Mitteilungen Heft 43 / Juli 2005

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Mitteilungen Heft 43 / Juli 2005 Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e. V. – KZ-Gedenkstätte – Mitteilungen Heft 43 / Juli 2005 DZOK-Experiment: Comic-workshop für Menschen Inhalt jeden Alters - wer macht mit? Wohin geht‘s mit dem DZOK? 2 Die Geschichte von Die Finanzen 4 Lina und Alfred Haag als Comic!? „Landesstiftung“ und „GFS“ 4 Aktion Sühnezeichen: als dzokki in der Welt 5 Vermisst „im Osten“ 7 Stifter-Motive 9 „Arbeitserziehungslager“ in Württemberg 11 Max heißt der Neue 13 Das Ulmer KZ: Weiterbildung für Lehrer 14 Ulmer Sport 1933 15 Der „Obere Riedhof“ im NS 18 Neue Bücher 19 „Befreiungsminister“ Gottlob Kamm – KZ-Kommandanten 1933 – Gertrud Müller – KZ Natzweiler – Gedenkstätte Vaihingen/Enz – Katalog Dachau – Zwangsarbeit im Norden – Suchdienste – NS-Kraftfahrkorps – Einstein für die Schule – Neuestes zur „Weißen Rose“ – Fritz Hartnagel – Nachkriegszeit in Ulm Neues in Kürze 24 Ulmer Befreiungsfest – Morde in Illerkirchberg – Gedenkstätten-Bibliotheken – DZOK-Besucher – Christoph Probst – Inge Aicher-Scholl – dzokki- Praktikanten – New Herrlingen – Albert Einstein – Holocaust-Mahnmal – Mengele/Günzburg – Topf & Söhne – polnische Freunde – Alfred-Hausser-Preis – Hans Lebrecht – Eleonore Diehl – Susan Losher Veröffentlichungen des DZOK 28 Veranstaltungen Herbst 2005 29 Auf der Grundlage von Lina Haags Buch „Eine Hand voll Staub“ bietet die Berliner Künst- Beitrittserklärung 31 lerin Elke Steiner am Wochenende 1. bis 3. Oktober einen workshop für Menschen jeden Liebe/-r Leser/-in: Alters an, die gerne einmal die Form des Comics zur Beschäftigung mit der NS-Geschichte ausprobieren wollen. Nur 12 Plätze – Anmeldung bis 23. September (vgl. S. 30) wir brauchen Sie! 32 Hier ist die Titelseite des neuesten Buches von Elke Steiner (Die anderen Mendelssohns, Impressum/ Besuchszeiten in Berlin, Reprodukt, 2004) mit Comics zu den Geschichten von zwei Mitgliedern der berühmten Gedenkstätte 32 deutsch-jüdischen Familie Mendelssohn zu sehen. (www.reproduktcomics.de) Einladung zur Jahreshauptversammlung des Vereins Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg 1. Berichte und Diskussion: Wie steht‘s ums DZOK??? 2. Neuwahlen 3. Der Freiwilligendienst der Aktion Sühnezeichen stellt sich vor Freitag, 8. Juli 2005, 16 Uhr, Volkshochschule Ulm, EinsteinHaus am Kornhausplatz, Club Orange Mitglieder, Freunde, Interessierte sind willkommen! DZOK-Mitteilungen Heft 43, 2005 1 „Weiterrudern und Signal geben“ Ein Gespräch von Vorstand und Mitarbeitern über Gegenwart und Zukunft des Ulmer Dokumentationszentrums Vor 60 Jahren endete das national- „Ich bin Kassiererin und für die Buch- „Das DZOK ist in die Rolle einer Art sozialistische Regime, Deutschland haltung zuständig, bin auch Mädchen moralischen Instanz zur Bewah- wurde von den Alliierten befreit und es für alles. Ich betreue mit viel Herzblut rung und Festigung der Demokratie begann der Versuch des Aufbaus einer polnische und auch einen holländi- hineingewachsen...“(FB) freiheitlichen und demokratischen schen Zwangsarbeiter.“ (IS) Gesellschaft. Zu diesem Versuch „Mich motiviert zur Mitarbeit die Sorge 3. Was wird, was soll sich gehörte auch immer – in wechselnden um demokratische Grundrechte. an der Arbeit in absehbarer Konjunkturen und unterschiedlichen Zukunft ändern? Akzentuierungen – das Erinnern, d. h. Ich arbeite mehr im Hintergrund und die Überzeugung, dass das, was will den Hauptamtlichen den Rücken „Wir leisten gute Arbeit, Ich sehe geschehen ist, bedeutungsvoll sei für frei halten.“ (WK) keine Erweiterungsmöglichkeiten, wir Gegenwart und Zukunft. müssen weiterhin aktuelle Fragen auf- Eine Art „Agentur des Erinnerns“ 2. Wie sehe ich Rolle und Auf- greifen.“ (ME) in unserer Region war und ist die gaben des DZOK heute? „Der Charakter des Gedenkens ändert Institution des Dokumentationszent- „Das sind wir: Gedenkstätte, Archiv, sich mit dem Verlöschen der Zeit- rums. Aber auch hier gab es neben Wissenschaftliche Arbeit, Verlag, päd- zeugen und der Tatsache, dass die Kontinuität einige Perspektivwechsel, agogische Arbeit, Kommunikations- NS-Zeit immer weiter zurückliegt und ausgelöst durch politisch-gesellschaft- schnittpunkt der Stadt beim Thema damit zumindest für junge Leute all- liche Bedingungen und natürlich auch NS-Zeit.“ (MK) mählich in den Nebel der allgemeinen durch das weitgehende Verlöschen Geschichte versinkt. Stand am Anfang „Die Rahmenbedingungen in der der Erlebensgeneration. noch die historische Erforschung der Ulmer Gesellschaft erscheinen heute In wenigen Tagen, am 8. Juli, steht NS-Zeit im Vordergrund, so wird in relativ gut für uns; wenn es uns aber eine Mitgliederversammlung und es Zukunft der bildungspolitische Auftrag heute nicht gelingt, in der Mitte der stehen Vorstandswahlen im Träger- mehr an Bedeutung gewinnen.“ (WK) Stadt, in den Köpfen der Ulmer Bür- verein ins Haus. Dies ist der Anlass, gergesellschaft anzukommen, dann „Lehrer kommen zunehmend in die dass in den vergangenen Wochen, schaffen wir es nie (…) Wir sitzen in Gedenkstätte wie zu einem beliebigen Vorständler/-innen und Mitarbeiter/- einem Kanu und rudern gegen einen Dienstleister, ohne Verständnis für die innen sich Gedanken gemacht haben Strom des Vergessens und der Gleich- gesellschaftlichen Schwierigkeiten der zu Gegenwart und Zukunft unserer gültigkeit.“ (HG) Arbeit.“ (ET) Arbeit. Auszüge aus diesem Gespräch, vorsichtig gegliedert, können Sie im „Von außen könnte man sagen, so „Wir müssen einerseits dem zuneh- Folgenden lesen… und mit uns weiter gut wie jetzt ging‘s in der öffentlichen menden Zeitabstand und der His- diskutieren! Akzeptanz noch nie. Aber: wie groß ist torisierung des NS-Geschehens bei An dem Gespräch nahmen teil: bei allem Schulterklopfen unsere Tie- Schülern und Lehrern, aber auch dem Annette Lein (AL), Ingrid Siegl (IS), fenwirkung? In Wahrheit aber sind wir Umstand Rechnung tragen, dass ein Erika Tanner (ET), Ilona Walosczyk(IW), in unserer größten Krise.“ (MK) großer Teil unserer gegenwärtigen Schüler-Generation Deutschland gar Fritz Bauer (FB), Manfred Eger (ME), „Sind wir nicht in einer Art Hono- nicht als Heimatland hat. Das heißt, Hansjörg Greimel, (HG) , Wolfgang ratioren-Wohlanständigkeit ange- Betroffenheit kann nicht vorausgesetzt Keck (WK), Martin König (MK), Sil- kommen?“ (HG) vester Lechner(SL) werden, sie muss erst hergestellt „Ja, was unseren Ursprung anbelangt werden.“ (HG) sind wir in einer doppelten Krise: einer- „Aber es ist doch so, dass viele aus 1. Wie sehe ich meine Rolle in seits leben die Menschen, die alles anderen Ländern kommende Schüler, der Arbeit? erlitten und erlebt haben, nicht mehr; ich denke etwa an den Kosovo, andererseits sind auch die politischen „Ich leiste ehrenamtliche Hilfestellung grundsätzlich ähnliche Erfahrungen Vorstellungen und Konzepte, etwa aus meiner Profession als Historiker.“ von Menschenrechtsverletzungen wie des Übergangs von der Weimarer (MK) unsere Kuhberg-Häftlinge gemacht zur NS-Zeit verloren gegangen, oder „Ich stehe zur besonderen Verwen- haben, und daran wäre anzuknüpfen.“ nur noch in sehr veränderter Weise dung bereit.“ (FB) (ET) wahrzunehmen. D. h. wir müssen bei „Zeitzeugenschaft ist meine Rolle; ich den Menschen von heute konkrete „Das gilt natürlich auch für unsere mache Führungen, unterstütze Sil- Anknüpfungs- und auch Leidens- deutschen Jugendlichen mit ihrem vester.“ (ME) punkte finden, allgemeine Menschen- schwierigen Spagat zwischen „60 Jahre nach Kriegsende ist für mich, rechtsfragen erscheinen mir als zu „Spaßgesellschaft“ und drohender Jahrgang 1943, dieser historische Ort abstrakt.“ (SL) Arbeitslosigkeit; und das heißt, mit dem zunehmenden Bezugs- und ein wichtiger Identifikationspunkt mit „Ich sehe in uns ein überparteiliches Vertrauensverlust gegenüber den der Vätergeneration, insbesondere regionales Forum mit dem Hauptge- demokratischen Grundlagen … Die mit denen, die bestimmte Gedanken, wicht auf der politischen Bildungsar- Generationenfrage stellt sich ande- die mir heute wichtig sind, leidvoll ver- beit mit Jugendlichen vor dem Hinter- rerseits nicht nur bei den Besuchern, treten haben.“ (HG) grund der NS-Zeit.“ (WK) 2 DZOK-Mitteilungen Heft 43, 2005 3 Vorstand und Mitarbeiter des DZOK am 1. Juni, mit Ausnahme von Hansjörg Greimel und Ilona Walosczyk, die die Aufnahme machte. Von links: Martin König, Fritz Bauer, Ingrid Siegl, Annette Lein, Erika Tanner, Wolfgang Keck, Silvester Lechner, Manfred Eger. sondern vor allem bei denjenigen, „Das bedeutet, wir müssen deutlich „Als Leiter wünsche ich mir vom die die Arbeit inhaltlich leisten, also machen, dass unsere Kompetenz neuen Vorstand, dass er die Ideen z. B. bei den Guides: wer mit welcher heute schon nicht nur der historische und Möglichkeiten der Institution in Motivation wird das künftig machen? Tatort Oberer Kuhberg ist, sondern allen gesellschaftlichen Bereichen Wir haben heute schon einen krassen auch das breite, faszinierende regionale Ulms repräsentiert. Mit dem Ziel, die Mangel an Guides und suchen drin- Material in Archiv und Bibliothek.“ (SL) öffentliche Identifikation mit der Arbeit gend neue.“ (SL) „Wir sollten uns freilich in unseren zu erhöhen und vor allem, die materi- „Gegenwärtige, vor allem aber künf- Visionen nicht überfordern, mit den ellen Grundlagen zu verbessern. Denn tige Besucher aus dem Schulbereich, vorhandenen Kräften können wir, der unsere künftige Arbeit kann – bei aller werden eine erweiterte historische Verein, all das nicht leisten …“ (ET) Notwendigkeit von Ehrenamtlichen Kompetenz von uns erwarten, etwa zu – im wesentlichen nur professionelle, den Themenbereichen Ulmer Juden, 4. Welche Aufgaben kommen also bezahlte Arbeit sein.“ (SL)
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