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7. Planerwerkstatt der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern Vorwort

Etwas, was unser Land Mecklenburg-Vorpommern be- sonders auszeichnet, ist eine charakteristische, in großen Teilen noch in seiner Natürlichkeit erhaltene Landschaft. Eingebettet in diese sind Städte und Dörfer, als gebaute Kultur. Zu dieser „gebauten Kultur“ zählt ganz sicherlich auch die Stadt Goldberg. Seit der Verleihung des Stadt- rechts im Jahr 1248, mit einer ersten urkundlichen Er- wähnung im Jahr 1227, weist die Stadt eine bewegte Geschichte auf. Diese ist in den nachfolgenden Jahrhun- derten mit einem ständig wirtschaftlich und damit auch regionalpolitisch wechselnden Auf und Ab verbunden.

Die bauliche Entwicklung vor 1990 hat in Meck- lenburg-Vorpommern, auch im ehemaligen Bezirk Schwerin, mit der Missachtung und zum Teil bewussten Zerstörung des historischen baulichen Erbes auch ihre negativen Spuren hinterlassen. Aber irgendwo stimmt es in der Gesamtheit noch, dieses Miteinander von Natur, Gebautem und Bewohnern. Ein Gratisfaktor, der einen Bestandteil des Reichtums unseres Landes darstellt, ver- bunden mit hohen kultur-historischen Werten. Diese Werte bedeuten für Politik und Architekten gleichermaßen eine Verantwortung, die mehr als nur eine Beschäftigung im Rahmen von kurzlebiger Tagespo- litik sein darf.

Vor diesem Hintergrund haben die Architekten- und die Ingenieurkammer des Landes Mecklenburg-Vorpom- mern, im Zusammenwirken mit der Landesregierung, den im Landtag vertretenen Parteien und den kommunalen Spitzenverbänden eine den Bedingungen des Landes angepasste Initiative zur Baukultur ins Leben gerufen. In 21 Thesen werden Vorschläge und Maßnahmen für die schrittweise Umsetzung einer hohen Baukultur unter- breitet. Im Ergebnis soll das öffentliche Bewusstsein für die gebaute Umwelt unseres Bundeslandes gestärkt wer- den – gutes Bauen soll zu einem wichtigen gesellschaft- lichen Anliegen werden.

Die bauliche Zukunft zu gestalten ist etwas, was Architekten auf Grund ihrer Ausbildung gelernt haben – und was sie auch beherrschen. Die Frage, und somit auch die Antwort, nach guter Architektur entsteht nicht im Selbstlauf. Nur durch Beispielsetzungen und Diskussi- onen in und mit der Öffentlichkeit ist dieser Prozess mit Leben zu erfüllen. Gerade hier ist die regionale Politik, ist der ortsansässige Politiker, mit seinem Verantwortungs- bewusstsein und einer Offenheit für Neues, gefragt.

Dieses kommunalpolitische Verantwortungsbe- wusstsein, diese Offenheit, mit Ausgangspunkt für die Durchführung der Planerwerkstatt der Architek- tenkammer, gemeinsam mit der Kommunalpolitik in Goldberg. Mit der Planerwerkstatt wird die Möglichkeit geschaffen, in den Köpfen der Menschen Potentiale zu generieren, das als Ideenfindung zur Lösung schwieriger struktureller und städtebaulicher Situationen dienen können.

Planerwerkstatt Goldberg - durch die Broschüre wird am konkreten Beispiel gezeigt, wie ein zukunftsfähiges Gestalten und Miteinander aussehen könnte. An den po- litischen Verantwortungsträgern liegt es nun, diese Ideen weiterzuentwickeln und letztendlich in gebaute Realität umzusetzen.

Joachim Brenncke Präsident der Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern Inhalt

Vorwort Joachim Brenncke 3

Kleinstädte im ländlichen Raum 8 Demografischer und struktureller Wandel Chancen Impulse Strategien Lutz Braun

Goldberg: Variationen des Stadtumbaus Olaf Bartels 10

Rede Dr. Otto Ebnet 16

Rede Ilka Rohr 21

Rede Gerd Wüster 35

Rede Wolfgang Kröber 44

Konzept Arbeitsgruppe A 52

Ergebnisse Arbeitsgruppe A 53

Konzept Arbeitsgruppe B 60

Ergebnisse Arbeitsgruppe B 61

Konzept Arbeitsgruppe C 65

Ergebnisse Arbeitsgruppe C 66

Resümee Dr. Peter Lack 74

Danksagung Lutz Braun 76

Teilnehmer 77

Pressestimmen 78

Impressum 80 Kleinstädte im ländlichen Raum

Demografischer und struktureller Wandel historische Altstadt, mit den Unterthemen Chancen Impulse Strategien • Die zentrale Achse: Bundesstraße versus Einkaufsstraße/ Aufenthaltsbereich Ort und Gegenstand der Planerwerkstatt 2007 ist die Stadt • Die Mildenitz, Wasserader der Altstadt im Verborgenen Goldberg im Landkreis . • Stadteingangsbereiche – die beiden Pole im Norden und Süden Kleinstädte im peripheren ländlichen Raum sind von dem • Impulsvorhaben, große und kleine Investitionen mit strukturellen und demografischen Wandel der Gesellschaft Ausstrahlungskraft in ihrer Entwicklung besonders stark betroffen. • Vorstädte – Schwerpunkt Brachenrevitalisierung Integrierte Stadtentwicklungskonzepte haben in die- • besondere Orte in der Altstadt sen Städten, wie auch in Goldberg, die Entwicklungsrich- • Fragen zu einer zukünftigen Bebauungsdichte in histo- tung und eine Reihe von Maßnahmen des Stadtumbaus rischen Altstädten aufgezeigt. Darunter wurden Leitsätze formuliert, wie In- nenentwicklung vor Außenentwicklung, Konzentration der Darüber hinaus hat sich die Werkstatt mit der Einbindung Maßnahmen auf den Hauptort der Region sowie, die Alt- der Altstadt in die Gesamtstadtbeschäftigt. städte als historische und urbane Mitte, als Identifikations- punkte zu erhalten. Seitens der Gemeinde wurde in bereits vorliegenden über- Gerade den letzten Punkt mit Leben zu erfüllen geordneten Planungen folgendes Leitbild formuliert: scheint angesichts der hiesigen Bestandssituation sehr • Entwicklung der Altstadt als Mitte der Region des Gold- schwierig. berger Umlandes Möglichkeiten einer nachhaltigen Vitalisierung der • Entwicklung der Gesamtstadt aus einem integrierten Altstadt aufzuzeigen, an konkreten Beispielen in Goldberg, Handlungsansatz heraus aber durchaus mit verallgemeinerungsfähigen Aussagen • abgestimmte Entwicklung von Altstadt und „Neubau- für andere Städte, sollte Ziel der Planerwerkstattarbeit gebiet“ als die beiden Schwerpunkte der Siedlungsent- sein. wicklung Daneben war die Planerwerkstatt, wie die bisherigen • Überwindung der funktionalen Schwächen der bishe- Veranstaltungen zunehmend gezeigt haben, eine Kommu- rigen Altstadtentwicklung nikationsplattform zwischen Kommunalpolitik und Planern der Architektenkammer, externen Fachleuten, der Landes- Bewährt hat es sich für die Planerwerkstätten die Arbeits- politik u. a. sein, auf der vor allem das Kennenlernen der gruppentätigkeit mit Schwerpunktfragen vorzubereiten. Denk- und Arbeitsweisen der Beteiligten ein wesentlicher Inhalt dieser Zusammenkunft ist. Für Goldberg wurden gemeinsam durch die Stadt, den Dabei können bisherige Blickweisen geschärft aber treuhänderischen Sanierungsträger BIG STÄDTEBAU MV durchaus auch verlassen werden. GmbH und die Architektenkammer die Fragestellungen Die Chancen des interdisziplinären Gedankenaus- entwickelt. tausches können genutzt werden. Die Zielsetzung wurde in Vorbereitung der Planerwerk- Die Planerwerkstatt sollte Ideen und Anregungen für die statt auch der ISEK Arbeitsgruppe Stadtentwicklung über- weitere Entwicklung von Goldberg liefern. Dabei sind vor- geben. Somit trug die Planerwerkstatt in der Vorbereitung liegende Leitbilder, Planungen, Absichten der Gemeinde in und mit ihren Ergebnissen als ein Baustein zur Verstetigung die konzeptionellen Überlegungen einzubeziehen bzw. zu der Auseinandersetzung mit der Altstadtperspektive in hinterfragen gewesen. einem längerfristigen Planungsprozeß bei. Besonderes Augenmerk sollte auf die vorhandenen bau- lichen Potentiale des Ortes sowie auf seine einmalige na- turräumliche Ausstattung und Lage gelegt werden. Lutz Braun Der Schwerpunkt der Werkstattarbeit bezog sich auf die Vizepräsident der Architektenkammer M-V

  Goldberg: Variationen des Stadtumbaus

Probleme mit Leerstand hat Goldberg in seinen Neubau- seinen Mitarbeitern für ihr Kommen. Der Stadt seien hohe gebieten nicht. 3 bis 5 % der Wohnungen stehen leer. Das Fördermittel zugeflossen, sie reichten aber nicht aus, um gilt in Kreisen der Wohnungswirtschaft als nahezu optimal das gesteckte Ziel einer gesunden Stadtentwicklung zu und als eine natürliche Fluktuation. Das ist erstaunlich für erreichen und er bat darum, jetzt die beantragten Einzel- eine Stadt, die heute noch etwa 3.200 Einwohner hat, 1976 fälle wohlwollend zu prüfen. waren es 5.500. Die Probleme liegen in der Altstadt. Hier im Minister Dr. Ebnet antwortete ihm: Nicht wer am noch mittelalterlich strukturierten Kern ist der Leerstand lautesten danach verlange, könne vom Ministerium Unter- mit 20 % - 30 % erheblich und vor allem deutlich sichtbar. stützung erwarten, sondern wer überzeugend darlegen Dass dies möglich ist, hat mit den seit der Wende von der könne, dass Fördergelder viel versprechend angelegt Stadt verfolgten Zielen für ihre Erneuerung zu tun. Denn an seien. Diesen Eindruck mache in seinen Augen Goldberg Fördermitteln hat es nicht gefehlt. Über 10 Millionen Euro nicht. Die historisch wertvolle Altstadt lade nicht gerade sind vorwiegend in die Erneuerung der Plattenbauten und zum Bleiben ein, bemängelte er und fragte sich und seine in die Pflege der Infrastruktur geflossen: in den Ausbau der Zuhörer, wo denn die Fördermittel geblieben seien. Zu Durchgangsstraße B 192, die neue Pflasterung kleinerer sehen sei von ihrer Verwendung nicht viel, und das sei Straßen in der Innenstadt, in neue Fußwege und in die zumindest eine wesentliche Bedingung für die Weiterent- Erneuerung der Kanalisation. Auf den ersten Blick ist davon wicklung des Tourismus in der Stadt, dessen offensichtliche aber wenig zu sehen, vor allem, wenn man schnell über die Potenziale brach lägen. Am Ende seiner Rede sprach er aber gut ausgebaute B 192 durch den Ort fährt. Kaum auszu- die Hoffnung aus, die Planerwerkstatt möge „Schwung in machen sind dann das restaurierte Rathaus, die sanierte die Bude bringen“. Schule, der ausgebaute Schützenplatz, der ab und an als Ilka Rohr sprach für den Landrat des Kreises Parchim Wochenmarkt genutzt wird, oder die wiederhergestellten über die Bedeutung des Grundzentrums Goldberg vor dem und eigentlich vorbildlich ergänzten Bauten des diako- Hintergrund der zurückgehenden Bevölkerungszahlen. nischen Altenheims. Es gehe um neue Leitbilder für Goldberg, die nur durch Bürgermeister Dieter Wollschläger begrüßte die eine Aktivierung und Förderung der eigenen Ressourcen versammelten Planer und die Redner zum Auftakt der erreicht werden können. Zu der Werkstatt hatte die Kammer Planerwerkstatt mit entsprechend hohen Erwartungen. diesmal gemeinsam mit dem Sanierungsträger BIG-Städ- Er hoffe auf Richtung gebende Hinweise aus der Planer- tebau in Güstrow für die Stadt Goldberg eingeladen. Dr. runde und bedankte sich ausdrücklich bei dem Minister für Peter Lack, Abteilungsleiter der BIG-Städtebau in Güstrow, Verkehr, Bau und Landesentwicklung Dr. Otto Ebnet sowie betonte in seiner Begrüßungsrede die Notwendigkeit, in

20-30% der Gebäude in der Altstadt von Goldberg stehen leer

10 11 Architektur und Städtebau sowie die dadurch möglicher- gewonnenen Energien nicht verpuffen. Kommunika- weise ausgelösten Entwicklungsimpulse Vertrauen zu tive Veranstaltungen wie ein „permanent breakfast“ als setzen. Die Investition der Stadt in ihre Infrastruktur sei öffentliches Stadtfrühstück könnten dazu beitragen, eine grundsätzlich richtig. Schließlich ginge es ja darum, eine gemeinsame Identität mit der gebauten Stadt zu vertiefen Basis für die Entwicklung zu schaffen. Gleichzeitig gebiete und sich so auf ihre Potenziale zu besinnen. Durch beson- es, alles für den Erhalt des historischen Erbes der Altstadt dere, familienfreundliche Kauf- und Finanzierungsange- jetzt einzusetzen. Jetzt gelte es, Anreize zur Ansiedlung bote könne ein Anreiz für Familien geschaffen werden, in junger Familien zu schaffen und dem Tourismus Entwick- die Stadt zu ziehen. Dankbar wären auch Prämien wie das lungsmöglichkeiten zu verschaffen. Geschenk eines Bootshauses für jede Familie, die ein Haus Lutz Braun, Vizepräsident der Architektenkammer, in Goldberg kauft. Vorrangig sollte aber die Lange Straße stellte nach einem ausführlichen Rundgang durch die aufgewertet werden. Dies könnte zunächst temporär, Stadt die Themenfelder für die einzelnen Arbeitsgruppen beispielsweise durch eine monatliche Vollsperrung der vor. Architekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Bundesstraße anlässlich eines Stadtfestes geschehen, arbeiteten am Nachmittag des ersten und am Vormittag mittelfristig sollte eine Geschwindigkeitsbeschränkung des zweiten Tages in den Gruppen mit interessierten auf 30 km/h durchgesetzt und langfristig ein Einbahnver- Bürgern der Stadt zusammen. Diverse Vereine nehmen in kehr mit Querparkplätzen eingerichtet werden. Außerdem Goldberg teilweise aus sehr konträren Positionen Anteil an sollten leer stehende Häuser Hand- und Kunsthandwer- der Entwicklung ihrer Stadt und dies ließen sie sich auch kern für Ausstellungen zeitlich begrenzt zur Verfügung während dieser Veranstaltung nicht nehmen. Den Planern gestellt werden, was auch in Zusammenarbeit mit den bot sich dadurch die seltene Chance, direkt mit betroffenen Schulen geschehen kann. Drei Plätze im Verlauf der Straße: Bürgern zu arbeiten. am alten Feuerwehrhaus, am Rathaus und an der kürz- Wohl aus dieser konkreten Erfahrung heraus lich eingerichteten Draisinenhaltestelle bekämen nach empfahlen sie alle, den in der Stadt schwelenden Streit den Vorstellungen der Planer ein neues Gesicht. Am alten zu kultivieren und in produktive Formen zu bringen. Feuerwehrhaus könne eine Tourismusinformation und ein Die Arbeitsgruppe A, der unter anderen die Architekten Startpunkt für Wanderungen (auch zu Wasser) eingerichtet Margherita Fanin und Axel Kaun angehörten, riet der werden. Die Anbindung der Stadt an die östlich und west- Stadtverwaltung, ein Forum zu gründen, um die Kontra- lich gelegenen Seen solle gestärkt werden. Auch die quer henten zusammenzubringen und gegebenenfalls einen zur Hauptstraße verlaufende Achse vom Kirchplatz über Streitmanager einzuschalten, damit die aus dem Diskurs das neu zugestaltende Umfeld des Rathauses und den

Die Teilnehmer der Planerwerkstatt lassen sich über Goldberg unterrichten ...... und nehmen die Stadt in Augenschein

12 13 Schützenplatz müsse aufgewertet werden. Bei der Umge- andere) sah in der Verkehrsberuhigung der B 192 einen staltung des Rathausumfeldes sollte aber, darin waren Schlüssel für die Aufwertung der Altstadt. Als langfristige sich alle Gruppen einig, anders als in der Stadtvertretung Lösung sahen auch sie eine Umgehungsstraße und ein beschlossen, auf den Baubestand abgehoben werden. Aus Einbahnsystem zur Ortsdurchfahrt. Nach ihrer Auffassung der ehemaligen Fahrzeughalle und der alten Tankstelle sollten auch die Neubaugebiete auf längere Zeit stärker ließe sich nach den Vorstellungen der Arbeitsgruppe A eine an die Altstadt angebunden, ihre jetzt fünfgeschossige Bürgerhalle machen. Bauhöhe auf zwei Geschosse zurückgeführt und damit das Gruppenübergreifend schlugen alle Planer vor, die in der Besiedlung der Stadt verschobene Gleichgewicht Gebäude der Altstadt möglichst zu erhalten. Klaus Brendle wieder hergestellt werden. Zur Belebung der Altstadt hält stellte in der Gruppe B ein Szenario für den Fall vor, dass die Gruppe aber auch eine Auflockerung der Bebauung, alle jetzt leer stehenden Häuser abgerissen und damit insbesondere an der Langen Straße für notwendig. Neue eine empfindliche Lücke hinterlassen würden. Daraus Tordurchfahrten und eine Entkernung der Innenhöfe sollen entstünde eine erschreckende Perforation der Stadt, eine bessere Erreichbarkeit der Grundstücke mit PKWs die ihren Charakter nachhaltig beeinträchtige. Die alte ermöglichen. Bausubstanz wäre dann unwiederbringlich verloren und Nach der Vorstellung der Arbeitsgruppenergebnisse ein Wiederaufbau in alten Formen schließe sich nach setzte eine intensive Debatte über die vorgeschlagenen seiner Auffassung aus Respekt vor der Geschichte aus. Maßnahmen und die Perspektiven der Stadtentwicklung Eine Neubebauung der Grundstücke berge allerdings auch ein, was einmal mehr die intensive Diskussionsbereit- Chancen für einen Impuls der Stadtentwicklung durch eine schaft der Bürgerschaft zeigte. Bürgermeister Wollschläger moderne architektonische Identität des Ortes. Ansonsten bedankte sich herzlich für das breit gefächerte Ideenan- schlug Gruppe B mit Anja Sawatzki, Gundula Dietrich und gebot zum Stadtumbau und die Anregungen zum weiteren anderen ähnliche Maßnahmen vor, wie Gruppe A. Die Lage Verfahren. Er zeigte sich aber auch über den einen oder Goldbergs zwischen den Seen sollte thematisiert und zu anderen Vorschlag enttäuscht, den er für nicht praktikabel einem Slogan der Stadtwerbung werden. Der Verlauf der hielt. Man war sich aber darüber einig, dass die Planerwerk- Mildenitz sollte wie auch die Lange Straße aufgewertet statt einen Impuls für die weitere Entwicklungsstrategie werden. Kurzfristig könne dies durch eine Begrünung der der Stadt gegeben hat. Häuser erreicht werden. Langfristig sollte eine westliche Umfahrung der Altstadt erwogen werden. Olaf Bartels Auch die dritte Gruppe C (Annette Lange, Hans Giger und

14 15 Rede Dr. Otto Ebnet

Sehr geehrte Damen und Herren, Drei Punkte möchte ich ansprechen: Strategie, Potenzial und Engagement. in Goldberg war ich erstmals Anfang der 90er Jahre, als ich Als erstes erkenne ich in Goldberg allenfalls Ansätze hier in der Nähe Urlaub gemacht habe. In meiner späteren einer dringend nötigen Linie für eine lebendige und starke Funktion als Wirtschaftsminister war ich nie in Gold- Altstadt. Was die Stadt braucht, ist eine Erfolg verspre- berg, obwohl ich ansonsten jede Stadt im Land mindes- chende Strategie, die dann aber auch umgesetzt wird. tens einmal besucht habe. Das hat wohl so seine Gründe 19 Prozent Leerstand in der Altstadt sind ein gravie- – mit seiner wirtschaftlichen Entwicklung ist Goldberg nie rendes Problem. Und das ist keineswegs die unvermeid- besonders aufgefallen. liche Folge der demografischen Entwicklung. Denn das Und als ich mir heute die Stadt wieder ein wenig ange- Plattenbaugebiet Nord ist voll vermietet: Der Leerstand schaut habe, musste ich feststellen, dass sich in Goldberg dort von drei Prozent ist völlig normal – es herrscht immer auch städtebaulich gegenüber den 90er Jahren wesentlich eine gewisse Fluktuation. weniger getan hat als in anderen vergleichbaren Städten. Was hat die Stadt mit den rund zehn Millionen Euro In Ihrer Einladung steht, dass Goldberg eine der „Klein- Städtebauförderungsmitteln bewirkt, die sie seit 1991 für städte im peripheren ländlichen Raum“ ist, „die von dem die Altstadt bekommen hat? Hat es hier grundlegende strukturellen und demografischen Wandel in ihrer Entwick- Fehler und Fehlentscheidungen gegeben? In Zukunft muss lung besonders stark betroffen sind.“ Nun: Goldberg ist die Aufwertung der vorhandenen Gebäude und die Redu- eine hübsche, kleine Stadt mit einer historischen Altstadt. zierung des Leerstandes erstes Ziel in Goldberg sein. Aber Goldberg ist keine Stadt, deren Entwicklungsmög- Immerhin stehen hier auch viele nicht voll sanierte lichkeiten sofort ins Auge springen. Gebäude leer, also sollte alles verfügbare Geld in die Der Tourismus hat die Region bisher kaum entdeckt. Modernisierung des Gebäudebestandes gehen. Das gilt Es hat sich kein Unternehmen angesiedelt, das weiteres umso mehr, wenn man bedenkt, dass bislang weit über Gewerbe anzieht. Die städtebauliche Situation ist schwierig. vier Millionen Euro Städtebauförderungsmittel für Erschlie- In der Altstadt stehen viele unsanierte Gebäude leer. Die ßungsmaßnahmen ausgegeben worden sind – und nur ein Bundesstraße teilt die Stadt und das mindert die Wohn- Viertel davon in private Modernisierungen geflossen ist. qualität. Vor allem diesen städtebaulichen Problemen wird Angesichts dessen ist mir unverständlich, dass die sich die Planerwerkstatt widmen. Und kommt hoffentlich zu Stadt kürzlich in meinem Haus die Neugestaltung des Erkenntnissen und Ergebnissen, die Goldberg weiter helfen. Rathausumfeldes für rund 400.000 Euro beantragt hat. Gleichzeitig erhalten aber sanierungswillige Hauseigen-

Das Tagungshaus, die John-Brinckmann-Schule. Das alte Badehaus.

16 17 tümer in der Altstadt auf Jahre hinaus keine Städtebauför- Und drittens braucht eine Stadt das Engagement ihrer derungsmittel. Diese Verteilung macht keinen Sinn. Bürger. Ich weiß, dass es in den vergangenen Jahren erheb- Auch die kommunale Wohnungsgesellschaft könnte liche Konflikte unter den Goldbergern gegeben hat. Das sich stärker in der Altstadt engagieren. Denn die Kluft, hat viel Kraft gebunden. Aber hier muss es um die Sache die sich zwischen massivem Leerstand in der Altstadt und und nicht um persönliche Attacken und den Triumph einer Vollvermietung im Plattenbaugebiet immer weiter öffnet, Seite gehen! fordert eine gesamtstädtische Entwicklungsstrategie. Denn obwohl sich drei Arbeitsgruppen intensiv Goldberg hätte also eigentlich eine der ersten Kommunen mit den verschiedenen Themen der Stadtentwicklung sein müssen, die ihr Integriertes Stadtentwicklungskonzept beschäftigt haben – unter dem Druck des Bauministeriums von 2002 fortschreibt. Leider ist das Gegenteil der Fall; die wohlgemerkt – wird diese Arbeit jetzt offenbar nicht fort- Stadt ist eine der letzten. gesetzt. Die Mitglieder der Arbeitsgruppen wären dazu Als zweites muss eine Stadt doch alles daran setzen, die bereit, woran liegt es also? vorhandenen Potenziale zu nutzen. Vor allem, wenn man Mir sind solche Kleinkriege unverständlich, wo es wenige Möglichkeiten für die Entwicklung hat – und auch doch um die Entwicklung der Stadt und die Zukunft ihrer noch weiß, dass die Fördergelder von EU, Bund und Land Bürger geht. Andere Gemeinden würden die Stadt um ein zurückgehen werden. Darauf müssen sich alle Städte und solches bürgerschaftliches Engagement beneiden. Aber Gemeinden im Land einstellen – und sich viel mehr als bisher Engagement darf nicht bedeuten, dass es letztendlich zum auf ihre eigenen Kräfte besinnen und Schwerpunkte suchen. Stillstand kommt. In Goldberg könnte das vor allem eine gute und attrak- In Goldberg muss ein Kompromiss her. Die Stadt muss tive Wohnqualität in der Altstadt sein. Wir haben hier eine eine Lösung finden. Denn die zurückgehenden Fördermittel historische Stadtstruktur mit der gotischen Kirche, dem verlangen eine Konzentration auf „geeignete Zentren“, wie Rathaus und den Fachwerkhäusern – daraus hätte man es so schön im Landesraumentwicklungsprogramm heißt. längst etwas machen können. Wie viele andere Kommunen in Das heißt nicht, dass allein die Größe und Funktion als ähnlicher Lage zeigen, dass es durchaus möglich ist, von dem Zentralort für die einzelne Kommune entscheidend sind. allgemeinen Trend in die Innenstadt zu profitieren! Es geht vielmehr darum, die Kommunen besonders zu Und Goldberg hat auch seine touristischen Möglich- fördern, in denen das Geld „gut angelegt“ wird. In denen keiten nicht genutzt. Mitten in der Warnowregion, am Rand also die größte wirtschaftliche, städtebauliche und touristi- der Schwinzer Heide und der Sternberger Seenlandschaft sche Entwicklung zu erwarten ist. Zu den besonders geför- hätte man die Stadt als Tor zur mecklenburgischen Seenplatte derten Kommunen können auch kleine zählen. Hier ist die wunderbar touristisch entwickeln und vermarkten können! Frage, was Goldberg aus sich macht!

Das restaurierte Rathaus von Goldberg.

18 19 Rede Ilka Rohr

Meine Damen und Herren, wir sind hier, um hier Gemeinden, Städte, Kreise und Regionen Deutschlands Lösungen zu finden. Die Ergebnisse der Planerwerkstätten werden sich durch die demografischen Entwicklungen sind oft Entscheidungshilfen für die Gemeinden. Und ich von Grund auf wandeln. Die Veränderungen betreffen wünsche mir, dass Goldberg nach dieser Tagung die rich- alle kommunalen Bereiche, die wir mit Lebensqualität und tige Entscheidung für die Zukunft trifft. Es gilt, Schwung in Zukunftsfähigkeit verbinden: die Bude zu bringen, damit sich in Goldberg mehr tut als in • Schulen der Vergangenheit. • Regional- und Stadtplanung • Wohnungsmarkt Vielen Dank! • Wirtschaftsentwicklung • das Zusammenleben untereinander und Dr. Otto Ebnet • die Entwicklung der kommunalen Finanzen Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern Demografische Entwicklungen sind auf Generationen angelegt und brechen nicht plötzlich über ein Land herein. Sie haben eine lange Vorlaufzeit. Die Abnahme und Alte- rung der Bevölkerung in Deutschland hat schon vor über 30 Jahren begonnen. Seit den 70er Jahren liegt die Gebur- tenrate in Deutschland um ein Drittel unter dem Bestand- serhaltungsniveau. Jede Generation bringt folglich ein Drittel weniger potenzielle Mütter hervor. Bevölkerungsrückgang und Alterung sind somit unum- kehrbare Prozesse und werden die zukünftige gesellschaft- liche Entwicklung immer stärker kennzeichnen. In den letzten 15 Jahren haben die neuen Bundes- länder einen Bevölkerungsschwund bislang nicht gekannten Ausmaßes erlebt: zwei Millionen Menschen haben seit der Wende den Osten Deutschlands verlassen. Auch für die Zukunft wird eine Abwanderung auf hohem Niveau vorausgesagt. Mit dem Fortzug gut ausgebildeter

20 21 und mobiler Personengruppen gehen Zukunftspotenziale Ländliche Räume bieten ihren Bewohnern im Vergleich verloren – natürliches Bevölkerungswachstum genauso zu den Stadt-Umland-Räumen im Allgemeinen bessere wie Wirtschaftswachstum. Umweltbedingungen, einen hohen Freizeitwert, die Über- schaubarkeit des Lebensraums. Unter Berücksichtigung Infolge der Binnenwanderung werden beispielsweise in des ländlichen Charakters sind günstige Wohnungsange- den nächsten Jahrzehnten die Einwohnerzahlen gerade in bote zu entwickeln und das attraktive Wohnumfeld zu den Metropolregionen wachsen, während Kommunen in erhalten. strukturschwachen und ländlichen Räumen dramatisch Durch agrarstrukturelle Entwicklungsmaßnahmen schrumpfen. wie Flurneuordnung, Dorferneuerung und Ländlicher Wegebau ist die integrale Gesamtentwicklung der länd- Wie ist es bestellt um unseren ländlichen Raum? lichen Räume zu sichern und zu fördern. Zu den ländlichen Räumen gehören gemäß 3.1. Landes- Die künftige Entwicklung der ländlichen Räume raumentwicklungsprogramm (LEP M-V) alle außerhalb der erfolgt unter den Bedingungen des demografischen Stadt-Umland-Räume gelegenen Gemeinden. Die Wandels (Rückgang und Alterung der Bevölkerung, vgl. einzelnen Teilräume weisen größere Unterschiede unter- Kap. 1.3.) und zunehmender Knappheit öffentlicher Finanz- einander und zu den Stadt-Umland-Räumen bezüglich der mittel. Um einer weiteren Abwanderung entgegenzu- wirtschaftlichen Entwicklungspotenziale, infrastruktu- wirken, besteht der raumordnungspolitische Anspruch, die rellen Ausstattung und Siedlungsstruktur auf. Lebensqualität und damit die öffentliche Daseinsvorsorge Mit 86 % der Gesamtfläche, 60 % der Einwohner und 85 % auch unter diesen Gesichtspunkten zu sichern und damit der Gemeinden haben sie eine herausragende Bedeutung eine Zunahme der Unterschiede im Entwicklungsniveau zu für die Planungsregion. den Stadt-Umland-Räumen zu vermeiden. Ländliche Räume sind in Westmecklenburg gekenn- Der Sicherung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen zeichnet durch eine sehr geringe Bevölkerungsdichte mit sowie beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in den nur 41 EW/km² gegenüber 71 EW/km² der Region insge- flächengebundenen Wirtschaftsbereichen wie Land- und samt. Die Landgemeinden des ländlichen Raumes haben Forstwirtschaft und Fremdenverkehr kommt dabei eine im Durchschnitt lediglich 32 EW/km². Neben diesen rein wichtige Bedeutung zu. Allerdings bietet die Landwirt- ländlich geprägten Teilräumen gehören auch die größeren schaft aufgrund des agrarstrukturellen Wandels nur Städte Parchim, , , Grevesmühlen und begrenzt Arbeitsplätze. Eine zukunftsorientierte Entwick- zum ländlichen Raum. lung ist daher vorzugsweise auszurichten auf ausreichende

Die Mildenitz ist eine kaum beachtete, aber tragende Achse des Ortes

22 23 und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze in Handwerk und soll es in Grundzentren mindestens 600 Beschäftigte, 300 Gewerbe sowie im Dienstleistungssektor und in der Bewirt- Einpendler, 700 m² Verkaufsfläche im Lebensmitteleinzel- schaftung natürlicher Ressourcen (Energieerzeugung, handel, eine Bank- oder Sparkassenfiliale, einen praktizie- Rohstoffgewinnung). renden Arzt und eine Schule geben. Im Nahbereich müssen Mit dem neuen Landesraumentwicklungsprogramm mindestens 5.000 Einwohner leben. (LEP M-V) wurde im Zuge der Straffung des Zentralortesys- tems anstelle der bisherigen Fünfstufigkeit Auf der 25. Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbandes Westmecklenburg in 2005 wurden im • Oberzentrum Rahmen der Neuaufstellung des Regionalen Raumentwick- • Mittelzentrum lungsprogramms diese Grundzentren, Nahbereiche der • Mittelzentrum mit Teilfunktion zentralen Orte und Siedlungsschwerpunkte im ländlichen • Unterzentrum Raum ausgewiesen. Im Landkreis sind dies: • Ländlicher Zentralort Brüel, , Lübz, Plau, Sternberg und Goldberg nur noch eine Dreistufigkeit Für jedes Grundzentrum wurde ein Nahbereich festgelegt auf der Grundlage ihrer räumlichen funktionalen und sozi- • Oberzentrum oökonomischen Verflechtungen. • Mittelzentrum Nahbereich Goldberg: • Grundzentrum vorgegeben. • Diestelow • (SSP) Danach sind für Westmecklenburg als Oberzentrum die • Langenhagen Landeshauptstadt Schwerin und als Mittelzentrum die • Hansestadt Wismar sowie Parchim, Ludwigslust, Greves- • mühlen und Hagenow festgelegt. • Wendisch-Waren Für die Einstufung als Grundzentrum wurden Kriterien • (SSP) vorgegeben. Demzufolge müssen ein städtischer Sied- lungskern und in einer Zentralortgemeinde des ländlichen Zusammen haben sie 8.500 Einwohner. Raumes mindestens 2.000 Einwohner bzw. im Stadt- Umland 5.000 Einwohner vorhanden sein. Darüber hinaus

24 25 Die Stadt Goldberg hat für seinen Nahbereich eine wich- und hier die Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge tige Funktion zu erfüllen. Die Grundzentren sollen gemäß • technische und soziale Infrastruktur Landesentwicklungsprogramm M-V die Bevölkerung ihres • Bildung/Schulentwicklung/Berufliche Schulen Nahbereiches mit Leistungen des qualifizierten Grundbe- • Kultur und Sport darfes versorgen, als überörtlich bedeutsame Wirtschafts- • Gesundheit und Sozialwesen standorte gestärkt werden und Arbeitsplätze für die Bevöl- • soziale Dienste und Einrichtungen kerung des Nahbereiches bereitstellen. Die Anzahl der Zentralorte reduzierte sich damit in Dazu heißt es im Regionalen Raumentwicklungspro- Westmecklenburg von bisher 41 auf 27 (1 OZ, 5 MZ, 21 GZ). gramm: Die Landesregierung begründete das mit dem demogra- Die dauerhafte und flächendeckende Sicherung der fischen Wandel und der notwendigen Konzentration Grundversorgung mit Leistungen der Daseinsvorsorge aufgrund knapper werdender finanzieller Mittel. steht im Vordergrund der zukünftigen Entwicklung in den Gegenwärtig befindet sich das Regionale Raument- ländlichen Räumen und ist eine zentrale Herausforderung wicklungsprogramm der Planungsregion Westmeck- aus regionalpolitischer Sicht. lenburg in der Fortschreibung. Ein Teil der Fachkapitel ist Um die gleichwertigen Lebensbedingungen in allen bereits erarbeitet und in den Verbandsversammlungen Regionalteilen zu ermöglichen und die Standards öffent- auch verabschiedet. Einige stehen noch aus. Nach der licher Daseinsvorsorge auch in den dünner besiedelten Terminkette wird im Sommer der komplette Entwurf durch Räumen zu sichern, sind die regionalen Infrastrukturange- die Verbandsversammlung verabschiedet. Damit wird bote ggf. zu modifizieren. dann die Trägerbeteiligung eröffnet. Die Bewältigung von Anpassungsproblemen ist durch Und Sie können mir glauben ..., die demografische Entwick- neue, innovative Lösungen zu unterstützen und umzu- lung zieht sich wie ein roter Faden durch fast alle Fachka- setzen, die zu einer Aufrechterhaltung der infrastruktu- pitel hindurch. Ganz egal, ob das im ländlichen Raum rellen Versorgung und effizienteren Organisationsstruk- • der Erhalt und Sicherung seiner Funktion für die turen führen. Menschen Die Daseinsvorsorge wird sich zukünftig auf Kernfunk- • die Siedlungsentwicklung mit Vorgaben für die Eigen- tionen konzentrieren müssen. Dazu gehören Bildungsan- bedarfsentwicklung im Wohnungsbau oder in der Sied- gebote sowie Sicherstellung der medizinischen Versorgung lungsdichte ist oder die und der Erreichbarkeit – u.a. auch durch vermehrte Nutzung • Infrastrukturentwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechnolo-

26 27 gien. Deshalb kommt der Sicherung von leistungsfähigen höchste Priorität? Und was muss ganz konkret getan Landgemeinden und Siedlungsschwerpunkten eine beson- werden? dere Bedeutung zu. Insbesondere die zentralen Orte des • Wie können die Ideen und Potenziale der Bürger in die ländlichen Raumes. Kleinstädte müssen als Versorgungs- Entwicklung eingebracht werden? schwerpunkte und Impulsgeber für die regionale Entwick- Aus Sicht der Bertelsmann Stiftung müssen in den lung und Versorgung weiter gestärkt und gesichert folgenden fünf Handlungsfeldern vorausschauende und werden. langfristig orientierte Strategien etabliert werden: Das ist als Ziel der Regionalplanung leicht formuliert. Patentrezepte, die überall gleichermaßen Erfolg verspre- 1. Zukunftsorientierte Seniorenpolitik chen, gibt es nicht! als kommunale Querschnittsaufgabe, die von der Bau- Die jeweiligen Lösungsansätze müssen vielmehr vor und Verkehrsplanung bis zu Bildungs- und Gesundheits- Ort und in der Region gesucht werden. themen reicht. ñ aktive Einbeziehung in Planungsprozesse, um Akzeptanz Die Gestaltung des demografischen Wandels wird für zu gewinnen. Politik und Verwaltung in den Kommunen damit zu einer Die Aktivierung der Potenziale älterer Menschen wird dabei strategischen Daueraufgabe. besonders herausgestellt, die für das Gemeinwesen nutzbar gemacht werden können. Dabei stellen sich folgende Fragen: • Wie werden wir in unseren Städten mit immer weniger 2. Kinder- und jugendfreundliche Politik. Kinder- und Fami- Kindern und immer älteren Menschen leben? lienfreundlichkeit wird für die Kommunen mehr und mehr • Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem demogra- zum Standortfaktor. fischen Wandel für die Wohnraumversorgung, den ñ klares Bekenntnis zur Zielgruppe Finanzhaushalt, für Fragen des Städtebaus oder der Planung neuer Einzelhandelsprojekte? 3. Ausbalanciertes Infrastrukturmanagement. Die Bevölke- • Welche Strategien und Konzepte müssen in zentralen rungsstruktur verändert sich, Art und Umfang von neu zu kommunalen Politikfeldern, wie Bildung, Kinder- und schaffenden, zu erhaltenden oder anzupassenden Einrich- Familienfreundlichkeit oder Seniorenpolitik, entwickelt tungen müssen genau analysiert und auf die regionale und umgesetzt werden? Situation ausgerichtet werden. Regionale Kooperationen • Welche Handlungsfelder haben für die Kommunen die sind frühzeitig mitzudenken und zu realisieren.

28 29 4. Urbanität und Flächenentwicklung. Zentrale Aufgabe im Angesichts dieser Herausforderungen müssen im ersten demografischen Wandel ist es, die Flächenentwicklung Schritt die konkreten und absehbaren Entwicklungen vor aktiv zu steuern. Hier gilt es, dem Grundsatz „Innenent- Ort realistisch bewertet werden. Denn nur auf Basis wicklung geht vor Außenentwicklung“ zu folgen. Konkret fundierter Analysen können Entwicklungen erkannt und bedeutet das eine Begrenzung der Siedlungsentwicklung notwendige Weichenstellungen vorgenommen werden. außerhalb der Zentren und Investitionen in Erhalt und Ausbau der urbanen Zentren. Anfang 2000 hat es ein zweijähriges Forschungsprojekt So werden lebenswerte und lebendige Quartiere zu Stand- „Kleinstädte in Ostdeutschland – Welche Zukunft hat dieser ortfaktoren. Stadttyp?“ gegeben. Finanziert wurde das Projekt von der Fritz Thyssen 5. Sozialer Segregation entgegenwirken und aktive Inte- Stiftung und hatte zum Ziel, die Entwicklungsperspektiven grationspolitik betreiben. Hier geht es darum, eine sozial und Überlebensstrategien von Kleinstädten in Ostdeutsch- stabile und integrative Stadtpolitik zu etablieren. land zu untersuchen. Projektbegleitung: Parallel dazu: Prof. Dr. Hartmut Häußermann Zu den Handlungsempfehlungen hat die Bertelsmann Stif- Frau Dr. Christine Hannemann tung 15 Demografietypen in ganz Deutschland heraus- Humboldt-Universität Berlin gearbeitet. Arbeitsbereich Stadt- und Regionalsoziologie Diese Demografietypen/Cluster reichen von stabilen Städten im ländlichen Raum mit hohem Familienanteil bis In vier Untersuchungsschritten wurden im ausgewählten hin zu schrumpfenden Städten und Gemeinden mit hoher Untersuchungsgebiet (M-V/Brandenburg) aus 55 Klein- Abwanderung, aus denen sich je nach der konkreten Situa- städten vier ausgewählt: tion vor Ort unterschiedliche Handlungsempfehlungen Bad Wilsnack, Teterow, Angermünde, Goldberg. ergeben: ñ ich erinnere: kein Patentrezept U. a. wurden vier Untersuchungsfelder betrachtet: Impulse geben hier Modellversuche. Sie sind ein wich- • kulturelle und wirtschaftliche Tradition tiges Instrument, um neue innovative raumordnerische • regionale Bedeutung oder auch städtebauliche Handlungsansätze zu erproben. • Konstellation des lokalen Akteurssystem (Gruppe der Anders planen ñ neue unkonventionelle Wege beschreiten, Stadtaktiven) Normen in Frage stellen. • soziokulturelle Begabungen der Kleinstadtbevölkerung

30 31 Wichtige Erkenntnis: und „Heimatort“ (77,9 %) am häufigsten als „sehr zutref- Dass Impulse eher durch die Aktivierung eigener lokaler fend“ genannt. Dass die Stadt Heimat ist, steht außer Ressourcen als durch externe Effekte geschaffen werden Frage. könnten (gilt für eine Vielzahl von Städten mit der Prognose „Schrumpfstadt“). Für die Jugendlichen werden Identifikations- und Bindungs- faktoren jedoch nur sehr eingeschränkt wirksam. Aufgrund Auszug aus dem Untersuchungsergebnis: der wirtschaftlichen Situation müssen diese zunehmend Allen voraus gegangen war eine sehr lange Zeit der Orien- eine „Abwanderungsmentalität“ entwickeln. Dies bedeutet, tierungslosigkeit. dass diese Dimension dauerhaft geschwächt wird. Zusam- Kleinstadtspezifische Kulturen fördern die Hilfsbereit- menfassend zeigt sich, dass die Wirksamkeit soziokultu- schaft untereinander, was in der unmittelbaren Nachbar- reller Potenziale zum Teil bestätigt werden konnte. schaft, im Freundeskreis, beim Hausbau, Umzügen und In Hinsicht auf die ökonomische Wirkung der endo- gegenüber älteren Menschen zum Ausdruck kommt. Bei genen Potenziale, unterschieden nach den Untersuchungs- der Bewertung der Wichtigkeit von verschiedenen Lebens- städten, zeigte sich, dass die angenommenen in der bereichen stehen „Freunde und Bekannte“ mit 62,8 % an ökonomisch erfolgreichsten Stadt stärker positiv ausge- dritter Stelle und die „Verwandschaft“ mit 60,6 % an vierter prägt sind. Umgekehrt gilt: In der Untersuchungsstadt, in Position. der die wirtschaftliche Situation sich sehr negativ darstellt, Einen dritten Schwerpunkt bildet die Identifikation sind die untersuchten Dimensionen endogener Potenziale mit der eigenen Stadt, ihren (historischen) Gebäuden und am niedrigsten bewertet. ihrem Flair. Unabhängig von der konkreten wirtschaftlichen Situation sind hohe Bindungswerte vorhanden, auch wenn Perspektiven von Kleinstädten diese mit dem wirtschaftlichen Erfolg bzw. Misserfolg Die künftige Entwicklung von Kleinstädten hängt von zahl- korrespondieren. Insgesamt zeigt sich in allen Untersu- reichen Bedingungen ab. Dieses Bedingungsgefüge lässt chungsstädten eine hohe Lebenszufriedenheit: 38,2 % sich grob in die Wirkung von exogenen und endogenen leben, „außerordentlich“ in ihrer Stadt. Außerdem sind 26,2 Faktoren untergliedern. Dabei bestimmen generell % der Befragten „sehr stolz“ und 55,8 % „stolz“ auf die lange zunächst die exogenen Faktoren die drei grundsätzlich historische Tradition ihre Stadt. Mit deutlichem Abstand denkbaren Szenarien der Stadtentwicklung – Wachstum, werden von den acht Begriffen, die die Bedeutung der Stagnation oder Rückgang (Schrumpfung). jeweiligen Stadt charakterisieren sollten, „Wohnort“ (79,8 %)

Das Feuerwehrhaus in besseren ...... und schlechteren Zeiten.

32 33 Rede Gerd Wüster

Aus den Ergebnissen lässt sich kein generelles Zukunftssze- Meine sehr geehrte Damen und Herren, nario ableiten, weil die Verläufe im Einzelnen stark diffe- rieren. Über einen längeren historischen Zeitraum haben bevor ich mit meinem Vortrag beginne, möchte ich mich diese Städte einen anhaltenden funktionellen Bedeutungs- Ihnen kurz vorstellen: verlust erlitten. Offensichtlich charakterisiert eine dreifache Mein Name ist Gerd Wüster, ich bin der Leiter des hiesigen Marginalisierung diesen Stadttyp: während der Industriali- Bauamtes. sierung im 19. Jahrhundert, im Sozialismus im 20. Jahrhun- dert und der aktuelle wirtschaftliche Strukturabbau in Meinen Vortrag über die Einführung in die Ortsentwick- Ostdeutschland. Dadurch werden Kleinstädte an das untere lung habe ich in zwei Teile gegliedert. Ende der Städtehierarchie verwiesen. Es sind zwar zentralörtlich strukturierte Orte, jedoch zunehmend ohne Zunächst möchte ich Ihnen über die Entwicklung der Bevöl- zentrale Funktionen. Es gibt keinen funktionellen Grund kerungszahlen berichten. für ihre Existenz mehr. Dennoch: Sie existieren seit einem Nachweislich einer noch vorhandenen Urkunde verlieh langen Zeitraum und konnten deshalb schon zu einem Fürst Prisbislaw im Jahre 1248 Goldberg das Stadtrecht. Zeitpunkt eine „Kultur der Marginalisierung“ einüben, als Aus heutiger Sicht ist es für uns sicherlich schwer vorstellbar, urbane Rückbildungsprozesse für größere Städte noch ein wie Goldberg als „Stadt“ 1248 aussah. Es ist nicht überlie- undenkbarer Stadtentwicklungspfad waren. fert, wie viele Einwohner es zu diesem Zeitpunkt gab, wie sich die Stadtgründung vollzog, wo die Häuser standen Ilka Rohr und ob bereits befestigte Wege vorhanden waren. Erst in den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts wurde eine Kirche im gotischen Stil erbaut. 1359 gab es in Gold- berg bereits zehn Ratsmänner, darunter Johann der Kürschner und Jakob der Schuster. Dieser Verweis auf vorhandenes Handwerk deutet auf ein merkliches Anwachsen der Stadt hin. Mitte des 16. Jahrhunderts wird von etwa 500 Einwohnern gesprochen, zu dieser Zeit sicherlich eine beachtliche Zahl. Der Abschied von 1570 (damalige Bezeichnung für eine

Der Glanz vergangener Jahre: Fabrikantenvillen am ehemaligen Bahnhof

34 35 Stadtordnung) macht auf ein vielfältiges Leben in Goldberg Zuspruch die Gäste aus, so dass Goldberg letztlich auch aufmerksam. nicht die Anerkennung als „Bad“ erreichen konnte. In der Entwicklung der Einwohnerzahlen gab es, bedingt In der Zeit des damaligen Aufschwungs entstanden einige durch Krankheiten, Epidemien und Kriege, ein ständiges öffentliche und kommunale Gebäude (Rathaus, Schule, Auf und Ab. Armenhaus, jüdische Synagoge). 1630 zählte Goldberg nur 350 Einwohner, 1649 – ein Jahr Allgemeine Entwicklungstendenzen des 19. Jahrhunderts nach dem Dreißigjährigen Krieg – finden wir in den Unter- haben ihren Einfluss auch auf das Gesicht der Stadt Gold- lagen nur noch 139 Personen verzeichnet. berg ausgeübt. Die wenigen Kinder, die hierzu zählten, waren ein bedeu- Zu nennen sind hier der Bau von Überlandstraßen nach tender Grund dafür, dass in den folgenden Jahrzehnten nur Lübz, Güstrow, Karow und Crivitz sowie der Fortschritt im ein langsamer Anstieg der Einwohnerzahl festzustellen Post- und Telegrafenwesen. war. Um die Jahrhundertwende lebten in Goldberg knapp 3.000 Es vergingen weitere 150 Jahre, bis in Goldberg eine Einwohner. Ende des Jahres 1932 war die Zahl auf 3.237 sprunghafte Bevölkerungsentwicklung stattfand. angewachsen. Um 1800 konnte die Stadt auf rund 1.000 Einwohner Bedingt durch die verheerenden Auswirkungen des verweisen. 1819 waren es bereits 1.621, 1830 2.083 und Zweiten Weltkrieges, die auch mit der Flucht vieler 1850 2.579. Menschen nach Goldberg verbunden waren, hatte unsere Einen Einschnitt erfuhr die Bevölkerungsentwicklung mit Stadt 1948 5.138 Einwohner, darunter eine nicht geringe der Choleraepidemie im Jahr 1859, der 311 Personen (= 12 Anzahl an Umsiedlern. % der Einwohner) zum Opfer fielen. Die höchste Einwohnerzahl Goldbergs wird im Jahr 1976 Ursächlich für den sich dann einstellenden plötzlichen mit 5.500 angegeben. Anstieg der Bevölkerungszahl war die Entdeckung der so Seit der Wende ist jedoch ein drastischer Rückgang der genannten „Stahlquelle“ und der damit verbundenen Einwohnerzahlen zu verzeichnen. Folgeerscheinungen, die sich in der Bautätigkeit, der Die Bevölkerungsentwicklung verlief, bedingt durch den weiteren Zunahme von Handwerks- und Handelsbetrieben Verlust vieler Arbeitsplätze und den damit einhergehenden sowie im öffentlichen und gesellschaftlichen Leben der Fortzug zahlreicher Menschen, ähnlich wie Ende des 19. Stadt niederschlugen. Jahrhunderts. Die weiteren Entwicklungserwartungen in der Stadt waren Heute beträgt die Einwohnerzahl Goldbergs 3.550. nun sehr hoch. Jedoch blieben nach anfänglichem

36 37 Nach diesem Rückblick auf die Entwicklung der Einwohner- Es liegen uns viele Unterlagen über die bauliche Entwick- zahlen möchte ich Ihnen nun die städtebauliche Entwick- lung der Stadt vor, wie zum Beispiel Stadtpläne aus lung aufzeigen. verschiedenen Jahrhunderten. So wurden in einem Stadt- Wie bereits erwähnt, zählt Goldberg zu den Städten in plan aus dem Jahr 1830 bereits ca. 300 Häuser dargestellt. Mecklenburg, die als eine der älteren bezeichnet werden Nach den Zerstörungen wurde die Stadt stets wieder auf kann. Demzufolge wird die Stadt in der Landesgeschichte dem bis heute gut erhaltenen mittelalterlichen Grundriss immer wieder zu unterschiedlichen Gegebenheiten aufgebaut. Dieser Grundriss einschließlich der Wallanlage genannt. – Sie sehen ihn hier auf dem Luftbild – ist nach wie vor Eine bedeutende Rolle in der Stadtentwicklung spielte die prägend für die Baustruktur und das Erscheinungsbild ursprüngliche Abhängigkeit und die örtliche Nähe sowie unserer ehemaligen Ackerbürgerstadt. die damit verbundene Beziehung zum Kloster Dobbertin. An den drei parallel in Süd-Nord-Richtung verlaufenden Das Kloster sah sich mit der Entwicklung Goldbergs in Straßen, die durch kleine Straßen und Gassen miteinander seiner Machtausübung eingeschränkt. Viele Auseinander- verbunden sind, entstand eine überwiegend kleinteilige setzungen vermerken die Unterlagen aus vergangenen Bebauung. Zeiten. Von Angriffen und Zerstörungen blieb Goldberg in den Wie in anderen vergleichbaren Städten beiden Weltkriegen weitgehend verschont. Allerdings lassen sich auch heute noch Gebäude aus zurückliegenden mussten nach dem Zweiten Weltkrieg für Bombenopfer Jahrhunderten nachweisen. aus Hamburg Behelfsheime gebaut werden, in denen auf Nur wenige dieser alten Gebäude stehen noch im ursprüng- engstem Raum jeweils zwei Familien wohnten. lichen Zustand und vermitteln uns ein Bild, eine Vorstel- Bereits in den 40er Jahren entstand auf dem Rummelsberg lung vom Geschehen in der Stadt. eine Eigenheimsiedlung. 1948 waren ein Kleiderwerk, ein Viele Brände, besonders der vom 8. September 1727, haben neues Torfwerk, zwei Maschinenwerke und zwei Säge- der Stadt sehr zugesetzt. Erhalten blieben seinerzeit nur werke mit Zimmerei und Tischlerei in Betrieb. die Kirche und einige Gebäude am Kirchplatz sowie das Durch den erwähnten Anstieg der Bevölkerungszahlen war Amtsgebäude und die Häuser, die sich am Stadtrand ein erheblicher Bedarf an Wohnraum zu verzeichnen. befanden. Nach der Gründung der Arbeiterwohnungsbaugenossen- Ein Zeitzeugnis, das von allen Unbillen verschont geblieben schaft 1957 begann der Bau neuer Wohnungen in Mehrfa- ist und nach wie vor beeindruckt, ist unser Heimatmuseum, milienhäusern im Norden der Stadt. eine ehemalige Wassermühle an der Mildenitz. Die ersten Wohnblöcke wurden 1963 fertig gestellt.

38 39 Weiterhin entstanden in den 60er Jahren Eigenheime am Sanierungen im Altstadtbereich geschaffen wurden. Müllerweg und in der Fritz-Reuter-Straße. In der Anfangsphase stellten jedoch die noch vielfach anzu- 1963 wurde Goldberg zur Garnisonsstadt. Mit dem Bau der treffenden ungeklärten Eigentumsverhältnisse ein großes Artur-Becker-Kaserne westlich des Goldberger Sees ging Investitionshemmnis dar. Diese standen insofern dem einher, dass die Armee zum Hauptarbeitgeber in der Region Einsatz von Städtebauförderungsmitteln für Gebäudesa- wurde. nierungen entgegen. Nach der politischen Wende und der damit verbundenen Vor diesem Hintergrund positionierte sich die Stadt dann Auflösung des Standortes übernahm die Stadt und die dahingehend, zunächst vordringlich die Sanierung der städtische Wohnungsgesellschaft 1993 die ehemals zur öffentlichen Erschließungsanlagen voranzutreiben. Kaserne gehörenden 348 Wohnungen vom Bundesvermö- Dies führte dazu, dass in enger Zusammenarbeit mit dem gensamt. Wasser- und Abwasserzweckverband Parchim-Lübz bereits Bereits zu Beginn der 90er Jahre erfolgte die Planung und im Jahre 2005 die Erneuerung der Straßen, und zwar Realisierung eines Gewerbegebietes im Südwesten der einschließlich der Herstellung der Schmutz- und Regen- Stadt. wasserkanalisation, weitestgehend abgeschlossen werden Wie in vielen anderen Gemeinden des Landes auch, blieb konnte. jedoch der Erfolg der Bemühungen um die Ansiedlung von Parallel zu der beginnenden Sanierung im Altstadtbereich produzierendem Gewerbe bis heute weit hinter den hoch wurde in den Jahren 1994/1995 für einen Bereich westlich gesteckten Erwartungen zurück. der Plattenbausiedlung ein Bebauungsplan aufgestellt, um Nach 1990 wurde die Stadtsanierung als wichtiges Ziel dem Bedarf an Eigenheimstandorten entsprechen zu angesehen. Da zu DDR-Zeiten die Schaffung von neuem können. Dort sind bislang 32 Einfamilienhäuser gebaut Wohnraum Priorität hatte, wurde im historischen Stadtkern worden. kaum saniert. Untrennbar mit der Stadtentwicklung ist zu nennen, dass Der Sanierungsprozess begann 1991 mit der Aufnahme in Baumaßnahmen des Diakonievereins Kloster Dobbertin in das Städtebauförderungsprogramm. Ein Verkehrs- und ein den vergangenen Jahren zu einer erheblichen Verbesse- Grünordnungsplan wurden erarbeitet. rung in der Betreuung und Versorgung Behinderter und Nach der Festlegung des Sanierungsgebietes erfolgte eine Senioren, verbunden mit einer Belebung der Altstadt, Rahmenplanung. Hieran schlossen sich der Erlass von führten. Sanierungs- sowie Erhaltungs- und Gestaltungssatzung an, So wurde im Jahr 1996 das neu gebaute Altenpflegeheim in mit denen die rechtlichen Grundlagen für die beginnenden der Schulstraße eröffnet, im Jahr 2003 ein Pflegeheim für

40 41 mehrfach Schwerstbehinderte in der Nähe des Goldberger betrachtet werden kann. Sees errichtet und im vergangenen Jahr der Um- und Gleichwohl bekennt sich die Stadt uneingeschränkt dazu, Neubau von vier Gebäuden mit 24 altengerechten dass die siedlungsgeschichtlichen und kulturellen Wurzeln Wohnungen hier am Schützenplatz abgeschlossen. im Altstadtbereich liegen. Die Verantwortung für den Erhalt dieser Wurzeln, die Abschließend möchte ich im Hinblick auf die weitere gleichzeitig auch die Identität der Stadt bestimmen, wird Entwicklung der Stadt noch auf die folgenden beiden erkannt und wahrgenommen und hat ihren Niederschlag Punkte hinweisen: in der Ende des vergangenen Jahres abgeschlossenen Fort- So hat sich zum einen als grundsätzliches Problem heraus- schreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes gestellt, dass in den letzten Jahren die Leerstände bei gefunden. privaten und kommunalen Gebäuden, insbesondere im Der zweite Punkt, mit dem große Hoffnungen auf eine Sanierungsgebiet, zugenommen haben. positive Entwicklung der Gesamtstadt verbunden sind, ist Sicherlich ist als ein Grund dafür anzusehen, dass ca. 85 die zurzeit in der Planungsphase des Raumordnungsver- Gebäude im Bereich der Altstadt als Denkmal in der Denk- fahrens befindliche Entwicklung eines Freizeitparks auf malschutzliste enthalten sind. Dieser Schutzstatus hat sich dem Gelände des ehemaligen Kasernenstandortes. in der Vergangenheit mehrfach als Hinderungsgrund bei Der aktuelle Stand dieser Planung gibt Anlass dazu, hoff- Verkäufen unsanierter Gebäude erwiesen. nungsfroh den nächsten Jahren entgegenzusehen. Dies Ein weiterer Leerstandsgrund ist, dass die zur Verfügung insbesondere vor dem Hintergrund der Schaffung von stehenden Städtebauförderungsmittel bei weitem nicht dringend benötigten Arbeitsplätzen und den damit ausreichen, um die Eigentümer finanziell in die Lage zu verbundenen Folgeerscheinungen. versetzen, die notwendigen Sanierungen vorzunehmen. Dem gegenüber steht der positive Trend, dass moderni- In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und uns durch die sierte Wohnungen im Stadtkern im Allgemeinen gut zu heutige und morgige Veranstaltung zukunftsorientierte vermieten sind. Dies geht bei insgesamt zurückgehenden Ergebnisse. Einwohnerzahlen allerdings zu Lasten des Wohnungsbe- standes im sanierten Geschosswohnungsbau. Gerd Wüster Vor diesem Hintergrund herrscht innerhalb der Stadt Gold- berg Einvernehmen darüber, dass die Entwicklung in der Altstadt und im Neubaugebiet nicht voneinander getrennt

42 43 Rede Wolfgang Kröber

Historische Entwicklung der Ackerbürgerstädte aus zumindest historische Strukturen überliefert worden sind. Sicht der Denkmalpflege Es ließe sich auch grafisch darstellen, wo es in welcher Massierung bauliche Substanz aus welcher Entstehungs- Sehr geehrte Damen und Herren, zeit gibt. So könnte man – theoretisch – mit einem umfang- reichen Kartenwerk in verschiedenen Maßstäben die histo- zunächst bitte ich um Nachsicht dafür, dass ich den in der rische Entwicklung des Landes, der Regionen, der Kreise, Einladung ausgedruckten Titel, unter dem meine Bemer- der Städte und Dörfer und die noch vorhandenen histo- kungen stehen, eigenmächtig interpretiert habe, und mich rischen Strukturen und baulichen Anlagen, die gesamte mehr zur denkmalpflegerischen Sicht auf die kleinen Städte denkmalpflegerisch relevante, historische Überlieferung als zur Sicht auf deren Geschichte äußern werde. darstellen, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse Die Sicht der Denkmalpflege auf ihren Gegenstand, besteht, und über deren Erhaltung, Veränderung, Vernich- auf ihre Gegenstände, gibt es nicht, wie in vielen anderen tung zu reden, zu diskutieren, zu streiten wäre, da das Disziplinen auch - gibt es Sichten. denkmalpflegerische Interesse ja bekanntlich nicht das Z. B. die Sicht vom Besonderen ins Allgemeine oder die einzige ist, auf das wir im Leben stoßen. Sicht vom Allgemeinen ins Besondere. Ein solches Kartenwerk wäre zu umfangreich, um es hier zu Beide Sichtweisen schließen sich selbstverständlich nicht zeigen. Außerdem haben wir keines – wünschenswert wäre es. aus. Sie haben ihre Spezifika und rücken jeweils bestimmte Aspekte in den Vordergrund. Aber auch schon diese Prinzipskizze mit der Lokalisierung Vom Allgemeinen ins Besondere gehend kann man der mittelalterlichen Stadtgründungen verdeutlicht mit einem Blick auf Mecklenburg-Vorpommern beginnen einiges, worum es der Denkmalpflege geht. – mit einer Karte. • Mecklenburg und Vorpommern, bekannt als landwirt- Stellen Sie sich bitte eine Karte aus einem Autoatlas schaftliche Gegenden, sind von Anfang an flächende- vor. Ein denkmalpflegerisches Interesse an Mecklenburg- ckend auch städtisch geprägt. Es sind auf dem Territo- Vorpommern weckt eine solche Karte nicht. Das wäre rium von Mecklenburg-Vorpommern im Mittelalter ca. schon anders, wären etwa Straßen, die 800 Jahre alte Wege- 50 Städte gegründet worden. verbindungen sind, 200 Jahre alt sind oder erst zehn oder • Diese Städte existieren alle heute noch. fünf Jahre, farblich jeweils anders dargestellt, ebenso die • Bis heute sind sie es, die das Gerüst der Siedlungs- Jahrhunderte der Stadtgründungen farblich unterschieden. struktur bilden. Dann wäre sofort klar, dass in Mecklenburg-Vorpommern

44 45 Die allermeisten dieser Städte sind in ihren mittelalter- Waren-Müritz erwähnt – der nördliche Teil der Stadt ist in lichen Kernen klein. In anderen Gegenden haben Dörfer den 70er Jahren der Eisenbahn und einer Straße zum Opfer größere Ausdehnungen und auch mehr Einwohner. Relativ gefallen.) große Städte finden wir an der Küste – die Hansestädte: In den unzerstörten Städten sind die mittelalterlichen Wismar, , Stralsund, Greifswald. Relativ groß sind Grundrisse noch zum überwiegenden Teil erhalten, weit- beispielsweise auch die Stadtkerne von Neubrandenburg gehend auch die Maßstäblichkeit der Bebauung, mit der und Güstrow. Kirche als dem dominierenden und weit in die Landschaft Die Frage, ob es sich bei den kleinen Städten um ehemalige hinein wirkenden Bau. Ackerbürgerstädte handelt, ist eine Definitionsfrage. Wird Bausubstanz finden wir aus allen Epochen seit der Grün- eine Ackerbürgerstadt als eine Stadt definiert, die haupt- dung. Das Äußere der Gebäude ist insgesamt gesehen, vor sächlich durch die Landwirtschaft geprägt ist und von ihr allem vom 18. und 19. Jahrhundert geprägt, aber nicht lebt, sind zumindest die mecklenburgischen Kleinstädte ausschließlich. keine Ackerbürgerstädte gewesen. Die städtische Sozial- Diese Städte waren und sind, wie alle Städte, nie fertig; die struktur war vielfältiger, und rechtlich konnten Bauern Geschichte, und als einer ihrer Teile, die Baugeschichte, nicht Bürger einer Stadt werden. Andererseits gehörte zu ging und geht weiter. jedem städtischen Hausgrundstück bis ins 19. Jahrhundert Die Stadt als gebaute räumliche Umwelt und die Stadt als hinein ein Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche Gemeinwesen haben sich in wechselseitiger Abhängigkeit der Stadtfeldmark, der im Nebenerwerb bewirtschaftet entwickelt, stets auch beeinflusst von außen. So haben oder verpachtet wurde. Die Landwirtschaft spielte für das etwa Herrschaftsverhältnisse, politische Abhängigkeiten, städtische Leben eine Rolle, aber überwiegend von der Handel und Handwerk, Wohlstand oder wirtschaftlicher Landwirtschaft lebten diese Städte nicht. Niedergang, Verteidigungserfordernisse und Kriegseinwir- Seien es nun Ackerbürgerstädte gewesen oder nicht – sie kungen, Stadtbrände, Änderungen der Produktionsweise, existieren, wie gesagt, noch immer. Bevölkerungswachstum oder -rückgang, die Verände- Einige, vor allem im Osten, haben schwere Kriegsschäden rungen in den sozialen Differenzierungen, die Entwicklung davongetragen: Pasewalk, Anklam, Strasburg, , des Verkehrs und der technischen Infrastruktur, Ände- Malchin, Demmin. Diese Städte zu besuchen, kann helfen rungen der ästhetischen und städtebaulichen Anschau- zu ermessen, welcher Schatz die unzerstörten Städte für ungen und die sich wandelnden Vorstellungen vom Sinn Mecklenburg-Vorpommern sind. der Stadt ihre bauliche Gestalt beeinflusst und in der (Der Vollständigkeit halber sei die Sonderstellung von Geschichte verändert.

46 47 Die Städte haben einiges hinter sich, und sie haben sich tenden Altstadtkern zöge, bis Bevölkerungszahl und behauptet. Dies ist – und ich sage das ohne Ironie, in allem gebaute räumliche Umwelt wieder im Einklang stünden. Ernst – eine einfache und gerade deshalb erbauliche Wir alle wissen freilich, dass das so einfach nicht funktio- Erkenntnis. niert. Erstaunlich ist, wie der stets existierende Widerspruch Die Gründe dafür sind vielfältig. zwischen der Langlebigkeit des Gebauten und der Dynamik Sie kennen derer sicherlich mehr als ich, und Sie kennen der gesellschaftlichen Entwicklung jahrhundertelang im auch die Zusammenhänge besser. System gelöst wurde, wie wenige städtebauliche und archi- Gestatten Sie mir bitte trotzdem ein paar Überlegungen: tektonische Brüche diese Stadtkerne erfahren haben. Jahr- • Wirtschaftliche Gründe sind, gerade in unserer Zeit, oft hundertelang wurde eine Form der Stadtentwicklung nicht besonders langlebig. betrieben, die wir heute Stadterhaltung nennen. Dafür • Was wirtschaftlich ist, lässt sich in Bezug auf die Stadt können wir dankbar sein. nicht allein im Konkreten bestimmen. Auch hier gibt es Einige mecklenburgische Klein- oder Ackerbürger- wenigstens zwei Sichten. Die vom Besonderen aufs städte möchte ich Ihnen nun als Skizzen im gleichen Allgemeine und die vom Allgemeinen ins Besondere Maßstab zeigen, ungefähr in ihrer Ausdehnung in der hinein. Es gibt nicht nur privatwirtschaftliche und ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, also vor den Stadterwei- kommunalwirtschaftliche temporäre Verhältnisse, es terungen, die mit dem Einzug des technischen Fortschritts gibt auch volkswirtschaftliche und langfristige. in Mecklenburg und den damit verbundenen wirtschaft- • Wir sind heute, anders als früher, in der Lage, friedlich lichen und sozialen Wandlungen zusammenhängen. binnen kurzem zu zerstören, was in Jahrhunderten Und danach als Luftbild, also als heutiges Bild. entstanden ist. Gerade deshalb ist unsere Verantwor- Städte zum Vergleich: Güstrow, Wismar, Rostock tung für die Zukunft größer als die früheren Generati- Jetzt Goldberg in einem anderen Maßstab onen. BILD (Goldberg, heutige Ausdehnung) • Bund, Länder und Gemeinden haben seit der Wieder- Der mittelalterliche Stadtkern und die heutige bauliche vereinigung eine Menge Geld ausgegeben, um gleich- Ausdehnung. zeitig das historische bauliche Erbe zu erhalten und die Anhand dieser Skizze ließe sich das Problem der regionale Wirtschaft anzukurbeln. Die Erfolge dieser abnehmenden Bevölkerungszahl grafisch auf einfache Politik sind unübersehbar, und sie sind hinsichtlich des Weise lösen, indem man den roten Strich so eng um den kurzen Zeitraumes und in ihrer Flächendeckung ohne aus denkmalpflegerischen Gründen unbedingt zu erhal- Beispiel.

48 49 • Wir dürfen das bisher Geleistete nicht zerstören, indem fordern und somit einer segensreichen städtischen wir den nun schwieriger, steiler, unbequemer Entwicklung im Wege stehen. Nach meiner Anschauung werdenden Weg der Erhaltung des Erhaltenswerten sind die Probleme, die zu solchen Missverständnissen verlassen. (Die einst in jedem halbwegs guten Reise- führen können, zumeist viel komplexerer Natur. führer gelobte Stadt Weißenfels ist nicht ohne Grund ins Wenn Entscheidungen anstehen, ist es oft nötig, sich Gerede gekommen. Selbst in renommierten Blättern über eine Hierarchie der Einzelaspekte zu verständigen. wie der FAZ und der ZEIT wird beklagt, wie diese Stadt Ich lehne mich jetzt einmal weit aus dem Fenster, um eine selbstverschuldet ihre historische Mitte verliert und denkmalpflegerische Generallinie für die kleinen Städte zu wohl bald in den Reiseführern weniger lobend formulieren, in Form einer Prioritätenliste: vorkommen wird.) 1. Erhaltung des Stadtgrundrisses (Hierbei spielen übri- gens die „Ecken“ eine entscheidende Rolle. Vernünftige Es ist eine Tatsache, dass man einerseits die Erhaltung der Lösungen sind oft nur durch eine weit vorausschauende historischen Altstadtkerne für absolut notwendig halten Grundstückspolitik möglich.) und Erhaltung der kann, andererseits lieber dort nicht lebt. Maßstäblichkeit, das heißt Erhaltung einer äußerst Die Altstadtkerne zu erhalten setzt also voraus, sie den bedeutsamen und für Mecklenburg-Vorpommern Ansprüchen ihrer Bewohner und ihrer potenziellen typischen Existenzform der so genannten „europäischen Bewohner anzupassen. Das heißt, die historische Kontinu- Stadt“. ität der Anpassung des Gebauten im System fortzusetzen, 2. Erhaltung der Bausubstanz, vor allem der Substanz der wie das jahrhundertelang geschehen ist. Baudenkmale. Das ist nicht allein eine stadtplanerische Aufgabe, sondern 3. Erhaltung der Möglichkeit späterer Stadtreparatur. Die eine Aufgabe, die von der Landesplanung über die Regio- Stadt ist, wie gesagt, nie fertig. nalplanung, die Verkehrsplanung und der Stadtentwick- lungspolitik, zu der Städtebau und Architektur auch Und noch eine Anmerkung: gehören, aber keineswegs allein, zu leisten ist. Was aus den Stadtkernen wird, entscheidet sich nicht nur Die Denkmalpflege möchte diesen Prozess gern begleiten. durch das, was in ihnen geschieht und was für sie geplant Bei unseren Partnern besteht gelegentlich die Vorstellung, wird. wir würden das Große und Ganze nicht erkennen und die Erhaltung von diesem oder jenem, aus diesem oder jenem Wolfgang Kröber Grunde problematischen Gebäude auf „Teufel komm raus“

50 51 Konzept Arbeitsgruppe A Ergebnisse Arbeitsgruppe A

Entwicklungsstrategie – Die Stadt zwischen den Seen… grundsätzliche Fragen der Innenstadtentwicklung 1 Thema 1 Entwicklung der Baustrukturen in „ausgedünnten“ Kleinstädten Stärkung und Entwicklung stadträumlicher Strukturen als flankierende bzw. nachgeordnete Maßnahmen der Innen- Fragestellungen: Rolle der Nebengebäude, können diese stadtentwicklung… eine neue Nutzung erhalten? Ist die Erhaltung jedes Stra- ßenraumes möglich? Ist die Aufgabe bestimmter überkom- Slogan / Logo (allgemein, Zielgruppe: Touristen): mender Strukturen denkbar, auch wenn keine Funktionen „Goldberg – Stadt zwischen den Seen“ mehr für sie da sind ? Slogan (als Marketingsatz für das „Monatsfest“): 2 Entdichtung als Chance “Stadt der drei Lügen: …in Goldberg ist nichts los, Fragestellungen: Kann eine partielle Aufhebung der Stadt- in Goldberg kann man nicht einkaufen, struktur Überlebenschancen brigen? Schaffen mehr Grün- in Goldberg brummt der Verkehr“ züge in der Altstadt eine neue Lebensqualität, oder ent- …besuchen Sie Goldberg jeden ersten Samstag im steht die Stadtrandsiedlung in der Altstadt? Wasser in der Monat“ Stadt – ein besonderes Element?..... Slogan / Logo (Stadtmarketing, Zielgruppe: 3 Schaffung neuer Räume, neuer Plätze Bau- bzw. Sanierungswillige, Gewerbetreibende) Goldenes Hufeisen (Stadtgrundriss), Fragestellungen: Ist es möglich, die Stadtstruktur, die in “Goldberg macht glücklich“ den letzten 700 (mittelalterliche Prägung) oder 130 (grün- derzeitliche Verdichtung) Jahren entstanden ist, zu verän- dern; wie weit kann man dabei gehen, was bleibt authen- tisch, was kann benutzt bleiben…?

Ein Teil der Arbeitsgruppe A tagt. Architekt Axel Kaun.

52 53 2 Wegbeziehungen und räumliche Vernetzung Verknüpfung der Seen über Naturweg • Weg an der Mildenitz von See zu See mit Anbindung Straßenverkehr „Rastplatz Feuerwehrhaus“

Lange Straße als Hauptader stärken Rundweg Goldberger See a) temporär, kurzfristig realisierbar: Vollsperrung zum • als „Naturerlebnispfad mit Einbindung Badeplatz, Pfle- Monatsfest (z. B. erster Samstag je Monat oder Verknüp- geheim, „Westernstadt“ (warum nicht Westernstadt mit fung mit Behördensprechtagen Di o. Do) Goldgräberberg ?). Ergänzend: Abzweig Draisinenstre- b) vollzeitlich, mittelfristig realisierbar: Tempo 30 und Sper- cke als Verbindung Goldberg – Westernstadt. rung für Schwerlastverkehr (weil Gefährdung Bausubs- tanz, Lärm für Anwohner) Innerstädtischer Rundweg „Hufeisen“ c) vollzeitlich, langfristig: Einbahnstraße mit Längsparker • als „Stadterlebnispfad“…….. (Kurzzeitparker) und teilw. breiterem Gehweg mit Auf- enthaltsqualität / nah liegende Ortsumgehung für 3 Übergeordnete räumliche Strukturen Gegenrichtung. Bushaltestellen: ehem. Feuerwehrhaus, Rathaus (!), Drai- keine großen Baumaßnahmen oder Flächenabriss realistisch sinenhaltestelle / Parkplätze oder sinnvoll. Wohnen, Arbeiten, Gewerbe in der Stadt stärken.

Rad- und Fußwegenetz Lange Straße ist (bauliches) Rückgrat der Stadt a) Jedes erhaltene Gebäude hilft der Stadt, schafft Identität Verknüpfung der Seen mit wichtigen baulichen und kultu- und erhält den Charakter. (Deshalb: Initialzündung rellen Strukturen über Stadtweg durch • im Osten Anbindung an den Goldberger See im Bereich „temporäre Ladennutzung“ und zeitweise Verkehrsum- Sportplatz, Schulstraße, innerstädtisch über Schützen- leitung), platz, Schulstraße, Rathaushof, vorbei an der Kirche, b) Lange Straße durch max. 1 bis 2 kleine Öffnungen attrak- Anbindung im Westen an den Dobbertiner See / Fähre tiver gestalten durch öffentliche Rückzugsbereiche. Bei- nach Dobbertin. spiel: neuer Rathaushof mit Marktplatzfunktion, „Bürger- halle“ mit Cafe (ehem. Telekomhalle / Tankstelle als über- dachter Stadtraum bestens geeignet!), Freiluftsitzplatz

Ein anderer Teil der Arbeitsgruppe A tagt. Die viel befahrene B192 im Ortskern von Goldberg.

54 55 mit Grün….. nen. Es entstehen begrünte, private Höfe. c) Zur langfristigen attraktiven Gewerbe- und Wohnnut- Eingangssituation zur Altstadt stärken zung der „Vorderhäuser“ an der Langen Straße: Abbruch a) Eingang Nord: Bereich ehemaliges Feuerwehrhaus mit bzw. Entkernung von angrenzender Hofbebauung zulas- neuer Bushaltestelle, Biergarten, Wasserwanderrast- sen und private grüne Höfe schaffen… platz, Bootshäusern. b) Eingang Süd: Bereich Draisinenhalt mit neuer Bushalte- stelle, Zugang zu den Stadtparkplätzen (neu: Parken am Blockdurchwegung Rathauspassage ehem. Bahnhof).

Wichtige Orte in der Stadt verbinden • Schützenplatz, Rathaus, („Bürgerhalle“), Kirche, „Bürger- halle“, ggf. ehem. Badehaus, …

Die Mildenitz soll städtebaulich aufgewertet werden.

Hofbebauung (innerhalb der Quartiere) • Erhalten von höherwertigen, festen Hofhäusern und umnutzen. „kleines Hofhaus = kleine Wohnung“ mit besonderer Qualität. Baracken und Verschläge entfer-

56 57 4 Räumliche Strukturen im Detail ehemaliges Feuerwehrhaus mit Touristeninfo • Ehem. Feuerwehrhaus nimmt öffentliche Nutzungen wie Stärken, Erlebbarmachen und Verknüpfen vorhandener Touristeninfo, Toiletten, Fahrradboxen auf Stadträume sowie Intensivieren durch kleine, wirksame • Platz fungiert als Bushaltestelle mit Infotafel ausgestat- Interventionen. tet, lockere Baumpflanzungen • Grünzug an der Mildenitz verbindet Touristeninfo mit Darstellung besonderer Orte Museum • Weg an der Mildenitz, Bootsanlegestelle mit Picknick- Hofgarten am Rathaus standort • Bauliche Fassung des Quartiers (Gebäude, Mauer), kein Abriss Südlicher Stadteingang • Kleine Öffnungen für Durchwegung, Baumraster zeich- • Einrichtung Bushaltestelle, Draisinenhaltestelle mit net Gebäudekanten nach Abstellmöglichkeit • Platzflächen für Rathaus und Bürgerhaus mit öffentlichen • Gestaltung eines schlichten Platzes Nutzungen wie Markt, private und öffentliche Feste (Bür- gerhaus kann als Veranstaltungsraum genutzt werden) Verbindungswege • Parkmöglichkeiten für Besucher, Behindertenparkplatz zwischen Plätzen und wichtigen Gebäuden • Fahrradabstellmöglichkeiten • einheitliche Stadtmöblierung • Bänke • Kleine Aufweitungen werden mit Bänken ausgestattet Nördlicher Altstadteingang: Quartiere • geschlossene Blockrandbebauung bleibt erhalten Hofgarten Rathaus • Gebäude entlang der Langen Straße haben zum Hof hin- aus grüne Parzellen • In den angrenzenden Höfen bleiben kleinere Gebäude (Werkstatt- und Nebengebäude) erhalten, Schuppen und Garagen können zugunsten der privaten Grünräume abgerissen werden Teilbereichslösungen

Die Arbeitsgruppe A präsentiert ihren Vorschlag vor dem Plenum.

58 59 Konzept Arbeitsgruppe B Ergebnisse Arbeitsgruppe B

Stadt an den See 1 Die Hauptstraße der Altstadt – die Problemstraße Schlagworte: Fragestellungen: Bleibt eine Umgehungsstraße eine Illusi- • Uferpromenade • Café, Bootsverleih? Badestelle? on, oder ist sie gar von manchen Goldbergern gefürchtet • Bootsschuppen • Eissegeln und nicht gewollt ? – Dennoch muss die Hauptstraße eine • Museumsgarten • Fisch – Aktionen Aufwertung erfahren – Anregungen dazu.. • Verbindung z. See • Amtshaus

2 Verzahnung der Altstadt mit den Vorstädten Lange Straße

Fragestellungen: Ist eine Aufhebung der „Teilung der Kurzfristig: Stadt“ in Neubaustadt- und Altstadt möglich? Wie kann • Tempo 30 • Differenzierte Bepflanzung der Verödung der gründerzeitlichen Vorstadtbereiche, z. • Beschilderung • Parkplatz – Beschilderung B. am Bahnhof begegnet werden? - Thema Brachenrevita- lisierung….. Mittelfristig: • Mittelalterlicher Kern belebbar durch torähnliche Situa- 3 Verbindung Altstadt – See tion Nord/Süd • Aufweitung für Kurzzeitparken max. 8 Stk. • Besonderheiten einbeziehen: Mildenitz, See, Museum • Einbahnstraßenregelung • Freiflächen nördlich Rathaus öffnen, kein Abbruch be- stehender Substanz, sondern „Markthalle“ • Sanfte Eingangsgestaltung Bereich Bahnübergang

Langfristig: • Sanfte Neuordnung der Innenbereiche (Wohnangebote für Familien mit Kindern inkl. Anwohnerparken) • Umgehungsstraße

Ein potenzieller Ersatz der abgängigen Bauten Beratungen in der Arbeitsgruppe B. nach einem Vorschlag von Architekt Klaus Brendle.

60 61 Anbindung der Stadt an den See Grünachse Mildenitz – Stadteingangssituation

• Fluss Mildenitz ist Hauptanbindung an den See • Wasser im Stadtbild stärker erlebbar machen • Bootsschuppen mit Zuwegung entlang der Mildenitz • Grünzug der Mildenitz aufweiten (Abriss Gebäude an der • Weg endet als Sackgasse ohne Weiterführung entlang Mildenitz) des Sees – Uferpromenade sehr reizvoll • parallel zur Mildenitz – Fußpromenade • Fischerklause mit Erweiterungs-/Sanierungspotenzial • Stadteingang Kreuzung Lange Straße/Mildenitz • Promenade vom Heimatmuseum (Wassermühle) bis zur • Stadtplatz am Spritzenhaus Badestelle (Hotel Seelust) - Tourist-Information - WC-Anlage Beschaffenheit: - schmaler Sandweg - Parken (Kurzeitparken für Information) - Platz vor den Stadttoren (ehemals Mühlentor) Qualitäten: - einseitige Baumreihe (alte Linden) - Bootseinsatzstelle - Weg verläuft oberhalb des Niede- rungsbereiches - Kleingärten angrenzend

Mängel: - wenig Seebezug - weiter Weg bis zur Badestelle - fehlende Verbindung zwischen Ufer- promenade und Seepromenade

Maßnahmen: - Verbindung/Rundweg an beiden Promenaden Vorstellungen/Analyse - Wasser erleben - evtl. Naturerlebnisweg • Marktplatz/Festplatz hinter dem Rathaus, nahe Kirche - Erweiterung der touristischen Ent- - Situation Lange Str. Erhalt im Erscheinungsbild 50 km/h wicklung im Bereich des Auslaufs • fehlende Stadteingangssituation (Norden: Mildenitz, der Mildenitz aus dem Goldberger Süden: Bahnhofsvorplatz/an der Kreuzung) See (Bereich Bootsschuppen) - keine Grenzen sichtbar - Café (Ausflugslokal) - fehlendes Park-Leitsystem – nicht erkennbare Parkplätze - Bootsverleih (Parkplätze ausweisen) - Badestelle - schwieriges Einkaufen - vier Jahre Fortschreibung der Rahmenplanung - Für und Wider einer Umgehungsstraße (evtl. durch neuen Freizeitpark) - Wohnqualität an der Langen Straße schlecht

62 63 Konzept Arbeitsgruppe C

• Entdichtung im Rückraum Detailpunkte und Impulse - Schuppen, Nebengebäude - insbesondere im Bereich - Bepflanzung im Straßenraum Lange Straße 1 Attraktives Wohnen in der Altstadt

• Qualität der geschlossenen mittelalterlichen Bebauung Ist die Verbindung von Wohnen und Arbeiten; Wohnen am - Blickbeziehung zur Kirche Garten, Stellplatz am Haus, tatsächliches individuelles - Feuerwehr – Schlauchturm – Touristinfo (Sanitärge- Bauen ist in der Altsttadt möglich…und bringt das neue bäude vorhanden) Impulse für die Altstadt? Wie können Beispiellösungen aussehen?.. • Treppe/Freiraum zur Mildenitz (Boote einsetzen, Parken) 2 Zugangsbereiche zur Altstadt aufwerten - „Stadttore“ • Promenade Stahlbad – Fritz-Reuter-Straße 3 Impulsvorhaben zur Vitalisierung – Infrastruktur in die • 2025 Wohnungsleerstand 500 WE Mitte ? – ist das möglich ?

• Wohnungsnachfrage erhöhen, um Nachfrage in der Innenstadt zu erhöhen

• Innenstadtquartiere neu erschließen – Flurneuordnung aus Städtebauförderungsmitteln

• rückwärtige Erschließung – Pilotprojekt - langfristig Einbahnstraße in der Altstadt - Verknüpfung Goldberg-Dobbertin (Fahrradweg geplant)

• Tourismus - Goldberger See (uninteressant) - touristischer Dreikampf (Draisine, Paddeln (Mildenitz), Fahrrad (nach Karow)) - Vernetzung mit Dobbertin (Fahrradwege) - Heimatmuseum nutzen Die Arbeitsgruppe C in vertiefter Studie ...

64 65 Ergebnisse Arbeitsgruppe C

Die dritte AG widmete sich den Themen Wohnen in der Altstadt, Gestaltung der Stadteingänge und Inputs für den Umgang mit der Bausubstanz. Die Anregungen und Ideen sollen helfen, Brücken zu bauen zwischen den Akteuren in der Stadt, innerhalb der Stadtbe- reiche sowie zwischen Stadt und Landschaft. Das „BRÜCKEN BAUEN“ scheint notwendig, um die Altstadt in einem behutsamen, aber konsequenten, langfristigen Prozess zu retten.

These 1

Die Altstadt muss zukünftig vor allem dem Wohnen dienen. Doch wie sind die Wohnbedürfnisse heute und in Zukunft und was kann Goldberg dafür bieten? Wie wird man in Zukunft im ländlichen Raum leben? notfalls so: These 2

mit der geringstmöglichen Miete Die Eignung der Altstadt für das Wohnen hängt in der Langen Straße wesentlich von der Lösung der Probleme oder lieber so: aus dem vorhandenen Durchgangsverkehr ab. Dafür bieten sich folgende Lösungsansätze:

maximal zwei Etagen, Hof, Stellplatz, Garten

Dieser Wunsch ist nur in der Altstadt oder in der kleinen Siedlung möglich.

... und in der Beratung.

66 67 These 3 Input für den Umgang mit der Bausubstanz

Den massiven Leerstand in der Altstadt zu mildern, kann Input 1: Wege und Plätze kurzfristig nicht über Rückbau im Neubaugebiet befördert werden. Wie und wo kann eine behutsame Schrumpfung Im öffentlichen Raum gibt es in Goldberg bereits sehr wert- der Altstadt erfolgen? Kann aus der Not eine kleine Tugend volle Plätze, die nur in aller Konsequenz ausgenutzt werden erwachsen durch: müssen. Es genügen sparsamste Zutaten, um sie zu verbinden und anzureichern: • Lockerung in den ehemaligen Ausfallstraßen (ehema- lige Scheunen vor der Stadt) und starke Durchgrünung • Der Schützenplatz ist ringsum wunderbar. Er sollte nicht der bisher sehr gleichförmigen Durchfahrtstraße nur Parkplatz sein. Alle Kräfte sind zu bündeln, um hier • Erlebbarkeit des Wassers und der Grünverbindung wieder Märkte und Feste stattfinden zu lassen. Hierher • Ausdünnung zur Bewohnbarmachung der Grundstücke können die betagten Nachbarn gut zu Fuß gehen und er an den Rändern und im Quartierinneren (mit harter kann der Schule als Vorplatz dienen. Konsequenz dargestellt, aber als Denkanstoß gemeint). • Der Kirchberg ist das Aha-Erlebnis für alle Ortsfremden schlechthin. Sie müssen zwangsläufig dorthin geführt werden.

• Die Mühle mit Garten ist bisher der schönste Platz an der Mildenitz. Er soll bewahrt und saniert werden, bevor andere Standorte (Feuerwehr) entwickelt werden. Aber ist hier die richtige Stelle für die Info? Können Busse hier ihren Zielpunkt haben? – Ideal ist der vorhandene Standort nicht. • Am Bahnhof muss der Draisine-Tourist einen gebüh- renden Empfang erhalten und in die Stadt gelockt werden, aber zentral genug ist diese Stelle auch nicht.

68 69 Schlussfolgerung: Um keinen randlichen Punkt zu bevorzugen bzw. zu • Ein Markt auf dem Hof wäre für Händler noch versteckter benachteiligen, ist die Mitte ein guter Standort für einen als am Schützenplatz und Markt müsste am Sprechtag zentralen Anlaufpunkt. Dafür bietet sich das Rathaus an. sein, nicht stattdessen auf den Parkplätzen – daher ist der Hof als Marktplatz nicht geeignet. Input 2: Rathaushof als öffentlicher Raum, • Die vorhandenen Bestandsgebäude können unauf- aber kein Marktplatz wändig für gewerbliche oder Gemeinbedarfsnutzungen hergerichtet werden. • Die Besonderheit des Rathauses in der Hauszeile ist zu • Durch einen Abbruch des leer stehenden Gebäudes erhalten, d. h. der Baublock muss rundum geschlossen Kirchstraße 1 kann die Kirchstraße besser und eventuell bleiben, bis auf Tore, Zugänge. sogar durch Busse angefahren werden. • Da das Rathaus im Straßenraum kaum auffällt, sollte besonders darauf hingewiesen werden, z. B. durch Input 3: Umgestaltung von leer stehenden einen Wohngebäuden großen Baum im Hofzugang oder ein Werbeband über der Straße. Am Beispiel einer typischen Eckbebauung Jungfernstraße • Der vorhandene Hof ist herrlich ruhig, die hochwertig wird gezeigt, wie durch eine Umschichtung der Funktionen sanierte Rathaus-Fachwerkfassade wunderschön. gut bewohnbare Häuser entstehen. Es sollten neue Wege • Im Hof sollen auch, aber nicht nur die Autos der Amts- gefunden werden, die Innenstadt für junge Leute attraktiv mitarbeiter und Besucher stehen. zu machen, zum Beispiel durch: • unkonventionelle Umbauten und Grundrisslösungen • Finanzhilfen zum Beispiel beim Grundstückskauf

70 71 Bei durchgesteckten Grundstücken sind für Neubauten klar strukturierte Lösungen für kleine oder größere Mehr- Nur durch Verkehrsberuhigung in der Langen Straße wird generations-Wohnhäuser möglich. es erst möglich, Grundstücke zu erschließen und Gebäude anzufahren.

72 73 Resümee von Dr. Peter Lack

In zwei Tagen haben 30 Planer eine Vielzahl an Ideen und Für den Umgang mit dem die Stadt extrem belastenden Konzepten entwickelt, um der Stadt Goldberg neue Wege Durchgangsverkehr wurden Wege aufgezeigt von der Ent- aus den sichtbaren großen Problemen aufzuzeigen und um schleunigung bis hin zum Einbahnstraßenverkehr. Insbe- damit neue Impulse für die weitere Stadtentwicklung zu ge- sondere stand im Vordergrund, das Augenmerk des Durch- ben. Eine derartige Anhäufung von Fachwissen gepaart mit reisenden auf die abseits der Hauptdurchfahrtsstraße Kreativität und unterschiedlichsten Planungsansätzen ha- gelegenen, sehenswerten Winkel der Stadt zu lenken und ben hohe Erwartungen an die Planerwerkstatt geweckt. Die Raum zum Anhalten zu schaffen. intensive Beteiligung von Bürgern bis in die thematische Ganz wichtig war aber allen Gruppen auch, die Bezie- Gruppenarbeit hinein hat dieses unterstrichen. hung aller Goldberger Bürger zur Altstadt durch entspre- Das Ergebnis zweier arbeitsreicher Tage macht deutlich, chende räumliche Beziehungen von den am Rande liegen- dass die Stadt Goldberg gute Chancen hat, aus ihren durchaus den Wohngebieten zum Stadtzentrum zu stärken. vorhandenen, besonderen Qualitäten – nämlich einer einzig- Dass im Rahmen eines zweitägigen Arbeitsgruppen- artigen, gewachsenen mittelalterlichen Stadtstruktur und der prozesses keine fertigen Lösungen auf dem Tisch liegen, naturräumlichen Lage am Lauf der Mildenitz zwischen Dob- musste von vornherein klar sein. Aber die vorgestellten bertiner und Goldberger See – etwas zu machen. skizzenhaften Planungs- und Handlungsansätze sind ein Viele Lösungsansätze wurden aufgezeigt und dabei guter Ausgangspunkt für weiterführende Überlegungen, einiges, was durch Eigeninitiative und gemeinsames Han- die jetzt konsequent verfolgt werden müssen. deln auch schon mit wenigen Mitteln bewerkstelligt wer- So gesehen stellt das Instrument Planerwerkstatt ei- den kann. nen wichtigen Impuls für die Entwicklung der Kleinstadt Die Einigkeit, die im Hinblick auf den Umgang mit der und den Fortgang der Stadtsanierung dar. historischen Bausubstanz herrschte, müsste letzte Zweifel Es gilt die vielen Leitbilder und Konzepte nun selbst zu sich- am Sinn der Erhaltung ausgeräumt haben. Wichtigster An- ten und zu bewerten, das Richtige für die Stadt herauszu- satz der Wiederbelebung der Altstadt war die Schaffung von finden und mit Hilfe von Fachleuten wie Verkehrs- und mehr Aufenthaltsqualität durch Entkernung der Innenhöfe. Stadtplanern weiterzuentwickeln, damit am Ende, wie der Der Vorschlag zur temporären Nutzung der Schaufenster Bauminister, Herr Dr. Otto Ebnet, formulierte „wieder leer stehender Gebäude für Ausstellungen bis hin zur Fassa- Schwung in die Bude kommt“. denbegrünung zielte ebenfalls in Richtung Erhöhung der Attraktivität der Altstadt mit geringem Mitteleinsatz. Dr. Peter Lack

74 75 Danksagung Teilnehmer

Die Architektenkammer Mecklenburg-Vorpommern sagt Arbeitsgruppe A herzlichen Dank für die Unterstützung und Mitwirkung: • Ahnert, Ulrike, Architekturbüro Ahnert, • dem Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung • Kaun, Axel, Architekten- und Ingenieurunion GmbH, Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Dr. Otto Ebnet für die Stralsund Unterstützung sowie seinen Redebeitrag • Löffler, Beate, Umwelt Plan GmbH, Stralsund • in Vertretung des Landrates des Landkreises Parchim, • Lotterer, Ingrid, Landschaftsarchitektin, Güstrow Frau Ilka Rohr, für ihr herzliches Grußwort • Schmidtsdorf, Kati, Architekturbüro Schmidtsdorf, • dem Amt Goldberg-Mildenitz für die sehr gute Zusam- Güstrow menarbeit bei der Vorbereitung (dem Leiter des Bauamtes, Herrn Gerd Wüster, gilt dabei Arbeitsgruppe A.1 besonderer Dank.) • dem Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege • Blei, Dr. Eberhardt, Hochschule Wismar und Kultur, Herrn Wolfgang Kröber für den Vortrag und • Bollmohr, Anja, Institut biota, Bützow die Mitwirkung während der beiden Arbeitstage • Fanin, Margherita, FSF-Architekten, Büro Usedom • dem Leiter des Referates Städtebauförderung im Minis- • Grützmacher, Peer, Schwerin terium für Verkehr , Bau und Landesentwicklung, Herrn • Janssen, Uta, AC Schmidt und Ehlers, Rostock Dr. Reinhard Wulfhorst für die Teilnahme an der Veran- • Kinski, Marko, Stadt Goldberg staltung • Meyer, Dieter, Unternehmerstammtisch • Scholz, Sabine, Landkreis Parchim, Bauplanungsamt den Mitveranstaltern: • Schult, Torsten, FSF-Architekten, Büro Usedom • der Stadt Goldberg. Es ist uns ein Bedürfnis, dem Bürger- • Wenzel, Thomas, Goldberger Altstadtverein e. V. meister, Herrn Manfred Wollschläger besonders für die • Wilke, Sybille, Stadt & Dorf Planungsgesellschaft mbH, unermüdliche, freundliche Zusammenarbeit zu danken. Schwerin Hervorgehoben sei dabei die hervorragende Betreuung und Versorgung aller Mitwirkenden. Arbeitsgruppe B • dem Sanierungsträger der Stadt Goldberg, der BIG STÄDTEBAU M - V GmbH, Regionalbüro Güstrow, • Proske, Matthias, Proske + Steinhausen, Schwerin Herrn Dr. Peter Lack und Herrn Frank Claus für ihre in- • Dietrich, Gundula, Amt f. Raumordnung u. haltliche, organisatorische und materielle Hilfe bei der Landesplanung Westmecklenburg, Schwerin Ausrichtung der Veranstaltung • Brendle, Klaus, planungsbüro architektur & anderes, Lübeck • den Teilnehmern und • Hufmann, Martin, Stadt- und Regionalplanung PG, • allen Kolleginnen und Kollegen Stadt- und Regionalpla- Wismar nern, Architekten und Landschaftsplanern für die inten- • Sawatzki, Anja, architektur:fabrik:nb, Neubrandenburg sive, konstruktive und disziplinierte Mitwirkung in der • Rimpel, Stefan, Architekturbüro Rimpel, Schwerin Werkstattarbeit. • Rimpel, Eugen, Architekturbüro Rimpel, Schwerin Es wurde uns überbracht, dass sich alle Mitwirkenden in • Jungjohann, Gabriele, Hortiplan, Güstrow Goldberg sehr wohl gefühlt und die wunderbare Arbeits- atmosphäre sehr genossen haben. Arbeitsgruppe C

Lutz Braun • Giger, Hans, Freier Architekt, Eichhof Vizepräsident der Architektenkammer M - V • Lange, Annette, A & S GmbH Neubrandenburg • Milatz, Susann, Bürogemeinschaft esr, Neubrandenburg • Nehring, Madlen, architektur:fabrik:nb, Neubrandenburg

76 77 Pressestimmen

SVZ, 20.03.2007 SVZ, 21.03.2007 „Schwung in die Bude bringen“ „Schwung in Bude bringen“ 7. Planerwerkstatt in Goldberg zur Entwicklung der historischen Altstadt (...) Der Präsident der Architektenkammer MV, Joachim Brenncke, betonte, dass man das Problem der schrump- Goldberg (Jürgen Dembski) • Gestern begann in der Milde- fenden Region natürlich nicht lösen könne. Es gehe bei der nitzstadt eine zweitägige Beratung von rund 30 Archi- Werkstatt vor allem darum, „Perspektiven vor Ort aufzu- tekten. Ziel der Werkstatt ist es, Möglichkeiten einer nach- zeigen, den Menschen Mut zu geben und Lösungen anzu- haltigen Vitalisierung der Altstadt aufzuzeigen. (...) Bürger- bieten, die über das Normale hinausgehen.“ In den vergan- meister Dieter Wollschläger verwies (...) darauf, dass Stadt- genen Jahren wurde „eine Menge“ in Goldberg getan, sagte sanierung und Denkmalpflege untrennbar miteinander Minister Otto Ebnet (SPD), es gebe in der Altstadt aber noch verbunden seien und 60 denkmalgeschützte Gebäude im viel zu tun. Mit einem Leerstand von knapp 20 Prozent sei Sanierungsgebiet das Stadtbild prägten. Goldberg habe die Welt dort nicht in Ordnung. Im Neubaugebiet mit einem zu den ersten Städten in MV gehört, die sich zur Erhaltung Leerstand von fünf Prozent sehe die Lage gut aus. Mögli- ihres Stadtkerns bekannt hätten. Der Bürgermeister stellte cherweise war da die Gewichtung falsch. Insgesamt gelte es aber zugleich heraus, dass generell schrumpfende Städte „Schwung in die Bude zu bringen, so dass sich in Goldberg und die anwachsende Zersiedelung nicht nur ökologisch mehr tut als in der Vergangenheit“, so der Minister. (...) ein Problem seien, sondern zu einer dramatischen sozi- alen und ökonomischen Schwächung der Städte führten. SVZ, 26.03.2007 (...) „Hinzu kommt, dass sich die Haushaltssituation vieler Lange Straße als Galerie nutzen Kommunen nicht wesentlich verbessert und auch Städte- Bilanz der 7. Goldberger Planerwerkstatt: baufördermittel nicht ausreichend zur Verfügung stehen“, Potenzial der Stadt liegt brach so Dieter Wollschläger. In diesem Zusammenhang machte er darauf aufmerksam, dass Anfang des vergangenen (...) Goldberg selbst liegt zwischen zwei Seen, wird von dem Jahres durch den Sanierungsträger festgestellt worden war, Fluss Mildenitz flankiert, hat eine reizvolle Stadtstruktur und dass die für 2006 bewilligten Städtebaufördermittel nicht liebenswerte Fachwerkhäuser. Diese Vorteile der Stadt, so ausreichen würden, um die begonnenen Maßnahmen zu waren sich alle Workshopteilnehmer einig, müssen für die finanzieren. Aus diesem Grund sei ein Vorgriff auf bereits Stadt herausgearbeitet werden. Das alte Feuerwehrhaus bewilligte Städtebaufördermittel der Jahre 2007 bis 2009 (...) steht zwar unter Denkmalschutz, ist jedoch dem Verfall beschlossen und auch genehmigt worden. Die zugeteilten preisgegeben. Der Vorschlag mehrerer Arbeitsgruppen war, Mittel wären verbraucht. (...) „Ich wäre Ihnen sehr dankbar, dieses imposante Gebäude zu einem Infopunkt für Touristen wenn wir zusätzlich über Einzelmaßnahmen ins Gespräch zu machen. kommen können“, so Dieter Wollschläger an die Adresse Die Lange Straße zerschneidet die historische Innenstadt von Minister Dr. Ebnet. (...) Laut Ebnet hat Goldberg ange- und ist das Hauptproblem der Stadt. Die stark befahrene sichts seiner sehr guten Bedingungen bisher zu wenig für Straße mindert die Wohnqualität der anliegenden Häuser den Tourismus getan, der nicht nur Arbeitsplätze schaffe, erheblich und hat einen besonders hohen Leerstand zur sondern auch sinkenden Wohnungsleerstand zur Folge Folge. Die Vorschläge der Planer (...) basierten mehrheitlich habe. Mit Blick auf Fördermittel machte der Minister auf dem Vorschlag, den Durchgangsverkehr auf eine Maxi- unmissverständlich klar, dass das Geld dorthin fließe, wo malgeschwindigkeit von 30 h/km zu begrenzen. (...) Auch es am Besten angelegt sei. Der Wettbewerb zwischen den die Idee, die leer stehenden Gewerberäume in der Erdge- Kommunen werde härter. (...) schoßzone der Langen Straße regionalen Handwerkern als Ausstellungsflächen zur Verfügung zu stellen oder eben diese Schaufenster mit großformatigen Bildern – einer Stra- ßengalerie gleich – zu beleben, kostet nicht viel Geld. Die Kinder der anliegenden Schulen könnten hier mit einbe- zogen werden. Eine weiterer Hinweis der Planer: „Tun Sie etwas für Familien und Kinder!“

78 79 Impressum

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