„Neue Begriff“ Von Wissenschaft Am Beispiel Der „Deutschen Mathematik“ – Programm, Konzeption Und Politische Realisierung

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„Neue Begriff“ Von Wissenschaft Am Beispiel Der „Deutschen Mathematik“ – Programm, Konzeption Und Politische Realisierung Volker Peckhaus Der nationalsozialistische „neue Begriff“ von Wissenschaft am Beispiel der „Deutschen Mathematik“ – Programm, Konzeption und politische Realisierung Hausarbeit zur Erlangung des Grades eines Magister Artium an der Philosophischen Fakultät der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen Tag der Abgabe: Aachen, den 20.8.1984 Online-Version: Erlangen/Paderborn 2001 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis i Vorwort zur Online-Ausgabe 1 1 Einleitung 3 1.1 Thematische Abgrenzung . 3 1.2 Quellenlage . 8 1.3 Forschung zu Wissenschaftspolitik und Wissenschaftsgeschichte . 11 2 Der nationalsozialistische neue Begriff“ von Wissenschaft 17 ” 2.1 Adolf Hitler und die Wissenschaft . 17 2.1.1 Das unab¨anderliche Programm“ der NSDAP von 1920 18 ” 2.1.2 Hitlers Bekenntnisbuch“ Mein Kampf . 20 ” 2.1.3 Reden und Proklamationen . 22 2.1.4 Hitlers Reitrag zur Kl¨arung des Wissenschaftsbegriffs . 27 2.2 Der neue Wissenschaftsbegriff“ . 30 ” 2.2.1 Die rassische Bedingtheit wissenschaftlichen Schaffens . 32 2.2.2 Die v¨olkische Gebundenheit der Wissenschaft . 39 2.2.3 Die Aktualisierung der v¨olkischen Gebundenheit der Wissenschaft in ihren v¨olkischen Aufgaben . 49 2.2.4 Zusammenfassung: Der Wissenschaftsbegriff in der Ideologie . 50 i ii Inhaltsverzeichnis 2.3 Hochschulreformprogramme . 52 2.3.1 Die Flut hochschulreformerischer Schriften . 52 2.3.2 Wissenschafts- und Hochschulreformvorstellungen von Ernst Krieck . 54 2.4 Politischer Rahmen und Mißerfolg der Hochschulreformpro- gramme . 58 3 Der neue Wissenschaftsbegriff in der Mathematik 61 3.1 Mathematik im Dritten Reich: Formen der Gleichschaltung . 61 3.1.1 Die Gleichschaltung mathematischer Gesellschaften am Beispiel des Vereins zur F¨orderung des mathemati- ” schen und naturwissenschaftlichen Unterrichts“ . 64 3.1.2 Positionsbestimmung und Positionsbehauptung: Die Ein- gliederung der Mathematik in das totalit¨are System . 67 3.1.3 Ludwig Bieberbachs Begrundung¨ einer v¨olkisch gebun- denen Mathematik . 74 3.1.4 Die rassisch-v¨olkische Gebundenheit mathematischen Stils . 90 3.1.5 Reaktionen auf Bieberbachs Konzeption . 105 4 Realisierung der Politik an der TH Aachen 131 4.1 Die Technische Hochschule Aachen . 135 4.2 Die Schließung der Hochschule im September 1939 . 138 4.3 Die Neuordnung der Lehrverh¨altnisse“ . 145 ” 4.3.1 Nationalsozialistische Personalpolitik: Die S¨auberung“ ” der Hochschulen von allem Undeutschen“ . 145 ” 4.3.2 Lehrstuhl- und Aufgabenverteilung an der TH Aachen in den Fachrichtungen Mathematik und Physik vor 1933 . 148 Inhaltverzeichnis iii 4.3.3 Die S¨auberung“ der mathematischen und physikali- ” schen Lehrstuhle¨ 1933/34 . 150 4.3.4 Die Wiederbesetzung der Lehrstuhle¨ . 152 4.3.5 Assistentenmangel . 156 4.3.6 Zusammenfassung . 157 4.4 Die Reform der Technischen Hochschulausbildung . 158 4.4.1 Der Vorschlag der Reichsstudentenbundsfuhrung¨ 1936 und seine Aufnahme an der TH Aachen . 158 4.4.2 Arbeitsteilung der Technischen Hochschulen . 163 4.4.3 Die Anderung¨ der Fakult¨atsstruktur . 166 4.4.4 Die Reform der Studienpl¨ane und Prufungsordnungen¨ . 170 4.5 Die Verkurzung¨ der Studiendauer . 176 4.5.1 Die Entlastung der Studienpl¨ane“ 1933 . 176 ” 4.5.2 Die zeitliche Belastung der Studenten . 179 4.5.3 Die Anderung¨ der Einteilung des Studienjahres . 181 4.5.4 Verkurzung¨ der Gesamtstudiendauer . 184 4.6 Fazit desolater Wissenschaftpolitik . 190 4.7 Hochschulpolitik zwischen Ideologie und Pragmatik . 194 5 Schlußbetrachtung 197 Literaturverzeichnis 205 Vorwort zur Online-Ausgabe Mit dieser Online-Publikation wird meine im Jahr 1984 von der Philoso- phischen Fakult¨at der Rheinisch-Westf¨alischen Technischen Hochschule in Aachen angenommene und bisher unver¨offentlichte Magisterarbeit im Fach Neuere Geschichte einem breiteren Publikum vorgelegt. Verschiedene Anfra- gen haben mich dazu veranlaßt. Der Text blieb weitgehend unver¨andert. Offensichtliche Versehen wurden berichtigt, geringfugige¨ formale Ver¨anderungen vorgenommen. Die Arbeit spiegelt also weiterhin den Forschungsstand von 1984 wieder! Ich danke meinem Paderborner Mitarbeiter Marcello Ghin, der mit großer Geduld und Sorgfalt das Typoskript in eine elektronische Fassung konvertier- te. Erlangen/Paderborn 14. Juli 2001 1 2 Kapitel 1 Einleitung 1.1 Thematische Abgrenzung Auf dem Gebiet des Hochschulwesens selbst stellte sich der Nationalsozialis- mus drei große Aufgaben: Schaffung eines neuen Studententyps, Schaffung eines neuen Hochschullehrertyps und Gestaltung eines neuen Begriffs der Wissenschaft. So charakterisiert Gerd Ruhle¨ die Zielsetzung nationalsozialistischer Wissen- schafts- und Hochschulpolitik im Jahrgangsband 1933 seiner Dokumenta- ” rischen Darstellung des Aufbaus der Nation“ Das Dritte Reich.1 Das Zitat belegt die große Bedeutung, die der Etablierung eines neuen Begriffs der ” Wissenschaft“ in der Anfangsphase nationalsozialistischer Herrschaft beige- messen wurde. Die weiteren Ausfuhrungen¨ Ruhles¨ machen allerdings auch deutlich, daß gerade im Wissenschaftsbegriff die Schwierigkeiten der Natio- nalsozialisten bei der Durchsetzung ihrer hochschulpolitischen Vorstellungen begrundet¨ lagen.2 1Gerd Ruhle,¨ Das Dritte Reich. Dokumentarische Darstellung des Aufbaues der Na- tion. Das erste Jahr 1933, Berlin 1934, 151. Ruhle¨ war durchaus kompetent fur¨ Urteile auf diesem Gebiet. Im SS 1927 wurde er zum Vorsitzenden der Frankfurter Studenten- schaft gew¨ahlt und war somit der erste nationalsozialistische Studentenschaftsvorsitzende (vgl. Ruhle,¨ Das Dritte Reich [Vorband:] Die Kampfjahre 1918–1933 , Berlin 1936, 142). Der Jurist Ruhle¨ stieg als alter K¨ampfer“ (NSDAP-Mitgliedsnummer 694) im M¨arz 1932 ” zum Altesten¨ der Deutschen Studentenschaft auf. Er wurde NSDStB-Bundesvorsitzender, sp¨ater Mitglied des Preußischen Landtages und Reichstagsmitglied. Vgl. seine Kurzbio- graphie in Anselm Faust, Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund. Studenten und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik, 2 Bde., Dusseldorf¨ 1973, Bd. 2, 161, vgl. auch ebd. 115f: 2Ruhle,¨ 1933, 156, Hervorhebung im Original gesperrt. 3 4 Kapitel 1. Einleitung Der Sieg der Hochschulrevolution ist mit wenigen Ausnahmen ohne Ver- dienst der Hochschullehrerschaft, mitunter sogar in schroffstem Gegensatz zu ihr, erfochten worden. Fuhlten¨ sich doch die berufenen Tr¨ager deutscher Wissenschaft einem Begriff von Wissenschaft verpflichtet, dessen Vorstel- lungen von absoluter Objektivit¨at dem l¨angst uberwundenen¨ Ungeist des Rationalismus entstammten. Diese Schwierigkeiten konnten offenbar nicht schnell ausger¨aumt werden, denn in seinem Dokumentenband fur¨ 1934 stellte Ruhle¨ fest: Wesentlich schwieriger war die wirklich nationalsozialistische Gestaltung der Hochschulen in ihrer geistigen Struktur. Der politisch niedergerunge- ne Liberalismus versuchte hier unter dem Deckmantel der objektiven und absoluten Wissenschaft, seine Stellung zu halten. Mehr als einmal wurden in wissenschaftlich getarnter Form Angriffe gegen die weltanschaulichen Fundamente des Nationalsozialismus gerichtet.3 Die vorliegende Untersuchung will die Stellung des Nationalsozialismus zum Wissenschaftsbegriff in Theorie und Praxis beleuchten. Sie will somit einen Beitrag zur totalit¨aren Ideologie und zu ihren Auswirkungen in Deutschland liefern. Eine Verwirklichung ideologischer Grunds¨atze im Bereich der Wis- senschaft wird sich auf zwei Stufen zu vollziehen haben. Zum einen muß eine wissenschaftsimmanente Umw¨alzung vorgenommen werden, die wissenschaft- lichen Disziplinen mussen¨ den neuen Erfordernissen“ entsprechend anders ” begrundet¨ werden; zum anderen muß aber auch die Politik der zust¨andigen staatlichen Stellen an diesen ideologischen Vorgaben orientiert sein. Ob und inwieweit dies fur¨ den neuen Wissenschaftsbegriff“ zutrifft, soll Gegenstand ” der Untersuchung sein. Dabei soll die Thematik auf drei Ebenen angegangen werden. 3Ruhle,¨ Das Dritte Reich. Das zweite Jahr 1934 , Berlin 1935, 221, Hervorhebung im Original gesperrt. Daß diese Furcht der Nationalsozialisten vor der indirekten Kritik von Wissenschaftlern nicht ungerechtfertigt war, zeigen z. B. die Erinnerungen von Friedrich Glum, Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Erlebtes und Erdachtes in vier Reichen, Berlin 1964, 486. Glum war Generalsekret¨ar der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, der Vorl¨auferin der Max-Planck-Gesellschaft, und Staatsrechtlehrer in Berlin. Er hatte mehrere Semester lang Vorlesungen uber¨ die geistigen Vorl¨aufer des Nationalsozialismus (Fichte, Hegel, Lagarde, Nietzsche, die Rembrandtdeutschen, H. St. Chamberlain, Graf Gobineau) gehalten und den Nachweis gefuhrt,¨ daß deren Gedanken oftmals im genauen Gegensatz zum nationalsozialistischen Ideologiekonglomerat standen. Glum wurde 1936 verboten, solche Vorlesungen anzukundigen.¨ Daraufhin legte er seine Lehrt¨atigkeit nieder. 1.1. Thematische Abgrenzung 5 1. Auf der programmatischen Ebene sollen die ideologischen Voraussetzun- gen gekl¨art werden. Es fragt sich dabei insbesondere, ob der geforderte neue Begriff“ von Wissenschaft uber¨ seinen Schlagwortcharakter hin- ” aus mit einem wissenschaftstheoretischen Konzept verbunden war. Die Untersuchung dieser Frage muß notwendig exemplarisch bleiben. Dabei erwachsen Schwierigkeiten aus dem Ph¨anomen, daß in der intellektuel- lenfeindlichen Atmosph¨are des nationalsozialistischen Deutschlands Fra- gen zur Theorie der Wissenschaften nicht in dem Maße Gegenstand von Reden und Proklamationen der Fuhrer“¨ des Reiches waren, wie andere ” Themen v¨olkisch-orientierten Lebens. Propagandisten fur¨ den neuen Wis- senschaftsbegriff wurden in erster Linie die Studentenschaft
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