Zum Inhalt Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein

Landesentwicklungsplan

Schleswig-Holstein 2010 Zum Inhalt Zum Inhalt

Vorwort

Der Landesentwicklungsplan fördert Kreativität, gute Der neue Landesentwicklungsplan ist unter breiter Be- Ideen und den Gestaltungswillen der Menschen vor Ort. teiligung der Kreise, Städte und Gemeinden in unserem Gebraucht werden pragmatische Lösungen, dort wo die Land sowie von Kammern, Verbänden, Vereinen, dem Menschen leben und arbeiten, dort wo sie zu Hause Parlament und auch der Öffentlichkeit entstanden. Er wur- sind. Global denken, regional entwickeln und lokal han- de intensiv und konträr diskutiert. Der Beteiligungsprozess deln, das ist heute gefordert. Das Land wird ein Stück hat aber auch gezeigt, wie wichtig verbindliche Leitlinien Verantwortung abgeben, aber es wird sich nicht aus der und Vorgaben für eine am Allgemeinwohl ausgerichtete Verantwortung stehlen. Der Landesentwicklungsplan Entwicklung in unserem Land sind. schafft Planungssicherheit und die Grundlage für eine sinnvolle Entwicklung. Er wird ein partnerschaftliches Ziele und Grundsätze für die räumliche Entwicklung wer- Miteinander der Kommunen fördern, insbesondere auch den durch die Regionalpläne konkretisiert. Unterschied- von Stadt und Land. Davon wird das gesamte Land pro- liche Entwicklungsvoraussetzungen für die verschiedenen fitieren. Wir haben eine ausgewogene Mischung aus lan- Planungsräume in den einzelnen Landesteilen werden desplanerischen Zielen und Grundsätzen sowie eine ge- dadurch berücksichtigt. Die Regionalpläne sollen zukünf- stärkte kommunale Eigenverantwortung erreicht. Städte tig nicht mehr vom Land, sondern von einer kommuna- und Gemeinden sind gefordert, ihre Entwicklung mutig lisierten Regionalplanung erstellt werden. Dies bedeutet und zukunftsorientiert voranzutreiben. Wirtschaftliches eine Stärkung der kommunalen Ebene in Schleswig- Wachstum und die Schaffung wohnortnaher Arbeitsplätze Holstein. Sie erhält mehr eigene Entscheidungs- und sind überall möglich. Auch die touristische Entwicklung Gestaltungsmöglichkeiten. ist auf eine breitere Grundlage gestellt worden. Wir brauchen in unserem Land besonders ein gutes Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für wirt- Miteinander der verschiedensten Akteure. Mehr partner- schaftliches Wachstum und Innovation, der Erhalt der schaftliche Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden natürlichen Lebensgrundlagen sowie die Sicherung eröffnet ebenso neue Entwicklungschancen wie regionale der Daseinsvorsorge sind Leitbilder für die räumliche Kooperationsansätze oder gemeinsame Initiativen von Entwicklung in Deutschland und wichtige Zukunfts- Privaten und der öffentlichen Hand. aufgaben auch für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Schleswig-Holstein. Räumliche Entwicklungsprozesse Wir müssen global denken, regional entwickeln und lokal sind meist mit unterschiedlichen Nutzungsansprüchen handeln. Dann werden wir Schleswig-Holstein zukunfts- und vielerorts auch mit Konflikten verbunden. Siedlung, fähig gestalten, wirtschaftliche Potenziale nutzen, die ein- Verkehr, Wirtschaft, Infrastruktur, Freizeit, Tourismus und zigartige Natur und Landschaft bewahren und Schleswig- nicht zuletzt der Naturschutz wollen den Raum und das Holstein als Urlaubsregion profilieren. Die Zukunft unseres nicht vermehrbare Gut Grund und Boden auf unterschied- Landes ist eine herausfordernde Gestaltungsaufgabe. liche Weise nutzen, gestalten, aber auch bewahren. Nehmen wir diese Aufgabe engagiert wahr, damit Schleswig-Holstein das Land bleibt, in dem wir alle gerne Der Landesentwicklungsplan ist wesentliche leben. Planungsgrundlage auf Landesebene, um unterschied- liche räumliche Nutzungsansprüche miteinander in Einklang zu bringen und Konflikte zu minimieren. Er setzt die Leitlinien für die räumliche Entwicklung in unserem Land bis 2025 und soll dort steuernd ein- greifen, wo Entwicklungen falsch laufen. Die größten Herausforderungen für uns sind dabei die zukünftige demographische Entwicklung, der Klimawandel, die Klaus Schlie Globalisierung der Wirtschaft und die europäische Innenminister des Landes Schleswig-Holstein Integration.

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Inhalt

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 6 Teil B Abkürzungsverzeichnis 6 Ziele und Grundsätze 23

Aufbau und rechtlicher Rahmen 8 1. Entwicklung der übergeordneten Raumstruktur des Landes 24 Teil A 1.1 Leitbild 24 Neue Rahmenbedingungen – 1.2 Küstenmeer und integrierte neue Herausforderungen 11 Küstenzonenentwicklung 25 1.3 Ordnungsräume 26 Schleswig-Holstein 1.4 Ländliche Räume 28 zukunftsgerecht entwickeln 12 1.5 Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen Räumen 30 Wirtschaftsfreundlich, wettbewerbsfähig, 1.6 Landesentwicklungsachsen 32 wachstumsstark 13 2. Siedlungsstruktur und Siedlungsentwicklung 34 Den demographischen Wandel gestalten 14 2.1 Leitbild 34 2.2 Zentralörtliches System 35 Klimawandel – jetzt handeln für 2.2.1 Oberzentren 38 eine sichere Zukunft 16 2.2.2 Mittelzentren 38 2.2.3 Unterzentren 39 Die europäischen Chancen nutzen 18 2.2.4 Ländliche Zentralorte 40 2.2.5 Stadtrandkerne 40 Durch Zusammenarbeit mehr erreichen 2.3 Besondere Funktionen von Gemeinden und die kommunale Ebene stärken 20 ohne zentralörtliche Einstufung 41 2.4 Siedlungsachsen und Baugebietsgrenzen 42 2.4.1 Siedlungsachsen 42 2.4.2 Baugebietsgrenzen 44 2.5 Wohnungsversorgung 44 2.5.1 Allgemeines 44 2.5.2 Wohnungsbauentwicklung in den Gemeinden 45 2.6 Flächenvorsorge für Gewerbe und Industrie 48 2.7 Städtebauliche Entwicklung 50 2.8 Einzelhandel 53 2.9 Interkommunale Vereinbarungen zur Siedlungsentwicklung 60

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3. Wirtschaftliche Entwicklung und 5. Ressourcenschutz und wirtschaftsnahe Infrastruktur 62 Ressourcenentwicklung 108 3.1 Leitbild 62 5.1 Leitbild 108 3.2. Kompetenzfelder der Wirtschaft 63 5.2 Natur und Umwelt 109 3.3 Wissenschaft, Forschung, Technologie 63 5.2.1 Vorranggebiete für den Naturschutz 112 3.4 Verkehr 64 5.2.2 Vorbehaltsräume und Vorbehaltsgebiete 3.4.1 Straßenverkehr 66 für Natur und Landschaft 113 3.4.2 Schienenverkehr 68 5.3 Regionale Grünzüge und Grünzäsuren 115 3.4.3 Häfen, Wasserstraßen, Schifffahrt 69 5.3.1 Regionale Grünzüge 115 3.4.4 Luftverkehr 71 5.3.2 Grünzäsuren 117 3.4.5 Öffentlicher Personennahverkehr 5.4 Grundwasserschutz 117 und Radverkehr 71 5.4.1 Vorranggebiete für den Grundwasserschutz 117 3.5 Energieversorgung 72 5.4.2 Vorbehaltsgebiete für den 3.5.1 Allgemeines 72 Grundwasserschutz 118 3.5.2 Windenergie 75 5.5 Binnenhochwasserschutz 118 3.5.3 Solarenergie 80 5.5.1 Vorranggebiete für den 3.6 Rohstoffsicherung 81 Binnenhochwasserschutz 118 3.6.1 Vorranggebiete für die Rohstoffsicherung 84 5.5.2 Vorbehaltsgebiete für den 3.6.2 Vorbehaltsgebiete für die Rohstoffsicherung 85 Binnenhochwasserschutz 120 3.7 Tourismus und Erholung 86 5.6 Küstenschutz 122 3.7.1 Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung 87 Anhang 3.7.2 Entwicklungsräume und -gebiete für zum Teil B 124 Tourismus und Erholung 89 3.7.3 Infrastruktur für Tourismus A 1 zu Ziffer 1.3 und Erholung 91 Abgrenzungskriterien der Ordnungsräume 124 3.8 Informations- und Kommunikations- A 2 zu Ziffer 1.3 infrastruktur, Post 94 Abgrenzung der Ordnungsräume 126 3.9 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 96 A 3 zu Ziffer 1.5 Abgrenzung der Stadt- und 4. Entwicklung der Daseinsvorsorge 98 Umlandbereiche in ländlichen Räumen 128 4.1 Leitbild 98 A 4 zu Ziffer 3.6 4.2 Bildung 99 Abgrenzung der Schwerpunkträume 4.3. Kinder, Jugendliche und Familien 101 für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe 129 4.4. Senioren 102 A 5 zu Ziffer 3.7.1 4.5. Menschen mit Behinderung 102 Abgrenzung der Schwerpunkträume 4.6 Gesundheit, Pflege, Betreuung und Sport 103 für Tourismus und Erholung 130 4.7 Kultur 105 A 6 zu Ziffer 5.2 4.8 Ver- und Entsorgungsinfrastruktur 107 Angestrebte Querungen im Bereich landesweit bedeutsamer Lebensraumkorridore 131

Teil C Umweltbericht (beiliegende CD - ROM) Zusammenfassende Erklärung 132

Teil D Hauptkarte (beiliegende Karte)

Impressum 134

5 Zum Inhalt

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabellen Tabelle 1 Definition Ziele und Grundsätze der Raumordnung 8 Tabelle 2 Begriffsbestimmungen nach § 8 Absatz 7 Raumordnungsgesetz 9

Abbildungen Abbildung 1 Voraussichtliche Einwohnerentwicklung in Schleswig-Holstein bis 2025 14 Abbildung 2 Veränderung der Altersstruktur in Schleswig-Holstein 16 Abbildung 3 Landesentwicklungsachsen und Hauptverbindungsachsen 33 Abbildung 4 Strukturschwache ländliche Räume 39 Abbildung 5 Genehmigte und beantragte Offshore-Windparks in der AWZ 78 Abbildung 6 Rohstoffsicherung in Schleswig-Holstein 82 Abbildung 7 NATURA 2000-Gebiete 114 Abbildung 8 Überschwemmungsgebiete in Schleswig-Holstein 119 Abbildung 9 Hochwassergefährdete Küstenniederungen in Schleswig-Holstein 123

Abkürzungsverzeichnis

¢ BNatSchG siehe auch Ziffer Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege Amtsbl. Schl.-H. (Bundesnaturschutzgesetz) vom 29. Juli 2009 Amtsblatt Schleswig-Holstein (BGBl. I S. 2542) AWZ EEG Ausschließliche Wirtschaftszone Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 25. Oktober 2008 B (BGBl. I S. 2074), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Begründung Gesetzes vom 22. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3950) BauGB EFRE Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung Europäischer Fonds für regionale Entwicklung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt EnLAG geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 Energieleitungsausbaugesetz vom 21. August 2009 (BGBl. I S. 2585) (BGBl. I S. 2870) BauNVO EG Baunutzungsverordnung in der Fassung der Europäische Gemeinschaft Bekanntmachung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 132), EU geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. April Europäische Union 1993 (BGBl. I S. 466) EUREK BBodSchG Europäisches Raumentwicklungskonzept Bundes-Bodenschutzgesetz vom 17. März 1998 FAG (BGBl. I S. 502), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetz über den Finanzausgleich in Schleswig-Holstein in Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214) der Fassung vom 5. Februar 2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 67), BGBl. I zuletzt geändert durch § 2 Nr. 4 Nachtragshaushaltsgesetz Bundesgesetzblatt Teil I 2009/2010 vom 22. Juli 2009 (GVOBl. Schl.-H. S. 413) BImSchG FFH Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Fauna-Flora-Habitat Bekanntmachung vom 26. September 2002 G (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Grundsatz der Raumordnung Gesetzes vom 11. August 2009 (BGBl. I S. 2723) GPK Generalplan Küstenschutz: Integriertes Küstenschutzmanagement in Schleswig-Holstein vom Dezember 2001

6 Zum Inhalt

GVOBl. Schl.-H. ÖPNV Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein Öffentlicher Personennahverkehr IKZM Pkw Integriertes Küstenzonenmanagement Personenkraftwagen LaPlaG REK Gesetz über die Landesplanung (Landesplanungs- Regionales Entwicklungskonzept gesetz) in der Fassung vom 10. Februar 1996 ROG (GVOBl. Schl.-H. S. 232), zuletzt geändert durch Raumordnungsgesetz vom 22. Dezember 2008 Artikel 3 des Gesetzes vom 15. Dezember 2005 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 9 des (GVOBl. Schl.-H. S. 542) Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) LEGG SchulG Landesentwicklungsgrundsätzegesetz in der Fassung Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz vom vom 31. Oktober 1995 (GVOBl. Schl.-H. S. 364) 24. Januar 2007, verkündet als Artikel 1 des Gesetzes LEP zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig- Landesentwicklungsplan Holstein vom 24. Januar 2007 (GVOBl. Schl.-H. S. 39); LNatSchG § 64 Abs. 2 korrigiert durch Berichtigung Landesnaturschutzgesetz (Gesetz zum Schutz der (GVOBl. Schl.-H. 2007 S. 276) Natur - Schleswig-Holstein - ) vom 24. Februar 2010 SH-Tarif (GVOBl. Schl.-H. S. 301) Schleswig-Holstein-Tarif LROPl 1998 TEN-V Landesraumordnungsplan vom 4. Juni 1998 Transeuropäisches Netz für Verkehr (Amtsbl. Schl.-H. S. 493) in der Fassung der TöB Teilfortschreibung 2004 vom 17. Januar 2005 Träger öffentlicher Belange (Amtsbl. Schl.-H. S. 99) UCTE LUVPG englisch: Union for the Co-ordination of Transmission Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung of Electricity, deutsch: Union für die Koordinierung des vom 13. Mai 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 246), zuletzt Transports von Elektrizität geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom UNESCO 19. März 2010 (GVOBl. Schl.-H. S. 365) Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, LWG Wissenschaft und Kultur Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein UVPG (Landeswassergesetz) in der Fassung der Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Bekanntmachung vom 11. Februar 2008 Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (GVOBl. Schl.-H. S. 91), zuletzt geändert durch Artikel 1 (BGBl. I S. 94) des Gesetzes vom 19. März 2010 WaStrG (GVOBl. Schl.-H. S. 365) Bundeswasserstraßengesetz in der Fassung der MKRO Bekanntmachung vom 23. Mai 2007 (BGBl. I S. 962; Ministerkonferenz für Raumordnung 2008 I S. 1980), zuletzt geändert durch Artikel 2 der MASG Verordnung vom 27. April 2010 (BGBl. I S. 540) Ministerium für Arbeit, Soziales WRRL und Gesundheit des Landes Schleswig-Holstein Wasserrahmenrichtlinie: Richtlinie 2000/60/EG des MLUR Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der MThw Wasserpolitik Mittleres Tidehochwasser Z MWV Ziel der Raumordnung Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein NN Normalnull NSG Naturschutzgebiet

7 Zum Inhalt

Aufbau und rechtlicher Rahmen

Der Landesentwicklungsplan (LEP) Schleswig-Holstein Bei der Verbindlichkeit der raumordnerischen Aussagen 2010 ist Grundlage für die räumliche Entwicklung ist zwischen Zielen und Grundsätzen der Raumordnung des Landes bis zum Jahr 2025 und Basis für die zu unterscheiden (¢Tabelle 1). Sie gelten jeweils für die Fortschreibung der Regionalpläne im Land. Er unter- Textteile, denen sie zugeordnet sind. stützt die Umsetzung der landespolitischen Ziele, die Entwicklung der Teilräume und die Stärkung der kommu- nalen Planungsverantwortung. Z Ziele der Raumordnung sind verbindliche Vor- gaben in Form von räumlich und sachlich be- Der LEP basiert auf folgenden gesetzlichen Grundlagen: stimmten oder bestimmbaren, vom Träger der – § 8 Absatz 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG) vom Raumordnung abschließend abgewogenen 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung I S. 2585) sowie und Sicherung des Raums (§ 3 Absatz 1 Ziffer 2 – §§ 3, 5 und 7 des Gesetzes über die Landesplanung ROG). Sie sind keiner Abwägung mehr zugäng- (Landesplanungsgesetz, LaPlaG) in der Fassung vom lich und daher von den öffentlichen Stellen 10. Februar 1996 (GVOBl. Schl.-H. S. 232), zuletzt ge- (§ 3 Absatz 1 Ziffer 5 ROG) bei allen raumbe- ändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2005 (GVOBl. deutsamen Planungen und Maßnahmen zu be- Schl.-H. S. 542). achten (§ 4 Absatz 1 ROG).

Der LEP ersetzt den Landesraumordnungsplan (LROPl) G Grundsätze der Raumordnung sind Aussagen vom 4. Juni 1998 (Amtsbl. Schl.-H. 1998 S. 493) in der zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung Fassung der Teilfortschreibung 2004 vom 17. Januar des Raums als Vorgaben für nachfolgende 2005 (Amtsbl. Schl.-H. S. 99). Er besteht aus Text und Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen Hauptkarte sowie dem Umweltbericht. (§ 3 Absatz 1 Ziffer 3 ROG). Die im LEP enthal- Der LEP ist nach § 4 Absatz 1 LaPlaG in Verbindung tenen Grundsätze der Raumordnung ergänzen mit § 3 Absatz 1 Satz 1 LaPlaG ein Rahmen setzender oder konkretisieren die Grundsätze nach Leitplan. Alle Träger der öffentlichen Verwaltung sowie § 2 ROG sowie die im Abschnitt I des LEGG Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffent- enthaltenen Grundsätze für die Entwicklung des licher Aufgaben haben unbeschadet ihrer sachlichen Landes. Sie sind als Vorgaben für die öffentlichen und örtlichen Zuständigkeit für seine Verwirklichung Planungsträger im Rahmen von Abwägungen zu einzutreten und keine Planungen aufzustellen, be- berücksichtigen. stehen zu lassen, zu genehmigen, zu verwirklichen oder Maßnahmen durchzuführen, die nicht mit ihm in Tabelle 1: Definition Ziele und Grundsätze der Raumordnung Einklang stehen. Die Finanz- und Fachplanungen aller Planungsträger der öffentlichen Verwaltung sowie die Den Zielen und Grundsätzen ist jeweils eine Begründung kommunalen Entwicklungsplanungen sind an die Ziele beigefügt, die durch den Buchstaben „B“ gekennzeichnet der Raumordnung gebunden. ist. Diese Aussagen haben jedoch keine Bindungsqualität Die Ziele des LEP sind landesplanerische Letzt- wie die gekennzeichneten Ziele (Z) und Grundsätze (G) entscheidungen, die unter Einbeziehung und Abwägung der Raumordnung. der Grundsätze des § 2 ROG sowie der Interessen Eine verbindliche unmittelbare Rechtswirkung gegen- der Kreise, Städte und Gemeinden nach dem Gegen- über dem Einzelnen haben Ziele und Grundsätze nicht. stromprinzip getroffen wurden. Für die gemeindliche Bauleitplanung besteht gemäß Neben den Zielen der Raumordnung setzt der LEP § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch (BauGB) eine besonders auch die sonstigen raumordnerischen Grundsätze und normierte Pflicht zur zwingenden Beachtung der Ziele der Erfordernisse fest, die das ganze Land einschließlich Raumordnung. des schleswig-holsteinischen Küstenmeeres bis zur Dies gilt auch für künftige Bebauungspläne, die Hoheitsgrenze (12-Seemeilen-Zone) betreffen oder aus einem rechtsgültigen Flächennutzungsplan ent- für die räumliche Beziehung der Landesteile unterein- wickelt werden, der über den bis 2010 ausgerichteten ander wesentlich sind. Ziele und Grundsätze für das Planungszeitraum des LROPl 1998 hinausgeht und bei schleswig-holsteinische Küstenmeer werden aufgrund dem der landesplanerische Siedlungsrahmen gemäß der Zuständigkeit des Landes ausschließlich im LEP fest- Ziffer 7.1 Absatz 4 LROPl entsprechend erweitert wurde. gelegt. Die Darstellungen in der Hauptkarte sind daher nachrichtlich in die Regionalpläne zu übernehmen.

8 Zum Inhalt

Die in den rechtsgültigen Flächennutzungsplänen noch aufgrund der Ziffer 7.1 Absatz 4 des LROPl dargestellten Vorranggebiete (§ 8 Absatz 7 Ziffer 1 ROG) Flächen für die Wohnbauentwicklung müssen dagegen Gebiete, die für bestimmte, raumbedeutsame Funk- nicht nachträglich an die gegenüber dem LROPl geän- tionen oder Nutzungen vorgesehen sind und ande- derten Zielsetzungen zur Wohnungsbauentwicklung an- re raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet gepasst werden. Sie genießen insoweit Bestandsschutz. ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Der im LEP bestimmte Rahmen für Wohnungsbau- Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind. entwicklung in den Gemeinden (¢2.5.2 Absatz 4) ersetzt den allgemeinen Siedlungsrahmen des LROPl 1998 und Vorbehaltsgebiete (§ 8 Absatz 7 Ziffer 2 ROG) die entsprechenden Festsetzungen der derzeit gültigen Gebiete, in denen bestimmten, raumbedeutsamen Regionalpläne. Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit Die Regionalpläne ergänzen und konkretisieren die konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen be- Aussagen des LEP. Mit der vorgesehenen Kommuna- sonderes Gewicht beizumessen ist. lisierung der Regionalplanaufstellung wird es bei der Rahmensetzung für die räumliche Entwicklung zukünf- Eignungsgebiete (§ 8 Absatz 7 Ziffer 3 ROG) tig eine Arbeitsteilung zwischen Land und Kommunen Gebiete, in denen bestimmten raumbedeutsamen geben. Der LEP gibt im Interesse einer gleichwer- Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach tigen und adäquaten Entwicklung aller Landesteile der § 35 BauGB zu beurteilen sind, andere raumbedeut- Regionalplanung zwar Rahmenbedingungen vor, doch er same Belange nicht entgegenstehen, wobei diese bietet ihr gleichzeitig wesentlichen Gestaltungsspielraum Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im für die regionale Entwicklung gepaart mit mehr regionaler Planungsraum ausgeschlossen sind. und kommunaler Eigenverantwortung. Dies stärkt die kommunale Ebene. Tabelle 2: Begriffsbestimmungen nach § 8 Absatz 7 ROG

Teil A des LEP enthält vor dem Hintergrund neuer In Teil C des LEP wird die erforderliche Prüfung von Rahmenbedingungen und neuer Herausforderungen Auswirkungen des LEP auf die Umwelt in Form des programmatische Aussagen zur zukünftigen Entwicklung Umweltberichts dargestellt (siehe hierzu Artikel 4 bis des Landes. 9 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Die landesplanerische Umsetzung mit Grundsätzen und Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme Zielen der Raumordnung erfolgt in Teil B des LEP. in Verbindung mit §§ 14a folgende des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Die in Teil B jedem Kapitel vorangestellten raumordne- Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94, in rischen Leitbilder werden durch textliche Festlegungen Verbindung mit § 11 Absatz 2 Nr. 2 des Landesgesetzes und /oder räumliche Ausweisungen konkretisiert. Die über die Umweltverträglichkeitsprüfung (LUVPG) vom Leitbilder orientieren sich an den von der Ministerkonferenz 13. Mai 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 246), zuletzt geän- für Raumordnung (MKRO) im Juni 2006 verabschiedeten dert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. März 2010 Leitbildern der Bundesraumordnung („Wirtschaftliche (GVOBl. Schl.-H. S. 365). Der Umweltbericht ist inte- Entwicklung“, „Daseinsvorsorge“, „Ressourcenschutz graler Bestandteil der Begründung des LEP. Er be- und -entwicklung“) und werden ergänzt durch Leitbilder schreibt und bewertet die voraussichtlichen erheblichen zur „Übergeordneten Raumstruktur des Landes“ und zur Umweltauswirkungen, die die Durchführung des LEP auf „Siedlungsstruktur und Siedlungsentwicklung“. die Umwelt haben wird. Der Bericht endet mit der erfor- derlichen zusammenfassenden Erklärung. Die Festlegungen zur Raumstruktur werden durch Festlegungen zu Vorrang-, Vorbehalts- und Eignungs- Die als Teil D dem LEP beigefügte Hauptkarte enthält gebieten ergänzt. Diese besonderen Gebietskategorien die zeichnerischen Festsetzungen des Plans. der Raumordnung sind in § 8 Absatz 7 ROG wie folgt definiert:

9 Zum Inhalt

10 Zum Inhalt

Teil A Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen

11 Teil A I Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen Zum Inhalt

Schleswig-Holstein zukunftsgerecht entwickeln

Seit der Aufstellung des Landesraumordnungsplans Die Landesregierung ist sich der großen Herausforde- 1998 vor über 10 Jahren haben sich auf internationaler rungen, vor denen das Land steht, bewusst. Gemeinsam und nationaler Ebene, aber auch in Schleswig-Holstein mit den Städten und Gemeinden, den Kreisen und selbst die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des den Bürgerinnen und Bürgern will sie die Entwicklung Landes verändert. Das Land steht vor einer Vielzahl von Schleswig-Holsteins und seiner Teilräume gestalten. Dies neuen Herausforderungen, für die Politik, Wirtschaft und kann nur in partnerschaftlicher Zusammenarbeit und ge- Gesellschaft und auch die Raumordnung Antworten und meinsam getragener Verantwortung gelingen. Strategien finden müssen: Der Landesentwicklungsplan schafft auf der Landes- ebene die räumlichen Voraussetzungen für eine zu- – Wirtschaft und Arbeitsmarkt stehen heute im Zeichen kunftsorientierte Entwicklung. Die Landesregierung hat der Globalisierung. Die überwiegend mittelständisch es sich zum Ziel gesetzt, Wachstum zu schaffen und die geprägte Wirtschaft Schleswig-Holsteins unterliegt Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Aufgabe der einem verschärften Wettbewerb. Gleichzeitig setzt Raumordnung ist es, die vielfältigen und teilweise konkur- sich der wirtschaftliche Strukturwandel hin zu einer rierenden Nutzungsansprüche an den Raum zu koordinie- Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft weiter fort. ren und Gestaltungs- und Ermessensspielräume im Sinne dieser Ziele zu nutzen. – Die demographische Entwicklung wird die Gesellschaft Gleichzeitig braucht das Land selbstbewusste und in Schleswig-Holstein nachhaltig verändern. Sinkende eigenständige Städte und Gemeinden, die auf lokaler Einwohnerzahlen und eine veränderte Altersstruktur und regionaler Ebene nah an den Menschen Zukunft ge- mit immer mehr älteren und deutlich weniger jungen stalten. Der Landesentwicklungsplan schafft daher neue Menschen werden sich auf nahezu alle Lebensbereiche Entscheidungsspielräume für die kommunale Ebene. Die auswirken. Der demographische Wandel wird damit zu Regionalplanung erhält in wichtigen Planungsbereichen einer der zentralen Herausforderungen der nächsten mehr Möglichkeiten zu gestalten, zum Beispiel wenn es Jahrzehnte. um die Wohnungsbauentwicklung in den Gemeinden geht, um Standorte für überregional bedeutsame – Die weltweite Klimaerwärmung fordert uns heraus. Gewerbegebiete an den Landesentwicklungsachsen, um Als Land zwischen den Meeren sieht sich Schleswig- Entwicklungsgebiete für Tourismus und Erholung oder um Holstein vor allem den Folgen eines steigenden Eignungsgebiete für die Windenergienutzung. Meeresspiegels und den Gefahren einer wachsenden Zahl von Sturmfluten ausgesetzt. Der Klimawandel ist ein globales Problem, doch Vermeidungs-, Verminderungs- und Anpassungsstrategien ha- ben auch regionale und lokale Ansatzpunkte, die in Schleswig-Holstein zügig weiterentwickelt werden müssen.

– Die europäische Integration schreitet weiter voran. Sie bietet Chancen und neue Perspektiven und fordert von Schleswig-Holstein und seinen Regionen, sich leistungsfähig und mit spezifischen Potenzialen euro- paweit zu profilieren. In einem zusammenwachsenden Europa gilt es, den europäischen Gedanken stärker als bislang im Bewusstsein der Menschen im Land zu verankern.

– Der staatliche Sektor muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hinter- grund der notwendigen Haushaltskonsolidierung. Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung er- öffnen neue Möglichkeiten für mehr Wachstum. Doch der Staat muss auch weiterhin gerechte, gleichwertige und sichere Lebensverhältnisse in Schleswig-Holstein gewährleisten.

12 Zum Inhalt Wirtschaftsfreundlich, wettbewerbsfähig, wachstumsstark

Schleswig-Holstein will seinen Unternehmen best- genutzt werden. Da viele Städte und Gemeinden im Land mögliche Standort- und Rahmenbedingungen bieten. Probleme mit einer sinnvollen und nachhaltigen zivilen Wirtschaftliches Wachstum ist die Voraussetzung für Nachnutzung ehemaliger militärischer Liegenschaften Beschäftigung und Wohlstand im Land, aber auch not- haben, ist die Nutzung vormals militärisch genutzter wendig für die Konsolidierung der Haushalte in den Flächen unter Beachtung der Belange des Natur- und Gebietskörperschaften. Die Landesregierung hat es sich Artenschutzes sowie der städtebaulichen Integration vor zum Ziel gesetzt, überall im Land die Voraussetzungen für der Neuausweisung von Flächen ein zentrales Anliegen, mehr Wachstum zu verbessern. das bei kommunalen Planungen berücksichtigt werden soll. Damit können Verluste an Arbeitsplätzen, Wertschöpfung Infrastruktur ausbauen und Kaufkraft in den Kommunen kompensiert und ein Beitrag zu einem zukunftsweisenden Flächenmanagement Schleswig-Holstein soll der Logistikstandort in Nordeuropa geleistet werden. Eine nachhaltige Standortentwicklung werden. Aufgrund seiner geographischen Lage ist berücksichtigt die Anforderungen einer standortangepassten Schleswig-Holstein eine wichtige Schnittstelle im und umweltschonenden Bewirtschaftung der Böden für die Wirtschaftsverkehr zwischen Mitteleuropa und Skandinavien Nahrungs- und Energieerzeugung, wirkt der Zerschneidung sowie zwischen West- und Osteuropa. Durch den Ausbau von Lebensräumen für Flora und Fauna entgegen und wichtiger, europaweit bedeutsamer Verkehrsprojekte will das sichert die Gestaltung der ländlichen Räume. Schleswig- Land seine Position festigen und ausbauen. Einen wesent- Holstein leistet damit einen Beitrag zur Reduzierung des lichen Beitrag hierzu sollen die feste Fehmarnbeltquerung Flächenverbrauchs. einschließlich der notwendigen Hinterlandanbindungen und der Ausbau der mit einer festen Ein freundliches Investitionsklima schaffen Elbquerung westlich von liefern. Gleichzeitig gilt es, das Schienenverkehrsnetz für Personen und Güter und Schleswig-Holstein will deutschlandweit die wirtschafts- die verkehrliche Anbindung der verschiedenen Teilräume freundlichsten Rahmenbedingungen schaffen. Eine ak- untereinander zu verbessern. Nachholbedarf hat Schleswig- tive Ansiedlungspolitik soll für die Vorteile des Standorts Holstein bei der Breitbandinfrastruktur. Ein zügiger Ausbau Schleswig-Holstein werben und die Instrumente der soll die Voraussetzungen für schnellen Datenaustausch und Wirtschaftsförderung sollen in allen Landesteilen ge- eine weltweite Vernetzung aller Regionen des Landes er- zielt für mehr Wachstum und Beschäftigung eingesetzt möglichen. werden. Neben harten Standortfaktoren will Schleswig- Holstein auch das Investitionsklima verbessern. Trans- In die Köpfe der Menschen investieren parente und zügige Verfahren im Planungsbereich sollen eine schnelle Umsetzung von Vorhaben ermöglichen. Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg einer wettbe- Planungssicherheit und Verlässlichkeit der Partner im werbsfähigen Wirtschaft. Hinter erfolgreichen Produkten Land sollen zudem eine stabile Vertrauensbasis für die stehen Kreativität und fachliches Know-how. Die Wirtschaft schaffen. Landesregierung will die Bildungsqualität im Land an Schulen, Fachhochschulen und Universitäten und im Wachstumsmärkte erschließen Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung verbes- sern und das Angebot an Fachkräften und hoch qua- Schleswig-Holstein will seine Spitzenposition in wichtigen lifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Wachstumsmärkten der Zukunft sichern und ausbauen. langfristig sichern. Gleichzeitig gilt es, den Wissens- und Vor allem erneuerbare Energien, Gesundheitswirtschaft Technologietransfer zwischen Forschung und Praxis zu in- und Tourismus sowie das breite Feld der maritimen tensivieren, um die Voraussetzungen für Innovationen und Wirtschaft sind aussichtsreiche Zukunftsbranchen, in de- die Erschließung neuer Wachstumsmärkte zu verbessern. nen Schleswig-Holstein national wie international in den letzten Jahren eine starke Marktposition erreichen konnte. Gute Standorte nachhaltig entwickeln Innovationen und technologische Weiterentwicklungen sol- len ebenso wie Qualitätsverbesserungen, Qualifizierungen, Erfolgreiche Unternehmen brauchen bestmögliche Infrastrukturausbau und die Bereitstellung von Flächen Standorte. Schleswig-Holstein hat große Flächenpotenziale, Entwicklungsvorsprünge langfristig sichern. In prägenden die nachhaltig entwickelt werden sollen. Die wirtschaft- Wirtschaftszweigen wie der Land- und Ernährungswirtschaft lichen Entwicklungsmöglichkeiten aufgrund der Nähe zur sollen Anpassungsprozesse an den Weltmarkt erleichtert Metropole Hamburg sowie der Bedeutung Schleswig- werden und Landwirte als Unternehmer und Erzeuger von Holsteins als Brückenkopf nach Skandinavien und als qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und nachwachsen- Schnittstelle zwischen West- und Osteuropa sollen verstärkt den Rohstoffen gestärkt werden.

13 Teil A I Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen Zum Inhalt

Den demographischen Wandel gestalten

Die demographischen Veränderungen der nächsten Entwicklungen erkennen Jahrzehnte werden sich auf fast alle Lebensbereiche auswirken. Sinkende Einwohnerzahlen bei gleichzei- Nur wer Entwicklungen rechtzeitig erkennt, wird angemes- tig deutlich mehr älteren und immer weniger jungen sen und erfolgreich darauf reagieren können. Das Land wird Menschen werden Folgen für die Infrastruktur und etwa alle drei Jahre gemeinsam mit dem Statistikamt Nord die Sozialversicherungssysteme haben, für Wirtschaft eine aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung für die Kreise und Arbeitsmärkte, den technischen Fortschritt, die und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein zur Verfügung Finanzsituation der Gebietskörperschaften, für die stellen und damit eine wichtige Grundlage für zukünftige Wohnungsmärkte, den Einzelhandel, für Freizeit und Planungsentscheidungen liefern – auch für die kommu- Tourismus, aber auch für Fragen der Migration und nale Ebene. Für größere Städte und Ämter sind darüber Integration und des gesellschaftlichen Miteinanders. hinaus kleinräumige Bevölkerungsvorausberechnungen Der demographische Wandel birgt Risiken, aber er bie- als Planungsgrundlage zu empfehlen. Bereits eine Analyse tet auch Chancen. Schleswig-Holstein, seine Regionen, der heutigen Altersstruktur kann konkrete Hinweise auf Kreise und Gemeinden wollen rechtzeitig Strategien und zukünftige Entwicklungen geben. Die demographischen Handlungskonzepte entwickeln, um die Lebensqualität im Veränderungen werden in den nächsten Jahren nicht Land zu sichern und Wettbewerbsvorteile für ein starkes in allen Landesteilen und Kommunen gleich sein, doch und attraktives Schleswig-Holstein zu schaffen. nur wenige Städte und Gemeinden werden sich entge- gen dem Landestrend entwickeln. Schrumpfungs- und Alterungsprozesse werden in nahezu allen Kommunen an der Tagesordnung sein. Dies erfordert eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema.

Voraussichtliche Einwohnerentwicklung in Schleswig-Holstein bis 2025

Einwohnerinnen und Einwohner

2.860.000

2.840.000

2.820.000

2.800.000

2.780.000

2.760.000

2.740.000

2.720.000 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 Jahre jeweils 31.12.

Abbildung 1: Voraussichtliche Einwohnerentwicklung in Schleswig-Holstein bis 2025 Quelle: Statistischer Bericht A I 8-2007 S, Statistikamt Nord

14 Zum Inhalt

Infrastruktur anpassen Auf eine veränderte Wohnungsnachfrage reagieren

Da die zukünftige demographische Entwicklung anders Mit dem demographischen Wandel werden sich verlaufen wird als die vergangener Jahrzehnte, müssen die Art und Umfang der Wohnungsnachfrage und der Kommunen ihre Infrastruktur im Hinblick auf den quan- Flächenbedarf verändern. Während die Nachfrage titativ und qualitativ veränderten Bedarf überprüfen und nach Einfamilienhäusern deutlich zurückgehen wird, anpassen. Dies wird sowohl bei der Bildungsinfrastruktur nimmt die Nachfrage nach neuen Wohnformen sowie (Schulen und Kindertageseinrichtungen, Einrichtungen generationsübergreifenden, alten- und behindertenge- der Fort- und Weiterbildung) erforderlich werden, rechten Wohnungen zu. Die Kommunen müssen sich als auch bei Angeboten für Senioren, Einrichtungen bei der Flächenvorsorge, der Weiterentwicklung der für unterstützungs- und pflegebedürftige ältere Wohnungsbestände, der Gestaltung des Wohnumfelds Menschen oder Menschen mit Behinderung, beim und des Infrastrukturangebots auf diese Veränderungen öffentlichen Personennahverkehr sowie bei der tech- einstellen. Hierzu gehört auch, sich mit den Infrastruktur- nischen Infrastruktur im Bereich Ver- und Entsorgung. folgekosten auseinanderzusetzen. Insgesamt wird der Insbesondere bei Gebäuden sollte auf multifunktionale Wohnungsneubaubedarf in den kommenden Jahren Nutzungsmöglichkeiten und Barrierefreiheit geachtet deutlich zurückgehen. werden. Auch die Akteure im Gesundheitswesen müs- sen ihre Planungen ständig quantitativ und qualitativ an Kooperieren statt konkurrieren sich verändernde Bevölkerungsstrukturen anpassen. Eine flächendeckende Sicherung der Daseinsvorsorge Daseinsvorsorge und gleichwertige wird nur gelingen, wenn interkommunal und regional Lebensverhältnisse sichern zusammengearbeitet wird. Kräfte zu bündeln statt in Konkurrenz zueinander zu agieren wird für Kommunen bei In allen Teilräumen des Landes soll auch unter den verän- rückläufigen Einwohnerzahlen und knapper werdenden derten demographischen Vorzeichen die Daseinsvorsorge Finanzmitteln immer wichtiger. Durch Kooperation und gewährleistet werden. Schleswig-Holstein will auch zu- abgestimmtes Vorgehen können am besten bedarfsge- künftig gleichwertige Lebensverhältnisse für die Menschen rechte, qualitativ gute und gleichzeitig kostengünstige im Land sicherstellen. Dies gilt insbesondere auch Angebote sichergestellt werden. Dies gilt sowohl für die für Räume mit geringer Einwohnerdichte und starken Infrastrukturversorgung als auch für die Flächenplanung Bevölkerungsrückgängen. Gleichwertige Lebensverhältnisse für Wohnen und Gewerbe. bedeuten aber nicht identische Lebensverhältnisse an jedem Ort, sondern Chancengleichheit und die Gewährleistung Ein qualifiziertes Arbeitskräfteangebot sichern bestimmter Mindeststandards bei Daseinsvorsorge, Erwerbsmöglichkeiten, Infrastrukturausstattungen und Der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein braucht Umweltqualitäten. neben einem bedarfsgerechten Angebot an Gewerbe- flächen und Infrastruktur gute und qualifizierte Arbeits- Versorgung und Entwicklung auf kräfte. Vor dem Hintergrund einer sinkenden Zahl an Schwerpunkte konzentrieren Erwerbspersonen im Land sowie dem steigenden Durchschnittsalter sind Wirtschaft und Staat gefordert, Bei rückläufigen Einwohnerzahlen werden zukünftig die Rahmenbedingungen zur Sicherung eines wettbe- nicht überall im Land in gleichem Umfang wie heu- werbsfähigen Arbeitskräfteangebots im Land zu verbes- te wirtschaftlich tragfähige Versorgungseinrichtungen sern. Hierzu zählen unter anderem die Sicherung von angeboten werden können. Umso wichtiger wird die Ausbildung, Fort- und Weiterbildung sowie eine bessere Konzentration auf leistungsfähige Schwerpunkte. Mit dem Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die es insbesondere Zentralörtlichen System existiert bereits heute ein Netz mehr Frauen ermöglicht, erwerbstätig zu sein. Um die von Standorten, das es allen Menschen im Land ermög- Zahl der qualifizierten Erwerbspersonen zu erhöhen, gilt licht, in vertretbarer Entfernung Versorgungseinrichtungen es ebenso, mehr Menschen mit Migrationshintergrund in zu erreichen. Dieses Netz von Schwerpunkten gilt es zu den Arbeitsmarkt zu integrieren. stabilisieren.

15 Teil A I Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen Zum Inhalt

Klimawandel – jetzt handeln für eine sichere Zukunft

Mehr Produkte und Dienstleistungen Der weltweite Klimawandel wird in Schleswig-Holstein für ältere Menschen zu einem Temperaturanstieg, trockeneren Sommer- und niederschlagsreicheren Wintermonaten führen, Ältere fragen andere Produkte und Dienstleistungen nach mehr Starkregen im Sommer bringen und die Zahl der als junge Menschen. In einer speziellen Ausrichtung Sturmfluten erhöhen. Gleichzeitig wird der Meeresspiegel auf Konsumgüter und Dienstleistungen für diese stark ansteigen. Noch sind die Folgen des Klimawandels steigende Altersgruppe liegen Wachstumspotenziale nur in Ansätzen spürbar, doch es ist schon heute Zeit für die schleswig-holsteinische Wirtschaft, beispielswei- zu handeln. Erforderlich sind sowohl Vermeidungs- se in den Bereichen Gesundheitswirtschaft, Pflege und und Minderungsstrategien als auch Anpassungen an Betreuung, Tourismus, Freizeit und Kultur, haushaltsnahe den Klimawandel. Schleswig-Holstein hat mit seinem Dienstleistungen und Serviceleistungen im Einzelhandel, Aktionsplan Klimaschutz und dem Klimaschutzbericht aber auch beim Handwerk, in der Wohnungswirtschaft 2009 Ziele und Eckpunkte für den Klimaschutz festgelegt und bei Verkehrsunternehmen. Von Angeboten für Ältere und Maßnahmen auf den Weg gebracht. Das Land will können auch andere Personengruppen profitieren, wie bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent ge- zum Beispiel Menschen mit Behinderung, um zukünftig genüber 1990 senken, seine Energieproduktivität in den stärker selbst bestimmt und selbstständig zu leben. Landesliegenschaften gegenüber 1990 verdoppeln, den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch auf über 50 Prozent und den Anteil der Windkraft auf Altersstruktur der Bevölkerung rechnerisch mindestens 100 Prozent des Stromverbrauchs in Schleswig-Holstein steigern, den Anteil von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung auf 25 Prozent erhöhen, mehr Güter von der Straße auf die Schiene bringen und bis 2030 den Waldanteil auf zwölf Prozent der Landesfläche erhöhen. Gleichzeitig gilt es, Folgen des Klimawandels im Bewusstsein der Menschen 100 % stärker zu verankern. Der Klimawandel wird Auswirkungen auf viele Lebensbereiche haben. Er erfordert daher viel- 90 % 26 % fältige Vermeidungs- und Anpassungsmaßnahmen. Mit zunehmendem Kenntnisstand über die konkreten 80 % Auswirkungen des Klimawandels auf Schleswig-Holstein 36 % wird es zukünftig darauf ankommen, Anpassungen – wo 70% erforderlich und sinnvoll – auch im Rahmen landesplane- rischer Entscheidungen verstärkt zu berücksichtigen. 60%

50 %

40 % 53 %

30 % 48 %

20 %

10 % 21 % 16 % 0 % 2006 2025 Jahre jeweils 31.12. Einwohnerinnen und Einwohner im Alter von 60 Jahren und älter 20 bis unter 60 Jahren unter 20 Jahren

Abbildung 2: Veränderung der Altersstruktur in Schleswig-Holstein bis 2025 Quelle: Statistischer Bericht A I 8-2007 S, Statistikamt Nord

16 Zum Inhalt

Küstenschutz hat Vorrang Rahmenbedingungen für regenerative Energien verbessern Der Schutz der Küstengebiete vor Überflutungen und der Umgang mit Küstenerosionen sind in Schleswig- Die regenerativen Energien, allen voran die Windenergie, Holstein schon immer lebenswichtige Aufgaben ge- leisten bereits heute in Schleswig-Holstein einen über- wesen. Mit dem Klimawandel werden die Gefahren durchschnittlichen Anteil an der Energieversorgung. durch einen Anstieg des Meeresspiegels und die Windenergie und andere erneuerbare Energien wie Erhöhung der Sturmflutwasserstände zunehmen. Dies Biomasse, Solarenergie oder Geothermie sollen unter erfordert entschlossenes Handeln, um Menschen Beachtung landschaftlicher Erfordernisse und der und Sachgüter zu schützen. Der Generalplan Küsten- Akzeptanz der Bevölkerung weiter ausgeschöpft wer- schutz muss kontinuierlich weiterentwickelt werden. den. Hierzu soll unter Berücksichtigung regionaler Flächen für den Küstenschutz müssen von anderen Gegebenheiten und örtlicher Belange insbesondere die Nutzungen freigehalten werden. Dies muss unter an- Ausweisung neuer Eignungsflächen für die Windenergie derem durch die Raumordnung sichergestellt wer- beitragen. 2020 sollen mehr als 100 Prozent des den. Auch für Binnengewässer gilt es, potenzielle Stromverbrauches Schleswig-Holsteins rechnerisch aus Überschwemmungsgebiete aufzuzeigen und für erneuerbaren Energien gedeckt werden. Gleichzeitig sol- sachgerechte Nutzung Sorge zu tragen. len verstärkt Energieeinsparpotenziale genutzt werden und ein effizienter Einsatz von Energieerzeugung und Verkehre vermeiden, Freiräume sichern, Verbrauchstechnologien angestrebt werden. energiesparend bauen Die natürlichen Ressourcen schützen Schleswig-Holstein will mit seiner Siedlungsstruktur zur Verringerung der Emission von Treibhausgasen Die natürlichen Ressourcen des Landes leisten einen beitragen und einen Beitrag zum Klimaschutz leis- wesentlichen Beitrag zur Milderung des Klimawandels. ten. Räumliche Planungsziele sind die Konzentration Wälder und Moore wirken als natürliche Kohlenstoffsenken, von Wohnen, Arbeiten und Infrastruktur, damit regionale Grünzüge und Grünzäsuren reduzieren die Verkehre verringert werden können, und die gleichzei- Wärmebelastung in besiedelten Bereichen und wirken tige Freihaltung anderer Flächen. Das Zentralörtliche als Frischluftschneisen und unbebaute Retentionsflächen System, die Siedlungsachsen und die Instrumente der mildern die Folgen von Überschwemmungen. Die natür- Freiraumplanung sind hierfür wegweisend. Städtebaulich lichen Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft, wild lebende soll auf eine gute Durchmischung geachtet werden, um Tiere und wild wachsende Pflanzen müssen daher in ihrer kurze Wege zu ermöglichen. Möglichst viel Verkehr soll Leistungs- und Funktionsfähigkeit zur Aufrechterhaltung zudem auf umweltfreundliche Verkehrsträger verlagert des Naturhaushalts geschützt und wieder entwickelt werden. Die Attraktivität des Schienen- und öffent- werden. Durch den Klimawandel kommen auch auf sie lichen Personennahverkehrs sollen verbessert und das Veränderungen und neue Belastungen zu. Einheimische Radverkehrsnetz ausgebaut werden. Gleichzeitig sollen Arten wandern ab, neue Arten, die bislang nicht in die Sanierung von Altbauten, energiesparende Bauweisen Schleswig-Holstein heimisch waren, kommen aufgrund und entsprechende Wärmetechniken die Reduzierung veränderter Lebensbedingungen hinzu. Zudem schaf- von Treibhausgasen baulich unterstützen und gleichzeitig fen Änderungen bei den Niederschlägen und längere zur Reduzierung des Flächenverbrauchs beitragen. Der Vegetationsperioden neue Lebensbedingungen für Flora Klimapakt mit der Wohnungswirtschaft soll fortgesetzt und Fauna. Eine intakte Umwelt kann dem Klimawandel werden. entgegenwirken.

17 Teil A I Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen Zum Inhalt

Die europäischen Chancen nutzen

Schleswig-Holstein muss Perspektiven über die Schleswig-Holstein als Teil einer starken Landesgrenzen hinaus entwickeln, um den eigenen Ostseeregion Standort zu stärken und die Chancen eines größer wer- denden und stärker zusammenwachsenden Europas zu In den letzten 20 Jahren hat sich in der Ostseeregion nutzen. Grenzüberschreitende Kooperationen des Landes ein engmaschiges Netzwerk selbst bestimmter Zu- und seiner Regionen in allen wichtigen Politikfeldern sammenarbeit entwickelt. Auch zukünftig wird es darum sollen ausgebaut werden und der Austausch von Ideen, gehen, die Wettbewerbsfähigkeit der Ostseeregion zu Fachleuten, kulturellen Veranstaltungen, aber auch von verbessern, ihren territorialen Zusammenhalt zu för- Waren und Dienstleistungen intensiviert werden. Ziel ist dern und eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. es, Schleswig-Holstein noch stärker in das nord- und Neu ist die Herausforderung, mit dem Europäischen zentraleuropäische Umfeld einzubinden. Nachbar- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) eine aktive Zusammenarbeit mit Partnern aus Nordwest-Russland Schleswig-Holstein als Drehscheibe zu organisieren, Kooperationspotenziale aktiv zu nutzen im Norden Europas und die Ostsee als wichtige Ressource und als attraktiven Lebensraum zu schützen. Die künftige Zusammenarbeit Schleswig-Holstein will sich weiter zur „Drehscheibe im soll das spezielle Profil der Ostseeregion weiterentwickeln Norden Europas“ entwickeln. Steigender Außenhandel, und Impulse für Innovationen setzen. Die Öffnung der zunehmende Seeverkehre, wachsende Kooperationen in Märkte in Ost- und Mitteleuropa und die nachholende Bereichen wie Forschung und Technologie, Naturschutz wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Mitgliedstaaten und Nachhaltigkeit, Bildung und Hochschule, zivile können die Gewichte innerhalb der erweiterten Euro- Sicherheit sowie Kultur und Jugendbegegnung bieten päischen Union (EU) verschieben. Die Mitwirkung bei der geeignete Entwicklungsansätze. Diese Chancen für zukünftigen Politikgestaltung in der Ostseeregion und die Schleswig-Holstein zu nutzen, erfordert eine weitere Weiterentwicklung der strategischen Zusammenarbeit Ausrichtung des Landes auf die Infrastrukturen und im Rahmen des Projektes „Südwestliche Ostseeregion“ Netzwerke des Ostsee- und des Nordseeraums. (STRING) haben daher für Schleswig-Holstein eine hohe Priorität. Im Zentrum stehen die Themen Forschung und Schleswig-Holstein als maritime Modellregion Wissenschaft, Biotechnologie, Regionalpolitik, maritime in Europa Wirtschaft, erneuerbare Energien und Klimaschutz. Die Ostseeregion soll sich unter Einschluss der beiden Schleswig-Holstein will bis 2015 maritime Modellregion Metropolregionen Hamburg und Öresund (Kopenhagen/ in Europa werden. Das Land hat im Rahmen der euro- Malmö) zu einer starken europäischen Makroregion päischen Meerespolitik eine hohe Reputation erlangt. festigen. Die gemeinsame Generierung von neuen Die breit angelegte Expertise in den verschiedenen Kompetenzen, Kapazitäten und Potenzialen soll einen maritimen Branchen, wie zum Beispiel Forschung und Entwicklungsprozess auslösen, der auch zur Stärkung der Technologie, Schiffbau und Schiffssicherheit, Tourismus Wettbewerbsfähigkeit Schleswig-Holsteins beiträgt. und Raumplanung, Energie und Fischerei, und eine ak- tive Politik für die Meeresumwelt werden als beispielhaft wahrgenommen. Unter anderem wurde die Initiative der Landesregierung „Zukunft Meer“ in eine europäische „best practice“-Liste aufgenommen.

18 Zum Inhalt

Schleswig-Holsteins Position im Transeuropäische Verkehrsnetze ausbauen Nordseeraum stärken Der weitere Ausbau der Transeuropäischen Verkehrsnetze Der Nordseeraum gewinnt für Schleswig-Holstein zu- (TEN-V) hat für Schleswig-Holstein herausragende nehmend an Bedeutung. Als „Drehscheibe im Norden Bedeutung. Der Bau einer festen Fehmarnbeltquerung Europas“ sollen die Interessen des Landes im Nord- soll die Wirtschaftsräume Norddeutschlands und und Ostseeraum zukünftig stärker verzahnt werden. Südskandinaviens enger zusammenrücken lassen und Die wirtschaftlichen Beziehungen im Nordseeraum neue wirtschaftliche Impulse bringen. Verbesserungen sollen ausgebaut und Fachkooperationen verste- werden auch vom Ausbau der Verkehrswege in tigt werden. Schleswig-Holstein will sich als Land Schleswig-Holstein, einer neuen Querung der Elbe zwischen den Meeren auch in diesem maritimen sowie dem Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals und der Raum erfolgreich positionieren. Ansatzpunkte einer Anpassung der Außen- und Unterelbe an die verän- Nordseestrategie des Landes sind der Ausbau der bila- derten Anforderungen der Containerschifffahrt erwar- teralen Zusammenarbeit mit einzelnen Nordseestaaten, tet. Schleswig-Holstein kann zudem von besseren die Beteiligung an multilateralen INTERREG-Projekten, Verkehrsanbindungen Richtung Osteuropa profitieren, die Einbringung schleswig-holsteinischer Interessen wie der Europatrasse „Via Hanseatica“ (östlich an die in die meerespolitischen Überlegungen und Konzepte Bundesautobahn 20 anschließend und in Polen Richtung der Region sowie die Integration in wichtige Netzwerke Danzig verlaufend) und der „Via/Rail Baltica“ (von Polen (Nordseeschutzkonferenz, Wattenmeerkooperation, über die baltischen Staaten bis St. Petersburg). Nordseekommission, die Konferenz der Peripheren Küstenregionen Europas) und nordseeweite Koopera- Unterstützung durch europäische tionen. Durch diese Kooperationen soll auch der Schutz Raumordnungspolitik des Ökosystems Nordsee sichergestellt werden. Das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) Gute Nachbarschaft mit Dänemark und die Territoriale Agenda haben räumliche Leitbilder für die zukünftige Entwicklung des Territoriums der Besonderes Gewicht in der europäisch ausgerichte- Europäischen Union festgelegt und damit einen ten Politik Schleswig-Holsteins hat traditionell die Rahmen für die angestrebte Raumentwicklung vorge- Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Dänemark. geben. Schleswig-Holstein wird durch eine integrierte Vor dem Hintergrund der zunehmenden weltweiten Raumentwicklungspolitik seine räumliche Vielfalt und Vernetzung ist die Weiterentwicklung dieser gewach- die Potenziale seiner Regionen und Städte für ein nach- senen Kooperation erforderlich, um gemeinsame Stärken haltiges Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung herauszuarbeiten und von außen als eine Region besser nutzen und damit einen Beitrag zur Stärkung der wahrgenommen zu werden. Bereits jetzt werden auf Wettbewerbsfähigkeit Europas leisten. der Grundlage der Partnerschaftserklärung zwischen Schleswig-Holstein und Süddänemark im Rahmen von jährlichen Arbeitsprogrammen gemeinsame Projekte durchgeführt. Diese grenzüberschreitende Kooperation auf der Jütlandroute soll ebenso intensiviert werden wie bereits bestehende Netzwerke mit der Region Seeland und der Öresundregion. Hierzu sollen gemeinsam mit den dänischen Partnern geeignete Kooperationsstrukturen auf- und ausgebaut sowie Felder für eine langfristige the- matische Zusammenarbeit und gemeinsame strategische Regionalentwicklungsansätze definiert werden.

19 Teil A I Neue Rahmenbedingungen – neue Herausforderungen Zum Inhalt

Durch Zusammenarbeit mehr erreichen und die kommunale Ebene stärken

Die kommunale Ebene soll mehr Entscheidungs- und Zusammenarbeit über die Metropolregion Gestaltungsspielräume bekommen. Gleichzeitig gilt: Hamburg hinaus vertiefen Gemeinsam sind wir stärker. Unter diesem Motto wer- den sich das Land Schleswig-Holstein, seine Regionen Die Metropolregion Hamburg hat sich als eine der führen- und Kommunen zusammen mit nationalen, regionalen den deutschen Metropolregionen in den letzten Jahren und lokalen Partnern den Herausforderungen der Zukunft weiter profiliert und ihre Zusammenarbeit nach innen stellen. Schleswig-Holsteins Entwicklungschancen be- und außen gefestigt. Neue Strukturen und inhaltliche ruhen nicht nur auf einer erfolgreichen Zusammenarbeit Schwerpunktsetzungen haben die Kooperation der drei mit seinen norddeutschen Nachbarländern, um Nord- Landesregierungen Schleswig-Holstein, Hamburg und deutschland zu profilieren und Stärken gemeinsam Niedersachsen und der Kommunen professioneller und zu vermarkten. Auch Kooperationen von Kommunen, effizienter gemacht. Dieser Weg soll weiter konsequent Unternehmen und Institutionen innerhalb räumlich und beschritten werden. Die Metropolregion Hamburg will ihre funktional verflochtener Regionen werden immer wich- Innovationskraft und internationale Wettbewerbsfähigkeit tiger. weiter erhöhen, ihre Leitprojekte konsequent umsetzen und die bestehenden teilräumlichen Binnenstrukturen Regionen stärken zu regionsweiten Netzwerken zusammenführen. Als wirtschaftliches Kraftzentrum in Norddeutschland hat Die Region gewinnt als Handlungsebene vor allem sie eine herausragende Bedeutung für ganz Schleswig- im europäischen Kontext an Bedeutung. Schleswig- Holstein. Entwicklungsimpulse sollen zukünftig noch Holstein will daher seine Teilräume im europäischen stärker ins Land gelenkt werden. Einen wichtigen Beitrag und nationalen Wettbewerb stärken. Sie sollen zu- hierfür leistet der strategische Ansatz einer großräu- nehmend in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben migen Zusammenarbeit der Metropolregion Hamburg in in eigener Verantwortung zu gestalten. Raumwirksame einer überregionalen Partnerschaft, die bis ins nördliche Planungen und Maßnahmen sollen fachübergreifend Schleswig-Holstein und ins westliche Mecklenburg- und - wo erforderlich - auch Ländergrenzen überschrei- Vorpommern reicht. Ziel dieses Kooperationsnetzwerkes, tend auf Regionen ausgerichtet werden. Im Sinne einer das im Rahmen eines Modellvorhabens der Bundes- Entwicklungspartnerschaft unterstützt das Land die raumordnung erprobt wurde (MORO-Nord), ist es, eine Kommunen und Teilräume dabei, sich zu wettbewerbs- langfristige Perspektive großräumiger, projektorientierter fähigen Regionen zu entwickeln. Ziel ist es, möglichst norddeutscher Zusammenarbeit zu schaffen. flächendeckend durch solche regionalen Ansätze die Standortattraktivität zu erhöhen, Wachstum zu fördern Zusammenarbeit in der -Region auf und die Lebensqualität für die Menschen zu verbessern. den Weg bringen Eine bessere Verzahnung der verschiedenen Instrumente der regionalen und interkommunalen Zusammenarbeit Eine institutionalisierte Kooperation zwischen der sowie der einzelnen Fachpolitiken soll dazu beitragen. Landeshauptstadt Kiel und ihren Nachbarkreisen ist sowohl für die Region selber als auch für die gesamte Landesentwicklung von zentraler Bedeutung. Ausgehend von dem Entwicklungspol Kiel soll eine solche Region als wettbewerbsfähiges Kraftfeld zu einer ausgleichenden regionalen Struktur im Land beitragen und attraktiver Partner für Kooperationen mit Skandinavien und mit der Metropolregion Hamburg sein. Mit besonderem Blick auf ihre maritimen Potenziale und Stärken im Technologiebereich soll die Kiel-Region die bisherigen Netzwerke, Marketingaktivitäten und wirtschaftlichen Kooperationsstrukturen in der Region aufgreifen, sie in- tensivieren, festigen und professionell ausbauen.

20 Zum Inhalt

Zusammenarbeit in der Region Lübeck ausweiten Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene partnerschaftlich organisieren In der Region Lübeck geht es zum einen um die Zu- sammenarbeit zwischen dem Oberzentrum Lübeck und Die Herausforderungen der Zukunft werden die Kommu- seinen Umlandgemeinden in Schleswig-Holstein und nen in Schleswig-Holstein vor allem dann erfolgreich Mecklenburg-Vorpommern. Bereits 2002 wurden im meistern, wenn sie sich offen zeigen für partnerschaft- Entwicklungskonzept Region Lübeck (ERL) gemeinsam liche Zusammenarbeit, insbesondere unter dem Motto Perspektiven für die Entwicklung der Region verankert. In “Stadt und Land – Hand in Hand“. Kooperationen sowie den nächsten Jahren stehen eine Aktualisierung dieser Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Wirtschaft und gemeinsamen räumlichen Entwicklungsvorstellungen ein starkes Engagement der Bürgerinnen und Bürger sowie die Umsetzung fachbezogener Konzepte und kon- vor Ort können helfen, in Zeiten demographischer kreter Projekte im Vordergrund. Insbesondere die weitere Veränderungen und knapper öffentlicher Finanzmittel Verlagerung städtischer Funktionen erfordert, dass we- Daseinsvorsorge und Entwicklungsperspektiven für sentliche Aufgaben der Kernstadt und ihrer umliegenden Städte und Gemeinden zu sichern. Freiwillige inter- Städte und Gemeinden zukünftig noch umfassender in kommunale Zusammenarbeit sollte sich dabei sowohl regionaler Zusammenarbeit erfüllt werden. Neben den im Rahmen bewährter öffentlich-rechtlicher oder auf den Stadt-Umlandbereich von Lübeck ausgerichteten privat-rechtlicher Organisationsformen vollziehen, Aktivitäten werden zunehmend von Seiten der regionalen als auch offen sein für informelle Formen partner- Wirtschaftsakteure regionsbezogene wirtschaftliche schaftlicher Zusammenarbeit, wie zum Beispiel die Entwicklungsstrategien initiiert, mit dem Ziel, ein groß- Erarbeitung Regionaler Entwicklungskonzepte oder räumiges, thematisch definiertes Netzwerk herauszubil- die Durchführung von Stadt-Umland-Planungen. den. Mögliche Kooperationsfelder sind eine gemeinsame Die interkommunale Zusammenarbeit soll gute Arbeitsmarktpolitik, Branchen- und Technologiecluster, Lebensbedingungen in den Kommunen sichern, wirt- Wissenschaftsinitiativen und überregionale Verkehrsan- schaftliche Rahmenbedingungen verbessern, den bindungen. Ein solches Fehmarnbelt- oder Hansebelt- Informationsaustausch und die Einbindung relevanter Netzwerk umfasst neben großen Teilen der Region Akteure fördern, Entscheidungsprozesse beschleunigen Lübeck den Kreis und erstreckt sich ent- und eine strategischer Ausrichtung der kommunalen lang der bis in die Metropolregion und regionalen Politik für eine nachhaltige Entwicklung Hamburg. Von der Lage zwischen den Metropolregionen erleichtern. Vertrauen und gegenseitiger Respekt sind Hamburg und Öresund und der entstehenden festen dabei wesentlich für erfolgreiche Zusammenarbeit. Bei Fehmarnbeltquerung sind für diesen Teilraum in den knapper werdenden öffentlichen Finanzmitteln wird nächsten Jahren neue Entwicklungsimpulse zu erwarten. sich die Förderpolitik zukünftig verstärkt an Konzepten und Projekten orientieren, die in interkommunaler Zusammenarbeit im Landesteil Schleswig Zusammenarbeit erstellt wurden. grenzüberschreitend verstärken

Der Landesteil Schleswig ist Brückenkopf zwischen Skandinavien und den mitteleuropäischen Wirtschafts- räumen. Die Weiterentwicklung der internationalen Verkehrsinfrastruktur wird die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung und Kooperation in der Region zusätzlich verbessern. Zusammenarbeit mit der Region Süddänemark und gemeinsame Aktivitäten und Projekte im deutsch-dänischen Grenzraum bieten die Möglichkeit, die Grenzregion insgesamt als wettbewerbs- fähigen Wirtschafts- und Technologiestandort zu positio- nieren. Die mittlerweile auf breiter gesellschaftlicher Basis beruhende Zusammenarbeit soll weiter vertieft werden. Schwerpunktmäßig sollen vereinbarte Leuchtturmprojekte im Bereich alternativer Energien, Logistik, Wissenschaft, Tourismus und Ernährungswirtschaft umgesetzt werden, die beispielhaft für innovative Zusammenarbeit stehen.

21 Zum Inhalt

22 Zum Inhalt

Teil B Ziele und Grundsätze

23 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

1. Entwicklung der übergeordneten Raumstruktur des Landes

1.1 Leitbild

Was wollen wir? Wie kommen wir da hin?

Wir wollen, dass die Teilräume des Landes Indem wir – gleichberechtigt sind und für alle hier lebenden – Entwicklungsstrategien und Handlungsansätze erarbei- Menschen gleichwertige Lebensverhältnisse bieten; ten, die grenzübergreifend sind und an den spezifischen – als Regionen international wettbewerbsfähig sind; Stärken und Kompetenzen der Teilräume ansetzen; – mit ihren besonderen Stärken zur Gesamtentwicklung – die Innovations- und Wachstumspotenziale der des Landes beitragen; Teilräume entwickeln und so ihre Wettbewerbsfähigkeit – zu Innovation, Wirtschaftswachstum und der Entwick- verbessern; lung hin zu einer Wissensgesellschaft beitragen; – Ordnungsräume und ländliche Räume mit ihren unter- – zusammenarbeiten und solidarisch Verantwortung für schiedlichen Entwicklungsperspektiven gleichberech- die Zukunftsfähigkeit des Landes übernehmen; tigt fördern und helfen, Defizite strukturschwächerer – nachhaltig und umweltverträglich entwickelt werden Räume auszugleichen; und die Entwicklung auf den Erhalt der natürlichen – die regionale Profilbildung verbessern und Regionen Ressourcen, der Lebensqualität und der kulturellen stärker international ausrichten; Identität abzielt. – die Zusammenarbeit zwischen den Teilräumen ver- bessern; – mit den Landesentwicklungsachsen Wirtschaftsent- wicklung „ins ganze Land tragen“; – Kooperationen der Metropolregion Hamburg mit wei- teren Teilräumen und Regionen Schleswig-Holsteins stärken; – die Zentralen Orte als Entwicklungspole unterstützen; – bei Verwaltung und Wirtschaft auf regionaler Ebene Ressourcen organisatorisch und institutionell bündeln; – die Teilräume und Regionen durch den Aufbau von Informations- und Kommunikationsstrukturen, insbe- sondere leistungsfähige Breitbandnetze, zukunftsfähig machen und durch gemeinsame Aktionsfelder stärker vernetzen; – die kulturelle und bildungsbezogene Struktur sichern und fortentwickeln und in grenzüberschreitenden Kooperationen sichtbar positionieren; – die Verkehrsverbindungen innerhalb und zwischen den Teilräumen verbessern; – den Biotopverbund und seine räumliche Vernetzung weiter stärken und den Erhaltungszustand der NATURA 2000-Gebiete als Beitrag Schleswig- Holsteins zum Schutz der Biodiversität in Europa bewahren oder verbessern.

24 Zum Inhalt

1.2 Küstenmeer und integrierte Küstenzonenentwicklung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Die Küstenzone schließt je nach Problemstellung die sich an das Küstenmeer (12 Seemeilen-Zone) anschließende 1 G Die Potenziale des Küstenmeeres und des landsei- AWZ sowie Teile des Landesinneren (zum Beispiel auch tigen Küstenbereichs (Küstenzone) sollen genutzt und See- und Binnenwasserstraßen) mit ein. Aufgrund der nachhaltig entwickelt werden. unterschiedlichen funktionalen Zusammenhänge wird Z Das Küstenmeer von Nord- und Ostsee ist in der landseitig keine Abgrenzung vorgenommen. Die räum- Hauptkarte dargestellt. liche Ausdehnung kann daher sehr unterschiedlich sein. Als Orientierung für den landseitigen Küstenbereich der 2 G Im Rahmen eines Integrierten Küstenzonenmanage- Küstenzone kann jedoch die im Raumordnungsbericht ments (IKZM) sollen Küste und Meer 2005 vorgenommene räumliche – regionale Strategien entwickelt werden, um Differenzierung und Abgrenzung der Küstenzone – bis die Potenziale der Küstenzonen von Nord- und drei Kilometer landeinwärts – dienen. Ostsee zu identifizieren und nachhaltig zu nutzen sowie B zu 2 – bei den unterschiedlichen Raumnutzungsan- Die Küstenzonen werden als Wirtschafts-, Siedlungs-, sprüchen und Entwicklungen frühzeitig Nut- Erholungs- und Erlebnisraum von den Menschen ge- zungskonflikte vermieden und bestehende nutzt. Sie sind aber auch ökologisch wertvolle und Nutzungskonflikte minimiert werden. sensible Bereiche. Interessenkonflikte sind so vorpro- grammiert. Zur Nutzung der Potenziale einerseits und 3 G Die unterschiedlichen Raumnutzungsansprüche in zur Vermeidung von Nutzungskonflikten andererseits der Küstenzone sind aufeinander abzustimmen und ist sowohl land- als auch seeseitig eine koordinierte Ziele und Grundsätze relevanter Fachbereiche zu Vorgehensweise unumgänglich. beachten oder zu berücksichtigen. IKZM ist kein neues formales Planungsinstrument, Planungen und Maßnahmen im Küstenmeer sondern ein Kommunikationsprozess. Er umfasst Schleswig-Holstein sind mit denen in den Küsten- die Informationssammlung und -verbreitung, die meeren der angrenzenden Nachbarländer und Planung im Sinne einer strategischen Entwicklung, die -staaten sowie denen in der Ausschließlichen Wirt- Entscheidungsvorbereitung und die Begleitung von schaftszone (AWZ) abzustimmen. Prozessen bei der Umsetzung sowie deren Evaluierung. IKZM zeichnet sich durch folgende Prinzipien aus: Begründung – eine thematisch wie räumlich umfassende und inte- grierte Betrachtung der Küstenzonen; B zu 1 – eine gleichwertige Abwägung von wirtschaftlichen, Land und Meer als integrative Bestandteile der Küsten- ökologischen und sozialen Ansprüchen an die zone zeichnen sich durch besondere Dynamik, Vielfalt Küstenzonen; und Schönheit aus. Ziel ist es daher, die Potenziale der – frühzeitiges Einbeziehen aller für die Planungs- Küstenzonen von Nord- und Ostsee bei gleichzeitigem und Entwicklungsprozesse relevanten Akteure aus Erhalt der natürlichen Dynamik der Küstenökosysteme Verwaltung, Politik und Gesellschaft sowie zu nutzen und eine nachhaltige und umweltverträgliche – eine systematische Steuerung der raumbedeutsamen Entwicklung voranzutreiben. Entwicklungen in den Küstenzonen als dynamischer, Das Küstenmeer, das gemessen von den Basislinien kontinuierlicher und sich wiederholender Prozess. die maximale Küstenmeerbreite von 12 Seemeilen nicht Durch die formulierten Grundsätze sollen IKZM-Prozesse überschreiten darf, schließt sich seewärts an die inneren in Schleswig-Holstein gefördert werden und sowohl Gewässer an. Die inneren Gewässer sind die landwärts dem IKZM-Rahmenkonzept der Landesregierung der Basislinie des Küsten­meeres gelegenen Gewässer. von 2003 als auch der EU-Empfehlung zum IKZM Als Basislinie gilt in der Ostsee die Küstenlinie sowie vor (2002/413/EG vom 30. Mai 2002) und der nationalen den Förden eine Fördeabschlusslinie; in der Nordsee IKZM-Strategie Rechnung tragen. ist mit Ausnahme der Sylter Westküste die Basislinie nach internationaler Übereinkunft koordinatengestützt in einiger Entfernung seewärts der Inseln und Sandbänke definiert. Aufgrund der Festlegung gerader Basislinien gehören die nordfriesischen Inselketten sowie das Wattenmeer zu den inneren Gewässern.

25 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

1.3 Ordnungsräume

B zu 3 Grundsätze und Ziele der Raumordnung Der Nutzungsdruck auf das Küstenmeer Schleswig- Holsteins und die AWZ ist erheblich angestiegen. Es 1 Z Ordnungsräume sind um die schleswig-holsteinischen ist daher erforderlich, Nutzungskonflikte auch raum- Oberzentren Kiel und Lübeck sowie um Hamburg ordnerisch im Sinne einer integrativen Betrachtung der abgegrenzt. Sie umfassen die Verdichtungsräume betroffenen Fachplanungen zu lösen (raumordnerisches mit ihren Randgebieten. Ordnungsräume und Abstimmungsgebot im Küstenmeer). Verdichtungsräume sind in der Hauptkarte darge- Eine raumordnerische Steuerung des Küstenmeeres stellt. Schleswig-Holsteins findet ausschließlich auf der Ebene des LEP statt. Für die AWZ stellt der Bund eigene 2 G In den Ordnungsräumen sollen die Standortvoraus- Raumordnungsziele auf. Die Nachbarländer haben für ihre setzungen für eine dynamische Wirtschafts- und Küstenmeere ebenfalls raumordnerische Festlegungen Arbeitsplatzentwicklung weiter verbessert werden. getroffen. Hierzu sollen die Anbindung an die nationalen und internationalen Waren- und Verkehrsströme über Schiene und Straße sowie Luft- und Seever- kehrswege gesichert und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe sollen in ausreichendem Umfang vorgehalten wer- den.

3 G In den Ordnungsräumen sollen die unterschied- lichen Flächennutzungsansprüche besonders sorg- fältig aufeinander abgestimmt werden. Z Die Siedlungsentwicklung ist durch Siedlungs- achsen (¢2.4.1) und Zentrale Orte (¢2.2) sowie regionale Grünzüge und Grünzäsuren (¢5.3) beson- ders zu ordnen und zu strukturieren. Die Siedlungsentwicklung in den Ordnungsräumen erfolgt vorrangig auf den Siedlungsachsen und ist außerhalb der Siedlungsachsen auf die Zentralen Orte zu konzentrieren. G Diese Siedlungsschwerpunkte sollen gut an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) an- gebunden sein. Städte und Gemeinden auf den Siedlungsachsen sollen möglichst eine Anbindung an den schienengebundenen Personennahverkehr haben (¢3.4.5). Die Räume zwischen den Siedlungsachsen sollen in ihrer landschaftlich betonten Struktur erhalten bleiben. Als Lebensraum der dort wohnenden Menschen, aber auch als Räume für Land- und Forstwirtschaft, Naherholung und Ressourcenschutz sowie als ökologische Funktions- und Ausgleichs- räume sollen sie gesichert werden. Z In den Regionalplänen sind in den Ordnungsräumen regionale Grünzüge (¢5.3.1) und auf den Siedlungs- achsen überörtlich bedeutsame Grünzäsuren (¢5.3.2) darzustellen. Diese Freiräume sind als Gliederungselemente und in ihren Funktionen für den Naturhaushalt und die Naherholung zu sichern.

26 Zum Inhalt

4 G In den Ordnungsräumen besteht für benach- B zu 3 barte Städte und Gemeinden bei Planungen für Die Ordnungsräume entwickeln sich dynamisch, sie Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel, Infrastruktur und sind aber aufgrund ihrer Verdichtung auch durch zur Freiraumge­staltung ein erhöhtes Abstimmungs- räumliche Belastungen gekennzeichnet, wie örtliche und gemeinsames Planungserfordernis. Sie sol- Flächenengpässe, wachsendes Verkehrsaufkommen len hier verstärkt zusammenarbeiten und dabei und zunehmende Nutzungskonflikte. Die konkurrie- möglichst interkommunale Vereinbarungen zur renden Flächenansprüche für Wohnen, Arbeiten, Land- Siedlungsentwicklung (¢2.9) treffen. und Forstwirtschaft, Infrastruktur, Naherholung und Ressourcenschutz müssen daher besonders abgewogen Begründung werden, um die wirtschaftliche Entwicklungsdynamik zu stärken und gleichzeitig Lebensqualität in den B zu 1 Ordnungsräumen zu sichern. Die Verdichtungsräume wurden von der MKRO fest- Wesentliches Instrument zur Steuerung der Siedlungs- gelegt und sind im LEP nachrichtlich dargestellt. entwicklung ist das Konzept der Siedlungsachsen. Die Zusammen mit den sogenannten Randgebieten der Siedlungsachsen, die in den Regionalplänen verbindlich Verdichtungsräume, die im LEP festgelegt werden, bilden abgegrenzt werden (¢2.4.1), sind Schwerpunkte der sie die Ordnungsräume. Siedlungsentwicklung. Die Räume zwischen den Achsen Für die Abgrenzung der Ordnungsräume wurden zu- sind weniger dicht besiedelt und sollen vor allem land- grunde gelegt schaftlich geprägt sein. Sie sind Räume für Land- und – die Pendlerverflechtungen sowie Forstwirtschaft, aber auch Naherholungsräume und stel- – die Verdichtung einer Gemeinde (anhand der len einen Kontrast zu den verdichteten und stark besie- Kriterien Siedlungsdichte, Siedlungsflächenanteil delten Achsen dar. sowie Einwohner und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte je Hektar Gebäude- und Freifläche) und B zu 4 – die Arbeitsplatzzentralität (anhand der Kriterien sozi- Wegen der hohen Siedlungsdichte, der intensiven alversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort je räumlichen Verflechtungen und des erheblichen Einwohner und Anteil der Auspendler an den sozial- Siedlungsdrucks reichen vielerorts die Abstimmungen versicherungspflichtig Beschäftigten am Wohnort). im Rahmen der Bauleitplanung nicht aus, der beson- Zur Methodik der Abgrenzung siehe Anhang A1. deren räumlichen Situation, die beispielsweise durch baulich zusammenhängende Gemeinden oder Stadt- B zu 2 Umlandwanderung gekennzeichnet ist, Rechnung zu Die Ordnungsräume sind Schwerpunkträume der tragen. wirtschaftlichen Entwicklung im Land. Sie profitieren von der Wirtschaftsstärke und der überregionalen Anziehungskraft der Oberzentren. Ein wesentlicher Standortvorteil gegenüber den Oberzentren sind grö- ßere Flächenpotenziale. Diesen Vorteil sollen sie durch eine bedarfsgerechte Flächenausweisung für Gewerbe und Industrie und eine gute Verkehrsanbindung nutzen. Nachhaltigkeitsaspekten ist angemessen Rechnung zu tragen.

27 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

1.4 Ländliche Räume

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 5 G Das Netz des ÖPNV in den ländlichen Räumen soll erhalten und die Verkehrsbedienung auch unter 1 Z Fast 80 Prozent der Gesamtfläche Schleswig- Nutzung neuer Angebotsformen verbessert werden. Holsteins sind ländliche Räume. Der LEP zählt Um ihre überörtliche Versorgungsfunktion wahrneh- dazu alle Städte und Gemeinden außerhalb der men zu können, sollen insbesondere die Zentralen Ordnungsräume (¢1.3). Die ländlichen Räume sind Orte gut über den ÖPNV angebunden sein (¢3.4.5). in der Hauptkarte dargestellt. 6 G Die Landwirtschaft (¢3.9) ist ein prägender Wirt- 2 G Die ländlichen Räume sollen als eigenständige, gleich- schaftsbereich der ländlichen Räume. Die Voraus- wertige und zukunftsfähige Lebensräume gestärkt wer- setzungen für eine leistungsfähige, flächenbezogen den. Die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche wirtschaftende Landwirtschaft sollen erhalten und Entwicklung sollen verbessert werden. Die Bedeutung weiter verbessert werden. der ländlichen Räume als Natur- und Erholungsräume Eine besondere Rolle für die Landwirtschaft soll nachhaltig gesichert werden. Der Vielfalt und wird die Erzeugung und Nutzung der erneuerbaren Unterschiedlichkeit der ländlichen Räume sollen Energien spielen. teilräumliche Strategien und Entwicklungskonzepte Rechnung tragen, die endogene Potenziale nutzen. 7 G Das ökologisch bedeutsame Potenzial der ländlichen Räume soll gesichert und weiterentwickelt werden 3 G Die Entwicklung der ländlichen Räume erfordert eine und die landschaftlichen Qualitäten sollen als wei- intensive und übergreifende Zusammenarbeit aller che Standortfaktoren gestärkt werden. Politikbereiche und integrierte Handlungsstrategien, die unter Beteiligung der Menschen in den länd- Begründung lichen Räumen erarbeitet und umgesetzt werden sollen. Die Handlungsstrategien sollen den Struktur- B zu 1 wandel unterstützen und helfen, die Folgen des Für fast die Hälfte aller Schleswig-Holsteinerinnen und demographischen Wandels zu bewältigen, die Schleswig-Holsteiner sind die ländlichen Räume Wohn- Daseinsvorsorge langfristig zu sichern, Arbeitsplätze und Lebensraum. Aufgrund ihrer landschaftlichen und Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere auch und kulturellen Besonderheiten, ihrer wirtschaftlichen für Frauen und junge Menschen, zu schaffen, die Ausgangssituation und ihrer Entfernung zu den großen Wohnqualität und das Wohnumfeld zu sichern und Zentren sind die ländlichen Räume allerdings sehr un- junge Familien an die ländlichen Räume zu binden. terschiedlich. Ein spezieller Teilraum sind die Stadt- und Umlandbereiche (¢1.5), die aufgrund ihrer Bedeutung 4 G Die Daseinsvorsorge soll überall in den ländlichen innerhalb der ländlichen Räume im LEP als eigene Räumen gesichert werden. Raumkategorie festgelegt und in der Hauptkarte darge- Z Versorgungsschwerpunkte sowie Siedlungs- stellt sind. und Wirtschaftsschwerpunkte in den ländlichen Die ländlichen Räume lassen sich darüber hinaus Räumen sind die Zentralen Orte (¢2.2). Sie werden unterscheiden in: ergänzt durch Gemeinden mit einer ergänzenden – Ländliche Räume im Einzugsbereich der Oberzentren überörtlichen Versorgungsfunktion (¢2.3 Absatz 2). und deren Ordnungsräume: Einrichtungen der Daseinsvorsorge, die einen grö- In diesen zentrumsnahen ländlichen Räumen be- ßeren überörtlichen Versorgungsbereich abdecken, stehen aufgrund der geringen Entfernung zu den sowie die Siedlungsentwicklung sind auf diese Orte wirtschaftsstärksten Räumen des Landes gute zu konzentrieren. Entwicklungsvoraussetzungen. Bereits in der In anderen Gemeinden ergänzen Waren und Vergangenheit konnten sie sich besser entwickeln als Dienstleistungen der Grundversorgung entspre- andere Teile der ländlichen Räume, was Einwohner- chend der Gemeindegröße das Angebot vor Ort. und Wanderungsgewinne, eine starke Bautätigkeit G Bei der Bereitstellung von Einrichtungen der und die Erwerbssituation unterstreichen. Diese Daseinsvorsorge sowie der Siedlungsentwicklung Räume profitieren am ehesten von wirtschaftlichen sollen die Gemeinden in den ländlichen Räumen Überschwappeffekten der großen Zentren und der verstärkt zusammenarbeiten. Metropolregion Hamburg. Wo ein ausreichendes wohnortnahes Arbeitsplatzangebot fehlt, wird durch Berufspendeln in die Oberzentren ein vergleichsweise hoher Lebensstandard sichergestellt.

28 Zum Inhalt

– Zentrumsferne ländliche Räume: B zu 4 Diese ländlichen Teilräume des Landes liegen weiter Damit die Daseinsvorsorge in den ländlichen Räumen entfernt von den Oberzentren oder sind verkehr- gesichert werden kann, wird es vor dem Hintergrund lich schlecht an diese angebunden. Durch den sinkender Einwohnerzahlen immer wichtiger, die Strukturwandel in der Landwirtschaft gehen Erwerbs- Siedlungsentwicklung sowie die Versorgungsinfrastruktur grundlagen und damit immer mehr Arbeitsplätze auf Schwerpunkte zu konzentrieren, damit Investitionen in der Land- und Ernährungswirtschaft verloren. wirtschaftlich tragfähig bleiben. Flächenausweisungen Gleichzeitig fehlen Erwerbsalternativen, insbesondere und die Bereitstellung von Versorgungseinrichtungen auch für Frauen und junge Menschen. Die Räume sollen verstärkt interkommunal oder regional geplant sind dadurch weniger attraktiv für Zuwanderer, und und abgestimmt werden, damit es nicht zu einem es drohen vielerorts langfristig Wanderungsverluste ruinösen Wettbewerb um Einwohnerinnen und Ein- und Einwohnerrückgänge. Diese können wiederum wohner kommt. Erforderlich ist auch eine stärkere die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Versorgungsein- Zusammenarbeit der Zentralen Orte mit Nachbarge- richtungen gefährden und die Lebensqualität in meinden und anderen Zentralen Orten. diesen Räumen verschlechtern. – Ländliche Räume mit hohem touristischen Potenzial: B zu 5 Die Küstenregionen des Landes, insbesondere an Ein ÖPNV mit dichtem Streckennetz und kurzen der Westküste, sind aufgrund ihres landschaft- Taktzeiten gestaltet sich in den ländlichen und oft lichen und infrastrukturellen Potenzials teilweise dünn besiedelten Räumen sehr schwierig, da vieler- weniger strukturschwach als andere zentrumsferne orts kein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Sinkende ländliche Räume. Allerdings weisen sie durch den Einwohnerzahlen können die Situation in den nächs- Tourismus oft eine einseitige Wirtschaftsstruktur ten Jahren weiter erschweren. Gleichwohl sollen die auf und viele Arbeitsplätze sind saisonabhängig. ländlichen Räume auch weiterhin gut mit dem ÖPNV Das Infrastrukturangebot ist in diesen Teilräumen erreichbar bleiben. Vor allem für die steigende Zahl aufgrund des Tourismus besser als in anderen länd- alter und weniger mobiler Menschen wird der ÖPNV lichen Räumen. Die Räume sind zudem attraktive an Bedeutung gewinnen. Er wird aber zunehmend Zuwanderungsregionen, insbesondere für ältere durch alternative Angebotsformen, wie zum Beispiel Menschen. Bürgerbusse, Anruf-Sammeltaxis oder Anrufbusse er- gänzt und verbessert werden müssen. B zu 2 Schleswig-Holstein hat viele attraktive und leistungsstarke B zu 6 ländliche Räume, deren Identität und Zukunftsfähigkeit Wegen ihrer besonderen Bedeutung für die ländlichen ebenso wie ihre natürlichen Ressourcen gesichert werden Räume soll die Landwirtschaft gesichert und gestärkt müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des werden. Zu den Voraussetzungen hierfür siehe weiter fortschreitenden Strukturwandels, der demogra- Ziffer 3.9. Die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer phischen Entwicklung und des Klimawandels. Energien gewinnt für die Landwirtschaft zunehmend an Bedeutung und eröffnet den Landwirten zusätzliche B zu 3 Einkommensperspektiven. Die Herausforderungen für die ländlichen Räume sind vielfältig. Daher sind fachübergreifende Betrachtungen B zu 7 und Handlungsansätze sinnvoll. Die ländlichen Räume sichern die natürlichen Lebens- grundlagen und leisten damit einen Beitrag zum Klimaschutz. Sie bewahren Ressourcen und gestalten Kulturlandschaften dauerhaft. Dabei kommt der nach- haltigen, vielfältig strukturierten und multifunktionalen Land- und Forstwirtschaft eine große Bedeutung zu.

29 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

1.5 Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen Räumen

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 G In der Hauptkarte sind um folgende Ober- und B zu 1 Mittelzentren sowie Unterzentren mit Teilfunktionen Innerhalb der ländlichen Räume unterscheiden sich die von Mittelzentren Stadt- und Umlandbereiche in Ober- und Mittelzentren mit ihren Umlandgemeinden den ländlichen Räumen festgelegt: aufgrund ihrer Siedlungsstruktur sowie ihrer Stärken – Oberzentren: und Schwächen von kleineren Zentralen Orten Flensburg, Neumünster; (Unterzentren, ländlichen Zentralorten) und Dörfern. – Mittelzentren: Dieser Situation wird durch die Festlegung von Stadt- Bad / , Brunsbüttel, und Umlandbereichen und der Formulierung von spezi- Eckernförde, , , , , Mölln, ellen Zielen und Grundsätzen Rechnung getragen. Rendsburg, Schleswig; Die Stadt- und Umlandbereiche umfassen in der Regel – Unterzentren mit Teilfunktionen von Mittelzentren: die Kernstadt und die direkten Nachbargemeinden. , Plön, Ratzeburg. Darüber hinaus orientiert sich die Abgrenzung im LEP Die Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen an der Gebietskulisse bereits bestehender oder wün- Räumen sollen in den Regionalplänen räumlich kon- schenswerter Stadt-Umland­-Planungen (¢Anhang A 3). kretisiert werden. Durch eine Konkretisierung der Abgrenzung in den Regionalplänen soll aktuellen Entwicklungen Rechnung 2 G Die Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen getragen werden. Räumen sollen als regionale Wirtschafts-, Ver- sorgungs- und Siedlungsschwerpunkte in den B zu 2 ländlichen Räumen gestärkt werden und dadurch Die Stadt- und Umlandbereiche zeichnen sich durch Entwicklungsimpulse für den gesamten ländlichen ein herausgehobenes Angebot an Arbeits- und Aus- Raum geben. bildungsplätzen sowie durch Einpendlerüberschüsse aus und bieten im Vergleich zum übrigen ländlichen Raum 3 G Die Standortbedingungen für die Wirtschaft sollen ein größeres Angebot an Infrastruktur, insbesondere für durch das Angebot an Flächen für Gewerbe und den gehobenen Bedarf. Arbeitsplätze und Infrastruktur Industrie und eine gute verkehrliche Anbindung an befinden sich hier schwerpunktmäßig in den Kern- regionale und überregionale Wirtschaftsverkehre städten, doch auch viele Umlandgemeinden sind verbessert werden. Bildungseinrichtungen und Standorte. Kernstädte und Umlandgemeinden sind auf- Wirtschaft sollen verstärkt zusammenarbeiten grund ihrer Standortbedingungen gemeinsam regionale und vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklungsschwerpunkte in den ländlichen Räumen, Entwicklung einem absehbaren Mangel an die insbesondere auch im Hinblick auf die Verbesserung Facharbeitskräften entgegenwirken. der Entwicklung in den übrigen, meist strukturschwä- cheren ländlichen Räume gestärkt werden müssen. 4 G Regional bedeutsame Versorgungseinrichtungen in den ländlichen Räumen sollen vorrangig auf die B zu 3 Stadt- und Umlandbereiche konzentriert werden. Um ihre Funktion als Wirtschaftsschwerpunkte zu Gleichzeitig sollen die Stadt- und Umlandbereiche stärken, müssen die Standortvoraussetzungen für die regional gut angebunden sein, und es soll eine Wirtschaft in den Stadt- und Umlandbereichen verbes- gute Verkehrsverbindung zwischen Kernstadt und sert werden. Neben Infrastruktur und Flächenangeboten Umlandgemeinden (¢3.4) geben. zählen hierzu auch qualifizierte Arbeitskräfte.

5 G Bei Planungen für Wohnen, Gewerbe, Einzelhandel, Verkehr, technische und soziale Infrastruktur, Freizeit, Kultur und Freiraumsicherung soll zusam- mengearbeitet werden. Dabei sollen möglichst inter- kommunale Vereinbarungen getroffen werden (¢2.9 Absatz 2).

30 Zum Inhalt

B zu 4 Regional bedeutsame Versorgungseinrichtungen bieten Infrastruktur sowie Waren und Dienstleistungsangebote, die Zentrale Orte der ober- oder mittelzentralen Ebene (¢ 2.2.1 und 2.2.2) kennzeichnen, wie zum Beispiel Krankenhäuser, Fachhochschulen oder Kaufhäuser. Eine gute verkehrliche Anbindung ist nicht nur ein wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft, sondern sie soll auch sicherstellen, dass schnell und bequem Versorgungseinrichtungen in den Stadt- und Umland- bereichen und insbesondere in deren Kernstädten erreicht werden können. Dies gilt sowohl für die Einwohnerinnen und Einwohner in den Stadt- und Umlandbereichen als auch für weiter entfernt lebende Menschen. Vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Zahl alter und we- niger mobiler Menschen muss eine gute verkehrliche Anbindung auch über den ÖNPV gewährleistet werden.

B zu 5 Aufgrund der engen räumlichen Verflechtungen ist es insbesondere in den Stadt- und Umlandbereichen in ländlichen Räumen sinnvoll und wünschenswert, dass sich die Kommunen bei ihren Planungen besser abstim- men. Durch Zusammenarbeit und interkommunale Vereinbarungen soll Überangeboten bei Wohnbau- und Gewerbeflächen sowie bei der Infrastruktur entgegen- gewirkt werden. Abgestimmte Planungen sollen die Stadt- und Umlandbereiche als Ganzes stärken und sie als Wirtschafts- und Versorgungsschwerpunkte in den ländlichen Räumen sichern.

31 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

1.6 Landesentwicklungsachsen

Grundsätze und Ziele der Raumordnung schaftliche und verkehrliche Entwicklung sowie die 1 G Entlang folgender überregionaler Verkehrswege sind Förderung von Kooperationen im Vordergrund. Die nur Landesentwicklungsachsen festgelegt und in der symbolhaft dargestellten Landesentwicklungsachsen Hauptkarte des LEP symbolisch dargestellt: unterscheiden sich damit in ihrer Funktion von den – Von Hamburg entlang der / Siedlungsachsen (¢2.4.1), die in den Regionalplänen Bundesstraße 5 Richtung Tondern und flächig abgegrenzt sind und Schwerpunkte für die Süddänemark, Siedlungsentwicklung darstellen. – von Hamburg entlang der / Die Landesentwicklungsachsen, die sich an den Bundesautobahn 215 über Neumünster Richtung Bundesautobahnen im Land orientieren, sind durch Kiel beziehungsweise Richtung Flensburg und wichtige Bundesstraßen miteinander verbunden. Süddänemark, Hauptverbindungsachsen sind die Verkehrsverbindung – von der Bundesautobahn 1 bei ent- von der Bundesautobahn 1 über Kiel und Rendsburg lang der Richtung Kiel, bis nach Heide (Bundesstraßen 202 und 76, Bun- – von Hamburg entlang der Bundesautobahn 1 desautobahn 210 und Bundesstraße 203), die Ver- über Lübeck und Puttgarden Richtung Kopen- bindung zwischen Flensburg und Niebüll entlang der hagen und Malmö, Bundesstraße 199, die Verbindung zwischen Schleswig – von Hamburg entlang der und Husum entlang der Bundesstraße 201, der Bereich Richtung sowie der Bundesstraße 207 als Verbindung zwischen den – von Lübeck entlang der Bundesautobahn 20 Bundesautobahnen 24 und 20 und der Bereich der Richtung Niedersachsen. Bundesstraße 404 als Verbindung zwischen den Die Landesentwicklungsachsen werden durch Autobahnen 1, 21 und 24 (¢Abbildung 3). Sie verdeutli- eine Vielzahl wichtiger Verkehrswege untereinan- chen die Anbindung der Landeshauptstadt Kiel und der der verbunden. Gemeinsam bilden sie eine dich- Kreisstädte an der Westküste sowie die Anbindung des te Netzstruktur, die im Hinblick auf die Stärkung nordwestlichen Grenzraums und des östlichen Hamburg- Schleswig-Holsteins als Wirtschaftsstandort be- Umlands an die wesentlichen Verkehrsströme von und darfsgerecht weiterzuentwickeln ist. nach Skandinavien und Osteuropa. Landesentwicklungsachsen und Hauptverbindungs- 2 G Die Landesentwicklungsachsen sollen zur Ver- achsen werden in den verschiedenen Teilräumen des besserung der räumlichen Standortbedingungen Landes durch regional bedeutsame Verkehrswege er- sowie zur Stärkung der Verflechtungsstrukturen im gänzt. Hierzu zählen beispielsweise die Bundesstraße 201 Land beitragen. Sie sollen zwischen Schleswig und Kappeln, die Bundesstraße 200 – ausreichend leistungsfähige, überregionale zwischen Husum und Flensburg oder die Bundesstraße 5 Verkehrsverbindungen für einen großräumigen zwischen Itzehoe und Brunsbüttel. Leistungsaustausch gewährleisten (¢3.4); Entlang der Hauptverbindungsachsen gibt es bereits – Orientierungspunkte für potenzielle gewerbliche zahlreiche gewerbliche Schwerpunkte, insbesondere Standorte von überregionaler Bedeutung sein in den Zentralen Orten. Anders als bei den Landesent- (¢2.6); wicklungsachsen, wo durch die Festlegung von Stand- – die Teilräume und Oberzentren des Landes un- orten für Gewerbegebiete von überregionaler Bedeutung tereinander und mit der Metropolregion Hamburg (¢2.6 Absätze 4 bis 6) neue Entwicklungspotenziale vernetzen; aufgrund der herausragenden verkehrlichen Anbin- – die Verflechtungen zu benachbarten Metropol- dung erschlossen werden sollen, steht bei den Haupt- räumen stärken und die Integration in die natio- verbindungsachsen die Erreichbarkeit der Schwerpunkte nalen und transeuropäischen Netze unterstützen. im Vordergrund. Die vorhandenen Schwerpunkte bieten bereits vielfältige gewerbliche Entwicklungsmöglichkeiten. Begründung B zu 2 B zu 1 Landesentwicklungsachsen werden mit dem LEP erst- Die Landesentwicklungsachsen markieren zentrale mals eingeführt. Sie sollen das Zentralörtliche System und Entwicklungsstränge in Schleswig-Holstein und zeigen das System der Siedlungsachsen unter Berücksichtigung für Räume und Regionen, die durch diese überregio- landschaftsplanerischer Erfordernisse ergänzen. In nalen Verkehrswege erschlossenen sind, besondere Anbetracht der Internationalisierung der Wirtschaft und Wachstumsperspektiven auf. Bei den Landesent- der wachsenden Standortkonkurrenz der Regionen in wicklungsachsen stehen eine zukunftsfähige wirt-

32 Zum Inhalt

Abbildung 3: Landesentwicklungsachsen und Hauptverbindungsachsen

Europa sollen sie die Wettbewerbsbedingungen des gebenenfalls auch andere Verkehrsträger (Schiene, Landes und seiner Teilräume verbessern und Grundlage Wasserstraßen) in Betracht gezogen werden. eines „Wachstumsmodells Schleswig-Holstein“ sein. – Eine verbesserte Anbindung des Nordens an die Satz 2 konkretisiert die Zielsetzung für vier Teilbereiche: Metropolregion Hamburg und die Erschließung – Um leistungsfähige überregionale Verkehrsverbindun- und Vernetzung der Teilräume untereinander sind gen zu gewährleisten, ist der weitere Ausbau der für eine zukunftsfähige Entwicklung Schleswig- Verkehrswege unter Berücksichtigung der Landes- Holsteins von besonderer Bedeutung. Ziel der entwick­lungsachsen sicherzustellen. Landesentwicklungsachsen, insbesondere der – Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Standort- Achsen in Süd-Nord-Richtung, ist es, die wirtschaft- attraktivität muss Schleswig-Holstein in allen Landes- lichen Überschwappeffekte einer „Wachsenden teilen und insbesondere im Verflechtungsraum um Metropolregion Hamburg“ gezielter als bisher auch in Hamburg über eine ausreichende Zahl verkehrlich die Regionen und Zentralen Orte nördlich der förm- hervorragend angebundener und hochwertiger lichen Gebietskulisse der Metropolregion Hamburg Gewerbestandorte verfügen. Hierzu sind auch neue zu lenken. Standorte von überregionaler Bedeutung entlang der – Schleswig-Holstein ist Teil des „weiteren metropo- Landesentwicklungsachsen in Betracht zu ziehen. litanen Verflechtungsraums“ der Metropolregion Sie sollen helfen, Standortnachteile aufgrund der Hamburg. Dies ist für die Landesentwicklung von Lage Schleswig-Holsteins nördlich des Elbtunnels strategischer Bedeutung. Zukünftig sollen aber auch und des Fördergefälles gegenüber Ziel 1-Gebieten die Beziehungen zu den anderen angrenzenden in Nachbarländern auszugleichen. Auf die in Ziffer Metropolregionen intensiviert und die Integration des 2.6 Absatz 5 genannten Anforderungen an Standorte Landes in die nationalen und transeuropäischen Netze für Gewerbegebiete von überregionaler Bedeutung gestärkt werden. Von besonderer Bedeutung sind hier wird hingewiesen. Für die Festlegung sollten ge- die Verflechtungen in den Nord- und Ostseeraum.

33 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2. Siedlungsstruktur und Siedlungsentwicklung

2.1 Leitbild

Was wollen wir? Wie kommen wir da hin?

Wir wollen in Schleswig-Holstein Indem wir – eine nachhaltige Siedlungsstruktur und Siedlungs- – die Siedlungsentwicklung auf Schwerpunkte konzen- entwicklung, die wirtschaftlichen, ökologischen und trieren; sozialen Belangen gerecht wird; – durch die Siedlungsstruktur eine effiziente und kosten- – gute siedlungsstrukturelle Rahmenbedingungen für die günstige Infrastrukturversorgung gewährleisten; Wirtschaft; – an geeigneten Standorten in ausreichendem Umfang – die natürlichen Ressourcen schützen; die Ausweisung von Flächen für Wohnen, Gewerbe – für alle Menschen ein angemessenes und differen- und Industrie ermöglichen; ziertes Angebot an Wohnungen; – dabei im Sinne eines nachhaltigen, zukunftsweisenden – dass Einrichtungen der Daseinsvorsorge für alle Flächenmanagements Konversions- und Brachflächen Menschen in zumutbarer Entfernung erreichbar sind. angemessen berücksichtigen; – Städte und Umlandgemeinden als einen Raum / eine Region begreifen, wo Flächenplanungen möglichst gemeinsam entwickelt und aufeinander abgestimmt werden; – kompakte und Flächen sparende Siedlungsstrukturen und Bauformen fördern und die Möglichkeiten des Umbaus und der Modernisierung von Wohnungen und Gebäuden stärker nutzen; – unterschiedliche Nutzungsansprüche an Flächen mit- einander in Einklang bringen; – Freiräume in Städten und Dörfern erhalten.

34 Zum Inhalt

2.2 Zentralörtliches System

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 5 G Art und Umfang der zentralörtlichen Einrichtungen sollen die erwartete Bevölkerungsentwicklung und 1 Z Das Zentralörtliche System in Schleswig-Holstein die wirtschaftliche Tragfähigkeit berücksichtigen. Bei umfasst Zentrale Orte und Stadtrandkerne. Diese Bedarf sollen Kooperationen mit anderen Zentralen sind unterteilt in: Orten oder Gemeinden des eigenen oder anderer – Oberzentren, Verflechtungsbereiche angestrebt werden. – Mittelzentren, Neue Versorgungseinrichtungen im Nahbereich – Mittelzentren im Verdichtungsraum, sollen möglichst nicht zu Lasten bereits bestehender – Unterzentren mit Teilfunktionen von Mittelzentren, Einrichtungen eines Zentralen Ortes gehen. – Unterzentren, Versorgungseinrichtungen sollen möglichst räum- – ländliche Zentralorte, lich konzentriert im Siedlungskern der Zentralen – Stadtrandkerne I. und II. Ordnung sowie Orte und Stadtrandkerne bereitgestellt werden. – Stadtrandkerne I. Ordnung mit Teilfunktionen von Mittelzentren. 6 G Die Zentralen Orte und Stadtrandkerne sollen ent- Die Zentralen Orte und Stadtrandkerne sind in der sprechend ihrer Funktion in bedarfsgerechtem Hauptkarte nachrichtlich dargestellt. Umfang Flächen für Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur bieten. Bei Flächenplanungen sollen 2 Z Zentraler Ort oder Stadtrandkern ist das baulich sie auch verstärkt mit Gemeinden ihres Nah- oder zusammenhängende Siedlungsgebiet der zentralört- Versorgungsbereichs kooperieren. Es soll eine lich eingestuften Gemeinde. partnerschaftliche Zusammenarbeit angestrebt wer- Die baulich zusammenhängenden Siedlungsge- den, die der Bedeutung der einzelnen Gemeinden biete sind in den Regionalplänen festzulegen. Von gerecht wird und einen fairen Interessenausgleich einbezogenen Nachbargemeinden sind übergreifen- ermöglicht. de Planungskonzepte der zentralörtlich eingestuften Gemeinde zu beachten. 7 G Zur Unterstützung ihrer übergemeindlichen Auf- gaben erhalten Zentrale Orte und Stadtrandkerne 3 Z Die Zentralen Orte und Stadtrandkerne sind Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Schwerpunkte für Infrastruktur und Versorgungs- Finanzausgleich. Diese sollen für zentralörtliche einrichtungen sowie für die wohnbauliche und Einrichtungen im Zentralen Ort / Stadtrandkern oder gewerbliche Entwicklung und sind als solche zu für sonstige Maßnahmen verwendet werden, die sichern und zu stärken. den Einwohnerinnen und Einwohnern des gesamten G Das Zentralörtliche System soll sicherstellen, Verflechtungs- / Versorgungsbereichs zugute kom- dass für alle Menschen im Land in zumutbarer men. Entfernung überörtliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge erreichbar sind.

4 Z Jedem Zentralen Ort sind entsprechend seiner zentralörtlichen Einstufung Verflechtungs- / Ver- sorgungsbereiche zugeordnet. Die Mittelbereiche sind in der Hauptkarte nachrichtlich dargestellt. Die Nahbereiche sind in den Regionalplänen darzustellen. G Die Verflechtungs- / Versorgungsbereiche sollen aufzeigen, welche Gemeinden mit dem Zentralen Ort funktional verflochten sind. Die Zentralen Orte sollen entsprechend ihrer Einstufung für diesen Bereich die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen sicherstellen. Die Bereiche sollen so abgegrenzt sein, dass der Zentrale Ort sie mög- lichst gut versorgen kann.

35 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung achtet werden. Eine Reduzierung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in der Fläche kann allerdings B zu 1 langfristig nicht ausgeschlossen werden. In Teilräumen Zentrale Orte und Stadtrandkerne werden auf der des Landes könnten dann größere Entfernungen Grundlage der Kriterien im LEGG (§§ 15 bis 20) einge- als bisher zu Versorgungseinrichtungen entstehen. stuft. Ihre Festlegung erfolgt in einer Landesverordnung. Diese Entfernungen müssen durch die Sicherung von Im LEP sind sie daher nachrichtlich dargestellt. Einrichtungen mindestens in Zentralen Orten in einem Grundlage für die Darstellung ist die Verordnung zum vertretbaren Rahmen bleiben, damit auch weiterhin Zentralörtlichen System vom 8. September 2009 gleichwertige Lebensverhältnisse gewährleistet sind. (GVOBl. Schl.-H. 2009, Seite 604). B zu 4 B zu 2 Die Zentralen Orte bieten nicht nur für die eigene Das baulich zusammenhängende Siedlungsgebiet ist Bevölkerung Bildungs-, Verwaltungs-, Einkaufs- oder für die planmäßige Siedlungsentwicklung und insbe- Freizeiteinrichtungen, sondern auch für die Bevölkerung sondere für die Zuordnung von zentralen Einrichtungen ihres Verflechtungsbereichs. und die Ansiedlung von Einzelhandelseinrichtungen Nahbereiche sind Bereiche zur Deckung des von Bedeutung. Neben dem Bestand sind solche Grundbedarfs und werden um jeden Zentralen Ort ab- Flächen einzubeziehen, die nach der Bauleitplanung gegrenzt. Trotz Überlagerungen und Überschneidungen für eine Bebauung vorgesehen sind oder für eine der wirtschaftlichen und verwaltungsmäßigen Bezieh- Bebauung geeignet erscheinen, soweit sie mit dem ungen und der Tatsache, dass Einwohnerinnen und Siedlungsgebiet im Zusammenhang stehen. Das bau- Einwohner häufig Einrichtungen in mehreren Zentralen lich zusammenhängende Siedlungsgebiet kann auch Orten nutzen, erfolgt bei den Nahbereichen eine ein- baulich angrenzende Flächen von Nachbargemeinden deutige Zuordnung, die sich an der überwiegenden umfassen. Wegen der Teilhabe an der Entwicklung des Ausrichtung orientiert. Die Nahbereiche werden in der Zentralen Ortes oder Stadtrandkerns müssen diese Verordnung zum Zentralörtlichen System festgelegt und Nachbargemeinden übergreifende Planungskonzepte in den Regionalplänen dargestellt. Stadtrandkernen wer- der eingestuften Gemeinde (zum Beispiel Einzel- den in der Regel keine Nahbereiche zugeordnet, handelskonzepte, Wohnungsmarktkonzepte) beachten. da ihre benachbarten Gemeinden überwiegend vom Schlüsselzuweisungen für übergemeindliche Aufgaben höherrangigen Zentrum versorgt werden und die nach § 15 FAG erhalten nur die zentralörtlich eingestuf- Versorgungsbereiche der Stadtrandkerne daher nicht ten Gemeinden. über das eigene Gemeindegebiet hinausgehen. Eine Ausnahme sind solche Stadtrandkerne, die aufgrund B zu 3 ihrer Ausstattung und Lage erkennbar auch eine Zentrale Orte und Stadtrandkerne sind multifunktio- Versorgungsfunktion für Nachbargemeinden überneh- nale Schwerpunkte. Ihr Standortvorteil besteht in der men oder eine zentralörtliche Teilfunktion haben. Nutzung von Synergieeffekten. Durch die räumliche Mittelbereiche werden zusätzlich zu den Nahbereichen Konzentration von Wohnen, Arbeiten und Infrastruktur um die Zentralen Orte und Stadtrandkerne der mittel- ist das Zentralörtliche System unter wirtschaft- zentralen Ebene (Unterzentren mit Teilfunktionen von lichen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten Mittelzentren, Mittelzentren, Mittelzentren im Ver- besonders leistungsfähig und stützt eine nachhal- dichtungsraum und Stadtrandkerne I. Ordnung mit tige räumliche Entwicklung. Es wirkt einer dispersen Teilfunktionen von Mittelzentren) sowie um Oberzentren Siedlungsentwicklung entgegen und ist wesentlicher ausgewiesen. Sie sind Bereiche zur Deckung des ge- Baustein des Prinzips der dezentralen Konzentration. hobenen, längerfristigen Bedarfs. Sie werden in der Das Zentralörtliche System soll sicherstellen, dass Verordnung zum Zentralörtlichen System festgelegt. die Bevölkerung Einrichtungen der Daseinsvorsorge Oberbereiche, das heißt Verflechtungsbereiche um möglichst wohnortnah und mit vertretbarem Zeit- Oberzentren, werden in Schleswig-Holstein nicht abge- und Kostenaufwand erreichen kann. Es ist in seiner grenzt, da die derzeitigen Planungsräume Süd, Mitte, heutigen Ausprägung hierfür hinreichend dicht ge- Ost und Nord die Versorgungsbereiche der schleswig- knüpft. Vor dem Hintergrund der zukünftigen demo- holsteinischen Oberzentren sowie den schleswig- graphischen Entwicklung muss die Daseinsvorsorge holsteinischen Versorgungsbereich des Oberzentrums aber auch langfristig und für abgelegene oder dünn Hamburg widerspiegeln. besiedelte ländliche Räume gesichert bleiben. Neben Zentrale Orte höherer Stufe erfüllen auch die Ver- dem Aspekt der wirtschaftlichen Tragfähigkeit muss sorgungsfunktionen nachrangiger Zentraler Orte. daher auch die Erreichbarkeit von Einrichtungen be-

36 Zum Inhalt

B zu 5 B zu 6 Zentralörtliche Einrichtungen müssen sich in ihrem Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Zentrale Leistungsangebot an der absehbaren Bevölkerungs- Orte und Stadtrandkerne ihre Schwerpunktfunktion entwicklung orientieren. Dort, wo aufgrund von wahrnehmen können, ist ein entsprechendes Flächen- Einwohnerrückgängen Reduzierungen des Angebots angebot. Sie sollen deshalb eine vorausschauende oder sogar Schließungen von Einrichtungen drohen, Flächenvorsorge betreiben. Neben objektiven soll stärker als bisher mit anderen Zentralen Orten und Flächenengpässen erschweren oftmals schwierige Gemeinden außerhalb des bisherigen Versorgungs- Planungsprozesse eine bedarfsgerechte Ausweisung. bereichs kooperiert werden, um im Interesse des Zentrale Orte und Stadtrandkerne sollen daher insbe- Gesamtraums langfristig ein Versorgungsangebot auf- sondere bei Flächenausweisungen verstärkt mit ihren recht zu erhalten. Nachbargemeinden zusammenarbeiten, um eine be- Zentralörtliche Einrichtungen sollen nicht über das darfsgerechte Versorgung an bestmöglichen Standorten Gemeindegebiet verteilt werden, sondern sich im im Raum zu ermöglichen. Dies soll Zentralen Ort und Siedlungskern oder im engen räumlichen Zusammen- Umland stärken. hang zu diesem konzentrieren. Der Bereich wird im Wesentlichen durch das baulich zusammenhängende B zu 7 Siedlungsgebiet (¢ Absatz 2) abgegrenzt. Vor dem Die Bereitstellung zentralörtlicher Einrichtungen und die Hintergrund einer in den nächsten Jahren deutlich Übernahme von überörtlichen Versorgungsaufgaben steigenden Zahl älterer und weniger mobiler Menschen verursacht bei den Zentralen Orten und Stadtrandkernen wird der Aspekt der räumlichen Konzentration und Kosten, für die sie unterstützend Schlüsselzuweisungen kurzer Wege an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig kann aus dem kommunalen Finanzausgleich erhalten. durch die Konzentration von Versorgungseinrichtungen Es besteht die Möglichkeit, zentralörtliche Mittel, die ein Beitrag zur Steigerung der Attraktivität städtischer dem gesamten Verflechtungsbereich zugute kom- und dörflicher Zentren geleistet werden. men, auch außerhalb des Zentralen Ortes oder Stadt- In Ausnahmen kann es sinnvoll sein, zentralört- randkerns zu verwenden. liche Einrichtungen nicht im Zentralen Ort, sondern in einer dafür besonders geeigneten Gemeinde im Verflechtungsbereich vorzuhalten.

37 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2.2.1 Oberzentren 2.2.2 Mittelzentren

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 Z Die Oberzentren sind Versorgungs-, Wirtschafts- 1 Z Die Zentralen Orte der mittelzentralen Ebene stel- und Arbeitsmarktzentren von überregionaler len regional für die Bevölkerung ihres Verflech- und landesweiter Bedeutung. Sie versorgen die tungsbereichs die Versorgung mit Gütern und Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs sicher. höheren spezialisierten Bedarfs und bieten ein Sie sind darüber hinaus regionale Wirtschafts- und großes und differenziertes Angebot an Arbeits- und Arbeitsmarktzentren mit einem breit gefächerten Ausbildungsplätzen. In diesen Funktionen sind sie Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. In zu stärken und weiterzuentwickeln. diesen Funktionen sind sie zu stärken und weiter- G In den Oberzentren sollen zur Verbesserung zuentwickeln. der Standortbedingungen ein bedarfsgerechtes G Hierzu sollen ein bedarfsgerechtes Angebot Flächenangebot und eine gute verkehrliche an Flächen für Gewerbe und Dienstleistungen Anbindung an andere nationale und internationale sowie eine gute Verkehrsverbindung im Ver- Wirtschaftsstandorte und -regionen beitragen. flechtungsbereich und zu anderen Mittel- und Oberzentren sollen Motoren für eine zukunftsfä- Oberzentren im Land sowie nach Hamburg bei- hige Regionalentwicklung sein. tragen. Mittelzentren sollen über ein vielfältiges und attraktives Angebot an Infrastruktur- und Ver- Begründung sorgungseinrichtungen von regionaler Bedeutung verfügen. B zu 1 Aufgrund ihrer Infrastruktur- und Versorgungsein- 2 Z Unterzentren mit Teilfunktionen von Mittelzentren richtungen stellen die Oberzentren für große Teile des üben für die Nahbereiche mehrerer ländlicher Landes Güter und Dienstleistungen bereit, die in ande- Zentralorte, Unterzentren oder Stadtrandkerne ren Zentralen Orten nicht angeboten werden. Beispiele mindestens teilweise Versorgungsfunktionen hierfür sind unter anderem an das Abitur anschließende für die Deckung des Bedarfs mit Gütern und Bildungseinrichtungen (Fachhochschule, Universität), Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs aus und Behörden der höheren Stufe und umfassende Ein- sind in dieser Funktion zu stärken und weiterzuent- kaufsmöglichkeiten zur Deckung des spezialisierten wickeln. höheren Warenbedarfs (zum Beispiel Großkaufhäuser, G Sie sollen in Teilräumen des Landes, die wegen Einkaufszentren / -passagen). ihrer peripheren Lage, ihrer großen Entfernung zu Oberzentren haben eine überregionale sowie teilweise Mittel- und Oberzentren oder deren schwieriger sogar eine landesweite und über Schleswig-Holstein hi- Erreichbarkeit nur unzureichend versorgt sind, nausgehende Bedeutung. Deshalb sind sie Ausgangspunkt das Angebot auf der mittelzentralen Ebene er- und Motor für regionale Entwicklungsprozesse. Durch eine gänzen. Dieses soll sich an der Ausstattung von entsprechende Verkehrsanbindung ist die Erreichbarkeit Mittelzentren orientieren. der Oberzentren auch für weiter entfernt lebende Menschen sicherzustellen. Eine gute Verkehrsanbindung, Begründung insbesondere an große nationale und internationale Wirtschaftsräume, trägt zur Verbesserung der wirtschaft- B zu 1 lichen Standortvoraussetzungen bei. Mittelzentren, Mittelzentren im Verdichtungsraum und Unterzentren mit Teilfunktionen von Mittelzentren sind Zentrale Orte der mittelzentralen Ebene. Sie nehmen für einzelne Regionen im Land eine Ver- sorgungsfunktion wahr und leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der ländlichen Räume in Schleswig-Holstein. Ihre Verflechtungsbereiche (Mittelbereiche) sollen mehrere Unterzentren, länd- liche Zentralorte oder Stadtrandkerne umfassen. Sie bieten Versorgungsmöglichkeiten für Güter und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs, wie beispiels- weise weiterführende allgemein bildende und berufs- bildende Schulen, Behörden der unteren Stufe oder Krankenhäuser der Regelversorgung.

38 Zum Inhalt

2.2.3 Unterzentren

B zu 2 Grundsätze und Ziele der Raumordnung Unterzentren mit Teilfunktionen von Mittelzentren neh- men in bestimmten Teilräumen des Landes ergänzend 1 Z Unterzentren stellen für die Bevölkerung ihres Ver- zu reinen Mittelzentren Versorgungsaufgaben auf der flechtungsbereichs die Versorgung mit Gütern und mittelzentralen Ebene wahr. Ihre Einstufungskriterien sind Dienstleistungen des qualifizierten Grundbedarfs gegenüber reinen Mittelzentren herabgesetzt. In struktur- sicher. In dieser Funktion sind sie zu stärken und ihr schwachen ländlichen Räumen (¢ Abbildung 4) sind Angebot ist bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. diese nochmals abgesenkt. Unterzentren mit Teilfunk- G Ihre Ausstattung soll sich von ländlichen Zentral- tionen von Mittelzentren haben eine besondere Funktion orten abheben. als Entwicklungsschwerpunkte für die ländlichen Räume. Ihr Angebot an Gütern und Dienstleistungen geht über Begründung das von Unterzentren hinaus, entspricht vielerorts aber noch nicht dem reiner Mittelzentren. B zu 1 Bei der Versorgung mit Gütern des Grundbedarfs un- terscheidet das schleswig-holsteinische Zentralörtliche System zwischen Unterzentren und den niedriger einge- stuften ländlichen Zentralorten. In anderen Ländern sind vergleichbare Orte meist als Grundzentren eingestuft. Unterzentren und ländliche Zentralorte weisen vielerorts die gleichen zentralörtlichen Einrichtungen auf. In der Regel sind Einrichtungen in Unterzentren aber größer oder besser ausgestattet. Zu den zentralörtlichen Einrichtungen des qualifi- zierten Grundbedarfs zählen in der Regel Kommunal- verwaltungen und Fachärzte. In strukturschwachen ländlichen Räumen (¢ Ab- bildung 4) sind die Einstufungskriterien für Unter- zentren gegenüber anderen Räumen herabgesetzt. Damit soll der besonderen Situation in diesen Räumen Rechnung getragen werden. Unterzentren sind hier wichtige Versorgungs- und Entwicklungsschwerpunkte.

Abbildung 4: Strukturschwache ländliche Räume

39 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2.2.4 Ländliche Zentralorte 2.2.5 Stadtrandkerne

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 Z Ländliche Zentralorte stellen für die Bevölkerung 1 G Stadtrandkerne sollen im engen räumlichen Zusam- ihres Verflechtungsbereichs die Versorgung mit menhang mit einem übergeordneten Zentralen Ort Gütern und Dienstleistungen des Grundbedarfs Versorgungsaufgaben wahrnehmen. Ihre zentralört- sicher. In dieser Funktion sind sie zu sichern und lichen Einrichtungen sollen denen vergleichbarer bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. Zentraler Orte entsprechen und in Abstimmung mit einem übergeordneten Zentralen Ort entwickelt wer- Begründung den. Wohnbauliche und gewerbliche Entwicklungen sollen möglichst in Abstimmung mit dem Zentralen B zu 1 Ort erfolgen. Als Zentrale Orte der untersten Stufe stellen die länd- lichen Zentralorte den Grundbedarf, das heißt den 2 G Stadtrandkerne in den Ordnungsräumen sollen auf Bedarf an Gütern und Dienstleistungen des kurzfristigen, den Siedlungsachsen (¢ 2.4.1) liegen. täglichen Bedarfs sicher. Dieser wird beispielsweise Stadtrandkerne sollen verkehrlich gut an das gedeckt durch ärztliche Versorgung im Bereich der Zentrum angebunden sein. Allgemeinmedizin, Zweigstellen von Geldinstituten, Stadtrandkerne sollen baulich so geordnet und Handwerks- oder private Dienstleistungsbetriebe. gestaltet sein, dass ein Versorgungskern erkennbar In Gebieten, die heute mehr als 10 Kilometer von ist. einem Zentralen Ort entfernt sind und in der Hauptkarte als dünn besiedelte abgelegene Gebiete dargestellt sind, Begründung können derzeit ländliche Zentralorte nach herabgesetz- ten Kriterien eingestuft werden. B zu 1 In einem Umkreis von 10 Kilometern um Ober- und Mittelzentren sowie um Hamburg werden keine Zentralen Orte, sondern Stadtrandkerne (I. und II. Ordnung oder I. Ordnung mit Teilfunktionen von Mittelzentren) festge- legt. Die 10 Kilometer-Umkreise sind in der Hauptkarte dargestellt. Die Stadtrandkerne nehmen im engen räumlichen Zusammenhang mit dem Zentralen Ort und für einen begrenzten Bereich, der in der Regel nur das eigene Gemeindegebiet umfasst, Versorgungsaufgaben wahr. In Einzelfällen sind in den 10 Kilometer-Umkreisen um Mittelzentren auch Zentrale Orte festgelegt worden, wenn diese vom Zentrum nicht unmittelbar versorgt wer- den und für mehrere ländliche Gemeinden vollwertige Versorgungsaufgaben wahrnehmen.

40 Zum Inhalt 2.3 Besondere Funktionen von Gemeinden ohne zentralörtliche Einstufung

Unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in Grundsätze und Ziele der Raumordnung Stadtrandgebieten entsprechen Standrandkerne I. Ordnung in ihrer Zentralitätsfunktion Unterzentren 1 G Die Regionalplanung hat die Möglichkeit, Gemein- und Stadtrandkerne II. Ordnung ländlichen Zentralorten. den für eine besondere wohnbauliche und ge- Stadtrandkerne I. Ordnung mit Teilfunktionen von werbliche Entwicklung hervorzuheben. In den Mittelzentren sollen teilweise die Versorgung mit Gütern Regionalplänen kann sie in den Ordnungsräumen und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs decken (¢1.3) und in den Stadt- und Umlandbereichen und sind insofern Mittelzentren vergleichbar. in ländlichen Räumen (¢1.5) Gemeinden oder Wegen der direkten Nähe zu einem übergeordneten Ortsteile von Flächengemeinden benennen, die sich Zentrum (Ober- oder Mittelzentrum) besteht ein beson- in Ergänzung zu den Zentralen Orten besonders für derer Abstimmungsbedarf mit diesen. Nach Möglichkeit eine Wohn- und / oder Gewerbeentwicklung eignen, sollte ein Interessenausgleich zwischen übergeordnetem die bei Bedarf über den Rahmen nach Ziffer 2.5.2 Zentrum und Stadtrandkern erreicht werden. Absatz 3 und 4 oder die Vorgaben nach Ziffer 2.6 Absatz 1 hinausgehen kann. B zu 2 Die Gemeinden sollen hinsichtlich ihrer Infra- Ordnungsräume sind durch einen hohen Siedlungsdruck strukturausstattung und ihrer Verkehrsanbindung gekennzeichnet. Zur besseren Steuerung soll die sowie unter Beachtung ökologischer und landschaft- Siedlungsentwicklung auf Siedlungsachsen konzen- licher Gegebenheiten über die Voraussetzungen für triert werden. Dafür ist es erforderlich, dass auch eine solche Entwicklung verfügen, die nicht zu Lasten die Stadtrandkerne als Siedlungsschwer­punkte in der Zentralen Orte gehen soll. Die Gemeinden sollen die Siedlungsachsen einbezogen werden. Da die in den Stadt- und Umlandbereichen in ländlichen Versorgung in den Stadtrandkernen in Verbindung mit Räumen in guter Zuordnung zu den Kernstädten dem übergeordneten Zentrum erfolgt, soll zudem eine liegen. In den Ordnungsräumen sollen sie eine gute gute verkehrliche Anbindung gegeben sein. Bei der Zuordnung zu größeren Zentralen Orten oder den städtebaulichen Gestaltung ist darauf zu achten, dass Siedlungsachsen haben. Der Benennung in den sich die zentralörtlichen Einrichtungen räumlich konzen- Regionalplänen sollte nach Möglichkeit eine inter- trieren. kommunale Vereinbarung (¢2.9) vorausgehen.

2 G Die Regionalpläne können Gemeinden oder Ortsteilen von Flächengemeinden, die in den ländlichen Räumen außerhalb der Stadt- und Umlandbereiche liegen, eine ergänzende über- örtliche Versorgungsfunktion zuweisen. Diese sollen über ein nennenswertes Angebot an Versorgungseinrichtungen mit Gütern und Dienst- leistungen des kurzfristigen, täglichen Bedarfs verfügen sowie Arbeitsplätze im Handwerk und im Dienstleistungsbereich bieten. Sie sind ergänzende Schwerpunkte für Wohnungsbau und Gewerbe in den ländlichen Räumen. Ihre Entwicklung soll nicht zu Lasten des Zentralen Ortes gehen, in dessen Nahbereich sie liegen. Eine Abstimmung und in- terkommunale Zusammenarbeit mit dem Zentralen Ort soll bei Flächen- und Infrastrukturplanungen angestrebt werden.

41 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt 2.4 Siedlungsachsen und Baugebietsgrenzen 2.4.1 Siedlungsachsen

Begründung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

B zu 1 1 Z Die Siedlungsentwicklung in den Ordnungsräumen Durch die Regionalplanung soll es möglich sein, er- (¢1.3) ist vorrangig entlang von Siedlungsachsen gänzend zu den Schwerpunkten, die durch den LEP auszurichten. Die Grundrichtungen der Siedlungs- vorgegeben sind, in Ordnungsräumen und Stadt- und achsen sowie die äußeren Siedlungsachsenschwer- Umlandbereichen in ländlichen Räumen weitere punkte sind in der Hauptkarte dargestellt. Gemeinden für eine besondere wohnbauliche und In den Regionalplänen sind die Siedlungsachsen gewerbliche Entwicklung festzulegen. Die Gemeinden verbindlich abzugrenzen und durch Grünzäsuren zu müssen hierfür bestimmte Voraussetzungen erfüllen gliedern (¢5.3.2). (¢2.5.2 Absatz 5). Die Eignung soll durch ein gesamt- räumliches Konzept ermittelt werden. Besonders geeig- 2 G Die Abgrenzung der Siedlungsachsen soll sich an net sind zum Beispiel die derzeit in Regionalplänen fest- folgenden Kriterien orientieren: gelegten Gemeinden mit einer planerischen Wohn- und – Den Siedlungsachsen sollen größere baulich zu- Gewerbefunktion. Die Entwicklungsmöglichkeiten wer- sammenhängende Siedlungsgebiete zugeordnet den durch interkommunale Vereinbarungen verbindlich sein; festgelegt (¢2.5.2 Absatz 5, ¢2.6 Absatz 3). – sie sollen über Flächenpotenziale für eine weitere Siedlungsentwicklung verfügen; B zu 2 – die Ergebnisse abgestimmter Stadt-Umland- Auch in den ländlichen Räumen kann es erforderlich Planungen sollen berücksichtigt werden; sein, die durch den LEP festgelegten Schwerpunkte für – die Siedlungsachsen sollen die engeren Wohnen und Gewerbe zu ergänzen, um zu einer be- Einzugsbereiche der Haltepunkte / Bahnhöfe des darfsgerechten Versorgung zu kommen. Daher hat die schienengebundenen ÖPNV umfassen; Regionalplanung die Möglichkeit, weitere Schwerpunkte – sie sollen dem überörtlichen Straßennetz, insbe- festzulegen und Gemeinden oder Ortsteilen eine er- sondere den Autobahnanschlussstellen zugeord- gänzende überörtliche Versorgungsfunktion zu geben. net und damit verknüpft sein; Die Gemeinden müssen hierfür besonders geeignet – die ökologische und landschaftliche Verträglichkeit sein und sich durch ihr überörtliches Infrastruktur- und für eine weitere Siedlungsentwicklung soll ge- Arbeitsplatzangebot deutlich von anderen ländlichen währleistet sein; Gemeinden abheben. Durch Abstimmung mit dem – zusammenhängende landschaftliche Freiräume Zentralen Ort sollen konkurrierende Planungen vermie- sollen erhalten werden und vernetzt bleiben. den werden. 3 Z Auf den Siedlungsachsen sind in bedarfsgerechtem Umfang Siedlungsflächen auszuweisen. Die bau- liche Entwicklung darf nicht über die Abgrenzung der Siedlungsachsen hinausgehen. G Die Siedlungs- und Freiraumentwicklung auf den Siedlungsachsen soll geordnet erfolgen. Der Abstimmung sowie der interkommunalen Zusammenarbeit auf den Siedlungsachsen kommt insbesondere im Hinblick auf eine Stärkung der Zentralen Orte und Stadtrandkerne (¢2.2 Absatz 3) eine besondere Bedeutung zu. Es soll eine zeitlich aufeinander abgestimmte Siedlungsentwicklung angestrebt werden. Insbesondere in den engeren Einzugsbereichen der Bahnhöfe und Haltepunkte des ÖPNV soll eine wohnbauliche Entwicklung in ausreichendem

42 Zum Inhalt

Umfang und in angemessen verdichteter Bauweise B zu 3 ermöglicht werden. Außerdem sollen hier Flächen In den Ordnungsräumen ist auch weiterhin von einer für Gewerbe und Dienstleistungen angeboten wer- im Vergleich zu anderen Teilräumen höheren Nachfrage den, die auf zentrale und / oder wohnungsnahe nach Wohn- und Gewerbeflächen auszugehen. Im Lagen angewiesen sind. Bereich der Achsenräume ist daher eine voraus- Flächen für überörtlich bedeutsame und ver- schauende Flächenvorsorge zu treffen. Aufgrund kehrsintensive Gewerbegebiete sollen gut an das der dynamischen Entwicklung und der damit ver- überörtliche Verkehrsnetz angebunden sein. bundenen hohen baulichen Verdichtung ist auf den Siedlungsachsen besonders darauf zu achten, dass 4 G Die Regionalpläne können in den Ordnungsräumen landschaftliche Freiräume sowie attraktive und gesunde im unmittelbaren Siedlungszusammenhang der Lebensbedingungen erhalten bleiben. Oberzentren besondere Siedlungsräume ausweisen, Um möglichst vielen Berufspendlern eine gute die verbindlich abzugrenzen und darzustellen sind. Erreichbarkeit ihrer Arbeitsplätze durch den ÖPNV zu Z Eine planmäßige Erweiterung über den vorhan- ermöglichen, sollte in den engeren Einzugsbereichen denen baulichen Siedlungszusammenhang hinaus der Haltestellen und Bahnhöfe, insbesondere der ist dabei nicht vorzusehen. Hauptstrecken des ÖPNV, die Wohnraumversorgung Besondere Siedlungsräume dürfen innerhalb ihrer in verdichteter Bauweise erfolgen. Des Weiteren sollte Abgrenzung an einer Siedlungsentwicklung über hier eine Ansiedlung von Gewerbebetrieben und den örtlichen Bedarf hinaus teilhaben. Dienstleistern, die auf zentrale Standorte angewie- sen sind, planerisch sichergestellt werden. Eine gute Begründung Erreichbarkeit ist für viele Unternehmen eine wichtige Standortvoraussetzung. Größere Gewerbegebiete auf B zu 1 den Achsen sollten insoweit in guter Zuordnung zu den Um die Nachteile einer weitläufigen, ringförmigen Autobahnanschlussstellen ausgewiesen werden. Ausbreitung von Siedlungsflächen im Umland großer städtischer Zentren zu vermeiden, soll die Siedlungs- B zu 4 entwicklung in den Ordnungsräumen vorrangig auf Insbesondere im Ordnungsraum Hamburg gibt es Siedlungsachsen erfolgen. Der LEP gibt in der Haupt- kleinere Räume, die sich in Verlängerung innerstäd- karte Grundrichtung und Endpunkte der Achsen tischer Nebenachsen baulich und wirtschaftlich ent- (äußere Siedlungsachsenschwerpunkte) vor. Der Radius wickelt haben. Sie besitzen nicht den Charakter der ergibt sich dabei aus dem engeren Verflechtungsbereich Siedlungsachsen, haben jedoch traditionell an einer der Oberzentren mit ihrem Umland. Die verbindliche planmäßigen Entwicklung in begrenztem Rahmen teil- Abgrenzung der Siedlungsachsen als flächenhaft fest- genommen. Die Ausweisung in den Regionalplänen soll gelegte Räume sowie die Ausweisung von Grünzäsuren den ungesteuerten Prozess einer Zersiedelung plane- zur inneren Gliederung erfolgt durch die Regionalplanung. risch begrenzen.

B zu 2 Die Abgrenzung der Siedlungsachsen gegenüber dem regionalen Freiraum soll unter Berücksichtigung städte- baulicher, infrastruktureller und landschaftlicher Belange erfolgen. Die Siedlungsachsen sollen durch eine dichte Folge von Siedlungsgebieten als punktaxiales Prinzip im Verlauf leistungsfähiger Verkehrslinien gekenn- zeichnet sein. Das Rückgrat bilden dabei in der Regel die schienengebundenen Linien des ÖPNV. Weitere leistungsfähige Verkehrslinien sind die regionalen und überregionalen Straßenverbindungen, insbesondere die Autobahnen, die im Verlauf der Siedlungsachsen der Abwicklung des Individualverkehrs zwischen Arbeitsstätte und Wohnung dienen, aber insbeson- dere auch für gewerbliche Verkehre von besonderer Bedeutung sind.

43 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2.5 Wohnungsversorgung 2.4.2 Baugebietsgrenzen 2.5.1 Allgemeines

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 Z In den Regionalplänen sind in den Schwerpunkt- 1 G In allen Teilräumen des Landes soll eine bedarfsge- räumen für Tourismus und Erholung (¢3.7.1 Absatz 4) rechte Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum Baugebietsgrenzen festzulegen, sofern keine regio- sichergestellt werden. Das Angebot soll den nalen Grünzüge (¢5.3.1) dargestellt sind. Umfang der zukünftigen Nachfrage decken und G Dabei sollen hinsichtlich Größe, Ausstattung, Lage, Gestaltung – Bauflächenausweisungen im aktuellen Flächen- des Wohnumfeldes und Preis den Ansprüchen der nutzungs- / Landschaftsplan der Gemeinde berück- Nachfrager Rechnung tragen. sichtigt werden; Insbesondere sollen die demographischen – die ökologische Qualität und Bedeutung der an- Veränderungen berücksichtigt werden. Es sollen in grenzenden Flächen für die landschaftsbezogene ausreichendem Umfang Wohnungen für die stei- Erholung gewahrt bleiben; gende Zahl älterer Menschen zur Verfügung stehen. – eine bandartige Siedlungsentwicklung entlang Der deutliche Rückgang der Zahl der Haushalte von der Küstenbereiche vermieden werden. Menschen im Alter zwischen 30 und 45 Jahren soll Außerdem soll durch die Baugebietsgrenzen eine bei der Planung und Ausweisung von Flächen für Gliederung des Orts- und Landschaftsbildes erfolgen. Einfamilienhäuser beachtet werden. Z Die gemeindliche Siedlungsentwicklung wird Die Bedürfnisse von Familien mit Kindern sollen durch die Baugebietsgrenzen begrenzt. besser berücksichtigt werden. Für Haushalte mit niedrigem Einkommen soll es ein ausreichendes Begründung Angebot an preiswertem Wohnraum geben. Zu einer bedarfsgerechten Wohnungsversorgung B zu 1 sollen sowohl die Weiterentwicklung der Wohnungs- Baugebietsgrenzen legen Bereiche fest, in denen bestände als auch der Neubau von Wohnungen eine Siedlungsentwicklung erfolgen kann. Mit die- beitragen. Es soll eine möglichst geringe Inan- sem Instrument kann die Regionalplanung die Sied- spruchnahme neuer Flächen erfolgen. Aspekte des lungstätigkeit in stark frequentierten Tourismus- und Klimaschutzes sollen ebenfalls berücksichtigt werden. Erholungsräumen, die gleichzeitig einen hohen Siedlungsdruck haben, ordnen und steuern und die 2 G Der Wohnungsneubau soll folgende Bedarfskom- für die Attraktivität so wichtigen Freiräume erhalten. ponenten berücksichtigen: Touristische Nutzungen und bauliche Entwicklungen – Entwicklung der Zahl der Haushalte (Neubedarf); im Bestand sind außerhalb der Baugebietsgrenzen – Ersatz für Abriss, Zusammenlegung oder grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Bei der Festsetzung Umwidmung von Wohnungen (Ersatzbedarf); von Baugebietsgrenzen sind die Ergebnisse der – Mobilitäts- und Leerstandsreserven für die Landschaftsplanung zu berücksichtigen. Sicherstellung gut funktionierender Wohnungs- märkte.

Begründung

B zu 1 Eine bedarfsgerechte Wohnungsversorgung ist ein we- sentlicher Bestandteil der Daseinsvorsorge. Im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten ist zukünftig von einer quan- titativ und qualitativ deutlich anderen Nachfrage nach Wohnungen auszugehen. Die Wohnungsbestände müssen stärker als bislang bei der Angebotsplanung berücksichtigt werden. Durch Instandsetzung, Umbau und Aufwertung des Wohnumfeldes sollen sie an eine sich ändernde Nachfrage angepasst werden und zudem zum Klima- schutz beitragen. Dies gilt insbesondere für die Wohnungsbestände der 1950er, 60er und 70er Jahre. Gleichzeitig kann ein wichtiger Beitrag zu einer Flächen sparenden Entwicklung geleistet werden.

44 Zum Inhalt

2.5.2 Wohnungsbauent- wicklung in den Gemeinden

B zu 2 Grundsätze und Ziele der Raumordnung Trotz Einwohnerrückgängen wird die Zahl der Haushalte in Schleswig-Holstein in den nächsten Jahren zunächst 1 G Grundsätzlich können in allen Gemeinden im noch weiter steigen. Der Anstieg resultiert vor allem aus Land neue Wohnungen gebaut werden. Art und einer Alterung der Bevölkerung und dem Trend zu mehr Umfang der wohnbaulichen Entwicklung sollen Singlehaushalten. Durch die Zunahme der Zahl Älterer vom Bedarf und von den örtlichen Voraussetzungen leben mehr Personen in kleinen Haushalten. Dadurch abhängen, das heißt von Funktion, Größe, Infra- sinkt die Belegungsdichte und die Zahl der Haushalte strukturausstattung, Lage und Siedlungsstruktur kann trotz sinkender Einwohnerzahlen zunächst weiter der Gemeinden. Bei ihren Planungen sollen die steigen. Etwa ab 2020 ist allerdings landesweit von Gemeinden die Funktionsfähigkeit des Natur- einem Rückgang der Haushaltszahlen auszugehen. haushalts berücksichtigen, Freiräume sichern und Zu diesem Ergebnis kommt die Haushaltsvoraus- weiterentwickeln, Wohnungsbestände einbeziehen berechnung des Statistikamtes Nord auf der Grundlage sowie städtebauliche und überörtliche Erfordernisse der Bevölkerungsvorausberechnung für die Kreise und berücksichtigen. kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein vom November Der Umfang der erforderlichen Flächenneuaus- 2007. Etwa alle drei Jahre wird das Statistikamt Nord weisungen hängt maßgeblich von den Bebauungs- neue Bevölkerungs- und Haushaltsvorausberechnungen möglichkeiten im Innenbereich ab (¢Absatz 6). Bei für die Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Hol- der Ausweisung von neuen Wohngebieten sollen stein erstellen, die Informationen über die Entwicklung Erschließungskosten sowie Folgekosten für die sozi- der Zahl der Haushalte (Neubedarf) im Land geben. ale und technische Infrastruktur berücksichtigt wer- Durch Abriss, Zusammenlegung oder Umwidmung den. Ausweisung und Erschließung von Bauflächen gehen regelmäßig Wohnungen aus dem Bestand. Damit sowie der Bau von Wohnungen sollen zeitlich ange- auch weiterhin ein ausreichendes Angebot zur Verfügung messen verteilt erfolgen. steht, müssen als Ersatz neue Wohnungen gebaut wer- den. Der Bedarf hierfür liegt in Schleswig-Holstein für 2 Z Schwerpunkte für den Wohnungsbau sind die Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern jährlich Zentralen Orte und Stadtrandkerne (¢2.2) sowie bei durchschnittlich 0,1 Prozent des Bestandes und für die Ortslagen auf den Siedlungsachsen (¢2.4.1). Wohnungen in Mehrfamilienhäusern bei etwa 0,3 Prozent Sie werden ergänzt durch die in den Regionalplänen des Bestandes. ausgewiesenen Gemeinden mit einer ergänzenden Funktionierende Wohnungsmärkte brauchen stets überörtlichen Versorgungsfunktion (¢2.3 Absatz 2). einen Bestand an kurzzeitig leer stehenden Wohnungen. G Die Schwerpunkte haben eine besondere Diese Mobilitäts- oder Leerstandsreserve sollte in Verantwortung für die Deckung des regionalen Schleswig-Holstein durchschnittlich bei rund 1 Prozent Wohnungsbedarfs und sollen eine Entwicklung des Wohnungsbestandes liegen. über den örtlichen Bedarf hinaus ermöglichen.

3 Z Gemeinden oder Gemeindeteile, die keine Schwer- punkte für den Wohnungsbau sind, decken den örtlichen Bedarf. Es ist Aufgabe der Regionalplanung in neuen Regionalplänen für den jeweiligen Planungsraum einen Rahmen festzulegen, der aufzeigt, in welchem Umfang in Gemeinden, die keine Schwerpunkte sind, neue Wohnungen gebaut werden können. Die Regionalplanung muss hierfür die jeweils aktu- elle amtliche Bevölkerungsvorausberechnung des Statistikamtes Nord für die Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein zugrunde legen. Eine Schwerpunktentwicklung in den Zentralen Orten und Stadtrandkernen sowie auf den Siedlungsachsen ist zu beachten. G Innerhalb des Planungsraums kann die Regional- planung den Rahmen differenzieren.

45 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

4 Z Bis zur Aufstellung neuer Regionalpläne gilt fol- 6 Z Die Innenentwicklung hat Vorrang vor der Außen- gender Rahmen für die Wohnungsbauentwicklung: entwicklung. Neue Wohnungen sind vorrangig auf In Gemeinden, die keine Schwerpunkte sind, bereits erschlossenen Flächen zu bauen. Bevor die können im Zeitraum 2010 bis 2025 bezogen auf Kommunen neue, nicht erschlossene Bauflächen ihren Wohnungsbestand am 31.12.2009 neue ausweisen, ist von ihnen aufzuzeigen, inwieweit sie Wohnungen im Umfang von noch vorhandene Flächenpotenziale ausschöpfen – bis zu 15 Prozent in den Ordnungsräumen können. Hierzu zählen alle Baugrundstücke (¢1.3) und von – im Geltungsbereich rechtskräftiger Bebauungs- – bis zu 10 Prozent in den ländlichen pläne nach § 30 BauGB, Räumen (¢1.4) – im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, in gebaut werden. denen Vorhaben nach § 33 BauGB zu beurteilen Bei Gemeinden mit einem hohen Anteil an sind, sowie Ferien- und Freizeitwohnungen ist der Bestand an – in Bereichen gemäß § 34 BauGB. Dauerwohnungen zugrunde zu legen. Im Geltungsbereich wirksamer Flächennutzungs- pläne sind darüber hinaus Reserveflächen in städ- 5 G Es besteht die Möglichkeit, dass Gemeinden von tebaulich integrierten Lagen zu überprüfen. dem vorgegebenen Rahmen (¢Absätze 3 und 4) abweichen können. Auf Basis interkommu- Begründung naler Vereinbarungen zwischen benachbarten Gemeinden (¢2.9 Absatz 2) können bei Bedarf B zu 1 einzelne Gemeinden den Rahmen überschrei- Jede Gemeinde kann einen Beitrag zur Deckung ten. Diese Gemeinden sollen hinsichtlich ihres des Wohnungsbedarfs im Land leisten. Ihre bau- Infrastrukturangebotes, ihrer Siedlungsstruktur, ihrer liche Entwicklung soll nachhaltig sein und zentralen verkehrlichen Anbindung sowie unter Beachtung Herausforderungen der nächsten Jahre Rechnung tra- ökologischer Belange über die Voraussetzungen für gen, wie zum Beispiel demographischen Veränderungen mehr Wohnungsbau verfügen. Geeignete Gemeinden oder dem Klimawandel. Im Hinblick auf eine möglichst sollen durch ein gesamträumliches Konzept ermit- geringe Inanspruchnahme neuer Flächen und die fi- telt und von den an der Vereinbarung beteiligten nanziellen Auswirkungen auf die Kommunen und ihre Gemeinden festgelegt werden. Bürgerinnen und Bürger sollen bereits bei der vorbe- Z In Regionalplänen benannte Gemeinden gemäß reitenden Bauleitplanung Innenentwicklungspotenziale Ziffer 2.3 Absatz 1 sind geeignet. und voraussichtliche Infrastrukturfolgekosten berück- In den interkommunalen Vereinbarungen ist der sichtigt werden. Außerdem soll eine angemessene Umfang der wohnbaulichen Entwicklung für die be- zeitliche Entwicklung erfolgen. Haben Gemeinden teiligten Gemeinden verbindlich festzulegen und aus absolut nur einen sehr kleinen Rahmen für ihre der jeweils aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung Wohnungsbauentwicklung (¢Absätze 3 und 4), kann des Statistikamtes Nord für die Kreise und kreis- aus wirtschaftlichen Gründen von einer zeitlichen freien Städte in Schleswig-Holstein abzuleiten. Verteilung abgesehen werden. Schwerpunkte (¢Absatz 2) und Gemeinden gemäß Ziffer 2.3 Absatz 1 sind vorrangig zu berücksichtigen. B zu 2 Der Wohnungsbau soll nach dem Prinzip der dezen- tralen Konzentration erfolgen. Das heißt, er ist auf mehrere Schwerpunkte im Land zu konzentrieren. Dieses räumliche Ordnungsprinzip ist in Bundes- und Landesgesetzen verankert. Ziel sind langfristig trag- fähige Siedlungs- und Versorgungsstrukturen, die gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen des Landes ermöglichen. Eine Schwerpunktsetzung wird im Hinblick auf sinkende Einwohnerzahlen und einen zunehmenden Wettbewerb der Gemeinden um neue Einwohnerinnen und Einwohner zum Erhalt ih- rer Infrastruktur immer wichtiger. Die Eignung einer Gemeinde als Schwerpunkt ergibt sich im Wesentlichen aus ihrer Infrastrukturausstattung und ihrer räumlichen Lage. Gemeinden mit einer ergänzenden überörtlichen

46 Zum Inhalt

Versorgungsfunktion haben in der Regel keine so Der Rahmen bezieht sich auf Dauerwohnungen. Da- gute Infrastrukturausstattung wie Zentrale Orte. Daher her sind Ferien- und Freizeitwohnungen aus dem nehmen sie die Schwerpunktfunktion nur ergänzend Wohnungsbestand und den Baufertigstellungen heraus- wahr. Schwerpunkte sollen durch eine vorausschau- zurechnen, wenn es sich um Gemeinden handelt, die ende Bodenbevorratung sowie ihre Bauleitplanung hier einen hohen Anteil haben. Falls keine statistischen sicherstellen, dass sie mehr als nur den örtlichen Angaben über Ferien- und Freizeitwohnungen vorliegen, Wohnungsbedarf decken können. Dies kann auch in sollen die Anteile geschätzt werden. enger Kooperation mit Nachbargemeinden erfolgen. B zu 5 B zu 3 Einzelne Gemeinden sollen die Möglichkeit haben, den Alle Gemeinden können planerisch Vorsorge für den allgemeinen Rahmen für die Wohnungsbauentwicklung Wohnungsbau im Rahmen des örtlichen Bedarfs zu überschreiten, wenn hierfür entsprechender Bedarf treffen. Gleichzeitig soll beim Wohnungsbau eine besteht, sich die Gemeinden für mehr Wohnungsbau Schwerpunktsetzung erfolgen. Die Entwicklung in eignen und sie sich mit ihren Nachbarn im Rahmen Gemeinden, die keine Schwerpunkte sind, wird daher einer interkommunalen Vereinbarung hierüber verständi- auf den örtlichen Bedarf begrenzt. Dies gilt auch für gen. Dadurch können besondere regionale Entwicklungen Ortslagen zentralörtlich eingestufter Gemeinden, die berücksichtigt werden. Durch Schwerpunktsetzung sollen nicht zum baulich zusammenhängenden Siedlungs- langfristig tragfähige Strukturen gesichert werden. gebiet gehören und damit kein Zentraler Ort oder Stadtrandkern sind (¢2.2 Absatz 2). Der örtliche B zu 6 Bedarf umfasst die Nachfrage der am Ort lebenden Durch den Vorrang der Innenentwicklung sollen im Bevölkerung und Angebote für ortsangemessene Hinblick auf die zukünftige demographische Entwicklung Zuwanderung. tragfähige und kostengünstige Siedlungsstrukturen Bei der Aufstellung neuer Regionalpläne ermittelt die entstehen und eine Zersiedelung begrenzt werden. Regionalplanung den Bedarf für Gemeinden, die keine Innenentwicklung führt in der Regel zu einer Belebung Schwerpunkte sind, und legt einen Rahmen für deren und Aufwertung innerörtlich gewachsener Strukturen Wohnungsbauentwicklung fest. Es soll von einer lan- und Ortsbilder, einer besseren Auslastung vorhandener desweit einheitlichen Planungsgrundlage ausgegangen Infrastruktur sowie altersstruktureller Durchmischung werden. Durch die Möglichkeit, den Rahmen auch noch und dem Erhalt von Landschaftsqualitäten am Ortsrand. unterhalb der Planungsraumebene zu differenzieren, Daher ist im Rahmen der vorbereitenden Bauleitplanung kann regionalen Besonderheiten Rechnung getragen eine Prüfung von Innenentwicklungspotenzialen sinn- werden. voll. Insbesondere für größere Kommunen ist ein Flächenmanagement (¢2.7 Absatz 3) zu empfehlen, B zu 4 das eine systematische Erhebung von Potenzialen im Die Festlegung eines Rahmens für die Wohnungs- Innenbereich erleichtert. Städte und Gemeinden sollten bauentwicklung in Gemeinden, die keine Schwerpunkte sich zudem mit ihrem baulichen Bestand auseinander- sind, soll Aufgabe der Regionalplanung sein. Bis zur setzen. Aufstellung neuer Regionalpläne gilt allerdings ein durch Zu den Reserveflächen in städtebaulich integrierten die Landesplanungsbehörde festgelegter Rahmen. Lagen zählen unter anderem Flächen aufgegebener Dieser ersetzt sowohl den allgemeinen Siedlungsrahmen landwirtschaftlicher Betriebe oder Konversionsflächen. des LROPl 1998 als auch die Festsetzungen in den der- zeit noch gültigen Regionalplänen. Die Differenzierung nach Ordnungsräumen und ländlichen Räumen trägt den unterschiedlichen räumlichen Bedarfen Rechnung. Die Werte von 10 Prozent und 15 Prozent wurden unter Berücksichtigung einer vorrangigen Entwicklung in den Schwerpunkten aus dem aktuell absehbaren Wohnungsneubaubedarf bis 2025 abgeleitet und sind Obergrenzen. Gemeinden, in denen aufgrund klein- räumiger Teilprognosen ein deutlich niedriger örtlicher Bedarf erkennbar ist, sollten den Rahmen durch pla- nerische Vorsorge nicht voll ausschöpfen. Auch ökolo- gische, städtebauliche und infrastrukturelle Gesichtspunkte können gegen ein Ausschöpfen des Rahmens sprechen.

47 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2.6 Flächenvorsorge für Gewerbe und Industrie

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 4 G An den Landesentwicklungsachsen (¢1.6) können in den Regionalplänen Standorte für Gewerbegebiete 1 G Alle Gemeinden können unter Beachtung ökolo- von überregionaler Bedeutung festgelegt werden. gischer und landschaftlicher Gegebenheiten eine Diese sind insbesondere verkehrsintensiven gewerb- bedarfsgerechte Flächenvorsorge für die Erwei- lichen Branchen vorbehalten, die auf eine überregio- terung ortsansässiger Betriebe sowie die Ansied- nale Verkehrsanbindung angewiesen sind und nicht lung ortsangemessener Betriebe treffen. siedlungsnah untergebracht werden können oder Vor der Neuausweisung von Flächen sollen in den sollen. Die Zahl der Standorte soll sich im jeweiligen Gemeinden geeignete Altstandorte, Brachflächen und Planungsraum auf wenige, qualitativ hochwertige und Konversionsstandorte genutzt werden. Es soll darauf größere gewerbliche Entwicklungsschwerpunkte be- geachtet werden, dass Flächen sparend gebaut wird, schränken. die Gewerbeflächen den Wohnbauflächen räumlich Z Für die Festlegung sind zunächst der vorsor- und funktional sinnvoll zugeordnet sind und dass gende, überregionale Flächenbedarf und die insbesondere exponierte Standorte qualitativ hoch- Standortanforderungen der weiteren gewerblichen wertig gestaltet werden. Entwicklung festzustellen. Außerdem sind die Belange benachbarter Planungsräume zu beachten 2 Z Flächen für Gewerbe und Industrie, die nicht den und die Planungen auf der jeweiligen Entwick- Bedingungen nach Ziffer 2.6 Absatz 1 Satz 1 ent- lungsachse abzustimmen. sprechen, sind vorrangig in den Schwerpunkten auszuweisen. Schwerpunkte sind Zentrale Orte 5 G Bei der Festlegung der Standorte für Gewerbegebiete und Stadtrandkerne (¢2.2) sowie Ortslagen auf von überregionaler Bedeutung soll die Regional- den Siedlungsachsen (¢2.4.1). Sie werden ergänzt planung unter Beachtung des regionalen Gewerbe- durch die in den Regionalplänen ausgewiesenen flächenbedarfs die folgenden raumordnerischen Gemeinden mit einer ergänzenden überörtlichen Kriterien berücksichtigen: Versorgungsfunktion (¢2.3 Absatz 2). – Es soll eine besonders gute verkehrliche Anbin- dung an eine Landesent­wicklungsachse sowie 3 G Auf der Basis interkommunaler Vereinbarungen eine verkehrlich gute Anbindung an benachbarte (¢2.9 Absatz 2) zwischen benachbarten Ge- Siedlungsschwerpunkte und Zentrale Orte gege- meinden können bei Bedarf weitere Gemeinden ben sein; bestimmt werden, die sich für eine größere – es sollen möglichst Standorte unter Einbeziehung Gewerbeflächenentwicklung eignen. eines Zentralen Ortes realisiert werden; Die Gemeinden sollen unter Beachtung ökolo- – bei der Festlegung des Umfangs der Flächenaus- gischer und landschaftlicher Gegebenheiten weisungen muss die Funktionsfähigkeit Zentraler – über spezifische Standortvoraussetzungen für Orte gewährleistet bleiben; Gewerbe und Industrie verfügen, – eine bedarfsgerechte ÖPNV-Anbindung soll – eine gute überörtliche Verkehrsanbindung sichergestellt werden; einschließlich guter ÖPNV-Anbindung der – die ökologische Verträglichkeit soll unter Berück- Arbeitsplätze haben sowie sichtigung der Landschaftsplanung gegeben – räumlich gut dem Zentralen Ort oder den sein. Siedlungsachsen zugeordnet sein. Z In den Regionalplänen benannte Gemeinden 6 Z Bei der Festlegung von Standorten für Gewerbe- gemäß Ziffer 2.3 Absatz 1 sind geeignet. gebiete von überregionaler Bedeutung an Landes- In den interkommunalen Vereinbarungen ist der entwicklungsachsen ist der Einzelhandel auszu- Umfang der Gewerbeflächenentwicklung für die schließen (¢2.8). beteiligten Gemeinden verbindlich festzulegen und am regionalen Bedarf auszurichten. Schwerpunkte (¢Absatz 2) und Gemeinden nach Ziffer 2.3 Absatz 1 sind vorrangig zu berücksichtigen.

48 Zum Inhalt

Begründung liche Flächenvorsorge erweitern. Es sollen die flächen- mäßigen Voraussetzungen für wachsenden Bedarf, B zu 1 insbesondere im Bereich Güterverkehr und Logistik Mit der Ausweisung von Gewerbeflächen kann ein geschaffen werden, um Schleswig-Holstein zu dem wichtiger Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Logistikstandort in Nordeuropa zu entwickeln. Die neu- und zur Verbesserung der Arbeitsplatzsituation vor en Standorte sollen ganz überwiegend interessante Ort geleistet werden. In allen Gemeinden gibt es da- Angebote für Neuansiedlungen in Schleswig-Holstein her die Möglichkeit, dass sich bereits ortsansässige und zusätzlichen regionalen Bedarf schaffen. Mit der Betriebe erweitern können. Auch die Ansiedlung neuer Festlegung von Standorten soll gezielt umgegangen Betriebe ist möglich, allerdings muss es sich hierbei um werden, damit es zu keiner beliebigen gewerblichen Betriebe handeln, die sich aufgrund ihrer Branche, ihres Überplanung von Autobahnanschlüssen kommt. Angebots, ihrer Größe und ihrer baulichen Ansprüche Für die Festlegung soll die Regionalplanung den in die gewachsene örtliche Struktur einfügen, das vorsorgenden, längerfristigen Bedarf (nicht den kurz- heißt ortsangemessen sind. Der Flächenbedarf soll fristigen Bedarf aufgrund konkreter Anfragen nach vorher gründlich abgeschätzt werden. Im Sinne von Gewerbeflächen) sowie die zu erwartenden wirtschaft- Nachhaltigkeit ist bei der gewerblichen Entwicklung auf lichen Struktureffekte und Standortanforderungen be- eine möglichst geringe Inanspruchnahme neuer Flächen werten. Gerade für die Planung neuer, überregional (zum Beispiel durch die Verwertung von Flächen, die bedeutsamer gewerblicher Flächen ist eine Planungs- bereits in der Nutzung sind oder waren) sowie auf nied- raum übergreifende Betrachtung erforderlich. Die rige Infrastrukturfolgekosten zu achten. Regionalplanung hat sich daher bereits bei der Be- wertung des eigenen, Planungsraum relevanten Bedarfs B zu 2 mit den benachbarten Planungsräumen abzustimmen, Die gewerbliche Entwicklung soll dem Prinzip der sofern diese betroffen sind. dezentralen Konzentration folgen und auf mehrere geeignete Schwerpunkte konzentriert werden. B zu 5 Größere Gewerbeflächenausweisungen sollen daher Die Regionalplanung soll bei den Festlegungen von in den Zentralen Orten und Stadtrandkernen sowie Standorten für Gewerbegebiete von überregionaler auf den Siedlungsachsen und ergänzend dazu auch Bedeutung an den Landesentwicklungsachsen neben ge- in den Gemeinden mit einer ergänzenden überört- werblichen Chancen und zu erwartenden wirtschaftlichen lichen Versorgungsfunktion erfolgen. Diese sind Struktureffekten auch raumordnerische Kriterien umfas- gleichzeitig Schwerpunkte für Wohnungsbau und send abwägen. Ökologisch bedeutsame Räume sollen Versorgungseinrichtungen, so dass Wohnen, Arbeiten freigehalten werden und neue Bauflächen möglichst und Infrastruktur hier räumlich konzentriert werden kön- Flächen schonend realisiert und gut in die Landschaft nen. Damit verbessern sich die Standortvoraussetzungen eingebunden werden. Die Flächen sollen möglichst für die Wirtschaft und es können Synergieeffekte interkommunal mit betroffenen Zentralen Orten (zum entstehen. Außerdem lassen sich durch räumliche Beispiel durch Zweckverbandsvereinbarungen) entwickelt Konzentration Pendlerverkehre verringern und es kann werden. Soweit die in Absatz 5 genannten materiellen ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Voraussetzungen erfüllt sind (zum Beispiel durch ein regionales Gewerbeflächenentwicklungskonzept), kön- B zu 3 nen bereits im Vorwege von Regionalplanaufstellungen Aufgrund eines erhöhten oder spezifischen Gewerbe- Standorte auf der Grundlage von Zielabweichungs- flächenbedarfs kann es in Teilräumen des Landes er- verfahren nach § 4 Absatz 3 LaplaG oder eines raum- forderlich sein, dass auch weitere Gemeinden, als die planerischen Abstimmungsverfahrens festgelegt werden. in Absatz 2 genannten, größere Gewerbeflächen aus- weisen. Solche Gemeinden sollen in den Regionalplänen B zu 6 hierfür bereits benannt sein oder über geeignete Wegen der besonderen Ausrichtung der Ansiedlung Voraussetzungen verfügen und durch interkommunale von Einkaufseinrichtungen größeren Umfangs am Vereinbarungen festgelegt werden. Zentralörtlichen System, der möglichen Beeinträch- tigung der Innenstädte und der Gefahr einer insgesamt B zu 4 raumunverträglichen Entwicklung ist der Einzelhandel Die Möglichkeit der Festlegung von Standorten für in Gewerbegebieten von überregionaler Bedeutung an Gewerbegebiete von überregionaler Bedeutung Landesentwicklungs­achsen von der Regionalplanung entlang der Landesentwicklungsachsen soll das auszuschließen. Instrumentarium der Regionalplanung für eine gewerb-

49 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2.7 Städtebauliche Entwicklung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Die Umweltqualität in den Städten und Gemeinden soll durch eine ökologisch orientierte Innenentwicklung 1 G Zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in Städten verbessert werden. Hierzu zählen insbesondere und Dörfern und zur Stärkung von Stadt- und die Sicherung von Grünflächen und innerörtlichen Ortsteilzentren sollen Maßnahmen der integrierten Grünachsen mit Übergang zur freien Landschaft Stadt- und Dorfentwicklung durchgeführt werden. sowie der Erhalt und die Verbesserung von Grün- Insbesondere Zentrale Orte sollen Vorsorgestra- verbindungen und Freiflächen in ihrer Funktion tegien und Konzepte entwickeln, die städtebauliche als Frischluftschneisen und als wohnungsnahe Anpassungserfordernisse aufgrund demographischer Erholungsräume. Örtliche Grünzüge und städtebau- und wirtschaftsstruktureller Veränderungen aufzei- liche Grünzäsuren sollen unter Berücksichtigung der gen. Die Konzepte sollen nach Möglichkeit Grundlage ökologischen Belange für die Naherholung gestaltet für die zukünftig verstärkt erforderlichen interkommu- werden. nalen Abstimmungen zur Siedlungsentwicklung sein. Städtebauliche Maßnahmen sollen zur Behebung 4 G In den Städten und Gemeinden soll im Sinne ei- baulicher und sozialer Missstände in städtischen ner nachhaltigen Stadtentwicklung eine verstärkte Problemlagen beitragen. Städtebaulichen Funktions- Nutzungsmischung angestrebt werden. Wohnungen verlusten soll entgegengewirkt werden. und Arbeitsstätten sowie private und öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorgung sollen für 2 G Neue Bauflächen sollen nur in guter räumlicher und die Bevölkerung unter vertretbarem Zeit- und verkehrsmäßiger Anbindung an vorhandene, im bau- Kostenaufwand erreichbar sein. lichen Zusammenhang bebaute, tragfähige Ortsteile und in Form behutsamer Siedlungsabrundungen 5 G Die Siedlungsentwicklung soll mit den Erfordernissen ausgewiesen werden. Auf eine gute Einbindung der einer günstigen Verkehrserschließung und -bedie- Bauflächen in die Landschaft soll geachtet werden. nung durch öffentliche Verkehrsmittel abgestimmt werden. Im Bereich von Haltestellen, insbesondere 3 G Die Inanspruchnahme neuer Flächen soll landes- spurgebundener öffentlicher Nahverkehrsmittel, soll weit reduziert werden. Zur Verringerung der Inan- auf eine städtebauliche Verdichtung hingewirkt wer- spruchnahme von Grund und Boden den. – hat die Innenentwicklung Vorrang vor der Es soll eine stärkere interkommunale Abstimmung Außenentwicklung (¢2.5.2 Absatz 6); von Flächenausweisungen im Rahmen der Bauleit- – sollen Möglichkeiten für eine städtebaulich planung mit verkehrsträgerübergreifenden Lösungen angemessene Verdichtung bestehender oder angestrebt werden. geplanter Bauflächen genutzt werden, die auch soziale Belange berücksichtigen; 6 G Bei der Stadt- und Siedlungsentwicklung, bei – sollen die Umnutzung brachliegender ehemals städtebaulichen Maßnahmen und Maßnahmen baulich genutzter Flächen, insbesondere ehemals der Ortsentwicklung sollen die Erfordernisse eines militärisch, verkehrlich und industriell-gewerblich sparsamen, umweltfreundlichen Energieverbrauchs genutzter Flächen im Siedlungsbereich, vorange- berücksichtigt werden. Energieoptimierte städtebau- trieben und Baulandreserven mobilisiert werden; liche Strukturen wie kompakte Bauweise, Windschutz – soll leer stehende oder leer fallende Bausubstanz und Ausrichtung der Gebäude zur passiven Nutzung in bebauten Ortslagen, insbesondere in den der Solarenergie sollen ebenso Beachtung finden wie Stadt- und Dorfkernen, modernisiert und ange- ein baulicher Wärmeschutz auf hohem technischen messen genutzt werden; Standard. Zur Wärmeversorgung von Wohn- und – sollen Flächen sparende Siedlungs- und Erschlie- Betriebsstätten soll verstärkt der Aufbau von Nah- ßungsformen realisiert werden. und Fernwärmenetzen vorgesehen werden. Ein Flächenmanagement kann die verschiedenen Maßnahmen koordinieren und die notwendige Flächeninanspruchnahme verbessern und optimieren.

50 Zum Inhalt

7 G Gewachsene Siedlungsstrukturen und typische Begründung Baustile sollen im Sinne eines ganzheitlichen bau- kulturellen Verständnisses unter Berücksichtigung B zu 1 zeitgemäßer Anforderungen bewahrt und weiterent- Die Bau- und Siedlungstätigkeit soll den gesellschaft- wickelt werden. lichen Anforderungen an eine nachhaltige Stadt- und Besonders erhaltens- und schützenswerte Ortsentwicklung Rechnung tragen. Das heißt, wirt- Ortskerne oder -teile und städtebauliche Situationen, schaftliche, soziale und ökologische Belange sollen glei- Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler mit benachbar- chermaßen berücksichtigt werden. Auf der Grundlage ten Gebäuden und Anlagen (Ensembleschutz) sowie integrierter Ansätze und Konzepte der Stadt- und durch Verordnung festgesetzte Denkmalbereiche Ortsentwicklung sollen die kommunalen städtebaulichen können in den Regionalplänen aufgeführt werden. Planungen und Maßnahmen mit privaten Investitionen Sie sollen bei allen Planungen und Maßnahmen der Bau- und Siedlungstätigkeit verknüpft werden. berücksichtigt werden. Ihr Umfeld soll unter Vor diesem Hintergrund kommt dem differen- Beachtung denkmalpflegerischer und kulturhisto- zierten und zielgenauen Einsatz der Instrumente rischer Belange entsprechend gestaltet werden. des Besonderen Städtebaurechts (Städtebauliche Bei Bauvorhaben innerhalb von Sichtschneisen, Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Stadtum- die in den Regionalplänen dargestellt sind, soll da- baumaßnahmen und Maßnahmen der Sozialen Stadt) rauf geachtet werden, dass möglichst der Blick auf besondere Bedeutung zu. Stadterneuerung und die schützenswerten Bereiche nicht beeinträchtigt Stadtentwicklung sollen helfen, wird. – Innenstädte und Ortsteilzentren in ihrer städtebau- lichen Funktion unter besonderer Berücksichtigung 8 G Lärmempfindliche Bereiche wie Wohn-, Klinik-, der Wohnraumentwicklung sowie der Belange des Kur- und Erholungsgebiete sollen von Anlagen mit Denkmalschutzes und der Denkmalpflege zu entwi- störenden Wirkungen auf die Umgebung möglichst ckeln; freigehalten werden. Belastungen der Bevölkerung – einer sozialen Polarisierung in Städten entgegenzu- sowie von Natur und Umwelt durch emissionsträch- wirken und die soziale Integrationskraft von Städten tige Anlagen oder andere Aktivitäten sollen so ge- oder problembelasteten Stadtteilen zu stärken; ring wie möglich sein. Unvermeidbare Belastungen – in von erheblichen städtebaulichen Funktionsverlusten sollen durch abgestimmte Nutzungsregelungen betroffenen Gebieten (§ 171 a (2) BauGB) Anpass- oder geeignete technische Maßnahmen begrenzt ungen zur Herstellung nachhaltiger städtebaulicher werden. Strukturen vorzunehmen; Zur wirksamen Abstimmung der Siedlungs- – Brachflächen insbesondere in den Innenstädten für entwicklung mit den Belangen Lärm erzeugender nachhaltige neue Nutzungen zu reaktivieren. Nutzungen sowie zur Lenkung der Bauleitplanung Insbesondere die Mittel- und Oberzentren als größte können in die Regionalplänen nachrichtlich Lärm- Wohn- und Wirtschaftsstandorte müssen im Hinblick schutzbereiche sowie Bauschutzbereiche von auf Schrumpfungsprozesse und rückläufige Bedarfe in Flughäfen übernommen werden. ihrer Leistungsfähigkeit gesichert werden.

B zu 2 Eine Zersiedelung der Landschaft soll verhindert wer- den. Unter Zersiedelung wird sowohl ungeordnete oder unzusammenhängende Bebauung verstanden als auch Bebauung, die durch ihren Umfang und ihre Lage die freie Landschaft und das Ortsbild nachteilig beeinflusst. Neue Baugebiete sollen daher möglichst in Anbindung an bestehende Siedlungseinheiten und in Form von Ortsab­rundungen ausgewiesen werden. Dadurch soll auch Konflikten, zum Beispiel zwischen Wohnsiedlungen und Landwirtschaft, vorgebeugt werden.

51 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

B zu 3 B zu 6 Da Grund und Boden nicht vermehrbar sind, aber Zum nachhaltigen Schutz der Umwelt kommt der weiterhin Freiflächen in nennenswertem Umfang in Berücksichtigung eines sparsamen Energieverbrauches Anspruch genommen werden müssen, ist auf einen besondere Bedeutung zu. Für die Siedlungsentwicklung sparsamen Umgang hinzuwirken. Daher sollen unter an- bedeutet dies, dass Heizungstechniken wie Fernwärme, derem die Erhebung von Innenentwicklungspotenzialen Abwärmenutzung, Erdgasnutzung und Solarnutzung sowie eine intensive und kontinuierliche Auseinander- zukünftig verstärkt zur Anwendung kommen sollten. Die setzung mit dem baulichen Bestand erfolgen. In grö- dafür erforderlichen Investitionen und Betriebskosten ßeren Städten und Gemeinden kann hierzu ein syste- setzen eine ausreichende Anzahl angeschlossener matisches Flächenmanagement beitragen. Neben der Wohneinheiten und damit eine Konzentration der vorrangigen Inanspruchnahme bestehender Potenziale Siedlungsentwicklung voraus. Zugleich ist bei konzen- gehört zum Flächenmanagement gegebenenfalls auch trierter Bebauung die Wärmeabgabe an die Umwelt we- das Herausnehmen von Flächen aus dem Baurecht oder sentlich geringer als bei sehr lockerer Siedlungsweise. der Vermarktung. Passivhäuser können in besonderem Maße dazu beitra- Zur Schonung von Freiflächen und Landschaft soll gen, Heizenergie einzusparen. im Rahmen einer verstärkten Innenentwicklung (¢2.5.2 Zur Bewältigung der ökologischen und ökonomischen Absatz 6) auf eine Aktivierung noch ungenutzter be- Folgen des Klimawandels in der Stadtentwicklung baubarer Flächen sowie die Reaktivierung von Flächen soll der 2009 zwischen dem Innenministerium und leer stehender Bausubstanz hingewirkt werden. Schleswig-Holstein und den fünf wichtigsten woh- Hierdurch kann auch ein Beitrag zum Klimaschutz ge- nungswirtschaftlichen Verbänden in Schleswig-Holstein leistet werden, bestehende Infrastruktur kann besser geschlossene Klimapakt Wohnen 2009 - 2020 beitra- ausgelastet werden und hohe Investitionskosten für gen. Er hat die Erhöhung der Energieeffizienz und die die Erschließung von neuen Baugebieten lassen sich Verstärkung von Maßnahmen zur Energieeinsparung vermeiden. Auch durch eine gezielte Umnutzung und im Wohnungsbestand zum Ziel. Der Ausstoß des kli- Wohnungsmodernisierung kann der Flächenanspruch maschädlichen Kohlendioxids für Heizung und Warm- für neue Baugebiete reduziert werden. wasser soll bis 2020 um rund 29 Prozent gesenkt wer- Hauptanliegen einer ökologisch orientierten Innen- den. entwicklung sind Sicherung und Erhalt nicht besiedelter Flächen als Grünräume, die für das ökologische Gefüge B zu 7 in der Gemeinde und die Erholung der Bevölkerung von Eine enge Verbindung von Denkmalpflege und Sied- Bedeutung sind. lungsentwicklung, insbesondere Stadt- und Dorf- erneuerung / -entwicklung, begünstigt die Verknüpfung B zu 4 ´ von Maßnahmen aus beiden Aufgabenbereichen. Vorteile einer Nutzungsmischung sind Möglichkeiten zur Eine Benennung schützenswerter Bereiche in den – Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen in Regionalplänen beziehungsweise die Darstellung von innerstädtischen Gebieten und von wohnungsnahen Sichtschneisen können zu einer stärkeren Berück- Versorgungsmöglichkeiten; sichtigung denkmalpflegerischer Interessen bei allen – Änderung der Verkehrsmittelnutzung; Planungen und Maßnahmen beitragen. – Revitalisierung von Stadtteilen; Um den Status der Lübecker Altstadt als UNESCO- – Reduzierung störender Landschaftsnutzung in Welterbestätte zu schützen, sollen Sichtachsen und Außenbereichen; Blickbeziehungen zur Altstadt – auch aus dem Lübecker – Verringerung betrieblicher Emissionen wegen höherer Umland – erhalten bleiben. Anforderungen im Bereich des Immissionsschutzes. B zu 8 B zu 5 Lärmschutz dient der Gewährleistung eines hohen Die Zunahme der Verkehrsbeziehungen zwischen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus. Soweit kommt Wohnort, Arbeitsplatz, Schule, Einkaufseinrichtungen nicht nur dem aktiven Lärmschutz, sondern bereits der und Freizeitmöglichkeiten sowie die wirtschaftlichen planenden Vorsorge besondere Bedeutung zu. Erfordernisse für ein tragfähiges Verkehrsnetz be- dingen eine enge Koordination von Siedlungs- und Verkehrsplanung.

52 Zum Inhalt

2.8 Einzelhandel

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 5 Z Art und Umfang solcher Einrichtungen müssen dem Grad der zentralörtlichen Bedeutung der 1 G Grundsatz der Raumordnung ist es, eine ausge- Standortgemeinde entsprechen; die Gesamtstruktur wogene Handels- und Dienstleistungsstruktur zur des Einzelhandels muss der Bevölkerungszahl und Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft der sortimentspezifischen Kaufkraft im Nah- bezie- im Land zu gewährleisten. Hierzu ist ein breites hungsweise Verflechtungsbereich angemessen sein Spektrum von Einrichtungen unterschiedlicher (Kongruenzgebot). Größen, Betriebsarten und Angebotsformen erfor- Dementsprechend vorbehalten sind derlich. Die Einrichtungen sollen nach Größe und Oberzentren Angebot differenziert verteilt mit Schwerpunkten – einzelne Einzelhandelseinrichtungen des aperio- in den Zentralen Orten bereitgestellt werden. Die dischen, höherwertigen, langfristigen oder spezia- Verkaufsflächengröße der Einzelhandelseinrichtungen lisierten Bedarfs (Großkaufhäuser, Fachmärkte mit soll an der sortimentbezogenen örtlichen Versor- mehr als 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche je gungsfunktion der Standortgemeinde ausgerichtet Einzelvorhaben), sein. – Einkaufszentren und sonstige Einzelhandels- agglomerationen (zum Beispiel Fachmarktzentren) 2 G In allen Gemeinden soll auf ausreichende, wohnort- mit mehr als 15.000 Quadratmetern Gesamtver- nahe Einzelhandelseinrichtungen zur Deckung des kaufsfläche je Standort. täglichen Bedarfs, insbesondere an Lebensmitteln Hersteller-Direktverkaufszentren (Factory- oder (Nahversorgung), hingewirkt werden. Dabei soll die Designer-Outlet-Center) als besondere Form des Verkaufsfläche der Einzelhandelseinrichtungen zur großflächigen Einzelhandels sind nur in Oberzentren Nahversorgung am örtlichen Bedarf ausgerichtet zulässig. Sie sind in die vorhandene Zentrenstruktur werden. Die Deckung des spezialisierten, höherwer- zu integrieren. tigen sowie länger- und langfristigen Bedarfs bleibt Mittelzentren insbesondere den Zentralen Orten (¢2.2) verschie- – mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und dener Stufen vorbehalten. Einwohnern im Mittelbereich einzelne Einzel- handelseinrichtungen des aperiodischen, 3 Z Großflächige Einzelhandelseinrichtungen und gehobenen, längerfristigen Bedarfs (Kauf- Dienstleistungszentren sind wegen ihrer besonderen häuser, Fachgeschäfte oder Fachmärkte) mit Bedeutung für die Zentralität nur in den Zentralen bis zu 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche Orten (¢2.2) vorzusehen (Zentralitätsgebot). je Einzelvorhaben sowie Einkaufszentren und Das gilt auch für mehrere kleinere Ladeneinheiten sonstige Einzelhandelsagglomerationen (zum im räumlich-funktionalen Verbund, deren Gesamt- Beispiel Fachmarktzentren) mit bis zu 15.000 Qua- größe die Großflächigkeit erreicht und die ört- dratmetern Gesamtverkaufsfläche je Standort, liche Versorgungsfunktion überschreitet sowie – mit bis zu 50.000 Einwohnerinnen und die Erweiterung vorhandener Betriebe in die Einwohnern im Mittelbereich einzelne Einzel- Großflächigkeit hinein. handelseinrichtungen des aperiodischen, ge- hobenen, längerfristigen Bedarfs (Kaufhäuser, 4 Z Bei der Ansiedlung großflächiger Einzelhandels- Fachgeschäfte oder Fachmärkte) mit bis zu einrichtungen ist die wesentliche Beeinträchtigung 8.000 Quadratmetern Verkaufsfläche je Einzel- der Funktionsfähigkeit bestehender oder ge- vorhaben sowie Einkaufszentren und sonstige planter Versorgungszentren, insbesondere an Einzelhandelsagglomerationen (zum Beispiel integrierten Versorgungsstandorten, innerhalb der Fachmarktzentren) mit bis zu 10.000 Quadrat- Standortgemeinde zu vermeiden. Darüber hinaus metern Gesamtverkaufsfläche je Standort. darf die Versorgungsfunktion beziehungsweise die Funktionsfähigkeit bestehender oder geplanter Versorgungszentren benachbarter Zentraler Orte nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Beein- trächtigungsverbot).

53 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Unterzentren Ländlichen Zentralorten mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums – mit mehr als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern – mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Ein- im Nahbereich Einzelhandelseinrichtungen und sons- wohnern im Mittelbereich über die Einkaufs- tige Einzelhandelsagglomerationen zur Deckung einrichtungen zur Deckung des qualifizierten des Grundbedarfs mit bis zu 2.000 Quadrat- Grundbedarfs hinaus in begründeten Einzelfällen metern Verkaufsfläche je Einzelvorhaben, Einzelhandelseinrichtungen, Einkaufszentren – mit bis zu 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und sonstige Einzelhandelsagglomerationen zur im Nahbereich Einzelhandelseinrichtungen und Deckung des aperiodischen, gehobenen, länger- sonstige Einzelhandelsagglomerationen zur fristigen Bedarfs mit bis zu 8.000 Quadratmetern Deckung des Grundbedarfs mit bis zu 1.500 Qua- Verkaufsfläche je Einzelvorhaben, dratmetern Verkaufsfläche je Einzelvorhaben. – mit bis zu 30.000 Einwohnerinnen und Ein- Stadtrandkernen II. Ordnung wohnern im Mittelbereich über die Einkaufs- – den ländlichen Zentralorten entsprechende Ein- einrichtungen zur Deckung des qualifizierten kaufseinrichtungen. Maßgeblich sind die Grundbedarfs hinaus in begründeten Einzelfällen Einwohnerzahlen des jeweiligen Versorgungs- Einzelhandelseinrichtungen, Einkaufszentren bereiches. und sonstige Einzelhandelsagglomerationen zur Auf der Grundlage übergreifender Konzepte sind in Deckung des aperiodischen, gehobenen, länger- Abstimmung mit der Kernstadt auch höherwertige fristigen Bedarfs mit bis zu 6.500 Quadratmetern Einkaufseinrichtungen möglich. Verkaufsfläche je Einzelvorhaben. Gemeinden ohne zentralörtliche Einstufung Unterzentren – Einkaufseinrichtungen mit höchstens 800 Qua- – mit mehr als 15.000 Einwohnerinnen und Ein- dratmetern Verkaufsfläche je Einzelvorhaben. wohnern im Nahbereich Einzelhandelsein- In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 sind, soweit richtungen, Einkaufszentren und sonstige die Nahbereichsgröße das zulässt, auch Einkaufs- Einzelhandelsagglomerationen zur Deckung einrichtungen mit mehr als 800 Quadratmetern des qualifizierten Grundbedarfs mit bis zu ausnahmsweise möglich. Das gilt insbesondere für 5.000 Quadratmetern Verkaufsfläche je Einzel- Gemeinden mit einer ergänzenden überörtlichen vorhaben, Versorgungsfunktion (¢2.3 Absatz 2). – mit bis zu 15.000 Einwohnerinnen und Ein- In begründeten Ausnahmefällen kann von den wohnern im Nahbereich Einzelhandelseinrich- Schwellenwerten abgewichen werden. tungen, Einkaufszentren und sonstige Einzel- handelsagglomerationen zur Deckung des 6 Z Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit nah- qualifizierten Grundbedarfs mit bis zu 4.000 Qua- versorgungsrelevanten Sortimenten sind nur im dratmetern Verkaufsfläche je Einzelvorhaben. baulich zusammenhängenden Siedlungsgebiet der Stadtrandkernen I. Ordnung Standortgemeinde zulässig (siedlungsstruktu- mit Teilfunktionen eines Mittelzentrums relles Integrationsgebot). – den Unterzentren mit Teilfunktionen eines Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit Mittelzentrums entsprechende Einkaufsein- zentrenrelevanten Kernsortimenten sind nur an richtungen. städtebaulich integrierten Standorten im räumlichen Auf der Grundlage übergreifender Konzepte sind in und funktionalen Zusammenhang mit den zentralen Abstimmung mit der Kernstadt auch höherwertige Versorgungsbereichen der Standortgemeinde zuläs- Einkaufseinrichtungen möglich. sig (städtebauliches Integrationsgebot). Stadtrandkernen I. Ordnung Derartige Einzelhandelseinrichtungen sind aus- – den Unterzentren entsprechende Einkaufs- nahmsweise außerhalb der zentralen Versorgungs- einrichtungen. Maßgeblich sind die Einwohner- bereiche im baulich zusammenhängenden zahlen des jeweiligen Versorgungsbereiches. Siedlungsgebiet der Standortgemeinde zulässig, Auf der Grundlage übergreifender Konzepte sind in soweit eine städtebaulich integrierte Lage nach- Abstimmung mit der Kernstadt auch höherwertige weislich nicht möglich ist, die vorhandene Einzel- Einkaufseinrichtungen möglich. handelsstruktur weitere sortimentspezifische Ver- kaufsflächenentwicklungen zulässt, die zentralörtliche Bedeutung gestärkt wird und die Ansiedlung zu kei- ner wesentlichen Verschlechterung der gewachsenen

54 Zum Inhalt

Funktion der zentralen Versorgungsbereiche der 1 2 Z Für bestehende Einzelhandelsagglomerationen an Standortgemeinde oder benachbarter Zentraler Orte nicht integrierten Standorten sind Bebauungspläne führt. Zentrale Versorgungsbereiche sind regelmäßig aufzustellen, um die vorhandenen, regionalen die Innenstädte oder die Ortskerne sowie in Unter-, Versorgungsstrukturen in integrierter Lage zu Mittel- und Oberzentren die sonstigen Stadtteil- und sichern und weitergehende, nicht integrierte Ent- Versorgungszentren. wicklungen auszuschließen.

7 Z Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit nicht- 1 3 G Die Ausweisung neuer Flächen für den großflä- zentrenrelevanten Kernsortimenten sind auch au- chigen Einzelhandel soll interkommunal zwischen ßerhalb der städtebaulich integrierten Lagen an ver- den Zentralen Orten eines Mittelbereichs sowie im kehrlich gut erreichbaren Standorten im baulich zu- Einzelfall mit den gleich- beziehungsweise höherran- sammenhängenden Siedlungsgebiet (¢2.2. Absatz gigen Zentralen Orten benachbarter Mittelbereiche 2) des Zentralen Ortes zulässig. Dabei sind regelmä- im Einzugsbereich der geplanten großflächigen ßig nicht mehr als 10 Prozent der Verkaufsfläche für Einzelhandelseinrichtung abgestimmt werden. zentrenrelevante Randsortimente zulässig. 14 G Von einzelnen Vorgaben der Absätze 1 bis 10 kann 8 Z In Gemeinden mit mehreren Versorgungsbereichen auf der Basis eines interkommunal abgestimmten muss der großflächige Einzelhandel auf das inner- Konzeptes (regionales oder Stadt-Umland-Einzel- gemeindliche Zentrensystem ausgerichtet sein. handelskonzept) (¢2.9) unter Berücksichtigung der Erfordernisse der Raumordnung abgewichen werden. 9 Z Lebensmitteldiscountmärkte mit mindestens 800 Quadratmetern Verkaufsfläche können auch 1 5 G Insbesondere in den Städten und Gemeinden, bei einer Geschossfläche von weniger als bei denen das baulich zusammenhängende Sied- 1.200 Quadratmetern negative Auswirkungen auf lungsgebiet (¢2.2. Absatz 2) des Zentralen Ortes die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, die kommunale Grenze überschreitet, sind für Art auf die Versorgung der Bevölkerung in ihrem und Umfang der in diesen Nachbargemeinden Einzugsbereich sowie auf die Entwicklung zentraler wahrgenommenen teilzentralen Aufgaben der Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in an- Versorgung die Zielsetzungen und Konzeptionen deren Gemeinden haben. Negative Auswirkungen des Zentralen Ortes selbst maßgeblich. Insoweit im Sinne des Satzes 1 sind bei der Ansiedlung oder kann von den landesplanerischen Vorgaben Erweiterung solcher Märkte weitgehend zu vermei- für eine differenzierte räumliche Verteilung von den. Lebensmitteldiscountmärkte mit mindestens Einkaufseinrichtungen nur einvernehmlich abgewi- 800 Quadratmetern Verkaufsfläche, die solche chen werden. Auswirkungen haben, sind nach Maßgabe des gel- tenden Planungsrechts außer in Kerngebieten nur in 1 6 G Großflächige Einzelhandelseinrichtungen und Sondergebieten anzusiedeln. Dienstleistungszentren sollen in örtliche und regio- nale ÖPNV-Netze eingebunden werden. 1 0 Z Lebensmitteldiscountmärkte gemäß Absatz 9 sind im Rahmen der Bauleitplanung nur in Anbindung an bestehende oder geplante Nahversorgungszentren in integrierter Lage nach Maßgabe von Absatz 6 anzusiedeln.

11 Z Zur Sicherung des landesplanerischen Ziels eines gestuften Versorgungssystems an geeig- neten Standorten sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen, insbesondere mit Ausweisung gewerblicher Bauflächen, Festsetzungen zu treffen, die eine diesen Zielen zuwiderlaufen- de Entwicklung durch sukzessiv erfolgende Einzelhandelsansiedlungen (Einzelhandelsagglo- merationen) ausschließen.

55 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung von Einkaufseinrichtungen wesentliche Teile ihrer zentralörtlichen Ausstattung und Funktionen verlieren B zu 1, 2 könnten und damit unter Umständen kaum noch in der Mit der Erhaltung einer bedarfsgerechten Versorgung der Lage sind, kostenintensive sonstige Einrichtungen der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Einzelhandelsgütern Daseinsvorsorge vorzuhalten. Eine solche Entwicklung und Dienstleistungen in erreichbarer Nähe bezie- ginge letztlich auch direkt zu Lasten der zu versorgenden hungsweise zumutbarer Entfernung soll wesentlichen Nahbereichsgemeinden. Unter Bezug auf Absatz 2 sind Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Verkehrs- im Bereich der Nahversorgungseinrichtungen allerdings und Zentrengefüges einschließlich der hieran orien- Ausnahmen vom Zentralitätsgebot möglich. tierten bestehenden oder angestrebten zentralörtlichen Unter den großflächigen Einzelhandelseinrichtungen Versorgungsstruktur entgegengewirkt werden. sind in der Regel Einzelhandelsbetriebe mit mindestens Das soll durch eine Koppelung der Regelgröße die- 800 Quadratmetern Verkaufsfläche, Einkaufszentren und ser Einzelhandelseinrichtungen an den Grad der zen- vergleichbare Einrichtungen zu verstehen. In die landes- tralörtlichen Einstufung und damit an die zugeordnete planerische Beurteilung werden auch solche Planungen Versorgungsfunktion sowie an die Größe des jeweiligen und Vorhaben einbezogen, mit denen ein vorhandener zentralörtlichen Verflechtungsbereiches erreicht wer- Betrieb erheblich oder in die Großflächigkeit hinein den. Dabei sind Art, Umfang und Einzugsbereich dieser erweitert wird oder Agglomerationen, die in ihrer Ge- Einrichtungen auch mit der Ausstattung benachbarter samtgröße die Großflächigkeit erreichen. Verflechtungsbereiche in Beziehung zu setzen. Art und Umfang der Nahversorgungseinrichtungen B zu 4 (Einzelhandelseinrichtungen mit Sortimenten zur Bei Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsein- Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Waren des richtungen, also bei Hinzutreten neuer oder der täglichen Bedarfs) sollen sich am örtlichen Bedarf Erweiterung bestehenden Einzelhandels oder der (zum Beispiel Bevölkerungszahl und vorhandene Umnutzung von anderweitiger Fläche zu Einzel- Einzelhandelsstruktur) ausrichten. In Mittel- und handelsfläche erfolgt ab der Grenze der Großflächigkeit Oberzentren sind auch andere Größenordnungen vor- eine Bekanntgabe der Ziele der Raumordnung nach stellbar, soweit die Nahversorgungsstrukturen in der Maßgabe des Landesplanungsgesetzes im Falle von Standortgemeinde selbst oder in den zentralörtlichen Bauleitplänen oder Einzelvorhaben. und gegebenenfalls auch anderen Nachbargemeinden Wesentlicher Prüfungsmaßstab für die räumliche nicht gefährdet werden. Verträglichkeit ist das Beeinträchtigungsverbot als Ziel Die Sicherstellung der Nahversorgung in zumutba- der Raumordnung. rer Entfernung soll sich an den Entfernungskriterien Die Funktionsfähigkeit bestehender oder geplanter des § 15 Absatz 2 Satz 2 LEGG orientieren, wonach Versorgungszentren benachbarter Zentraler Orte und die Entfernung zwischen einem Wohnplatz und einem innerhalb der Standortgemeinde darf nicht wesentlich Zentralen Ort höchstens zehn Kilometer betragen soll. beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, Bei Einrichtungen des spezialisierten, höherwertigen dass die Funktion Zentraler Orte übergeordneter Stufe Bedarfs kann diese Entfernung aufgrund der aperio- über die Versorgungsfunktion nachgeordneter Zentraler dischen Nachfrage nach diesen Gütern erheblich größer Orte hinausgeht. sein. Großflächige Einzelhandelseinrichtungen können eine zentrumsbildende Funktion annehmen und dadurch B zu 3 die zentralen Versorgungsbereiche, wie zum Beispiel Die Bereitstellung von großflächigen Einzelhandels- die Innenstadt oder den Ortskern, aber auch die einrichtungen und die Versorgung mit höherwertigen Nahversorgungsstandorte sowohl der benachbarten Waren oder Gütern des aperiodischen Bedarfs sollen in Zentralen Orte als auch innerhalb der Standortgemeinde den Zentralen Orten erfolgen. gefährden. Dadurch würden die Versorgungsstrukturen Das bedeutet, dass die zum jeweiligen Verflech- und die Funktionsfähigkeit der benachbarten Zentralen tungsbereich eines Zentralen Ortes gehörenden Orte und der Standortgemeinde beeinträchtigt. Gemeinden aufgrund des Gebots der interkommunalen Rücksichtnahme die Pflicht haben, bei ihrer Eigen- entwicklung die Versorgungsfunktionen des Zentralen Ortes zu beachten. Insoweit werden dem Recht der Nahbereichsgemeinden auf Eigenentwicklung dort inhaltliche Grenzen gesetzt, wo anderenfalls zu be- fürchten wäre, dass die Zentralen Orte durch Abzug

56 Zum Inhalt

B zu 5 die landesplanerischen Elemente erforderlich, als viel- Nach dem Kongruenzgebot darf das Einzugsgebiet des mehr eine in der Verantwortung der Kommunen liegen- anzusiedelnden großflächigen Einzelhandelsbetriebes de städtebauliche Zentrenplanung mit unterschiedlichen den Verflechtungsbereich der Standortgemeinde Schwerpunkten. nicht wesentlich überschreiten. Darüber hinaus müs- Soweit eine Gemeinde mehrere räumlich getrennte sen Gesamtstruktur des Einzelhandels und die Be- Versorgungsbereiche aufweist, sind jeweils in den völkerungszahl sowie die sortimentspezifische Kaufkraft Grenzen der Schwellenwerte des Absatzes 5 An- des Verflechtungsbereiches in einem angemessenen siedlungen entsprechend der zentralörtlichen Bedeutung Verhältnis zueinander stehen. unter Beachtung des Absatzes 8 möglich. Der Verflechtungsbereich eines Zentralen Ortes ist Ob Beeinträchtigungen bestehender oder geplanter in seiner räumlichen Ausdehnung exakt (gemeinde- Einkaufs-, Versorgungs- und Kommunikationszentren flächenscharf) bestimmt durch die Verordnung zum durch andere Planungen oder die Ansiedlung von Zentralörtlichen System vom 8. September 2009 Vorhaben ausgelöst werden können, ist jeweils im (GVBl. Schl.-H. 2009, S. 604). Einzelfall insbesondere unter Beachtung der Größe Mit der Zuweisung von Versorgungsaufgaben und und des Sortiments des Ansiedlungsvorhabens oder damit der Akquisitionsmöglichkeiten für alle Gemeinden der Planung zu beurteilen. Eine Überschreitung der abgestuft nach ihrer zentralörtlichen Bedeutung wird Schwellenwerte ist dementsprechend auch von der eine langfristige und nicht ausschließlich wettbe- Zentrenrelevanz des Sortiments eines Vorhabens werbsgesteuerte Konsumgüterbereitstellung in allen oder einer Planung abhängig. Diese Differenzierung Teilräumen des Landes sichergestellt. auf der Grundlage des landesplanerischen Ziels des Die zulässige Größenordnung des Einzelvorhabens Absatzes 4 muss im Rahmen der Bauleitplanung be- soll mit dem Grundsatz des Erhalts einer möglichst viel- rücksichtigt werden. Vorgelegte Planungen sind auf fältigen örtlichen Angebotsstruktur noch vereinbar sein. ihre Eignung für die jeweilige zentralörtliche Einstufung Die durch die Bauleitplanung definierte zulässige der Ansiedlungsgemeinde hin, Bauvoranfragen oder Größenordnung der Einzelhandelseinrichtung soll die Bauanträge sind hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Erfordernisse einer ausgewogenen örtlichen Ange- andere Zentrale Orte oder sonstige Gemeinden zu beur- botsstruktur berücksichtigen und Größenordnungen, teilen. die das Bestehen vorhandener, kleinerer Einzelhandels- Im Einzelfall muss geprüft werden, ob für die Er- einrichtungen, die ansonsten noch wirtschaftlich trag- richtung von Einkaufszentren, großflächigen Einzel- fähig wären, gefährden oder die Neuansiedlung von handelsbetrieben oder sonstigen großflächigen weiteren Betrieben behindern, deutlich unterschreiten. Handelsbetrieben ein Raumordnungsverfahren oder ein Soweit schon erhebliche Flächenüberhänge (Ver- raumplanerisches Abstimmungsverfahren erforderlich kaufsflächenausstattung einer Gemeinde, die über die wird. zugewiesenen Funktionen oder Verflechtungsbereiche der Standortgemeinde hinausgehen) im betreffenden B zu 6 - 8 Sortiment bestehen, soll durch Größen- und Sorti- Mit der städtebaulichen Integration von Einzelhandels- mentsbeschränkungen in der Bauleitplanung sicher- großprojekten wird die Verbrauchernähe des gestellt werden, dass durch die Neuansiedlung oder Ansiedlungsvorhabens und damit die verbraucher- Erweiterung bestehende Versorgungsstrukturen in nahe Versorgung der Bevölkerung gewährleistet. städtebaulich integrierter Lage nicht gefährdet werden. Weiterhin werden im Sinne einer nachhaltigen Neuansiedlungen auf weiteren Flächen sind in diesem Siedlungsentwicklung die zentralen Versorgungsbereiche, Fall nur integriert in das bestehende Zentrengefüge zu- das heißt die Innenstädte beziehungsweise Orts- lässig. kerne sowie die Stadtteilzentren beziehungsweise Bei den im LEP enthaltenen Flächengrenzen für Versorgungszentren in ihrer Funktionsvielfalt ge- die Ansiedlung von großflächigen Einzelhandels- stärkt. Städtebaulich integrierte Standorte tragen zu einrichtungen handelt es sich um Schwellenwerte einer funktionsgerechten Nutzung der Infrastruktur als Maßstab für die raumordnerische Beurteilung von bei und haben gegenüber städtebaulich nicht inte- Planungen oder Vorhaben im Verhältnis der Zentralen grierten Standorten Erreichbarkeitsvorteile, wodurch Orte zueinander, die in begründeten Fällen über- oder motorisierter Individualverkehr verringert werden auch unterschritten werden können. Für das Verhältnis kann. Städtebaulich integriert sind Standorte mit zen- verschiedener Standorte innerhalb des Stadtgebietes trenrelevanten Kernsortimenten im räumlichen und insbesondere von Mittel- und Oberzentren (städtebau- funktionalen Zusammenhang mit den Innenstadt- liche Haupt- und Nebenzentren) geben sie nur bedingt und Ortskernbereichen oder im Falle der Unter-, einen Maßstab her; hier ist weniger eine Regelung über Mittel- oder Oberzentren auch mit den sonstigen

57 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Versorgungszentren der Standortgemeinde. Dabei B zu 9 handelt es sich um baulich verdichtete Bereiche mit Lebensmitteldiscountmärkte sind Supermärkte mit wesentlichen Wohnanteilen sowie Einzelhandel und einem sich rasch umschlagenden Sortiment, die sich Dienstleistungen. Wesentliche Kennzeichen für einen durch weitgehenden Verzicht auf Dienstleistung, Service städtebaulich integrierten Standort sind neben einer und Ladeneinrichtung charakterisieren lassen. Durch Anbindung an den ÖPNV auch ein anteiliger fußläufiger die Regelung des Absatzes 9 soll die konsequente (oder per Fahrrad erreichbarer) Einzugsbereich, mit dem Umsetzung des vorhandenen Planungsrechts des den Mobilitäts- und Versorgungsanforderungen aller § 11 Absatz 3 BauNVO unterstützt und die bundesrecht- Bevölkerungsgruppen Rechnung getragen wird. liche Regelung mit der Option der Sondergebietspflicht Prüfungsmaßstab für das Integrationsgebot ist auch unterhalb der Vermutungsgrenze zum Regel- also nicht allein das in den Regionalplänen darge- prüffall erklärt werden, weil sich im Fall von Lebens- stellte baulich zusammenhängende Siedlungsgebiet, mitteldiscountmärkten aufgrund typisierender Merkmale das als Mindestvoraussetzung für eine integrierte bundesrechtskonform der Nachweis negativer Aus- Lage anzusehen ist. Vielmehr dürfen großflächige wirkungen führen lässt. Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrelevanten Sortimenten grundsätzlich nur noch im räumlichen B zu 10 und funktionalen Zusammenhang mit den zentralen Im Sinne der Erhaltung einer verbrauchernahen Versorgung Einkaufsbereichen der Standortgemeinde, naturge- und zur Vermeidung von Fahrverkehr hat die Ansiedlung mäß den Innenstadt- und Ortskernen, angesiedelt oder Erweiterung von Lebensmitteldiscountmärkten im werden. Ausnahmsweise ist eine Ansiedlung groß- Rahmen der Bauleitplanung in Anbindung an beste- flächiger Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrele- hende oder geplante Nahversorgungseinrichtungen zu vanten Sortimenten im baulich zusammenhängenden erfolgen. Hierzu ist Absatz 6 maßgeblich heranzuzie- Siedlungsgebiet der Standortgemeinde zulässig, hen, wobei in den dort aufgezeigten Grenzen auch eine soweit der Nachweis erbracht wird, dass im räum- Ansiedlung an anderer Stelle ausnahmsweise möglich lichen und funktionalen Zusammenhang mit den zen- sein kann. tralen Einkaufsbereichen der Standortgemeinde eine Ansiedlung nicht möglich ist. Das gleiche gilt für groß- B zu 11 flächige Einzelhandelsvorhaben mit nahversorgungsre- Die Raumordnung wirkt darüber hinaus bei Gewerbe- levanten Kernsortimenten, die grundsätzlich siedlungs- gebietsplanungen darauf hin, dass der Einzelhandel und strukturell einzubinden sind, das heißt im baulich zu- insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel als generelle sammenhängenden Siedlungsgebiet anzusiedeln sind. Nutzungsart ausgeschlossen wird und nur auf solche Großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit nicht- Fälle beschränkt wird, in denen der Gewerbetreibende zentrenrelevanten Kernsortimenten sind durchaus eine untergeordnete Fläche braucht, um seine eigen- auch außerhalb der Innenstadt- und Ortskernbereiche produzierten Waren zu präsentieren. In dieser Form und der Standortgemeinde im baulich zusammenhän- Größenordnung ist Handel in Gewerbegebieten ein genden Siedlungsgebiet zulässig. Bei der Ansiedlung produktiver Begleiter von Ansiedlungsvorhaben und solcher großflächigen Einzelhandelseinrichtungen zur schadet den Innenstadtstrukturen und Ortskernen nicht. Deckung des aperiodischen Bedarfs (zum Beispiel Möbel-, Teppich- oder Baumarkt als Kernsortimente) B zu 12 müssen insbesondere hinsichtlich der Randsortimente Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom – dies sind die Sortimentsbestandteile, die nicht 17. September 2003 (Aktenzeichen: 4 C 14/01) fest- Kernsortimente sind – die Auswirkungen auf die zen- gestellt, dass § 1 Absatz 4 BauGB eine gemeindliche tralen Versorgungseinrichtungen der Standortgemeinde Erstplanungspflicht begründet, wenn die Verwirklichung und der umliegenden Zentralen Orte gewürdigt werden. von Zielen der Raumordnung bei Fortschreiten einer Daher sind zentrenrelevante Randsortimente regelmäßig „planlosen“ städtebaulichen Entwicklung auf unüber- auf 10 Prozent der Verkaufsfläche zu begrenzen. windliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse Die Ausrichtung des Einzelhandels auf das inner- stoßen oder wesentlich erschwert würde. Die Ziele gemeindliche Zentrensystem nach Absatz 8 sollte der Raumordnung wirken über § 1 Absatz 4 BauGB im Rahmen der Bauleitplanung, zum Beispiel durch im Rahmen der Bauleitplanung direkt auf das für eine Darlegung städtebaulicher, konzeptioneller Ziel- Überplanung vorgesehene Teilgebiet einer Gemeinde. setzungen (Einzelhandels- und/oder Zentrenkonzepte), Entsprechend den Zielsetzungen der Ziffer 2.8 erfolgt abgearbeitet werden. eine differenzierte, am Zentralörtlichen System orien- tierte landesplanerische Beurteilung.

58 Zum Inhalt

B zu 13, 14 B zu 16 Aus raumordnerischer Sicht ist es erforderlich, Stand- Neben der Beachtung der räumlichen Auswirkungen orte für die Ansiedlung von großflächigen Einzel- großflächiger Einzelhandelsbetriebe unterliegt deren handelseinrichtungen möglichst auf geeignete Zentrale Ansiedlung einer aktiven Steuerung durch ortsplane- Orte zu konzentrieren und angesichts der wachsenden rische Vorgaben. Grundlage hierfür ist § 11 Absatz 3 Anteile zentrenrelevanter Waren eine Abstimmung BauNVO. Neben dem landesplanerisch wirksamen sowohl mit den Interessen umliegender Zentraler Konzentrationsgebot ist insbesondere das sich städ- Orte eines Mittelbereichs als auch im Einzelfall mit tebaulich auswirkende Integrationsgebot zu beachten. den Interessen gleichrangiger oder höherrangiger be- Auch gilt es, motorisierten Individualverkehr durch sinn- troffener Zentraler Orte benachbarter Mittelbereiche volle funktionale Zuordnung der Einzelhandelsbetriebe im Einzugsbereich der geplanten großflächigen zu vermeiden und zu verlagern oder Versorgungsdefizite Einzelhandelseinrichtung vorzunehmen. Ob und inwie- für nicht mobile Bevölkerungsschichten zu minimieren. weit Zentrale Orte benachbarter Mittelbereiche zu betei- Dies verlangt für großflächige Einzelhandelsbetriebe, ligen sind, entscheidet die Raumordnung. die nicht funktional integriert werden können, die Ein- Im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit bindung in örtliche ÖPNV-Konzepte. Solche Konzepte bieten sich Instrumente zur freiwilligen und partner- gewinnen vor dem Hintergrund der Folgen des demo- schaftlichen Zusammenarbeit (zum Beispiel Stadt- graphischen Wandels und des Energieverbrauchs Umland-Planungen oder Regionale Entwicklungs- zunehmend an Bedeutung. konzepte) an. Unter Berücksichtigung raumordnerischer Vorgaben sollten die beteiligten Kommunen gemeinsam ihre Situation analysieren, Lösungen möglicher Probleme entwickeln und vereinbaren. Im Rahmen solcher Konzepte kann im Einzelfall von den Vorgaben der Absätze 1 bis 10 abgewichen wer- den. In Frage kommen insbesondere sogenannte regionale Einzelhandelskonzepte (zum Beispiel kreis- weite oder kreisübergreifende Konzepte) als auch Einzelhandelskonzepte im Rahmen der Stadt-Umland- Planung oder von kleinen Zentralen Orten und ihren Nachbargemeinden.

B zu 15 Die im in den Regionalplänen dargestellten baulich zu- sammenhängenden Siedlungsbereich eines Zentralen Ortes gelegenen Nachbargemeinden nehmen an der Versorgungsfunktion des Zentralen Ortes teil. Maßgeblich sind dabei die Zielsetzungen und Konzeptionen des Zentralen Ortes. Je konkreter die Vorstellungen des Zentralen Ortes dabei sind, desto genauer muss sich die benachbarte Gemeinde darin einpassen. Für den Fall, dass keine konkreten Zielsetzungen oder Konzeptionen hinsichtlich der Versorgungsfunktionen des Zentralen Ortes vorliegen, sind dem baulich zusammenhängenden Siedlungsgebiet auf der Basis einer rechtsgültigen Bauleitplanung eigene Planungen zur Wahrnehmung teilzentraler Aufgaben der Versorgung zuzugestehen.

59 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

2.9 Interkommunale Vereinbarungen zur Siedlungsentwicklung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 G Kommunen sollen bei der wohnbaulichen und B zu 1 gewerblichen Entwicklung verstärkt zusammenar- Abstimmungen, gemeinsame Planungen und ver- beiten. Auch bei räumlichen Planungen im Bereich bindliche Vereinbarungen zwischen Kommunen über der Daseinsvorsorge, beim Einzelhandel sowie der ihre zukünftige Entwicklung gewinnen immer mehr Freiraumsicherung soll zunehmend gemeindeüber- an Bedeutung. Planungen einzelner Gemeinden ha- greifend agiert werden. ben stets Auswirkungen auf Nachbargemeinden und Durch freiwillige interkommunale Vereinbarungen sind daher auch in einem gesamträumlichen Kontext kann die Zusammenarbeit auf eine verbindliche zu sehen. Vor dem Hintergrund der absehbaren de- Grundlage gestellt werden. Interkommunale Ver- mographischen Entwicklung soll es im Interesse aller einbarungen sollen einen Interessenausgleich Gemeinden nicht zu einem ruinösen Wettbewerb um zwischen den beteiligten Städten und Gemeinden Einwohner und Arbeitsplätze kommen. Die Kommunen herbeiführen. Die Zentralen Orte tragen eine be- sollen daher stärker in gemeinsamer Verantwortung sondere Verantwortung für das Zustandekommen die Voraussetzungen für den langfristigen Erhalt von der Vereinbarungen. Einrichtungen der Daseinsvorsorge und die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse schaffen. Dabei gilt 2 G Freiwillige interkommunale Vereinbarungen zur es, die kommunale Planungshoheit zu wahren. wohnbaulichen und gewerblichen Entwicklung sol- Freiwillige interkommunale Vereinbarungen sind in len insbesondere von den Städten und Gemeinden diesem Sinne geeignet, um zu verbindlich abgestimmten der Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen und gesamträumlich sinnvollen kommunalen Planungen Räumen geschlossen werden. Sie können aller- – auch im Sinne von Entwicklungspartnerschaften – dings auch von anderen Zentralen Orten und ihren zu kommen. Die Vereinbarungen sollen die unter- Umlandgemeinden getroffen werden. Im Einzelfall schiedlichen Interessen der Kommunen angemessen ist es möglich, dass benachbarte Gemeinden auch berücksichtigen. Gesamträumliche Konzepte, wie ohne direkte Beteiligung eines Zentralen Ortes eine zum Beispiel Gebietsentwicklungsplanungen und interkommunale Vereinbarung zur wohnbaulichen Stadt-Umland-Konzepte, sollen interkommunale und gewerblichen Entwicklung schließen, wenn Vereinbarungen vorbereiten. Sie leisten fachlich qua- sie in größerer Entfernung zu einem Zentralen Ort lifizierte Vorarbeiten in Form von Bedarfsprognosen liegen oder eine Einbeziehung des Zentralen Ortes oder Stärken-Schwächen-Analysen und untermauern nicht möglich ist. Die Entwicklung des Zentralen Entscheidungen über Priorität, Umfang, Ausgestaltung Ortes darf dadurch allerdings nicht beeinträchtigt und Umsetzung von Entwicklungsmaßnahmen. werden. Hilfreich sind auch Wohnraumversorgungskonzepte und integrierte Stadtentwicklungskonzepte. Zukünftige 3 Z Sollen die interkommunalen Vereinbarungen Basis Bauleitplanverfahren werden durch diese Instrumente für zukünftige regionalplanerische Beurteilungen der und Verfahren vereinfacht und beschleunigt. beteiligten Kommunen sein, so ist der Umfang der wohnbaulichen und gewerblichen Entwicklung für die beteiligten Kommunen im Sinne einer Selbstbindung verbindlich festzulegen (¢2.5.2 Absatz 5 und 2.6 Absatz 3). Die Schwerpunkte (¢2.5.2 Absatz 2 und 2.6 Absatz 2) und Gemeinden gemäß Ziffer 2.3 sind dabei vorrangig zu berücksichtigen. Die Inhalte der interkommunalen Vereinbarungen sind durch gesamträumliche Konzepte zu unter- mauern und mit den Trägern der Regionalplanung im Hinblick auf die Erfordernisse der Raumordnung abzustimmen. G Interkommunale Vereinbarungen sollen regel- mäßig überprüft und gegebenenfalls an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden.

60 Zum Inhalt

B zu 2 Stadt- und Umlandbereiche sind durch eine dyna- mische Wohnungsbau- und Wirtschaftsentwicklung gekennzeichnet, aber auch durch starken Wettbewerb zwischen Städten und Umlandgemeinden. Daher wird hier ein besonderes Erfordernis für interkommunal abgestimmte und vertraglich abgesicherte Planungen gesehen. Sie sollen zu einem gerechten Ausgleich von Nutzen und Lasten beitragen, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Räume als Ganzes stärken und zu einer bedarfsgerechten Flächenentwicklung an geeigneten Standorten führen. Neben den Kernstädten der Stadt- und Umlandbereiche sollten auch andere Zentrale Orte mit ihren Umlandgemeinden interkommu- nale Vereinbarungen schließen, die jeweils sowohl die Interessen der Zentralen Orte als auch der Umland- gemeinden angemessen berücksichtigen. Die Zentralen Orte sollen die Motoren für das Zustandekommen sol- cher Vereinbarungen sein. Verschließen sich Zentrale Orte solchen interkommunalen Prozessen, soll es aus- nahmsweise auch möglich sein, dass Gemeinden ohne Beteiligung eines Zentralen Ortes Vereinbarungen über ihre zukünftige Wohnungsbauentwicklung schließen. Wegen der Sicherung der Versorgungsinfrastruktur in den Zentralen Orte sollten diese jedoch möglichst ein- bezogen werden.

B zu 3 Festlegungen in interkommunalen Vereinbarungen kön- nen von Vorgaben zur Siedlungsentwicklung (¢2.5.2 Absatz 5 und 2.6 Absatz 3, 2.8 Absatz 14) abweichen, wenn ihnen gesamträumliche Konzepte zugrunde liegen und sie mit den Trägern der Regionalplanung abge- stimmt sind.

61 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3. Wirtschaftliche Entwicklung und wirtschaftsnahe Infrastruktur

3.1 Leitbild

Was wollen wir?

Wir wollen, dass Schleswig-Holstein – die wirtschaftlichen Chancen im Nord- und Ostseeraum – im nationalen und internationalen Standortwettbewerb aktiv und umweltverträglich nutzen und strategische attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen, Projekte und Partnerschaften mit den Regionen dort Wirtschaftswachstum und Beschäftigung bietet; entwickeln; – eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung hat, die neben – Bildung und Ausbildung verbessern und sie auf die ökonomischen Aspekten auch soziale und ökologische Anforderungen einer modernen Wirtschaft ausrichten; Belange gleichrangig berücksichtigt; – die Verkehrsinfrastruktur ausbauen und großräumig – sich als leistungsfähige europäische Region im interna- bedeutsame Verkehrsprojekte zur besseren Anbindung tionalen Standortwettbewerb behauptet; des Landes vorantreiben; – seine Position als maritimes Urlaubs- und Erlebnisland – an geeigneten Schwerpunktstandorten neue Gewerbe- weiter ausbaut; gebiete ausweisen; – für die Menschen ein differenziertes und ausreichendes – Konversionsstandorte einer sinnvollen und nachhaltigen Arbeitsplatzangebot bietet; zivilen Nachnutzung zuführen; – attraktiver Standort für Unternehmen ist, vor allem – den Ausbau leistungsfähiger Breitbandnetze voranbrin- für solche mit zukunftsträchtigen Wachstums- und gen und damit das wirtschaftliche Wachstum stärken; Beschäftigungspotenzialen; – die Forschungsinfrastruktur ausbauen, den Wissens- – eine maritime Modellregion in Europa ist; und Technologietransfer verbessern und die Zusammen- – eine nachhaltige Energie- und Ressourcennutzung arbeit der Hochschulen in ganz Norddeutschland inten- bietet; sivieren; – auch für die kommenden Generationen die Weichen – uns dafür einsetzen, dass Wirtschaft und öffentliche für Arbeit und Wohlstand im Land stellt. Akteure noch intensiver kooperieren und dabei auch Public Private Partnership-Modelle anwenden; Wie kommen wir da hin? – neben den traditionellen Standortfaktoren auch kultu- relle Milieus, Kreativität und gesellschaftliche Toleranz Indem wir in Schleswig-Holstein als wichtige wirtschaftliche Rahmenbedingungen för- – die Standortbedingungen für wirtschaftliche Tätigkeit dern; verbessern und dabei insbesondere die Belange der – Innovationen fördern und regionales Wissensmana- kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) beachten; gement durch den Ausbau virtueller Netze und der – eine Wirtschafts- und Strukturpolitik für Wachstum und Kommunikationsinfrastruktur verbessern; eine ausgewogene und gleichwertige Entwicklung aller – einen ausgewogenen Energiemix durch Ausbau der Landesteile betreiben; erneuerbaren Energien schaffen. – die Entwicklungschancen aus der exponierten Lage als „Land zwischen den Meeren“ nutzen; – die Chancen nutzen, die die Metropolregion Hamburg bietet, um im internationalen Wettbewerb gezielt die Standortbedingungen des schleswig-holsteinischen Teilraums zu verbessern; – Kooperationen zu anderen Staaten, Regionen und Wirt- schaftsstandorten ausbauen und mit unseren Partnern unsere Kompetenzfelder gemeinsam international ver- markten;

62 Zum Inhalt

3.2 Kompetenzfelder der 3.3 Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft Technologie

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 G Im Wettbewerb der Regionen um Standortvorteile 1 G Schleswig-Holstein soll unter Beachtung inter- und Unternehmen werden Wissen, Innovation nationaler Qualitätsstandards als attraktiver und und besondere wirtschaftliche Schwerpunkte zu- wettbewerbsfähiger Wissenschafts-, Forschungs- nehmend zu den entscheidenden Faktoren. Zur und Technologiestandort weiterentwickelt wer- Sicherung von Wachstum und Beschäftigung soll den. Hierzu sollen die vorhandenen Stärken und Schleswig-Holstein sich daher auf vorhandene und Innovationspotenziale des Landes weiter erschlos- sich entwickelnde Stärken in den Kompetenzfeldern sen und genutzt werden. mit den größten Entwicklungspotenzialen konzen- trieren und diese umwelt- und sozialverträglich 2 G Zur Sicherung und Stärkung der schleswig-holstei- ausbauen. Zurzeit sind dies Life Sciences, Maritime nischen Position im Bereich von Wissenschaft und Wirtschaft, erneuerbare Energien, Informations- Forschung sollen innova­tionspolitische Programme, und Kommunikationstechnologie, Mikro- und wie zum Beispiel das Zukunftsprogramm Wirtschaft, Nanotechnologie, Tourismus, Ernährung, Chemie darauf ausgerichtet sein, insbesondere und Mineralölverarbeitung sowie Luftfahrt und – die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft Logistik. durch den Auf- und Ausbau bedeutsamer Kom- petenzzentren, die Förderung von Verbund- 2 G Mit einer abgestimmten und untereinander ver- Projektforschung und die Existenzgründung knüpften Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik soll aus Hochschulen zu intensivieren und so die der Innovationsprozess von der Forschung bis hin Innovationskraft der Unternehmen zu erhöhen; zu den Unternehmen noch gezielter und schneller – die Zusammenarbeit von Hochschulen und unterstützt werden. Insbesondere soll die regio- Forschungseinrichtungen – innerhalb des Landes, nale und überregionale Zusammenarbeit zwischen aber auch mit geeigneten nationalen und internati- Unternehmen, wirtschaftsnahen Einrichtungen, onalen Partnern – zu verbessern; Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch – qualitativ hochwertige und besonders Erfolg ver- Kooperationsnetzwerke und Clustermanagements sprechende sowie das Profil des Landes schär- gefördert werden. Anzustreben sind leistungsfä- fende Forschungs- und Technologiefelder zu hige Netzwerke, die sich dauerhaft selbst tragen, fördern; den Know-how-Transfer zwischen Wissenschaft – die Spitzenforschung und den Aufbau von und Wirtschaft verbessern und so nachhaltig zur Excellenz in Lehre und Forschung zu befördern; Stärkung vorhandener Potenziale wie auch zur – themenspezifische, leistungsstarke Netzwerke Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Schleswig- für Forschung, Technologietransfer und Holsteins beitragen. Innovationsunterstützung zu errichten und – vor allem die Anzahl der Studierenden und 3 G Bei der erforderlichen Ergänzung und Weiterent- Hochschulabsolventen zu erhöhen. wicklung der Schwerpunkte beziehungsweise Cluster sind im Sinne von Konzentration und Bündelung vorhandene Ansätze, Netzwerke und Infrastrukturen zu berücksichtigen.

63 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.4 Verkehr

Begründung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

B zu 1, 2 1 G Die Aktivitäten um ein verstärktes Zusammen- Innovationspolitische Programme dienen bisher über- wachsen der Staaten Nord- und Mitteleuropas wiegend der Steigerung der öffentlichen Forschung. sollen durch den Ausbau der Schleswig-Holstein Sie sollen zukünftig vermehrt auch Anreize für die betreffenden weiträumigen transeuropäischen Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft zur Verkehrsnetze (TEN-V) flankiert werden. Daneben Erhöhung entsprechender privater Forschungs- und soll dafür Sorge getragen werden, dass Schleswig- Entwicklungsausgaben geben. Denn ein ausreichendes Holstein als nördlichstes Bundesland ausreichend Volumen an Forschung und Entwicklung gerade auch leistungsfähige Anschlüsse nach Südwesten, Süden in den privaten Unternehmen ist eine entscheidende und Südosten erhält. Dies gilt besonders für die Voraussetzung für die Innovationsfähigkeit und damit hoch belasteten überregionalen Verkehrswege im die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in Schleswig- Raum der Metropolregion Hamburg. Holstein. Zur Unterstützung des Transfers von Forschungs- 2 Z Im Zusammenhang mit den Überlegungen zum und Entwicklungsergebnissen aus den öffentlich finan- Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze sind zierten Forschungseinrichtungen in die Privatwirtschaft – die feste Fehmarnbeltquerung möglichst umwelt- müssen Netzwerke initiiert und international konkur- gerecht zu realisieren und renzfähige Cluster entwickelt werden. Dabei sollen – die Leistungsfähigkeit des Nord-Ostsee-Kanals zu Clustermanagement-Agenturen die Vernetzung von verbessern (¢3.4.3) sowie Wissenschaft und Wirtschaft in Schwerpunktbereichen – die ökologisch verträgliche Anpassung von Außen- unterstützen. und Unterelbe an die veränderten Anforderungen Eine regional differenzierte Weiterentwicklung der des Containerverkehrs erforderlich (¢3.4.3). bestehenden Forschungs- und Wissenschaftslandschaft G Darüber hinaus sollen soll die vorhandenen Potenziale entsprechend den je- – die Einbindung der schleswig-holsteinischen weiligen Bedürfnissen und Möglichkeiten weiter stärken. Häfen in die europäischen Seeverkehrswege in Dabei sind Technologiezentren einzubeziehen. der Ostsee und in Westeuropa geprüft sowie – ein adäquater Ausbau der regionalen Verkehrs- infrastruktur im Verbund mit den nationalen und europäischen Verkehrsinfrastrukturen angestrebt werden. Dabei soll auch die „Jütlandroute“ unter Berück- sichtigung der Interessen der Region Süddänemark entsprechend dem künftigen Verkehrsbedarf weiter- entwickelt werden.

3 G Verkehre sollen nach Möglichkeit – auch durch die Abstimmung der Verkehrsplanung mit der Siedlungspolitik – vermieden werden und/oder auf öffentliche, insbesondere schienengebundene Verkehrsträger verlagert werden.

64 Zum Inhalt

4 G Die Bildung von – auch Verkehrsträger übergreifen- Die Vogelfluglinie als kürzeste direkte Verbindung zwi- den – organisatorischen Netzwerken zur Erhöhung schen Hamburg, Lübeck und Kopenhagen/Malmö gilt der Attraktivität des Logistikstandortes Schleswig- es vor allem auch für den Personenverkehr in ihrer Holstein soll gefördert werden. Möglichkeiten zur Leistungsfähigkeit zu stärken durch Verlagerung der Güterverkehre von der Straße auf – die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit im be- die Schiene und die Schifffahrt sollen verstärkt ge- stehenden Netz (Begradigung einzelner Abschnitte) nutzt werden, insbesondere in den Hafenstandorten. sowie – die Verbesserung der Durch- beziehungsweise 5 G Eine gute Erreichbarkeit von touristischen und Umfahrung Hamburgs. tourismusgeprägten Angeboten ist anzustreben. Die Beseitigung der Engpässe zwischen Unter verkehrs-, umwelt- und tourismuspoli- und und im Bereich der Rendsburger tischen Gesichtspunkten soll dabei eine bessere Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal sind uner- Anbindung der An- und Abreise des Urlaubs- und lässliche Voraussetzungen dafür, dass die Jütlandlinie Erholungsverkehrs auch über die Schiene und ande- ihrer Funktion als wichtiges Glied im europäischen re umweltfreundliche Verkehrsmittel, wie Bus, Schiff Verkehrsnetz gerecht werden kann und dass die weitge- oder Fahrrad, angestrebt werden (¢3.7). hend parallel geführte - mit Engpässen insbe- sondere im Bereich der Elbquerung - entlastet wird. Begründung Damit wären entsprechend den Anforderungen im transeuropäischen Verkehrsnetz zwei gleichrangige, B zu 1 - 5 leistungsfähige feste Verbindungen nach Dänemark, Die letzte abgeschlossene Erweiterungsrunde der EU, Schweden und Norwegen geschaffen. die notwendige Anpassung der neuen Mitgliedstaaten Die zunehmenden Verkehrsströme erfordern die an den gemeinsamen Rechtsrahmen des Binnenmarktes zügige Realisierung einer Elbquerung im Zuge der der EG und die engere Zusammenarbeit mit den Bundesautobahn 20 westlich von Glückstadt. Dieses Anrainerstaaten Osteuropas führen zu einer intensiven wird zu einer spürbaren verkehrlichen Entlastung des Kooperation der europäischen Staaten im Ostseeraum. Kernraumes der Metropolregion Hamburg führen. Dies bedingt zugleich eine starke Zunahme der Darüber hinaus sind die Verbesserung der Leistungs- Verkehrsbeziehungen und Verkehrsströme zwischen fähigkeit des Nord-Ostsee­-Kanals sowie die Anpassung Schleswig-Holstein und Skandinavien sowie durch von Außen- und Unterelbe an die Anforderungen der Schleswig-Holstein als wichtiges Bindeglied zwischen Containerschifffahrt von besonderer Bedeutung. Nord- und Mitteleuropa sowie zwischen Ost- und Nordsee. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist zum einen die durch Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland vereinbarte feste Fehrmarnbeltquerung auf der Vogelfluglinie als Verbindung zwischen Stock- holm - Malmö/Kopen­hagen über Lübeck nach Hamburg; zum anderen die Entwicklung auf der Jütlandlinie mit ihrer Querung über den Großen Belt als Verbindung zwi- schen dem Dreieck Stockholm, Oslo und Kopenhagen über Jütland und Schleswig-Holstein nach Hamburg. Diese wichtigen Verkehrsachsen im transeuropäischen Verkehrsnetz werden zunehmende Verkehre im Schienen- und Straßenverkehr bewältigen müssen.

65 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.4.1 Straßenverkehr

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 5 Z Die linienbestimmte und zum Teil im Bau befindliche Bundesautobahn 20 von der Bundesautobahn 1 in 1 G Wegen der hohen Bedeutung des Individualverkehrs westliche Richtung bis nach Niedersachsen ist als im Flächenland Schleswig-Holstein und erheblicher „Nordwestliche Umfahrung Hamburgs mit west- Verkehrszuwächse, die im Planungszeitraum noch licher Elbquerung bei Glückstadt“ zu realisieren. In zu erwarten sind, soll das bestehende Straßennetz der Hauptkarte ist die Trasse der Bundesautobahn 20 gesichert werden. Der Neubau oder Ausbau soll dargestellt. sich auf Maßnahmen konzentrieren, die für die Entwicklung Schleswig-Holsteins besondere Be- 6 Z Im Übrigen werden im Planungszeitraum vordring- deutung haben. lich verfolgt: – der vierstreifige Ausbau der Bundesstraße 404 2 G Das Gerüst der überregionalen Straßenverkehrsver- zur Bundesautobahn 21 von Stolpe bis Kiel, bindungen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) – der sechsstreifige Ausbau der Bundesautobahn 7 ist in der Hauptkarte des LEP dargestellt. Es kann zwischen Bordesholm und Hamburg, seiner Funktion nur gerecht werden, wenn es durch – der vierstreifige Ausbau der Bundesstraße 207 regionale Straßenverkehrsverbindungen mit den ein- zur Bundesautobahn 1 zwischen Oldenburg und zelnen Räumen des Landes sinnvoll verbunden ist. -Ost, Dazu gehören insbesondere auch die Straßenzüge, – der Ausbau der Bundesstraße 207 zur vierstrei- die zugleich Zubringer zu den Bundesautobahnen figen Bundesstraße zwischen Heiligenhafen-Ost sind, die Querverbindungen in den Ordnungsräumen und Puttgarden, zur Entlastung der Verdichtungsräume sowie die – die verbesserte Anbindung des Wirtschaftsraums für den Tourismus wichtigen ergänzenden Ver- Brunsbüttel und ein qualifizierter Ausbau der bindungen. Bundesautobahn 23 / Bundesstraße 5 zwischen Heide und und zwischen Itzehoe und 3 G Das Netz der Bundesfernstraßen wird ergänzt mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit der durch Landesstraßen, die überwiegend der in- Westküstenachse zu stärken (¢3.4 Absatz 2), neren Erschließung der Teilräume des Landes – die Verbesserung der Anbindung des „Hamburger dienen. Die Kreisstraßen ergänzen das Netz der Raumes“ an die Bundesautobahn 7 durch zusätz- Landesstraßen und sollen im Wesentlichen der liche Verknüpfungen und inneren Erschließung der Nahbereiche und der – der Bau von verschiedenen Ortsumgehungen Anbindung der Gemeinden an die Zentralen Orte (, , Handewitt, Hatt- dienen. Bei der Ausgestaltung des Landes- und stedt-Bredstedt, Lübeck-Pogeez, Lübeck- des Kreisstraßennetzes sowie der Verknüpfung un- Schlutup, Ratzeburg, Schwarzenbek, und tereinander und mit den Bundesfernstraßen hat die ). Ausrichtung auf die entsprechenden Zentralen Orte Aufgrund der Bedeutung einer durchgängigen (¢2.2) und deren Anbindung entsprechend ihrer Bundesautobahn 21 zwischen Kiel und Niedersachen Bedeutung innerhalb des Zentralörtlichen Systems mit neuer östlicher Elbquerung ist der Ausbau der besonderes Gewicht. Darüber hinaus haben die Bundesstraße 404 von der Bundesautobahn 1 nach Landes- und Kreisstraßen auch zur Erschließung Niedersachsen nach Fertigstellung der westlichen von Erholungsgebieten eine Bedeutung. Für die Elbquerung und nach Einstellung in den Vordringlichen Ordnungsräume wird im Zusammenhang mit der Bedarf des Bundesverkehrswegesplans vordringlich Ausgestaltung regionalplanerischer Konzeptionen voranzutreiben. durch ÖPNV-Maßnahmen eine Entlastung des Die Maßnahmen des Vordringlichen und ein- Straßennetzes angestrebt. zelne Maßnahmen des Weiteren Bedarfs des Bundesverkehrswegeplans 2003 sind in der Haupt- 4 Z In den Regionalplänen sind neben dem überregio- karte dargestellt. nalen Straßenverkehrsnetz auch wichtige Landes- und Kreisstraßen (regionales Straßenverkehrsnetz) darzustellen.

66 Zum Inhalt

Begründung – Zwischen und Bredstedt sind mehrere Ortsumgehungen vorgesehen. Das Planfest- B zu 1 - 6 stellungsverfahren wurde Mitte 2009 eingeleitet. Grundlage für die Bundesfernstraßenplanung ist das – Nördlich von Heide bis zur dänischen Grenze sind 5. Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes Verbesserungen geplant, vorrangig durch die vom 16. Oktober 2004, zu dem der Bedarfsplan für die Herausnahme langsamer Verkehre (zum Beispiel Bundesfernstraßen Anlage ist. durch parallele Wirtschaftswege). Ein Ausbau zur Der Bau der Bundesautobahn 20 von der Bundes- Bundesautobahn 23 ist langfristig zu realisieren und autobahn 1 bei Lübeck mit einer Weiterführung über in die künftige Bundesverkehrswegeplanung einzu- die Bundesautobahnen 21, 7 und 23 in Richtung bringen. Niedersachsen (Bundesautobahnen 22 und 26) mit – Mittel- bis langfristig ist der Bedarf für den Ausbau westlicher Elbquerung ist erforderlich, um neben der Bundesautobahn 23 bis nach Es­bjerg zu prüfen. Regionalentwicklungseffekten auch eine Verkehrsent- Diese Maßnahmen stehen auch im Einklang mit lastung des Raumes Hamburg zu bewirken. Hamburg den Zielsetzungen der Partnerschaftsvereinbarung bleibt ein durch hohes Verkehrsaufkommen belasteter zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der Verkehrsknotenpunkt. Daher machen die zunehmenden Region Süddänemark vom 27. Juni 2007 und sind im Verkehrsströme den Bau einer weiteren Umfahrungs- „Gemeinsamen Papier zum grenzüberschreitenden möglichkeit erforderlich. Diese östliche Elbquerung ist Verkehr und Mobilität Schleswig-Holstein und Region im Zusammenhang mit dem vierstreifigen Ausbau der Süddänemark“ vom 20. Mai 2008 enthalten. Bundesstraße 404 zur Bundesautobahn 21 als zweite Die als vordringlich angesehenen Ortsumgehungen durchgängige leistungsstarke Nord-Süd-Achse zwischen sollen zu einer deutlichen Verkehrsentlastung in den Kiel und Niedersachsen zu realisieren. Ortschaften der aufgeführten Gemeinden beitragen. Zur Bewältigung der künftigen Verkehrsmenge ist eine Erweiterung der „Nord-Süd-Lebensader“ Bundesautobahn 7 auf sechs Fahrstreifen in Schleswig- Holstein sowie auf sechs bis acht Fahrstreifen in Hamburg geplant. Im Zusammenhang mit der Realisierung der festen Fehmarnbeltquerung ist der vierspurige Ausbau der Hinterlandanbindung (Bundesstraße 207 zwischen Heiligenhafen-Ost und Puttgarden) erforderlich. Die Brücke über den Fehmarnsund bleibt für den Straßen- verkehr vorerst zweispurig. Zur Steigerung der Attraktivität und Erreichbarkeit der Westküste und des Wirtschaftsraumes Brunsbüttel sind im Rahmen des abschnittsweisen Ausbaus der Bundesautobahn 23 und der Bundesstraße 5 (West- küstenachse) entsprechend ihrer verkehrlichen Be- lastung folgende Maßnahmen geplant: – Zwischen Itzehoe/Süd und Itzehoe/Nord wurde im Rahmen des Lückenschlusses (vierstreifiger Ausbau der Bundestraße 5 zur Bundesautobahn 23) mit dem Bau einer neuen Brücke über die Stör begonnen. Ende 2014 ist die Bundesautobahn 23 durchgängig von Hamburg bis Heide befahrbar. – Zwischen Itzehoe und Wilster-West ist ein dreistrei- figer Ausbau vorgesehen. – Im Bereich zwischen Tönning und Husum werden dreistreifige Verkehrsführungen geplant. Der Baube- ginn ist voraussichtlich in 2013.

67 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.4.2 Schienenverkehr

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Hamburg-Eidelstedt - der Eisenbahn Altona-Kaltenkirchen-Neumünster 1 G Der Schienenverkehr soll hinsichtlich der Struktur (AKN) für die Einrichtung einer durchge- und der Bedienung darauf ausgerichtet werden, henden Schnellbahnlinie Richtung Hamburg dass er einen erheblichen Teil des zu erwartenden Hauptbahnhof; Verkehrszuwachses im Personen- und Güterverkehr – Achse Ost: Stärkung des Nahverkehrsangebotes bewältigen und einen möglichst hohen Anteil der zwischen Hamburg Hauptbahnhof und Büchen starken Pendlerverkehre zur Verkehrsentlastung ins- entsprechend der zunehmenden Pendelver- besondere dicht besiedelter Gebiete übernehmen flechtungen und der angestrebten Siedlungsent- kann. Neben der vollständigen Modernisierung des wicklung. eingesetzten Fahrzeugmaterials zählen hierzu auch Erhalt und Ausbau des Personenverkehrsangebots, Begründung aber auch die schienengebundene Erschließung von Hafen-, Industrie- und Gewerbegebieten. B zu 1 - 5 Grundlage für die Planung ist das Bundesschienen- 2 Z Die Fernverkehrsverbindungen zwischen Schleswig- wegeausbaugesetz vom 15. November 1993, zu dem Holstein, dem übrigen Bundesgebiet und Dänemark der Bedarfsplan für die Bundesschienenwege Anlage ist. auf den Strecken Hamburg - , Hamburg - Kiel / Der Ausbau des Schienenpersonen- und Schienen- Flensburg (- Dänemark), Hamburg - Lübeck - güterverkehrs ist angesichts der steigenden Verkehrs- (- Dänemark) und Hamburg - Büchen - Berlin sind zu volumina weiterhin ein wichtiges Anliegen der Landes- sichern und langfristig leistungsfähig auszubauen. verkehrspolitik. Daher wird die Umsetzung der geplanten Neben dem Gerüst der überregionalen und re- Projekte intensiv betrieben und die Verhandlungen gionalen Schienenverkehrsverbindungen ist in der zur Implementierung mit den zuständigen Stellen auf Hauptkarte der Ausbaubedarf dargestellt. Bundesebene – teilweise auch in Abstimmung mit der Freien und Hansestadt Hamburg – fortgeführt. 3 Z Im Zusammenhang mit der Realisierung der festen Im Zuge der Jütlandlinie Hamburg - Flensburg wird Fehmarnbeltquerung soll die Eisenbahnverbindung die Eisenbahnhochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal zwischen Lübeck und Puttgarden gemäß deutsch- in Rendsburg noch bis 2013 saniert und verstärkt. Die dänischem Staatsvertrag bis 2018 elektrifiziert und Brücke steht dem Zugverkehr anschließend mindestens spätestens bis 2025 zweigleisig ausgebaut werden. für weitere 40 Jahre zur Verfügung. Erst dann stellt sich die Frage nach einem Ersatzbauwerk (Tunnel). 4 G Zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Marsch- Zudem werden Güterverkehre auf die im Zusam- bahn Hamburg - Sylt auf dem hoch belasteten nörd- menhang mit der Realisierung der festen Fehmarnbelt- lichen Abschnitt wird stufenweise ein vollständiger querung stehenden Eisenbahnverbindung zwischen zweigleisigen Ausbau zwischen Niebüll und Sylt Lübeck und Puttgarden verlagert, die auf der Grund- angestrebt. lage des Staatsvertrags zwischen Dänemark und Deutschland elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut 5 G Im Rahmen des „Achsenkonzeptes“ sollen die werden soll. Das Land wird sich dabei für einen regio- Schienenwege auf den durch den Mischbetrieb nalverträglichen Ausbau einsetzen, der auch die beson- von Personen- und Güterzügen verkehrlich stark deren touristischen Belange der Region berücksichtigt. belasteten Strecken im Hamburger Umland auf den Im Bereich der Fehmarnsundbrücke bleibt die Strecke folgenden Achsen ausgebaut werden: für den Schienenverkehr vorerst eingleisig. – Achse Nord-Ost: Ausbau zwischen Hamburg- Zur Verbesserung der Schienenverkehrsverbindungen Hasselbrook und -Gartenholz für ei- im nördlichen Teil der Metropolregion Hamburg wird die nen separaten S-Bahn-Verkehr; Realisierung des „Achsenkonzeptes“ angestrebt. – Achse West: Strecke Pinneberg - Elmshorn für den Betrieb einer Express-S-Bahn-Linie, 4. Bahnsteiggleis in Elmshorn; – Achse Nord: Elektrifizierung der Strecke

68 Zum Inhalt

3.4.3 Häfen, Wasserstraßen, Schifffahrt

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Die Häfen Lübeck, Lübeck-Travemünde, Kiel, Brunsbüttel, Puttgarden und der Neue Hafen Kiel- 1 G Die Bewältigung des stetig wachsenden Verkehrs- Canal sowie die überregionalen Fährverbindungen aufkommens erfordert angesichts der Belastung sind in der Hauptkarte dargestellt. und der nicht beliebig erweiterbaren Kapazitäten der Landverkehrswege eine Optimierung des 5 Z Für die übrigen regional und lokal bedeutsamen Gesamtverkehrssystems unter Einbeziehung Häfen wird eine an ihren Funktionen gemessene aller Verkehrsträger und -wege. Die See- und Bestandserhaltung und Bedarfsanpassung ange- Binnenschifffahrt soll als kostengünstiger und strebt. Sie sind in der Hauptkarte der Regionalpläne energieeffizienter Verkehrsträger insbesondere im darzustellen. Gütertransport über größere Entfernungen zu einer Textlich sind in den Regionalplänen die Bedeutung Entlastung von Straße und Schiene beitragen. Um der Häfen und in Einzelfällen konkret erforderliche dieser zunehmenden Bedeutung gerecht zu wer- Maßnahmen darzustellen; gegebenenfalls sollen den, soll die Leistungsfähigkeit der überregionalen auch Aussagen zur Bedeutung der Häfen für den Wasserstraßen und Häfen mit ihren Hinterland- Sportbootverkehr getroffen werden. verbindungen als Schnittstellen der Verkehrs- wege gesichert und gegebenenfalls gesteigert 6 Z Die Leistungsfähigkeit des Nord-Ostsee-Kanals als werden. Dabei ist eine stärkere Kooperation und eine der bedeutendsten künstlichen Wasserstraßen Arbeitsteilung von Häfen – auch länderüber- der Welt ist angesichts der großen Bedeutung der greifend – anzustreben. Beim Aus- und Umbau von Seeschifffahrt und insbesondere des überproportio- Häfen soll geprüft werden, ob die Ausrüstung mit nal wachsenden Feederverkehrs für den internatio- landseitigen Stromanschlüssen technisch und wirt- nalen Güteraustausch zu verbessern. Hierzu dienen schaftlich vertretbar ist. der von der Bundeswasserstraßenverwaltung be- reits eingeleitete Ausbau der Oststrecke des Kanals, 2 Z Für die Sicherung und Entwicklung des überregional dessen Durchführung bis 2015 vorgesehen ist, und bedeutsamen Hamburger Hafens ist vorbehaltlich der Neubau einer „Expressschleuse“ in Brunsbüttel der Umweltverträglichkeit und der Vereinbarkeit bis 2013. Darüber hinaus sind eine Vertiefung des mit den Zielen des Küstenschutzes die Anpassung Nord-Ostsee-Kanals auf der gesamten Länge von Außen- und Unterelbe an die veränderten und die Modernisierung der Schleusengruppe in Anforderungen der Containerschifffahrt erforderlich. Kiel-Holtenau sowie der „Neuen Schleusen“ in Brunsbüttel vorzusehen. 3 G Im Zusammenhang mit der verstärkten Zusammen- arbeit im Ostseeraum kommt der Entwicklung der 7 G Für den Elbe-Lübeck-Kanal soll bei Ersatzbauten Ostseehäfen mit überregionaler Bedeutung (Kiel, von Schleusen und Brücken eine Option für die Lübeck und Puttgarden) und der Verbesserung der Anpassung dieser Binnenwasserstraße des Hinterlandverbindungen eine besondere Rolle zu. Bundes an den Standard des deutschen Binnen- wasserstraßennetzes offen gehalten werden. 4 G Die Häfen in Kiel und Lübeck haben mit ihren zahlreichen Fährverbindungen und ihren Hinter- 8 Z Bei allen raumbedeutsamen Planungen und landverbindungen weit über das Land hinaus- Maßnahmen im Küstenmeer sind der rechtliche gehende Bedeutung und Drehscheibenfunktion Status der Seewasserstraßen und der gesetzliche im Ost-West- und Nord-Süd-Transfer für den Schutzstatus der betroffenen Region zu beachten. Güter- und Personenverkehr. Die Einrichtungen beider Häfen sowie die seeseitige Zufahrt nach Lübeck bedürfen eines an der Verkehrszunahme ausgerichteten Ausbaus. Dabei sollen auch die Kooperationsmöglichkeiten mit der Hafenwirtschaft in Hamburg berücksichtigt werden. Den Häfen in Brunsbüttel (Ölhafen und Hafen Ostermoor am Nord-Ostsee-Kanal, Elbehafen) so- wie dem neu entstehenden Hafen in Osterrönfeld (Neuer Hafen Kiel-Canal) kommt aufgrund der stark gestiegenen Ansiedlungsnachfrage für großindustri- elle Anlagen eben­falls überregionale Bedeutung zu.

69 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung Weiterer Ausbaubedarf kann sich für die relevanten Standorte ergeben, wenn die derzeitigen Kapazitäts- B zu 1 - 7 reserven ausgeschöpft sind und zum Beispiel im Zuge Neben der genannten Herstellung und Nutzung der der Verbesserung der Hinterlandanbindung zusätzliche festen Verbindungen zwischen Nord- und Mittel- Umschlagsvolumina ausgelöst werden. europa kommt auch dem weiteren Ausbau der Fähr- Die Entscheidung des Bundes zum Ausbau der Ost- verbindungen, insbesondere in der Ostsee, eine große strecke und zur Vertiefung des gesamten Nord-Ostsee- Bedeutung zu. Kanals von elf auf zwölf Meter Wassertiefe erfolgte auf- Ein erheblicher Anteil der weiter zunehmenden grund des seit Jahren zunehmenden Aufwärtstrends bei Güterströme aus und in die Ostseeanliegerstaaten soll der Zunahme des Schiffsverkehrs, den Schiffsgrößen und unter anderem ebenfalls aus Gründen des Umwelt- den beförderten Ladungsmengen. Damit einhergehend schutzes auch künftig durch den Schiffstransport über erfolgen auch die Sanierungs- und Neubaumaßnahmen die schleswig-holsteinischen Häfen fließen. Dabei sollen der Schleusenanlagen in Kiel und Brunsbüttel. Mit den jedoch durch geeignete Maßnahmen das Unfallrisiko gesamten Ausbaumaßnahmen wird zur Sicherung und durch das zunehmende Seeverkehrsaufkommen sowie Leichtigkeit des Schiffsverkehrs beigetragen. die mit diesem Aufkommen gegebenenfalls verbun- denen umweltschädlichen Emissionen oder Einträge B zu 8 minimiert werden. Beim Ausbau der Land- und See- Die Sicherheit und Leichtigkeit des Seeverkehrs hat verbindungen auf der Grundlage eines integrierten vor dem Hintergrund des bereits sehr hohen und Verkehrskonzepts sind gleichermaßen die Fährlinien, künftig noch zunehmenden Verkehrsaufkommens auf Häfen (unter anderem mit Bereitstellung von Logistik- See und den ebenfalls zunehmenden verschiedenen und Gewerbeflächen) und Hafenhinterlandanbindungen Nutzungsansprüchen im Meeresbereich höchste Priorität. zu berücksichtigen. „Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs“ bedeutet Durch ihre Einbindung in das transeuropäische dabei, dass die Schifffahrt Seewasserstraßen möglichst Verkehrsnetz und den Ausbau der Zu- und Ablauf- störungsfrei und ohne komplizierte Manöver benutzen strecken der Bahn können die schleswig-holsteinischen kann. Häfen aufgrund der Lage des Landes als geographische Die Bundeswasserstraßen erfahren durch das Drehscheibe eine Sammel- und Verteilfunktion für Wasserstraßengesetz (WaStrG) ihre abschließende Norddeutschland, Skandinavien und die osteuropä- gesetzliche Widmung als Verkehrswege für die ischen Ostseeanrainerstaaten beibehalten. Schifffahrt. Neben den dem allgemeinen Verkehr Aufgrund des gestiegenen Interesses von Unter- dienenden Binnenwasserstraßen gehören zu den nehmen mit volumenstarkem Massengutumschlag Bundeswasserstraßen die Seewasserstraßen. Nach dem beziehungsweise –bedarf kann sich für die Häfen in WaStrG erstrecken sich die Seewasserstraßen von der Brunsbüttel ein zusätzlicher Bedarf an hafenseitiger Küstenlinie (MThw) beziehungsweise der Trennungslinie Infrastruktur ergeben. Binnen-/Seewasserstraße bis zur seewärtigen Be- Am Nord-Ostsee-Kanal entsteht mit dem Neuen grenzung des Küstenmeeres. Die Seewasserstraßen Hafen Kiel-Canal in der Gemeinde Osterrönfeld im sind in ihrer ganzen Breite der Schifffahrt gewidmet und Lebens- und Wirtschaftsraum Rendsburg ein Tief- stehen ihr vollständig zur Verfügung. Ausgenommen wasserhafen im Binnenland von besonderer Tragkraft, hiervon ist das Befahren der Bundeswasserstraßen in der sich auszeichnet durch seine Auslegung und Nationalparken und Naturschutz­gebieten (§ 5 Satz 3 technische Ausrüstung, die in unmittelbarer Nähe zum WaStrG). Durch Rechtsverordnung des Bundes kann Hafen befindlichen umfangreichen Gewerbeflächen, hier das Befahren eingeschränkt oder untersagt werden, die ausgezeichnete Lage im Schnittpunkt des Nord- soweit dies zur Erreichung der Schutz­zwecke erforder- Ostsee-Kanals, der Bundesautobahn 7 und verschie- lich ist. dener Bundesstraßen und die Verbindung mit dem Eine Überplanung der dem allgemeinen Verkehr ge- gegenüberliegenden Kreishafen in Rendsburg. widmeten Bundeswasserstraßen ist nur zulässig, wenn Zurzeit werden vor allem in den Lübecker und Kieler dadurch die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben Häfen neue Ausbauvorhaben durchgeführt und geplant, der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (insbesondere um die in Teilbereichen angespannte Kapazitätssituation Ausbau und Unterhaltung) nicht beeinträchtigt wird. zu verbessern. Vor dem Hintergrund der bestehenden rechtlichen Regelungen werden im LEP keine Vorrang- und Vor- behaltsgebiete für die Schifffahrt gesondert dargestellt.

70 Zum Inhalt 3.4.5 Öffentlicher Personennahverkehr und 3.4.4 Luftverkehr Radverkehr

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 Z Der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel wird als zen- 1 G Die Verbesserung der ÖPNV-Bedienung hat vor traler Flughafen auch künftig die überregionale allem in verdichteten Gebieten, in denen es bereits Anbindung Schleswig-Holsteins sicherstellen. erhebliche Engpässe im Straßennetz und unvertret- bare Auswirkungen auf die Stadtentwicklung gibt, 2 G Der Verkehrsflughafen Lübeck-Blankensee soll eine große Bedeutung. In ländlichen Räumen kommt in seiner Bedeutung als Regionalflughafen und es auf eine gute Verknüpfung des für abgelegene seiner Funktion als Ergänzungsflughafen für den Bereiche unverzichtbaren Personenkraftwagens (Pkw) Verkehrsflughafen Hamburg-Fuhlsbüttel entwickelt mit dem ÖPNV-Netz, das heißt auf kombinierte und gesichert werden. Er ist in der Hauptkarte des Park+Ride-Anlagen mit Bus- und Schienen­ange­ LEP dargestellt. boten, an. Hier können neue flexible und multifunk- tionale Bedienungsformen angemessene Lösungen 3 Z Der Verkehrsflughafen Sylt, der Verkehrslandeplatz darstellen. der Landeshauptstadt Kiel (¢Hauptkarte) und wei- tere Verkehrslandeplätze mit regionaler Bedeutung 2 G Bei der Aufstellung von Nahverkehrsplänen ist zu sind in den Regionalplänen darzustellen berücksichtigen, dass – sich vor dem Hintergrund des demographischen Begründung Wandels das Mobilitätsverhalten und die Schüler- . verkehre und damit die Nachfragestruktur ändern B zu 1- 3 werden; Der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel hat im norddeut- – insbesondere vor dem Hintergrund der prognos- schen Raum die zentrale Bedeutung für den Luftverkehr. tizierten Einwohner- und Erwerbspersonenent- Zur Verbesserung des Verkehrsanschlusses wurden hier wicklung in der Metropolregion Hamburg und wichtige Maßnahmen auf Schiene (S-Bahn-Anschluss im Einzugsbereich der kreisfreien Städte den von Hamburg Hauptbahnhof) und Straße (Anbindung regionalen Pendlerverflechtungen im Berufs- an die Bundesautobahn 7) umgesetzt. Um auch lang- und Ausbildungsverkehr sowie den Belangen fristig den Kapazitätsanforde­rungen des zunehmenden des Erholungsverkehrs Rechnung getragen wird Luftverkehrs entsprechen zu können, soll die Option für (¢3.4.2 „Achsenkonzept“); den Bau eines Flughafens Kaltenkirchen im Rahmen – ältere Menschen und Menschen mit Behin- eines Luftverkehrskonzeptes geprüft werden. derung für ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Der Flughafen Lübeck-Blankensee hat im Rahmen Leben zunehmend auf den ÖPNV angewiesen des Luftverkehrskonzeptes des Landes eine besondere sind. Der ÖPNV muss sich auf diese Zielgruppe Bedeutung als regional bedeutsamer Verkehrsflughafen nicht nur durch Barrierefreiheit einstellen, und dient der Stärkung des Wirtschaftsraumes, ins- sondern auch – vor allem in den ländlichen besondere im südlichen Schleswig-Holstein und Räumen – durch eine gute Erreichbarkeit. Von an der zentralen Schnittstelle zwischen Hamburg, entsprechenden Konzepten profitieren ebenso Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Kinder, Jugendliche und Familien; Durch den neuen Haltepunkt der Bahnlinie Lübeck - – die Zentralen Orte (¢2.2) sowie die Gemeinden Lüneburg und die Anbindung an die Bundesautobahn mit überörtlichen Versorgungsfunktionen (¢2.3) 20 über die Bundesstraße 207 ist eine deutliche miteinander verbunden werden; Verbesserung des Verkehrsanschlusses erfolgt. – neue größere Wohn- und Gewerbegebiete an den ÖPNV angeschlossen werden (¢2.7 Absatz 5); – eine gute Verknüpfung der Verkehrsnetze (Bahn und Bus) sowie die Verknüpfung zwischen öf- fentlichem Verkehr und Individualverkehr (zum Beispiel Park+Ride, Bike+Ride) in den Siedlungs-, Versorgungs- und Arbeitsplatzschwerpunkten sichergestellt wird; – der sprunghafte Anstieg der Urlaubsgäste in den Monaten Mai bis Oktober eine zusätzliche wesentliche Bestimmungsgröße für die ÖPNV- Planung darstellt und

71 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.5 Energieversorgung 3.5.1 Allgemeines

– die Belange des Erholungs- und Urlaubsverkehrs Grundsätze und Ziele der Raumordnung berücksichtigt werden. Die auf der Basis des Schleswig-Holstein-Tarifs 1 G Für die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der (SH-Tarifs) geschaffene verkehrliche und tarifliche heimischen Wirtschaft und die Versorgung der Kooperation soll weiter ausgebaut werden. Bevölkerung im Gesamtraum ist eine sichere, unabhängige, effiziente, bedarfsgerechte und um- 3 G Der Radverkehr soll weiterhin gefördert werden. Die weltverträgliche sowie kostengünstige Energie- Attraktivität und Sicherheit des Fahrradfahrens im versorgung sicherzustellen. Dabei sind die ver- Alltag, in der Freizeit und im Urlaub soll dabei erhöht schiedenen Energieträger und moderne Anlagen und die Verknüpfung des Radverkehrs mit den an- und Technologien so zu nutzen und zu entwickeln, deren Verkehrsarten verbessert werden. dass eine nachhaltige und klimaverträgliche Energie- versorgungsstruktur ermöglicht wird. Begründung 2 G Bei allen Planungen und Maßnahmen ist die B zu 1 - 3 Ausschöpfung der Energiesparpotenziale und der Die Möglichkeiten der Verkehrsgestaltung und -ent- Einsatz besonders effizienter Energieerzeugungs- wicklung im Land sind mit der Neuordnung des und Verbrauchstechnologien anzustreben. Regional- und Nahverkehrs im Zuge der Aufstellung von Nahverkehrsplänen erweitert worden. Durch strukturelle 3 G Zur Verbesserung des Energienutzungsgrades und Maßnahmen wurden die Leistungsfähigkeit von Bus- und im Interesse der Umwelt und des Klimaschutzes Bahnnahverkehrsnetzen gestärkt. Zudem sollen durch sollen Möglichkeiten der Kraft-Wärme-Kopplung intensive Abstimmungsprozesse zwischen der Verkehrs- sowie der Nutzung industrieller Abwärme aus- und der Siedlungsentwicklung die Voraussetzungen für geschöpft werden. Dort, wo nennenswerter die Stärkung des ÖPNV weiter verbessert werden. Wärmebedarf besteht, soll Strom erzeugt und Ein besonderer Abstimmungsbedarf über Landes- vorrangig die dabei entstehende Abwärme ge- und Kreisgrenzen hinweg ergibt sich im Hinblick auf nutzt werden. In Wohngebieten ist der Einsatz von die immer engeren Wirtschafts-, Siedlungs- und Blockheizkraftwerken und Nahwärmenetzen anzu- Pendlerverflechtungen in der Metropolregion Hamburg. streben. Beim Einsatz fossiler Energie sollen min- Das sich aus den Regionalen Nahverkehrsplänen der destens 50 Prozent der Jahreswärmearbeit aus Kreise und kreisfreien Städte sowie dem Landesweiten einer Anlage zur Kraft-Wärme-Kopplung bereitge- Nahverkehrsplan ergebende Gesamtsystem aus stellt werden. Schienen- und Busverkehr wurde auf der Grundlage einer verkehrlichen und tariflichen Kooperation aller 4 G Kommunale und regionale Energieversorgungs- Verkehrsträger zu einem landesweit und mit den konzepte sollen einen wichtigen Beitrag zur spar- Nachbarländern (in der Metropolregion Hamburg un- samen und rationellen Energieversorgung im vorge- ter Berücksichtigung des Verbundnahverkehrsplans nannten Sinne leisten. des Hamburger Verkehrsverbundes) abgestimmten Nahverkehrsnetz verknüpft (SH-Tarif). Das System wird 5 G Unter Berücksichtigung der regionalen Gegeben- durch flexible und multifunktionale Bedienungsformen heiten, der Belange von Natur und Landschaft (zum Beispiel Rufbusse, Anrufsammeltaxen, Bürgerbusse, und der weitgehenden Akzeptanz der Bevölkerung Transport von Gütern und Personen in speziellen Fahr- soll die Nutzung regenerativer Energiequellen, wie zeugen oder zeitlich versetzter Transport) ergänzt. Windenergie, Biomasse, Solarenergie, Geothermie Aufgrund der weiterhin steigenden Pkw-Dichte und anderer, sowie von Ersatzbrennstoffen verstärkt und des drohenden Verkehrsinfarktes in den städ- ermöglicht werden. Die energetische Verwertung tischen Ballungsräumen ist es zudem notwendig, das nachwachsender Rohstoffe soll positive Energie- Bewusstsein der Bevölkerung für die besondere Rolle und Ökobilanzen des Gesamtprozesses erzielen. des Fahrrads im Alltagsverkehr zu schärfen. Hier beste- hen erhebliche Umsteigepotenziale vom Pkw, die ge- 6 G Die Regionalplanung soll räumliche Leitbilder für die fördert werden müssen. Aber auch aufgrund der hohen Nutzung geeigneter regenerativer Energiequellen Bedeutung des Radverkehrs für den Tourismus ergibt erarbeiten. sich die Aufgabe, die Infrastruktur für den Radverkehr weiter auszubauen und zu verbessern.

72 Zum Inhalt

7 G In die Regionalpläne sind regional bedeutsame Begründung Planungen und Maßnahmen aufzunehmen, die eine Optimierung der Energieinfrastruktur unterstützen. B zu 1 - 4 Dies betrifft sowohl den Aus- und Neubau Angesichts der globalen Erwärmung durch klimaschäd- von regional beziehungsweise überörtlich be- liche Gase, der Endlichkeit fossiler Energieträger, aber deutsamen Erzeugungsanlagen sowie Leitungen auch vor dem Hintergrund eines weltweit immer mehr zur Elektrizitäts-, Fern- und Nahwärme und Gas- steigenden Energiebedarfs und der damit verbundenen versorgung unter Anwendung der Kraft-Wärme- Steigerung der Energiepreise werden die verstärkte Kopplung als auch die verstärkte Anwendung von Nutzung regenerativer Energien und ein sparsamer Technologien zur Nutzung regenerativer Energien. Verbrauch fossiler Energieträger immer wichtiger. Die Die Netzstrukturen und Netzkapazitäten müs- Ausschöpfung von Energiesparpotenzialen und der sen insbesondere den mit dem Ausbau erneuer- Einsatz besonders effizienter Energieerzeugungs- und barer Energien verbundenen Erfordernissen Verbrauchstechnologien sollen bei Planungen und Rechnung tragen. Der Netzbetreiber hat gemäß Maßnahmen daher regelmäßig in die Abwägung Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) in der einbezogen werden. Die Frage der wirtschaftlichen Alternative von Freileitung und Erdkabel eine Vertretbarkeit spielt hierbei jedoch immer eine unterirdische Verlegung in Betracht zu ziehen, wichtige Rolle und ist im Einzelfall zu bewerten. wenn diese dem Stand der Technik entspricht Energieeinsparung ist die Basis für eine zukunftsfähige und die Mehrkosten der Erdverkabelung von der Energiewirtschaft. Sie trägt auch dazu bei, den Anteil Regulierungsbehörde anerkannt werden. regenerativer Energien am gesamten Stromverbrauch maßgeblich zu steigern. 8 Z Die Betreiber von Energieversorgungsnetzen sind Für den rationellen und sparsamen Umgang mit nach dem Energiewirtschaftsgesetz im Rahmen Energie kommen insbesondere in Betracht: des wirtschaftlich Zumutbaren verpflichtet, ein – energetische Optimierung von Neubauten, sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Ener- – energiesparende Sanierungsmaßnahmen im gieversorgungsnetz bedarfsgerecht zu optimieren, Gebäudebestand, zu verstärken und auszubauen. – verstärkte Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung zur Maßnahmen zur Netzverstärkung bei Nutzung Effizienzsteigerung bei der Heizwärmeversorgung vorhandener Trassen haben Vorrang vor dem entsprechend den Zielen der EU (Richtlinie zur Neubau von Leitungen sowie der Inanspruchnahme Kraft-Wärme-Kopplung), der Bundesregierung neuer Trassen. (Integriertes Energie- und Klimaschutzprogramm) Der Ausbau der Energietransportsysteme erfolgt und der Landesregierung (Energiekonzept), auf Basis der Vorgaben des Energierechts, insbe- – Erschließung von Energiesparpotenzialen in der ge- sondere des EnLAG, und ist mit der angestrebten werblichen Wirtschaft. Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung ebenso wie Wärmenetze stellen eine zukunftsflexible Wärmever- mit den Zielen des Umwelt- und Naturschutzes in sorgungsinfrastruktur dar, weil sie offen sind für alle

Einklang zu bringen. CO2 - armen Versorgungstechniken. Die dazugehö- G Hochspannungsfreileitungen sind möglichst auf rigen Heizstationen können mit fossiler Energie un- gemeinsamer Trasse zu führen. Leitungen sind, so- ter Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung, industrieller weit technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar, Abwärme oder Biomasse oder mittelfristig auch mit zu verkabeln. Solarenergie unter Verwendung saisonaler Speicher Beim erforderlichen Neubau von Hochspannungs- und gegebenenfalls mit Geothermie betrieben wer- freileitungen sind Belange des vorbeugenden Ge- den. Mit dem Forcieren von Wärmenetzen wird der sundheitsschutzes der Bevölkerung, der Siedlungs- energiepolitische Grundpfeiler „Effizienzsteigerung“ entwicklung und des Städtebaus sowie des Natur- gestützt. Unverzichtbar wird damit der physikalische und Landschaftsschutzes zu berücksichtigen. Mög- Nutzungsgrad bei der Umwandlung von Primär- in lichkeiten der Bündelung mit anderen Leitungen und Nutzenergie nicht nur energetisch erhöht, sondern auch Verkehrswegen sind zu nutzen. exergetisch optimiert, indem ungenutzte, also anson- sten wegzukühlende Abwärme noch genutzt wird. Durch Energieversorgungskonzepte sollen energe- tische Vorteile von Versorgungssystemen einzelner Orte aber auch ganzer Regionen unter Ausnutzung örtlicher Energiepotenziale ausgeschöpft werden (zum Beispiel

73 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

durch Bau von Nahwärmenetzen in Verbindung mit Die EU will grenzüberschreitende Stromverbindungen Blockheizkraftwerken und zur Nutzung der Abwärme ausbauen lassen, um einen einheitlichen, offenen und von Biomasseanlagen). wettbewerbsintensiven Energiebinnenmarkt zu schaffen. Durch Entscheidung Nummer 1364/2006/EG B zu 5, 6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom Nicht jede Region ist gleichermaßen für die Nutzung 06. September 2006 zur Festlegung von Leitlinien für die jeglicher Form regenerativer Energien geeignet. transeuropäischen Energienetze wurden Vorhaben, die Während beispielsweise die Küstenbereiche aufgrund grenzüberschreitend sind oder erhebliche Auswirkungen der Windhöffigkeit und der solaren Strahlungsintensität auf die grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten für Windkraftanlagen und Photovoltaik prädestiniert sind, haben, zu Vorhaben von europäischem Interesse erklärt. können Geeststandorte im Binnenland für den Anbau Die Union für die Koordinierung der Erzeugung und von Energiepflanzen geeignet sein. Bei der Festlegung des Transports elektrischer Energie (UTCE) hat die regionaler Schwerpunkte für die Nutzung regenerativer Aufgabe, die sichere Netzführung durch die großen Energien spielen aber gleichermaßen auch Aspekte der Übertragungsnetzbetreiber zu gewährleisten. Die dafür Landschaftspflege, des Arten- und Biotopschutzes, der erforderlichen Netzmaßnahmen sind ebenfalls zu er- Kulturlandschaft, des Tourismus und der Siedlungs- und möglichen. Agrarstruktur eine Rolle. Auf der Hochspannungsebene unterliegt die Alter- Regenerative Energieerzeugung ist nur dann sinn- nativenprüfung zwischen Freileitung und Erdkabel voll, wenn in den Gesamtprozess nicht mehr Energie Einschränkungen durch das Bundesrecht. Danach hineinfließt, als am Ende bereitgestellt wird (zu berück- wird auf der 110 Kilovolt-Ebene nur unter bestimmten sichtigen ist zum Beispiel der Aufwand zur Wasser- Voraussetzungen der vorrangige Einsatz von Erdkabeln stoffproduktion oder zum Anbau und Transport von ermöglicht. Zum einen stets dann, wenn bei neu zu Energiepflanzen oder zur Veredelung von Biogas zu planenden Leitungen die Mehrkosten auf den Kosten- Biomethangas in Erdgasqualität). Ebenso zu beachten faktor von 1,6 begrenzt werden. Zum anderen auch ist, dass nicht an anderer Stelle Umweltschäden entste- dann, wenn unabhängig von den Mehrkosten eine hen, die den erwarteten Nutzen durch die klimaneutrale Gebietsprivilegierung zum Tragen kommt, wenn also das Energiegewinnung wieder relativieren (zum Beispiel Erdkabel in einem Küstenkorridor mit einer Breite von bei intensiven Energiepflanzen-Monokulturen oder bei 20 Kilometern eingesetzt werden soll. Vor dem Hinter- Wasserstoffproduktion unter Einsatz fossiler Energien). grund der Netzregulierung ist in allen darüber hinaus gehenden beziehungsweise abweichenden Fällen der B zu 7, 8 Entscheidungsvorbehalt der Bundesnetzagentur, also im Die Ermittlung des Netzausbaubedarfs und die Netz- Einzelfall die kostenmäßige Anerkennung des Vorhabens ausbauplanung obliegen den Netzbetreibern, für maßgeblich. Konkretisierende landesrechtliche Vorgaben die die Vorgaben insbesondere im Hinblick auf die müssen insoweit in Einklang mit den hier abschließen- Zielsetzungen der Vollendung des Elektrizitätsbinnen- den Regelungen des Bundesrechts stehen. marktes, der Förderung des Wettbewerbs und des Umwelt- und Klimaschutzes obligatorisch sind. Darüber hinaus enthält das EnLAG einen Bedarfsplan von Vorhaben im Bereich der Höchstspannungsnetze ab 380 Kilovolt, wodurch der vordringliche Bedarf gesetz- lich festgestellt ist. Ebenso beinhaltet das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) Maßgaben zum unverzüglichen Netzausbau, um die Anbindung von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sicherzu- stellen. Beim Bau neuer Hochspannungsleitungen sind sol- chen Leitungsvorhaben der Vorrang einzuräumen, die die Landschaft schonen, Arten- und Naturschutzbelange so- wie Siedlungsnähe berücksichtigen, den Tourismus und die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen nicht beeinträchtigen und bei extremen Wetterereignissen Versorgungssicherheit bieten.

74 Zum Inhalt

3.5.2 Windenergie

Grundsätze und Ziele der Raumordnung § 35 Absatz 1 Nummern 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel bis zu 70 Metern Gesamthöhe. 1 G Der Windenergie kommt sowohl unter energie- und klimapolitischen als auch unter wirtschaftlichen 6 Z Bei der Festlegung von Eignungsgebieten für und räumlichen Gesichtspunkten eine besondere Windenergie gelten die Empfehlungen der ent- Bedeutung zu. Der Ausbau der Windenergienutzung sprechenden Runderlasse zur Planung von Wind- soll unter Berücksichtigung aller relevanten Belange energieanlagen in der jeweils aktuellen Fassung. mit Augenmaß fortgesetzt werden. 7 G In den Regionalplänen können auf der Grundlage 2 G Das in der Windenergie steckende Potenzial soll naturschutzfachlicher, touristischer und anderer unter Abwägung mit anderen öffentlichen Belangen Fachziele Eignungsgebiete ausgewiesen werden, in wie Tourismus, Schiffs- und Luftverkehrssicherheit, denen Windkraftanlagen nur bis zu einer definierten Fischerei, Landwirtschaft und Natur- und Artenschutz Gesamthöhe zulässig sind. auch dazu genutzt werden, das Land technologisch und wirtschaftlich voranzubringen. Dabei sollen die 8 Z Die Festlegung von Eignungsgebieten für die weitgehende Akzeptanz in der Bevölkerung erhal- Windenergienutzung gemäß Ziffer 3.5.2 Absatz 3 ten und die Flächen für diese umweltverträgliche ist in folgenden Gebieten nicht zulässig (Aus- Energiegewinnungsform natur- und landschaftsver- schlussgebiete): träglich in Anspruch genommen werden. – im Gebiet des Nationalparks Schleswig-Holstei- nisches Wattenmeer sowie in der Nordsee bis zur 3 Z Zur räumlichen Steuerung der Errichtung von Hoheitsgrenze; Windenergieanlagen sind in den Regionalplänen – auf den Nordfriesischen Inseln und Halligen; Eignungsgebiete für die Windenergienutzung auf – in der Ostsee bis zur Hoheitsgrenze; Basis der nachstehend formulierten landeseinheit- – in der Elbe bis zur Hoheitsgrenze sowie auf sons- lichen Kriterien festzulegen. Insgesamt sind circa tigen Wasserflächen (Seen und Flüsse); 1,5 Prozent der Landesfläche in den Regionalplänen – innerhalb der in den Regionalplänen festgelegten als Eignungsgebiete für die Windenergienutzung Siedlungsachsen und Besonderen Siedlungs- festzulegen. räumen; – auf Vordeichflächen aller Art; 4 G Die Ausweisung neuer Flächen in den Regionalplänen – in bestehenden Naturschutzgebieten sowie soll maßvoll und vorrangig durch Arrondierung vor- in Gebieten, die die Voraussetzungen für eine handener Flächen erfolgen. Vorhandene Eignungs- Unterschutzstellung nach § 23 BNatSchG in gebiete in den Regionalplänen von 1998 bis 2005 Verbindung mit § 13 LNatSchG erfüllen, für sollen überprüft und können gegebenenfalls an neue die ein Verfahren nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Erkenntnisse und Anforderungen angepasst werden. BNatschG in Verbindung mit § 19 LNatSchG Für einzelne Windkraftanlagen sollen keine Eig- eingeleitet ist oder die nach § 22 BNatSchG in nungsgebiete ausgewiesen werden. Eignungsgebiete Verbindung mit § 12 LNatSchG einstweilig sicher- sollen die Errichtung eines Windparks ermöglichen. gestellt sind; Bei der Ausweisung neuer Eignungsgebiete ist – in gesetzlich geschützten Biotopen, europäischen auch der Flächenbedarf für industriell-gewerbliche Vogelschutzgebieten und FFH-Gebieten; Entwicklung und Erprobung neuer Windkraftanlagen – in Wäldern; zu berücksichtigen. – auf größeren, regelmäßig aufgesuchten bevor- zugten Nahrungs- und Rastflächen sowie im 5 Z Die Konzentration von Windkraftanlagen auf die in Bereich zugeordneter Vogelflugfelder. den Regionalplänen ausgewiesenen Eignungsgebiete ist Ziel der Landes- und Regionalplanung. 9 Z In den folgenden Gebietstypen ist die Festlegung Außerhalb der festgelegten Eignungsgebiete von Windenergieeignungsgebieten gemäß Ziffer ist die Errichtung von Windkraftanlagen im 3.5.2 Absatz 3 zulässig, wenn die Errichtung von Außenbereich – auch von Einzelanlagen – ausge- Windkraftanlagen im Einzellfall mit dem Schutz- schlossen. Vorhaben gemäß Ziffer 3.5.2 Absätze 14 und 16 sind davon unberührt. Ausgenommen von dem Ausschluss sind Kleinanlagen als Einzelanlagen mit bis zu 30 Metern Gesamthöhe und Nebenanlagen, die einem Vorhaben nach

75 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

beziehungsweise Nutzungszweck dieser Gebiete – Die Fläche, auf der die neuen Anlagen errichtet zu vereinbaren ist (Ausschlussgebiete mit der werden, liegt außerhalb der in Ziffer 3.5.2 Möglichkeit der Feinsteuerung auf der Regio- Absatz 8 genannten sowie der gemäß nalplanebene): Ziffer 3.5.2 Absatz 9 und 10 in den jeweiligen – in den regionalen Grünzügen der Ordnungsräume Regionalplänen konkretisierten und festgelegten (¢5.3.1); Gebiete und Landschaftsräume. – in den Stadt- und Umlandbereichen in ländlichen – Die in den Runderlassen zur Planung von Wind- Räumen (¢1.5); energieanlagen in der jeweils aktuellen Fassung – in Umgebungsbereichen Landschafts- und Orts- getroffenen Empfehlungen werden eingehalten. bild prägender Kulturdenkmäler und geschützter – Das Orts- und Landschaftsbild wird nicht we- Ensembles; sentlich mehr als bisher beeinträchtigt. – in Pufferzonen entlang von Ufern und Deichen an – Die künftige Siedlungsentwicklung der Gemein- Gewässern (Seen, Flüssen und Kanälen) sowie den wird nicht behindert. an den Meeresküsten und im Bereich über Land – Eine verbindliche Vereinbarung des Rückbaus führender Vogelzugwege als Leitstrukturen für aller abzubauenden Windkraftanlagen mit einer den Vogelzug; maximalen Übergangslaufzeit von drei Monaten – auf sonstigen Flächen für den Naturschutz sowie wird geschlossen; dabei sind bereits stillgelegte im Bereich schützenswerter Geotope (geologisch- Anlagen nicht mit einzurechnen. geomorphologische Sonderformen, wie zum Bei- – Nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 BauGB spiel Moränenhügel, Tunneltalsysteme, Kleev- privilegierte Nebenanlagen und Kleinanlagen kanten und Steilufer), soweit sie in den noch können nicht in ein Repowering einbezogen geltenden Landschaftsrahmenplänen beziehungs- werden. weise einem aktualisierten Landschaftsprogramm – Die Standortgemeinde erhebt gegen das Vor- dargestellt sind; haben keine Bedenken. – in Landschaftsschutzgebieten und Naturparken. 1 4 G Repowering-Flächen, die die Voraussetzungen der 1 0 G Darüber hinaus können die Regionalpläne Gebiete, Ziffer 3.5.2 Absatz 13 erfüllen, können im Rahmen die weitgehend durch die vorgenannten Gebietstypen einer Teilfortschreibung oder Neuaufstellung als geprägt und in ihrer Gesamtheit unter Einschluss von Eignungsgebiete in die Regionalpläne übernom- Randgebieten und Pufferzonen als besonderer prä- men werden. gender charakteristischer Landschaftsraum anzuse- hen sind, als Ausschlussgebiete festlegen. 1 5 G Außerhalb der Eignungsgebiete kann die Errich- tung neuer Windkraftanlagen für die industriell-ge- 1 1 G Über die Bauleitplanung sollte durch eine geeignete werbliche Entwicklung und Erprobung im Rahmen Anordnung von Windenergieanlagen in Windparks eines Zielabweichungsverfahrens nach Maßgabe eine Beeinträchtigung des Vogelflugs vermieden des LaPlaG ausnahmsweise zugelassen werden. werden. 1 6 Z Im schleswig-holsteinischen Küstenmeer wird 1 2 G Die Ausnutzung grenzübergreifender Eignungsge- die Windenergienutzung auf die Errichtung eines biete sollte mit dem Ziel der städtebaulichen und Offshore-Windparks als Test- und Demons- landschaftspflegerischen Optimierung zwischen trationsanlage mit bis zu 55 Windkraftanlagen Kommunen planerisch abgestimmt werden. in der Ostsee (Mecklenburger- / Lübecker Bucht) begrenzt; die Fläche ist in der Hauptkarte nach- 1 3 Z Für zulässigerweise außerhalb der Eignungsgebiete richtlich dargestellt. errichtete Windkraftanlagen (Altanlagen) besteht unabhängig vom Altstandort unter folgenden 1 7 Z Unter Berücksichtigung der Antragssituation Voraussetzungen die Möglichkeit für ein Repowering für Offshore-Windparks in der AWZ und der in bei gleichzeitiger Konzentration der Anlagen: Schleswig-Holstein bestehenden Netzeinspeise- – Die Altanlagen sind durch eine deutlich ver- möglichkeiten sowie der genehmigten Strom- ringerte Anzahl neuer Anlagen innerhalb eines leitungen sind die hierfür erforderlichen Kabel- räumlich-funktional zusammenhängenden systeme im Küstenmeer der Nordsee Windpark Landschaftsraumes zu ersetzen. übergreifend zu bündeln.

76 Zum Inhalt

Begründung Zwischen dem landesplanerischen Ziel, neue Flächen für die Windenergie zur Verfügung zu stellen, und den bisher B zu 1, 2 in den Regionalplänen bereits festgelegten Gebieten er- Am 1. Mai 2009 trat die EU-Richtlinie 2009/28/EG zur geben sich planerische Gestaltungsspielräume. Sie lassen Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren eine Ausweisung neuer Windenergieeignungsgebiete im Quellen in Kraft. Ziel ist es, im Jahr 2020 EU-weit oben genannten Sinne zu und tragen den energiepoli- einen Anteil von 20 Prozent erneuerbarer Energien am tischen Zielen des Landes Rechnung, die Windenergie Endenergieverbrauch und in jedem Mitgliedstaat im unter Berücksichtigung anderer landespolitischer Ziel- Verkehrssektor mindestens 10 Prozent (Biokraftstoffe und setzungen, zum Beispiel zum Erhalt von Natur und der Elektromobilität) aus erneuerbaren Energien zu erreichen. Lebensqualität des Raums für die Menschen, weiterzu- Deutschland muss danach den Anteil der erneuerbaren entwickeln. Wesentlich für die Weiterentwicklung der Energien in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr Flächenausweisung ist zum einen, dass nicht jede Fläche konsequent ausbauen und bis 2020 einen Anteil von des Landes, die theoretisch für die Windenergienutzung 18 Prozent am Endenergieverbrauch erreichen. geeignet wäre, auch tatsächlich ausgewiesen werden Gemäß dem Leitszenario des Bundesumweltministe- muss. Zum anderen kommt es darauf an, dass mit den riums von 2009 können der Beitrag der erneuerbaren Raumordnungsplänen in ausreichendem Umfang Flächen Energien 2020 am Stromverbrauch bereits bei 35 Prozent für die Windenergienutzung verfügbar gemacht wer- und ihr Anteil am Endverbrauch bei etwa 20 Prozent den, die der mit der baurechtlichen Privilegierung der liegen. Windenergie verfolgten Zielsetzung des § 35 Absatz 3 In Schleswig-Holstein lag der Anteil der erneuerbaren BauGB Rechnung tragen. Energien am Endenergieverbrauch im Jahr 2007 bei rund 13 Prozent (Wind 7,6 Prozent und Biomasse 5,3 Prozent). B zu 5 Gemäß eines im Januar 2010 zwischen MLUR und MWV Die naturraumtypischen Besonderheiten des Landes abgestimmten Szenarios für den Ausbau der erneuer- mit ihren vielgestaltigen und (eingriffs-) empfindlichen baren Energien bis 2020 liegt der rechnerische Anteil der Landschaftsformen als Lebensraum und wesentliche erneuerbaren Energien im Jahr 2020 bei etwa 57 Prozent, Grundlage für den Tourismus in Schleswig-Holstein wenn eine Stabilisierung des Endenergieverbrauchs auf erfordern eine sorgfältige raumplanerische Eingliederung dem Niveau von 2005 erreicht wird. Gelingt es, den der Windkraftanlagenstandorte. Deshalb ist auch die Endenergieverbrauch (EEV) mittels auf Bundesebene Errichtung von Einzelanlagen außerhalb der Eignungs- umzusetzender Maßnahmen um 11 Prozent abzusenken, gebiete ausgeschlossen. entspricht dies einem rechnerischen Anteil der erneu- Bei Kleinanlagen mit bis zu 30 Metern Gesamthöhe erbaren Energien am Endenergieverbrauch von knapp ist generell von geringen Umweltauswirkungen auszu- 65 Prozent. Die einzelnen erneuerbaren Energien haben gehen, weshalb sie nicht unter den raumordnerischen daran folgende Anteile: Wind onshore 20,2 Prozent, Vorbehalt gestellt werden. Wind offshore 17,5 Prozent, Biomasse 16,1 Prozent, Die Ausnahme für Windkraftanlagen bis zu einer Solarthermie und Photovoltaik 2 Prozent, Wasser Höhe von in der Regel 70 Metern, die einem im Außen- 1 Prozent, Geothermie 1 Prozent. bereich privilegierten Betrieb gemäß § 35 Absatz 1 Diese Begründung bezieht sich auch auf die weiteren Nummern 1 bis 4 BauGB als Nebenanlagen dienen, Aussagen zu erneuerbaren Energien im LEP trägt zum einen der gesetzlichen Privilegierung der (¢1.4 Ländliche Räume, ¢3.5.3 Solarenergie und Hauptanlage Rechnung. Zum anderen ist bei diesen ¢3.9 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei). im Zusammenhang zu einem privilegierten Betrieb ste- henden Anlagen durch die bauliche Vorbelastung des B zu 3, 4 Standortes und die räumlich-funktionale Zuordnung Aus den bundes- und landespolitischen Zielvorgaben grundsätzlich von geringeren Auswirkungen auf die zur Nutzung erneuerbarer Energien (¢Begründung zu Umwelt auszugehen als bei Anlagen, die weder Klein- Absatz 2) leitet sich zusätzlicher Flächenbedarf ab, mit anlagen noch Nebenanlagen sind. dem die Windenergie zur klima- und umweltfreundlichen Energieerzeugung und zum Energiemix beitragen soll. B zu 6 In den derzeit geltenden Regionalplänen sind land- Im jeweils gültigen Runderlass für die Planung von seitig bereits circa 12.000 Hektar als Eignungsgebiete Windkraftanlagen werden unter anderem Abstände für die Windenergienutzung festgelegt. Darüber hinaus zu Siedlungen, bewohnten Gebäuden und anderen stehen Anlagen außerhalb der Eignungsgebiete. schutzwürdigen Nutzungen und Schutzgebieten de- finiert. Für die Träger der Regionalplanung sind diese

77 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Abstandserfordernisse und gegebenenfalls weitere Kriterien allem des Naturschutzes entgegen. Deshalb werden sie bindend bei der Festlegung von Eignungsgebieten. als Ausschlussgebiete definiert. Die Ausnutzung innerhalb der festgelegten Eignungs- Unter größeren, regelmäßig aufgesuchten Rast- und gebiete richtet sich nach den Vorschriften des Bau- Nahrungsgebieten werden diejenigen Teilräume des planungsrechts und des Immissionsschutzrechts sowie Landes verstanden, die traditionell insbesondere von den weiterer Fachgesetze. Wat- und Wasservögeln als Rastgebiete aufgesucht wer- den und die der Nahrungsaufnahme dieser Vögel dienen. B zu 7 Räumliche Schwerpunkte sind die Küstengewässer von Mit dieser Formulierung sollen weitere Möglichkeiten für Nord- und Ostsee, viele Binnenseen und Großteiche, die die Ausweisung von Eignungsgebieten geschaffen wer- Unterläufe der größeren Flüsse (zum Beispiel Elbe, Eider, den. Es soll auf der Ebene der Regionalplanung ermög- Trave) und die ausgedehnten meist als Dauergrünland licht werden, auch dort Eignungsgebiete festzulegen, genutzten Niederungsgebiete. Im Rahmen der konkreti- wo dies ohne Höhenbegrenzung sonst nicht möglich sierenden Planung ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob wäre. So können vor allem Belange des Vogelschutzes diese Gebiete sowie die unter ihnen bestehenden funkti- und des Landschaftsbildes, die der Windkraftnutzung onalen Wechselbeziehungen betroffen sind. an einigen Stellen ansonsten pauschal entgegenstehen würden, trotz Eignungsgebietsdarstellung noch ausrei- B zu 9 chend berücksichtigt werden. In den genannten Gebietskategorien stehen der Er- richtung von Windkraftanlagen in der Regel Fachbelange B zu 8 des Natur- und Landschaftsschutzes oder andere In den genannten Gebietskategorien stehen der Errich- Nutzungsziele entgegen. Es wird jedoch die Möglichkeit tung von Windkraftanlagen regelmäßig Fachbelange vor gegeben, auf Ebene der Regionalplanung zu prüfen, ob

Abbildung 5: Genehmigte und beantragte Offshore-Windparks in der AWZ (Stand: April 2010)

78 Zum Inhalt

im Einzelfall die Ausweisung eines Eignungsgebietes in- Nebenanlagen zu landwirtschaftlichen Betrieben un- nerhalb eines solchen Gebietes mit dessen eigentlicher terliegen grundsätzlich nicht der Steuerung durch die Zweckbestimmung vereinbar sein kann. Raumordnung, da sie über § 35 Absatz 1 Nummer 1 BauGB privilegiert sind. Aufgrund ihrer geringeren B zu 10 Größe und der Nähe zu Hofstellen ist ihre Wirkung im Gemeint sind hier Gebiete, die in ihrer Gesamtheit Landschaftsbild kaum störend. Deshalb können sie und eine erhaltenswerte Charakteristik aufweisen, ohne auch andere nicht der raumordnerischen Steuerung dass sie bisher flächendeckend einem gesetzlich de- unterliegende Anlagen nicht in ein Regionsrepowering finierten Schutzstatus unterliegen. Für die Träger der einbezogen werden. Regionalplanung wird die Möglichkeit eröffnet, solche Areale großräumig von Windkraftanlagen freizuhalten. B zu 15 Eine sachlich-fachliche Begründung für die Abgrenzung Mit der vorstehenden Regelung wird in begrenztem ist erforderlich. Rahmen die Möglichkeit eröffnet, die industriell- gewerbliche Forschung und Entwicklung neuer B zu 11, 12 Windkraftanlagen im Land zu fördern. Einzelheiten zur Die Kommunen sollen im Rahmen ihrer Bauleitplanung Standortwahl und zur Begründung der Abweichung von dafür Sorge tragen, dass insbesondere Belange des den Zielen der Raumordnung müssen jeweils Vorhaben Vogelschutzes, des Städtebaus und der Landschaftspflege bezogen mit der Landesplanung geklärt werden. Als unterhalb der Ebene der Regionalplanung hinreichend maßgebliche Voraussetzungen für die Einleitung eines berücksichtigt werden. Zielabweichungsverfahrens müssen unter anderem die folgenden Bedingungen erfüllt sein: B zu 13, 14 – Es liegt ein Vertrag vor, der Art und Umfang des Um dem Bündelungsgedanken der Landes- und Re- Testbetriebs regelt. gionalplanung Geltung zu verschaffen, sind Maß- – Das Gebiet erfüllt alle Anforderungen und Kriterien, die nahmen, die eine weitere Konzentration von Anlagen- auch für die Ausweisung von Eignungsgebieten gelten. standorten bewirken, erforderlich. – Die im Runderlass zur Planung von Windenergie- Mit der Vorgabe, dass das Orts- und Landschaftsbild anlagen in der jeweils aktuellen Fassung getroffenen nicht wesentlich mehr als bisher beeinträchtigt werden Regelungen werden eingehalten. darf, soll gewährleistet werden, dass sich in der Bilanz – Der Testcharakter der Anlagen wird vom Hersteller aus Abbau und Neubau ein ausgewogenes Verhältnis detailliert dargestellt. mit entsprechender Konzentrationswirkung und ohne – Die Standortgemeinde ist in der Regel Antragstellerin nennenswerte Mehrbelastung für Natur- und Landschaft für das Zielabweichungsverfahren. Sie muss dem einstellt. Dies kann bereits bei einer Reduzierung der Vorhaben zustimmen. Anlagenzahl um die Hälfte gegeben sein. Im Einzelfall Ein Rechtsanspruch auf Einleitung eines Zielabweich- können aber die Größenverhältnisse der abzubauenden ungsverfahrens besteht nicht. und der neu zu errichtenden Windkraftanlagen auch eine noch deutlichere Reduzierung erforderlich machen. B zu 16 2009 standen insgesamt etwa 670 Windkraftanlagen Durch den Ausbau der Windenergie im Offshore-Bereich außerhalb der Eignungsgebiete. Für den weitaus größten kann der Anteil der erneuerbaren Energien an der Teil dieser Anlagen (circa 590) wäre ein Repowering Bruttostromerzeugung weiter deutlich erhöht werden. am Altstandort nicht zulässig, da die vorgenannten Be- Küstenmeer: Im Bereich der schleswig-holstei- dingungen dort nicht vorliegen. Mit dem Repowering- nischen Hoheitsgewässer von Nord- und Ostsee sowie Ansatz „unabhängig vom Altstandort“ der Windkraftan- der Elbe sind bislang keine Eignungsgebiete für die lagen wird aber ein Anreiz geschaffen, auch diese An- Windenergienutzung dargestellt worden und sollen auch lagen möglichst vor Ablauf ihrer normalen Lebensdauer zukünftig keine festgelegt werden. abzubauen und an geeigneter Stelle durch moderne In der Nordsee sprechen weitestgehend naturschutz- Anlagen zu ersetzen. Der Flächenbedarf hierfür wird fachliche Gründe gegen eine Windenergienutzung nach einer von der Landesplanung in Auftrag gege- (Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, benen Studie vom Januar 2007 je nach Anlagen- und FFH- und Vogelschutzgebiete), aber auch Gesichtspunkte Projektkonstellation auf circa 800 bis 900 Hektar landes- des Tourismus sowie Belange der Schiffssicherheit; da- weit geschätzt. rüber hinaus gilt für Nord- und Ostsee gleichermaßen, dass andere, vorrangige Nutzungen und die Dichte der Nutzungskonkurrenzen für die Windenergienutzung kei- nen Raum lassen.

79 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.5.3 Solarenergie

Unberührt davon bleibt die im Rahmen eines Raum- Grundsätze und Ziele der Raumordnung ordnungsverfahrens bewertete Fläche in der Ostsee, auf der die Errichtung eines Offshore-Windparks mit bis zu 1 G Die Solarenergienutzung soll unter Berücksichtigung 55 Windkraftanlagen als Test- und Demonstrationsanlage aller relevanten Belange mit Augenmaß ausgebaut unter raumordnerischen Gesichtspunkten als zulässig werden. Für die Solarenergienutzung besteht ein eingestuft worden ist (siehe auch Abschluss des grund­sätzlicher Vorrang auf und an vorhandenen Raumordnungsverfahrens vom 16. Dezember 2003). Das baulichen Anlagen gegenüber der Freiflächen- Gebiet ist in der Hauptkarte nachrichtlich dargestellt. nutzung. Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ): In der AWZ der Nordsee sind derzeit acht Windparks geneh- 2 G Großflächige Photovoltaikanlagen sollen Gemeinde- migt, deren Netzanbindung in Schleswig-Holstein erfol- grenzen übergreifend auf konfliktarme Gebiete gen soll (¢Abbildung 5). konzentriert werden. Zur räumlichen Steuerung Netzanbindung: Zur Ableitung der erwarteten der Errichtung dieser Anlagen sollen die im Strompotenziale sind verschiedene Netzausbaumaß- Beratungserlass zur Planung von großflächigen nahmen im Bereich der Hoch- und Höchstspannungs- Photovoltaikanlagen im Außen­bereich in der jeweils ebene erforderlich (¢3.5.1, 3.5.2). aktuellen Fassung getroffenen Regelungen berück- sichtigt werden. B zu 17 Der Transport der in der AWZ der Nordsee durch Begründung Offshore-Windkraft­anlagen erzeugten Energie erfolgt durch Seekabel. Die zurzeit den 12-Seemeilenbereich B zu 1, 2 Schleswig-Holsteins betreffenden Planungen um- Die Erzeugung aus solarer Strahlungsenergie nimmt fassen die Offshoreparks „Butendiek“, „DanTysk“, aufgrund günstiger Rahmen­bedingungen sowohl „Nördlicher Grund“, „Sandbank24“, „Amrumbank/West“, unter energie- und umweltpolitischen als auch unter „Nordsee/Ost“, „Meerwind Ost“ und „Meerwind Süd“ wirtschaftlichen Gesichtspunkten an Bedeutung zu. (¢Abbildung 5) mit einer Gesamtleistung von circa Die große Flächeninanspruchnahme und die damit 2.600 Megawatt. einhergehende Raumbedeutsamkeit von großflä- Um die Eingriffe in Natur und Umwelt insbesondere chigen Photovoltaik-Freiflächenanlagen erfordern eine im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sorgfältige räumliche Steuerung der Photovoltaik- gering zu halten und die Sicherheit des Schiffsverkehrs Standorte. Von den Möglichkeiten der interkommu- zu gewährleisten, ist eine räumliche Bündelung der nalen Zusammenarbeit soll im Interesse der Schonung Stromleitungen zur Abführung der in den oben ge- des Außenbereichs Gebrauch gemacht werden. nannten Offshoreparks erzeugten Strommengen aus Dabei sollte Gemeindegrenzen übergreifend eine der AWZ erforderlich. In Übereinstimmung mit dem Konzentration der Flächen auf wenige landwirtschaft- Raumordnungsplan des Bundes (Verordnung über lich unempfindliche und vorzugsweise vorbelastete die Raumordnung in der deutschen Ausschließlichen oder versiegelte Standorte angestrebt werden. Dabei Wirtschaftszone in der Nordsee – AWZ Nordsee ROV) sind auch die Ergebnisse der Landschaftsplanung ent- vom 21. September 2009 ist nur eine Trasse durch den sprechend zu berücksichtigen. Photovoltaik­anlagen in Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer den Größenordnungen von mehr als vier Hektar sind mit dem Zielkorridor an der 12-Seemeilengrenze grundsätzlich als raumbedeutsam nach § 3 Ziffer 6 ROG Richtung Büsum und einem Netzeinspeisepunkt im einzustufen. Netzknotenpunkt Wilster / Brunsbüttel vorgesehen, auf Der gemeindlichen Bauleitplanung kommt bei der die stromabführenden Kabelsysteme, die für die der Standortsteuerung dieser Anlagen eine beson- oben genannten beziehungsweise die für die vor der dere Bedeutung zu. Im Rahmen der vorbereitenden Westküste Schleswig-Holsteins liegenden und zurzeit Bauleitplanung bietet sich für eine Gemeinde die beantragten Offshorewindparks benötigt werden, räum- Möglichkeit, die Photovoltaik-Freiflächennutzung auf lich und Windpark übergreifend gebündelt werden geeignete Standorte zu lenken. Ein konfliktarmes sollen. Nebeneinander von Photovoltaiknutzung und konkurrie- Die Möglichkeiten des Transports von Wasserstoff, renden Raum­ansprüchen erfordert eine sorgfältig abge- der durch Elektrolyse unmittelbar im Offshore-Bereich wogene Standortwahl. Vor diesem Hintergrund sollen hergestellt wird, sind auch unter raumordnerischen die im Beratungserlass zur Planung von großflächigen Aspekten zu prüfen. Photovoltaikanlagen im Außenbereich in der jeweils ak- tuellen Fassung getroffenen Regelungen berücksichtigt werden.

80 Zum Inhalt

3.6 Rohstoffsicherung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Abbaubereiche sollen deshalb grundsätzlich voll- ständig abgebaut werden, sofern nicht ökologische 1Z Rohstofflagerstätten von wirtschaftlicher Bedeutung oder wasserwirtschaftliche Anforderungen dage- sind unter Berücksichtigung anderer, gegebenenfalls gensprechen. sozialer und ökologischer Belange für die zukünftige Gewinnung von Rohstoffen zu sichern. 5 G Zur Minimierung der Inanspruchnahme von Abbau- Dazu sind in den Regionalplänen Vorrang- und flächen sollen bestehende Möglichkeiten zur Vorbehaltsgebiete für den Abbau oberflächennaher Wiederverwertung von Sekundärrohstoffen verstärkt Rohstoffe darzustellen. genutzt und weitere Verwendungsmöglichkeiten für Sekundärrohstoffe entwickelt werden. 2 G Zur Sicherung der Rohstofflagerstätten von wirt- Abbaumaßnahmen sollten so durchgeführt schaftlicher Bedeutung kommt auch der Erkundung werden, dass über die notwendigen Eingriffe hi- der Lagerstätten eine besondere Bedeutung zu. Die naus die natürlichen abiotischen und biotischen langfristige Sicherstellung der Gewinnbarkeit dieser Faktoren so wenig wie möglich beansprucht und Rohstoffe aus verbrauchernahen Abbaustellen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes mög- hat für die heimische Wirtschaft eine besondere lichst vermieden und, wo dieses nicht möglich ist, Bedeutung. Auch unter ökologischen Aspekten minimiert werden. ist bei der Gewinnung von Baustoffen aus ober- Nach Beendigung des Abbaus sollen die Flächen flächennahen mineralischen Rohstoffen und so hinterlassen oder ge­staltet werden, dass die mit der Gewinnung von Erdöl die Minimierung von dem Abbau verbundenen Beeinträchtigungen des Transportwegen und somit die Sicherstellung von Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes durch lokalen beziehungsweise regionalen Kreisläufen Förderung natürlicher Sukzession, Renaturierung, sinnvoll. Auf der anderen Seite sind jedoch mit naturnahe Gestaltung, Wiedernutzbarmachung und dem Abbau von Rohstoffen zumindest temporäre Rekultivierung ausgeglichen oder gemindert wer- Eingriffe in den Naturhaushalt oder Konflikte mit den. In Bereichen von großflächigen und zerstreuten anderen Flächenansprüchen verbunden. Aus die- Bodenabbaumaßnahmen sollen die Bündelung und sen Gründen sollen in den Raumordnungsplänen zeitliche Abfolge von Bodenabbaumaßnahmen, unter Abwägung mit anderen Nutzungen und die Qualität der landschaftspflegerischen Wieder- Schutzverpflichtungen die Voraussetzungen für eine herstellung des Landschaftsbildes und die Folge- nachhaltige Rohstoffsicherung geschaffen werden. nutzungen durch die Bauleitplanung gesteuert wer- den. 3 G Der Abbau oberflächennaher Rohstoffe soll land- seitig vorrangig in Schwerpunkt­räumen erfolgen. 6 G Kulturdenkmäler und deren Umgebung sollen bei Diese sind im Anhang A 4 aufgeführt und in der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsge- der Hauptkarte mit einem Symbol sowie in der bieten für die Rohstoffsicherung berücksichtigt wer- Abbildung 6 dargestellt. den. Z In den Regionalplänen sind diese Räume durch die Soweit archäologische Kulturdenkmäler nicht Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten erhalten werden können, sollen sie durch Aus- für die Rohstoffsicherung (¢3.6.1, 3.6.2) unter grabungen geborgen, gesichert und dokumentiert Abwägung mit konkurrierenden Flächenansprüchen werden. zu konkretisieren. Hierbei sind die Ergebnisse der Landschaftsplanung zu berücksichtigen. Meerseitig sind in der Nordsee ein Standort für Erdölgewinnung und eine Fläche zur Sediment- entnahme für Küstenschutzmaßnahmen in der Hauptkarte nachrichtlich dargestellt. Diese sind in die Regionalpläne zu übernehmen.

4G Da mineralische Rohstoffe nicht regenerierbar sind und um die ökologischen Belastungen gering zu halten, soll die Nutzung der oberflächennahen Rohstoffe beziehungsweise die dafür erforder- liche Flächeninanspruchnahme sparsam erfolgen.

81 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung – Art und Qualität der Rohstoffe und/oder – exponierte geographische Lage (West- und Ost- B zu 1 - 6 küstenbereich zum Teil rohstoffarm, Prinzip der kurzen Eine dauerhaft ausreichende Rohstoffgewinnung durch Wege hinsichtlich der Transportkosten von preis- die Wirtschaft und die langfristige Sicherung der mine- werten Massenrohstoffen und der Vermeidung von ralischen Rohstoffgewinnung durch die Ausweisung Umweltbelastungen). von Rohstoffsicherungsgebieten sind wegen ihrer ak- Die Abbauschwerpunkträume haben den Charakter von tuellen und künftigen Bedeutung als Produktionsfaktor Suchräumen, innerhalb derer bei Fortschreibung von der Wirtschaft somit von großer volkswirtschaftlicher Regionalplänen Rohstoffsicherungsgebiete (Vorrang- Bedeutung. Der Rohstoffgewinnung aus verbraucher- und/oder Vorbehaltsgebiete) vorrangig festgelegt wer- nahen Gewinnungsstellen für die heimische Wirtschaft den sollen, um dort vorrangig einen Abbau zu realisie- kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. ren. Vor diesem Hintergrund werden im Anhang A4 und „Vor Ort“ allerdings treten bei neuen Abbauvorhaben in der Hauptkarte Schwerpunkträume für den Abbau oder bei der planerischen Ausweisung von Rohstoff- oberflächennaher Rohstoffe dargestellt ¢( Abbildung 6), sicherungsgebieten zahlreiche Konflikte mit den Zielen in denen der Abbau vorrangig erfolgen soll. Dies des Gewässer-, Arten- und Biotopschutzes, der Wald- schließt einen Abbau an anderer Stelle nicht aus. Die erhaltung sowie dem Freiraumschutz und der Siedlungs- Schwerpunkträume sind nach folgenden Kriterien abge- entwicklung auf. grenzt worden: Die rohstoff- und wirtschaftsgeologischen Fachdaten, – Großes Rohstoffpotenzial und/oder die im Wesentlichen auf Untersuchungen des Landes- – größere anhaltende Abbauaktivitäten, amtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Produktionsmengen und/oder als Staatlichem Geologischen Dienst für Schleswig-

Abbildung 6: Rohstoffsicherung in Schleswig-Holstein (Stand Januar 2010)

82 Zum Inhalt

Holstein basieren, sollen die Informationsgrundlage für Seitdem die Ölförderung aus dem ersten deutschen die Darstellung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten Offshore-Feld Schwedeneck in der Ostsee nach für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe in den 16-jährigem Betrieb 2000 eingestellt wurde, findet in Regionalplänen bilden. der schleswig-holsteinischen 12-Seemeilenzone die Bei der Abwägung der unterschiedlichen Nutzungs- Förderung von Öl nur noch im genehmigten Offshore- interessen ist nicht allein von den wirtschaftlich bedeut- Feld Mittelplate A in der Nordsee bis 2011 (Ende des samen Qualitätsmerkmalen des jeweiligen Rohstoffs geschlossenen Gewinnungsvertrages) statt. Dieses auszugehen, sondern es ist die Gesamtsituation des derzeit bedeutendste deutsche Erdölvorkommen inner- Lagerstättengebietes, die sich unter anderem aus der halb der 12-Seemeilenzone wurde und wird von einer besonderen Qualität des Rohstoffes, der besonderen künstlich angelegten Bohr- und Förderinsel westlich Empfindlichkeit von Ökologie und Landschaft im en- von Friedrichskoog vor der deutschen Nordseeküste geren Raum, den zu erwartenden Belastungen der im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer durch den Abbau unmittelbar betroffenen Bevölkerung, erschlossen, seit 2000 auch vom Festland. Bis 2007 aber auch aus der Knappheit des Rohstoffes in der wurden circa 20 Millionen Tonnen aus der Lagerstätte Region ergibt, zu berücksichtigen. gefördert. Weitere 30 bis 35 Millionen Tonnen Öl gelten Um den durch die Rohstoffgewinnung verursachten als technisch und wirtschaftlich gewinnbar. Vor dem Eingriff in Natur und Landschaft gering zu halten, sollen Hintergrund der bestehenden Genehmigung und der so weitgehend wie technisch möglich und wirtschaft- besonderen Bedeutung des Vorhabens Mittelplate A für lich vertretbar Primärrohstoffe durch wiederaufbereitete die Rohstoffsicherung ist dieses in der Hauptkarte als Baustoffe (Sekundärrohstoffe) aus Abbruchmaterial er- Standort für die Erdölgewinnung ausgewiesen. setzt werden. Im Meeresbereich hat bisher keine systematische Darüber hinaus soll der Abbau selbst so gestaltet Erkundung von oberflächennahen mineralischen werden, dass unvermeidbare Beeinträchtigungen mini- Rohstoffen stattgefunden. Der Nationalpark Schleswig- miert werden, zum Beispiel durch Holsteinisches Wattenmeer ist Vorranggebiet für den – vollständige Verwendung der gewonnenen Rohstoffe, Naturschutz (¢5.2.1). Nach den Schutzbestimmungen – abschnittsweisen Abbau, des Nationalparkgesetzes sind neben der genehmigten – vorgezogene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Sandentnahme des Bewilligungsfeldes Westerland III Es ist zu empfehlen, dass Gemeinden bei großflächigen vor Sylt nur die Sand- und Kiesgewinnung für die Ver- und dispersen Abbaumaßnahmen im Gemeindegebiet sorgung der Inseln und Halligen für Zwecke des Küsten- prüfen, inwieweit sie durch die Ausweisung von schutzes zulässig. Desgleichen dürfen Erdölbohrung Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan (im und -förderung ausschließlich von der genehmigten Sinne von § 35 Absatz 3 BauGB) planerische Vor- Bohr- und Förderinsel Mittelplate A aus erfolgen. Aus sorge für die Steuerung der zeitlichen Abfolge der diesen Gründen werden neben dem Standort zur Bodenabbaumaßnahmen, die landschaftspflegerische Erdölgewinnung und der Sedimententnahmefläche für Gesamtgestaltung und mögliche Folgenutzungen leisten den Küstenschutz in der Nordsee keine weiteren Roh- können. stoffsicherungs- oder Abbauflächen im Meeresbereich Im Bereich des schleswig-holsteinischen Küsten- dargestellt. Bei beiden Standorten handelt es sich nicht meeres ist für den marinen Sand- und Kiesabbau um Vorranggebiete für die Rohstoffsicherung (¢3.6.1). das genehmigte neun Quadratkilometer große Gebiet Für die weitere Erdölgewinnung ist es erforderlich, dass Westerland III westlich von Sylt zu nennen, wo bereits Untersuchungsarbeiten zur Aufsuchung vorhandener seit längerer Zeit die Sandentnahme ausschließlich Lagerstätten in Verbindung mit der genehmigten Bohr- für Maßnahmen des Küstenschutzes erfolgt. Vor dem und Förderinsel Mittelplate A durchgeführt werden können. Hintergrund der bestehenden Genehmigung und Die Darstellung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten der besonderen Bedeutung des Vorhabens für den für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe in den Küstenschutz ist dieses in der Hauptkarte als Fläche für Regionalplänen bedeutet nicht, dass Abbauvorhaben Sedimententnahme ausgewiesen. außerhalb dieser Gebiete den Zielen der Raumordnung Im Meeresbereich der Nordsee lassen sich die Ge- von vornherein widersprechen. winnung von Kohlenwasserstoffen auf der einen und die Gewinnung beziehungsweise Entnahme von ober- flächennahen mineralischen Rohstoffen wie Sand- und Kies auf der anderen Seite unterscheiden.

83 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.6.1 Vorranggebiete für die Rohstoffsicherung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 Z Gebiete, in denen genehmigte Vorhaben zur Nut- B zu 1 - 4 zung verwertbarer Lagerstätten durchgeführt wer- In den Gebieten, die nach Absatz 1 nachrichtlich als den oder durchgeführt werden sollen, sind in den Vorranggebiete darzustellen sind, ist eine Abwägung mit Regionalplänen nachrichtlich als Vorranggebiete für anderen Belangen gemäß den fachrechtlich relevanten den Abbau oberflächennaher Rohstoffe darzustellen. Verfahren bereits erfolgt oder im laufenden Verfahren für geplante Vorhaben ist erkennbar, dass das Vorhaben 2 G Über die in Absatz 1 dargestellten Gebiete hinaus- genehmigungsfähig ist. gehend sollen - um Vorsorge für den langfristigen Die Festlegung von Vorranggebieten für den Abbau Bedarf zu treffen - in den Regionalplänen weitere oberflächennaher Rohstoffe nach Absatz 2 setzt in der Vorranggebiete für den Abbau oberflächennaher Abwägung mit anderen Nutzungsansprüchen voraus, Rohstoffe ausgewiesen werden, bei denen dass die langfristige Sicherung einer Abbaumöglichkeit – die der Ausweisung zugrunde liegenden Vorrang vor anderen Nutzungsinteressen erhalten soll. Lagerstätten rohstoffgeo­logisch hinsichtlich In diesen Gebieten sollen daher alle Planungen und Mindestanforderungen an Qualität, Menge und Maßnahmen unterbleiben, die einen Abbau wesentlich räumlicher Ausdehnung ihrer Rohstoffe aus- erschweren oder verhindern würden. Vorhaben zum reichend erkundet worden sind und die für die Abbau oberflächennaher Rohstoffe in Vorranggebieten Deckung des regionalen oder überregionalen entsprechen regelmäßig den Zielen der Raumordnung. Bedarfs von Bedeutung sind; Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall auf klein- – Ausweichmöglichkeiten für den Abbau eines re- räumigen Teilflächen der Vorranggebiete öffentliche gional seltenen und knappen Rohstoffs in vertret- Belange einem Abbau entgegenstehen können. Die barer Weise nicht angeboten werden können; Ausweisung eines Vorranggebietes und die positive und bei denen weiterhin landesplanerische Stellungnahme zu einzelnen Abbau- – die ökologische und landschaftsräumliche vorhaben ersetzen nicht die nach Fachvorschriften erfor- Verträglichkeit gegeben ist derlichen Einzelabwägungen in den dafür vorgesehenen – sowie günstige Transportwege (zwischen rechtsförmlichen Genehmigungsverfahren. Häufig sind Gewinnungs-, Aufbereitungs- und Weiterver- in Teilflächen bestehender Vorranggebiete bereits in der arbeitungsstätten sowie dem Endverbraucher) Vergangenheit Abbaugenehmigungen erteilt worden. und eine gute Anbindung an die Verkehrsinfra- Die Festlegung eines Vorranges für den Abbau struktur gesichert sind. oberflächennaher Rohstoffe ist zu rechtfertigen, wenn aufgrund einer vorausgegangenen Bedarfsermittlung 3 Z In den in Absatz 1 und 2 genannten Gebieten sind und besonderen Standortuntersuchung mit großer die Lagerstätten für den Abbau langfristig zu si- Wahrscheinlichkeit eine Realisierung des Abbaus erwar- chern; sie sind von Nutzungen freizuhalten, die den tet werden kann. Darüber hinaus muss mindestens eine Abbau wesentlich erschweren oder verhindern wür- Abstimmung mit der Landschaftsplanung stattgefunden den. Andere Nutzungen sind nur zulässig, wenn sie haben. mit dem festgelegten Vorrang vereinbar sind. Eine Überlagerung mehrerer Vorranggebiete oder von Vorranggebieten und Vorbehaltsgebieten unterschied- 4 G In den Regionalplänen können Aussagen zur Folge- licher Nutzung ist nur zulässig, soweit die festgelegten funktion in den Vorranggebieten getroffen werden. Nutzungen miteinander vereinbar sind.

84 Zum Inhalt

3.6.2 Vorbehaltsgebiete für die Rohstoffsicherung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 Z Als Vorbehaltsgebiete für den Abbau oberflächen- B zu 1 - 4 naher Rohstoffe sind in den Regionalplänen nach Die Festlegung von Vorbehaltsgebieten kennzeichnet die Maßgabe der Kriterien in Absatz 3 darzustellen: Rohstoffvorkommen oder solche Lagerstätten, bei denen – Lagerstätten, für die noch kein Vorrang festgelegt eine Abwägung mit anderen Nutzungsinteressen noch worden ist; nicht abschließend erfolgt ist. Diese Vorbehaltsgebiete – Gebiete mit noch nicht ausreichend untersuchten sind als Rohstoffreserve anzusehen. Eine Ausnahme bil- Rohstoffvorkommen oder nicht genau bestimm- den die Lagerstätten, die ökologisch wertvolle Bereiche baren Rohstoffmengen, soweit sie von erkennbar beinhalten. In diesen Fällen soll in den Regionalplänen regionaler oder überregionaler Bedeutung sind. dargestellt werden, ob die Rohstoffnutzung in diesen Gebieten zwingend notwendig und ökologisch verträglich 2 G In den Vorbehaltsgebieten durchführbar ist. – sollen die Rohstofflagerstätten vorsorglich für eine Eine Abwägung von konkurrierenden Ansprüchen Rohstoffgewinnung von irreversiblen Nutzungen im Vorbehaltsgebiet muss, insbesondere bei Planungen freigehalten werden; und Maßnahmen, die den Abbau auf Dauer wesentlich – sollen bei Vorhaben, die eine spätere Rohstoff- erschweren oder behindern könnten, im Einzelfall gege- gewinnung ausschließen oder wesentlich be- benenfalls im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens einträchtigen können, der Rohstofflagerstätte nach §§ 14 folgende LaPlaG erfolgen. bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsansprüchen ein besonderes Gewicht beigemessen werden; – können die Rohstofflagerstätten von verschie- denen anderen Nutzungen, die eine spätere Rohstoffgewinnung nicht ausschließen, überla- gert sein.

3 G Kriterien für die Ausweisung der Vorbehaltsgebiete sollen sein: – Art, Häufigkeit und Verbreitung des Rohstoffs; – absehbarer Rohstoffbedarf; – Abbauwürdigkeit der Vorkommen und Lagerstätten; – ökologische, landschaftsräumliche und denkmal- pflegerische Verträglichkeit; – möglichst günstige Transportwege zwischen Gewinnungs-, Aufbereitungs- und Weiterver- arbeitungsstätten sowie dem Endverbraucher; – möglichst gute Anbindung an Verkehrsinfra- struktur; – keine großflächigen konkurrierenden Nutzungs- ansprüche, die eine Rohstoffgewinnung aus- schließen.

4 G Bei größeren Abbauvorhaben innerhalb oder außer- halb der Vorbehaltsgebiete ist, sofern diese nicht in Vorranggebieten liegen, die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens zu prüfen.

85 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.7 Tourismus und Erholung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Defizite weiterhin abzubauen und die Chancen des Schleswig-Holstein-Tourismus zu nutzen, konzentriert 1 G Eine touristische Entwicklung ist grundsätzlich sich die Strategie auf qualitativ hochwertige Angebote, in allen Teilräumen des Landes möglich. Der auf ein gutes Preis-Leistungsverhältnis sowie auf drei Schwerpunkt der Entwicklung liegt dabei in der ökonomisch attraktive Zielgruppen. Weiterentwicklung als „Maritimes Urlaubsland“. Auf der Grundlage der Tourismusstrategie des B zu 2 Landes Schleswig-Holstein sollen die touris- Die Ortsbilder, die touristische Infrastruktur sowie tischen Planungen und Maßnahmen im Land das privatwirtschaftliche Angebot (vor allem im auf einen Qualitätstourismus und Saison verlän- Beherbergungsbereich) weisen in Schleswig-Holstein gernde Maßnahmen ausgerichtet sein und die vielerorts qualitative Defizite auf und sind nicht im- Wachstumspotenziale des Tourismus genutzt wer- mer wettbewerbsfähig. Vor diesem Hintergrund ist ein den. konzeptionell unterfütterter, integrierter Ansatz von öffentlichen und privaten touristischen Aktivitäten erfor- 2 G Das private touristische Angebot (Beherbergung, derlich, um den Erfolg touristischer Orte und Regionen Gastronomie, Freizeiteinrichtungen und so weiter), sicherzustellen. Hierzu sind regionale touristische die kommunale Infrastruktur sowie die Ortsbilder Konzepte erforderlich, die auf der Tourismusstrategie der Tourismusorte im Land sollen qualitativ und ziel- des Landes aufbauen. Diese sollen die Basis für eine gruppengerecht aufgewertet werden. Hierbei sind zielgruppengerechte Fortentwicklung und Aufwertung auch in ihrer Bedeutung anwachsende Gruppen des lokalen touristischen Angebots (unter Einschluss in den Blick zu nehmen, wie zum Beispiel ältere eines korrespondierenden städtebaulichen Umfeldes) Menschen, Menschen mit Behinderung oder darstellen. Hierbei können auch Rückbaumaßnahmen, Menschen mit Migrationshintergrund. Eine gute Mobilitätsbelange älterer Menschen und von Menschen Erreichbarkeit von touristischen Angeboten sowie mit Behinderung sowie Erreichbarkeitsgesichtspunkte tourismusgeprägten Orten auch mit dem ÖPNV ist touristischer Einrichtungen eine Rolle spielen. Die anzustreben (¢3.4 Absatz 5). Tourismuskonzepte und die daraus abgeleitete touris- Für eine abgestimmte touristische Infrastruktur- tische Infrastrukturplanung sollen auch naturschutz- planung sollen auf Basis der Tourismusstrategie des fachliche und landschaftsplanerische Aspekte berück- Landes integrierte Tourismuskonzepte auf regionaler sichtigen. Ebene entwickelt werden, die öffentliche und pri- Um den Tourismus im Land insgesamt wettbewerbs- vate Aktivitäten miteinander verknüpfen. Von den fähig zu machen und zu halten, sind die Tourismus- Möglichkeiten der interkommunalen Kooperation strukturen von Städten und Gemeinden, touristischen und der Kooperation zwischen öffentlichen und pri- Organisationen sowie privaten Leistungsanbietern zu vaten Trägern soll Gebrauch gemacht werden. optimieren. Die anzustrebenden Kooperationen dieser Akteure sollen auf marktfähigen räumlichen Einheiten 3 G In den Regionalplänen können räumliche und inhalt- mit einem klar erkennbaren und abgrenzbaren Angebot liche Konkretisierungen für den jeweiligen Teilraum basieren und neben der Abstimmung und Festlegung vorgenommen werden. der strategischen Zielrichtung auf eine Mittelbündelung und Synergienutzung in den Bereichen Organisation, Begründung Infrastruktur und Marketing abzielen. Durch eine regional abgestimmte Vorgehensweise B zu 1 und einer damit verbundenen räumlichen Schwerpunkt- Mit seinen Küsten, einem abwechslungsreichen Binnen- bildung von touristischen Einrichtungen soll die touri- land und einem ausgezeichneten Klima zeichnet sich stische Infrastruktur zielgruppengerecht angepasst und Schleswig-Holstein als Urlaubs- und Erlebnisland aus. ihre Auslastung optimiert werden. Zur Stärkung des Tourismus im Land hat die Landes- regierung im November 2006 eine Neuausrichtung des Tourismus in Schleswig-Holstein beschlossen. Die Neuausrichtung basiert auf einem im Juli 2006 vorge- legten Handlungskonzept und ist nach einer dreijährigen Umsetzungsphase weitgehend abgeschlossen. Die neue Strategie hat sich inzwischen in allen wichtigen touristischen Bereichen verstetigt. Um die Schwächen

86 Zum Inhalt

3.7.1 Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung sollen zur Stärkung des örtlichen und regionalen Tourismus hochwertigen Tourismuseinrichtungen und 1 Z Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung sind: -angeboten vorbehalten werden. An der Nordsee: In den Räumen, die auch Teile des Küstenmeeres – die Nordfriesischen Inseln Sylt, Amrum, Föhr einschließen, soll die Attraktivität und Erlebbarkeit und sowie Nordstrand und die Halligen dieser Räume für Wassersportler und andere Hooge, Langeneß und Oland, Nutzergruppen unter Beachtung der jeweiligen – die Insel Helgoland, Ziele des Gewässer- und Naturschutzes erhalten – die Räume um Dagebüll, St. Peter-Ording, Büsum und verbessert werden. und Friedrichskoog. Die Städte sollen durch Kultur- und Einkaufsan- An der Ostsee: gebote, städtebauliche Maßnahmen und eine gute – der Küstenraum Flensburgs sowie der Raum um verkehrliche Anbindung ihre Entwicklungschancen Glücksburg, im Marktsegment Städtetourismus verbessern. – der Küstenraum von Gelting über Kappeln bis In den Schwerpunkträumen für Tourismus und Waabs, Erholung soll die touristische Infrastrukturplanung – der Küstenraum der Kieler Förde (Strande, abgestimmt werden. Landeshauptstadt Kiel, Mönkeberg, , ), 4 Z In den Regionalplänen sind in den Schwerpunkt- – der Küstenraum der von Stein bis räumen für Tourismus und Erholung entweder , Grenzen für die Siedlungsentwicklung (Bauge- – der Küstenraum von bis Weißenhaus, bietsgrenzen ¢2.4.2) darzustellen, innerhalb derer – Teile der Insel Fehmarn, sich die weitere bauliche Entwicklung vollziehen – der Küstenraum von Heiligenhafen bis Lübeck- darf, oder es sind regionale Grünzüge (¢5.3.1) Travemünde. darzustellen, in denen keine planmäßige Siedlung Im Landesinneren: stattfinden darf. – der Raum und Eutin. Die Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung 5 G Touristisch intensiv genutzte Küsten, Ufer- und (¢Anhang A 5) sind in der Hauptkarte dargestellt. Strandabschnitte sollen sich mit landschaftlichen Sie umfassen auch Teile des Küstenmeeres. Freiräumen abwechseln.

2 Z Die Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung sind in die Regionalpläne zu übernehmen und in- haltlich wie räumlich zu konkretisieren sowie gege- benenfalls zu ergänzen, soweit die Gemeinden die Voraussetzungen dafür erfüllen.

3 G In den Schwerpunkträumen für Tourismus und Erholung soll dem Tourismus und der Erholung be- sonderes Gewicht beigemessen werden, das bei der Abwägung mit anderen raumbedeutsamen Planungen, Maßnahmen und Vorhaben zu berück- sichtigen ist. Maßnahmen zur Struktur- und Qualitätsver- besserung sowie zur Saisonverlängerung sollen hier Vorrang vor einer reinen Kapazitätserweiterung des Angebotes beziehungsweise dem Bau neuer Anlagen haben. Zusätzliche Kapazitäten sind denkbar, wenn sie eine Struktur- und/oder Qualitätsverbesserung des Angebots bewirken. Hochwertige Standorte, insbesondere in direkter Strand-, Wasser- oder Promenadenlage, für die die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich wird,

87 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung Die Abgrenzung der Schwerpunkträume erfolgte in der Regel nicht entlang von Gemeindegrenzen, sondern B zu 1, 2 es sind nur die tatsächlich stark von Tourismus und Die Auswahl der Gemeinden für die Festlegung von Erholung und entsprechenden Einrichtungen geprägten Schwerpunkträumen für Tourismus und Erholung Gemeindeteile (zum Beispiel erweiterter Küstenbereich) (Vorbehaltsgebiete) erfolgte anhand folgender ange- ausgewiesen. bots- und nachfrageorientierter Kriterien: Um den Entwicklungsaspekt stärker zu betonen, soll – Gesamtzahl der touristisch genutzten Betten und der die Abgrenzung der Schwerpunkträume für Tourismus Standplätze auf Campingplätzen > 1.000, und Erholung bei der Aufstellung eines Regionalplans – Gesamtzahl der touristisch genutzten Betten und der dahingehend überprüft werden, ob weitere Gemeinden Standplätze auf Campingplätzen je Einwohner > 1, oder Gemeindeteile in die Schwerpunktraumkategorie – Gesamtzahl der touristisch genutzten Betten und der „hineingewachsen“ sind. Dabei sind die oben genannten Standplätze auf Campingplätzen je Hektar Gebäude- Kriterien zugrunde zu legen. Sofern eine verbesserte und und Freifläche > 10, landesweit vergleichbare Datengrundlage vorliegt, die – Gesamtzahl der gewerblichen Übernachtungen auch bisher nicht erfasste touristische Marktsegmente > 200.000, berücksichtigt, sollte diese zusätzlich herangezogen – Tourismusintensität (Übernachtungen je 1.000 Ein- werden. wohner) > 2.500. Für das Küstenmeer ist im Bereich der landseitigen Eine Zuordnung zu den Schwerpunkträumen erfolgte Schwerpunkträume vor dem Hintergrund der dort in der Regel, wenn die Gemeinden mindestens drei der zumindest saisonal stattfindenden Nutzungen (zum fünf Kriterien erfüllen. Beispiel Baden, Wattwandern, Wassersport) pau- Darüber hinaus wurde eine abschließende raumordne- schal ein Streifen mit einer Ausdehnung von einem rische Bewertung hinsichtlich räumlicher Mindestgrößen Kilometer Breite von der Küstenlinie aus („Surfzone“) als und siedlungsstruktureller Gesichtspunkte durchgeführt. Schwerpunktraum für Tourismus und Erholung festge- Dabei wurden auch Aspekte wie das touristische Ange- legt worden. Dieses korrespondiert an der Westküste bot, Liegeplätze in Häfen und Marinas und die Bedeutung mit den Regelungen des Nationalparkgesetzes, nach der Räume für die Naherholung und als Ausflugsziel an- denen das Betreten des küstennahen Watts in der gemessen berücksichtigt. Schutzzone 1 im Einvernehmen mit den Gemeinden Grundlage für die Abgrenzung waren Daten des festgelegt werden kann. Statistikamtes Nord sowie Zahlen, die im Sommer 2006 im Rahmen einer Auswertung von Gastgeber- B zu 3 verzeichnissen und einer Fragebogenaktion bei ausge- Die Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung wählten Kommunen erhoben wurden. Diese Erhebung sind besonders geeignet für eine marktgerechte war notwendig, weil die amtliche Tourismusstatistik nur Entwicklung des Tourismus sowie zur Umsetzung der Beherbergungsstätten mit neun und mehr Betten erfasst tourismuspolitischen Zielsetzungen entsprechend der und somit nur ein unvollständiges Bild des Tourismus in Tourismusstrategie des Landes Schleswig-Holstein. den Gemeinden bietet. Hier stehen Maßnahmen zum gewerblichen Tourismus Durch die Fragebogenaktion wurde es auch möglich, im Vordergrund. Die mit der Festlegung dieser Räume die Standplätze auf Campingplätzen zu berücksichtigen, verbundenen raumordnerischen Erfordernisse leisten die einen nicht unerheblichen Teil des Tourismus in einen Beitrag, den Tourismus in seiner herausragenden Schleswig-Holstein bestimmen. Die Zahl der Stand- landes- und regionalwirtschaftlichen Bedeutung zu plätze ist mit dem Faktor 1 in die oben genannten stärken und weiterzuentwickeln. Schwerpunkträume für Kennziffern eingegangen, obwohl davon auszugehen Tourismus und Erholung haben die Wirkung von raum- ist, dass ein Standplatz in der Regel von mehreren ordnerischen Vorbehaltsgebieten. Personen genutzt wird. Dieses Vorgehen ist aus Sicht Mit der Ausweisung von Schwerpunkträumen der Raumordnung jedoch gerechtfertigt, da den für Tourismus und Erholung sollen die vorhandenen Standplätzen gegenüber den vermieteten Hotel- und Einrichtungen und Angebote gesichert sowie die wei- Pensionsbetten in der Regel eine geringfügigere touris- tere touristische Entwicklung in diesen Räumen gezielt muswirtschaftliche Bedeutung beizumessen ist. befördert und unterstützt werden. Insbesondere soll Für die Ermittlung der gewerblichen Übernachtungen auf eine qualitätsorientierte Weiterentwicklung des (in Beherbergungsstätten mit mehr als neun Betten) Tourismus hingewirkt werden, die sowohl die natür- wurden ausschließlich die Daten des Statistikamtes lichen Grundlagen als auch die Wettbewerbsfähigkeit Nord zugrunde gelegt. des schleswig-holsteinischen Tourismus sichert. Die Entwicklung in den Schwerpunkträumen soll sich

88 Zum Inhalt 3.7.2 Entwicklungsräume und -gebiete für Tourismus und Erholung

daher in erster Linie auf eine Qualitätsverbesserung Grundsätze und Ziele der Raumordnung und stärkere zielgruppenorientierte Differenzierung der Angebotsformen, insbesondere in Räumen mit 1 G Der Landesentwicklungsplan stellt in der Hauptkarte relativ einseitigen Angebotsstrukturen (zum Beispiel Entwicklungsräume für Tourismus und Erholung dar. überwiegend Campingplätze), und insgesamt auf eine Sie umfassen Räume, die sich aufgrund der natur- Strukturverbesserung konzentrieren. räumlichen und landschaftlichen Voraussetzungen Um den Küstenraum als Gesamtraum erlebbar zu ge- und Potenziale sowie ihrer Infrastruktur für Tourismus stalten und die wassertouristische Attraktivität zu erhö- und Erholung besonders eignen. hen, sollen eine bessere Integration von see- und land- seitigen Anlagen und Angeboten sowie Maßnahmen 2 Z In den Regionalplänen sind diese Entwicklungsräume zur Optimierung und touristischen Inwertsetzung der zu konkretisieren und als Entwicklungsgebiete für Wasserkante - insbesondere der Strände sowie Häfen Tourismus und Erholung darzustellen. und Marinas - in vertretbarem Umfang angestrebt wer- G Sie sollen eine ausreichende touristische Be- den. Dabei ist stets eine Vereinbarkeit mit den Zielen deutung haben (gemessen an der Zahl der Be- des Gewässer- und Naturschutzes sowie des Küsten- herbergungsbetriebe, der Gäste, der Betten und und Hochwasserschutzes herzustellen. der Übernachtungen sowie der sonstigen tou- Der Städtetourismus gehört zu den wachsenden ristischen Angebote). Darüber hinaus sollen bei Marktsegmenten. Besondere Entwicklungschancen für der Abgrenzung der Gebiete die naturräumlichen die großen Hafenstädte in Schleswig-Holstein ergeben und die landschaftlichen Potenziale und die in der sich aus den Fährverbindungen nach Skandinavien Hauptkarte dargestellten Naturparke berücksichtigt und ins Baltikum sowie aus der steigenden Zahl von werden. Kreuzfahrtschiffen, die die Häfen Kiel und Lübeck- Travemünde anlaufen. Ein attraktives Stadtbild, gute 3 G In den Entwicklungsgebieten für Tourismus und Einkaufsmöglichkeiten, interessante kulturelle Angebote Erholung soll eine gezielte regionale Weiterent- und eine gute verkehrliche Erreichbarkeit wirken sich wicklung der Möglichkeiten für Tourismus und hier positiv aus. Erholung angestrebt werden. Hinsichtlich der In den Schwerpunkträumen für Tourismus und touristischen Nutzung soll dabei vorrangig auf Erholung kommt der Abstimmung und Kooperation zur den vorhandenen (mittelständischen) Strukturen Synergienutzung und zur Stärkung der Wettbewerbs- aufgebaut werden. Darüber hinaus sollen diese fähigkeit eine hohe Bedeutung zu. Gebiete unter Berücksichtigung der landschaftlichen Funktionen durch den Ausbau von Einrichtungen B zu 4, 5 für die landschaftsgebundene Naherholung weiter Die Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung erschlossen werden. Auf der Basis von interkommu- zeichnen sich wie die Ordnungsräume (¢1.3) nal abgestimmten Entwick­lungskonzepten soll eine durch einen erheblichen Siedlungsdruck, eine hohe gemeinsame touristische Infrastrukturplanung sowie Siedlungsdichte sowie ein, wenn auch nur zeitwei- die Anbindung und die Erschließung dieser Gebiete lig, hohes Personenaufkommen aus. Dabei wird die mit öffentlichen Verkehrsmitteln angestrebt werden Anzahl der Feriengäste durch viele Tagestouristen (¢3.4). und Wochenendgäste zum Teil deutlich ergänzt. Die Schwerpunkträume erfordern daher ebenfalls ord- 4 G In den Regionalplänen können die Entwicklungsge- nende Maßnahmen für die Siedlungstätigkeit und zur biete durch die Darstellung von Kernbereichen für Sicherung der für den Tourismus und die Erholung Tourismus und/oder Erholung inhaltlich differenziert wichtigen Freiräume. und räumlich konkretisiert werden. Diese Bereiche Bezüglich der Errichtung oder Erweiterung von tou- sollen innerhalb der Entwicklungsgebiete eine he- rismus- und erholungsbezogener Infrastruktur in diesen rausgehobene Bedeutung für den Tourismus und/ Räumen wird auf Ziffer 3.7.3 verwiesen oder die Erholung haben. Die Kernbereiche können sich – orientiert an den Kriterien zur Abgrenzung der Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung – in die Schwerpunktraumkategorie hineinentwickeln. Die Zielsetzungen der Entwicklungs­gebiete für Tourismus und Erholung gelten hier entsprechend.

89 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung In diesen Gebieten sollen Tourismus und Naherho- lung auch durch die Verbesserung des kulturellen, B zu 1 gastronomischen, sportlichen und verkehrlichen Die Ausweisung der Entwicklungsräume für Tourismus Angebotes sowie durch Infrastrukturmaßnahmen für und Erholung erfolgte auf der Grundlage der bisher im die landschaftsgebundene Erholung (wie Rad-, Reit-, Landesraumordnungsplan 1998 ausgewiesenen Räume Fahr- und Wanderwege, Erlebnispfade, Badestellen, mit besonderer Bedeutung für Tourismus und Erholung. Aussichtspunkte, Infostellen, Natur-Informationszentren Eine grundsätzliche Eignung der übrigen Räume des und andere) weiterentwickelt werden. Landes für Tourismus und Erholung wird damit nicht in Bei der Festlegung sollen die Zielsetzungen regionaler Frage gestellt. Tourismuskonzepte berücksichtigt werden. Um den unterschiedlichen Anforderungen der Bereiche B zu 2 - 4 „Tourismus“ und „Erholung“ sowie der räumlichen Mit der Konkretisierung der Entwicklungsräume für Schwerpunktsetzung innerhalb der Entwicklungsgebiete Tourismus und Erholung und der Darstellung von für Tourismus und Erholung hinreichend Rechnung Entwicklungsgebieten für Tourismus und Erholung tragen zu können, besteht die Möglichkeit, in den wird der Regionalplanung Spielraum gegeben, um Regionalplänen Kernbereiche für Tourismus und/oder den regionalen Erfordernissen hinreichend Rechnung Erholung festzulegen. Sie sollen sich qualitativ und zu tragen. In den Ordnungsräumen kann vor dem quantitativ von den übrigen Teilen der Entwicklungsge- Hintergrund der Ausweisung regionaler Grünzüge biete abheben. Dadurch soll eine weitere räumliche (¢5.3.1) auf die Darstellung dieser Gebiete verzichtet Schwerpunktbildung, auch für spezielle Zielgruppen werden. Durch ihre differenziertere Infrastruktur und ihr (zum Beispiel Reiter-Ferien), auf regionaler Ebene Angebot sowie ihre Landschafts­potenziale heben sich erreicht werden. In diesen Bereichen gelten die Ziel- diese Gebiete von anderen Räumen (außerhalb der setzungen der Entwicklungsgebiete für Tourismus Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung) ab. In und Erholung entsprechend; in ihnen soll eine größt- den Entwicklungsgebieten für Tourismus und Erholung mögliche Inwertsetzung von Tourismus- und/oder sollen der Tourismus in seiner regionalwirtschaftlichen Erholungsinfrastrukturen erreicht werden. Bedeutung und die landschaftsgebundene Naherholung In den Entwicklungsgebieten wie auch in den gestärkt und weiterentwickelt werden. Kernbereichen kommt der Abstimmung und Kooperation zur Synergienutzung und zur Stärkung der Wettbe- werbsfähigkeit eine hohe Bedeutung zu.

90 Zum Inhalt

3.7.3 Infrastruktur für Tourismus und Erholung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Z Bei der Planung neuer und der Erweiterung be- stehender Camping- und Wochenendplätze dürfen 1 G Für größere tourismusbezogene Bauvorhaben mit sich diese nicht bandartig an Küsten und Ufern von Kapazitäten von mehr als 150 Betten, 100 Zimmern, Flüssen, Seen und Kanälen entlang ziehen, sondern 40 Ferien- / Wochenendhäusern oder 80 Stand- sind in die Tiefe zu staffeln. Darüber hinaus sind plätzen auf Campingplätzen und für sonstige tou- sie durch Freiflächen zu gliedern und durch land- rismusbezogene Bauvorhaben ab einer Größe des schaftsgerechte Umpflanzungen einzugrünen. Plangebietes von vier Hektar soll in der Regel eine raumordnerische Abstimmung durchgeführt werden. 6 G Bei neuen Camping- und Wochenendplätzen sowie Dies gilt auch für Erweiterungen von vorhandenen bei Erweiterungen bestehender Plätze sollen in nen- Einrichtungen in diese Größenordnung hinein, bei nenswertem Umfang Stand- und Aufstellplätze für isolierten Lagen von größeren tourismusbezogenen einen wechselnden Personenkreis (Touristikplätze) Bauvorhaben und innerhalb von Vorbehaltsgebieten bereitgestellt werden. für Natur- und Landschaft (¢5.2.2). Erweiterungen und Umstrukturierungen von Camping- und Wochenendplätzen sollen zu Quali- 2 G Größere tourismusbezogene Bauvorhaben (gemäß tätsverbesserungen führen. Außerdem soll geprüft Ziffer 3.7.3 Absatz 1) sollen vorrangig innerhalb der werden, inwieweit Verlagerungen von Stand- und Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung Aufstellplätzen aus unmittelbaren Küsten- und realisiert werden. Sie sollen siedlungs­strukturell ein- Uferbereichen möglich sind. Ein Zugang von den gebunden werden und die Funktionsfähigkeit dieser Camping- und Wochenendplätzen zum Wasser soll Räume nicht beeinträchtigen. jedoch möglich sein. Campinghäuser sollen möglichst im baulichen 3 G Größere Hotels und Hotelanlagen sollen zur Ver- Zusammenhang mit vorhandenen Einrichtungen meidung einer Zersiedelung der Landschaft im stehen. Für Wohnmobile sollen auf und vor Anschluss an vorhandene oder geplante (gege- Campingplätzen sowie an anderen geeigneten benen­falls auch touristisch geprägte) Bauflächen Standorten ausreichende Standplätze zur Verfügung vorgesehen werden; sie sollen das Landschaftsbild gestellt werden. so wenig wie möglich beeinträchtigen. G Campinghäuser auf Camping- und Wochenend- plätzen sollen in den Schwerpunkträumen für 4 Z Ferienhäuser und -wohnungen dienen überwiegend Tourismus und Erholung in ein Nutzungs- und Be- und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis treiberkonzept eingebunden werden. zur touristischen Nutzung. Dementsprechend ist ihre Lage, Größe und Ausstattung auch für längere 7 Z Wochenendhäuser dienen dem zeitlich begrenzten Urlaubsaufenthalte auszurichten. Aufenthalt zur Naherholung. Um einer Zersiedelung Um einer Zersiedelung der Landschaft entge- der Landschaft entgegenzuwirken, sind diese genzuwirken, sind diese Ferienhausgebiete im Gebiete im Anschluss an vorhandene oder geplante Anschluss an vorhandene oder geplante (gege- Bauflächen vorzusehen. Wochenendhausgebiete benenfalls auch touristisch geprägte) Bauflächen dürfen sich nicht bandartig an den Küsten und den vorzusehen; sie sollen das Landschaftsbild so wenig Ufern von Flüssen, Seen und Kanälen entlang zie- wie möglich beeinträchtigen. Außerdem dürfen sie hen, sondern sind in die Tiefe zu staffeln. sich nicht bandartig an den Küsten und den Ufern von Flüssen, Seen und Kanälen entlangziehen, son- 8 G Neue Wochenendhausgebiete können grundsätzlich dern sind in die Tiefe zu staffeln. überall im Land ausgewiesen werden. G Nutzungs- und Betreiberkonzepte sollen für Z Hiervon sind ausgenommen: Ferienhausgebiete eine touristisch-gewerbliche – Schwerpunkträume für Tourismus und Nutzung gewährleisten; ein Dauerwohnen ist auszu- Erholung (¢3.7.1), schließen. – Vorranggebiete für Naturschutz (¢5.2.1) und Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft 5 G Neue Camping- und Wochenendplätze sollen nicht (¢5.2.2) sowie in unmittelbaren Küsten- und Uferbereichen aus- – regionale Grünzüge und Grünzäsuren gewiesen werden. Sie sollen nach Möglichkeit im (¢5.3.1, 5.3.2). Anschluss an vorhandene oder geplante (gegebe- nenfalls auch touristisch geprägte) Bauflächen vor- gesehen werden.

91 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Hier dürfen keine neuen Wochenendhausgebiete die Ansprüche der Allgemeinheit an Erlebbarkeit und errichtet werden. Ausgeschlossen ist auch die Zugänglichkeit von Natur und Landschaft berücksichtigt Erweiterung bestehender Wochenendhausgebiete. werden. Gleichzeitig soll mit der Abstimmung auch G In den Ordnungsräumen (¢1.3) und den Planungssicherheit für Kommunen und Investoren ge- Stadt- und Umlandbereichen in ländlichen schaffen werden. Diese Maßnahme soll schließlich zur Räumen (¢1.5) sollen in der Regel keine neuen Umsetzung der Tourismuskonzeption beitragen. Wochenendhausgebiete errichtet und bestehende Größere tourismusbezogene Bauvorhaben dieser Wochenendhausgebiete nicht erweitert werden. Art sollen unter Berücksichtigung ihrer Funktionen in Abweichungen können in den Regionalplänen be- ihrer Baumasse und Gestaltung mit der Landschaft und zeichnet werden. dem Ortsbild abgestimmt werden. Dabei sollen auch Aspekte wie die Einbindung der Maßnahme in eine 9 G Wochenendhausgebiete sollen das Landschaftsbild touristische Konzeption (zum Beispiel Kombination von so wenig wie möglich beeinträchtigen. Größere touristischen Infrastrukturen / Attraktionen beziehungs­ Wochenendhausgebiete sollen durch ausrei- weise Themenschwerpunkten) sowie Erreichbarkeit und chende Grünzonen in überschaubare Einheiten Versorgung berücksichtigt werden. Die erforderlichen gegliedert werden. Die Grundfläche (GR) von Prüfmaßstäbe und Unterlagen (zum Beispiel Projektskizze, Wochenendhäusern soll 70 Quadratmeter und die touristisches Leitbild, Tourismusentwicklungskonzept oder zulässige Geschossfläche (GF) 80 Quadratmeter sonstige Handlungsmaßnahmen, Machbarkeitsstudie, nicht überschreiten. Betreiberkonzept, Verträglichkeitsprüfung, landschafts- planerische Bewertung, Verkehrsuntersuchung) sowie 1 0 G Anlagen für den Wassersport sollen möglichst nicht der Kreis der zu Beteiligenden sind in Abhängigkeit in ökologisch sensiblen Gewässerbereichen geplant vom Standort und vom Vorhaben mit den Trägern der werden. Der Ausbau und die Umnutzung beste- Regionalplanung abzustimmen. hender Anlagen sollen Vorrang vor dem Bau neuer Im Übrigen sieht die Verordnung zu § 17 Absatz 2 des Anlagen haben. Auf ein ausgewogenes Verhältnis ROG (Raumordnungsverordnung) vor, dass für Vorhaben von Dauer- und Gastliegeplätzen in den Basishäfen ab 300 Betten / 200 Zimmern / 200 Standplätzen auf ist zu achten. Häfen und Marinas sollen soweit Zelt- und Campingplätzen in der Regel ein Raum- möglich für eine touristische Inwertsetzung genutzt ordnungsverfahren durchgeführt werden soll, wenn werden. sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben. 1 1 G Zur Erholung der Menschen in der Natur soll das Aufgrund der Schutzwürdigkeit einzelner Teilräume Rad- und Reitwegenetz weiter ausgebaut werden. und Gebiete werden an die Errichtung neuer Hotels, Ferienhäuser und -wohnungen sowie Camping- und Begründung Wochenendplätze in diesen Gebieten qualitative plane- rische Anforderungen gestellt. In einigen Gebieten sind B zu 1, 2 sie daher auch ganz ausgeschlossen. Zu den größeren tourismusbezogenen Bauvorhaben zählen Feriendörfer, große Hotels und Hotelkomplexe, B zu 3 sonstige große Einrichtungen für die Ferien und Zur Vermeidung der Zersiedelung der Landschaft, um Gästebeherbergung (Ferienhäuser und -wohnungen, eine geordnete städtebauliche Entwicklung sicherzu- Camping- und Wochenendplätze) sowie Freizeitanlagen stellen und aufgrund der Schutzwürdigkeit einzelner (zum Beispiel Themenparks) ab den dargestellten Teilräume werden an die Errichtung neuer Hotels plane- Größenordnungen, die sich mit gewissen Aufschlägen rische Anforderungen gestellt. an der allgemeinen Vorprüfung gemäß der Liste der „UVP-pflichtigen Vorhaben (Anlage 1)“ des Gesetzes B zu 4 über die Umweltverträglichkeit (UVPG) orientieren. Aufgrund der bereits vorhandenen hohen Konzentration Aufgrund möglicher raumbedeutsamer Auswirkungen an Siedlungstätigkeit und touristischen Einrichtungen in bei diesen Vorhaben soll in der Regel eine raumordne- den Schwerpunkträumen für Tourismus und Erholung rische Abstimmung durchgeführt werden. sowie der Schutzwürdigkeit einzelner Teilräume be- Mit der Abstimmung soll eine geordnete Freiraum- ziehungsweise Gebiete werden an die Ausweisung und Siedlungsentwicklung sichergestellt werden, neuer Ferienhausgebiete angemessene planerische ohne damit die Entwicklung der gewerblichen Touris- Anforderungen gestellt. musfunktion zu sehr einzuschränken. Daher sollen neben dem Schutz von Natur und Landschaft auch

92 Zum Inhalt

Ferienhäuser und -wohnungen dienen überwiegend, Wegen der unterschiedlichen Wirkungen von mobi- das heißt über das Jahr gesehen, und auf Dauer, das len Einrichtungen (wie zum Beispiel Wohnwagen und heißt über ihren Lebenszyklus gesehen, dem gewerb- Wohnmobile) und baulichen Verfestigungen durch lichen Tourismus. Daher, und um den Zielsetzungen der Campinghäuser ist eine Konzentration derartiger bau- Tourismusstrategie des Landes Rechnung zu tragen, licher Anlagen unter landschaftlichen und städtebau- soll für Ferienhausgebiete im Rahmen der verbindlichen lichen Aspekten anzustreben. Bauleitplanung ein Nutzungs- und Betreiberkonzept Der hohen Zuwachsrate an Wohnmobilen im Land ist vorliegen, mit dem zusätzlich zur öffentlich-rechtlichen durch eine entsprechende Ausweisung ausreichender Bindung die touristisch-gewerbliche Nutzung (zum Standplätze an geeigneten Standorten Rechnung zu Beispiel mit vertraglicher und grundbuchlicher Ab- tragen. Dabei ist die abweichende und im Vergleich zu sicherung) gewährleistet und ein Dauerwohnen in die- Wohnwagen auf Campingplätzen deutlich reduzierte sen Gebieten ausgeschlossen wird. Infrastruktur zu berücksichtigen.

B zu 5, 6 B zu 7 - 9 Der überwiegende Teil der Camping- und Wohnmobil- Die Abwägung der verschiedenen öffentlichen plätze liegt an den Küsten des Landes sowie an Ufern und privaten Belange, insbesondere der Natur, des von Seen und Fließgewässern. Vor dem Hintergrund Landschaftsschutzes, des Tourismus sowie der der hohen Konzentration soll dort bei der Ausweisung Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes mit dem neuer und der Erweiterung bestehender Camping- und Wunsch vieler Menschen, ihre Freizeit in naturnaher Wochenendplätze (Plätze auf Campingplätzen zum Umgebung zu verbringen, erfordert eine sorgfältige Aufstellen von Campinghäusern) zurückhaltend ver- Planung der Wochenendhausgebiete. Dies führt auch werden. In jedem Einzelfall sind Belange von dazu, dass neue Wochenendhäuser in bestimmten Natur und Landschaft zu prüfen. Bei der Planung sind Raumkategorien nicht errichtet werden sollen. Über die Anforderungen an Schutzstreifen von Gewässern die Beschränkung der zulässigen Größenordnung zu beachten (§ 61 BNatSchG in Verbindung mit § 35 der Grundfläche soll erreicht werden, dass die LNatSchG), so dass der unmittelbare Küsten- und Wochenendhäuser nicht als Erst- oder Dauerwohnsitz Uferbereich freigehalten wird. Ebenso sollen bei genutzt werden. Umstrukturierungen Verlagerungen von Standplätzen Die Umwandlung von Wochenendhausgebieten in (Flächen auf Campingplätzen zum Aufstellen von Zelten Dauerwohnnutzungen ist abhängig vom Vorhandensein und Wohnwagen) sowie Aufstellplätzen (Flächen auf städtebaulich tragfähiger Strukturen und integrierter Wochenendplätzen zum Aufstellen von Campinghäusern Lagen. Die Doppelnutzung „Dauer- und Wochenend- und Mobilheimen) aus den unmittelbaren Küsten- und wohnen“ in Form von Sondergebieten ist nur bei Uferbereichen geprüft werden, um mögliche Konflikte gewachsenen – erkennbar verträglichen – Nutzungs- mit dem Naturschutz zu lösen. Bestehende, im Bestand strukturen möglich. geschützte Camping- und Wochenendplätze können weiter genutzt werden. B zu 10 Zur Stärkung der Tourismusfunktion insbesondere an In Schleswig-Holstein gibt es vielfältige Wassersport- den Küsten soll die Erweiterung und Umstrukturierung anlagen, beispielsweise rund 250 Sportboothäfen mit von Campingplätzen mit angebots- und qualitätsver- etwa 30.000 Liegeplätzen. Das Netz der seewärtigen bessernden Maßnahmen (wie hinreichend großen und Sportboothäfen und Marinas ist in Schleswig-Holstein eingegrünten Standplätzen, Ausbau der Sanitäranlagen sehr dicht geknüpft. Die einzige nennenswerte Lücke sowie Ergänzung von Versorgungsmöglichkeiten und besteht zwischen Fehmarn und der Kieler Förde. Freizeitangeboten) einhergehen. Hierzu kann auch die Häfen und Marinas werden gegenwärtig primär von Errichtung von Campinghäusern (Grundfläche bis Segel- und Motorbootsportlern genutzt oder von 40 Quadratmeter sowie auch nicht jederzeit ortsver- Bootsinteressierten aufgesucht. Durch die Verlagerung änderlich aufgestellte Wohnwagen, Wohnmobile und von touristischen Angeboten sowie die Einbindung in Mobilheime) auf Wochenendplätzen als Teil eines die touristische Ortsplanung können Häfen und Marinas Campingplatzes zählen. Diese sollen als Mietobjekte attraktiver gestaltet und in Wert gesetzt werden. einem wechselnden Personenkreis dienen. Um den besonderen Zielsetzungen der Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung (¢3.7.1 Absatz 3) hinreichend Rechnung zu tragen, gilt hier für die Errichtung von Campinghäusern grundsätzlich die gleiche landesplane- rische Anforderung wie für Ferienhäuser.

93 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.8. Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, Post

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 3 G In allen Teilräumen des Landes soll in zumutba- rer Entfernung die Versorgung mit stationären 1 G Die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur Postdienstleistungen gewährleistet sein. Mindestens soll bedarfsgerecht und flächendeckend ausge- alle Zentralen Orte (¢2.2) sollen über Postfilialen baut werden. Dies soll umwelt- und sozialver- oder Postagenturen verfügen. Das soll möglichst träglich erfolgen. Die technische Infrastruktur auch für Gemeinden mit einer ergänzenden überört- der Kommunikationsanlagen soll mit anderen lichen Versorgungsfunktion (¢2.3 Absatz 3) sowie räumlichen Nutzungen abgestimmt werden. stark touristisch geprägte Gemeinden gelten. In Orts- und Landschaftsbilder sollen möglichst allen anderen Gemeinden soll die Versorgung durch wenig beeinträchtigt werden. Vorhandene oder einen mobilen Postservice sichergestellt werden. geplante Richtfunkstrecken sollen von störender Bebauung freigehalten werden. Sendemasten und 4 G In den Regionalplänen sollen Aussagen zur Antennenträger sollen von den verschiedenen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur Netzbetreibern möglichst gemeinsam genutzt wer- räumlich weiter konkretisiert werden. den. Begründung 2 G Bevölkerung und Wirtschaft in Schleswig-Hol- stein sollen flächendeckend mit leistungsfähigen B zu 1 Breitbandanschlüssen versorgt werden. Die Der Zugang zu moderner Informations- und Kommu- Unterschiede im Breitbandzugang zwischen den nikationsinfrastruktur ist eine wichtige Voraussetzung Städten und Ballungsräumen einerseits und den für wirtschaftliche Entwicklung. Ihr Ausbau sollte ländlichen Räumen andererseits sollen abgebaut unter Beachtung ökologischer und landschaftlicher werden. Gegebenheiten erfolgen. Kurzfristiges Ziel ist es, bis Ende 2010 eine weit- gehend flächendeckende Grundversorgung mit B zu 2 Breitbanddiensten, die mindestens 1 Megabit pro Moderne Breitbandnetze sind für die wirtschaftliche Sekunde im Download gewährleisten, zu erreichen. Entwicklung Schleswig-Holsteins (Ausschöpfung von Bis Ende 2020 soll eine weitgehend flächendeckende Wachstumspotenzialen, Erhöhung der Standortattrak- Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen mit tivität, Abbau von strukturellen Nachteilen ländlicher Bandbreiten von mehr als 100 Megabits pro Sekun- Räume) von großer Bedeutung. Auch unter gesell- de gewährleistet sein. Basis dieser Ziele ist die Breit- schaftspolitischen Gesichtspunkten (Gleichwertigkeit bandstrategie der Landesregierung. Vorrang bei der der Lebensverhältnisse, Nutzung moderner Kom- Erreichung dieser Ziele haben privatwirtschaftliche munikationsformen wie E-Government, E-Learning, Lösungen. Land und Kommunen sollen sich auf E-Health oder E-Commerce) kommt schnellen flankierende Maßnahmen und die Schaffung von Internetverbindungen eine zunehmende Bedeutung Rahmenbedingungen konzentrieren. zu. Eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur ge- Eine überregionale Koordinierung der Breitband- hört mittlerweile zur Basisinfrastruktur wie die versorgung (Breitbandkonzepte) soll mindestens Verkehrsinfrastruktur oder Strom-, Gas- oder Wasser- auf Kreisebene erfolgen; hieran sollen sich die leitungen. Dabei nimmt der Bedarf an (hohen) Band- Maßnahmen der Ämter und Gemeinden und weiterer breiten immer mehr zu. kommunaler Zusammenschlüsse orientieren. Die Die Landesregierung hat am 25. August 2009 eine Konzepte sollen die aktuelle Versorgungssituation, Breitbandstrategie beschlossen. Dort sind kurz- und den vorhandenen Breitbandbedarf der Wirtschaft langfristige Ziele des Breitbandausbaus sowie da- und der Bevölkerung, die für die Breitbandversorgung rauf aufbauende Schwerpunktmaßnahmen formuliert nutzbare Infrastruktur (Glasfasernetze, Leerrohre, worden. Die Umsetzung der Breitbandstrategie wird Funktürme, Trassen von Ver- und Entsorgungsunter- in enger Abstimmung mit allen Akteuren (Wirtschaft, nehmen et cetera) sowie ein Konzept zum kurz- und Kommunen, Verbände und Organisationen) erfol- langfristigen Breitbandausbau enthalten. gen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Breitbandinfrastruktur als Basisinfrastruktur des 21. Jahrhunderts, des partiellen Marktversagens vor allem im ländlichen Raum sowie des fehlenden ge- setzlichen Versorgungsauftrages mit Breitbanddiensten

94 Zum Inhalt

kommt staatlichem Handeln (trotz des Vorrangs privat- wirtschaftlicher Lösungen) eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Breitbandversorgung zu. Das Land wird daher alle Akteure (insbesondere auch die kom- munale Ebene) mit den in der Breitbandstrategie veran- kerten Schwerpunktmaßnahmen unterstützen.

B zu 3 Postdienstleistungen sind ein wichtiger Teil der Da- seinsvorsorge. Der Zugang ist im Rahmen der Vorgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) sicherzustellen, die sich am Zentralörtlichen System orientiert. Darüber hinaus sollten in den ländlichen Räumen stationäre Einrichtungen in Gemeinden mit ergänzender überörtlicher Versorgungsfunktion sowie in Tourismusgemeinden im Rahmen der Möglichkeiten geschaffen oder gehalten werden

95 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

3.9 Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 7 G Die Potenziale von umwelt- und landschaftsverträg- lichen Aquakulturanlagen im Meer und auf dem 1 G Die Landwirtschaft soll in allen Teilen des Landes Land sollen genutzt werden. als ein raumbedeutsamer und die Kulturlandschaft prägender Wirtschaftszweig erhalten und weiterent- Begründung wickelt sowie in ihrer sozioökonomischen Funktion gesichert werden. B zu 1 - 4 Das Gesicht Schleswig-Holsteins ist in weiten Teilen 2 G Die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hoch- durch die Agrarlandschaft geprägt. Die Land- und wertigen, möglichst regionalen Nahrungsmitteln soll Forstwirtschaft ist mit einem Anteil von über 70 Prozent sichergestellt werden. Dabei soll auf eine nachhal- an der Gesamtfläche der größte Flächennutzer. In tige Produktionsweise hingewirkt werden. den einzelnen Teilräumen wirtschaften die Betriebe unter sehr unterschiedlichen natürlichen und agrar- 3 G Die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft soll insbe- strukturellen Betriebs- und Produktionsbedingungen. sondere erhöht werden durch Dementsprechend ist die Struktur der schleswig- – die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und holsteinischen Landwirtschaft vielfältig. Sie ist in allen Wettbewerbsfähigkeit; ländlichen Kreisen ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor, – die Weiterentwicklung der Betriebs- und Flur- insbesondere als Basis für die Ernährungswirtschaft. strukturen einschließlich des ländlichen Wege- Aber auch der umfangreiche Dauerkulturanbau im netzes; Hamburger Rand ist von wirtschaftlicher Bedeutung. – den Erhalt der bestehenden Ausbildungs- und Eine landwirtschaftlich nachhaltige Nutzung leistet einen Arbeitsplätze; wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft – die Ausweitung der Erwerbsmöglichkeiten. (¢5.2 Absatz 3). Dabei sollen ökonomische und ökologische Belange Die künftige Entwicklung der landwirtschaftlichen in Einklang gebracht werden. Bodennutzung und Tierhaltung wird in starkem Maße durch die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik der EU 4 G Die Bewirtschaftung des Bodens als nicht vermehr- beeinflusst. Kern der Reform ist die Entkopplung der bares Naturgut soll standortangepasst und umwelt- Direktzahlungen von der Produktion. Art und Umfang schonend erfolgen. Bewirtschaftungsformen, durch der Produktion werden danach im Wesentlichen die die Landwirtschaft eine besondere Funktion nur noch am Markt bestimmt. Mit Maßnahmen zur für den Naturhaushalt, die Landschaftspflege, die Entwicklung der ländlichen Räume sind die Voraus- Erholung sowie die Gestaltung und Erhaltung der setzungen für eine wettbewerbsfähige, nachhaltige ländlichen Räume hat, sollen gesichert und wei- sowie natur- und landschaftsverträgliche, sich an den terentwickelt werden. Hieraus erwächst auch eine Ansprüchen der Gesellschaft orientierende Land- besondere Verantwortung zur Schonung landwirt- wirtschaft zu schaffen. schaftlicher Flächen bei sonstigen Planungen. Existenz und Einkommen von landwirtschaft- lichen Unternehmen werden auch in der Zukunft im 5 G Die Erhöhung des Waldanteils auf 12 Prozent der Wesentlichen von ihrer Wettbewerbsfähigkeit ab- Landesfläche wird weiterhin angestrebt. Der Wald hängen. Es bleibt daher ein übergeordnetes Ziel, die soll so erhalten, bewirtschaftet, gestaltet und ge- Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Land- mehrt werden, dass er zum nachhaltigen Arten- und und Ernährungswirtschaft zu stärken, wobei die Land- Biotopschutz beiträgt und seine Schutz-, Nutz- und und Ernährungswirtschaft den Wettbewerb vor allem Erholungsfunktionen entsprechend den unterschied- über Qualität und Verbrauchersicherheit suchen sollte. lichen regionalen Erfordernissen nachhaltig erfüllen Konventionelle und ökologische Bewirtschaftungs- kann. formen sind zu erhalten und zu entwickeln; das schließt auch den Anbau nachwachsender Rohstoffe ein. 6 G Die Fischerei in Nord- und Ostsee sowie an Binnen- Erwerbsalternativen wie Direktvermarktung oder länd- gewässern soll erhalten und weiterentwickelt werden. licher Tourismus sind zu fördern. Dabei ist der ländliche Dabei ist dem Anliegen der langfristigen Sicherung Tourismus ortsangepasst zu entwickeln. Aufgaben der Erträge und des Erhalts der Fischarten und -be- im Rahmen der Pflege von Kulturlandschaften als stände und des Ökosystems besonders Rechnung Beitrag zum Natur- und Umweltschutz, zur Erholung zu tragen. Die Fischerei soll bei der Abwägung mit und zu anderen Funktionen (zum Beispiel Klimaschutz, anderen Nutzungen im Meeres- und Küstenbereich Grundwasserneubildung, Gewässerschutz) gehören eine angemessene Bedeutung erhalten. ebenfalls dazu.

96 Zum Inhalt

Im Rahmen einer ressourcenschonenden und umwelt- Die weiteren Perspektiven der schleswig-holsteinischen gerechten Landbewirtschaftung sollen neben der klas- Fischerei sind im Wesentlichen von den aus natür- sischen Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln neue lichen und rechtlichen Gründen stark schwankenden stoffliche und energetische Verwertungsperspektiven für Fangmengen auf zunehmend globalisierten Märkten land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse erschlossen gekennzeichnet. Dabei stellen sich im Bereich der werden. Beim Ausbau der stofflichen und energetischen Garnelenfischerei die Perspektiven günstiger dar als Nutzung nachwachsender Rohstoffe und organischer beim Fischfang. Reststoffe sollen Verwertungsschienen bevorzugt werden, die die bestmögliche Wirkung für den Klimaschutz entfal- B zu 7 ten, eine nachhaltige Wirtschaftsweise und somit Belange Unter Aquakultur wird die Aufzucht oder Haltung des Umwelt-, Boden- und Naturschutzes berücksichtigen von Fischen und anderen Wasserorganismen mittels und durch Kosteneffizienz betriebs- und volkswirtschaft- Techniken, die auf die Produktionssteigerung über lich positive Effekte erzielen. das unter natürlichen Bedingungen mögliche Maß hinaus ausgerichtet sind, verstanden. Marikultur oder B zu 5 marine Aquakultur ist dabei eine Untergliederung Der Beitrag des Waldes als Rohstoffquelle und der Aquakultur, bei der die Aufzucht und Haltung Arbeitsort, zum Schutz des Klimas, zur Reinhaltung im Meerwasser erfolgt. Unterschieden wird bei der der Luft und des Wassers, zum Schutz des Bodens Aquakultur zwischen offenen Systemen, also Teichen, vor Erosionen, für die Erholung und das Naturerleben Becken und Netzkäfigen, und geschlossenen Systemen, sowie als Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist von die auch Kreislaufsysteme genannt werden. unschätzbarer Bedeutung für Mensch und Umwelt. Neben der Produktion von Fischen, Weichtieren und Der Erhalt der Waldfläche ist die Grundvoraussetzung Algen als Nahrungsmittel kommt der Aquakultur durch für die dauerhafte Sicherung der Waldfunktionen, wes- die Gewinnung und Herstellung von Zusatzstoffen für halb vorhabenbedingte Eingriffe auf das unbedingt die Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie bis notwendige Maß zu beschränken und durch geeignete hin zum Export von entsprechenden Anlagen eine be- Maßnahmen zu kompensieren sind. Im waldarmen sondere wirtschaftliche Bedeutung zu. Hierzu sind die Schleswig-Holstein kommt dem Wald (10,3 Prozent wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der Landesfläche) erhebliche Bedeutung zu. Neuer auszuweiten. Wald soll daher vor allem in den besonders waldarmen Regionen und in strukturarmen Ackerlandschaften der Geest und des Hügellandes sowie in Wasserschon- und Wasserschutzgebieten geschaffen werden. Darüber hinaus sollen Neuwaldbildungen bevorzugt dort vorgenommen werden, wo sie zugleich auch der Verbesserung der ökologischen Situation und dem Biotopverbund dienen.

B zu 6 Die Fischwirtschaft hat in den letzten Jahren einen grundlegenden Strukturwandel erfahren. Probleme wa- ren dabei: stark schwankende Fischbestände und da- mit verbunden sehr unsicher kalkulierbare Erträge und Erlöse, zunehmende Importe von Fisch aus allen Regionen der Welt, ständige Anpassung der Fischerei- flotte an die Fang- und Ertragsmöglichkeiten und da- mit verbunden auch eine Anpassung der Strukturen bei den Erzeugerorganisationen zur Optimierung der Vermarktung, eine rasante Zunahme von regelnden Eingriffen in die Fischerei durch die Gesetzgebung und ein grundsätzlicher Wandel der EU-Fischereiförder- politik.

97 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

4. Entwicklung der Daseinsvorsorge

4.1 Leitbild

Was wollen wir? Wie kommen wir da hin?

Wir wollen in Schleswig-Holstein Indem wir – gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen – durch das Zentralörtliche System Infrastrukturangebote des Landes; räumlich bündeln und für alle Menschen im Land unter – für alle hier lebenden Menschen eine gute Versorgung Berücksichtigung zielgruppenspezifischer Belange in mit Infrastrukturangeboten und Dienstleistungen der zumutbarer Entfernung anbieten; Daseinsvorsorge; – stets berücksichtigen, welche besonderen Bedürfnisse – auch unter den Bedingungen des demographischen sich insbesondere aus dem Alter, dem Geschlecht, der Wandels die Daseinsvorsorge generationenübergrei- ethnischen Zugehörigkeit oder einem vorhandenen fend langfristig sicherstellen. Unterstützungsbedarf ergeben; – bei Infrastrukturplanungen die demographischen Veränderungen berücksichtigen; – beim Aus- und Umbau der sozialen und technischen Infrastruktur den Aspekt der langfristigen wirtschaft- lichen Tragfähigkeit ausreichend beachten; – bei der Daseinsvorsorge sozialen Belangen gegenüber ökonomischen und ökologischen Belangen ein ange- messenes Gewicht geben; – sicherstellen, dass sich die verschiedenen Infrastruktur- bereiche in enger Abstimmung miteinander weiterent- wickeln; – durch interkommunale Kooperationen und die Einbe- ziehung privater Akteure innovative und kostengünstige Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge entwi- ckeln.

98 Zum Inhalt

4.2 Bildung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung – Bis etwa 2020 anhaltend hohe Zahlen von Schulabsolventen und ein wachsender Anteil an 1 G Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Absolventen der Sekundarstufe II; Zukunftsfähigkeit Schleswig-Holsteins. In allen – Neuordnung von Ausbildungsberufen, die im Landesteilen soll der Bevölkerung ein gleich- ersten Ausbildungsjahr Gemeinsamkeiten auf- wertiges, wohnortnahes und leistungsfähiges weisen und später eine größere Spezialisierung Bildungsangebot zur Verfügung stehen. Unter erfordern. Würdigung der sozialen und kulturellen Bedeutung Die Kreise und kreisfreien Städte können als der Schulen für die Gemeinden gilt es dabei auch, Träger öffentlicher berufsbildender Schulen die- wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Eine se in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt Orientierung am Zentralörtlichen System kann da- des öffentlichen Rechts betreiben („Regionales bei eine Hilfe sein. Berufsbildungszentrum“). Die Anstalt kann aus Maßgebliches Kriterium für die Verteilung der einer oder mehreren Schulen eines oder meh- Schulstandorte ist die Zahl der Schülerinnen und rerer Schulträger entstehen. Regionale Berufs- Schüler, die die einzelnen Schulen besuchen. bildungszentren (RBZ) können in Abstimmung mit Die Schulstandorte sollen von den Schülerinnen regionalen Weiterbildungsverbünden Angebote der und Schülern mit dem ÖPNV in zumutbarer Zeit beruflichen Weiterbildung entwickeln und vorhalten. erreicht werden können. Dies soll im Rahmen der verkehrlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten 4 G In den Regionalplänen sollen in Abstimmung sichergestellt und bei allen standörtlichen Um- mit den aktuellen Schulentwicklungsplanungen strukturierungsmaßnahmen als zentrales Kriterium der Kreise grundsätzliche Aussagen zu den beachtet werden. Das ÖPNV-Angebot soll flexibel Standorten von allgemein bildenden und berufs- an Änderungen in der Schulstruktur angepasst wer- bildenden Schulen getroffen werden. Hierbei soll den. die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV berücksich- tigt werden. Dabei kann eine Orientierung am 2 G Das Netz der allgemein bildenden Schulen soll Zentralörtlichen System hilfreich sein. bedarfsgerecht erhalten und pädagogischen Erfordernissen angepasst so weiterentwickelt wer- 5 G In allen Teilräumen des Landes soll ein bedarfs- den, dass jedem Schüler / jeder Schülerin je nach gerechtes Weiterbildungsangebot bestehen. Es Begabung und Bedürfnissen sowie entsprechend soll den Anforderungen des technologischen Leistungsvermögen und -bereitschaft ein geeignetes Wandels ebenso Rechnung tragen wie der deut- Schulangebot in angemessener Entfernung bereitge- lich steigenden Zahl älterer Erwerbspersonen, stellt werden kann. Zugleich soll ein möglichst effizi- der zunehmenden Erwerbsbeteiligung von enter Ressourceneinsatz bei Unterrichtsversorgung, Frauen und der Integration von Menschen mit verlässlicher Grundschule, Vertretungsfonds sowie Migrationshintergrund sowie mit Behinderung in Investitions- und Betriebskosten sichergestellt den Arbeitsmarkt. werden. Dazu sollen insbesondere Möglichkeiten Einrichtungen der Weiterbildung sollen ein plu- des jahrgangsübergreifenden Unterrichts und der rales Bildungsangebot und lebenslanges Lernen Kooperation von Schulstandorten und Schulträgern für alle ermöglichen. Moderne, zukunftsorientierte ausgeschöpft werden. Berufsbildungsstätten sollen Anreize schaffen für erhöhte Aus-, Fort- und Weiterbildungsteilnahme 3 G Das Netz berufsbildender Schulen soll unter Be- und einen Beitrag leisten, die Innovationsfähigkeit der rücksichtigung der bestehenden Angebote be- Betriebe zu erhöhen und die Beschäftigungsfähigkeit darfsgerecht und fachlich differenziert weiterent- der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern und zu wickelt werden; dies gilt auch für überbetriebliche erhalten. Berufsbildungsstätten. Dabei soll den folgenden Weiterbildungseinrichtungen sollen vorzugswei- sich abzeichnenden Entwicklungen Rechnung getra- se an Zentralen Orten zur Verfügung stehen. Die gen werden: flächendeckende Vernetzung der Einrichtungen in regionalen Weiterbildungsverbünden ist ein wesent- licher Bestandteil der Weiterbildungsinfrastruktur.

99 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Die öffentliche Hand soll die Strukturentwicklung B zu 5 der Weiterbildung neben den gesetzlichen Der Weiterbildung, Qualifizierung und Umschulung im Rahmenbedingungen auch durch Maßnahmen Sinne lebenslangen Lernens kommt eine Schlüsselrolle zur Sicherung und Entwicklung der Angebots- im wirtschaftlichen Wettbewerb und bei der Sicher- und Anbieterqualität, ein flächendeckendes stellung von Chancengleichheit zu. Dies bedingt ein Grundangebot, Transparenz des Weiterbildungs- vielfältiges nutzergerechtes Angebot, das vor allem in marktes, flächendeckende Information und Beratung den Zentralen Orten angeboten werden soll, um allen sowie Kooperation und Koordination sicherstellen. Menschen im Land in zumutbarer Entfernung die Teil- nahme zu ermöglichen. Begründung Anders als in den Bereichen Schule und Hochschule ist der Staat nicht Hauptanbieter von Weiterbildung. B zu 1, 2 und 4 Vielmehr ist bei der Weiterbildung von geteilten Verant- Die gleichwertige Versorgung der Bevölkerung in allen wortungen auszugehen: Landesteilen mit Bildungseinrichtungen ist eine lan- Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbänden despolitische Leitlinie. Die Sicherung eines möglichst sind insbesondere für die allgemeine und politische wohnortnahen leistungsfähigen Schulangebots ist bei Weiterbildung (Artikel 9 Absatz 3 Landesverfassung) erkennbar rückläufigen Schülerzahlen und angesichts verantwortlich sowie die Hochschulen für die wissen- der Lage aller öffentlichen Haushalte eine zentrale schaftliche Weiterbildung (§ 58 Hochschulgesetz). Die Herausforderung für das Land und die kommunalen Wirtschaft und die Sozialpartner sind für die berufliche Schulträger. Auf den einsetzenden und sich verschär- Weiterbildung der Beschäftigten verantwortlich; der fenden Rückgang der Schülerzahlen muss mit dem Bund, das Land und die Kammern für die Regelungen flexiblen Instrumentarium der Schulentwicklungsplanung der beruflichen Fortbildung und die Bundesagentur durch Schulträger, Kreise und Land gemeinsam rea- für Arbeit für die arbeitsmarktpolitisch begründete giert werden, um ein angemessenes Schulangebot in Förderung der Weiterbildung. Verantwortung tragen der Fläche und auch in dünn besiedelten Teilräumen aber auch die EU, die für die Weiterbildung nutzbare auch unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Förderprogramme anbietet, und jeder Einzelne für den Erreichbarkeit zu erhalten. Im ländlichen Raum sind persönlichen Beitrag zum lebenslangen Lernen. insbesondere gemeindeübergreifende Kooperationen Die öffentliche Hand konzentriert sich auf Infrastruk- geeignet, wirtschaftlich und organisatorisch tragfähige turförderung (zum Beispiel Investitionen in Stätten der Angebotsstrukturen zu entwickeln und zu erhalten. Aus- und Weiterbildung, flächendeckende Angebote Die Anpassung des ÖPNV-Angebots und -Netzes der Volkshochschulen, Weiterbildungsinformation ist dabei von zentraler Bedeutung. Eine Orientierung und -beratung) und auf die Innovations- und Ziel- der Schulstandorte am Zentralörtlichen System kann gruppenförderung. Das Netzwerk der Weiterbildungs- hilfreich sein, um überall im Land in zumutbarer verbünde realisiert im Unterschied zu einer zentralen Entfernung Bildungsangebote bereitzustellen sowie Planung des Landes einen regional- und nachfrage- gute Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen ÖPNV orientierten, selbst gesteuerten Ansatz der Weiter- und die Tragfähigkeit auch anderer Einrichtungen der bildungskoordination, -information und -beratung. Daseinsvorsorge zu schaffen.

B zu 3 Öffentliche berufliche Schulen als organisatorische Verbindung der Schularten Berufsschule, Berufsfach- schule, Berufsoberschule, Fachoberschule, Berufliches Gymnasium und Fachschule gibt es in allen Oberzentren und in allen Kreisen an einem oder zwei Standorten, zu- meist in Mittelzentren. Zusätzlich existiert eine Vielzahl von spezialisierten beruflichen Schulen, teilweise in öf- fentlicher, teilweise in privater Trägerschaft. Die Kreise als Träger öffentlicher beruflicher Schulen haben zukünftig die Möglichkeit, diese Angebote in einem Regionalen Berufsbildungszentrum zusammenzufassen (§§ 100 folgende SchulG).

100 Zum Inhalt

4.3 Kinder, Jugendliche und Familien

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 G In allen Gemeinden, mindestens aber in allen B zu 1 Zentralen Orten und Stadtrandkernen soll ein Angebote für die Betreuung von Kindern sind ein zen- bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Kinder- trales Element einer „familienfreundlichen“ Gemeinde tageseinrichtungen und an Tagespflegestellen zur und damit ein wichtiger Standortfaktor. Sie tragen für Verfügung stehen. Die Angebote sollen mit der Eltern wesentlich zur Vereinbarkeit von Familie und Kreisplanung abgestimmt werden. Frei werdende Beruf bei. Auch in dünn besiedelten ländlichen Räumen Kapazitäten durch Rückgänge bei den Kindern im sollte ein Angebot vorhanden sein, da es sowohl zur Alter zwischen 3 und 6 Jahren sollen vorrangig zur Verbesserung der beruflichen Chancen von Frauen in Intensivierung der Betreuung genutzt werden sowie diesen Räumen beitragen kann, als auch generell die zur Erweiterung des Angebotes für Kinder unter Zukunftsfähigkeit von Gemeinden verbessert. 3 Jahren. In dünn besiedelten ländlichen Regionen sollten auch bei nur geringer Auslastung Angebote B zu 2 zur Kinderbetreuung vorhanden sein. Kindertageseinrichtungen haben einen eigenen Bil- dungsauftrag. Sie sollen die kindlichen Kompetenzen 2 G Auftrag der Kindertageseinrichtungen ist Bildung, fördern, aber auch Kinder in ihren individuellen Bil- Betreuung und Erziehung. Kindertageseinrichtungen dungswegen begleiten und ihnen neue Bildungswelten sollen mit Grundschulen zusammenarbeiten und eröffnen. Um die frühe Bildung zu fördern, sind Leitlinien den Übergang zwischen beiden Einrichtungen ver- zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen fest- bessern. Außerdem sollen sie mit Einrichtungen gelegt worden. Darüber hinaus gibt es Empfehlungen und Trägern der Jugendhilfe sowie bei Bedarf mit zur Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen, Förderzentren und Beratungsstellen kooperieren. Grundschulen und Jugendhilfe. Auch in § 41 SchulG ist die Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen und 3 G Die soziale Integration von Jugendlichen soll in Grundschulen verankert. allen Teilen des Landes sichergestellt werden. Einrichtungen für Jugendliche sollen in allen B zu 3 Zentralen Orten vorhanden sein. In den länd- Die Unterstützung von Familien und die soziale Inte- lichen Räumen soll auch bei zurückgehenden gration von Jugendlichen sind wichtige gesellschaft- Nutzerzahlen ein möglichst wohnortnahes Angebot liche Aufgaben. Durch abgestimmte Planungen und bestehen. Insbesondere in den Städten sollen die die Vermittlung des gemeinsamen Bildungsauftrags Angebote auch Kindern und Jugendlichen mit von Elternhaus, Jugendhilfe und Schule sollen Familien Migrationshintergrund Rechnung tragen. gestärkt und die Chancen junger Menschen auf ge- sellschaftliche und soziale Integration erhöht werden. Angebote zur Freizeitgestaltung und zur kulturellen Bildung von Jugendlichen sowie zur Unterstützung von Familien sollen in allen Teilen des Landes mög- lichst wohnortnah vorhanden sein. Dies gilt insbe- sondere auch in den ländlichen Räumen, wo solche Angebote einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit leisten.

101 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

4.5 Menschen mit 4.4 Senioren Behinderung

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 G Seniorenpolitik soll den demographischen und so- 1 G Menschen mit Behinderung sollen selbstverständ- zialstrukturellen Veränderungen Rechnung tragen lich und selbst bestimmt an allen gesellschaft- und an den Interessen, Fähigkeiten und Neigungen lichen Bereichen teilhaben. Dies soll nach dem der älteren Generation ansetzen (Kompetenzmodell). Grundgedanken der Inklusion erfolgen, das heißt Dabei sollen auch die Belange älterer Menschen ohne Teilung der Gesellschaft in Menschen mit und mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden. ohne Behinderung. Neben der Sicherstellung der flächendeckenden Angebote in allen Lebensbereichen, insbeson- medizinischen und pflegerischen Versorgung äl- dere in den Bereichen Wohnen, Arbeit, Freizeit, terer Menschen auf hohem Niveau (¢4.6) ist Kultur und Bildung sollen die besondere Situation dem Aspekt der „Aktivierung“ älterer Menschen von Menschen mit Behinderung berücksichtigen. und der Stärkung ihrer Selbständigkeit besondere Darüber hinaus sollen bedarfsgerechte Hilfen für Beachtung zu schenken. Die älteren Menschen sol- Menschen mit Behinderung die Möglichkeiten zur len ihre Ressourcen sinnvoll in das gesellschaftliche Teilhabe eröffnen. Zusammenleben einbringen können. Begründung Begründung B zu 1 B zu 1 Menschen mit Behinderung sind Bürgerinnen und Die Familien- und Generationsbeziehungen unterliegen Bürger mit allen Rechten und Pflichten. Ihre Ansprüche tiefgreifenden Veränderungen, die auch die Lebens- auf Selbstbestimmung, Autonomie, Partizipation situation älterer Menschen bestimmen. Allein arbeits- und Entwicklung der Selbstkompetenz betreffen alle platzbedingte Wohnortwechsel haben zur Folge, dass Lebensbereiche. die Stabilität sozialer Netze abnimmt und bei älteren Die Weiterentwicklung von Angeboten ist vor dem Menschen Tendenzen zur Individualisierung verstärken. Hintergrund der steigenden Zahl und der differenzierten Zudem wird die Zahl der älteren Menschen, die keine Bedarfe und Wünsche von Menschen mit Behinderung Kinder haben, allmählich ansteigen und aus diesem notwendig. Das Unterstützungssystem wird hier vor Grund andere Anforderungen an ihre sozialen Netzwerke neue Herausforderungen gestellt. Doch oftmals kann und einen professionellen Unterstützungsbedarf stellen. schon durch Barrierefreiheit den Bedürfnissen und Ein moderner Staat, der im Sinne einer Generationen- Ansprüchen von Menschen mit Behinderung Rechnung politik die Interessen aller Altersgruppen im Blick hat, getragen werden. muss die Handlungspotenziale und Kompetenzen aller Bevölkerungsgruppen nutzen und deren aktive und verantwortliche Beteiligung an der Bewältigung der sozialen Herausforderungen fördern. Eigeninitiative und bürgerschaftliches Engagement sind Ausdrucksformen dieser Beteiligung.

102 Zum Inhalt

4.6 Gesundheit, Pflege, Betreuung und Sport

Grundsätze und Ziele der Raumordnung barer Entfernung in allen Landesteilen vorhanden sein. Ihre Standorte sollen sich am Zentralörtlichen 1 G In allen Landesteilen soll eine gleichwertige medi- System (¢2.2) orientieren und durch mobile Ange- zinisch leistungsfähige stationäre und ambulante bote ergänzt werden. Versorgung sichergestellt werden. Dies gilt insbe- Stationäre und teilstationäre Altenhilfe- und -pfle- sondere auch für die ländlichen Räume. geeinrichtungen sollen mindestens ab der Ebene Die wohnortnahe ambulante Versorgung durch der Unterzentren sowie möglichst auch in den länd- Hausärzte, Fachärzte, Zahnärzte, Psychotherapeu- lichen Zentralorten vorhanden sein. ten und Apotheken sowie das Netz von Rettungs- Die Einrichtungen der Altenhilfe sowie Angebote diensten und Krankenhäusern sollen bedarfsgerecht für altengerechtes und betreutes Wohnen sollen an der demographischen Entwicklung Rechnung tra- städtebaulich integrierten und siedlungsstrukturell gen. geeigneten Standorten angesiedelt werden. Standortgebundene medizinische Versorgungs- Die Versorgung geriatrischer Patienten soll landes- angebote sollen sich am Zentralörtlichen System weit stationär über die Krankenhäuser und daran (¢2.2) orientieren und durch mobile Angebote be- angeschlossene Angebote der tages-klinischen Akut- darfsgerecht ergänzt werden. behandlung sowie über ergänzende Maßnahmen im Mindestens in allen ländlichen Zentralorten soll häuslichen Umfeld sichergestellt werden. es Hausärzte und Zahnärzte geben, die eine medi- zinische Grundversorgung sicherstellen. In Unter-, 3 G Sport leistet einen wichtigen Beitrag zur Gesund- Mittel- und Oberzentren sollen darüber hinaus auch heitsförderung, zum gesellschaftlichen Miteinander Fachärzte vorhanden sein. und zur Integration. In allen Teilräumen des Landes Krankenhäuser sollen vorrangig in den Mittel- sollen Menschen die Möglichkeit haben, in zumut- und Oberzentren angesiedelt sein; Krankenhäuser barer Entfernung Sportstätten zu nutzen. Mindestens der Schwerpunktversorgung dabei eher in Ober- in allen Zentralen Orten (¢2.2) sollen Sportstätten zentren. vorhanden sein. Sportanlagen, die für einen über- Im Bereich der Palliativmedizin und Hospizver- örtlichen/regionalen Bedarf konzipiert sind (Groß- sorgung soll die Versorgung der Patientinnen und sportanlagen), sollen möglichst in Ober- oder Mittel- Patienten in Schleswig-Holstein optimiert werden. zentren angesiedelt sein. Dafür ist eine Verbesserung der Infrastruktur in der Kommunen sollen im Rahmen von Sportstätten- flächendeckenden palliativmedizinischen Versorgung entwicklungsplanungen ein bedarfsgerechtes durch die Vernetzung vorhandener Angebote und Angebot schaffen und dabei insbesondere auch in- die flächendeckende Einrichtung von interdiszipli- terkommunal und regional zusammenarbeiten. Das när zusammengesetzten Palliativ-Care-Teams im Angebot soll den demographischen Entwicklungen, Verbund mit den Akteuren der Hospizversorgung den sich verändernden Sportbedürfnissen sowie erforderlich. geschlechterspezifischen Aspekten und den Be- Zur Suchtvorbeugung soll landesweit ein dif- langen von Menschen mit Behinderung gerecht ferenziertes System an Einrichtungen für die werden. Ebenso sollen Aspekte des Natur- und Suchtvorbeugung, -beratung und -hilfe vorgehalten Umweltschutzes bei der Sportraumplanung be- werden. rücksichtigt werden. Sportstätten sollen möglichst für mehrere Sportarten genutzt werden können. 2 G In allen Teilräumen müssen die Altenhilfe und Natürliche Sporträume, die nicht an Anlagen ge- Altenpflege an die deutlich steigende Zahl älterer bunden sind, sollen unter Beachtung der Natur- und teilweise auch pflegebedürftiger Menschen schutzbestimmungen gesichert werden. angepasst werden. In zumutbarer Entfernung sol- Im Rahmen von Städtebau und Ortsplanung len in allen Landesteilen quantitativ und qualitativ soll auf die Sicherung und Vernetzung von Be- ausreichende Angebote sichergestellt werden. Vor wegungsräumen geachtet werden, die auch außer- allem in den ländlichen Regionen sind abgestimmte halb von Sportstätten allen Altersgruppen sportliche Planungen für ambulante und stationäre Angebote Aktivitäten und Bewegung ermöglichen. und Einrichtungen der Altenpflege erforderlich. Angebote an offenen ambulanten Einrichtungen 4 G In den Regionalplänen sollen Aussagen zu den zur Versorgung pflegebedürftiger Menschen so- Bereichen Gesundheit, Pflege, Betreuung und Sport wie trägerunabhängige Beratungsangebote und räumlich weiter konkretisiert werden. Angebote, die den Erhalt der eigenen Häuslichkeit unterstützen, sollen bedarfsgerecht und in zumut-

103 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung Das Gesundheitsministerium (MASG) hat die Geriatrie in Schleswig-Holstein ins Zentrum des täglichen medi- B zu 1 zinischen Lebens der Akutkrankenhäuser gestellt. Die Die steigende Zahl älterer Menschen und der medi- älteren Menschen werden so dezentral, regional ausge- zinisch-technische Fortschritt werden zu einem stei- wogen sowie orts- und bürgernah durch eine Struktur genden Bedarf an medizinischer Betreuung führen, von kleinen Krankenhäusern umfassend geriatrisch ver- der mit den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln sorgt. im Gesundheitssystem gedeckt werden muss. Durch eine Orientierung der ambulanten und stationären B zu 3 Versorgung am Zentralörtlichen System kann am besten Der Sport im Land soll gestärkt werden, da er unter an- eine auf Schwerpunkte ausgerichtete und gleichzeitig derem wichtige gesellschaftliche Aufgaben erfüllt. Vor wohnortnahe medizinische Versorgung im Land sicher- dem Hintergrund knapper werdender öffentlicher Mittel gestellt werden. Allerdings obliegt die Zulassung von und sich verändernder Bedürfnisse beim Angebot und Vertragsärzten in der Gesetzlichen Krankenversicherung beim Umfang von Sportstätten sind bedarfsgerechte (GKV) der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten Planungen seitens der Kommunen erforderlich. Da der und Krankenkassen. Ein besonderes Problem der überwiegende Teil sportlicher Aktivitäten außerhalb von Gesundheitsversorgung könnte der sich mittel- bis lang- Sportstätten stattfindet, sollen auch hierfür geeignete fristig abzeichnende Mangel an Ärzten in ländlichen Flächen, sogenannte Bewegungsräume, bereitgestellt Regionen werden. werden. Dies sind zum Beispiel Parkanlagen, Plätze oder Die stationäre Krankenversorgung soll durch ein ab- Wege, die primär eine andere Nutzung haben, aber gestuftes System medizinisch leistungsfähiger Standorte auch für Freizeitsport genutzt werden können. sichergestellt werden. Die Standorte der Krankenhäuser sollen entsprechend ihrer jeweiligen Aufgabenstellung auf die zentralörtliche Gliederung ausgerichtet werden. Der Krankenhausplan Schleswig-Holstein wird jeweils an die aktuelle Entwicklung angepasst. Schleswig-Holstein will im Bereich der Palliativmedi- zin und der Hospizversorgung eine Vorreiterrolle übernehmen. Die Landesregierung unterstützt daher zielgerichtet alle Maßnahmen, die zu einer besseren Versorgung der Patientinnen und Patienten in diesen Bereichen beitragen. Hierzu gehört insbesondere eine bessere Vernetzung der Angebote. Die Suchtvorbeugung ist eine wichtige Säule im System der Gesundheitsvorsorge Daher sollen landes- weit Einrichtungen zur Vorbeugung, aber auch zur Beratung und Hilfe bei Suchterkrankungen vorgehalten werden.

B zu 2 Der Bedarf an Unterstützungs-, Betreuungs- und Pflegeangeboten wird aufgrund der steigenden Zahl älterer Menschen und von Menschen mit Behinderung deutlich zunehmen. Im Vordergrund steht dabei der Erhalt der eigenen Häuslichkeit älterer Menschen. Standortgebundene Einrichtungen und Angebote sol- len sich am Zentralörtlichen System orientieren, da so am besten in allen Landesteilen eine wohnortnahe Versorgung gewährleistet werden kann. Städtebaulich integrierte Standorte sollen eine gute Erreichbarkeit si- cherstellen und dazu beitragen, dass die dort lebenden Menschen sich am gesellschaftlichen Leben außerhalb der Einrichtungen beteiligen können.

10 4 Zum Inhalt

4.7 Kultur

5 G Das kulturelle Angebot soll demographischen Ver- Grundsätze und Ziele der Raumordnung änderungen Rechnung tragen. Auch bei veränderten Nutzerzahlen gilt es, weiterhin möglichst wohnort- 1 G In allen Teilräumen des Landes soll Menschen der nah kulturelle Angebote für alle Generationen und Zugang zu den verschiedenen Formen von Kunst Menschen jeder Herkunft zu verankern. und Kultur ermöglicht werden. Den Grundstein für Städte und Gemeinden sollen bei ihrer Kultur- den Umgang mit Kunst und Kultur soll kulturelle arbeit verstärkt Möglichkeiten interkommunaler und Bildung legen. Sie macht kulturelle Teilhabe mög- regionaler Kooperation nutzen. Dies gilt insbeson- lich. Die Beschäftigung mit Kultur setzt Kreativität dere auch für die ländlichen Räume. Das kulturelle und Phantasie frei, entwickelt Lernfähigkeit und hilft Angebot sollte in paritätischer Partnerschaft von bei der Entfaltung von Schlüsselqualifikationen. Die öffentlicher Hand, Privatwirtschaft und gemeinnüt- Schaffung eines möglichst flächendeckenden, dif- zigem Bereich verankert sein. ferenzierten, qualitätsvollen und allgemein zugäng- Einrichtungen der kulturellen Infrastruktur sollten lichen Kultur- und Bildungsangebots ist dabei eine zunehmend multifunktional geplant werden, um gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Nutzungsänderungen zu ermöglichen.

2 G Die kulturelle Infrastruktur mit Bibliotheken, Volkshochschulen, kommunalen Kulturzentren, Begründung Musikschulen, Theatern, Museen und Archiven soll bedarfsgerecht und bürgerorientiert erhalten und B zu 1 weiterentwickelt werden. Die Standorte der kultu- Zur Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse ge- rellen Versorgungsinfrastruktur sollen sich möglichst hört auch, dass in allen Teilen des Landes die gleichen am Zentralörtlichen System (¢2.2) orientieren. Chancen bestehen, ein vielfältiges kulturelles Angebot Kulturdenkmäler und historische Sachgüter sollen zu nutzen. Die Schaffung eines solchen Angebots ist erhalten und nachhaltig weiterentwickelt werden. dabei keine ausschließlich staatliche Aufgabe, son- Soweit Denkmäler nicht in Privateigentum stehen, dern neben Bund, Ländern und Gemeinden tragen sondern gemeinnützig ausgerichtet sind, sollen sie auch Unternehmen, öffentlich-rechtliche und private der Öffentlichkeit zugänglich sein. Stiftungen, selbständige Künstlerinnen und Künstler und erhebliches ehrenamtliches Engagement dazu bei. Ein 3 G Es sollen solche kulturellen Initiativen und Ansätze reichhaltiges und vielfältiges kulturelles Angebot schafft unterstützt werden, die die lokale und regionale Lebensqualität, bietet Bildung und Möglichkeiten sinn- Identität der Bevölkerung betonen. Das gilt auch voller und kreativer Freizeitgestaltung, Aufklärung und für die Kulturarbeit nationaler Minderheiten und Unterhaltung. Volksgruppen B zu 2 4 G Die historischen Kulturlandschaften sollen ge- Insbesondere Standorte kultureller Infrastrukturein- schützt und ihre ökologischen, ökonomischen, richtungen, die eine überörtliche Versorgungsfunktion sozialen und kulturellen Funktionen dauerhaft erfüllen, sollen sich nach Möglichkeit am Zentralört- erhalten werden. Gleichzeitig sollen ihre individu- lichen System orientieren, damit sie für alle Menschen ellen Entwicklungspotenziale kreativ ausgeschöpft im Land in zumutbarer Entfernung erreicht werden kön- werden. Insbesondere durch bessere Vermarktung nen. für den Tourismus soll das kulturelle Potenzial des Landes stärker für die wirtschaftliche Entwicklung genutzt werden.

105 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

B zu 3 B zu 4 Schleswig-Holstein verfügt in allen Landesteilen über ein Schleswig-Holstein bietet nicht nur landschaftliche vielfältiges Kulturangebot. Vor dem Hintergrund knapper Reize, sondern auch kulturelle Attraktionen wie Schlösser finanzieller Mittel ist es erforderlich, die Ressourcen hier- und Herrenhäuser, Museen und Sammlungen, Kirchen für effizient zu nutzen und Schwerpunkte zu benennen. und Klöster, ein maritimes Erbe mit Museumsschiffen, Zu den kulturellen Schwerpunkten von landesweiter Schleusenanlagen und Schifffahrtsmuseen und eine le- und darüber hinausgehender Bedeutung zählen bei- bendige und kreative Kulturszene. Besonders ist hierbei spielhaft und herausragend die Stiftung Schleswig- die einzigartige räumliche Verbindung von Kultur und Holsteinische Landesmuseen mit Schloss Gottorf, dem Landschaft, wie sie zum Beispiel in den historischen Fürstengarten und dem Wikingerweltkulturerbe Haithabu Kulturlandschaften an der Nordseeküste, aber auch und Danewerk, die Stadt Lübeck als Weltkulturerbe im und anderen Regionen zu der UNESCO, das Nolde Museum in Seebüll, die Kieler finden ist. Kulturwirtschaft und Kulturtourismus sind Kunsthalle und der Flensburger Museumsberg sowie die wachsende Wirtschaftsbereiche mit einem großen Veranstaltungen des Schleswig-Holstein-Musikfestivals Entwicklungspotenzial, das zukünftig intensiver genutzt und der Nordischen Filmtage Lübeck. werden soll.

B zu 5 Die Nachfrage nach Kulturangeboten wird sich auf der Grundlage demographischer und interkultureller Entwicklungen in der Gesellschaft verändern. Vor dem Hintergrund knapper werdender öffentlicher Mittel wird das kulturelle Angebot in den Kommunen zudem immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden, insbesonde- re bei sinkenden Nutzerzahlen. Daher gilt es, auch bei rückläufigen Geburtenzahlen weiterhin ein wohnortnahes kulturelles Angebot für Kinder und Jugendliche zu er- möglichen. Interkommunale und regionale Kooperationen bieten Synergieeffekte und können langfristig ebenso zur Aufrechterhaltung eines attraktiven Kulturangebotes beitragen wie stärkeres ehrenamtliches Engagement. Die Finanzierung von kulturellen Angeboten soll verstärkt auch mit Hilfe von Unternehmen und privaten Förderern ermöglicht werden. Dadurch ergeben sich mehr Chancen, das kulturelle Angebot aufrechtzuerhalten oder zu erweitern.

106 Zum Inhalt

4.8 Ver- und Entsorgungsinfrastruktur

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 G In allen Teilräumen des Landes ist die Ver- und B zu 1 Entsorgung sicherzustellen. Die hierfür erforder- In Schleswig-Holstein kann von einer vollständigen liche technische Infrastruktur sollte möglichst be- Versorgung der Bevölkerung bei Wasser, Abwasser, darfsgerecht unter Beachtung der wirtschaftlichen Energie und Abfallentsorgung ausgegangen werden. Die Tragfähigkeit und ökologischer Belange aus- und größten Herausforderungen der kommenden Jahre sind umgebaut werden. daher die Sanierung der Ver- und Entsorgungssysteme Bei der Planung der Ver- und Entsorgungs- sowie die Anpassung an langfristig rückläufige Ein- infrastruktur sollen die demographische Entwicklung wohnerzahlen. Wenn die Zahl der Nutzer sinkt, wer- sowie die Entwicklung des Tourismus und land- den die Kosten pro Kopf vielerorts steigen. Daher ist wirtschaftlicher Betriebe berücksichtigt werden. bereits bei der Planung besonders darauf zu achten, Aufgrung langfristig sinkender Einwohnerzahlen langfristig kostengünstige Strukturen zu entwickeln. Die soll die Siedlungsentwicklung vorrangig in den Form der Siedlungsentwicklung und organisatorische Siedlungskernen und auf Innenbereichsflächen er- Maßnahmen, wie zum Beispiel die Bildung von Wasser- folgen (¢2.5.2 Absatz 6). Bei neuen Wohngebieten und Bodenverbänden und anderen Zweckverbänden, ist auf kompakte Siedlungsformen zu achten. Wo können maßgeblich zu langfristig kostengünstigen erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll sollen auch Lösungen beitragen. dezentrale Infrastrukturlösungen angestrebt werden. Diese eignen sich insbesondere für Streusiedlungen mit nur wenigen Einwohnerinnen und Einwohnern oder für ländliche Räume mit geringer Siedlungs- dichte und sinkenden Einwohnerzahlen. Bei der Planung und Unterhaltung der Ver- und Entsorgungsinfrastruktur sollen Kommunen die Vorteile interkommunaler Kooperationen und der Bildung von Zweckverbänden nutzen.

2 G In den Regionalplänen sollen Aussagen zur Ver- und Entsorgung räumlich weiter konkretisiert werden.

107 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

5. Ressourcenschutz und Ressourcenentwicklung

5.1 Leitbild

Was wollen wir? Wie kommen wir da hin?

Wir wollen in Schleswig-Holstein Indem wir in Schleswig-Holstein – sowohl landseitig wie im Meer die Funktionsfähigkeit – bei allen zukünftigen Planungen den Grundsatz be- des Naturhaushaltes sowie die Artenvielfalt an Tieren, achten, die natürlichen Grundlagen des Lebens nach- Pflanzen und Lebensgemeinschaften in ihrem gene- haltig zu sichern und, wo erforderlich und möglich, tischen Reichtum nachhaltig sichern, wiederherstellen Maßnahmen zur Sanierung und Regeneration der na- und weiterentwickeln; türlichen – die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur- und Ressourcen einleiten; Kulturlandschaften in ihrem Erlebnis- und Erholungswert – die Qualitäten und Funktionen von Natur- und Kultur- bewahren; landschaften sichern und entwickeln sowie die Biodi- – Luft, Boden und Wasser vor Beeinträchtigungen versität stärken; schützen; – ein landesweites Biotopverbundsystem mit den – einen Beitrag zur Begrenzung des weltweiten NATURA 2000-Gebieten als zentralem Element wei- Klimawandels leisten. ter ausbauen und damit einen wesentlichen Beitrag zu einem europäischen Verbund von Schutzgebieten leisten; – Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen des Klimawandels durch Änderungen der Wassertempe- raturen, des Meeresspiegels und der Sturmhäufigkeit und Sturmstärke auf Meeresräume und Küsten- regionen einzudämmen; – die Gewässer vor Beeinträchtigungen und den Besitz der Menschen vor Hochwasser schützen; – den Waldanteil auf 12 Prozent der Landesfläche erhö- hen; – den Boden in seinen Funktionen erhalten, schützen und sparsam neue Siedlungsflächen ausweisen; – durch Verkehr vermeidende Siedlungsstrukturen und die Förderung des ÖPNV und des Radverkehrs die Belastungen durch Luftschadstoffe und Lärm reduzie- ren; – Energie rationell verwenden und sparsam verbrauchen; – durch den Ausbau regenerativer Energien und durch verbesserte Möglichkeiten der naturverträg- lichen Gewinnung heimischer Rohstoffe sowie die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Land- und Forstwirtschaft mehr heimische Energie und Rohstoffe nutzen.

108 Zum Inhalt

5.2 Natur und Umwelt

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 4 G Oberflächengewässer – einschließlich der Küsten- gewässer – sollen mit ihren Ufern und gegebe- 1 G Die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts soll erhal- nenfalls mit ihren Überschwem­mungsbereichen ten und wo erforderlich wieder hergestellt werden. geschützt und nachhaltig genutzt oder bewirtschaf- Die natürlichen Grundlagen des Lebens sind be- tet werden. Dabei sollen auch ihre Einzugsgebiete sonders zu schützen und zu entwickeln. Natur- und berücksichtigt werden. Ihre biologische Eigenart und Umweltressourcen sind haushälterisch zu nutzen Vielfalt, ihre natürlichen Strukturen, die ökologische und pfleglich zu behandeln. und wasserwirtschaftliche Funktionsfähigkeit sowie Zur Regeneration und Stabilisierung des Natur- die Wasserqualität sollen erhalten oder so verbes- haushalts und zur Erhaltung der Artenvielfalt ist der sert werden, dass ein guter ökologischer und che- landesweite Biotopverbund weiter zu entwickeln mischer Zustand für die Gewässer erreicht wird. und durch geeignete Maßnahmen umzusetzen, so Grundwasser soll als Ressource für Menschen, dass er auch zur Erhaltung und Schaffung ausrei- Tiere und Pflanzen sowie als eigenständiges chend großer störungsarmer Räume beiträgt. Dabei Ökosystem geschützt werden. Die Nutzung der sind auch Querungshilfen bei Bundesfernstraßen zu Grundwasservorkommen soll im Rahmen der berücksichtigen. natürlichen Neubildungsrate, ihrer ökologischen Funktionen und der direkt von ihnen abhängigen 2 G Tiere und Pflanzen und ihre Lebensgemeinschaften Landökosysteme im Hinblick auf deren Wasser- sollen in ihrer gewachsenen Vielfalt sowie in ihrer haushalt erfolgen. Planungen und Maßnahmen, die typischen Verbreitung und natürlichen Entwicklung zur Grundwasserabsenkung und Veränderungen nachhaltig geschützt werden. Dieses gilt auch für der Grundwasserbeschaffenheit führen, sollen ver- die einzelnen Naturräume und Ökosysteme. Soweit mieden werden. nötig und möglich sollen sie regeneriert oder neu Schad- und Nährstoffbelastungen der Gewässer entwickelt werden. Dabei ist der Biotop- und Öko- und des Grundwassers sollen vermieden und bereits systemschutz umzusetzen, der letztlich auch Grund- bestehende Belastungen sollen abgebaut oder be- lage für den Schutz von einzelnen Arten ist. seitigt werden. Die diffusen Einträge von Nähr- und Die herausragende Funktion Schleswig-Holsteins Schadstoffen in die oberirdischen Gewässer und die im europäischen Vogelzuggeschehen soll erhalten Küstengewässer sowohl auf dem direkten Weg als und gestärkt werden. auch über das Grundwasser sollen minimiert werden. In Flusseinzugsgebieten soll für einen vorbeu- 3 G Die naturraumtypischen Landschaften sowie die genden Binnenhochwasserschutz verstärkt auf den Kulturlandschaften / historischen Kulturlandschaften Rückhalt in der Fläche und auf den verlangsamten sollen in ihrer Vielfalt, Eigenheit und Schönheit Abfluss des Wassers hingewirkt werden ¢( 5.5). sowie in ihrem Erholungs­wert geschützt und zur Regeneration und Stabilisierung des Natur- 5 G Der Boden soll in seinen natürlichen Funktionen, haushalts sowie zur Stär­kung der Identität und Wirt- seiner Funktion als Archiv der Natur- und Kulturge- schaftskraft entwickelt werden. Zur Erhaltung der schichte sowie in seinen Nutzungsfunktionen nach- Kulturlandschaften / historischen Kulturlandschaften haltig gesichert, in seiner Entwicklung gefördert und soll neben Maßnahmen zur Strukturierung auch die erforderlichenfalls wiederhergestellt werden. Daher standortgerechte landwirtschaftliche Nutzung dienen. sollen Nutzung und Inanspruchnahme von Boden Die kulturhistorischen und landschaftlichen durch Versiegelung, Abgrabung und Aufschüttung Besonderheiten der Küstenräume sollen als schonend und sparsam erfolgen. Identität stiftende Merkmale für die maritime Bei der Nutzung des Bodens soll die Leistungs- Landschaft erhalten werden. Der freie Blick auf fähigkeit und Empfindlichkeit des Bodens berück- das Meer und den unverbauten Horizont soll weit- sichtigt werden. Nutzungsbedingte Bodenerosion, gehend als Landschaftserlebnis erhalten werden. Bodenverdichtung und der Verlust organischer Die Meeresökosysteme sollen als Wert an sich Substanz sowie die Überlastung der Regelungs- und als Lebensgrundlage der Menschen in den funktion des Bodens im Nährstoffhaushalt sollen Küstenregionen geschützt und erhalten werden. durch landschaftsgestalterische Maßnahmen und Meeresküsten, Binnenseen und ihre Ufer, Wälder standortgerechte Bodennutzung vermieden werden. sowie sonstige Gebiete von besonderer Schönheit und Diffuse Schadstoffeinträge, insbesondere Einträge Eigenart sollen für die Allgemeinheit zugänglich sein, von Schwermetallen, organischen Schadstoffen soweit nicht andere vorrangige Ziele entgegenstehen. und Säurebildnern, in den Boden sollen durch

109 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Maßnahmen des Immissionsschutzes weiter mini- Begründung miert und an ihrem Emissionsort begrenzt oder mini- miert werden. B zu 1 - 3 Zukünftig nicht mehr baulich genutzte Flächen sol- Zu den natürlichen Grundlagen des Lebens zählen vor len entsiegelt und Abgrabungen und Aufschüttungen allem die in komplexen Ökosystemen zusammenwir- sowie entsiegelte Flächen rekultiviert oder renaturiert kenden Naturgüter und -kräfte, die auf Nutzungsansprüche werden, so dass die Böden natürliche oder nutzungs- sensibel reagieren können. Nutzungen müssen so bezogene Funktionen erfüllen können. Schädliche ausgestaltet werden, dass die Funktionsfähigkeit des Bodenveränderungen und Altlasten sollen so saniert Naturhaushalts erhalten bleibt und eine nachhaltige werden, dass dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nutzungsfähigkeit der Naturgüter gewährleistet ist. Die Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Erhaltung der für den Naturraum charakteristischen na- Einzelnen oder die Allgemeinheit von ihnen ausge- türlichen und naturnahen sowie über den Biotopverbund hen. Durch eine vorrangige Altlastenbehandlung auf miteinander vernetzten Ökosystemtypen dient gleichzeitig Industriebrachen soll deren Wiedernutzbarmachung der Artenvielfalt sowie dem Schutz der Lebensräume. beschleunigt werden. Die NATURA 2000-Gebiete bilden dabei die zentralen Archäologische Denkmäler, die im Boden ver- Bestandteile des landesweiten Biotopverbundes. borgen sind, sollen erhalten werden. Soweit dies Um die Zerschneidung von Lebensräumen beim Neu- nicht möglich ist, sollen sie geborgen, gesichert und und Ausbau von Bundesfernstraßen zu minimieren, sollen dokumentiert werden, um ihren wissenschaftlichen aus naturschutzfachlicher Sicht unterschiedlich dimensi- Wert zu erhalten. Geomorphologische Formationen, onierte und standörtlich angepasste Querungshilfen im die das Wirken der Eiszeit in Schleswig-Holstein in Bereich der im Anhang 6 aufgeführten landesweit be- exemplarischer Weise verdeutlichen, sollen als he- deutsamen Lebenskorridore berücksichtigt werden. rausragende Landschaftselemente erhalten werden. Um die heimischen Tier- und Pflanzenarten dauer- haft erhalten zu können, sind die für sie notwendigen 6 G Zur langfristigen Vorsorge sollen Beeinträchtigungen Lebensräume zu sichern und zu entwickeln. Wegen der des Klimas vermieden werden. Zum Schutz des reichen Naturausstattung des Landes bestehen neben Klimas sollen die Emissionen von Treibhausgasen nationalen insbesondere internationale Verpflichtungen durch eine auf Siedlungsschwerpunkte ausgerichte- (FFH, EU-Vogelschutzrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie, te Siedlungsstruktur und geeignete technische und Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, Helsinki- und OSPAR- infrastrukturelle Maßnahmen, vor allem im Energie-, Konvention, Trilaterale Wattenmeer-Zusammenarbeit, Bau- und Verkehrsbereich, reduziert werden. Ein Ramsar-Konvention) zum Erhalt der wertvollen Tier- und besonderer Schwerpunkt sollen hier der weitest Pflanzenarten sowie ihrer Lebensräume. mögliche Ausbau und die Förderung regenerativer Schleswig-Holstein, bedingt durch seine Lage zwi- Energieträger sein. schen Nord- und Ostsee, zwischen Skandinavien Die natürlichen Voraussetzungen zur Erhaltung und Mitteleuropa sowie der Lage am Wattenmeer, und Verbesserung der lokalen Klimaverhältnisse ist Drehscheibe des nord- und mitteleuropäischen sowie der Lufthygiene sollen bei allen Planungen Vogelzuges. Mehrere Millionen Entenvögel, Watvögel und Maßnahmen berücksichtigt werden. Bei der und Möwen sowie 50 bis 100 Millionen Singvögel que- Inanspruchnahme von Flächen für Bauvorhaben sollen ren alljährlich das Gebiet. Gleiches gilt für Millionen von Beeinträchtigungen klimatischer Ausgleichsleistungen, Wasser- und Küstenvögeln sowie für Greifvögel. Hierbei insbesondere der Luftaustauschbedingungen, ver- nutzen die Vögel den Küstenmeerbereich wie auch die mieden werden. Die Belastung der Luft mit Schad- Landflächen als Überwinterungs- und Durchzugsgebiet stoffen einschließlich Staub und durch Lärm soll (Heim- und Wegzug in und aus den arktisch/skandina- vermindert oder möglichst gering gehalten werden. vischen Brutgebieten). Moore und Wälder als besonders ausgewiesene Natur und Landschaft charakterisieren in ihrer

CO2-Senken sollen geschützt und weiterentwickelt Eigenart und Vielfalt das Land. Der Schutz von werden. Natur und Landschaft dient der Sicherung der natür- lichen Grundlagen des Lebens und damit auch der Lebensqualität der Menschen. Eingriffe in Natur und Landschaft sind daher auf ihre Notwendigkeit zu über- prüfen und so gering wie möglich zu halten beziehungs- weise durch geeignete Maßnahmen auszugleichen.

110 Zum Inhalt

Die heutige Kulturlandschaft mit ihren Dörfern und Lebensgrundlage, die es gilt, nachhaltig zu bewirt- Städten und insbesondere das heutige Landschaftsbild schaften. Mit der im Jahr 2000 in Kraft getretenen sind das Ergebnis von Naturprozessen, der vom Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) werden die Gewässer Menschen gestalteten Natur, Landschaft und Siedlungen in ihrer funktionalen Gesamtheit (Flusseinzugsgebiete / sowie der aktuellen Landnutzungsformen. Sie be- Flussgebietseinheiten) betrachtet. Die Oberflächen- stimmen maßgeblich den Charakter des Landes und gewässer weisen insbesondere in ihrer ökologischen bilden eine wichtige Grundlage für die Freizeit- und Qualität Defizite auf, die Grundwasserkörper in ihrer Erholungsnutzung und stellen damit nicht nur ein öko- chemischen Qualität. Die Küstengewässer weisen logisch, sondern auch ökonomisch wertvolles Potenzial insbesondere überhöhte Nährstoffkonzentrationen dar, das es zu erhalten und zu nutzen gilt. Dies gilt auf. Die Umsetzung der unter breiter Beteiligung sowohl für Kulturlandschaften im Allgemeinen als auch der Öffentlichkeit bis 2009 verabschiedeten Bewirt- für die historischen Kulturlandschaften im Speziellen. schaftungspläne und Maßnahmenprogramme soll bis Hierzu dienen Maßnahmen zur Strukturierung der 2015 erfolgen. Landschaft, eine standortgerechte Landwirtschaft (zum Übermäßige Wasserentnahmen und Beeinträch- Beispiel Vermeidung von Grünlandumbruch, Erhalt der tigungen der Wasserbeschaffenheit belasten den kleinstrukturellen Vielfalt durch Erhalt des Knicknetzes Wasserhaushalt und die davon abhängigen Öko- einschließlich fachgerechter Pflege) sowie Maßnahmen systeme. Vor allem in stark wasserabhängigen zur Sanierung der Landschaft (Landschaftsbild). Zum Landschaftsteilen führen Grundwasserabsenkungen Erhalt und zur Entwicklung von Kulturlandschaften zählt zu veränderten Standortbedingungen und damit auch die Bewahrung und Entwicklung von historischen zu einer nachhaltigen Schädigung der auf hohe Kulturlandschaften, wie zum Beispiel der Landschaft prä- Grundwasserspiegel angewiesenen Pflanzen- und genden Knicklandschaft in Schleswig-Holstein. Tierwelt (¢5.4). In Schleswig-Holstein haben sich an Nord- und Ostsee Die Gewässer haben eine besondere Bedeutung als unterschiedliche Natur- und Kulturlandschaften entwi- zentrale Elemente des landesweiten Biotopverbunds. ckelt. Insbesondere das Wattenmeer an der Westküste Wenn Gewässer eine besondere Bedeutung als Schleswig-Holsteins stellt sich in seiner Art als ein auf Wasserstraßen oder für den Wassersport und -touris- der ganzen Welt einmaliger Landschaftsraum dar und mus haben, ist eine besondere Berücksichtigung der ist als Nationalpark und Biosphärenreservat geschützt. daraus resultierenden Anforderungen bei der Planung Es ist Zeuge einer besonderen Besiedlungsgeschichte, von gewässerschonenden Unterhaltungs-, Ausbau- und die durch die Naturgewalten des Meeres bestimmt ist. Neubaumaßnahmen erforderlich. Das Landschaftsbild, die Artenvielfalt und das Kulturgut Der Druck auf die natürlichen Ressourcen, die dieses Raumes tragen wesentlich zur Identität der Inanspruchnahme der Meeresökosysteme und die Bewohnerinnen und Bewohner bei und haben eine hohe Belastung der Meeresumwelt sind weiterhin zu hoch. Attraktivität für Touristen. Mit der am 15. Juli 2008 in Kraft getretenen europä- Schleswig-Holstein zeichnet sich insbesondere ischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL), der durch seine Lage zwischen zwei Meeren aus. Dieses Umweltsäule der europäischen Meerespolitik (Blaubuch Alleinstellungsmerkmal ist eine entscheidende Grund- zur integrierten Meerespolitik), soll der Zustand der lage für verschiedene Wirtschaftsbereiche, insbe- Meeresumwelt verbessert werden. Die Steuerung sondere den Tourismus. Es ist daher von großer menschlichen Handelns folgt dabei dem Ökosystem- Bedeutung, die Erlebnismöglichkeiten der maritimen Ansatz. Durch nationale Meeresstrategien mit ent- Natur und Landschaft sowie des offenen Meeres als sprechenden Maßnahmenprogrammen soll in den charakteristisches Landschaftsbild zu erhalten und vor europäischen Meeresregionen (Ostsee, Nordostatlantik, Beeinträchtigungen zu schützen. Dieses gilt auch für Mittelmeer, Schwarzes Meer) bis zum Jahr 2020 ein Buchten und Förden. guter Zustand der Meeresumwelt erreicht werden. Eine Die Zugänglichkeit von besonderen Landschaftsele- Koordination und Harmonisierung der Meeresstrategien menten für die Allgemeinheit soll soweit möglich mit den Nachbarstaaten in den Meeresregionen ist dafür gesichert werden, um Natur und Landschaft in ihrer erforderlich. Eigenart, Vielfalt und Schönheit erleben zu können. B zu 5 B zu 4 Der Boden nimmt eine Vielzahl von Funktionen im Gewässer sind ein wesentliches Element des Natur- Naturhaushalt sowie für den Menschen und die haushalts und der Landschaft und bilden zum Gesellschaft wahr. Um Boden als nicht vermehrbares Beispiel als Trinkwasserreservoir eine wichtige Naturgut und Lebensraum zu bewahren, sind ein wirk-

111 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

5.2.1 Vorranggebiete für den Naturschutz

samer Schutz und eine schonende Bodennutzung erfor- Grundsätze und Ziele der Raumordnung derlich (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG). Die hohe Flächeninanspruchnahme verursacht unter an- 1 Z Als Vorranggebiete für den Naturschutz sind in den derem hohe Verluste beziehungsweise Einschränkungen Regionalplänen darzustellen: der Bodenfunktionen, die auch Auswirkungen auf an- – der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches dere Bereiche des Naturhaushalts, wie zum Beispiel Wattenmeer; das Rückhaltevermögen von Niederschlagswasser in – bestehende Naturschutzgebiete (NSG); den Einzugsgebieten, haben. Andererseits existieren – gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 30 zahlreiche ehemals vom Menschen genutzte Standorte, BNatSchG in Verbindung mit § 21 LNatSchG die nach fachgerechter Entsiegelung beziehungsweise über 20 Hektar; Rekultivierung wieder Bodenfunktionen übernehmen – Gebiete des Netzes NATURA 2000 sowie und somit zur Kompensation der aktuellen Verluste von Gebiete über 20 Hektar, die die Voraussetzungen Bodenfunktionen beitragen können. Altstandorte kön- für eine Unterschutzstellung als NSG nach § 23 nen nach fachgerechter Altlastenbehandlung wieder BNatSchG in Verbindung mit § 13 LNatSchG er- Nachnutzungen wahrnehmen, Bodenfunktionen erfüllen füllen und die einstweilig sichergestellt sind und/oder dem Flächenverbrauch entgegen­wirken. (§ 22 BNatSchG in Verbindung mit § 12 LNatSchG) Für einen sparsamen und schonenden Umgang oder bei denen ein weitestgehender Anteil an mit dem Schutzgut Boden gewinnen die vorrangige gesetzlich geschützten Biotopen (§ 30 BNatSchG Inanspruchnahme bereits versiegelter oder vorbelasteter in Verbindung mit § 21 LNatSchG) vorhanden ist. Böden für Baumaßnahmen, die bessere Zuordnung Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Watten- der Verkehrs- und Siedlungsnutzung zueinander zur meer ist in der Hauptkarte als Vorranggebiet für den Reduzierung von Funktionstrennungen, die Bündelung Naturschutz dargestellt. von Trassen, die geringe und bedarfsgerechte Aus- weisung und Nutzung von neuem Bauland und die 2 Z In den Vorranggebieten für Naturschutz hat der Entsiegelung von nicht mehr benötigten Flächen zuneh- Schutz der Natur in ihrer Gesamtheit oder in einzel- mend an Bedeutung. nen Teilen Vorrang vor allen anderen Nutzungen, Fachübergreifende Aufgaben des Bodenschutzes soweit die oben genannten Vorschriften keine Aus- können durch die Raumordnung wahrgenommen wer- nahmen gestatten. den, indem diese dazu beiträgt, dass die Vielzahl von Ansprüchen an den Boden koordiniert wird und der Boden in seiner Leistungsfähigkeit und als Fläche für Begründung Nutzungen aller Art nachhaltig gesichert oder wieder hergestellt wird. B zu 1, 2 Die Vorranggebiete stellen Bereiche für eine überwie- B zu 6 gend naturnahe Entwicklung dar. Die Ausweisung Beiträge zur Reduktion von Treibhausgasen sind als bedeutet in der Regel nicht den Ausschluss jeglicher übergreifende Aufgabe der Landesentwicklung zu ver- anderer Ansprüche (im Sinne eines generellen stehen. Diese verfügt über eine Reihe von Instrumenten, Nutzungsverbotes), sondern lediglich derjenigen, die um auf das klimapolitisch wünschenswerte Emissions- mit den Schutz- beziehungsweise den Erhaltungszielen niveau hinzuwirken. Einige davon werden in Absatz 6 nicht vereinbar sind. Bei den durch Verordnung bereits in generalisierender Form aufgezählt. Darüber hinaus festgelegten Gebieten gelten die Bestimmungen der werden in den fachlichen Einzelabschnitten des LEP entsprechenden Rechtsvorschriften. Für Gebiete nach zum Teil konkretisierende Zielsetzungen und Grundsätze Absatz 1 dritter Aufzählungspunkt, bei denen ein wei- aufgestellt. testgehender Anteil an gesetzlich geschützten Biotopen Das Land verfügt über günstige klimatische und luft- gefordert wird, um diese Gebiete als Vorranggebiet aus- hygienische Voraussetzungen, die wichtig für den zuweisen, wird in der Regel ein Anteil von rund Menschen allgemein, aber auch für bestimmte Wirt- 80 Prozent an gesetzlich geschützten Biotopen voraus- schaftszweige und für den Biotop- und Artenschutz gesetzt oder die Flächen in diesen Gebieten befinden sind. Zur Erhaltung dieser Situation beziehungsweise sich überwiegend im Eigentum der Stiftung Naturschutz. zur Verbesserung des Lokalklimas sind die Wälder, das Knicknetz und Feuchtgebiete in der Agrarflur, die Oberflächengewässer sowie innerörtliche Grünflächen als klimatische Regulationsfaktoren von großer Be- deutung.

112 Zum Inhalt 5.2.2 Vorbehaltsräume und Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft

Grundsätze und Ziele der Raumordnung 4 G In diesen Gebieten sollen Maßnahmen und Planungen nur durchgeführt werden, wenn sie 1 G Der LEP stellt in der Hauptkarte großflächig Vor- Naturhaushalt und Landschaftsbild nicht grund- behaltsräume für Natur und Landschaft dar. Sie um- legend belasten und nicht zu einer endgültigen fassen großräumige, naturraumtypische, reich mit Veränderung der Landschaftsstruktur führen. naturnahen Elementen ausgestattete Landschaften Derartige Eingriffe sind nur dann hinnehmbar, wenn sowie Biotopverbundachsen auf Landesebene. Sie sie im überwiegenden öffentlichen Interesse erfor- dienen als Planungsgrundlage für ganzheitliche derlich sind und angemessen ausgeglichen werden. Schutzansätze sowie zur Entwicklung großflä- . chiger naturbetonter Landschaftsbestandteile und 5 G Die Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft Kulturlandschaften mit ihren charakteristischen sollen im Rahmen der kommunalen Planungen Lebensräumen und Lebensgemeinschaften. Dieses berücksichtigt werden. Dabei soll eine überörtliche gilt auch für die schleswig-holsteinischen Küsten an Abstimmung angestrebt werden. Die entlang des Nord- und Ostsee sowie für die Uferbereiche der Nord-Ostsee-Kanals zwischen Brunsbüttel und Unterelbe (¢1.2 Absatz 1). der Landeshauptstadt Kiel festgelegte Biotop- verbundachse soll weitgehend freigehalten werden. 2 Z In den Regionalplänen sind diese Räume weiter differenzierend als Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft darzustellen. Im Einzelnen sind einzube- ziehen und darzustellen: – Gebiete über 20 Hektar, die die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung gemäß § 23 BNatSchG in Verbindung mit § 13 LNatSchG er- füllen, soweit sie nicht bereits als Vorranggebiet gemäß Ziffer 5.2.1 Absatz 1 dargestellt sind; – NATURA 2000-Gebiete (soweit nicht Vorrang- gebiete für den Naturschutz); – Gebiete für den Biotopverbund (Schwerpunkt- bereiche und Hauptverbundachsen); – Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung nach der Ramsar-Konvention und – Geotope. Die Festsetzungen in den Regionalplänen kön- nen auch Flächen umfassen, die im LEP nicht als Vorbehaltsräume nach Absatz 1 dargestellt sind oder derzeit unter einer Sondernutzung stehen.

3 G Die Vorbehaltsgebiete sollen der Entwicklung und Erhaltung ökologisch bedeutsamer Lebensräume und zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Naturhaus­halts dienen. Sie sollen räumlich so an- geordnet werden, dass ein räumlicher Verbund oder eine funktionale Vernetzung verschiedener Biotoptypen hergestellt wird. Dabei sind eine Erweiterung der Biotope um Entwicklungs- bezie- hungsweise Pufferzonen sowie die Entwicklung von naturraumtypischen Biotopkomplexen anzustreben. Sie sollen in ihrer typischen Landschaftsstruktur möglichst erhalten bleiben.

113 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung Die NATURA 2000-Gebiete sind ein wesentliches Element des angestrebten Biotopverbundes. Dieser stellt B zu 1 - 5 einen zentralen Teil der langfristig angelegten Strategie Zum Reichtum des Landes gehört auch die Vielzahl des Landes dar, um die biologische Vielfalt zu erhalten an Tier- und Pflanzenarten mit ihren Lebensräumen, und den Folgen einer Zerschneidung und Verinselung also die biologische Vielfalt. Ihre Bedeutung ist dabei für den Naturhaushalt entgegenzuwirken. Aus diesem nicht ausschließlich naturschutzfachlicher Art, sondern Grund werden die marinen NATURA 2000-Gebiete auch sie besteht auch in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, in die entsprechenden Schutzgebietsnetze der regio- kultureller, erzieherischer und ästhetischer Hinsicht. nalen Meeresübereinkommen integriert und dabei die Schleswig-Holstein trägt wie alle anderen Regionen Anforderungen der zugehörigen EU-Richtlinien zugrun- Europas Verantwortung, die hier wild lebenden Tiere de gelegt. und Pflanzen zu schützen und die natürlichen und na- Die Festsetzung der Vorbehaltsräume für Natur und turnahen Lebensräume zu bewahren, wiederherzustellen Landschaft im LEP erfolgte daher auf der Grundlage und weiterzuentwickeln. der im Landschaftsprogramm Schleswig-Holstein 1999 Die europäische Vogelschutz- und die FFH-Richtlinie dargestellten Schwerpunkt- und Achsenräume des sehen die Sicherung von Schutzgebieten vor. Gemeinsam Schutzgebiets- und Biotopverbundsystems der landes- bilden diese das zusammenhängende ökologische Netz weiten Planungsebene sowie der bestehenden und ge- NATURA 2000 (¢Abbildung 7). Mit diesem europawei- meldeten NATURA 2000-Gebiete in Schleswig-Holstein. ten Verbund von Schutzgebieten sollen die natürlichen Auf die Darstellung von Verbundachsenräumen in den Lebensräume sowie wild­ lebenden Tiere und Pflanzen in Uferzonen der Küsten wurde bewusst verzichtet, da die den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft erhalten und ge- Zielsetzungen hier generell gelten. gebenenfalls wiederhergestellt werden.

Abbildung 7: NATURA 2000-Gebiete (Stand Dezember 2008)

114 Zum Inhalt 5.3 Regionale Grünzüge und Grünzäsuren 5.3.1 Regionale Grünzüge

Die Darstellung der Vorbehaltsgebiete für Natur und Grundsätze und Ziele der Raumordnung Landschaft in den Regionalplänen soll auf der Basis der in den noch gültigen Landschaftsrahmenplänen 1 Z In den Ordnungsräumen (¢1.3) kommt dem langfri- dargestellten Schutzgebietskategorien erfolgen, bis stigen Schutz unbesiedelter Freiräume eine beson- diese durch ein neues Landschaftsprogramm er- dere Bedeutung zur Sicherung eines ausgewogenen setzt werden. Die aufgezählten Elemente der Land- Verhältnisses zwischen Siedlungsansprüchen und schaftsplanung werden in den Regionalplänen zur ökologischer Qualitätssicherung des Raums zu. Vorbehaltsgebietskategorie zusammengefasst. Sie Daher sind in den Regionalplänen außerhalb der umfassen naturbetonte Lebensräume zum Schutz der Siedlungsachsen und besonderen Siedlungsräume besonders gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und zur (¢2.4.1) regionale Grünzüge auszuweisen. Diese Sicherung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. dienen als großräumig zusammenhängende Die Festsetzungen in den Regionalplänen können Freiflächen aufgrund der differenzierteren Darstellung auch Flächen – der Gliederung der Ordnungsräume (¢1.3); umfassen, die im LEP nicht dargestellt sind oder die – dem Schutz der Landschaft vor einer großräu- unter einer (militärischen) Sondernutzung (zum Beispiel migen Zersiedelung (¢2.7); Standortübungsplätze) stehen, sofern hier hinreichende – der Sicherung und Entwicklung wertvoller ökologische Flächenpotenziale bestehen. Damit soll eine Landschaftsbereiche (¢5.2); raumordnerische Sicherung dieser Flächen für Natur – dem Geotopschutz (¢5.2); und Landschaft für den Fall einer Aufgabe dieser (militä- – dem Grundwasserschutz (¢5.4); rischen) Liegenschaften bewirkt werden. – der Klimaverbesserung und Lufthygiene (¢5.2) Mit der Darstellung als Vorbehaltsgebiet für Natur sowie und Landschaft sind unmittelbar keine Nutzungsein- – der siedlungsnahen landschaftsgebundenen schränkungen verbunden. So kann insbesondere nach Erholung (¢3.7). wie vor ordnungsgemäße Land- und Forstwirtschaft betrieben werden. Entsprechende Einschränkungen 2 Z In den Regionalplänen sind in den Schwerpunkt- können nur im Rahmen von Rechtsverordnungen erfol- räumen für Tourismus und Erholung – soweit kei- gen. Darüber hinausgehende Nutzungsvereinbarungen ne Baugebietsgrenzen dargestellt werden – zum können nur auf freiwilliger Grundlage einvernehmlich mit Schutz des Freiraums gegenüber einer planmäßigen den jeweiligen Grundeigentümern / Nutzungsberech- Siedlungsentwicklung regionale Grünzüge darzustel- tigten getroffen werden. Jedoch ist in den Gebieten len (¢3.7.1 Absatz 4). bei der Abwägung mit anderen Nutzungsansprüchen der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts besonderes 3 Z In den regionalen Grünzügen darf nicht planmäßig Gewicht beizumessen. gesiedelt werden. Es sind nur Vorhaben zuzulassen, Bei NATURA 2000-Gebieten, die als Vorbehaltsge- die mit den Funktionen dieser Gebiete entsprechend biete für Natur und Landschaft dargestellt werden, gilt Absatz 1 vereinbar sind oder die im überwiegenden der gesetzliche Schutz von NATURA 2000-Gebieten öffentlichen Interesse stehen. gemäß § 33 BNatSchG uneingeschränkt. Die Kommunen sollen die entsprechenden Flächen 4 G Bei allen Planungen und Maßnahmen sollen der Vorbehaltsgebiete für Natur und Landschaft in der – sowohl die Funktionsfähigkeit der regionalen örtlichen Landschaftsplanung weiter konkretisieren und Grünzüge insgesamt durch eine überörtliche Abstimmung sicherstellen, dass – als auch die verschiedenen, sich teilweise überla- der Biotopverbund verwirklicht werden kann. gernden ökologisch bedeutsamen Funktionen der Im Bereich des Nord-Ostsee-Kanals soll im Rahmen Teilbereiche der Grünzüge der kommunalen Bauleitplanung darauf geachtet wer- berücksichtigt werden. Bodennutzungen sollen die den, dass die Bebauung möglichst nur im Bereich der ökologischen Funktionen der regionalen Grünzüge Ober- und Mittelzentren an die Uferbereiche des Nord- so wenig wie möglich beeinträchtigen. Ostsee-Kanals heranreicht, so dass er als zusammen- hängender landschaftlicher Freiraum erhalten und wahr- 5 G Eine Verbindung der regionalen Grünzüge mit über- nehmbar bleibt. örtlich bedeutsamen Grünzäsuren (¢5.3.2) und mit örtlichen oder innerörtlichen Grünbereichen soll im Rahmen der kommunalen Landschafts- und Bauleitplanung angestrebt werden.

115 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

Begründung Für die regionalen Grünzüge besteht ein generelles Freihaltegebot. Dies bedeutet, dass innerhalb der regio- B zu 1 - 5 nalen Grünzüge keine weitere Siedlungstätigkeit stattfin- Regionale Grünzüge sind prinzipiell multifunktional be- den soll (keine planmäßige Besiedelung). Dazu gehören gründet, das heißt sie umfassen eine größere Anzahl auch die Ausweisung und Errichtung von Wochenend- unterschiedlich geprägter Freiraumfunktionen und deren und Ferienhausgebieten, Campingplätzen, großen bau- Wechselwirkungen untereinander. lichen Freizeiteinrichtungen und sonstigen landschafts- Aus der höheren Siedlungsdichte, dem höheren fremden baulichen Einzelanlagen sowie großflächigen Siedlungsflächenanteil, der stärkeren Arbeitsplatzkonzen- Infrastruktureinrichtungen (¢3.7.3). Nicht privilegierte tration sowie der Entwicklungsdynamik der Ordnungs- Vorhaben im Sinne des § 35 Absatz 2 BauGB beein- räume gegenüber den ländlichen Räumen resultieren trächtigen in der Regel die Funktionen der regionalen besondere Anforderungen an die Freiraumsicherung. Grünzüge. Privilegierte Vorhaben im Außenbereich ge- Mit dem regionalplanerischen Instrument der regionalen mäß § 35 Absatz 1 BauGB bleiben hiervon unberührt. Grünzüge wird der Aufgabe der vorsorgenden Sicherung Rohstoffgebiete, die in regionalen Grünzügen liegen, von Freiräumen und Freiraumfunktionen in dicht besiedel- sollen die ökologischen Funktionen der Grünzüge mög- ten Räumen sowie in Schwerpunkträumen für Tourismus lichst wenig beeinträchtigen. und Erholung Rechnung getragen. Darüber hinaus ist auch eine qualitative Sicherung der Freiraumfunktionen notwendig. Landschafts- nutzungen sollen möglich bleiben, sie dürfen jedoch nicht zu Beeinträchtigungen der Qualität der Freiräume führen. Die Abwägung von Vorhaben, die im über- wiegenden öffentlichen Interesse stehen, bezieht Standortalternativen mit ein. Sofern Einrichtungen der technischen Infrastruktur in den regionalen Grünzügen unvermeidbar sind, sind diese so auszuführen, dass die Funktionsfähigkeit des Grünzugs erhalten bleibt. In das zusammenhängende Freiraumsystem der re- gionalen Grünzüge sind insbesondere Flächen einzube- ziehen, die aufgrund ihrer besonderen ökologischen und naherholungsbezogenen Funktionen sowie aus raum- struktureller Sicht als besonders wertvoll einzustufen sind. Konkret können zu regionalen Grünzügen Gebiete mit folgenden Merkmalen gehören: – besondere Eignung für die Erholung aufgrund der landschaftlichen Voraussetzungen; – besondere Bedeutung für den Arten- und Biotop- schutz (festgesetzte NSG oder Gebiete, die die Voraussetzungen für eine Festsetzung als NSG besitzen, größere Biotope); – besondere Bedeutung für den Grundwasserschutz; – erhaltenswerte Geotope; – zusammenhängende Waldgebiete; – zusammenhängende Freiräume.

116 Zum Inhalt 5.4 Grundwasserschutz 5.4.1 Vorranggebiete für den 5.3.2 Grünzäsuren Grundwasserschutz

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 Z Zur Gliederung der Siedlungsentwicklung auf den 1 Z Als Vorranggebiete für den Grundwasserschutz Siedlungsachsen in den Ordnungsräumen (¢2.4.1) sind in den Regionalplänen bereits festgesetzte und zur Vernetzung regionaler Freiräume sind Wasserschutzgebiete mit ihren äußeren Grenzen in den Regionalplänen überörtlich bedeutsame (Schutzzone III) für die Einzugsbereiche von Grünzäsuren auszuweisen. Sie dienen der ortsnahen Wassergewinnungsanlagen darzustellen. Erholung sowie der Klimaverbesserung und können darüber hinaus auch besondere Funktionen inner- 2 Z In den Vorranggebieten für den Grundwasserschutz halb eines Biotopverbundsystems übernehmen. sind zum Zweck der nachhaltigen Sicherung der Trinkwasserversorgung alle anderen Nutzungs- 2 G In den Regionalplänen können auch innerhalb der ansprüche der Sicherung der Qualität und der Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen Räumen Nutzungsmöglichkeit der Grundwasservorkommen (¢1.5) überörtlich bedeutsame Grünzäsuren ausge- unterzuordnen. wiesen werden. Bei der Nutzung der Grundwasservorkommen darf die Entnahmemenge die Neubildungsrate nicht 3 Z Die Grünzäsuren sind generell von einer Bebauung übersteigen. Die Grundwasserförderung hat sich am freizuhalten. Die Ziele und Grundsätze für regionale regionalen Bedarf oder soweit erforderlich am über- Grünzüge (¢5.3.1 Absatz 3 bis 5) gelten hier ent- regionalen Bedarf zu orientieren. sprechend. Begründung Begründung B zu 1, 2 B zu 1 - 3 Vorranggebiete für den Grundwasserschutz umfassen Grünzäsuren sollen das ungegliederte, bandartige bereits festgesetzte Wasserschutzgebiete. Sie sollen Zusammenwachsen einzelner Siedlungskörper auf die Wasservorräte sichern und die Versorgung der Siedlungsachsen verhindern. Sie sind insbesondere Bevölkerung und Wirtschaft mit Trinkwasser sicherstel- ein Gliederungselement der Siedlungsachsen. Sie len. Der Vorrang gegenüber anderen Nutzungen nimmt orientieren sich im Allgemeinen an vorhandenen entsprechend der Gliederung der Wasserschutzgebiete Niederungsgebieten, Bachläufen, bewaldeten oder in Schutzzonen mit zunehmender Entfernung von parkähnlichen Flächen, Bereichen, die eine besondere der Wassergewinnungsanlage ab. Für geplante Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz beziehungs- Wasserschutzgebiete kann wegen der nicht hinrei- weise den überörtlichen Biotopverbund haben, oder chend determinierten Abgrenzung noch kein gesetzlich anderen besonderen landschaftlichen Elementen. In verbindlicher Vorrang gegenüber anderen Nutzungen ihrer Wirkung entsprechen die Grünzäsuren den regio- begründet werden. Die Verfahren zur Festsetzung nalen Grünzügen im größeren Maßstab. In diesen Zonen von Wasserschutzgebieten sind daher zügig durch- können jedoch in der Regel öffentliche Nutzungen zuführen. Bei den durch Verordnung festgesetzten vorgesehen werden, die dem Charakter dieser für die Gebieten gelten die Bestimmungen der entsprechenden Erholung der Bevölkerung und für das Stadtbild wesent- Rechtsvorschriften. lichen Grünräume entsprechen. Sie sollen gleichzeitig Verbindungselemente zu Biotopverbundachsen sein oder kleinklimatische Funktionen (Frischluftschneisen) übernehmen. Die schematischen Darstellungen in den Regionalplänen bedürfen einer Konkretisierung in Landschaftsplänen beziehungsweise Bauleitplänen der Gemeinden.

117 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt 5.5 Binnenhochwasserschutz 5.4.2 Vorbehaltsgebiete für 5.5.1 Vorranggebiete für den den Grundwasserschutz Binnenhochwasserschutz

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Grundsätze und Ziele der Raumordnung

1 Z Als Vorbehaltsgebiete für den Grundwasserschutz 1 Z In den Regionalplänen sind als Vorranggebiete (Wasserschongebiete) sind in den Regionalplänen für den vorbeugenden Binnenhochwasserschutz solche Gebiete auszuweisen, die für die Sicherung die zur Regelung des Hochwasserabflusses im der Trinkwasserversorgung sowie zur nachhaltigen Binnenland erforderlichen Flächen (Überschwem- Sicherung des Wasserhaushaltes, insbesondere des mungsbereiche) auszuweisen. Hierzu gehören: Grundwassers, von Bedeutung sind. – durch Rechtsverordnung festgesetzte Überschwemmungs­gebiete; Begründung – Gebiete zwischen den Flüssen und ihren Deichen, die nach dem Wasserrecht per Legaldefinition als B zu 1 Überschwemmungsgebiet festgesetzt sind, Die Vorbehaltsgebiete für den Grundwasserschutz sowie umfassen die geplanten Wasserschutzgebiete und – weitere potenzielle Überschwemmungsgebiete. die Einzugsgebiete der Grundwassererfassungen grö- ßerer öffentlicher Wasserversorgungsunternehmen 2 Z Die Vorranggebiete für den vorbeugenden Binnen- (Wasserschongebiete). In den Vorbehaltsgebieten hochwasserschutz sind in ihrer natürlichen Funktion kommt neben der Sicherung der öffentlichen Wasser- als Überschwemmungs­bereiche zu erhalten und versorgung dem Gesichtspunkt des vorsorgenden langfristig zu sichern. Durch die Ausweisung als Grundwasserschutzes bei der Abwägung mit anderen Vorranggebiet wird der auf der Maßstabsebene Nutzungsansprüchen ein besonderes Gewicht zu. Die der Regionalpläne weitestgehend räumlich sowie Vorbehaltsgebiete für den Grundwasserschutz sind nach sachlich konkretisierten Nutzung für den vorbeu- dem jeweiligen hydro-geologischen Kenntnisstand ab- genden Hochwasserschutz der Vorrang eingeräumt. gegrenzt. Andere Planungen und Maßnahmen können nur realisiert werden, wenn sie mit dem vorbeugenden Hochwasserschutz vereinbar sind.

Begründung

B zu 1 Die raumordnerische Darstellung von Überschwem- mungsbereichen erfolgt in den Regionalplänen aufgrund des Planungsmaßstabes nicht mit der Genauigkeit, wie sie zur wasserrechtlichen Festsetzung der Überschwemmungsgebiete erforderlich ist. Die Überschwemmungsgebiete werden durch die ermittelte Hochwasserlinie eines statistisch einmal in hundert Jahren auftretenden Hochwasserereignisses abgegrenzt. Die Vorranggebiete für den vorbeugenden Binnen- hochwasserschutz umfassen zum einen die durch Rechtsverordnung beziehungsweise durch das Landes- wassergesetz (§ 57 LWG) festgesetzten Überschwem- mungsgebiete (¢Abbildung 8). Sie werden in den Regionalplänen nachrichtlich dargestellt. Darüber hinaus sollen potenzielle, wasserrecht- lich aber noch nicht festgesetzte faktische Über- schwemmungsgebiete rechtzeitig raumordnerisch gesichert werden, um entgegenstehende Nutzungen frühzeitig auszuschließen. Um diese Bereiche als Vorranggebiete ausweisen zu können und sie damit einerseits als natürliche Überschwemmungsbereiche für Gewässer zu erhalten und eine (intensivere) Nutzung solcher Flächen, zum Beispiel durch Sied-

118 Zum Inhalt

lungsentwicklung, zu vermeiden sowie andererseits das Gefahren- und Gefährdungspotenzial in solchen hochwassergefährdeten Bereichen zu minimieren, bedarf es wasserwirtschaftlicher Vorarbeiten zur Grundlagenermittlung, Risikoeinschätzung und Ge- bietsabgrenzung.

B zu 2 Die Ausweisung als Vorranggebiet bedeutet in der Regel nicht den Ausschluss anderer Ansprüche im Sinne eines generellen Nutzungsverbotes, sondern lediglich derje- nigen, die mit dem vorbeugenden Hochwasserschutz nicht vereinbar sind. Bei den durch Verordnung festgelegten Über- schwemmungsgebieten gelten die Bestimmungen der entsprechenden Verordnung.

Abbildung 8: Überschwemmungsgebiete in Schleswig-Holstein (Stand April 2007) Quelle: Auszug aus Anlage 1 des Generalplans „Binnenhochwasserschutz und Hochwasserrückhalt in Schleswig-Holstein“ 2007, MLUR

119 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

5.5.2 Vorbehaltsgebiete für den Binnenhochwasserschutz

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 G In den Regionalplänen sollen in Flusseinzugs- B zu 1 gebieten Hochwasser im Binnenland ist als Teil des natürlichen – überschwemmungsgefährdete Gebiete, Wasserkreislaufs grundsätzlich nicht zu vermeiden. – rückgewinnbare Überschwemmungsbereiche Maßgebend für die Höhe des eintretenden Hochwassers und Standorte zum punktuellen Rückhalt und für hierdurch hervorgerufene Risiken beziehungs- (Speicherbecken), soweit sie von überregionaler weise Schäden sind neben der zeitlichen und räum- Bedeutung sind, sowie lichen Verteilung der Niederschläge die natürlichen – weitere Gebiete auf der Grundlage wasserwirt- Speicherkapazitäten von Gewässernetz, Gelände und schaftlicher Erkenntnisse und Planungen Boden. Als Folge erhöhten Abflusses von versiegel- als Vorbehaltsgebiete für den vorbeugenden ten Flächen und des durch den Deichbau an Flüssen Binnenhochwasserschutz ausgewiesen werden. eingeschränkten Vorlandquerschnitts haben sich Diese können auch anders genutzte Flächen ein- Speicherkapazitäten verringert. Die Hochwassersituation schließlich Siedlungsflächen umfassen. Der vorbeu- wird hierdurch verschärft und Hochwasser treten häufiger gende Hochwasserschutz ist in diesen Gebieten so- und erhöht auf. wohl zur Sicherung natürlicher Überschwemmungs­ Der Generalplan Binnenhochwasserschutz und bereiche als auch zum Schutz überflutungsgefähr- Hochwasserrückhalt Schleswig-Holstein 2007 de- deter Flächen und Nutzungsbereiche von besonde- finiert neben Überschwemmungsgebieten ¢( 5.5.1) rer Bedeutung. überschwemmungsgefährdete Gebiete. In Schleswig- Bei der Abwägung mit anderen Nutzungs- Holstein wird zur Abgrenzung dieser Gebiete ein ansprüchen sowie Maßnahmen und Planungen statistisch einmal in 200 Jahren vorkommendes ist der Aspekt des vorbeugenden Binnenhoch- Hochwasser angesetzt. wasserschutzes besonders zu berücksichtigen. Zur Sicherung von Nutzungen vor Überflutungen wurden vielfach Hochwasserschutzanlagen errichtet. 2 G Die Vorbehaltsgebiete für den Binnenhochwasser- Diese genügen vereinzelt insbesondere aufgrund zu- schutz sollen zur Sicherung und Rückgewinnung nehmender Abflüsse im Gewässer nicht mehr den von natürlichen Überschwemmungsflächen dienen, Anforderungen des vorbeugenden Hochwasserschutzes, zur Risikovorsorge in potenziell überflutungsgefähr- so dass für die vorteilhabenden Flächen eine erhöhte deten Bereichen beitragen und auf den Rückhalt des Überflutungsgefahr besteht. Zum Teil sind in Gebieten Wassers in der Fläche von Flusseinzugsgebieten neue, höherwertige Nutzungen entstanden, deren hinwirken. Sicherheitsanforderungen derzeitigen Hochwasser- In Siedlungsbereichen innerhalb von Vorbehaltsge- schutzanlagen nicht mehr gerecht werden. Zur Mini- bieten für den Binnenhochwasserschutz soll die mierung des Schadenspotenzials und unter dem Möglichkeit ortsnaher Versickerung von Nieder- Gesichtspunkt der raumordnerischen Risikovorsorge schlagswasser genutzt werden. Darüber hinaus ist dem vorbeugenden Hochwasserschutz in diesen sollen Flächennutzungsänderungen auch auf ihre Gebieten in erhöhtem Maße Rechnung zu tragen. Sie Relevanz für den Wasserabfluss geprüft werden. sollen daher als Gebiete mit besonderer Bedeutung für den vorbeugenden Hochwasserschutz ausge- wiesen werden. In diesen Gebieten ist eine Nutzung einschließlich einer weiteren Siedlungsentwicklung nicht generell ausgeschlossen. Vielmehr soll das Bewusstsein für das Restrisiko auch in deichge- schützten Bereichen geschärft und eine entsprechend angepasste Raumnutzung initiiert werden. Die konkrete Berücksichtigung der Risiken ist Aufgabe kommunaler Planungen und der sich daraus ergebenden privaten und öffentlichen baulichen Maßnahmen.

120 Zum Inhalt

B zu 2 Die Speicherwirkung des Gewässernetzes ist im Flachland dort am größten, wo ausgedehnte Über- flutungsräume vorhanden sind. Sie ist umso wirkungs- voller, je eher das Gewässer in die angrenzenden Flächen ausufert. Im Interesse des vorbeugenden Hochwasserschutzes, der sowohl auf die Sicherung der natürlichen Überschwemmungsbereiche als auch auf den Schutz überflutungsgefährdeter Flächen und Nutzungen ausgerichtet ist, sollen daher auf der Grundlage wasserwirtschaftlicher Erkenntnisse und Planungen Gebiete durch raumordnerische Festlegungen dort gesichert werden, wo wasserrechtlich noch keine Überschwemmungsgebiete festgesetzt sind, jedoch Notwendigkeiten bestehen und Möglichkeiten gese- hen werden, verbliebene Überschwemmungsgebiete wieder zu vergrößern. Die langfristige raumordne- rische Sicherung schafft damit die planerischen Voraussetzungen für die nachfolgende Konkretisierung und Umsetzung durch Fachplanungen und Maßnahmen, wie zum Beispiel Rückbaumaßnahmen bei Drainagen und Entwässerungsgräben.

121 Teil B I Ziele und Grundsätze Zum Inhalt

5.6 Küstenschutz

Grundsätze und Ziele der Raumordnung Begründung

1 G Zum Schutz vor Sturmfluten und Küstenrückgang B zu 1 sind an der West- und Ostküste Schleswig- Etwa ein Viertel der Landesfläche Schleswig-Holsteins Holsteins, auf den Inseln sowie an der Unterelbe (rund 3.700 Quadratkilometer) ist Küstenniederungs- Schutzmaßnahmen erforderlich. Oberste Priorität gebiet. Ohne Küstenschutzmaßnahmen könnten diese für den staatlichen Küstenschutz hat der Schutz von Niederungen theoretisch bei jeder besonders schweren Menschen und ihren Wohnungen durch Deiche und Sturmflut überflutet werden. In diesem Raum leben rund Sicherungswerke. 345.000 Menschen und sind Sachwerte in Höhe von 47 Milliarden Euro vorhanden. Etwa 172.000 Arbeits- 2 Z Der Küstenschutz in Schleswig-Holstein ist auf plätze erzielen eine Bruttowertschöpfung in Höhe von der Grundlage des „Generalplans Küstenschutz: circa 8,5 Milliarden Euro jährlich. Diese Zahlen kenn- Integriertes Küstenschutzmanagement in Schleswig- zeichnen die Bedeutung des Küstenschutzes als einen Holstein (GPK)“ in der jeweils gültigen Fassung zu wichtigen integrativen Bestandteil der Raumplanung gewährleisten. Die dort enthaltenen Entwicklungsziele in Schleswig-Holstein. Für den Küstenschutz relevante sind zugleich Ziele der Raumordnung. Räume in Schleswig-Holstein sind die Landesflächen In den Regionalplänen sind raumordnerische bis zur Normalnull (NN) +5 Meter Höhenlinie an der Ziele für die einzelnen Küstenschutzmaßnahmen Westküste beziehungsweise bis zur NN +3 Meter und Deichlinien zu konkretisieren. Höhenlinie an der Ostküste sowie die seewärtig an- schließenden Bereiche bis zur NN –10 Meter Tiefenlinie. 3 Z Bei Planungen und Maßnahmen im Küstenbereich Mit dem erwarteten Meeresspiegelanstieg und sowie in meerseitig hochwassergefährdeten den möglichen höheren Sturmflutwasserständen als Küstenniederungen sind die Belange des Küsten- Folge des Klimawandels wird sich auch das Risiko schutzes zu beachten. Notwendige Küstenschutz- im Küstenniederungsgebiet erhöhen. Das Risiko setzt einrichtungen haben in der Abwägung mit anderen sich dabei aus der Wahrscheinlichkeit des Über- Belangen stets Vorrang. schwemmungsereignisses und der Höhe der Werte, die gefährdet sind, zusammen. 4 G Wo Küstenschutzanlagen nicht möglich sind, müssen andere Sicherungsvorkehrungen getroffen werden. B zu 2 - 4 Siedlungen in hochwassergefährdeten Gebieten Gesetzliche Grundlage für den Küstenschutz ist das sollen nur bei ausreichend vorhandenen Schutzvor- Landeswassergesetz (LWG) in der jeweils geltenden kehrungen weiterentwickelt werden. Fassung. Nach § 62 LWG ist Küstenschutz eine Aufgabe derjenigen, die davon Vorteile haben. Nach § 63 LWG 5 Z Nach dem GPK sind von den insgesamt 431 Kilo- sind der Bau und die Unterhaltung von Deichen, metern Landesschutzdeich ab 2010 noch 72 Kilo- Sicherungsdämmen sowie die Sicherung der Inseln meter vordringlich zu verstärken (Westküste 44 Kilo- und Halligen, der Wattflächen und Wattrinnen im Sinne meter, Ostküste 28 Kilometer). Schwerpunkte bilden eines flächenhaften Küstenschutzes, die im Interesse die Inseln Föhr, Pellworm und Fehmarn. des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sind, öffent- liche Aufgaben. Die Strategie des Küstenschutzes ist derzeit im „Generalplan Küstenschutz: Integriertes Küsten- schutzmanagement in Schleswig-Holstein (GPK)“ vom Dezember 2001 dargelegt. Sie muss die vielschich- tigen Interessen und teilweise divergierenden Belange im Küstengebiet berücksichtigen. Dies wird durch das IKZM umgesetzt. Es stellt eine Weiterentwicklung des bisherigen Planungsverfahrens dar, indem es – den Küstenschutz als räumliche Planungsaufgabe betrachtet; – andere Ansprüche an das Küstengebiet bereits früh- zeitig und gebührend in die Entwicklungsziele für den Küstenschutz integriert; – die Öffentlichkeit vermehrt am generellen Planungs- prozess beteiligt und

122 Zum Inhalt

Abbildung 9: Hochwassergefährdete Küstenniederungen in Schleswig-Holstein Quelle: Generalplan Küstenschutz, Integriertes Küstenschutzmanagement in Schleswig-Holstein 2001, Ministerium für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein

– den Klimawandel und die Unsicherheiten bei seiner sichtigt – und eine mögliche Erhöhung der Sturm- Prognose verstärkt berücksichtigt. flutwasserstände. Dadurch werden die Meeresangriffe Der Klimawandel wird sich auch in Schleswig-Holstein auf die schleswig-holsteinischen Küsten stetig zu- mit einem Anstieg der Jahrestemperatur bemerkbar nehmen. Gleichzeitig werden immer mehr Werte machen, der sich jedoch unterschiedlich auf das Jahr in den hochwassergefährdeten Küstenniederungen verteilt. Besondere Auswirkungen für Schleswig-Holstein (¢Abbildung 9) geschaffen. Dies führt zu Risikoer- haben der zu erwartende Meeresspiegelanstieg – im höhungen, denen durch geeignete raumordnerische GPK wird ein Meeresspiegelanstieg von 50 Zentimetern Maßnahmen, wie zum Beispiel Beschränkungen der (Westküste und Tideelbe) beziehungsweise von Siedlungsentwicklung, begegnet werden sollte. 30 Zentimetern (Ostküste) bis zum Jahre 2100 berück-

123 Zum Inhalt

Anhang A 1 zu Ziffer 1.3 Abgrenzungskriterien der Ordnungsräume

In die Untersuchungen zur Abgrenzung der Ordnungs- I. Verdichtung räume in Schleswig-Holstein wurden alle Gemeinden einbezogen, deren Auspendler vorrangig in die Für das Kriterium Verdichtung wurden folgende Kenn- Kernstädte der Ordnungsräume, das heißt nach Kiel, ziffern gebildet: Lübeck oder Hamburg auspendeln. In den weiteren – Siedlungsdichte Untersuchungsraum für den Ordnungsraum Hamburg (Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche), wurden zudem einige Gemeinden einbezogen, aus de- – Siedlungsflächenanteil nen überwiegend in die Mittelzentren Elmshorn und Bad (Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche), Oldesloe ausgependelt wird. – Summe aus Einwohnern und Im Weiteren erfolgte die Abgrenzung der Ordnungs- Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je Hektar räume dann anhand der Indikatoren „Verdichtung“ und Gebäude- und Freifläche. „Arbeitsplatzzentralität“1. Die Bewertung der einzelnen Kennziffern erfolgte über ein Punktbewertungsverfahren mit folgendem Schlüssel:

Siedlungsdichte: bis 10 Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche: 1 Punkt 11 bis 20 Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche: 2 Punkte 21 bis 30 Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche: 3 Punkte 31 bis 40 Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche: 4 Punkte 41 bis 50 Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche: 5 Punkte über 50 Einwohner je Hektar Gebäude- und Freifläche: 6 Punkte

Siedlungsflächenanteil: bis 5 % Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche: 1 Punkt 5 - 10 % Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche: 2 Punkte 11 - 15 % Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche: 3 Punkte 16 - 20 % Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche: 4 Punkte 21 - 25 % Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche: 5 Punkte über 25 % Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche: 6 Punkte

Einwohner plus Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort (Sozial. Besch. a. A.) je Hektar (ha) Gebäude- und Freifläche: bis 15 Einwohner + Sozial. Besch. a. A. je ha Gebäude- und Freifläche: 1 Punkt 15 – 20 Einwohner + Sozial. Besch. a. A. je ha Gebäude- und Freifläche: 2 Punkte 21 - 30 Einwohner + Sozial. Besch. a. A. je ha Gebäude- und Freifläche: 3 Punkte 31 - 40 Einwohner + Sozial. Besch. a. A. je ha Gebäude- und Freifläche: 4 Punkte 41 - 50 Einwohner + Sozial. Besch. a. A. je ha Gebäude- und Freifläche: 5 Punkte über 50 Einwohner + Sozial. Besch. a. A. je ha Gebäude- und Freifläche: 6 Punkte

1Verwendete Daten: Einwohner am 31.12.2005 Realnutzungsarten der Bodenflächen am 31.12.2004 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort und am Arbeitsort am 30.06.2005 Auspendler am 30.06.2005 Quellen: Statistikamt Nord, Bundesagentur für Arbeit

124 Zum Inhalt

II. Arbeitsplatzzentralität

Zur Analyse der Arbeitsplatzzentralität wurden die Der Raumkategorie Ordnungsraum wurden die Ge- Kennziffern „Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte meinden in der Regel dann zugeordnet, wenn sie am Arbeitsort je Einwohner“ und „Anteil der Auspendler entsprechend ihres Gemeindetyps eine bestimmte an den Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Mindestpunktzahl bei der Verdichtung erreichten (siehe Wohnort“ berechnet. Je nach Wert erfolgte anschließend Tabelle). eine Zuordnung zu verschiedenen Gemeindetypen (Typen Neben dem oben beschriebenen rechnerischen Ver- 1 bis 9). fahren für die Ordnungsraumabgrenzung waren zudem re- gionalplanerische Aspekte sowie die Siedlungsentwicklung der vergangenen Jahre ausschlaggebend.

Arbeitsplatzzentralität Verdichtung

Kennziffer Kennziffer Sozialversicherungspflichtig Auspendler je Gemeindetyp Mindestpunktzahl Beschäftigte am Arbeitsort Sozialversicherungspflichtig Arbeitsplatz- für Zuordnung je Einwohner Beschäftigte am Wohnort zentralität Ordnungsraum

10 % bis unter 20 % unter 85 % Typ 1 14

unter 10 % unter 85 % Typ 2 14

unter 10 % 85 % bis unter 95 % Typ 3 8

mehr als 20 % unter 85 % Typ 4 8

10 % bis unter 20 % 85 % bis unter 95 % Typ 5 8

unter 10 % 95 % und mehr Typ 6 7

mehr als 20 % 85 % bis unter 95 % Typ 7 7

mehr als 20 % 95 % und mehr Typ 8 7

10 % bis unter 20 % 95 % und mehr Typ 9 7

125 Zum Inhalt

Anhang A 2 zu Ziffer 1.3 Abgrenzung der Ordnungsräume

Ordnungsraum Kiel – Mielkendorf weitere Gemeinden im Verdichtungsraum Kiel – Neudorf-Bornstein Ordnungsraum Hamburg – Kiel (Oberzentrum) – Neuwittenbek Kreis Herzogtum Lauenburg – Altenholz – Noer – Aumühle (Stadtrandkern II. Ordnung) – Osdorf – Basthorst – Flintbek – Ottendorf – Börnsen (Stadtrandkern II. Ordnung) – Quarnbek – – Kronshagen – Rumohr – Dahmker (Stadtrandkern II. Ordnung) – Schinkel – Dassendorf – Molfsee – Schmalstede – Elmenhorst – Mönkeberg – Schwedeneck – Escheburg – – Strande – Fuhlenhagen (Stadtrandkern II. Ordnung) – Techelsdorf – Grabau – Tüttendorf – Grove weitere Gemeinden – Wattenbek – Gülzow im Ordnungsraum Kiel – Hamfelde Kreis Plön Ordnungsraum Hamburg – Hamwarde – Verdichtungsraum Hamburg – – Ahrensburg (Mittelzentrum im – Hohenhorn – Verdichtungsraum) – Kasseburg – – Köthel – Heikendorf (Stadtrandkern II. Ordnung) – Kollow (Stadtrandkern I. Ordnung) – Henstedt-Ulzburg – Kröppelshagen-Fahrendorf – Höhndorf (Stadtrandkern I. Ordnung) – Kuddewörde – – Geesthacht (Mittelzentrum im – Linau – Verdichtungsraum) – Möhnsen – Laboe – Glinde – Mühlenrade – (Mittelzentrum im – Sahms – Verdichtungsraum zusammen mit – Schönberg – und Wentorf b.H.) – Schretstaken – – Großhansdorf – Schwarzenbek – (Unterzentrum) (Stadtrandkern II. Ordnung) (Unterzentrum) – (Mittelzentrum im – Talkau – Verdichtungsraum) – Wiershop – Schönberg (Holstein) – – Wohltorf (Unterzentrum) – Pinneberg (Mittelzentrum im – Worth – Schönkirchen Verdichtungsraum) Kreis Pinneberg – Stein – Reinbek (Mittelzentrum im – Verdichtungsraum zusammen mit – (Unterzentrum) – Wisch Glinde und Wentorf b.H.) – Bevern Kreis Rendsburg-Eckernförde – – Achterwehr – Schenefeld – Bönningstedt – Blumenthal (Stadtrandkern II. Ordnung) – Bokholt-Hanreder – Böhnhusen – Wedel in Holstein (Mittelzentrum – Borstel-Hohenraden – Bordesholm im Verdichtungsraum) – (Unterzentrum) – Wentorf bei Hamburg – – Brügge (Mittelzentrum im – – Dänischenhagen Verdichtungsraum zusammen mit – Elmshorn (Mittelzentrum) – Felde Reinbek und Glinde) – Groß Nordende (Ländlicher Zentralort) – Groß Offenseth-Aspern – Felm – – Gettorf (Unterzentrum) – – Grevenkrug – – Melsdorf – Heede

126 Zum Inhalt

Kreis Ordnungsraum Lübeck – Heist – Verdichtungsraum Lübeck – – Horst (Holstein) – Lübeck – (Ländlicher Zentralort) – – Holm – (Stadtrandkern I. Ordnung) – Kreis – Groß Grönau – Klein Offenseth-Sparrieshoop – – Krummesse – Kölln-Reisiek – (Mittelzentrum) weitere Gemeinden im – – Bargfeld-Stegen Ordnungsraum Lübeck – Langeln – Bargteheide Kreis Herzogtum Lauenburg – (Unterzentrum) – Bliestorf – – Barnitz – Groß Sarau – – Barsbüttel – Groß Schenkenberg – (Stadtrandkern II. Ordnung) – Klempau – – Braak – Rondeshagen (Stadtrandkern I. Ordnung) – Kreis Ostholstein – Raa-Besenbek – – Seestermühe – Elmenhorst (Stadtrandkern II. Ordnung) – -Ekholt – Grabau – – Grande (Stadtrandkern II. Ordnung) – – Grönwohld – (Stadtrandkern II. Ordnung) – Großensee (Unterzentrum zusammen mit – (Unterzentrum) – Hamfelde ) Kreis Segeberg – – Scharbeutz (Unterzentrum zusam- – – Hohenfelde men mit Timmendorfer Strand) – Kreis Stormarn – Groß Niendorf – – Köthel – – Hüttblek – (Ländlicher Zentralort – Lütjensee – zusammen mit Nahe) – – Kaltenkirchen (Mittelzentrum) – – Mönkhagen – – Nienwohld – – Pölitz – – Lentföhrden – Reinfeld (Holstein) – Wesenberg – Nahe (Ländlicher Zentralort (Unterzentrum) zusammen mit Itzstedt) – Rethwisch – Nützen – Rümpel – – Siek – – Steinburg – Seth – Tangstedt – Sievershütten – – Struvenhütten – Travenbrück – – Tremsbüttel – Sülfeld – (Unterzentrum) – Wakendorf II – – Winsen –

127 Zum Inhalt Anhang A 3 zu Ziffer 1.5 Abgrenzung der Stadt- und Umlandbereiche in ländlichen Räumen

Hinweis: Die Stadt- und Umland- Stadt- und Umlandbereich – Büdelsdorf bereiche in ländlichen Räumen Neustadt in Holstein (Stadtrandkern II. Ordnung) umfassen in der Regel nur Teile der – Neustadt in Holstein – Fockbek nachstehend genannten Gemeinden. (Unterzentrum mit Teilfunktionen – Jevenstedt eines Mittelzentrums) – Nübbel im Planungsraum I – – Osterrönfeld Schleswig-Holstein Süd – – Rickert Stadt- und Umlandbereich – Schacht-Audorf Mölln im Planungsraum III – Schülldorf – Mölln (Mittelzentrum) Schleswig-Holstein – Schülp b. Rendsburg – Alt Mölln Mitte – Westerrönfeld – Breitenfelde Stadt- und Umlandbereich – Bälau Eckernförde im Planungsraum IV – Grambek – Eckernförde (Mittelzentrum) Schleswig-Holstein – Niendorf / Stecknitz – Altenhof Süd-West – Woltersdorf – Barkelsby Stadt- und Umlandbereich Stadt- und Umlandbereich – Gammelby Brunsbüttel Ratzeburg – Goosefeld – Brunsbüttel (Mittelzentrum) – Ratzeburg (Unterzentrum mit Teil- – Loose – Averlak funktionen eines Mittelzentrums) – Osterby – Büttel – Bäk – Windeby – Eddelak – Einhaus Stadt- und Umlandbereich – – Harmsdorf Neumünster – – Römnitz – Neumünster – St. Margarethen – Ziethen (Oberzentrum) Stadt- und Umlandbereich Stadt- und Umlandbereich – Bönebüttel Heide / Wahlstedt – – Heide (Mittelzentrum) – Bad Segeberg (Mittelzentrum – Ehndorf – Hemmingstedt zusammen mit Wahlstedt) – Großharrie – Lieth – Wahlstedt (Mittelzentrum – Groß Kummerfeld – Lohe-Rickelshof zusammen mit Bad Segeberg) – Großenaspe – Nordhastedt – – Krogaspe – Ostrohe – Högersdorf – Mühbrook – Süderheistedt – Groß Rönnau – Padenstedt – Weddingstedt – Klein Gladebrügge – – Wesseln – Klein Rönnau – Wasbek Stadt- und Umlandbereich – Mözen Stadt- und Umlandbereich Itzehoe – Negernbötel Plön – Itzehoe (Mittelzentrum) – – Plön (Unterzentrum mit – Bekmünde – Teilfunktionen eines – Mittelzentrums) – Dägeling – in Holstein – – Weede – Bösdorf – – Dörnick – im Planungsraum II – Schleswig-Holstein Ost – – Lägerdorf Stadt- und Umlandbereich – – Münsterdorf Eutin Stadt- und Umlandbereich – – Eutin (Mittelzentrum) Rendsburg – Oldendorf – – Rendsburg (Mittelzentrum) – Ottenbüttel – – Alt Duvenstedt – Rethwisch – Malente (Stadtrandkern II. Ordnung) – Borgstedt – Süsel

128 Zum Inhalt Anhang A 4 zu Ziffer 3.6 Abgrenzung der Schwerpunkträume für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe im Planungsraum V Hinweis: Die zur Beschreibung spannen eine Fläche, im Bereich Schleswig-Holstein der geographischen Lage der derer der Rohstoffsicherung und der Nord Abbauschwerpunkträume ge- Rohstoffgewinnung zukünftig ein Stadt- und Umlandbereich nannten Orte können inner- oder besonderes Gewicht zugemessen Flensburg knapp außerhalb der Abgrenzung werden soll. – Flensburg (Oberzentrum) der Schwerpunkträume liegen. Sie – Ausacker – Dollerup Kreis : Kreisübergreifende – Freienwill – Hennstedt / Tellingstedt / Pahlen Schwerpunkträume für den – Glücksburg (Ostsee) – Kuden / Buchholz / Frestedt Abbau oberflächennaher (Stadtrandkern II. Ordnung) Kreis Herzogtum Lauenburg: Rohstoffe: – Großsolt – Hamwarde / Gülzow – Willstedt (Kreis Stormarn) / – Grundhof Geesthacht (Hasenthal) Tangstedt (Kreis Stormarn) / – Handewitt – Groß Pampau / Büchen / Roseburg Norderstedt (Kreis Segeberg) – Harrislee Kreis : – Bösdorf (Kreis Plön) / (Stadtrandkern II. Ordnung) – Ahrenshöft / Pfingstberg (Kreis Plön) / – Hürup – Viöl I Börnsdorf (Kreis Plön) / – Husby Kreis Ostholstein: Brackrade (Ostholstein) – Langballig – Malente (Kreuzfeld / Sieversdorf) – Maasbüll – (Johannistal – Munkbrarup Techelwitz) – Oeversee Kreis Pinneberg: – Ringsberg – Appen (Etz / Unterglinde) – Sieverstedt Kreis Plön: – Tarp (Unterzentrum) – Schönböken / Wühren, Busdorf – Tastrup – Belau / Kalübbe / – Wees Kreis Rendsburg-Eckernförde: – Westerholz – Bargstedt / Emkendorf / Langwedel Stadt- und Umlandbereich – Kosel / Kochendorf / Barkelsby Husum Kreis Schleswig-Flensburg: – Husum (Mittelzentrum) – Ellund / Handewitt / Wanderup – Hattstedt Jerrishoe / Munkwolstrup, – Horstedt – Selk / Klein-Rheide / Kropp – Kreis Segeberg: – – Lentföhrden / Nützen – Kaltenkirchen (Heidkaten) – Simonsberg – / Gönnebek – Südermarsch Negernbötel / – Wobbenbüll – Wahlstedt / Schwissel Stadt- und Umlandbereich / Oering Schleswig Kreis Steinburg: – Schleswig (Mittelzentrum) – / – Busdorf (Hohenfiert) – Dannewerk – Ottenbüttel / – Fahrdorf – Lägerdorf – Hüsby – – Jagel Kreis Stormarn: – Lürschau – Barsbüttel / Brunsbek / – Neuberend Kuddewörde / Reinbek – Nübel – Schaalby – Selk – Schuby – Tolk

129 Zum Inhalt Anhang A 5 zu Ziffer 3.7.1 Abgrenzung der Schwer­punkträume für Tourismus und Erholung

Hinweis: Die Schwerpunkträume für – Büsum – Heiligenhafen Tourismus und Erholung umfassen in – Büsumer Deichhausen – Großenbrode der Regel nur Teile der nachstehend – Westerdeichstrich – Neukirchen genannten Städte und Gemeinden. – Heringsdorf – Friedrichskoog – Insel Sylt – Dahme – Hörnum (Sylt) – Helgoland – (Ostsee) – (Sylt) – Grömitz – List – Flensburg – Schashagen – Wenningstedt- (Sylt) – Glücksburg (Ostsee) – Neustadt in Holstein – Sylt – Sierksdorf – Gelting – Scharbeutz Insel Föhr – Nieby – Ratekau – – Pommerby – Timmendorfer Strand – – Kronsgaard – Lübeck – – Hasselberg – Midlum – Maasholm – Malente – – Kappeln – Eutin – – Brodersby – Süderende – Dörphof – – Damp – – Waabs – – Wyk auf Föhr – Strande – Kiel Insel Amrum – Mönkeberg – auf Amrum – Heikendorf – Nebel – Laboe – Wittdün auf Amrum – Stein – Wendtorf – Hallig Hooge – Barsbek – Langeneß – Wisch – Pellworm – Schönberg (Holstein) – Stakendorf – Dagebüll – Behrensdorf (Ostsee) – Elisabeth-Sophien-Koog – (Ostsee) – Nordstrand – – Sankt Peter-Ording – Fehmarn

130 Zum Inhalt Anhang A 6 zu Ziffer 5.2 Angestrebte Querungen im Bereich landesweit bedeutsamer Lebensraumkorridore

1. Querung A 1 11. Querung A 23 im Bereich Buddikate mit Verbundachse Pinnauquerung mit Verbundachse Sachsenwald – Endmoränenlandschaft Trittau – 12. Querung A 23 Alsterniederung Krückauquerung mit Verbundachse Krückau 2. Querung A 7 13. Querung A 24 Brokenlander Au mit Verbundachse Aukrug – bei /Segrahn mit Verbindung des nördlichen Segeberger Heide und südlichen Teils der Möllner und Büchener 3. Querung A 7 Sande Bad Bramstedt nördlich Schmalfelder Au mit 14. Querung A 24 Verbundachse Hasselbusch –Segeberger Heide Tramm/Kankelau mit Verbundachse Kiefholz – 4. Querung A 7 Waldbestände südlich der A 24 Brockdorf/Seedorf mit Verbundachse Brahmsee – 15. Querung A 24 Olendieksau Basthorst/Fuhlenhagen mit Verbundachse 5. Querung A 7 Hexenbruch – Sachsenwald bei Brokenlande mit Verbundachse Segeberger 16. Querung B 202 Heide – Aukrug bei Farve mit Verbundachse ostholsteinische 6. Querung A 7 Seenlandschaft – Oldenburger Graben Bollingstedter Au mit Verbundachse Bollingstedter Au 7. Querung A 20 bei mit Verbundachse Segeberger Heide – Holmer Moor – Nienwohlder Moor – Duvenstedter Brook 8. Querung A 20 Hasselbusch mit Verbundachse Hasselbusch – Aukrug 9. Querung A 21 Negernbötel mit Verbundachse Segeberger Heide – Ostholstein 10. Querung A 21 Tralau mit Verbundachse Travetal – Moor- und Heidelandschaft Osterau

131 Teil C I Umweltbericht und Zusammenfassende Erklärung Zum Inhalt

Umweltbericht Zusammenfassende Erklärung

Hinweis: geblich auf die Unterschiede an, die sich aus veränderten Festlegungen des LEP im Vergleich zum LROPl 1998 Im Rahmen des Aufstellungsverfahrens zum Landes- ergeben. Gleichwohl werden alle Inhalte hinsichtlich ihrer entwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010 (LEP) Umweltfolgen beschrieben und bewertet. hat gemäß § 12 des Landesgesetzes über die Um- Neben der Beschreibung der Methodik und der weltverträglichkeitsprüfung (LUVPG) eine Umwelt- Datenbasis erfolgt eine Kurzdarstellung des Inhalts und prüfung im Sinne der Richtlinie 2001/42/EG des Euro- der wichtigsten Ziele des LEP sowie der Beziehungen zu päischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 anderen relevanten Plänen und Programmen. über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Darüber hinaus werden der derzeitige Umweltzustand Pläne und Programme (SUP-RL) auf der Basis eines und die relevanten Umweltprobleme aufgezeigt. Die Umweltberichts stattgefunden. Der Umweltbericht ist Ziele des Umweltschutzes sowie die voraussichtliche integraler Bestandteil der Begründung des LEP. Entwicklung bei Nichterfüllung des Plans werden eben- falls dargestellt. Kernbestandteil des Umweltberichtes ist Der umfangreiche vollständige Text des Umweltbe- die Darstellung der Umweltauswirkungen der einzelnen richtes ist als CD-ROM beigefügt. Darüber hinaus Kapitel des LEP. liegt er zur Einsicht im Innenministerium des Landes In der Zusammenfassung werden grenzüberschreiten- Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 92, 24105 Kiel de Umweltauswirkungen dargestellt sowie eine summa- aus oder kann hierüber bezogen werden. rische Beurteilung vorgenommen. Abschließend werden geplante Maßnahmen zur Überwachung beschrieben.

Anlass Umwelterwägungen

Mit der Aufstellung des Landesentwicklungsplans Schles- Auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen des wig-Holstein 2010 (LEP) sollen die Ziele und Grundsätze Landes Schleswig-Holstein sowie im Hinblick auf die der Raumordnung an die Entwicklung angepasst werden. Anforderungen an eine nachhaltige Raumentwicklung Der LEP soll den veränderten Rahmenbedingungen und sind verschiedene Umweltgesichtspunkte in die in- den Herausforderungen für eine nachhaltige Raum- haltliche Ausrichtung sowie die Formulierung der entwicklung Rechnung tragen. Er soll den Landesraum- Plansätze des LEP eingeflossen. Vor allem die räum- ordnungsplan Schleswig-Holstein 1998 (LROPl 1998) lichen Schwerpunktsetzungen der Siedlungs- und ersetzen. Infrastrukturentwicklung im Sinne des Planungsprinzips Die Aufstellung des LEP wurde mit dem Runderlass der dezentralen Konzentration tragen dem Freiraum- des Innenministeriums vom 27. November 2007 und Klimaschutz Rechnung. Durch den Rahmen der (Amtsbl. Schl.-H. S. 1262) bekannt gemacht. Im Rahmen Wohnungsbauentwicklung wird der Wohnungsbau des Aufstellungsverfahrens wurde gemäß § 12 LUVPG nicht nur auf geeignete Standorte beziehungsweise eine Umweltprüfung im Sinne der Richtlinie 2001/42/EG Schwerpunkte gelenkt, sondern mittelbar auch die des Europäischen Parlaments und des Rates vom Flächeninanspruchnahme begrenzt. Interkommunale 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen Abstimmungen und Vereinbarungen tragen hierzu bestimmter Pläne und Programme auf der Basis eines bei. Darüber hinaus wird mit der Verbesserung der Umweltberichts durchgeführt. Rahmenbedingungen für regenerative Energien und dem Schutz der natürlichen Ressourcen ein Beitrag zum Methodik und Inhalte Klimaschutz geleistet. Schließlich trägt ein landesweiter Biotopverbund, zu dem auch die NATURA 2000-Gebiete In dem Umweltbericht sind die voraussichtlichen erheb- zählen, zur Artenvielfalt und zum Schutz der Lebensräume lichen Auswirkungen, die die Durchführung des Raum- bei. ordnungsplans auf die Umwelt hat, ermittelt, beschrieben und bewertet worden. Verfahren und Berücksichtigung der Als Referenzsystem für die Bewertung der Umweltaus- vorgebrachten Stellungnahmen wirkungen wird die in Ziffer 3 des Umweltberichts aufge- zeigte Entwicklung der Umweltsituation bei Fortgeltung Die Festlegung von Umfang und Detaillierungsgrad des LROPl 1998 herangezogen. Insofern konzentriert sich des Umweltberichts wurde im Rahmen einer Ressort- die Umweltprüfung auf die Festlegungen des LEP, die abstimmung, insbesondere mit dem Ministerium für gegenüber dem LROPl 1998 geändert oder neu eingefügt Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, vorgenom- wurden. Für die Gesamtbewertung kommt es also maß- men.

132 Zum Inhalt

Mit Schreiben vom 23. Januar 2008 wurde das An- der Umweltauswirkungen können erst auf der Ebene der hörungs- und Beteiligungsverfahren gemäß § 7 Absatz 1 Regionalplanung beziehungsweise der Bauleitplanung Landesplanungsgesetz (LaPlaG) eingeleitet. Für die oder in einzelnen Fachverfahren erfolgen. Kommunen endete die Anhörfrist am 31. Oktober 2008, Die Prüfung in Betracht kommender Planungsmöglich- für die Verbände und sonstigen Planungsträger am keiten ergibt keine grundlegenden Änderungen des 31. Juli 2008. Damit war auch eine Beteiligung der LEP-Entwurfs. Der grundsätzliche Verzicht auf die Nachbarländer, des Bundes sowie dänischer Stellen ver- Planung kommt nicht in Betracht, weil die Aufstellung bunden. des LEP auf der Grundlage des LaPlaG dem gesetz- Auf der Grundlage von § 12 des Landesgesetzes über lichen Planungsauftrag folgt. Auch ein Abweichen von die Umweltverträglichkeitsprüfung (LUVPG) wurde erst- den Vorgaben des Entwurfs des LEP kommt nicht in mals eine allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung durchge- Betracht. Auf der Maßstabsebene des LEP erkennbare führt. Das Beteiligungsverfahren wurde im Rahmen des und relevante Umweltaspekte wurden insbesondere bei E-Government-Pilotprojektes „Beteiligung-Online LEP“ der Konzeption von räumlich konkreten Festlegungen erstmals als internetgestütztes Online-Verfahren durchge- von vornherein berücksichtigt. Zusätzliche oder strin- führt. gentere umweltbezogene Festlegungen kommen als Im Rahmen des Anhörungs- und Beteiligungsver- Planungsalternativen nicht in Betracht, weil anderen kon- fahrens wurden über 4.000 Hinweise, Anregungen oder zeptionellen Zielsetzungen des LEP ein höheres Gewicht Bedenken zu den einzelnen Entwurfsinhalten abgege- beigemessen wird (Reduzierung der Festlegungen und ben. Mittels einer Datenbank gestützten Dokumentation ihrer Detailschärfe auf das für eine geordnete Entwicklung der Stellungnahmen wurde eine Übersicht (Synopse) notwendige Maß sowie das planerisch gewollte Ein- zu den jeweils zu einzelnen Abschnitten vorliegenden räumen von Entwicklungsspielräumen und Flexibilität für schriftlichen Stellungnahmen erzeugt. Darauf basierend die Kommunen und die Träger der Regionalplanung). sind vom Planungsträger im Rahmen einer Abwägung Prüfungen und Bewertungen der Stellungnahmen vor- Maßnahmen zur Überwachung genommen sowie Änderungsvorschläge für die Über- arbeitung des Planentwurfs erstellt worden. Bezüglich der Überwachung wird im Umweltbericht eine Soweit sich durch das Anhörungs- und Beteiligungs- Reihe von Monitoring-Instrumenten dargestellt. Konkret verfahren sowie die Abwägung maßgebliche Veränder- werden folgende Instrumente benannt: ungen gegenüber dem LEP-Entwurf vom Januar 2008 – Raumbeobachtung und ergeben haben, ist hierzu eine ergänzende Beurteilung Raumordnungsinformationssystem, im Hinblick auf relevante Umweltauswirkungen er- – Auskunftspflicht (nach § 19 LaPlaG), folgt. Die Dokumentation dazu ist als Teilaktualisierung – Agrar- und Umweltportal Schleswig-Holstein und in den Umweltbericht (Ziffer 6) integriert worden. Auf fachliche Überwachungs- und Untersuchungs- der Grundlage dieser Bewertung wurde auch eine programme. Teilaktualisierung der summarischen Beurteilung vorge- nommen. Die Ziele und Grundsätze des LEP sind unter Abwä- gung der Ergebnisse des Umweltberichts festgelegt wor- den.

Gesamtbetrachtung einschließlich der Berücksichtigung von Alternativen

Eine summarische Beurteilung der Umweltauswirkungen des LEP kann aufgrund des Rahmencharakters des LEP nur in Form einer zusammenfassenden Gesamt- beschreibung der Umweltauswirkungen der einzel- nen Abschnitte erfolgen. Eine Quantifizierung der Umweltfolgen ist in der Regel ebenso wenig möglich wie eine ausführliche Beschreibung von Wechsel- wirkungen. Eine Verrechnung von positiven und ne- gativen Umweltauswirkungen wäre nicht im Sinne der Strategischen Umweltprüfung. Detailliertere Prüfungen

133 Zum Inhalt

Impressum:

Herausgeber: Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein Düsternbrooker Weg 92 24105 Kiel

Ansprechpartner: Frank Liebrenz Telefon: 0431 / 988 -1734 [email protected]

Titel und Gestaltung: Bettina Bogya, Kiel

Kartographie: Olaf Imkemeyer, Arnulf Fischer (Innenministerium, Landesplanung)

Bildnachweis: Titel, Seite 11 und 23 Bettina Bogya, Kiel

Herstellung: hansadruck, Kiel Landesvermessungsamt Schleswig-Holstein (Karte) brenncity oHG, Senden / Freudenegg (CD-ROM)

ISSN: 0458 - 6913

Oktober 2010

Die Landesregierung im Internet: www.landesregierung.schleswig-holstein.de

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlich- keitsarbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung ver- wendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in ei- ner Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstan- den werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwen- den.

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