganze Reihe von interes- 11. August eine zünftige Geburtstags- Zahlreiche Mitglieder und Interessier- An die Flüchtlingsströme von 2015 santen Gesprächen an. Petra Köpping feier. Viele Gäste konnten begrüßt te erleben hier mittlerweile Zugehö- war damals noch nicht zu denken. betonte, dass dieser Garten eines von werden. Mitarbeiter, Stadträte, der rigkeit und sinnvolle Aktion. Nun wird der Interkulturelle Garten vielen Beispielen gelungener Integrati- Bürgermeister, der Pfarrer von neben- selbstverständlich dankbar mit Unter- on sei. Die Abgeordneten der Fraktion an, Medienleute ... Ehrengäste waren Zu den „Gründervätern und -müttern“ stützung der Initiative „Coswig – Ort DIE LINKE im Sächsischen Landtag u.a. die Integrationsministerin Petra gehört auch unsere heutige linke der Vielfalt“ weiter gepflegt. Ludmilas haben mit einer Spende das Projekt Köpping und unsere Landtagsabge- Stadträtin Ludmila Birkle, die damit eingelegte Tomaten aus diesem Gar- unterstützt. ordnete Kerstin Lauterbach. Seit der zunächst etwas für die Integration ten jedenfalls sind vorzüglich. Dem Vereinsgründung 2008 haben viele der ansehnlichen Gemeinde russ- Rundgang durch den mit fleißiger • Harald Kühne & Reinhard Heinrich Seite 7 09/2018 Sachsens Linke! DIE LINKE.Kreisverband Bautzen Neun Vorschläge zur Zukunft der Lausitz Caren Lay über das Ergebnis ihrer Sommertour durch Bautzen und Umgebung

Gespräche mit dem Betriebsrat des DIE LINKE fordert einen Zukunftsfonds zuschüsse erhöht. Und wir fordern den bindehäuser einzureichen. Nach einem Kraftwerkes Schwarze Pumpe, dem von 250 Millionen Euro jährlich für Freistaat auf, die Regionalisierungsmit- ersten Anlauf scheitert die Umsetzung Lausitzer Perspektiven e. V., der beide Reviere. Über die Mittelvergabe tel des Bundes für ein gutes Verkehrs- eines erneuten Versuches aktuell an der Zukunftswerkstatt Lausitz, eine Bürger- muss vor Ort entschieden werden. netz zu nutzen. Finanzierung, da die Landkreise Baut- und Expertenrunde zur Seenlandent- Diese sollen der Zivilgesellschaft, der zen und Görlitz nicht über ausreichend wicklung, ein Besuch bei der Wasser- öffentlichen Hand und der mittelstän- 5. Experimentierklausel und freie Mittel verfügen. Hier muss der verband Lausitz–Betrieb GmbH und ein dischen Wirtschaft gleichermaßen Risikokapital Freistaat finanziell und organisatorisch Gespräch mit dem Geschäftsführer der zugute kommen. Über einen Teil des unterstützen. Arbeitsagentur Bautzen standen auf Geldes soll in Form von Bürgerhaushal- Die Lausitz braucht Vordenker*innen. dem Programm. Der Fokus lag stets auf ten entschieden werden. Ob Vereine oder Unternehmen, alle 8. Kein Klein-Klein bei der dem Strukturwandel in der Lausitz. Ich brauchen in ihrer Gründungsphase touristischen Vermarktung schlage die folgenden Maßnahmen vor: 4. Elektrifizierung und Ausbau schnellen, unbürokratischen Zugang zu von Eisenbahnstrecken Fördermitteln. Wir fordern ein Regional- Schon oft war eine der häufigsten Kla- 1. Beschäftigungsgarantie für die budget, das unkompliziert Risiko- und gen bei der Sommertour: Jeder Akteur Kohlebeschäftigten für die Zeit Wir fordern einen gezielten Ausbau des Gründungskapital zur Verfügung stellt. „wurstelt“ vor sich hin. Die allgemeine nach dem Kohleausstieg Schienenverkehrsnetzes. Dadurch soll Entwicklung der Oberlausitz muss vor allem das Pendeln erleichtert, aber 6. Zukunftsfestival Lausitz endlich Vorrang haben vor den Einzelin- Die Strukturkommission des Bundes auch der Tourismus gestärkt werden. teressen der Gemeinden. Das Oberland wurde beauftragt, ein Datum für den Es geht vor allem um diese Projekte: Auf Anregung des Vereins Lausitzer muss gemeinsam touristisch vermarktet Kohleausstieg festzulegen. DIE LINKE Perspektiven e.V. setze ich mich dafür werden. Ebenso muss das Lausitzer hat immer einen geplanten und mit • S-Bahn-Anschluss von Hoyerswerda ein, dass in der Lausitz jedes Jahr ein Seenland bundesländerübergreifend als systematischer Strukturpolitik einher- nach Dresden Zukunftsfestival veranstaltet wird. einheitliche, eigenständige touristische gehenden, mittelfristigen Kohleausstieg • Elektrifizierung der Strecke zwischen Dabei sollen alle über Ideen zur Zukunft Destination vermarktet werden. gefordert. Anders als in den 1990er Görlitz und Dresden der Lausitz diskutieren können. Jahren darf dies nicht zum massiven • Ausbau einer Schnellverbindung 9. Keine Verweigerung gegenüber Wegfall von Arbeitsplätzen führen. zwischen Cottbus und Berlin 7. UNESCO-Welterbeantrag gemeinsamen Strukturen Deswegen sollten die jetzt in der Kohle • Vollständige Elektrifizierung der Ste- Umgebindehäuser Beschäftigten eine Beschäftigungsga- cke zwischen Görlitz und Cottbus Bislang stellt die Bundesregierung rantie erhalten, die sichert, dass die • Sicherstellung der Personenbeförde- Ich unterstütze die Idee der Stiftung über zwei Förderprogramme Geld heute in der Kohle Beschäftigten auch rung zwischen Hoyerswerda und Görlitz Umgebindehäuser (Foto), zusammen für den Strukturwandel bereit. Fünf nach dem Kohleausstieg einen Arbeits- mit Partnern aus Polen und Tsche- der betroffenen Landkreise und die vertrag auf dem Niveau des bisherigen Wir fordern, dass der Bund die Strecken chien einen Antrag auf Erteilung eines kreisfreie Stadt Cottbus haben sich für Tarifvertrages haben. Der Staat muss prioritär behandelt und seine Finanz- UNESCO-Weltkulturerbetitels Umge- eine GmbH entschieden, der Landkreis das sicherstellen und dafür sorgen, Bautzen will eigene Wege gehen. Das ist dass gleichwertige Arbeitsverhältnisse unhaltbar. Der Landkreis muss sich als vorhanden sind. Die Ausarbeitung eines Teil der Region Lausitz mit an den Tisch Konzeptes werde ich voranbringen. setzen, damit die Region gemeinsam entwickelt werden kann. 2. Energieregion Lausitz erhalten

Die industrielle Basis der Lausitz muss erhalten werden. Die Lausitz muss Meinen Sohn kriegt Energieregion bleiben. Darauf muss mit ihr nicht! gezielter Wirtschaftsförderung hinge- wirkt werden. Der Standort Schwarze Mit diesem von mir stammenden Pumpe soll Energie-Standort bleiben. Satz überschrieb die „Serbske Als Alternativen kommen Wasserstoff-, Nowiny“ einen Artikel zur Wieder- Gaskraft- oder Speicherkraftwerke in einführung der Wehrpflicht. Diese Frage sowie ein Kompetenzstandort für lehne ich ab. Ich bin Pazifist aus Elektromobilität in Frage. Überzeugung und aufgrund meiner dreijährigen Militärdienstzeit auch 3. Zukunftsfonds für die Lausitz, aus Erfahrung. Deshalb erzürnt es Bürgerhaushalte für Kommunen mich, wenn CDU-Politiker*innen ohne Diensterfahrung die Söhne und Töchter anderer Leute in den Kriegsdienst verpflichten wollen. Ich kann es auch nicht verstehen, wenn Kreiswahlversammlung und Kreisparteitag am in der CDU die Meinung vertreten wird, „in der Armee seien Charak- tere geformt worden“. Militärdienst 17. November 2018 in Pulsnitz hatte allen Erfahrungen nach eher Der Kreisvorstand hat beschlossen, gierten für die Landesparteitage 2019- Bischofswerda/Oberland: Felix Muster charakterliche Deformation und am 17. November 2018 von 9:30 Uhr 2020, zur Wahl der vier VertreterInnen Hoyerswerda: Ralph Büchner posttraumatische Erkrankungen bis 12 Uhr eine Kreiswahlversammlung für die BundesvertreterInnenversamm- Kamenz: Marion Junge zur Folge. Abrüstung ist das Gebot zur Wahl der Wahlkreisbewerber/innen lung zur Aufstellung der Bundesliste Radeberg: Silvio Lang und nicht Aufrüstung! Die Absicht, der Partei DIE LINKE für die fünf Land- für die Europawahl 2019, zur Wahl der eine Dienstpflicht im Sozial- und tagswahlkreise im Landkreis Bautzen, beiden Mitglieder des Landesrates und Bis auf Ralph Büchner wollen alle auch Gesundheitswesen einzuführen, ist zu Präferierungen der Wahlkreisbewer- zur Wahl der Kreisfinanzrevisionskom- auf der Landesliste kandidieren. der Versuch, politisches Versagen ber/innen für die Landesliste der Par- mission (mindestens zwei) einberufen. auf Kosten der Lebenszeit junger tei und die Wahl der 16 Vertreter/innen Beide Veranstaltungen finden im Schüt- Weitere Kandidaturen, auch für die Menschen „zu reparieren“. Gerade für die LandesvertreterInnenversamm- zenhaus Pulsnitz, Wettinplatz 2, statt. Delegiertenwahlen oder den Kreis- dort brauchen wir aber professio- lung zur Aufstellung der Landesliste für Eine schriftliche Einladung geht allen vorstand, mögen bitte in der Kreisge- nell tätiges und gut ausgebildetes die Landtagswahl 2019 vom Landes- Mitgliedern fristgerecht per Post zu. schäftsstelle unter Tel. 03591-490976 Fachpersonal. Rein freiwillige Dien- vorstand einberufen zu lassen. Für 13 Ihre Kandidaturen für die Wahlkreise oder per E-Mail an kontakt@dielinke- ste sollten aber gestärkt werden. bis 16 Uhr wurde ein Kreisparteitag zur zur Landtagswahl haben angekündigt: bautzen.de angezeigt werden. Wahl des Mitglieder eines neuen Kreis- • Heiko Kosel, MdL vorstandes, zur Wahl der zehn Dele- Bautzen: Andrea Kubank, Heiko Kosel • Felix Muster, Kreisgeschäftsführer Sachsens Linke! 09/2018 Seite 8 „Es muss mehr Bier eingekühlt werden“ Luise Neuhaus-Wartenberg, Sprecherin der Landtags-LINKEN für Handwerk, Mittelstand und Tourismus, war wieder einmal auf Tour

Kaum war das Motto ausgesprochen, zuschusses Utopisches fordern. „So ne Brauereien aufgeben mussten. Und, nen Gaststätte. Wichtig sind ihnen vor ging es schon auf Tour: Angesichts der fördert man kein Unternehmertum, es wie mir eine Likörmacherin im Vogt- allem die Originalität und Qualität ihrer Hitze mehr als angemessen! Es stan- ist besser, wenn Leute wie wir flunkern land erzählte, sogar die Listung lassen Produkte, ökologisch erzeugte Grund- den Besuche bei kleinen Brauereien anstatt ehrlich zu sagen, was ist und sie sich bezahlen. stoffe und Ressourcen sparende Ver- auf dem Plan. Weitere Gespräche hat- fahren. Sicher wollen sie von ihrer Un- te ich mit Süßwarenherstellern und mit ternehmung leben können, aber das Unternehmen, die Liköre nach ganz Geldverdienen steht erst an zweiter alter Tradition produzieren. Mehr als Stelle. „Wir sollen immer nur wachsen, zwei Dutzend Termine durch das ganze wachsen, wachsen“; „Geht es denn Land Sachsen, vom östlichsten Zipfel nicht, dass wir kleine Brötchen backen Görlitz über Nordwestsachsen bis ins oder eben kleine Flaschen brauen?“ Vogtland. Sie wollen das tun, was sie gut können. Und es geht um Kooperation. „Zusam- Natürlich ging es mir nicht nur um die menarbeit ohne Ellenbogen, das muss Gaumenfreuden. Ich wollte wissen, doch möglich sein.“ mit welchen Problemen sich die ganz kleinen Betriebe in dieser Branche he- Mit dieser Einstellung zu ihren Betrie- rumschlagen. Immer wieder hörte ich ben und mit der Exklusivität und Origi- Kritik an der Sächsischen Aufbaubank nalität ihrer Produkte tragen sie zu ei- (SAB), die die Unternehmen bei der Be- nem positiven Lebensgefühl und zum ratung im Regen stehen lässt, etwa bei Charme ihrer Stadt oder ihrer Region der Antragstellung eher hinderlich als bei. Umgekehrt, oder sagen wir mal, hilfreich ist. Gerade für die Kleinstun- Hand in Hand muss es gerade in länd- ternehmen und Soloselbstständigen lichen Regionen gehen, damit Men- ist es praktisch unmöglich, sich durch schen, ob abhängig beschäftigt oder den Dschungel an Förderprogrammen selbstständig, bleiben und kommen zu wühlen. Hier tuen Verringerung wie wollen. Und hier ist besonders die Po- Vereinfachung dringend not. Ein wei- litik gefragt. Kurzum, es geht um Le- teres Problem sind Zumutungen, mit bensqualität. Ich habe auf meiner Tour denen die Jobcenter Selbstständigen was realistisch sein wird“ sagte mir ei- Da nehmen die Betriebe den Vertrieb wieder einmal wichtige Einblicke ge- in der Gründungsphase auf den Füßen ne Brauerin in Görlitz. Ähnliches bei eben in die eigenen Hände und trans- winnen können, wie Kleinbetriebe so ti- stehen, indem sie von ihnen noch in den Handelsketten: Die drückten so portieren ihre Getränke schon mal mit cken. Auch das steht unserer Partei gut der Bewilligungsphase des Gründungs- sehr die Preise, dass bereits einige klei- dem Handwagen zu einer nahegelege- zu Gesicht. Glauchau bewirbt sich um den Titel „Fairtrade-Town“ Julia Stein, Stadträtin der LINKEN in Glauchau, stellt ein nachahmenswertes Projekt vor

Schon im Januar fand die erste Infor- Erfolgsmodell etabliert. Seit dem Start Um den Titel „Fairtrade-Town Es gibt derzeit ca. 800 Millionen Hun- mationsveranstaltung zur „Fairtrade- 2009 gibt es in Deutschland bereits Glauchau“ zu erhalten, müssen folgen- gernde weltweit, davon 70 Prozent Town“-Kampagne in Glauchau statt, über 500 Fair-Handel-Städte. In Sach- de Kriterien erfüllt werden: Klein- und Kleinstbauern. Alle drei Se- welche vom Oberbürgermeister, ei- sen sind das Dresden, Freiberg, Mark- 1. Es liegt ein Beschluss der Kommune kunden stirbt ein Mensch an Hunger, nem Vertreter der Freien Wähler, ei- kleeberg und Leipzig. Chemnitz ist vor, dass bei allen Sitzungen der Aus- es gibt 72 Millionen Kinderarbeiter nem Vertreter der CDU , der Wirt- derzeit noch in der Gründungsphase. schüsse und des Rates sowie im Ober- weltweit, darunter sind 19 Millionen schaftsförderung, VertreterInnen aus Die „Fairtrade-Stadt“ ist ein sichtba- bürgermeisterbüro Fairtrade-Kaffee jünger als 11 Jahre. Die Zahlen spre- Kirchen, einer Schule, der örtlichen res Zeichen, das sowohl im Tourismus- sowie ein weiteres Produkt aus Fairen chen ihre eigene Sprache. Die Fairt- Presse sowie interessierten Bürge- bereich als auch in der Öffentlich- Handel verwendet wird. Es wird be- rade-Bemühungen sind in den 50er rInnen angenommen wurde. Damals keitswirkung einen großen Vorteil für schlossen, als Stadt den Titel „Fairtra- Jahren im christlich-demokratischen hatte die Stadtratsfraktion DIE LINKE Glauchau erzielen kann. Es ist ein öf- de Stadt“ anzustreben. Umfeld entstanden und die Existenz- eingeladen, um das Projekt vorzustel- fentliches Bekenntnis der Stadt, sich 2. Gründung einer Steuerungsgruppe grundlage fairen Handelns ist heute len und Unterstützung für eine Etab- für den fairen Handel einzusetzen. bestehend aus mindestens drei Perso- mehr denn je gegeben. Aber ist der lierung des Titels in der Stadt zu ge- nen der Bereiche Politik, Wirtschaft faire Handel ein wirksames Instru- winnen. Am 31. Mai 2018 brachte die Stadt- und Zivilgesellschaft, welche Aktivitä- ment, um Fluchtursachen zu bekämp- ratsfraktion DIE LINKE einen Ratsbe- ten vor Ort koordinieren. fen? Dabei ist klar zu stellen, dass die Die Referentin Urte Grauwinkel aus schluss zur „Fairtrade-Town“-Kampa- 3. Mindestens fünf örtliche Geschäfte kriegerischen Ursachen für aktuelle Leipzig stellte zunächst die Kampa- gne ein, welcher mit einer knappen sowie drei Gastronomiebetriebe, die Flüchtlingsbewegungen nicht im Fo- gne vor und berichtete von anderen Mehrheit im Stadtrat angenommen gesiegelte Produkte aus fairem Han- kus des Fairen Handels liegen können. deutschen Städten, welche bereits wurde. Die positiven Auswirkungen del anbieten. Allerdings fliehen viele der so genann- „Fairtrade-Towns“ sind oder sich in auch für Glauchau erläuterten die 4. Durchführung von Bildungsaktivitä- ten Wirtschaftsflüchtlinge vor den ka- der Gründungsphase befinden. Der Stadträte in ihrer Begründung. Sie ver- ten zum Thema „Fairer Handel“ in min- tastrophalen Auswirkungen des der- faire Handel und nachhaltiger Konsum treten den Standpunkt, dass die Ent- destens einer Schule, einem Verein zeitigen Weltwirtschaftssystems, die sind Themen, die zunehmend an Be- scheidung aus humanitären Gründen sowie einer Kirche in Glauchau. ihnen schlichtweg keine Alternative deutung gewinnen und Städte und Ge- richtig ist und die Stadt somit die zur 5. Die örtlichen Medien berichten lassen. Hier setzt die Fairtrade-Bemü- meinden spielen eine entscheidende Verfügung stehenden Möglichkeiten über die Aktivitäten auf dem Weg zur hung an. Denn diese zielt darauf ab, Rolle bei der Umsetzung. ergreifen kann, um Produzentinnen „Fairtrade-Stadt“. menschenwürdige Lebens- und Ar- und Produzenten ein menschenwür- beitsbedingungen weltweit zu schaf- „Fairtrade-Town“ ist ein Titel, der Städ- diges Leben zu ermöglichen. Inter- Die Fraktion DIE LINKE freut sich über fen bzw. diese zu verbessern, damit ten und Gemeinden verliehen wird, die essant hierbei ist auch die bis zu 90 die Entscheidung des Stadtrates und Menschen in ihrer Heimat ein Aus- sich besonders für den fairen Handel Prozent förderfähige Stelle „Koordi- wird nun aktiv daran arbeiten, dass kommen haben, das es ihnen ermög- einsetzen. Die internationale Kampag- nierung kommunaler Entwicklungs- der faire Handel verstärkt einen Platz licht, ein selbstbestimmtes Leben zu ne hat sich in Deutschland als echtes politik“. in Glauchau hat. führen. Seite 9 09/2018 Sachsens Linke! Vermischtes Zur Zusammenarbeit mit anderen politischen Kräften in der Friedensbewegung Erklärung der LAG Frieden und Internationale Politik, DIE LINKE Sachsen, 30.8.2018

Die Bündnispolitik in der Friedensbe- sitionen propagieren. Wir lehnen jeg- Menschen, die sich aufgrund ihrer Wir sind uns des Kalküls der oben ge- wegung bzw. die Breite eines solchen liches gemeinsame Agieren mit den Sorge um den Frieden und/oder poli- nannten Kräfte wohl bewusst, öffentli- Bündnisses ist seit der Entstehung der Verantwortlichen von PEGIDA ab. Eine tischer Unzufriedenheit diesen Orga- che politische Veranstaltungen – dar- Friedensbewegung in den 1950er und Organisation, die auf Kriege im Nahen nisationen zugewendet haben, sind unter auch die der Friedensbewegung 1960er Jahren ein ständig debattier- Osten mit Hetze gegen deren Opfer re- und bleiben aber Adressaten im politi- – für ihre Zwecke zu instrumentalisie- tes Thema. Die LINKE als Friedenspar- agiert, hat jeg- schen Mei- ren. Es wird angesichts des Demons- tei und insbesondere LINKE, die sich in lichen hu- nungs- trationsrechts der Bundesrepublik der Friedensbewegung persönlich en- ma- streit für aber schlechterdings nicht möglich gagieren, müssen sich diesen Debatten uns. sein, deren Auftauchen zu friedens- stellen. politischen Veranstaltungen jederzeit zu verhindern, solange sie sich nicht Die Friedensbewegung ist seit ihrer verfassungsfeindlich äußern oder ver- Entstehung immer eine Koalition unter- halten. schiedlicher gesellschaftlicher Inter- essengruppen mit sehr verschiedenen Deswegen aber solche friedensbe- politischen Auffassungen – von Rechts- wegte Veranstaltungen von links zu konservativen bis Kommunisten – ge- boykottieren oder auch nur zu ignorie- wesen. Zur Zeit des Kalten Krieges, ins- ren, widerspricht nicht nur den bünd- besondere angesichts der Gefahr eines Bei nispolitischen Grundsätzen unserer die Menschheit bedrohenden Atom- nis- die- Partei. Es setzt vor allem die Majorität kriegs, bildeten sie ein breites Bündnis, ti- sen linker Kräfte im Kampf für Frieden und um gegen diese Gefahr zu protestieren schen streitba- Abrüstung, gegen Bundeswehrein- und von ihren Regierungen eine Politik und Frie- ren Ausei- sätze, NATO-Ost-Strategie und Erhö- der friedlichen Konfliktlösung zu for- densan- nanderset- hung des Militärhaushalts aufs Spiel. dern. Gerade als LINKE bejahen wir ein- spruch verwirkt. Ebenso zungen muss es Solche Verhaltensweisen scheuen die deutig den Koalitionscharakter dieser kann es keine Zusam- uns darum gehen, Auseinandersetzung mit den rechten Bewegung: Nicht nur Linke können für menarbeit mit der AfD diese Menschen – Kräften. Sie überlassen ihnen dadurch sich in Anspruch nehmen, für friedliche als Partei geben. Die- über das Engagement im gesellschaftlichen öffentlichen Konfliktlösungen und gegen Militär-Lo- se Partei will Flüchtlinge für den Frieden – wieder Raum genau den Platz, den sie ihnen gik Position zu beziehen. nach Syrien deportieren las- für politische Angebote zu ge- nicht zubilligen. Sie stärken sie, ob- sen und strebt trotz Russland- winnen, die auf humanistischer und wohl sie sie bekämpfen wollen. Die Bandbreite des Bündnisses endet freundlicher Fassade das NATO-Aufrüs- demokratischer Grundlage stehen. Deshalb verurteilen wir die Aufrufe dort, wo Personen unter dem Deck- tungsziel und damit eine Verdopplung Der Zusammenhang von Kapitalismus, einzelner Protagonisten aus der säch- mantel des Friedensengagements ras- des deutschen Militärhaushalts an. Ei- Imperialismus, Neoliberalismus und sischen Linksjugend, z. B. den Aufru- sistische, menschenverachtende und ne solche Partei kann niemals Partner Krieg muss hier stärker in den öffentli- fen zum Ostermarsch nicht zu folgen, dadurch auch Friedens-feindliche Po- für Friedenspolitik sein. chen Meinungsstreit getragen werden! nachdrücklich.

Sammlungsbewegung als Strom-Prepaymentzähler in der Praxis linken Neustart unterstützen Im Frühjahr 2018 besuchten Marco das Gerät aufladen kann. Das Gerät Der Liebknecht-Kreis Sachsen unter- deutlich kämpferische Linkspartei ein- Böhme, energiepolitischer Sprecher schaltet sich nicht am Wochenende, stützt nachdrücklich das Projekt „Auf- zutreten. Natürlich brauchen wir da- der Linksfraktion im Sächsischen an Feiertagen oder außerhalb der stehen“. Wir sehen darin vor allem die bei auch eine „linke Machtoption“ und Landtag, Kreisrätin Bärbel Heym, Öffnungszeiten des Kundencenters Chance, eine starke außerparlamen- letztlich eine „sozialere Regierung“. Stadträtin Uta Knebel mit Mitar- der Stadtwerke ab. Somit kann der tarische Bewegung gegen die neo- Aber wir sollten nicht erneut der Illusi- beitern der sächsischen Abgeord- aufgrund fehlenden Guthabens liberale Politik und den politischen on aufsitzen, dass ein wirklicher Poli- neten im Bundes- und Landtag die stromlose Kunde jederzeit einen Rechtsruck sowie für mehr soziale Ge- tikwechsel gegen den Neoliberalismus Stadtwerke Riesa. Die Mitarbeiter Ansprechpartner erreichen, um Lö- rechtigkeit und eine friedliche Außen- und die Militarisierung der internatio- der sächsischen Abgeordneten der sungen zu finden. Und dies ohne auf politik in Gang zu bringen. Eine Mehr- nalen Beziehungen schnell und einfach LINKEN im Deutschen ihn umgelegte Mehrkosten. heit in unserem Land will ein Ende der erreicht werden kann. hatten die Initiative für ein Fachge- explodierenden sozialen Ungleichheit, spräch vor Ort, da gerade in den Das Unternehmen andererseits profi- Vermögenssteuern für die Reichen, Neoliberalismus und Kriegspolitik sind kalten Wintermonaten das Thema tiert von der Kundenbindung und von einen höheren Mindestlohn, armuts- machtpolitisch in keiner Weise am En- „Stromsperren“ und vor allem die Einsparungen im Mahnwesen. Auch feste Renten, bezahlbare Mieten und de. Nach allen geschichtlichen Erfah- damit verbundenen Kosten ein The- sinkt die Gefahr, uneinbringliche For- lehnt die für das nächste Jahrzehnt ge- rungen (nicht zuletzt der Jahre 1918 ma linker Sozialpolitik sind. Wie kann derungen aufgrund von Insolvenzen plante Verdoppelung der Rüstungsaus- und 1968 in Deutschland) wissen wir, den Betroffenen effektiv geholfen ausbuchen zu müssen. Ein Prepay- gaben ab. Eine gesellschaftliche Bewe- dass es für grundlegende politische werden, welche politischen Initiati- ment-Zähler kann also Kunden des gung von unten muss diesem derzeit und sozialökonomische Veränderun- ven sollte DIE LINKE ergreifen? regionalen Stromanbieters vor hohen vorwiegend stillen Protest eine in den gen einer gesellschaftlichen Kraft mit Kosten beim Sperren und Entsperren politischen Auseinandersetzungen un- geradezu revolutionärer Stärke be- Die Stadtwerke Riesa bieten ihren von Stromanschlüssen schützen. überhörbare Stimme geben. Es gilt darf. Die Schaffung von linker Gegen- Kunden einen sogenannten Strom- Eine Zwischenlösung. Lasst uns wieder einmal, die „versteinerten ge- öffentlichkeit und politischer, gewerk- Prepayment-Zähler an. Der Kunde darüber diskutieren, ob wir als LINKE sellschaftlichen Verhältnisse dadurch schaftlicher und geistig-kultureller kann nur den Strom verbrauchen, für diese Idee flächendeckend fordern zum Tanzen zu bringen, daß man ih- Gegenmacht sollten von uns als nächs- den er auch entsprechendes Gutha- sollten oder ob dies unserer Vision nen ihre eigne Melodie vorsingt!“ (Karl te unumgängliche Schritte im Kampf ben auf das Gerät geladen hat. Der einer sozialistischen Gesellschaft Marx, 1844) Nicht zuletzt die negative gegen ein tief gestaffeltes politisches Vorteil für den Kunden: Das teure widerspricht. Eure Meinung bitte an: Reaktionen aus Leitmedien und Bun- System der Kapitalherrschaft verstan- Sperren und Entsperren des Strom- destagsparteien bestärken uns darin, den werden. zählers fällt weg, da der Kunde per • Jens Hentschel-Thöricht entschieden für den anstehenden lin- Chipschlüssel jederzeit Guthaben auf [email protected] ken Neustart und dabei auch für eine • Liebknecht-Kreis Sachsen Sachsens Linke! 09/2018 Seite 10 Jugend

„An diesem Prozess ist Deutschland fassungsschutzbehörden, kein Wort gewachsen“, meinte der Beobachter zur umfangreichen illegalen Aktenver- der Zeit. Mit dem Urteil gegen Beate nichtung, kein Wort zum institutionel- Der NSU war nicht Zschäpe seien die NSU-Verbrechen len Rassismus der Ermittlungsbehör- aufgearbeitet, meinen viele Stimmen. den. zu dritt! Daniel Peisker ist gegen einen Schlussstrich Wir sind gegensätzlicher Meinung. Nein, einen Schlussstrich unter der Es ist beschämend, dass das Ober- Causa NSU darf es definitiv nicht ge- landesgericht München trotz der Viel- ben. Dieser Meinung waren auch die zahl widersprechender Belege an der Protestierenden am Tag der Urteils- These festhält, der NSU sei ein von verkündung in über 20 Städten. Ihr der Szene abgekapseltes Trio mit al- Ruf: Nazis morden, der Staat macht lenfalls einer Handvoll Mittäter_in- mit – Der NSU war nicht zu dritt! nen gewesen. So wird versucht, einen Schlussstrich zu ziehen. Es ist be- schämend, dass Ralf Wohlleben, im- merhin Beschaffer der Česká 83, nur zehn und nicht mindestens die bean- tragten zwölf Jahre Haft erhielt. Und es ist noch viel beschämender, dass Meinen die André Eminger (der unter anderem 2015 beim Münchner Pegida-Ableger das ernst? gesichtet wurde und seinen Anwalt im Gericht verlesen ließ, er sei „Natio- Nr. 8: Noten abschaffen nalsozialist, der mit Haut und Haaren zu seinen Überzeugungen steht“) gar Hier stellen wir euch jeden Monat neuneinhalb Jahre weniger bekam und eine Forderung aus dem Links- der Haftbefehl gegen ihn direkt aufge- jugend-Wahlprogramm vor. hoben wurde – was das Dutzend ein- schlägig bekannter Neonazis im Ge- Die Forderung: richtssaal zu offenem Jubel anhielt, ohne dass dies Konsequenzen gehabt Das Recht auf Mobilität soll ein hätte. Grundrecht sein!

Kein einziges Wort fiel zu den offenen Die Begründung: Fragen zu den Verstrickungen der Ver- In Zeiten der Globalisierung wird die Welt kleiner. Jedoch nur bild- lich, denn physikalisch ändert sich nichts. Die Folge ist, dass die Distan- Auf zum Landesjugendplenum! zen, die wir zurücklegen, um unse- re Freund_innen zu besuchen oder Auf, auf zum Landesjugendplenum! gültigen Beschluss über Grundsatz- rat oder ein Länderrat sein wollt oder unsere Arbeitskraft zu verkaufen, Unser liebstes höchstes beschluss- programm und Landesjugendwahlpro- über unser Programm mitentschei- immer größer werden. Wer sich Mo- fassendes Gremium, das Landesju- gramm, welche über das letzte halbe den wollt, dann meldet euch auf un- bilität nicht leisten kann, wird aus- gendplenum, tagt wieder einmal: vom Jahr erarbeitet wurden, werden sich serer Webseite an (bald verfügbar) gegrenzt oder noch schlimmer: kri- 28.-30. September in Chemnitz, for- die aus unserer Mitte kommenden Ju- und kommt am letzten SeptemberWo- minalisiert. In Deutschland wandern merly known as Karl-Marx-Stadt. Im gendkandidat_innen vorstellen und chenende in die Stadt mit den drei o‘s jährlich mehrere tausend Menschen wundervollen Subbotnik werden wir zur Wahl stellen. Das wird ein großer (Gorl-Morx-Stodt)! ins Gefängnis, weil sie Bußgelder Landes- (Aufpasser-Gremium in der Spaß, nicht zuletzt weil das Ganze in fürs Schwarzfahren nicht bezahlen Partei) und Länderrat (Aufpasser- einer pfiffigen Form geschehen wird. PS: Antragskommission und vermut- können. Anders ausgedrückt: Weil Gremium im Bundesjugendverband) lich alle Anwesenden würden es ultra sie von A nach B müssen, werden sie wählen und uns ansonsten ganz viel Falls ihr euch fragt, ob es eine ARD- feiern, wenn ihr eure Änderungsanträ- eingesperrt. Mobilität darf weder Pri- mit der anstehenden Landtagswahl Wahlarena-mäßige Vorstellung geben ge ans Programm bis zum 23. Septem- vileg noch Verbrechen sein. Wir for- auseinandersetzen. Neben dem end- wird, ihr nicht wisst, was ein Landes- ber zu uns schickt. dern deswegen ein Grundrecht auf Mobilität. Dieses lässt sich für uns nur durch einen fahrscheinlosen ÖP- NV und alternative Beförderungskon- zepte durchsetzen. Beispielsweise Es gibt immer ein erstes Mal können kommunalisierte Car-Sha- ring-Projekte die Zahl der Autos re- Am Abend des 13.7. und am 14.7. 2018 le fühlen sich nicht gehört und einge- Frauen Plena von unseren Ortsgruppen duzieren, diese modern halten und fand in Leipzig das erste Landesju- schüchtert von dem Verhalten der Ty- besuchten, aber dann nicht wiederka- die manchmal benötigte Individuali- gend-FLTI*-Plenum der Linksjugend pen. Aber gleichzeitig war es auch ein men. tät gewährleisten. Sichere Verkehrs- Sachsen satt. FLTI* steht für: Frauen, sehr schönes Gefühl, sich in so einem wege sind eine Selbstverständlich- Lesben, Trans- und Interpersonen. Teil- Schutzraum auszutauschen und es Die Veranstaltung wurde von den Teil- nehmen konnten alle Menschen, die kam die Idee auf, so etwas auch mal nehmerinnen als sehr angenehm und sich einer dieser Gruppen zugehörig auf Landesebene stattfinden zu lassen. produktiv wahrgenommen. Das lag fühlen. auch viel an unserer tollen Moderato- Daraufhin nahmen drei Frauen aus rin Ines, die uns geholfen hat, struktu- Die Idee für so ein „Flenum*“ kam uns dem Beauftragtenrat die Organisation riert und mit passenden Methoden an auf dem letzten Landejugendplenum in die Hand. Es trafen sich etwa zehn die Sache ranzugehen. Die Ergebnisse in Görlitz während des dortigen FLTI*- Frauen im Interim und redeten über die des ersten Landesjugend-FLTI*-Ple- Plenums. Während des FLTI*-Plenums Schattenseiten, die das politische En- nums werden auf dem nächsten Lan- Termine tauschen wir uns darüber aus, was es gagement als Frau in einer politischen desjugendplenum in Chemnitz vorge- bedeutet, als Frau* an einer Veranstal- Struktur mit sich bringt. Wichtig war stellt. Wir wollen nun auf Landesebene tung wie dem Landesjugendplenum auch die Frage, wie wir mehr FLTI*-Per- eine FLTI*-Struktur gründen, die in 28.-30. September: teilzunehmen bzw. wie es ist sich in der sonen dazu bewegen können, sich in den Jugendverband hineinwirkt. Aber Linksjugend Sachsen zu engagieren. der Linksjugend Sachsen zu engagie- vor allem soll dies nicht unser letztes Landesjugendplenum in Chemnitz Das Feedback war fast so erdrückend ren und woran es liegen könnte, dass „Flenum*“ gewesen sein! Wir freuen wie der Frauen*anteil im Verband. Vie- wir es schon mehrfach erlebten, dass uns. :-) Seite 11 09/2018 Sachsens Linke! DIE LINKE im Europäischen Parlament Nächste Ausfahrt LINKS. EuropEan unitEd LEft / nordic GrEEn LEft EuropEan parLiamEntary Ein Kommentar zur europäischen Automobilwirtschaft von Group Frederic Beck, Büro MdEP Cornelia Ernst

Wettbewerb muss gut sein?! War- Nein, anstatt umzuverteilen, wird ropäischen Wirtschaft und damit der den Grundfesten der Arbeitsrechte, um? Ganz einfach: Er bedeutet Wohl- das Geld dank Steueroptimierung, Bevölkerung beruht, scheint grundle- so z.B. im Bereich Kündigungsschutz stand und Wohlstand bedeutet Freiheit Abschreibungen, dubiosen Konten gend die falsche Drehbewegung vor- oder Tarifbindung. Das kommt auch und ohne diese Freiheit ist das Le- und so weiter und so fort den Un- zugeben. Anstatt dass die Hersteller dem hiesigen Autobauer PSA zugute, ben wohl kaum lebenswert. Blöd nur, ternehmen belassen und kommt am etwas an die Menschen zurückgeben der nicht nur in Deutschland sondern dass scheinbar all die Automobilun- Ende als fetter Bonus für die Top- (via Staat oder EU), erbringen nur ihre auch in Frankreich versucht, massiv ternehmen genau dieses Prinzip, das Manger*innen sowie Superrendi- Mitarbeiter*innen immer neuen Input an seinen Arbeitskräften, die über Jah- sie stets nach außen so hoch halten, te für die Aktionär*innen raus. Das für die Firmen. Opel ist da ein exzel- re gute Arbeit geleistet haben, zu spa- selbst missachten, indem sie Kartel- muss ein Ende haben. So fordert DIE lentes Beispiel. Unter dem Vorwand ren. Krisengeschüttelte Länder wie le bilden und sich munter zu Bremsen, LINKE im Europaparlament seit ge- der Arbeitsplatzsicherung werden Italien, wo FIAT sein Unwesen mit ille- Abgasreinigung oder Spritoptimierung gitimen Wettbewerbspraktiken, z.B. absprechen. im Bereich Abgasmanipulation treibt, oder in Spanien legten schon vor eini- Eine solche Inkonsequenz wirkt infan- gen Jahren den Schalter um. Seitdem til. Helfen sich die Firmen gegensei- heißt es auch dort: freie Fahrt für die tig, so zeugt dies von Solidarität un- Unternehmen. Das Nachsehen haben ter Gleichgesinnten, sobald es aber dann die Verbraucher*innen und die an Mitarbeiter*innen und Kund*innen Umwelt. geht, endet diese abrupt. Plötzlich heißt es, dass Geld sei zu knapp für Auch deshalb sollten sich die Europä- höhere Löhne, das Geld sei zu knapp ischen Politgranden vor allem einmal für bessere Nachrüstungen, das Geld damit beschäftigen, wie sie nachhal- sei zu knapp für mehr Forschung in tig und mit den Menschen den Wohl- grüne Technologien. Gut dass es Mut- stand innerhalb der Union wahren ter Staat gibt, an der sich die Kinder- und vor allen Dingen fair verteilen lein namens VW, Daimler, PSA und Co. können. Ein Anfang im Bereich Auto- nähren können. Im Zweifel eine Ab- mobile wäre eine Europäische Über- wrackprämie hier, eine Subvention für wachungsbehörde, wie sie auch Cor- Technologie dort und schon werden nelia Ernst seit langem fordert: „Nur die Söhne und Töchter dick und rund. eine übernationale Behörde kann es Das Geld, das diese dann erwirtschaf- schaffen, dem Wirrwarr aus nationa- ten, geht schließlich aber nicht etwa len Prüfinstanzen, die sich in korrup- zurück an den Staat und damit zu Tei- ter Manier die Typengenehmigungen len auch in den Haushalt der Union, Foto: Jakob Huber/Campact / CC BY-NC 2.0 zuschachern, ein Ende zu setzen und welche es für gesellschaftliche Zwecke so das Vertrauen der geschädigten einsetzen könnte, um den für die Fir- raumer Zeit, dass die Gehälter von dort bisher geplante Lohnerhöhun- Verbraucher*innen wiederzugewin- men arbeitenden Menschen etwa Kul- Geschäftsführer*innen und Firmen- gen einfach ausgesetzt und die Pro- nen.“ DIE LINKE im Europaparlament tur, Altersvorsorge und soziale Absi- vorständen gedeckelt werden, damit duktion heruntergefahren. Die Berli- wird auch weiterhin dafür kämpfen, cherung zu bieten, sofern es denn, wie die Lohnlücke zwischen Angestellten ner Politik äußert sich nicht dazu. In dass es sozial und ethisch nachhaltige es auch die GUE/NGL immer wieder und Chefs nicht immer weiter ausei- anderen europäischen Staaten sieht Richtlinien für alle Unternehmen, ob in nachhaltig betont, endlich auch eine nanderklafft. Das bisherige Konzept, es nicht besser aus. Im Gegenteil, Ma- der Automobilbranche oder anderswo, soziale Säule im Konstrukt EU gäbe. auf dem angeblich der Erfolg der eu- cron rüttelt in Frankreich gerade an geben wird. Investieren in die Energiewende! Jetzt!

Die bedrohliche Trockenheit, das gerade 40 Prozent CO2-Einsparung bis Netz unterwegs ist, „verstopft“ er quasi Militarisierung der EU gehen. Allein 13 Niedrigwasser und die extremen Wet- 2030, müsste aber bei mindestens 55, das Netz und erlaubt kein schnelleres Milliarden Euro werden für einen EU- terereignisse zeigen: Der Klimawandel besser bei 70 Prozent liegen, um das Wachstum der erneuerbaren Energien. Fonds für Rüstungsforschung bereit- ist in vollem Gange, und die Zeitungen Zwei-Grad-Ziel von Paris noch einzuhal- Der Strukturwandel, der durch den stehen – viel Geld, das besser in den schreiben schon vom „Klimawandel ten. Hier muss also dringend nachge- Kohleausstieg zwangsläufig folgt, muss sozial-ökologischen Umbau investiert in Mitteldeutschland“. Den Bauern im bessert werden. Und das bedeutet: Wir aber aktiv gestaltet werden: Es müssen werden sollte. Osten und Norden Deutschlands dro- müssen bei der Erzeugung von Ener- die Zivilgesellschaft, die Gewerkschaf- hen empfindliche Ernteausfälle. gie zukünftig auf Kohle verzichten. Zu- ten, kleine und mittlere Unternehmen Bis zum 9. Oktober 2018 läuft noch die mindest die zwanzig dreckigsten Koh- und Kommunalpolitiker*innen einbe- öffentliche Konsultation der Europäi- Ende 2015 einigten sich 195 Staa- lekraftwerke in Deutschland müssen zogen werden. Das Braunkohleunter- schen Kommission, bei der alle Inter- ten weltweit darauf, dass die globale wir sofort abschalten, sonst kommen nehmen LEAG in der Lausitz hat seine essierten Vorschläge zur Verringerung Temperatur nicht stärker als um zwei wir nicht mal in die Nähe des Zwei- Arbeitsplatzgarantie nur bis 2020 aus- der Treibhausgasemissionen einreichen Grad Celsius ansteigen darf. Nun soll Grad-Ziels. Bis spätestens 2035 müs- gesprochen – was danach kommt, ist können: www.bit.ly/2wOnZbP beim nächsten Klimagipfel, der am 3. sen wir komplett aus der Kohleverstro- ungewiss. Es ist also höchste Zeit, ge- Dezember 2018 in Katowice (Polen) mung aussteigen, jedoch haben weder zielt in alternative Sektoren zu investie- Die EU muss, bevor sie ihre Vertreterin- beginnt, eine Bestandsaufnahme ge- Deutschland noch Polen ein Ausstiegs- ren. Doch es ist nicht nur die Nutzung nen und Vertreter zum Klimagipfel nach macht werden: Reichen die Reduk- datum festgelegt. erneuerbarer Energieträger auszubau- Katowice schickt, dringend das CO2-Re- tionsziele der Unterzeichnerstaaten en, es müssen auch der öffentliche duktionsziel heraufsetzen, auf mindes- aus, um das Zwei-Grad-Ziel einzuhal- 43 Prozent des Stroms in Deutschland Personennahverkehr und der Schie- tens 55 Prozent bis 2030. Und sie muss ten? Und wie sollen die Richtlinien für kommt aus der Braunkohle, in Polen nenverkehr gefördert werden. Dafür gleichzeitig ein EU-Budget planen, das die Umsetzung des Pariser Klimaab- kommen 80 Prozent des Stroms aus benötigen wir öffentliche Gelder, so- mehr und nicht weniger Geld für den kommens aussehen? Stein- und Braunkohle. Beide Länder wohl von der EU als auch von den Mit- sozial-ökologischen Umbau bereitstellt. müssen massiv in erneuerbare Ener- gliedsstaaten. Doch im mehrjährigen Dafür setzt sich die LINKE im Europa- Für die EU müssen wir leider feststel- gien investieren und gegensteuern, EU-Finanzrahmen wird es bei den so parlament ein. len: Die selbstgesteckten Redukti- denn momentan nimmt der Ausbau wichtigen Strukturfonds Einbußen von onsziele für den CO2-Ausstoß reichen der Erneuerbaren in der EU sogar ab. fünf bis zehn Prozent geben, während • Cornelia Ernst (MdEP) und Manuela bei weitem nicht aus. Das Ziel liegt bei Und: Solange so viel Kohlestrom im andererseits plötzlich Milliarden in die Kropp (MA) Sachsens Linke! 09/2018 Seite 12 DIE LINKE im Bundestag Eine soziale Garantie Caren Lay plädiert dafür, beim Thema Kohleausstieg ökologische und soziale Lösungen zu verbinden und auf die Kumpel zuzugehen

Der Kohleausstieg kommt. Das sehen rates auch ein klares Bekenntnis zur schiedene Positionen zu den Aktionen der jemanden, auf den das zutrifft. mittlerweile auch die Beschäftigten in Akzeptanz des menschengemachten von „Ende Gelände“ 2017) zu über- Außerdem müssen wir uns klar ma- der Energiewirtschaft, mithin die Be- Klimawandels und der Verantwortung winden. Da sind wir bereits auf einem chen: Die Beschäftigten der LEAG ge- troffenen so. Nicht zuletzt auch des- dazu durch die Braunkohle. Eine Aus- guten Weg. So hatten die Landtags- nießen das, was wir als LINKE für alle halb, weil ihr Arbeitgeber bereits de sage, die man so vor einigen Jahren si- fraktionen in Sachsen und Branden- Beschäftigten wollen – einen gut ver- facto ein Enddatum gesetzt hat. Im cher nicht gehört hätte und die auch burg zuletzt wieder regelmäßigen Aus- handelten Tarifvertrag mit anständi- Revierkonzept des Vattenfall-Nach- in klarer Abgrenzung zu AfD-Positio- tausch mit der Bergbaugewerkschaft ger Bezahlung. Natürlich haben sie folgers LEAG steht das Datum 2045 nen in dieser Frage getätigt wurde. IG BCE. Deshalb habe ich mich sehr ein Interesse daran, nach dem Kohle- und schon heute die Festlegung, kei- Dass es deshalb unter den Beschäftig- gefreut, dass mich unser sächsischer ausstieg nicht unter dieses Niveau zu sinken. Dabei reden wir dann über, je nach Schätzung, nur noch jeden drit- ten „Kohlekumpel“ nach heutigem Stand. Der Rest wird 2040 oder 2045 längst in Rente sein.

Die entscheidende Frage für uns als LINKE ist deshalb, was wir anzubieten bereit sind, um denjenigen eine Per- spektive zu bieten, die nach dem Aus der Braunkohleförderung bislang ohne positive Zukunftsaussicht dastehen. Wir müssen also die fraglos richtige, ökologische Position mit der sozialen Dimension zusammendenken. Was nicht passieren darf, ist der komplet- te Zusammenbruch einer ganzen Re- gion wie in den frühen 1990er Jahren. Dieses Trauma ist gerade in der Lau- sitz tief verwurzelt und es ist unse- re Aufgabe, den Menschen die Angst vor einem erneuten Strukturbruch zu nehmen.

Mein Vorschlag dazu, den ich zusam- men mit Rico Gebhardt dem Betriebs- rat des Kraftwerkes vorgestellt habe, Foto: Max Becker wäre eine Beschäftigungsgarantie für alle, die heute bereits in der Kohle be- ne neuen Braunkohletagebaue in der ten der LEAG jetzt große Sympathien Fraktionsvorsitzender Rico Gebhardt schäftigt sind und zum Zeitpunkt des Lausitz mehr aufzuschließen. Da- für DIE LINKE geben würde, ist aber zu meinem Termin mit dem Betriebs- Kohleausstieges noch nicht das Ren- mit liegt man nur knapp über der be- Wunschdenken. Eine Annäherung an rat des Kraftwerkes Schwarze Pumpe teneintrittsalter erreicht haben. Wir schlossenen Position unseres sächsi- die noch immer knapp 8.000 „in der im Rahmen meiner Sommertour be- brauchen eine Beschäftigungsgaran- schen Landesverbandes, der 2040 als Kohle“ Tätigen und damit auch an ihre gleitet hat. tie für die jetzt in der Kohle Beschäf- Enddatum für die Kohle vorgesehen Familien sollte dennoch Ziel sein, wol- tigten, wenn wir Mehrheiten für den hat. Ebenso erfreulich: Im Gespräch len wir in Ostsachsen wieder Wähle- Das Einkommen vieler Menschen in notwendigen Kohleausstieg gewinnen mit den Vertreterinnen und Vertretern rinnen und Wähler für uns gewinnen. der Lausitz ist auch zukünftig direkt wollen. Ökologische und soziale Inte- der Belegschaft im Kraftwerk Schwar- Dazu gilt es zunächst, entstandene oder indirekt von der Kohleförderung ressen wollen wir LINKE gemeinsam ze Pumpe gab es seitens des Betriebs- Konflikte (etwa durch weiterhin ver- abhängig – oder zumindest kennt je- denken! Solidarität mit Halberg-Guss zahlt sich aus

Es begann Mitte Juni wie ein uner- Diese Rechnung wurde aber ohne die fest an der Seite der Streikenden und zwischen der IG Metall und Prevent trägliches und skandalöses Lehrstück Belegschaft gemacht, die kurzerhand unterstützte sie nach Kräften; bei ei- statt, die mehrmals völlig ergebnislos aus dem kapitalistischen Tollhaus. in den Ausstand trat. Wenige Tage nem späteren Besuch übergab ich ge- endeten. Dann am 22. August der Pau- Mit brutaler Rücksichtslosigkeit er- nach Beginn des Streiks besuchte ich meinsam mit dem stellvertretenden kenschlag bzw. eine komplette Kehrt- öffnete der Autozulieferer Prevent auf erstmals den Betrieb, um mich über Vorsitzenden des Leipziger Stadtver- wende: Das Unternehmen rückte von dem Rücken der 700 Beschäftigten die aktuelle Lage zu informieren und bandes Kay Kamieth eine Spende in seinen Schließungsplänen ab und von Halberg-Guss in Leipzig mit dem die solidarischen Grüße der Bundes- Höhe von 500 Euro, die mit viel Beifall ist nunmehr bereit, über ein Fortfüh- Wolfsburger Automobilginanten VW tagsfraktion sowie der Leipziger LIN- aufgenommen wurde. rungskonzept zu verhandeln. Sicher den Kampf um noch höhere Profite. KEN zu überbringen. Im Gespräch mit ist es zum Jubeln noch zu früh, aber Anfang 2018 hatte das Bundeskartell- den Beschäftigten und der Streiklei- Der unbefristete Streik erhielt schnell dieser erste Erfolg zeigt, dass sich der amt dem Kauf der Saarbrücker Gieße- tung – darunter mit dem Betriebsrats- bundesweite Aufmerksamkeit, des- wochenlange mutige Streik, die kämp- rei-Gruppe Neue Halberg-Guss durch vorsitzenden Thomas Jürs und dem halb reichte ich Ende Juni eine schrift- ferische Haltung der Belegschaft und den deutsch-bosnischen Zulieferer Leipziger IG-Metall-Chef Bernd Krup- liche Anfrage an die Bundesregierung die vielfache Solidarität durchaus ge- Prevent zugestimmt und den Weg für pa – erfuhr ich sehr viel Neues über ein, um Wirtschaftsminister Peter Alt- lohnt haben. Eine Fortführung des diesen Machtkampf frei gemacht. Als die Hintergründe des Konflikts. Ich maier (CDU) endlich aus seinem Dorn- Werkes wäre nicht nur wichtig für die Prevent mit seinen überhöhten Forde- war zugleich sehr beeindruckt von der röschenschlaf zu erwecken. Dessen Beschäftigten, sondern auch für den rungen zu scheitern drohte, kündigte kämpferischen Geschlossenheit und kraftlose Reaktion war allerdings ein Erhalt des Industriestandortes Leip- man Mitte Juni kurzerhand die Schlie- Disziplin der Beschäftigten, die sich Armutszeugnis für die Bundespolitik. zig. ßung des traditionsreichen Werkes im nicht vom Eigentümer provozieren lie- In den folgenden Wochen fanden in Leipziger Westen für Ende 2019 an. ßen. Die LINKE stand von Anfang an Frankfurt/Main harte Verhandlungen • Sören Pellmann Kommunal-Info 7-2018 10. September 2018 KFS Online-Ausgabe unter www.kommunalforum-sachsen.de Kommunalpolitisches Forum Sachsen e.V. Ankerzentren Kurzstudie zu möglichen Auswirkungen für die Kommunen Seite 2 Bürgerbeteiligung Aktuelle Studie zu kommunaler Bürgerbeteiligung Seite 3 Daseinsvorsorge Pressemitteilung von Verbänden zum Tag der Daseinsvorsorge Seite 4 Nachhaltigkeit Umsetzung der Agenda 2030 durch Kommunen Seite 4 Kommunale Demokratie im Schwinden? Vom französischen Philosophen und ländern zu beobachten ist, kann nicht Erklärungsversuche es um eigenständige Gestaltungsmög- Politiker Alexis de Tocqueville (1805- auf einen absoluten Trend zu größerer Mitunter wurde in den letzten Jah- lichkeiten und frei verfügbare Ressour- 1859) stammt der Ausspruch von den Wahlenthaltung auf allen Ebenen der ren an Wahlabenden nach Kommunal- cen gehe, denn mehr als 90 Prozent der Gemeinden als den „Schulen der De- Politik zurückgeführt werden. Zwar wahlen die geringe Wahlbeteiligung kommunalen Tätigkeit dürfte inzwi- mokratie“. Dort sollen Bürgerinnen ist auch bei Bundestags- und Land- damit erklärt, dass dies auf den Unmut schen durch das Land, den Bund und und Bürger elementar und am unmit- tagswahlen ein Rückgang der Wahl- der Bürger über die „Politik in Berlin“ die EU weitgehend rechtlich und oft telbarsten erfahren wie Politik und De- beteiligung zu registrieren, aber dieser zurückzuführen sei. Doch bei näherem auch sachlich vorgegeben sein.2 mokratie funktionieren. Gemeinhin Rückgang war, im Vergleich zu dem Hinsehen überzeugt dieses Argument Viele kommunale Politikfelder sind wird angenommen, dass die Bürger in Wählerschwund auf lokaler Ebene, nicht, denn wie ist dann die sichtlich inzwischen dermaßen verrechtlicht, der Kommune lernen könnten, Verant- deutlich geringer. Bemerkenswert ist höhere Wahlbeteiligung bei Bundes- dass sie für Außenstehende, ja mitunter wortung für die Gemeinschaft zu über- zudem, dass bis zu Beginn der 1990er tagswahlen zu erklären, wo es ja um die auch für ehrenamtliche Kommunalpo- nehmen und damit den Grundstein für Jahre die Wahlbeteiligung bei Kom- „Politik in Berlin“ geht. Offensichtlich litiker, als ein Minenfeld von Paragra- ein demokratisches, von der Bürger- munalwahlen zwar nie so hoch wie bei können die Wähler sehr wohl zwischen fen erscheinen. Zudem ist eine häufig schaft getragenes Gemeinwesen legen Bundestagswahlen, doch mit Anteilen den Politikebenen unterscheiden, dem- sperrige Verwaltungssprache eine zu- würden. von über 70 Prozent deutlich höher war zufolge die Wahlentscheidung bei der sätzliche Barriere für das Verständnis Und einschlägige Lehrbücher verra- als heute. Für Sachsen weist die Wahl- Kommunalwahl nicht bloß als Reflex der Zusammenhänge des jeweiligen ten, die „Schule der Demokratie“ biete beteiligung folgende Entwicklung auf: auf die politische Großwetterlage zu Problemfeldes. Auch die Einführung eine Vielzahl demokratischer Mitwir- ‰ Gemeinderatswahlen erklären ist. der Doppik in der kommunalen Haus- kungsmöglichkeiten für die Bürger. ƒ 1990: 76,0 % Nach einer Forsa-Untersuchung haltswirtschaft hat es für Außenste- Kommunalpolitische Fragen beträfen ƒ 1994: 70,4 % vom Mai 2018 sei der Grund für die hende nicht einfacher gemacht, sich die Bürger oft direkt, die Problemlagen ƒ 1999: 53,9 % schrumpfende Wählerzahl bei Kom- hier einen Durchblick zu verschaffen, seien im allgemeinen überschaubar, die ƒ 2004: 46,1 % munalwahlen in der Kommunalpoli- wenn der Haushaltsentwurf gemäß Ge- Folgen des eigenen Engagements seien ƒ 2009: 47,7 % tik selbst zu suchen. In der Wahrneh- setz an sieben Tagen öffentlich auszu- unmittelbar erfahrbar. Und wer sich in ƒ 2014: 48,9 % mung der Befragten würden sich die legen ist und hier für Einwohner und der Kommunalpolitik engagiere, und ‰ Kreistagswahlen Kommunalpolitiker nicht mehr um Abgabepflichtige die Möglichkeit be- sei es nur für ein konkretes Projekt für ƒ 1994/95: 66,9 % die wirklichen Probleme und Sorgen steht, Einwendungen gegen den Ent- kurze Zeit, der erlerne dabei die Spiel- ƒ 1999: 53,8 % der Bürger vor Ort kümmern, die auf wurf zu erheben. Wer da nicht über ei- regeln demokratischer Entscheidungs- ƒ 2004: 48,2 % kommunaler Ebene betriebene Politik ne entsprechende fachliche Ausbildung prozesse und das Handwerk der Kom- ƒ 2008: 45,8 % würde zunehmend weniger den Erwar- verfügt, sieht sich dem riesigen Zahlen- promisssuche. ƒ 2014: 49,7 % tungen der Bürger entsprechen. Zudem werk ziemlich hilflos ausgesetzt. Seit geraumer Zeit wird aber beklagt, ‰ Landtagswahlen seien die Kandidaten, die bei kommu- Auch die seit den 1990er Jahren voll- dass es Risse im Gebälk der kommu- ƒ 1990: 72,8 % nalen Wahlen antreten, zu wenig be- zogenen Gebiets- und Verwaltungsre- nalen Demokratie gebe und bei den ƒ 1994: 58,4 % kannt, nicht profiliert genug und daher formen und damit die Konzentration Bürgern ein Vertrauensverlust in die ƒ 1999: 61,1 % nicht in ausreichendem Maße überzeu- in größeren Einheiten haben die Di- „Schule der Demokratie“ eingetreten ƒ 2004: 59,6 % gend.1 stanz der Bürger zu ihren Kommunen sei. Festgemacht wird das u.a. ƒ 2009: 52,2 % Aber auch die Forsa-Untersuchung vergrößert und „in ihrer binnenorien- ƒ an einer tendenziell abnehmenden ƒ 2014: 49,1 % scheint nur an der Oberfläche zu blei- tierten Managementperspektive die Wahlbeteiligung bei Kommunal- ‰ Bundestagswahlen ben und keine ausreichende Erklä- Bürgerinnen und Bürger zunächst fast wahlen und (Wahlbeteiligung in Sachsen) rung für die sinkende Wahlbeteiligung völlig vergessen und die zivilgesell- ƒ einer teilweise sinkenden Bereitschaft ƒ 1990: 76,2 % zu liefern. Die Ursachen dafür liegen schaftlichen Kooperationspotentiale zur Übernahme kommunaler Ehren- ƒ 1994: 72,0 % tiefer und sind in einer zunehmenden vernachlässigt.“3 ämter und Mandate. ƒ 1998: 81,6 % Entfremdung der Bürger von der re- Die Entfremdung der Bürger von ƒ 2002: 73,7 % präsentativen Demokratie auch auf der kommunalen Demokratie sei auch Sinkende Wahlbeteiligung ƒ 2005: 75,7 % kommunaler zu suchen. Die grundge- durch die Liberalisierungs- und Pri- Die Zunahme der Nichtwähler bei ƒ 2009: 65,0 % setzlich garantierte kommunale Selbst- vatisierungstendenzen herbeigeführt kommunalen Wahlen, was nicht nur ƒ 2013: 69,5 % verwaltung in Deutschland sei auf eine in Sachsen, sondern in allen Bundes- ƒ 2017: 75,4 % „Restzuständigkeit“ reduziert, wenn Fortsetzung auf Seite 2 Kommunal-Info 7/2 018 Seite 2 Auswirkungen von Ankerzentren Anfang August 2018 sind in Bayern die die Unterbringung, Leistungen nach sie wie andere segregierte Gemein- der Flüchtlingsarbeit, der Teilhabe- ersten Ankunfts-, Entscheidungs- und dem Asylbewerberleistungsgesetz so- schaftsunterkünfte zudem Zielscheibe förderung und der Konfliktprävention Rückführungszentren („Anker-Zen- wie für Sprachkurse werden vermut- gewaltsamer, oft rechtsextremer Mo- würden nicht gestärkt, sondern ge- tren“) in Betrieb gegangen. Weitere lich sinken, wenn ein Teil der Asylsu- bilisierung werden. Isolation und nicht schwächt werden. Auf diese Weise ent- Einrichtungen in anderen Bundeslän- chenden die Kommunen nie erreicht. Integration wird die Folge sein. fallen viele Möglichkeiten, die durch dern sollen folgen. Geflüchtete sollen Jedoch kommen auf die Kommunen ‰ 2015 wurde das große Potential lo- die dezentrale Unterbringungsformen bis zu 18 Monate in einem Anker-Zen- hohe Folgekosten zu. Werden Geflüch- kaler Unterstützungsstrukturen sicht- entstanden sind: der Unterstützung, trum bleiben, nur Personen mit aner- tete erst nach 18 Monaten auf Kommu- bar, mit den Anker-Zentren bliebe es kanntem Asylstatus oder positiver nen verteilt, entstehen Kosten wegen ungenutzt. Kommunale Netzwerke Fortsetzung auf Seite 3 unten Bleibeperspektive sollen anschließend des verspäteten Einstiegs in den regio- auf die Kommunen verteilt werden. nalen Arbeitsmarkt sowie wegen eines Zahlreiche Fragen zu den Anker-Zen- größeren Unterstützungs- und Bera- tren sind jedoch noch offen: Beschleu- tungsbedarfs. Weitere Kosten erfolgen nigen sie die Asylverfahren? Werden durch ‚nachholende‘ Vorbereitung die betroffenen Kommunen entlastet? auf selbstständige Lebensführung Welche Folgen haben die Anker- Zen- vor Ort, ‚nachholenden‘ Beziehungs- tren für die Geflüchteten? Diesen Fra- aufbau durch geeignete Maßnahmen gen geht die vorliegende Kurzstudie und Programme zwischen Geflüch- nach.1 teten, ehrenamtlichen Unterstützern Die Untersuchung zeigt: Anker-Zen- und kommunaler Bevölkerung sowie tren werden die Probleme verschär- ‚nachholende‘ und daher noch kosten- fen, die derzeit bereits in Sammelun- intensivere Sprachförderung sowie er- terkünften zu beobachten sind. Zudem schwerte, da verspätete Integration in werden die Folgen weit über die Zen- Schule und Ausbildungseinrichtungen tren hinaus spürbar sein: In ihrer nä- vor Ort. Die Ausgaben können ein Viel- Fortsetzung von Seite 1 heren Umgebung, aber auch gesamt- faches der Mittel betragen, die nicht Kommunale Demokratie ... als eine Chance verstanden werden. gesellschaftlich können sie enorme schon bei Ankunft investiert wurden. Dafür sind wiederum ein umfas- Konflikte hervorrufen. Zugleich fallen für Bund und Län- worden, die seit den 1990er Jahren zu sendes Angebot an Information, an der sehr hohe Kosten für den um- einem Steuerungsverlust der Kom- Möglichkeiten der Kommunikation Kerngedanke der Ankerzentren fangreichen Bau oder Ausbau der munalvertretung und zu erheblichen und Transparenz der Verfahren die In den Anker-Zentren sollen, gewisser- Anker-Zentren an. Die Kosten einer Transparenzdefiziten geführt haben. entscheidenden Voraussetzungen, da- maßen unter einem Dach, Asylverfah- vielerorts praktizierten dezentra- Dabei wurden zum Teil die Zustän- mit die Beteiligung der Bürgerinnen ren durchgeführt werden sowie Unter- len Unterbringung dürften insgesamt digkeiten und die politische Verant- und Bürger an Planungs- und Ent- kunft und Verpflegung bereitgestellt niedriger liegen. Statt den Neubau von wortung der kommunalen Gremien scheidungsprozessen zu einem konsen- werden. Diese Neuorganisation soll Anker-Zentren zu finanzieren, könnten und Organe in intransparente, semide- sualen und befriedigenden Ergebnis ermöglichen, Anträge zügiger zu be- Bund und Länder mit dem Geld die mokratisch und monothematisch do- führen kann. Hierzu gehören insbeson- arbeiten sowie abgelehnte Antragstel- Kommunen daher auch direkt entla- minierte Parallelstrukturen verlagert dere eine frühzeitige Offenlegung aller ler schneller abschieben zu können. Im sten. (Outsourcing). Rahmenbedingungen von Planungs- besten Fall soll das Asylverfahren in- In den Kommunen, auf deren Gebiet Die Steuerung und Kontrolle der prozessen und der Gründe, die für, aber klusive aller Rechtswege binnen weni- die neuen Anker-Zentren eingerich- Aufgabenwahrnehmung unterliege auch gegen ein Vorhaben sprechen. ger Tage oder Wochen abgeschlossen tet werden, ist mit zusätzlichen Pro- von daher erheblichen Transparenzver- Gleichzeitig muss aber davor gewarnt werden, allerdings ist eine maximale blemen und Dynamiken zu rechnen. lusten. Das werde noch dadurch ver- werden, Bürgerbeteiligungen als bloße Aufenthaltsdauer von bis zu 18 Mona- Zwar könnten Teile der lokalen Öko- stärkt, dass Entscheidungs- und Steu- Alibiveranstaltungen zu inszenieren. ten in den Anker-Zentren vorgesehen. nomie von den Zentren profitieren: erungsgremien unter Ausschluss der Geraten lokale Beteiligungsangebote Bisher wurden Schutzsuchende nach Bund und Land übernehmen die Ein- Öffentlichkeit, teilweise sogar unter in eine „Niedlichkeitsfalle“ oder wird sechs Monaten in der Regel in Gemein- richtungskosten und durch die schiere Verschwiegenheitsvorgaben gegenüber Beteiligung zur „Treppe ins Nichts“, schaftsunterkünften oder in dezentra- Größe der Einrichtung von bis zu 1.500 den delegierenden Räten und Kreista- führt das umso mehr zur Enttäuschung len Wohnungen in Kommunen unter- Bewohnern sind neue Arbeitsplätze gen beraten und gefällt werden. Das der Bürgerinnen und Bürger.5 gebracht, sofern sie nicht aus einem und Einkommensmöglichkeiten z.B. so entstehende undurchschaubare Ge- AG „sicheren Herkunftsland“ stammen. im Dienstleistungssektor zu erwar- flecht intransparenter Zuständigkeiten — Mit den Anker-Zentren sollen nur ten. Unter anderem könnte der Kon- und Verantwortlichkeiten führe dann 1 https://kommunal.de/artikel/en- noch Personen, deren Asylstatus an- sum und die Nachfrage etwa im Ein- zur Distanz der Bürgerinnen und Bür- de-der-kommunalpolitik, 4. Juni 2018 erkannt wird oder die eine „gute Blei- zelhandel, im Handwerk oder im Feld ger zu ihren Gemeinderäten und Kreis- 2 Vgl. Roland Roth, Handlungsopti- beperspektive“ haben, im Anschluss medizinischer Leistungen steigen. Die- tagen und der dort betriebenen Politik.4 onen zur Vitalisierung der Demokratie. in Kommunen untergebracht werden. sem möglichen ökonomischen Gewinn Sinkende Wahlbeteiligung (nicht nur Expertise für die Bertelsmann Stiftung, Alle anderen Personen sollen abge- durch den ‚Wirtschaftsfaktor‘ Anker- bei Kommunalwahlen) hat auch damit S. 17. schoben werden oder direkt aus den Zentrum stehen jedoch die hohen so- etwas zu tun, dass die sozial schwachen 3 Roland Roth, ebenda. Anker-Zentren „freiwillig rückkehren“. zialen Folgekosten der Einrichtungen Schichten sich mehr und mehr von der 4 Vgl. Helmut Delle, Selbstdemontage Sowohl Residenzpflicht als auch Sach- gegenüber: demokratischen Teilhabe verabschie- der kommunalen Demokratie, in: AKP, leistungsprinzip sollen in den Einrich- ‰ Die räumliche Segregation, die den und sich zunehmend apathisch Nr. 4/2011. tungen gelten. durch abgelegene Standorte wie ehe- oder gar destruktiv verhalten. 5 Vgl. Roland Roth, ebenda, S.20. malige Kasernengelände oder In- Die Annahme, über die lokale kom- Auswirkungen auf die Kommunen dustriegebiete noch gesteigert wird, munale Ebene zu einer Stärkung oder Ein wichtiges Ziel der Anker-Zentren ist dürfte Beziehungen zwischen den Be- Erneuerung der Demokratie insgesamt Impressum es, die Kommunen zu entlasten. Nur wohnern der Anker-Zentren und der lo- beitragen zu können, scheint vor dem Kommunalpolitisches noch Personen mit anerkanntem Asyl- kalen Bevölkerung, kommunalen Ein- Hintergrund der Ergebnisse verschie- Forum Sachsen e.V. status oder mit positiver Bleibeper- richtungen und Initiativen nachhaltig dener Studien eher fraglich. Großenhainer Straße 99 spektive sollen auf einzelne Kommu- belasten. Aller Voraussicht nach wer- 01127 Dresden nen verteilt werden. Ob die Kommunen den Flüchtlingsinitiativen, Journalisten Folgerungen Tel.: 0351-4827944 oder 4827945 durch diese Neuregelung tatsäch- oder andere Bürger nur einen einge- In seinen „Thesen zur Weiterent- Fax: 0351-7952453 lich entlastet werden, ist jedoch frag- schränkten und eng kontrollierten Zu- wicklung lokaler Demokratie“ des [email protected] lich. Um die Folgen für die Kommunen gang zu den Zentren haben. So wird Deutschen Städtetages vom Novem- www.kommunalforum-sachsen.de einschätzen zu können, ist zwischen verhindert, dass engere soziale Netz- ber 2013 wird „eine umfassende –for- Red., Satz und Layout: A. Grunke Kommunen, auf deren Gebiet die An- werke und Beziehungen zwischen dem melle wie informelle – Beteiligung der V.i.S.d.P.: P. Pritscha ker-Zentren eingerichtet werden sol- ‚Innen‘ des Zentrums und seiner Umge- Bürgerinnen und Bürger an Planungs- len, und anderen Kommunen zu unter- bung entstehen, Kontakte zu Alteinge- prozessen und anderen kommunalpo- Die Kommunal-Info dient der kommu- scheiden. sessenen sowie zu anderen Migranten litischen Entscheidungen“ als geeignet nalpolitischen Bildung und Informati- Für die Kommunen, in denen keine vor Ort werden erschwert. Die Zen- angesehen, deren Qualität und Akzep- on und wird durch Steuermittel auf der Anker-Zentren eingerichtet werden, tren werden als Fremdkörper in oder tanz entscheidend zu verbessern. Be- Grundlage des von den Abgeordneten ist zunächst mit einer Entlastung ih- neben der Kommune wahrgenommen teiligung der Bürgerinnen und Bürger des Sächsischen Landtags rer Haushalte zu rechnen. Kosten für werden. Es steht zu erwarten, dass müsse deshalb von Rat und Verwaltung beschlossenen Haushalts finanziert. Seite 3 Kommunal-Info 7/2018 Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene Informelle Bürgerbeteiligung ge- möchten die meisten Kommunen das nießt bei den zuständigen Verwal- Zepter nicht ganz aus der Hand geben. tungsmitarbeiter/innen deutscher Kommunen einen hohen Stellenwert. Themenbereiche und Formate Dabei hat die Kommunengröße und Mit 91% konnten die meisten Kom- Ausstattung der Verwaltung erheb- munen Beteiligungserfahrungen im lichen Einfluss auf Relevanz, Akzep- Bereich der Stadt- und Regionalent- tanz und Selbstverständlichkeit infor- wicklung vorweisen. Es folgten unter meller Bürgerbeteiligungsangebote. den Top 5 die Kinder- und Jugendar- Zu diesem Ergebnis kommt eine aktu- beit (68%), Infrastruktur (63%), öf- elle Studie der Beratungsunternehmen fentlicher Verkehr (54%) sowie Bil- Neuland-Quartier und pollytix. An der dung und Kultur (51%). Auf die Frage, Studie teilgenommen haben Verwal- welches Beteiligungsformat schon ein- tungsmitarbeiter/innen von Kommu- mal genutzt wurde, entfiel der höchste nen mit einer Größe über 20.000 Ein- Anteil mit 94% auf die reine Informa- wohner/innen, die schwerpunktmäßig tionsveranstaltung. Zu den Top 5 gehö- mit dem Thema Bürgerbeteiligung be- ren desweiteren Workshops (71%), Ar- fasst sind. Die Online-Befragung mit beitskreise (71%), runde Tische (64%) anschließenden qualitativen Tiefenin- und Zukunftswerkstätten (62%). On- terviews fand im Zeitraum August bis line- Dialoge belegen mit 41% den ach- Dezember 2017 statt. Insgesamt nah- ten Platz. Deren zunehmende Nutzung men 124 Kommunen (97 West, 27 Ost) und die fachliche Expertise bei kom- lich durchgeführter Verfahren mit zu- wird von einigen Interviewpartner/in- teil. plexen Fragestellungen fehlten. nehmender Größe ansteigt. So besitzen nen kritisch gesehen. So würden ins- Vor allem auf mittlerer Führungs- Städte ab 100.000 Einwohner/innen besondere ältere Menschen tendenziell Die Kommunalverwaltungen und Referentenebene herrschte – nach bereits ausnahmslos Erfahrungen mit von der Teilnahme ausgeschlossen. Zu- In den Interviews stuften alle Kom- Angaben der Interviewpartner/innen – Bürgerbeteiligungen, von denen sie im dem berichteten viele Interviewpart- munen die informelle Bürgerbeteili- anfänglich die Ansicht vor, man brau- Durchschnitt 16,7 pro Jahr durchfüh- ner/innen, dass die Online-Plattform gung als wichtig ein. Dabei wurden che solche Verfahren nicht, da bereits ren, während die kleinsten Kommunen fast immer von bestimmten, nicht re- drei Aspekte hervorgehoben: Demo- durch gutes Fachpersonal alle rele- mit 20.000 bis 25.000 Einwohner/in- präsentativen Akteur/innen „gekapert“ kratisches Gebot, Qualitätssteigerung vanten Aspekte abgewogen würden. nen nur zu 79% eine Beteiligungspraxis und beispielsweise von rechtsextremen und Akzeptanzerhöhung. Für viele Zudem wird häufig die für Beteili- haben und im Durchschnitt lediglich 4 Gruppierungen mit Fake-News stark der Befragten gehört es zu einer leben- gungsverfahren zuständige Person auf Verfahren realisieren. Bei Kommunen emotionalisiert werden. Man müsse digen Demokratie, die Bürger/innen an der Hierarchiestufe eines/r Sachbear- zwischen 25.000 und 50.000 Einwoh- den Online-Dialog daher gut moderie- Gestaltungsprozessen zu beteiligen. beiter(s)In angesiedelt, wo das The- ner/innen und einer Anwendungsquo- ren, wofür gerade kleineren Kommu- Die Beratschlagung mit den Bürge- ma nach Ansicht der Befragten nicht te von 90% – d.h. 90% der befragten nen häufig das Personal fehle. rinnen und Bürgern erhöht in ihren Au- die notwendige Aufmerksamkeit er- Kommunen bieten bereits informelle gen zudem – durch die Erweiterung der lange. Doch diese verwaltungsinternen Beteiligungsverfahren an – sind es 5,2 Externe Unterstützer/innen Perspektive und der Expertise – die Widerstände sehen manche Intervie- und zwischen 50.000 und 100.000 bei Die interviewten Verwaltungsange- Qualität der Ergebnisse. Und schließ- wpartner als Generationenproblem, da 91% 8,1 Verfahren pro Jahr. stellten sehen auch die Notwendigkeit, lich erfährt nach Einschätzung der Be- jüngere Kolleg/innen den informellen zur Bewältigung des neuen Aufgaben- fragten eine geplante Maßnahme eine Beteiligungsverfahren von vornhe- Konsultation im Mittelpunkt gebietes externe Unterstützung in An- höhere Akzeptanz, wenn sie transpa- rein meist aufgeschlossener gegenüber Obwohl die reine Informationsveran- spruch zu nehmen. Erstens könne nicht rent und bürgernah durchgeführt wird. stünden. Viele berichteten, dass die Si- staltung offenbar noch die meiste Ver- jede/r Verwaltungsangestellte „plötz- Die Tiefeninterviews offenbarten tuation sich ändere, wenn die kommu- breitung unter den Beteiligungsver- lich“ ein guter Moderator werden. aber auch eine skeptische beziehungs- nalpolitischen Führungsämter an Jün- fahren besitzt, sah die überwiegende Zweitens würden sich Externe nicht weise vorsichtige Haltung vieler Kom- gere übertragen werden. Mehrheit der Befragten (71%) die Bür- in einem unverständlichen Fachjargon munen. Durch eine erfahrungsgemäß ger/innen als Ratgeber, während die verfangen. Drittens habe man mit der selektive Annahme der Einladungen Größe der Kommunen wenigsten (13%) den Bürger/innen neutralen Position externer Modera- zur Beteiligung seitens der Bürger/in- 90% der befragten Kommunen bie- bloß die Rolle der Informationsemp- tor/innen gute Erfahrungen gemacht. nen kommt es nach Ansicht der Be- ten bereits informelle Beteiligungs- fänger/innen zuerkannten. Fast ebenso Viertens sei es nicht sinnvoll, perma- fragten zu einer Verzerrung der Inte- verfahren an, im Durchschnitt 7,7 pro gering ist allerdings der Anteil derjeni- nent Kapazitäten für gelegentliche ressenvertretung. Außerdem sehen sie Jahr. Allerdings ist die Verteilung kei- gen Kommunen (16%), welche „in der große Verfahren vorzuhalten. Fünf- eine ausgeglichene Berücksichtigung nesfalls gleichmäßig. Die Studie be- Regel“ Bürger/innen als Mitentschei- tens hätten Externe grundsätzlich mehr der Interessen dadurch gefährdet, dass stätigte die naheliegende Vermutung, der/innen sehen, was der intensivsten „Normalbürger/innen“ der Überblick dass die durchschnittliche Anzahl jähr- Partizipation entspricht. Offenbar Fortsetzung auf Seite 4

Fortsetzung von Seite 2 18-monatigen Wartezeit in zentrums- se, so reduziert engerer Kontakt mit befördern damit auch das Erstarken ... Ankerzentren internen Ersatz- oder Sonderklassen Geflüchteten die Vorurteile gegenüber rechtspopulistischer Parteien. würden wertvolle Zeit und Möglich- der gesamten Gruppe der Geflüchte- — der Orientierung, der Integration durch keiten der sozialen Integration verloren ten. Da durch die Anker-Zentren weni- 1 Hier in der Kommunal-Info ein Auszug Sport, der besseren Einschätzung der gehen. ger Kontakt zwischen Asylsuchenden aus: Welche Auswirkungen haben „An- Asylverfahren sowie des Spracher- Anker-Zentren haben noch eine wei- und Aufnahmegesellschaft möglich ker-Zentren“? Eine Kurzstudie für den Me- werbs. In den vergangenen Jahren wur- tere Folge für den gesellschaftlichen sein wird, ist dies der beste Nährbo- diendienst Integration von Prof. Dr. Sa- de die Rolle der Kommunen in der Asyl- Zusammenhalt, die seltener diskutiert den für Vorurteile. Kommt zu Berichten bine Hess, Prof. Dr. Andreas Pott, Prof. und Integrationspolitik durch Praxis wird: Indem Schutzsuchende in großen über Missstände im Zentrum, wie feh- Dr. Hannes Schammann, Prof. Dr. Albert und Forschung immer stärker betont. Lagern zusammengefasst werden, wer- lender Sauberkeit, Aggressionen oder Scherr und Prof. Dr. Werner Schiffauer Au- Sie haben sich zu entscheidenden und den sie in der öffentlichen Wahrneh- Gewaltausbrüchen auch eine höhere, gust 2018 (Quelle: www.mediendienst-in- erfolgreichen Akteuren im Politikfeld mung ihrer Individualität beraubt. Sie nicht auszuschließende Kriminalitäts- tegration.de) entwickelt. Die Anker-Zentren igno- erscheinen nicht als die „Flüchtlingsfa- belastung im Umfeld des Zentrums rieren diese Entwicklung. In der Folge milie aus dem Nachbarhaus“, sondern hinzu, wird bald ein ghettoähnliches läuft man Gefahr, das Erfahrungswis- als anonyme, gesichtslose Gruppe. Bild entstehen. Auch wenn die Lokal- sen der Kommunen zu verlieren, was Diese Entpersonalisierung wiederum medien den ‚Problemort‘ Anker-Zen- die deutsche Flüchtlingspolitik um Jah- ist die Grundlage für das Entstehen trum thematisieren, wird eine negative re zurückwerfen würde. gruppenbezogener Menschenfeind- Stereotypisierung befördert werden. ‰ Geradezu verantwortungslos wäre lichkeit. Die räumliche Trennung und Dadurch wird der Aufbau und die Ver- es, die Integration geflohener Kinder der somit fehlende Kontakt wird negati- tiefung sozialer Beziehungen zwi- und Jugendlicher in die Regelklassen ve Zuschreibungen geradezu heraufbe- schen Ortsbewohnern und Geflüch- kommunaler Schulen und Ausbildungs- schwören und die Unterscheidung zwi- teten erschwert oder verunmöglicht. stätten zu verhindern. Durch eine seg- schen ‚uns‘ und ‚denen‘ zementieren. Anker-Zentren sorgen also dafür, dass regierte Beschulung während der bis zu Folgt man zudem der Kontakthypothe- Fremdenfeindlichkeit steigen kann. Sie Kommunal-Info 7/2 018 Seite 4

rinnen und Bürgern“, so Dedy, Lands- gen im Jahr, rund um die Uhr und das spricht, können auch alle anderen Ziele Daseinsvorsorge berg und Reiche. oft unbemerkt und im Hintergrund. durch Kommunen umgesetzt werden. Zum Tag der Daseinsvorsorge am „Die hohe Qualität der Daseinsvor- Gezeigt wird, was die Daseinsvorsor- „Regionalität bei Lebensmitteln in 23. Juni haben der Deutsche Städtetag sorge in Deutschland, die durch die ge jeden Tag für die Bürgerinnen und Kindergärten und Kitas, Bildung für (DST), der Deutsche Städte- und Ge- Kommunen und kommunalen Unter- Bürger leistet – heute und in Zukunft. nachhaltige Entwicklung, umweltscho- meindebund (DStGB) und der Verband nehmen erhalten und immer weiter (www.dstgb.de/dstgb/Homepage/Pu- nende Abfallentsorgung und die Entla- kommunaler Unternehmen (VkU) ge- verbessert wird, ist zu einem europä- blikationen/Pressemitteilungen) stung unseres Wassers stehen auf vie- meinsam erklärt, dass kommunale In- ischen Standortvorteil geworden. Des- len kommunalen Agenden und werden frastrukturen Grundlage und Lebensa- halb müssen wir bei den EU-Instituti- durch die 17 Ziele aufgegriffen“, so dern unseres Wohlstandes und unserer Nachhaltigkeit Landsberg. „Von diesem freiwilligen Wirtschaft sind. „Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Engagement der Kommunen profitie- „Die Kommunen und ihre Unter- Vereinten Nationen können nur ge- ren am Ende alle. Mit einer struktu- nehmen sind mehr als nur Dienstlei- meinsam mit den Kommunen erreicht rierten und umfangreichen Förderung ster und Versorger der Bürger. Mit werden“, sagte Dr. Gerd Landsberg, kann die Bundesregierung Anreize ihren Leistungen ermöglichen und be- Hauptgeschäftsführer des DStGB, zum schaffen, um den kommunalen Ein- treiben sie die Grundstrukturen un- Auftakt der Deutschen Aktionstage satz auszubauen und zu vertiefen“, so seres gesellschaftlichen Lebens und Nachhaltigkeit. Damit das gelingt, for- Landsberg weiter. Wirtschaftens“, erklären der Hauptge- derte Landsberg eine einheitliche und Neben den positiven Auswirkungen, schäftsführer des DST, Helmut Dedy, umfangreiche Förderung der kommu- die eine kommunale Umsetzung der der Hauptgeschäftsführer des DStGB, nalen Umsetzung der Agenda 2030. Agenda 2030 auf lokaler Ebene hat, Dr. Gerd Landsberg, und die Haupt- „Im Koalitionsvertrag wird die Agenda sind aber auch globale Zusammenhän- geschäftsführerin des VkU, Katherina 2030 als Richtschnur und Maßstab des ge von großer Bedeutung. Die 17 Ziele Reiche: „Der Beitrag der Daseinsvor- Regierungshandelns festgelegt. Dem adressieren und reduzieren globale sorge für unseren Wohlstand und eine onen und dem europäischen Parlament müssen nun Taten folgen!“, so Lands- Ungleichheiten und tragen so zu ver- gute Versorgung der Bürgerinnen und für dieses Erfolgsmodell werben und berg. besserten Perspektiven der Menschen Bürgerinnen mit Dienstleistungen wird den Schulterschluss mit Vertretern der Deutschland hat im September 2015 in allen Ländern bei. „Nachhaltiges im Koalitionsvertrag anerkannt, das ist anderen EU-Mitgliedsstaaten suchen“, zusammen mit allen anderen Mit- Handeln ist Fluchtursachenbekämp- eine solide Basis für die Legislaturpe- erklären Dedy, Landsberg und Reiche gliedsstaaten der Vereinten Nationen fung vor Ort. Durch die Umsetzung riode.“ weiter. die Agenda 2030 mit ihren 17 Nach- der Agenda 2030 können Kommunen Die kommunale Infrastruktur passt Zur kommunalen Infrastruktur ge- haltigkeitszielen verabschiedet. Im einen erheblichen Beitrag zu verbes- sich den Herausforderungen und Be- hören Straßen, Brücken und Gebäude Koalitionsvertrag macht sich die neue serten Perspektiven und Zukunftsfä- dürfnissen an und sorgt für verläss- genauso wie Strom- und Wasserversor- Bundesregierung die ambitionierte higkeit, gerade in den Entwicklungs- liche, nachhaltige und bezahlbare gung sowie die Abwasser- und Abfal- Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele ländern, leisten“, so Landsberg. Ver- und Entsorgung im Sinne des Ge- lentsorgung. Die Qualitätsstandards, selbst zur Aufgabe. Damit das gelingt, Derzeit wird die Umsetzung der meinwohls. „Anders als bei Privatun- die die deutschen Kommunen und ih- muss die kommunale Umsetzung der Agenda 2030 über eine Vielzahl ver- ternehmen steht nicht die Gewinnma- re Unternehmen in der Daseinsvorsor- deutschen Nachhaltigkeitsstrategie schiedener Stellen gefördert. Eine ximierung, sondern die Erfüllung der ge erfüllen, gehören zu den höchsten umfangreich gefördert werden. „Die ganzheitliche Umsetzung ist dadurch Bedürfnisse der Menschen in den Kom- weltweit. deutsche Nachhaltigkeitsstrategie darf erschwert. „Die 17 Ziele sind untrenn- munen und Regionen im Vordergrund. Am Tag der Daseinsvorsorge wollen nicht das gleiche Schicksal ereilen, wie bar miteinander verbunden und be- Daher genießen Kommunen und kom- kommunale Unternehmen diese Leis- die bislang noch nicht erreichten Kli- dingen einander. Deswegen brauchen munale Unternehmen deutschlandweit tungen in den Mitelpunkt rücken: Da- maschutzziele“, betonte Landsberg. wir statt einzelner Maßnahmen, die ein sehr hohes Ansehen bei den Bürge- seinsvorsorge funktioniert an 365 Ta- Die Kommunen können zur Umset- einzelne Ziele fördern, eine finanziell zung der Agenda 2030 einen erheb- gut ausgestattete Förderstelle, die die lichen Beitrag leisten. Neben Ziel 11, Agenda 2030 im Blick hat“, forderte Fortsetzung von Seite 3 allem in Kommunen mit über 100.000 das Städte und Gemeinden direkt an- Landsberg abschließend. Einwohner/innen. Eigene Abteilungen, Bürgerbeteiligung ... die dem Thema eine größere Geltung verleihen, findet man nur in Großstäd- Chancen, alle in der Verwaltung Betei- ten. Vorschau auf Seminare ligten mit ins Boot zu holen und sie Von vielen Kommunen wird aber zu motivieren. Sechstens erhoffe man auch die geringe Teilnahmebereit- INTENSIVSEMINAR: sich auch von den Erfahrungen exter- schaft der Bürger/innen sowie deren Kommunikation in der Kommunalpolitik II ner Spezialisten zu profitieren und sich fehlendes Durchhaltevermögen bei Argumente in Texten und Reden an Best Practice Fällen zu orientieren. lang anhaltenden Partizipationsverfah- 26. Oktober 2018, 18:00 - 28. Oktober 2018, 13:30 Allerdings erwarte man keine „Sche- ren beklagt. Außerdem beteiligten sich Landhotel Frankenberg, Dammplatz 3 ma-F-Beratung“, sondern individuelle häufig immer nur dieselben, was dem 09669 Frankenberg Lösungsansätze, die der jeweils spezi- Sinn einer Bürgerbeteiligung zuwider Im Mittelpunkt des Workshops stehen Argumentationen, die wir als roten Fa- fischen Situation voll gerecht würden. läuft. Inwiefern auch hier der Personal- den für Texte oder Reden verwenden können. Hierfür wollen wir miteinan- und Budgetmangel eine Rolle spielt, der erarbeiten, was überhaupt gute Argumente ausmacht und in welcher Form Personalmangel und wenig Budget weil entsprechende Verfahren nicht in und Abfolge ich sie bestmöglich anbringen kann. Wir betrachten Argumen- Fragt man nach den Herausforde- angemessener Geschwindigkeit, At- tationsschemata und auch die Frage, ob denn ein Argument immer so verstan- rungen, welche die Verwaltungen in traktivität und Qualität konzipiert und den wird, wie es eigentlich gemeint ist. Wei terhin werfen wir einen Blick auf der neuen Beteiligungskultur sehen, durchgeführt werden können, bleibt die sogenannte »schwarze« Rhetorik, woran manipulative Argumentation zu stößt man überall auf dieselben Pro- Spekulation. erkennen ist und wie man sich vor ihr schützen kann. bleme: Personalmangel und zu wenig Budget. Fast alle Befragten berichten Fazit INTENSIVSEMINAR: von einem anhaltenden Sparzwang, der Festzuhalten ist, dass sich das Selbst- Kommunikation in der Kommunalpolitik III zu einer Konzentration auf die gesetz- bild der Verwaltung nach Aussagen der Freies Reden und sicheres Auftreten lich unumgänglichen Aufgaben führe. Studienteilnehmer/innen in den letzten 23. November 2018, 18:00 - 25. November 2018, 13:30 Nur knapp ein Drittel der Kommunen Jahren gewandelt hat und mehr Betei- Landhotel Frankenberg, Dammplatz 3 stellt ein eigenes Budget für Bürgerbe- ligungsverfahren ermöglicht. Die poli- 09669 Frankenberg teiligung. Und lediglich ein Viertel tische Kultur und somit das Verhältnis Wir wollen üben, aus dem Stegreif kleine Reden zu halten. Dabei liegen die verfügt bislang über Leitlinien. Gerade zwischen Bürgerschaft und Verwal- Übungsschwerpunkte auf Unbefangenheit, Spontaneität und spielerischem kleinen Kommunen fällt es schwer, für tungsakteuren befindet sich im Wan- Umgang mit ernsthaften Themen. Hierzu schauen wir auf die Bedeutung von die informelle Bürgerbeteiligung feste del. Man kann davon ausgehen, dass Anlass und Aufbau einer Rede und wie man den roten Faden nicht verliert. Strukturen aufzubauen. Größtenteils Bürgerbeteiligungsverfahren in der Wir wollen aber auch gemeinsam üben, wie eine Rede gut rübergebracht wer- müssten sich Mitarbeiter/innen neben- Verwaltung bekannter und als selbst- den kann. Hierbei legen wir das Augenmerk auf den angemessenen Ton und bei darum kümmern, was schnell zur verständlicher wahrgenommen wer- Ausdruck, stimmige Bilder, Analogien und Metaphern sowie authentische Überlastung führe. Große Kommu- den. Ob diese Einschätzung auch die Stimme und Körpersprache. Zusammen entsteht so überzeugendes, freies Re- nen haben hingegen einen Personal- Bürgerschaft teilt, muss allerdings of- den. puffer und können eine tiefere Arbeits- fen bleiben. Referent*innen: teilung mit speziellen Fachabteilungen (Kaletsch, Stefan: Bürgerbeteiligung ƒ Dr. Christian Wirrwitz (Dozent, Trainer, Coach) realisieren. Feste Ansprechpartner/in- auf kommunaler Ebene eNewsletter ƒ Dr. Romy Jaster (wiss. Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität) nen oder gar „Beauftragte“ sowie ex- Wegweiser Bürgergesellschaft 08/2018, terne Dienstleister/innen existieren vor www.buergergesellschaft.de) August / September 2018 Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag ParlamentsrePort Gerade jetzt: Menschlichkeit!

In Chemnitz ist ein junger Mensch kleinmacht, diskreditiert oder gleich rechts. Sie negieren ein vorherrschen- gewaltsam gestorben. Ein solches Ver- unter Generalverdacht stellt.“ So tief des Problem seit Jahren. Sie kriminali- brechen macht Angst und viele auch oft berechtigter Frust auch sitze, so sieren lieber zivilgesellschaftlichen Pro- wütend. Es wird noch ermittelt, wer Bartl in der Debatte – nichts rechtfer- test. Jeder Protest gegen rechts ist bei Daniel H. weshalb zu Tode gebracht hat tige es, Menschen zu jagen. Und wer Ihnen links.“ – doch die Diskussion hat sich längst kein Nazi sei, müsse trotzdem überle- von diesen Fakten entfernt, die zu ken- gen, wem er durch seine Teilnahme an Gebhardt machte Kretschmer dennoch nen für ein Urteil aber bitter nötig ist. Demonstrationen den Rücken stärke. ein Angebot: „Ich nehme Ihre Bitte Das liegt nicht nur daran, dass die poli- auf, es möge nicht alles schlechtgere- Liebe Leserinnen tische Rechte die Tat ausschlachtet und Auch den LINKEN-Fraktionschef Rico det werden. Man möge zum Wohle der es dabei wie üblich mit der Wahrheit Gebhardt „hat der Tod von Daniel in Menschen in Sachsen zusammenarbei- und Leser, nicht genau nimmt. Nein, das liegt vor Chemnitz betroffen gemacht. Mann ten.“ Er habe schon 2015 seine Bereit- allem daran, was in den Folgetagen in oder Frau darf sich darüber empören. schaft erklärt, für eine humane Gesell- gerade erst hatte ich angeboten, unter Chemnitz geschehen ist. Daniel H. war nach allem, was wir wis- schaft ohne Ausgrenzung zu kämpfen. den Demokratinnen und Demokraten ein sen, ein lebensfroher und freundlicher Aber CDU-Fraktionschef Frank Kupfer Bündnis für Humanität zu schmieden – Da gab es friedliche Demonstrationen Mensch. Er sollte noch viel Leben vor habe ein solches Bündnis für Humanität prompt zeigte die CDU, dass sie wieder für Toleranz und ein beeindruckendes sich haben.“ Was AfD, Pegida, Pro ausgeschlagen. „Also fordern Sie nicht nichts gelernt hat. Ihr Vize-Fraktionschef Konzert, aber auch abscheuliche Jagd- Chemnitz und andere Rechte seit die- die Menschen auf, sich einen Ruck zu Stephan Meyer warf die Ablehnung einer szenen und Gewalt gegen Menschen sem Verbrechen veranstalteten, sei geben, sondern fangen Sie bei sich humanitären Asylpolitik mit einem noch – aufgrund ihrer vermuteten Herkunft ekelerregend, kritisierte Gebhardt: „Ihr selbst an.“ Nichts hindere Demokra- ungeklärten Verbrechen in einen Topf oder politischen Einstellung. Erst zwei politisches Geschäftsmodell ist die tinnen und Demokraten daran, sich in und betrieb damit dasselbe Geschäft, Wochen später wurde bekannt, dass Zerstörung unserer Zivilgesellschaft!“ Chemnitz zusammenzusetzen und Stra- mit dem AfD und Pro Chemnitz Stim- auch das jüdische Restaurant „Scha- Denn jedes Verbrechen, an dem auch tegien zu suchen, um eine tief gespal- mung machen. Natürlich haben Waffen lom“ zur Zielscheibe von Übergriffen nur vermutlich Menschen nichtdeut- tene Stadtgesellschaft, ein tief gespal- und waffenähnliche Gegenstände in geworden ist. Der Wirt berichtet von scher Herkunft beteiligt sind, dient als tenes Land zu einen. „Geben Sie sich Stadtzentren nichts zu suchen. Das einem Dutzend Vermummter und von willkommenes Mittel, um die riesige einen Ruck und öffnen Sie sich unserer gilt für alle Menschen. Mit welchen antisemitischen Sprüchen. Auch Hit- Mehrheit jener verächtlich zu machen, Idee, dem Land einen Antisemitismus- politischen und polizeilichen Mitteln das lergrüße wurden gezeigt. Inzwischen die sich korrekt verhält. beauftragten zu geben. Notwendig sind erreicht wird, liegt in der Verantwortung ist eine dreistellige Zahl von Ermitt- rasche Aufklärung und konsequente von Innenministerium und Regierungs- lungsverfahren zu diversen Straftaten Ministerpräsident Kretschmer sei indes Verfolgung von rechten Straftätern und koalition. Meyers Mitteilung enthält anhängig, und es wird noch dauern, bis unglaubwürdig, kritisierte Gebhardt. Hassverbrechern. Benötigt wird ausrei- dazu keine sachdienlichen Hinweise. das ganze Geschehene aufgearbeitet Zwar habe er bei den Protesten gegen chend fachkundiges Personal bei Poli- Die nach der Gewalteskalation zwischen ist. Das gilt auch für das rechtswidrige das Nazi-Rockkonzert in Ostritz und zei und Justiz. Notwendig ist die Entkri- Rockerbanden vollmundig angekündigte Durchstechen des Haftbefehls gegen beim 1. Mai in Chemnitz zivilgesell- minalisierung des vielfältigen Protestes Waffenverbotszone in einem Leipziger einen Tatverdächtigen, das sich in schaftliches Engagement gewürdigt, gegen rechte Aufmärsche und Solida- Viertel beispielsweise gibt es immer einem Prozess übrigens strafmildernd noch nicht. auswirken könnte. Und das gilt auch für die Einsatztaktik der Polizei. Damit fällt Die Polizei-Kaputtsparer machen sich das Parlament nicht den Beamtinnen zum Gespött, denn die Polizeibeamten, und Beamten in den Rücken, sondern die auf der Straße Sicherheit schaffen, handelt auch in ihrem Interesse. Aus hat die CDU jahrelang wegrationalisiert. Fehlern ist zu lernen – dazu muss man Indem die CDU ihre „Null-Toleranz- aber bereit sein, sie zu erkennen. Politik“ auf eine Bevölkerungsgruppe fokussiert, hier Asylbewerber, leistet sie Auch der Landtag hat sich mit dem gruppenbezogener Menschenfeindlich- Tötungsdelikt befasst und damit, was keit Vorschub. Das zeigt die Schizophre- seitdem in Chemnitz geschehen ist. nie der Politik von Michael Kretschmer Ministerpräsident Kretschmer gab eine und seiner Partei: Sie kritisieren den Regierungserklärung ab und wurde Rechtsradikalismus und eifern ihm bundesweit vor allem mit diesem Satz gleichzeitig nach. Das ist politischer zitiert: „Klar ist: Es gab keinen Mob, Selbstmord auf Raten. keine Hetzjagd und keine Pogrome.“ Es ist keine Wortklauberei, wenn zahl- Umso mehr werden wir die Akteurinnen reiche Augenzeugen – darunter die LIN- und Akteure der Zivilgesellschaft KEN Abgeordneten Marco Böhme und unterstützen, die sich für ein friedliches Klaus Bartl – dieser Deutung deutlich Miteinander ohne Hass engagieren. widersprechen. Die Betroffenen wird Davon gibt es mehr als oft vermutet wird die Linksfraktion bei einer öffentlichen sei aber schnell zurückgerudert. So rität mit Opfern rechter Gewalt.“ Die – gerade auch in Chemnitz. Anhörung zu Wort kommen lassen. habe er die Band „Kraftklub“ aus Chem- Landesregierung müsse dafür sorgen, nitz im Mai als „unmöglich“ und „links“ dass Fort- und Weiterbildungsangebote Wir finden uns nicht damit ab, dass „das kritisiert, sie dann für ihre Mitwirkung zur präventiven Arbeit gegen extreme Bild des hässlichen Deutschen schein- am „Wir sind mehr“-Konzert im Sep- Rechte verstärkt werden, für Lehrerin- bar eine Renaissance erlebt“, wie es der tember gelobt und sie nach Protesten nen und Lehrer, die Verwaltung in den Rico Gebhardt LINKEN-Rechtspolitiker Klaus Bartl aus dem Saal hernach wieder kritisiert. Kommunen, für Polizei und Justiz. Fraktionsvorsitzender formuliert: „das Bild des hässlichen „Sie sind nur dann aktiv und offen- Deutschen, der seine Konflikte dadurch siv gegen Rassismus, wenn Sie damit Der Versuch, bei Rechten mit AfD-Posi- zu lösen und seine vermeintlich berech- beim aktuellen Publikum punkten kön- tionen zu punkten, werde scheitern, so tigten Interessen dadurch zu behaup- nen“, so Gebhardt. Die CDU wolle ihre Gebhardt. „Die Rechten werden gewin- ten sucht, dass er Menschen anderer Haltung zur extremen Rechten nicht nen, wenn wir uns weiter ihre Themen Hautfarbe, anderen Glaubens, anderer ändern. „Für viele in der sächsischen aufdrücken lassen. Die Zeit für ent- Kultur oder anderer Weltanschauung CDU steht der Feind links und nicht schlossenes Handeln ist reif!“ Seite 2 PARLAMENTSREPORT August / September 2018 Ein Geldberg – doch zu wessen Nutzen? „Historisch“, „Der Staat ist zurück“, haushalt findet sich trotz der guten verbeamtet werden können, sucht man innen, Erzieherinnen und Pflegekräfte. „Der Tanker Sachsen ist um 180 Grad Kassenlage keine erwähnenswerte vergeblich. Die Kulturräume blieben Dazu gehörten aber auch kulturelle und gedreht“, „nachhaltige und generatio- Idee, um den Zusammenhalt zu för- langfristig unterfinanziert, ebenso die sportliche Angebote für alle, eine gut nenfeste Politik“: CDU und SPD gaben dern.“ Stattdessen verstecke die Lan- Hochschulen. Und beim großen Thema ausgestattete und ausgebildete Poli- sich ganz unbescheiden, als die Lan- desregierung ihre Ideenlosigkeit hinter Integration, das für den sozialen Frie- zei sowie eine schlagkräftige Justiz. desregierung im August dem Parlament möglichst unübersichtlichen Tabellen. den enorm wichtig ist, kam Meiwald ins „All dies und vieles mehr kann man mit ihren Landes-Etat 2019/2020 vorlegte. „Sie, meine Damen und Herren der Staunen: „Ganze 300.000 Euro stehen einem Haushalt regeln, wenn man den Erstmals gibt es mehr als 20 Milliarden regierungstragenden Fraktionen, kön- für die Umsetzung des neuen Zuwande- Mut und die Ideen dazu hat. Ihnen fehlt Euro im Jahr zu verteilen, zweifellos nen sich auf eine üppig ausgestattete rungs- und Integrationskonzepts bereit. trotz Rekordsummen leider beides!“ ein Rekordwert. Den aber haben die Ministerialbürokratie verlassen. Wir Das ist doch nicht Ihr Ernst, oder ist es Steuerzahlerinnen und Steuerzahler schieben Nachtschichten, um mit 600 ein Kniefall vor Rechtsaußen?“ Der kommunalpolitische Sprecher ermöglicht, nicht die Regierung. Die André Schollbach kritisierte beson- trockenen Zahlenkolonnen halten am ders die Geldnot der Kommunen. Ende fest, was umgesetzt wird und was „Die Gemeinden sind die Keimzellen nicht. Ohne Moos nix los! der Demokratie. Deshalb müssen die Städte und Gemeinden so ausgestat- Verena Meiwald, Finanzexpertin der tet werden, dass sie ihre Aufgaben Linksfraktion, fand wenig Grund zum vernünftig erfüllen können.“ Selbst- Loben. „Denn das viele Geld muss für verwaltung heiße nicht Mangelverwal- die Fehlerkorrektur der CDU-Regierun- tung. Dennoch könnten viele Städte gen ausgegeben werden. Das wird nun und Gemeinden kaum oder nur unter deutlich teurer, als wenn man rechtzei- erheblichen Anstrengungen auch nur tig umgesteuert hätte. Schade um das ihre Pflichtaufgaben erfüllen. „Dann viele Geld – welche wirklichen Verbes- stellt sich die Frage, welcher Jugend- serungen hätte man damit umsetzen club geschlossen, bei welcher Sozial- können!“ Solange das Geld über dut- einrichtung gekürzt oder welcher städ- zende komplizierte Förderrichtlinien tische Betrieb privatisiert werden soll.“ vergeben wird, die nur Experten durch- In Sachsen habe zu Jahresbeginn jede schauen, komme der Geldregen auch dritte Kommune noch keinen beschlos- oft nicht an. „Wir fordern seit Jahren senen Haushalt gehabt – darunter Entbürokratisierung und Pauschalen.“ Annaberg-Buchholz, Hoyerswerda oder Bild: Pixabay / CC0 Bild: Pixabay Görlitz. Die Folge: vorläufige Haushalts- Wirkliche Errungenschaften seien nicht führung – und solange keine Investi- in Sicht. So könne die SPD zwar kos- Zeilen langen Excel-Tabellen ansatz- Der Gesetzgeber müsse dafür sor- tionen in Straßen, Kindergärten oder tenlose Kitas fordern, im Entwurf stehe weise den Überblick zu behalten. So gen, dass der Staat funktioniert und Schulen. Die Linksfraktion hat Vor- dazu aber nichts. „Drängende Fra- geht man nicht mit dem Parlament um!“ die Kommunen in der Lage sind, vor schläge gemacht, um gegenzusteuern gen bei Bildung, Personennahverkehr, Ort ein lebenswertes Leben zu bieten. (siehe Artikel rechts). Gesundheitsversorgung oder Kommu- Und die Mängelliste wird noch län- Dazu gehörten flächendeckender Nah- nenalfinanzen bleiben unbeantwortet.“ ger. So seien weitere Lehrerstellen und ein attraktiver Ausbildungsverkehr, Wir werden mit Änderungsanträgen und Lehramts-Studienplätze zwar gut, am besten kostenlos; ein wirksamer zeigen, wie ein sozial gerechtes Sach- Bestes Beispiel: der Sozialhaushalt. aber angesichts steigender Schüler- öffentlicher Gesundheitsdienst sowie sen aussehen kann, wenn nicht mehr „Der schwindende soziale Zusammen- zahlen immer noch zu wenig. Geld für ärztliche Versorgung in allen Regio- die CDU den Finanzminister stellt. Das halt wird zwar oft beklagt, aber im Sozial- Zulagen an ältere Lehrkräfte, die nicht nen; genug ausgebildete Pädagog- wäre wirklich historisch! Für Friedfertigkeit in Sachsen und in der Welt

Friedenspolitik gehört nach Berlin oder Schärfe nicht mehr.“ Seitdem habe sich auch etwas an, weil die Bundeswehr Peace, Bürgermeister für den Frieden, Brüssel, nicht nach Dresden? Falsch! die Gesellschaft verändert. Die Men- aggressiv an Schulen, Universitäten einsetzen, für eine Welt ohne Atomwaf- Auch Landesregierungen müs- schen hätten sich daran gewöhnt, und auf Berufsmessen sowie auf Fest- fen und für Abrüstung.“ sen zum Frieden beitragen. dass deutsche Soldatinnen und lichkeiten wirbt. Doch das ist kein Job Deshalb ließen wir kurz Soldaten in Krisen- und Kriegsge- wie jeder andere.“ Die Landesregierung Rechtspolitiker Klaus Bartl verwies nach dem Weltfriedenstag bieten kämpfen, dass Par- d ü r f e zu alldem nicht schwei- auf die Landesverfassung: Ihre Leitli- den Landtag debattieren lamentsbeschlüsse zu gen – weder hier noch in nien seien Gerechtigkeit, Frieden und – Thema: „Haltung zeigen Krieg Berlin oder die Bewahrung der uns umgebenden in Sachsen. Für Demokra- Brüssel! Welt. Frieden meine „sowohl die For- tie und Frieden – gegen Hass derung nach Friedensstaatlichkeit als und Gewalt.“ Rich- auch das Demokratiegebot, das Vor- aussetzung für den inneren Frieden „Der 1. September ist nicht ist.“ 1990 habe das sächsische Volk ohne Grund gewählt“, so Lutz eine historische Umwälzung im Grund- Richter, demokratiepoliti- sätzlichen gewaltfrei vollzogen. Heute scher Sprecher der Linksfrak- aber sei „eine Minderheit offenbar tion. „An diesem Tag des Jahres nicht willens, eine neu herange- 1939 entfesselte das Deutsche u n d reifte gesellschaftliche Kontro- Reich den Zweiten Weltkrieg. Wel- Frieden verse, die niemand bestrei- ches Datum könnte für uns Deutsche im Bundestag tet, in ähnlicher Weise mit besser geeignet sein, um sich mit unse- nur noch eine Randnotiz sind. Anstand und Friedfertigkeit rer Geschichte, mit unserer Rolle in der „Die Empörung lässt nach“, so auszutragen.“ Alle Demo- Weltgemeinschaft auseinanderzuset- Richter, auch darüber, dass noch t e r kraten müssten darauf zen?“ Zu prüfen sei, was in Sachsen für immer Tiefflieger über die Sächsi- dringen, dass Konflikte den Frieden getan, wie die Gesellschaft sche Schweiz donnern. Oder darüber, dankte stets friedlich ausgetra- auf allen Ebenen ziviler werden könne. dass Sachsen Durchmarschgebiet für allen, die sich für gen werden. NATO-Truppen ist und Flughäfen als den Frieden enga- Die Proteste gegen den Jugoslawien- Drehkreuze gebraucht werden. „Das ist gieren – „speziell Koalitionspolitiker krieg seien noch groß gewesen. „Der eine Frechheit“, rief Dr. Stephan Meyer 22 sächsische Bür- flüchteten sich aller- Grundsatz, dass von deutschem Boden von der CDU Richter da entgegen. Doch germeisterinnen und dings vor allem in die nie wieder ein Krieg ausgehen darf, der setzte fort mit seiner Kritik: „Das Bürgermeister verschiedener Parteien, Ansicht, der Landtag sei für all das galt von diesem Zeitpunkt an in dieser Thema Frieden geht uns insbesondere die sich in der Organisation Mayors for nicht zuständig. August / September 2018 PARLAMENTSREPORT Seite 3

Sonne aufs Dach, auch aufs landeseigene! Mehr Ermäßigungen für Familien! Der Staat sollte Vorbild sein für seine dafür zu verpachten. Die PV-Leistung Energieerzeugung voran. Sie schaffen Bürgerinnen und Bürger – auch beim landeseigener Gebäude stieg darauf- dort Wertschöpfung, wo erneuerbare Kennen Sie den „Sächsischen Thema saubere Energieversorgung. hin von 30 kW im Jahr 2008 auf über Energieträger genutzt werden, und Familienpass“? Wahrscheinlich Deshalb hat die Linksfraktion die Lan- 1.900 kW.“ Auch in Dresden werden in sorgen für deren Akzeptanz. nicht – denn er führt im Freistaat desregierung aufgefordert, selbst zur diesem Jahr erste städtische Gebäude ein Schattendasein, zu Unrecht. Nutzung von Solarenergie beizutra- mit solchen Anlagen bestückt. Damit der Sprung ins saubere Ener- „Der Familienpass berechtigt gen (Drucksache 6/14505). Sie soll giezeitalter gelingt, muss es deutlich die Inhaber mit ihren Kindern, die Dächer der 4.000 landeseigenen Der Anteil der Photovoltaik an der mehr dezentrale Anlagen geben. Die unentgeltlich bestimmte Einrich- Gebäude, die bisher weder Photovol- sächsischen Stromversorgung wächst CDU-geführte Regierungskoalition tungen des Freistaates Sachsen taik- noch Solarthermie-Anlagen tra- seit 2014 nur sehr langsam – auch lehnte die Vorschläge ab und zeigt – Museen, Sammlungen, Burgen gen, auf ihre Eignung für diesen Zweck das spricht dafür, entschlossen vor- damit einmal mehr, wie fest sie sich und Schlösser zu besuchen.“ Das prüfen lassen. Ein Solaranlagenkatas- anzugehen. So lassen sich außerdem an die Braunkohleverstromung klam- verkündet das Sozialministerium. ter, das es in vielen Kommunen schon Bürgerenergiegenossenschaften för- mert. Doch deren Ende kommt – und Den Pass gibt‘s beim Einwohner- gibt, soll landesweit erstellt werden. dern. Sie treiben eine dezentrale, dann? Vorbereitung wäre angesagt, im meldeamt, Jugendamt, im Bür- Solare Wärmenutzung soll bei Bau- konzernunabhängige und ökologische Großen wie im Kleinen. gerbüro oder im Büro des Bürger- maßnahmen gegenüber fossilen Alter- meisters, und er hängt nicht vom nativen bevorzugt werden. Einkommen ab. Eigentlich eine gute Sache – aber Bis Ende 2022 sollen alle Dachflä- warum wird sie auch nach 20 chen, die geeignet sind und mit gerin- Jahren kaum genutzt? Sachsen- gem Aufwand umgebaut werden kön- Anhalt hat 14.000 Familienpässe nen, die Sonnenenergie einfangen und vergeben. Zum Vergleich: In Speicheranlagen damit füllen. Das soll Großenhain sind es bisher 15. entweder in Eigenregie geschehen – Landesweite Zahlen existieren oder in der Hand von Bürgerenergie- nicht. Und auch die Angebote, genossenschaften oder Stadtwerken, die genutzt werden könne, ist mit die solche Flächen nutzen dürfen. etwa 30 hierzulande gering. In sind es 650. Grund Marco Böhme, energie- und klima- für die Misere sind die Bedin- politischer Sprecher der Linksfrak- gungen: Den Pass erhalten nur tion, stellte fest: „Was wir fordern Eltern mit mindestens drei kin- ist kein Hexenwerk, sondern ange- dergeldberechtigenden Kindern, wandte Praxis. In Thüringen wurde Alleinerziehende mit mindestens schon 2008 beschlossen, landesei- zwei kindergeldberechtigenden gene Gebäude auf die Eignung für Pho- Kindern oder Eltern mit einem tovoltaik-Nutzung zu prüfen, um sie 2.0 BY-NC / CC / flickr.com Steamtalks German Steamtalks kindergeldberechtigenden Kind, wenn es eine schwere Behinde- rung hat. Und: Der Pass muss jährlich neu beantragt werden. Schluss mit der Finanznot der Kommunen Die Linksfraktion will den Fami- lienpass attraktiver machen In den Kommunen spielt das Leben – den Einführungsvortrag. Danach nah- bestimmen können, wofür sie Geld (Drucksache 6/8851). Er soll sie regeln vieles, das für unseren All- men Thomas Kunzmann, Bürgermeis- ausgeben. Im Finanzausgleich müssen schon ausgestellt werden, wenn tag wichtig ist. Zu Pflichtaufgaben wie ter von Lauter-Bernsbach und Mitautor dauerhaft 400 Millionen Euro jährlich ein Kind unter 18 Jahren bzw. mit Feuerwehren, Schulwesen, Wasser- des „Forderungspapiers der ‚Parteiun- zu Gunsten der kommunalen Ebene Kindergeldanspruch im Haushalt versorgung oder Kulturpflege kommen abhängigen Bürgermeister des Erzge- umverteilt werden. Damit erhielte jede lebt. Großeltern sollen einbezo- freiwillige Aufgaben wie Wirtschafts- birgskreises‘“, sowie Prof. Dr. Lothar Gemeinde pro Einwohner und Jahr 100 gen werden. Ein Antrag soll bis förderung, Energieversorgung, der Ungerer, Bürgermeister der Stadt Mee- Euro mehr an Schlüsselzuweisungen. zur Selbstständigkeit des letzten Betrieb sozialer Einrichtungen, von rane, zur kommunalen Sicht Stellung. Zweitens schlagen wir vor, für die Land- Kindes genügen und über eine Erholungsstätten oder die Sportförde- kreise und kreisfreien Städte Regional- zentrale Stelle einfach und online rung. Das und mehr können die Städte Es entwickelte sich eine rege Diskus- budgets in Höhe von jährlich zehn Mil- besorgt werden. Die Angebote und Gemeinden aber nur erledigen, sion, denn Lösungen sind nötig. Sie lionen Euro als frei verfügbare Mittel sollen ausgeweitet werden, wenn sie genug Geld haben. In Sach- bestehen nicht in Wahlgeschenken wie bereitzustellen. Das wären noch ein- Kommunen, Unternehmen und sen haben sie in der Regel zu wenig. den symbolischen 70.000 Euro, die das mal 32 Euro je Einwohner. Denn nicht Vereine sollen mitmachen kön- Denn das Finanzministerium in Dres- Kabinett Kretschmer allen Kommunen die Dresdner Ministerien, sondern die nen. Und Sachsen sollte darauf den rechnet den Freistaat auch auf Kos- zukommen lässt. Deren Wirkung auf die Menschen vor Ort wissen am besten, hinarbeiten, dass Famlienpässe ten der Kommunen arm, lässt Städte Lebensqualität vor Ort wird, vorsichtig wo Geld fehlt. auch in anderen Bundesländern und Gemeinden ausbluten – und rühmt formuliert, überschaubar sein. Wir wol- gelten. LINKEN-Familienpoliti- sich dann solider Staatsfinanzen auf len grundsätzlich an das System des Nun gibt es viel Material auszuwerten – kerin Kerstin Lauterbach for- der Landesebene. Die Rekordzahlen Finanzausgleichs ran. Die kommunalen über Schlussfolgerungen und Forderun- derte „eine Kampagne ,Sachsen im Landeshaushalt dürften vielen kom- Gliederungen müssen stärker selbst gen werden wir noch informieren. vergibt den Familienpass‘, damit munalen Kämmerinnen und Kämmerer er endlich bekannt wird.“ als Teil einer anderen Welt vorkommen. Das muss sich dringend ändern! Und Janina Pfau, kinder- und jugendpolitische Sprecherin, Die Fraktionen DIE LINKE und BÜND- sieht im Familienpass einen NIS 90/DIE GRÜNEN luden Ende „kleinen Beitrag, den wir als August zum öffentlichen Fachgespräch Freistaat leisten können, um der über die Zukunft der Kommunalfinan- Kinderarmut entgegenzuwirken.“ zen. Während die Weichen für den Von Armut betroffen seien auch Landeshaushalt 2019/2020 gestellt Familien mit nur einem oder mit werden, widmeten wir uns dem Verän- zwei Kindern. Der Pass sei selbst derungsbedarf am kommunalen Finanz- Personen, die in der Familienhilfe ausgleich, der Teil des Landes-Etats arbeiten, nicht bekannt. ist. Zahlreiche Bürgermeisterinnen CDU und SPD sahen keinen und Bürgermeister waren gekommen. Handlungsbedarf. So wird der Prof. Dr. Gisela Färber, Professorin für Familienpass wohl erst unter Wirtschaftliche Staatswissenschaften einer sozialen Regierung seine an der Deutschen Universität für Ver- Kraft entfalten können. waltungswissenschaften Speyer hielt Seite 4 PARLAMENTSREPORT August / September 2018 Kurz gemeldet

Quiz und ein besonderes Glücksrad: Wer sächsische Wörter versteht und richtig ins Hochdeutsche übersetzte, gewann. Fraktionschef Rico Gebhardt und weitere Abgeordnete nutzten die Gelegenheit für Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch mit dem Landessportbund, dem SBB Beamtenbund und Tarifunion Sachsen, dem Landestourismusverband oder der Verbraucherzentrale. Am Torgauer Denkmal der Begegnung, das an das Zusammentreffen der Alliierten an der Plenarspiegel Elbe am 25. April 1945 erinnert, legten Rico Gebhardt und Marco Böhme für August / September 2018 die Fraktion einen Kranz nieder.

Die 76. Sitzung des Landtages Aus dem Spendentopf: Hilfe für fand am 16. August 2018 statt. Tschernobylhilfe-Verein Dort brachte die Regierung ihren Nicht nur um Diätenerhöhungen sinn- Entwurf für den Landeshaushalt sens im Weg“, so Fraktionschef Rico voll einzusetzen, füllen die Mitglieder 2019/2020 ein. Die 77. und die Plakatkampagne für längeres Gebhardt, der gemeinsam mit der der Linksfraktion einen Spendentopf. 78. Sitzung fanden am 5. und 6. gemeinsames Lernen gestartet Bildungspolikerin Cornelia Falken Daraus fließt Geld an Vereine, Pro- September 2018 statt. Die Links- In den ersten Septembertagen ist die das Motiv präsentierte. jekte, Bürgerinitiativen und Privatper- fraktion war mit diesen parla- Linksfraktion sachsenweit mit einer sonen. Die Abgeordneten unterstützen mentarischen Initiativen dabei: Großflächenkampagne präsent. Damit Linksfraktion beim Tag der vor allem Kinder- und Jugendarbeit, werben wir für längeres gemeinsames Sachsen in Torgau Demokratieprojekte, soziale, kultu- Aktuelle Debatte Lernen und das Recht, Gemeinschafts- relle, sportliche und interkulturelle Ini- schulen als weitere Schulform zu grün- Auch in diesem Jahr nahm die Links- tiativen. So übergab der Landtagsab- „Weltfriedenstag mahnt: Haltung den. Vor einem Jahr hatte eine von uns fraktion am „Tag der Sachsen“ teil. In geordnete Heiko Kosel eine Spende zeigen in Sachsen. Für Demo- beauftragte Meinungsumfrage gezeigt, Torgau waren wir diesmal am Fried- in Höhe von 200 Euro an die Tscherno- kratie und Frieden – gegen Hass dass zwei Drittel der sächsischen Wäh- richplatz mit einem Stand vertreten, byl-Initiative des Vereins Gesellschaft und Gewalt.“ lerschaft eine „Schule für alle“ befür- zwischen den Ständen der Koalitions- Sachsen-Osteuropa e.V. in Bautzen. worten und sogar drei Viertel einen Dieser lädt jährlich Kinder aus der Gesetzentwürfe Volksentscheid für längeres gemeinsa- Gegend um Tschernobyl zur Erholung mes Lernen wollen. Derzeit bereitet ein ein. Diesmal waren 14 Kinder von 9-15 „Gesetz zur Stärkung des sub- zivilgesellschaftliches Bündnis einen Jahren der Tanzgruppe „Milawitza“ aus jektiven Rechtsschutzes und der Volksantrag dazu vor. Das Schulgesetz Buda Koschelewo in der Region. Bis innerparteilichen Demokratie bei soll geändert werden, um die unsinnige heute leidet die dortige Bevölkerung Wahlen zum Sächsischen Land- und erzwungene Trennung der Kin- unter den gesundheitlichen Folgen der tag“ (Drucksache 6/11223) der nach der 4. Klasse beenden. Nach Katastrophe. dem Vorbild Thüringens sollen Schulen „Gesetz zur Weiterentwicklung künftig selbst darüber entscheiden dür- des Vergaberechts im Freistaat fen, ob sie eine Gemeinschaftsschule Sachsen“ (Drucksache 6/13914) gründen. „Wir wollen eine Bildungspo- litik, die sich die Überwindung der sozi- fraktionen. Motto der Fraktionsprä- Anträge alen Spaltung auf die Fahne schreibt senz bei diesem Mal: Frieden – Soli- – und deshalb die klare Ansage, die darität – Toleranz - Gerechtigkeit. „Sächsischen Familienpass ja auch von Stimmen aus dem sächsi- Thematisch erwarteten die Besuche- attraktiver ausgestalten!“ schen Handwerk unterstützt wird: Die rinnen und Besucher neben einem (Drucksache 6/8851) gegliederte Schule des vergangenen breitgefächerten Angebot an Infor- Jahrhunderts steht der Zukunft Sach- mationsmaterial eine Fotoaktion, ein „Sonne aufs Dach! – Solarener- gienutzung auf landeseigenen Immobilien in Sachsen aus- bauen!“ (Drucksache 6/14505) Jana Pinka auf Sommer(Kultur)Tour

Von Dr. Jana Pinka, Sprecherin für auf Gott Erbstollen“ in Lichtenberg. den an einem touristischen Konzept. Termine Umweltschutz und Ressourcenpolitik Die Grüne Schule grenzenlos versucht Ich danke allen, die mir einen neuen unermüdlich, den Naturgedanken, Blick auf Unbekanntes ermöglichten! Öffentliches Forum: Im August war ich unter dem Motto Naturschutz sowie die naturnahe Bil- „Entgeltfreier ÖPNV für alle! „Kultur: -Schätze suchen, -Orte dung deutschen und tschechischen Diskussion über entgeltfreien bekannt machen, -Regionen verbin- Kindern und Jugendlichen zu vermit- ÖPNV, Bürger* innentickets und den“ in zwölf Städten und Ortsteilen teln. Während der Wanderung auf Impressum steigende Fahrpreise in Leipzig“ der Erzgebirgsregion Mittelsachsen dem Kunsterlebnisweg in Frauenstein 18. September 2018, 18 Uhr, Lin- unterwegs. erläuterten mir die Wanderwegewarte Fraktion DIE LINKE denauer Markt, Leipzig ihre Bemühungen, die Nachbarregio- im Sächsischen Landtag Beim Wandern durch die Natur über- nen zu verbinden. Das gelingt mit dem Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 Fachgespräch zum Entwurf und untertage, aber vor allem während Geopark-Projekt bereits etwas besser. 01067 Dresden der Linksfraktion für ein der vielen Gespräche mit engagierten Hier beteiligen sich mehrere Gemein- Telefon: 0351/493-5800 Integrationsgesetz und kreativen Menschen gewann ich Telefax: 0351/493-5460 viele Erkenntnisse für die Arbeit unse- E-Mail: [email protected] 04.10.2018, 18:30 Uhr, Stein- rer Fraktion im Landtag. Wandern ist www.linksfraktion-sachsen.de haus Bautzen, Steinstraße 37 eine Kulturtechnik, die neue Kultur entdecken lässt – gestalterische, musi- V.i.S.d.P.: Marcel Braumann 08.10.2018, 18:30 Uhr, Bürgerin- sche, Bergmannskultur, Gedenkkultur, Redaktion: Kevin Reißig itiative Chemnitzer City, Projekt Gesprächskultur … Und so führte mich „AII-In“, Rosenhof 18, Chemnitz der Weg zum Beispiel in die Sommer- 11.10.2018, 18:30 Uhr, Wir AG galerie Hofefeld in Frauenstein, das Dresden, Martin-Luther-Straße Freiberger Stadt- und Bergbaumus- eum oder ins Besucherbergwerk „Trau