SWR2 Glauben „HIER STEHE ICH“ MARTIN LUTHER ÖKUMENISCH BETRACHTET VON HOLGER GOHLA
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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Glauben „HIER STEHE ICH“ MARTIN LUTHER ÖKUMENISCH BETRACHTET VON HOLGER GOHLA SENDUNG 26.10.2014 / 12.05 UHR Redaktion Religion, Kirche und Gesellschaft Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR SWR2 Glauben können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/glauben.xml Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de GBLU 01 (0:38) – Lutherstube Wartburg „Das ist quasi das historische Herzstück der Wartburg, das ist die Lutherstube, der Raum, in dem er am 4. Mai 1521 hier ankam und dann eben zehn Monate in unglaublich fleißiger Art in freiwilliger Schutzhaft verbrachte. Er hat das erste halbe Jahr für 13 theologische Schriften verwandt, für Modellpredigten, ist zweimal von hier nach Wittenberg geritten, um die Leute dort zu beruhigen, die inzwischen die Kirchen anzündeten, also ihn falsch verstanden hatten. Und dann hat er sein Griechisch aufpoliert und am 4. Dezember, also bei winterlichen Temperaturen, hat er dann hier in zehn Wochen das Neue Testament übersetzt.“ Bei dieser Mammutaufgabe fasst Martin Luther nicht weniger als 18 Dialekte zusammen, erläutert Hendrikje Döbert. Sie führt seit 37 Jahren Gäste durch die Wartburg bei Eisenach. GBLU 02 (0:26) – Bibelübersetzung „Da entstand in zehn Wochen a) unsere Schriftsprache, durch die wir laut Goethe erst zu einem Volk werden konnten, und b) gab es diese hervorragende Testamentsübersetzung. Zum ersten Mal war die direkte Verbindung gegeben zwischen den Gläubigen und dem Wort Gottes. Das war, salopp gesagt, der Startschuss für die dann einsetzende Reformation der katholischen Kirche und die Existenz der evangelischen.“ Wenige Monate zuvor weigert sich Martin Luther auf dem Reichstag in Worms, seine Kritik an den Missständen der Kirche damals zurückzunehmen. Vor allem der übliche Ablasshandel ist dem streitbaren Theologen ein Dorn im Auge. Für ihn sind das Seelenheil und damit die Rechtfertigung vor Gott weder käuflich noch durch gute Werke zu erwerben. Der mächtige Kurfürst Friedrich der Weise lässt Martin Luther nach Eisenach auf die Wartburg bringen. Dort lebt der Reformator zehn Monate inkognito als Junker Jörg. Aber nicht nur auf der Wartburg lassen sich Luthers Spuren noch heute verfolgen. Pünktlich zum 500. Jahrestag der Reformation am 31. Oktober 2017 werden sein Geburts- und Sterbehaus in Eisleben, das Elternhaus in Mansfeld oder das Lutherhaus in Wittenberg zu zeitgemäßen Museen ausgebaut. 2 In Mansfeld etwa präsentiert die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt auch Kinderspielzeug. Es wurde bei Ausgrabungen beim Elternhaus gefunden. GBLU 03 (0:23) – Mansfeld Kinderspielzeug „Man hat zum Beispiel Ton genommen und hat kleine Kügelchen gemacht und diese ins Feuer geschmissen. Das können auch die Kinder getan haben. Und somit hatten sie Murmeln für sich bereitet. Und man steckte ein Messer unweit von sich entfernt in den Boden und versuchte nun, mit den Murmeln so nah wie möglich an das Messer heranzukommen oder sogar den anderen, der im Wege war, abzuschießen.“ Katrin Rühlemann präsentiert Besuchern auch Schmuck, der wohl aus dem väterlichen Hause stammt. Oder sie veranschaulicht Kindern, warum Martin Luther sich nicht gerne an seine Schulzeit erinnerte. GBLU 04 (0:35) – Mansfeld Schule „Es gab ja keine Tafeln, an denen der Lehrer etwas dranschrieb, es musste auswendig gelernt werden. Und sie waren ja dann auch sehr streng. Es gab Hiebe, wenn irgendwie ein Wort falsch dekliniert wurde. Oder selbst Luther hatte mal diese Eselsmütze – das ja natürlich auch nicht gerade schön ist vor den Mitschülern, da wird man ja auch gehänselt – ja aufgesetzt bekommen. Und das wollte Luther später abschaffen, denn er hat ja gesagt, jedes Kind, ob Junge oder Mädchen, soll in die Schule gehen, ob arm oder reich. Also er wusste ja, dass Schule Bildung ist und Bildung sehr wichtig ist.“ Keine halbe Autostunde von Mansfeld entfernt werden in Luthers Geburtshaus in Eisleben die Hintergründe für sein späteres Wirken dargestellt. Christian Philipsen leitet als Experte für mittelalterliche Kirchengeschichte derzeit alle Museen und Sammlungen der Stiftung Luthergedenkstätten, die inzwischen mit ihren modernen Präsentationen und zeitgeschichtlichen Zeugnissen aufeinander abgestimmt sind. GBLU 05 (0:24) – Eisleben Geburtshaus „Hier in Luthers Geburtshaus geht es um Luthers Geburtsstadt, um Eisleben. Es geht um die Frage, in welche Zeit wurde Luther hineingeboren, um die politischen, die kirchlichen, die sozialen Verhältnisse dieser Zeit um 1500. Wir 3 gehen der Frage nach, wie Luther erzogen wurde. Also die Hintergründe für das spätere Reformwerk. Das wird hier behandelt.“ Dazu wird auch der häusliche Familienraum inszeniert: Großer Kachelofen, Kinderkrippe, Truhe, Holztisch mit Schemeln und einem Stuhl. GBLU 06 (0:39) – Eisleben Familienalltag „Wir haben hier ein Interieur des Spätmittelalters nachgestellt. Man muss sich klarmachen, die Familie war auf dem Weg, sie kam kurz vorher aus Thüringen an, und ist bereits nach wenigen Monaten weitergezogen nach Mansfeld, also eine ganz einfache Einrichtung, die man auf den Wagen packen kann, um weiterzuziehen. Jedes dieser Möbelstücke basiert auf einem historischen Vorbild aus der Zeit um 1500, ist mit historischen Techniken von einem Restaurator mit dem Handwerk der damaligen Zeit nachgebaut worden. Wir wollen hier eine Bühne bieten, wo man in die Zeit eintauchen kann. Man muss dazu wissen: Die Inszenierung von Luther gehört in diesem Haus dazu.“ Denn, so Christian Philipsen, diese Inszenierung begann bereits sehr früh. GBLU 07 (0:30) – Inszenierung Geburtshaus 1693 wird das Haus wiedereröffnet als barocker Repräsentationsbau, als ein öffentliches Denkmal mit einem neuen Grundriss. Alles, was vorher da war, ist durch das Feuer zerstört, trotzdem damals unsere Vorfahren definieren einen Raum als Geburtszimmer und zeigen später, das wissen wir aus Reisebeschreibungen, dort auch ein Bett, eine Wiege, in der Luther gelegen haben soll, ein Bett, in dem er geboren worden sein soll. Das heißt schon damals hat man versucht, den authentischen Ort zu inszenieren. Wenige hundert Meter weiter, gegenüber der evangelischen Kirche St. Andreas, steht auch Luthers Sterbehaus. Die Ausstellung thematisiert nicht nur, was der Reformator theologisch über den Tod dachte oder wie er unter dem frühen Tod seiner 13-jährigen Tochter Magdalena litt. Sie präsentiert auch ein wichtiges Objekt im historisch nachgebildeten Sterbezimmer. GBLU 08 (0:27) – Luthers Bahrtuch Ein zentrales Objekt im Zentrum dieses Raumes ist authentisch, es ist das Allerheiligste oder die Reliquie des Hauses, das war der Anlass für die Gestaltung dieser Gedenkstätte, was wir hier sehen, in dieser großen Vitrine ist 4 das Bahrtuch von Luthers Sarg. Also das Tuch, mit dem sein Sarg auf der Reise von Eisleben nach Wittenberg bedeckt war und was dann in Wittenberg Katharina von Bora übergeben wurde. Am 18. Februar 1548 stirbt Martin Luther im Alter von 64 Jahren an einem Herzinfarkt. Das schreibt Sohn Paul als Arzt viele Jahre später in eine Bibel ein, deren Original ebenfalls in Eisleben zu sehen ist. Allerdings wird sein Leichnam in der Schlosskirche in Wittenberg begraben. An deren Tür soll der junge Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben. Historisch wahrscheinlicher ist, dass er an diesem Tag die Thesen zunächst verschiedenen wichtigen Personen zugeschickt hat. Geboren wird Martin Luther ebenfalls in Eisleben, am 10. November 1483. Im Alter von 22 Jahren tritt der älteste Sohn eines Bergmanns und Mitbesitzers mehrerer Gruben, in Erfurt ins Augustinerkloster ein. Zwei Jahre später wird er in der Klosterkirche zum Priester geweiht und hält dort auch seine erste Messe, die Primiz. GBLU 09 (0:31) – Augustinerkirche EF „Es gibt ein paar Elemente der Kirche, die noch aus der Erbauungszeit stammen und die damit auch Teile sind, die auch Martin Luther so hier im Kloster erlebt hat. Zum Beispiel ist dies der Altar, an dem Martin Luther am 2. Mai 1507 seine Primiz gefeiert hat. Natürlich gab es in dieser Zeit ein spätgotisches Altarbild hinten, aber es ist der Altartisch und auch der Eingang dann zur Sakristei.“ Augustiner-Pfarrerin Irene Mildenberger zeigt Gästen gerne auch das Dormitorium, den großen Schlafsaal der Mönche. In dessen Seitenwänden waren kleine Wohn- und Studierzellen eingebaut. GBLU 10 (0:43) – Lutherzelle in Erfurt „Schon seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wohl sind Menschen hierhergekommen auf den Spuren Martin Luthers und es wird erzählt, also er hatte nicht immer die gleiche Zelle, in der er wohnte. Aber die Tradition sagt, dass die letzte Zelle, die er im Kloster bewohnt habe, hier hinten an der Stelle sei. Es ist natürlich nicht mehr die originale Zelle, dieses obere Stockwerk ist im 5 19. Jahrhundert abgebrannt nach einem Blitzschlag. Aber es ist der Ort, der schon eben seit dem späten 16. Jahrhundert gezeigt wird. Aus dem 17. Jahrhundert gibt es so etwas wie einen ersten Reiseführer, der diese Zelle