CDU-Informationsdienst Union in Deutschland Bonn, den 29. Oktober

34/87 <Ü^L Erklärung des Bundesvorstandes Volle Solidarität mit der schleswig-holsteinischen CDU J^er CDU-Bundesvorstand hat dem schleswig- holsteinischen Landesverband der Partei seine Henning Schwarz: »volle Solidarität" ausgesprochen und dessen Absicht unterstützt, die Vorgänge in Kiel ^ckenlos und umfassend aufzuklären. In einer Waren wir v°n Generalsekretär Heiner Geißler am Montag stark genug? p6. Oktober 1987) in Bonn vor Journalisten ver- Im Beisein von Bundeskanz- ,esenen einstimmigen Erklärung der Parteifüh- ler , Gerhard rung heißt es: Stoltenberg, Bundestagsprä- sident Philipp Jenninger, der yer CDU-Bundesvorstand hat den Bericht des Bun- Ministerpräsidenten aller Bundesländer und von Alt- ^esvorsitzenden, Bundeskanzler Helmut Kohl, und e bundespräsident Karl Car- s Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein, stens fand am Dienstag, 27. j-^rhard Stoltenberg, sowie die Stellungnahme des Oktober 1987, im Dom zu Landesausschusses der CDU Schleswig-Holstein Lübeck, unter großer Anteil- nahme der Bevölkerung die yom 24. Oktober 1987 mit uneingeschränkter Trauerfeier für den früheren Zustimmung zur Kenntnis genommen. Der CDU- Ministerpräsidenten von ßundesvorstand spricht der CDU Schleswig-Hol- Schleswig-Holstein, Uwe stein seine volle Solidarität aus. Er unterstützt die Barschel, statt. Gekommen Absicht der CDU in Schleswig-Holstein, die Vor- waren auch alle CDU-Land- n tagsabgeordnete. Der °^ ge in Kiel lückenlos und umfassend aufzuklären, geschäftsführende Minister- ahrheit und Klarheit sind dabei die Richtschnur präsident Henning Schwarz r die im Interesse der Demokratie dringend not- sagte in seiner Trauerrede: „Bevor Uwe Barschel seinen wendige Aufklärung. letzten Weg geht, müssen wir , er CDU-Bundesvorstand verwahrt sich gegen die in uns gehen. Waren wir stark 'tlosen und durchsichtigen Verdächtigungen und genug, in der Not und Ein- samkeit seiner letzten p schuldigungen der SPD gegenüber führenden er Wochen zu ihm zu stehen?" £. sönlichkeiten der CDU Schleswig-Holstein. Den ausführlichen Text der e haben von den Aktivitäten Pfeiffers erstmals am Rede bringen wir im Innern ~ • September durch die Agenturberichte über den der Ausgabe. Ple8el-Artikel erfahren. Deshalb wehrt die CDU Seite 2 • UiD 34/87 CDU SCHLESWIG-HOLSTEIN jeden Versuch der SPD ab, die Integrität • Die CDU wird sich weiter offen der der CDU-Landespartei und der CDU- kritischen Diskussion über die Vorgänge Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein seit dem 13. September sowie über Ver- in Zweifel zu ziehen. lautbarungen aus ihren Reihen stellen. Demgegenüber sind führende Sozialde- • Unabhängig von der Bewertung einzel- mokraten in Schleswig-Holstein im ner Verlautbarungen unterstreicht der Gegensatz zur CDU viele Wochen vor Landesausschuß, daß die CDU Schles- der Landtagswahl von den Aktivitäten wig-Holstein und ihre Führungsgremien Pfeiffers informiert worden, ohne anschließend im Interesse der politischen in den schweren Wochen seit dem 13. Kultur unseres Landes um sofortige Auf- September nach bestem Wissen ihre Ver- klärung bemüht gewesen zu sein. antwortung für unser Land wahrgenom- Im politischen Leben sollten wir bei allen men haben. notwendigen Auseinandersetzungen • Der Landesausschuß verurteilt die Ver- beherzigen: Zwischen Demokraten darf suche der SPD, die verwerflichen Aktivi- es kein Freund-Feind-Verhältnis geben, täten des früheren Angestellten Pfeiffer und der Zweck heiligt auch wegen des zur Diffamierung der CDU Schleswig- gebotenen Respekts vor dem Volkssou- Holstein und ihrer Repräsentanten zu verän nicht jedes Mittel. mißbrauchen. Unsere Partei hat im Wahl- Wir alle sind dafür verantwortlich, daß kampf und nach dem Wahltag Fehler unsere Demokratie nicht Schaden leidet. gemacht. Die SPD Schleswig-Holstein „Kein Mensch verfügt über die absolute mußte nach gegenteiligen Versicherungen Wahrheit", heißt es im Grundsatzpro- aufgrund der staatsanwaltlichen Ermitt- gramm der CDU. „Jeder Mensch ist Irr- lungen zugeben, daß ihr Landesvorsitzen' tum und Schuld ausgesetzt. Diese Ein- der Jansen und andere Funktionäre sicht bewahrt uns vor der Gefahr, Politik bereits vor der Landtagswahl mit Pfeiffef zu ideologisieren. Sie läßt uns den Men- zusammengearbeitet haben. Damit hat schen nüchtern sehen und gibt unserer die SPD-Führung Schleswig-Holsteins Leidenschaft in der Politik das menschli- ihre Glaubwürdigkeit verloren. che Maß." • Die Wahlniederlage am 13. September Dieses menschliche Maß muß auch unse- und die Vorgänge der letzten Wochen ren Umgangsstil in der Politik kennzeich- müssen zu grundlegenden Folgerungen nen. für unsere künftige Parteiarbeit führen. Der Landesausschuß erwartet für den Landesparteitag (7. November 1987) Landesausschuß für einen ersten Bericht der vom erweiterten eine offene und Landesvorstand eingesetzten Arbeits- gruppe. Die Landespartei wird die pro- kritische Diskussion grammatische und politische Vorberei- tung der Landtagswahl in Kürze begin- Der Landesausschuß der CDU Schles- nen. wig-Holstein hat am 24. Oktober 1987 nach einem Bericht des Landesvorsit- • Der Spitzenkandidat und die Landesli- zenden eine ste sollen auf einem Landesparteitag im mehrstündige Diskussion zur Situation ersten Vierteljahr 1988 benannt werden. der Partei und den landespolitischen Diese Erklärung wurde bei 180 Ja-Stim- Aufgaben geführt. Es bestand Einver- men, vier Nein-Stimmen und acht Enthai' nehmen in folgenden Punkten: tungen vom Landesausschuß gebilligt. TRAUERFEIER UWE BARSCHEL UiD 34/87 • Seite 3 Sein Tod ist eine Heimsuchung Ansprache des stellvertretenden Mini- seinen Geschwistern an den Rand des sterpräsidenten Dr. Henning Schwarz Sachsenwaldes gebracht. anläßlich der öffentlichen Trauerfeier Als Schleswig-Holsteiner Lauenburger für Ministerpräsident a. D. Dr. Uwe Prägung ist er aufgewachsen und hat sich ßarschel am 27. Oktober 1987 im immer so verstanden. Es blieb so, wie in Dom zu Lübeck. seiner Schüler- und Studentenzeit: Wo Dr. Uwe Barschel ist tot. andere drei Schritte machten, brauchte er nur einen. Er brachte mit, was im besten Sein einsames Ende im fernen Genf hat die Sinne Berlin ist: Schnelles, zielgerechtes Menschen weit über unsere Landesgrenzen Denken, Schlagfertigkeit, Führungskraft, hinaus in Erschrecken und Trauer vereint, Entschlossenheit; allerdings in einer unwie- hat uns zugleich auseinander, ja gegenein- derbringlichen Verbindung mit Kamerad- ander gejagt. Es hat unsere Gewissen schaftlichkeit und Sinn für Gerechtigkeit. Sepackt. Sein Tod ist eine Heimsuchung. Ein Mann in der Blüte seines Lebens liegt Das waren die Gründe, weswegen seine vor uns. Freunde ihn auswählten und immer wieder "ir reichen seiner tapferen Frau, seinen wählten, zum Vorsitzenden der Jungen Union, zum Kreisvorsitzenden, zum Stell- Kindern, seiner Mutter und seinen vertretenden Landesvorsitzenden der Geschwistern die Hände und wollen ihnen CD U, zum Fraktionsvorsitzenden im über Worte hinaus Hilfe und Stütze sein. Kreistag von Lauenburg und im Schleswig- wir wollen die Wahrheit, auch wenn sie Holsteinischen . Ein stets präsen- Sehmerzen bringt, wir wollen Recht und ter Redner, fürs Detail, für die große Linie, Menschenwürde unter uns und für Uwe fürs harte Handgemenge, für Zwischenrufe Barschel. — die er selbst auf der Regierungsbank ^eine junge und starke Kraft hat unserem kaum bremsen konnte. Partei und Fraktion Land gedient, damit uns allen. haben dem Debatter Uwe Barschel zu dan- Seine Taten, seine Ziele, Nutzen zu meh- ken, der selten jemanden schonte, sich ren und Schaden abzuwenden, bleiben uns. auch nicht. Mehr als 15 Jahre hat Uwe Barschel die Partei und Fraktion haben auch dem Den- Politik unseres Landes mitgestaltet und ker und Formulierer zu danken, kein geprägt: Wahlprogramm, keine verbindliche Aus- • als Abgeordneter des Landtages, seit sage war ohne seine Handschrift. Oft I97lt genug war sie es beinahe allein. • als Parlamentarischer Vertreter des Kul- Als Finanzminister hat er noch als der Us ministers und Beauftragter für Jugend Schnee meterhoch auf unseren Dörfern Un d Sport, und Straßen lag, dafür gesorgt, von den • als Vorsitzender der CDU-- Bürgern unbillige Härten abzuwenden. J'aktion, Als Innenminister hat er eine der größten als Finanz- und Innenminister, Massendemonstrationen bewältigt, mit als Ministerpräsident in fünf Jahren. Übersicht, human und rechtsstaatlich. ls ganz kleinen Jungen hat seine treue Die Leistungen Uwe Barscheis in seiner Mutter ihn aus dem brennenden Berlin mit fünfjährigen Amtszeit als Ministerpräsi- Seite 4 • UiD 34/87 TRAUERFEIER UWE BARSCHEL dent unseres Landes haben über seinen mung der wirtschaftenden Eigentümer übet Tod hinaus Bestand. Er wußte, der Reich- das ganze Land verbreitete. Werften, Bau- tum unseres Landes sind seine Menschen. gewerbe, Landwirtschaft, Erhaltung und Erfühlte und lebte mit den jungen Men- Vermehrung gewerblicher und dienstlei- schen. Vehemente Energie hat er einge- stender Betriebe und Arbeitsplätze, dazu setzt, um die Chancen zur Berufsausbil- die schwierige Haushaltslage. An Proble- dung zu steigern. Seine Appelle, seine men hat es in unserem Lande nicht gefehlt Organisationskraft haben Früchte getra- in seiner Regierungszeit. Es war keine gen. Die vorausgesagte Katastrophe blieb Schönwetterperiode. Er hat sich allem aus. gestellt und sich nicht geschont. Keine Dis- kussion war ihm zu riskant, keine Protest- Unter der Arbeitsmarktlage hat er buch- versammlung zu mulmig. stäblich persönlich gelitten. Uwe Barschel hat die Medienlandschaft Angesichts seiner unkonventionellen Wege, neu geordnet. In seinem Kopf waren die ich spreche von einem Millionenprogramm komplizierten Rechts- und VertragsverhäU' über drei Jahre, hat mancher Ordnungspo- nisse des öffentlichen Rundfunks wie weit- litiker nachdenklich das Haupt gewiegt. greifende technische und publizistische Ver- Unter Uwe Barscheis Vorsitz wurde die hältnisse geordnet und abrufbar zu Hause- Arbeitsplatzoffensive von Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsverwaltung Er sah den traditionsreichen Norden erarbeitet. Das geschah, als bundesweit Deutschlands wie er steht und liegt. Er erbittert über die Bedingungen des Arbeits- kannte die überkommenen Belastungen kampfes gestritten wurde. Er selbst hat und die neu aufgerissenen Disparitäten. Er diese erfolgreiche Operation dem ange- hat sich um gute Nachbarschaft bemüht. stammten schleswig-holsteinischen Gemeinsinn zugeschrieben. Sie zeigt aber Er hat seinen Einigungswillen und seine gelegentlich entwaffnende Vorurteilslosig- auch: Uwe Barschel konnte zusammenfuh- 1 ren und einen. keit in die Gemeinschaft der norddeutscher Länder eingebracht. Uwe Barschel war ein naturverbundener Mann. Man muß ihn in seiner wildesten Uwe Barschel liebte Deutschland, sein Kluft in seinem Garten und mit Tieren Vaterland. Er hörte nicht auf, an die Ein- erlebt haben, oder auf langen Wegen durch heit der Nation zu glauben und allem zu die Lauenburger Wälder und Wiesen. Er widerstehen, was gegen die historischen hatte einen offenen Blick für alles, was und rechtlichen Ansprüche unseres geteil- wächst und lebt. Als Jurist und Politiker ten Volkes aufgebaut ist. Er bekannte sich- stand er in fast aussichtsloser Position für wo andere Schultern und Arme sinken lie- die Ergänzung des Grundgesetzes durch ßen. das Staatsziel Umweltschutz. Seine Hal- Uwe Barschel hielt es für eine der vor- tung wird, über seinen Tod hinaus, Erfolg nehmsten Aufgaben der demokratischen bringen. Uwe Barschel hat das Thema Gesellschaft, Bildung, Kunst und Kultur & Nationalpark Nordfriesisches Wattenmeer fördern. Er wollte den erkennenden, wer- energisch angepackt und zu einem guten tenden Bürger, wollte dessen Wurzelschltö Ende geführt, gegen viele Widerstände. im Boden des Geistigen und der Empfin- Die Extensivierung naturwerthafter Land- dung mehren. Zahlreiche Museen wurden schaftsteile war seine persönliche Idee, die eröffnet und erweitert. Ein Landeskultur- sich zu aller Überraschung mit Zustim- programm trug die Erlebbarkeit herge- TRAUERFEIER UWE BARSCHEL UiD 34/87 • Seite 5

Frachter und neuer Kunst aller Felder in Gemeinwohl in einer solchen Lage? Mit die Breite unseres Landes. der Last dieser Fragen müssen wir weiter- Die örtliche Einzelheit — ich denke an sein leben. wirken in der Stiftung Lauenburg — fes- selte ihn persönlich genauso wie das weit Der Tod hat unsere Befindlichkeit verän- uber die Grenzen unseres Landes begei- dert. Nichts ist mehr so, wie es vor Tagen sternde Schleswig-Holstein Musik-Festival. war. Dennoch halten wir fest: Uwe Bar- schel wollte Gutes und hat viel davon in Friede und Verständigung im deutsch- seinem kurzen Leben auf den Weg dänischen Grenzraum lag ihm am Herzen. gebracht. Er sah mit Hoffnung in die Er sah die dänische Minderheit als Berei- Zukunft. Er war ein Optimist. „Es ist klü- cherung fiir unser Land. Erfühlte sich den ger", schreibt Dietrich Bonhoeffer 1943, dänischen Staatsbürgern deutscher Volks- „pessimistisch zu sein: Vergessen sind die zugehörigkeit innerlich verbunden. So ist Se Enttäuschungen und man steht vor den in Handeln nicht allein aus juristischen Menschen nicht blamiert da. So ist Opti- Undpolitischen Kategorien zu definieren. mismus bei den Klugen verpönt. Optimis- Das schreckliche Unglück vom 31. Mai in mus ist in seinem Wesen keine Ansicht Lübeck-Blankensee erscheint uns heute in über die gegenwärtige Situation, sondern Qnderem Licht. Er hat damals Bestürzung er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Ur>d Trauer, körperliche Schmerzen und Hoffnung, wo andere resignieren, eine Verleumdung ertragen. Plötzlich wurde Kraft, den Kopf hoch zu halten, wenn alles sichtbar, mit welchen Risiken hohe politi- fehlzuschlagen scheint, eine Kraft, Rück- sche Ämter verbunden sein können und wie schläge zu ertragen, eine Kraft, die die e'nsam sie persönlich einzulösen sind. Zukunft niemals dem Gegner läßt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt. Es gibt yeute müssen wir ihn begraben. Bevor "*>e Barschel seinen letzten Weg aufunse- gewiß auch einen dummen, feigen Optimis- rer Erde antritt, die er zuvor rastlos über- mus, der verpönt werden muß. querte, müssen wir in uns gehen. Aber den Optimismus als Willen zur Wr müssen uns fragen, ob es der humanen Zukunft soll niemand verächtlich machen, Leitidee der Demokratie entspricht, wenn auch wenn er hundertmal irrt; er ist die "ei dem Wettbewerb um Mehrheiten Her- Gesundheit des Lebens, die der Kranke a"setzung, Demütigung und Tod folgen. nicht anstecken soll. Es gibt Menschen, die Sicher nicht. es für unernst, Christen, die es für unfromm halten, auf eine bessere irdische y^ir, seine politischen Freunde, müssen uns ra Zukunft zu hoffen und sich auf sie vorzube- * gen, ob wir ihn so vorbehaltlos geliebt reiten. Sieglauben an das Chaos, die *d geschätzt haben, wie seine Frau, seine Unordnung, die Katastrophe als den Sinn Binder und seine Geschwister. Sicher ,cht. Wer kann das schon von sich des gegenwärtigen Geschehens und entzie- hen sich in Resignation oder frommer ehaupten. Waren seine Freunde stark nu Weltflucht der Verantwortung für das Wei- i g, in der Not und Einsamkeit seiner terleben, für den neuen Aufbau, für die etzten Wochen zu ihm zu stehen, wie in tuten Tagen? kommenden Geschlechter. Mag sein, daß der jüngste Tag morgen anbricht, dann Qs ist aber, wenn Einsamkeit um sich wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Ie'ft und das nicht allein durch räumliche Zukunft aus der Hand legen, vorher aber tntfernung? Welches Gewicht hat das nicht". Seite 6 • UiD 34/87 CDU SCHLESWIG-HOLSTEIN Erklärung von Gerhard Stoltenberg zu den Kieler Ereignissen Nach dem tragischen Tod Uwe Bar- ten. Ich habe versucht, in den persönli- scheis habe ich bewußt davon abgese- chen Gesprächen Uwe Barschel nach hen, mich an der Diskussion über die bestem Wissen und im Rahmen meiner vorhergehenden öffentlichen Ausein- Möglichkeiten Rat und Unterstützung zu andersetzungen seit dem 13. Septem- geben. ber zu beteiligen und mich zu den vom Gegen Ende September gab es bei mei- Bruder des Verstorbenen im Fernsehen nen Aufenthalten in Kiel in Gesprächen gegen die Führung der schleswig-hol- mit Parteifreunden Mitteilungen über steinischen CDU erhobenen Vorwürfe konkrete Hinweise, die sie erhalten hat- zu äußern. Da jetzt aber vielfältige ten und die Zweifel an einzelnen Aussa- neue fragwürdige Spekulationen, gen Uwe Barscheis weckten. Diese Infor- Unterstellungen oder Attacken ver- mationen verursachten erhebliche Sor- breitet werden, will ich im Interesse gen, machten aber nicht eine abschlie- unserer Landespartei folgendes fest- ßende sichere Beurteilung möglich. Uwe stellen : Barschel hat in unserem letzten Gespräch Die erneut von der Bonner SPD unter- am 28. September, in dem ich ihn auf der- nommenen Versuche, die CDU Schles- artige Hinweise ansprach, entschieden wig-Holsteins und mich persönlich für und grundsätzlich seine Aussagen aus der die Affäre Pfeiffer, die verwerflichen Zeit nach dem 13. September bekräftigt Aktivitäten des früheren Angestellten der und sich über die Zweifel einiger Kolle- Landespressestelle, mitverantwortlich zu gen beklagt. Nach rechtsstaatlichen machen, weise ich entschieden zurück. Grundsätzen und dem Gebot der Fairneß Sie sind eine haltlose Verdächtigung. Ich mußte ich deshalb davon ausgehen, daß bin von den beruflichen Aufgaben Pfeif- eine sichere Klärung der angesprochenen fers und seinen Aktivitäten erstmals am Sachverhalte erst in den bevorstehenden 12. September durch die Agenturberichte Verfahren der Justiz und des Untersu- über den „Spiegel"-Artikel informiert chungsausschusses erfolgen könne. worden. Als ich kurz vor der Abreise Uwe Bar- Uwe Barschel hat nach dem 13. Septem- scheis von seiner Absicht hörte, den ber in zwei ausführlichen persönlichen Urlaub in Sizilien oder — wie er mir Gesprächen mit mir und in seinen Erklä- dann sagte — auf Gran Canaria zu ver- rungen vor den Führungsgremien von bringen, habe ich ihm telefonisch drin- Partei und Fraktion die Vorwürfe Pfeif- gend empfohlen, einen Ort zu wählen, an fers in einer für uns schlüssigen und über- dem er jederzeit erreichbar sei und im zeugenden Weise zurückgewiesen. Des- Bedarfsfall kurzfristig nach Kiel zurück- halb haben wir ihm mehrfach freund- kehren könne. Uwe Barschel hat sich für schaftliche Verbundenheit und Solidari- diesen Rat bedankt, aber er ist ihm nicht tät ausgesprochen. Dies galt auch für gefolgt. seine Absicht, in den beginnenden Ver- Mich hat vor dem Hintergrund dieses fahren die Behauptungen Pfeiffers zu Ablaufs der Vorwurf des Bruders des Ver- widerlegen beziehungsweise zu entkräf- storbenen verletzt, meine Freunde und WIRTSCHAFT UiD 34/87 • Seite 7 Mit der Konjunktur geht es weiter aufwärts P»e Daten für den August weisen einen strie wurde von der wechselkursbeding- kräftigen Anstieg von Auftragseingän- ten Erschwerung des Auslandsgeschäfts gen und Produktion in der Industrie und der Verschärfung der Importkonkur- jjus. Die Nachfragebelebung kam aus renz am stärksten betroffen. Der Wandel, "cm In- und aus dem Ausland und der sich nach der Stabilisierung der erfaßte die ganze Breite der Industrie- Wechselkurse seit Frühjahr abzeichnete, bereiche. Auch die Industrieproduk- hat nunmehr deutlichere Konturen tion hat nach den etwas schwächeren gewonnen. Die Auslandsnachfrage ist Ergebnissen in den Vormonaten wieder nachhaltig angestiegen und der Export Anschluß an die Nachfrageentwick- hat sich erholt. Die deutsche Industrie lung gefunden. Das Monatsergebnis kann außerdem wieder stärker an der v <>m August ist durch Großaufträge guten Konsumkonjunktur partizipieren, u«d ferienbedingte Verzerrungen über- die lange Zeit hauptsächlich den tertiären zeichnet. Die Gesamttendenz der letz- Bereich von Handel, Handwerk und en Monate bestätigt jedoch deutlich, Dienstleistungen begünstigte. Die Stabili- d*ß es mit der deutschen Konjunktur sierung der Wettbewerbsposition gegen- Leiter aufwärts geht. über dem Ausland hat darüber hinaus Unsicherheiten und Belastungen des Pie Kräftigung der Industrie-Konjunktur Investitionsklimas abgebaut. Damit ste- lst ein gutes Zeichen für die weitere wirt- Sc hen die Auftriebskräfte wieder auf einer haftliche Entwicklung. Denn die Indu- breiteren Basis. Louvre-Abkommen erfolgreich 1Fortsetzung von der vorigen Seite) Zur Stabilisierung der Wechselkurse hat Ich hätten Uwe Barschel „fallengelas- en die verbesserte währungspolitische ? ". Ich beabsichtige aber nicht, hier- Kooperation der wichtigsten Industrie- über in eine detaillierte Auseinanderset- länder einen wesentlichen Beitrag gelei- zung einzutreten. Ich habe noch am 7. stet. Die Einsicht ist gewachsen, daß die ^ktober, dem Abend des 1. Sitzungstages es Vernachlässigung außenwirtschaftlicher Untersuchungsausschusses, als die Einflüsse und überzogene Wechselkurs- . stürzenden Nachrichten aus Kiel mich n bewegungen der Weltwirtschaft insge- ' Bonn erreichten, vergeblich mehrfach samt schaden. Das Louvre-Abkommen ersucht, Uwe Barschel über die mir von ln vom Februar, das zuletzt auf der Jahres- em seiner Mitarbeiter überlassenen versammlung von IWF und Weltbank elefonnummer zu erreichen. erneut bekräftigt wurde, erwies sich als Cn bin nicht bereit, durch unbegründete erfolgreich. Obwohl unerwünschte Wech- ^griffe, publizistische Spekulationen selkursausschläge weiterhin nicht ausge- J!Jer auch haltlose Verdächtigungen der schlossen werden können, ist dieses D, die Integrität unserer Landespartei Abkommen eine wichtige Orientierungs- nd -fraktion oder meine persönliche hilfe für die Märkte, bis der Abbau der Unrichtigkeit in Zweifel zu ziehen zu las- Ungleichgewichte im Welthandel, der sen. Zeit braucht, deutlicher sichtbar wird. Seitee • UiD34/87 MENSCHENRECHTE Friedrich Vogel: Tatverdacht ist nicht gleich Tatüberführung Der Deutsche Bundestag hat erstmals auf Geständnisse gestützt und werden in dieser Legislaturperiode ein eigenes diese als ausreichende Beweismittel Gremium für die Menschenrechte ein- gemäß Art. 481 des chilenischen Strafge- gesetzt. Vorsitzender ist der Bundes- setzbuches gewürdigt. Man muß dazu tagsabgeordnete Friedrich Vogel. wissen, daß im chilenischen Strafverfah- Vogel nahm in der Menschenrechtsde- ren dem Beweiswert eines Geständnisses batte am 8. Oktober 1987 im Deut- eine hervorgehobene Bedeutung schen Bundestag auch zur vieldisku- zukommt. Man muß weiter wissen, daß i" tierten Frage der Asylgewährung für der Regel der Untersuchungshaft in 15 Chilenen Stellung und führte u. a. Justizgefängnissen eine kürzere oder län- aus: gere Haftzeit im Polizeigewahrsam vor- ausgeht — die sogenannte Incommuni- Diese 15 Chilenen — das läßt sich nicht cado-Haft — und daß während dieser hinwegdiskutieren — stehen unter dem Haftzeit im Polizeigewahrsam hauptsäch- Verdacht schwerwiegender Straftaten, die lich die Folterübergriffe vorgenommen mit der Todesstrafe bedroht sind. Ich werden. Wir haben genügend Anhalts- weiß nicht, wie schwerwiegend dieser punkte dafür, daß die Chilenen, um die Verdacht tatsächlich ist, und es mag sich es hier geht, gefoltert worden sind. auch um dringenden Tatverdacht han- deln, wie er bei uns für die Anordnung Es darf für uns kein Streitpunkt sein, daß von Untersuchungshaft vorausgesetzt für Geständnisse, die durch Folter wird. Dies muß aber hinzugefügt werden: erzwungen werden, nach rechtsstaatli- Auch noch so dringender Tatverdacht ist chen Grundsätzen ein absolutes Verwer- nicht der Tatüberführung gleichzusetzen, tungsverbot im Strafprozeß gilt, und zwar und darauf wird es am Ende ankommen. — dies füge ich hinzu — unabhängig davon, ob diese Geständnisse richtig odef Herr Blüm hat das Urteil des Zweiten ob sie falsch sind. Durch Folter erzwun- Militärgerichts in Santiago vom gene Geständnisse unterliegen einem 28. November 1986 zitiert. Durch dieses absoluten Verwertungsverbot. Urteil sind drei der 15 Chilenen zum Tode verurteilt worden. Ich bin selbst in Es gibt in unserem Stafrecht sozusagen meinem Leben viele Jahre Richter gewe- eine Magna Charta der Beschuldigten — sen; ich bin auch Strafrichter gewesen. dies ist ein weltweit geltender rechtsstaat- Seit noch mehr Jahren bin ich aktiv täti- licher Grundsatz —: den Grundsatz in ger Anwalt, und zwar nicht nur Titularan- dubio pro reo. walt, wie es bei vielen hier im Hause der Wenn wir all das bedenken, dann ist es Fall ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Mir zwar richtig, daß formal ein unmittelba- haben sich beim Lesen der Urteilsgründe rer Handlungszwang nicht besteht, aber die Haare gesträubt. Eine solche Beweis- ich möchte jedenfalls für meine Person führung wie in diesem Urteil würde bei hinzufügen, daß für uns, wenn wir das uns vor keinem Revisionsgericht Bestand alles bedenken, auch heute schon fest- haben können. Herr Blüm hat schon dar- steht, wie wir entscheiden müssen, wenn auf hingewiesen: Achtmal wird das Urteil die Voraussetzungen dafür vorliegen. FRAUENPOLITIK UiD 34/87 • Seite 9 Mehr Ämter und Mandate für Frauen Die gemeinsame Sitzung der Bundes- Bundesministerin Rita Süssmuth, wird vorstände von CDU und Frauenverei- eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Bun- nigung am 12. Oktober 1987 unter desvorstandes der CDU und der Frauen- dem Vorsitz von Bundeskanzler Hel- vereinigung eingerichtet, in der alle mit mut Kohl, hatte das Ergebnis, daß die der innerparteilichen Frauenförderung Partei nach der Phase grundsätzlicher zusammenhängenden Fragen bearbeitet Entscheidungen auf ihren Bundespar- werden. Hierzu gehören insbesondere teitagen in Essen 1985 (Essener Leit- sätze zur neuen Partnerschaft von • die Formulierung von Inhalten für Mann und Frau) und Mainz 1986 Gleichstellungsprogramme; (C3-Beschluß) nun in die Phase kon- • die Schaffung geeigneter Instrumente kreter organisatorischer und institutio- zu ihrer Umsetzung; neller Schritte zur Verwirklichung der Politischen Gleichstellung der Frauen • die Pflicht zu Berichten auf allen Par- •n der CDU eintreten muß. teitagen, die einen Nachweis erbringen über konkrete Initiativen zur Frauenför- ^er Bundesvorsitzende unterstrich zu derung. °eginn der Sitzung noch einmal die Not- wendigkeit, den Beschluß des Bundespar- l 3. Die CDU richtet einen Bundesfachaus- pitages in Mainz zu verwirklichen, näm- schuß „Frauenpolitik" ein, der ein kon- V.ch den Anteil der Frauen an Mandaten, kretes Arbeitsprogramm erstellt, womit Ämtern und Funktionen so zu steigern, die CDU die politischen Herausforderun- daß er bis zum Beginn der 90er Jahre gen annimmt, die sich aus der Lebenssitu- dem Anteil an der CDU-Mitgliedschaft e ation von Frauen heute ergeben. Heraus- ntspricht. forderungen werden hierbei vor allem sein: *n der mehrstündigen gemeinsamen Sit- zung wurden im einzelnen folgende Ver- — Kriterien für Frauenförderpläne in einbarungen getroffen: allen Bereichen des gesellschaftlichen und beruflichen Lebens, die eine deutli- *• In der Organisationskommission der che Steigerung der personellen Repräsen- CDU wird die Richtlinie zur Kandidaten- tanz von Frauen in allen Ämtern, Manda- Aufstellung von 1975 fortgeschrieben. Die ten und Funktionen des öffentlichen dann neugefaßte Kandidatenaufstel- Lebens möglich machen. 'ungsrichtlinie soll die Untergliederungen der Partei motivieren und verpflichten, — Der Abbau von Benachteiligungen bei den Anteil von Frauen an Ämtern und Teilzeitarbeit und die Durchsetzung bes- ^andaten bei allen künftig anstehenden serer Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen, Wahlen (Kommunalwahlen, Landtags- um die Gleichstellung von Frauen im ^ahlen, Europawahl, Bundestagswahl) Beruf durchzusetzen. *u steigern. — Vorschläge zur weiteren Verbesserung *• Unter der Leitung des Generalsekre- der Stellung der Frau in der Familie und äfs, Heiner Geißler, und der Bundesvor- die damit verbundene Anerkennung der Sltzenden der CDU-Frauenvereinigung, Familienarbeit im öffentlichen Seite 10 • UiD 34/87 FRAUENPOLITIK

Bewußtsein (z. B. durch Anerkennung von Pflegeleistungen). Norbert Blüm — Maßnahmen zur besseren Vereinbar- als Tagungspräsident keit von Familie und Beruf (z. B. Mehr Teilzeitarbeitsplätze, bessere Möglichkei- Der CDU-Bundesvorstand hat am ten der Kinderbetreuung, flexible 26. Oktober 1987 folgenden Vorschlag für Arbeitszeiten, Ausbau von Erziehungszei- das Tagungspräsidium des 35. Bundespar- ten mit Beschäftigungsgarantie). teitages am 9. November 1987 in Bonn — Verbesserung der Möglichkeiten einer gemacht: Wiedereingliederung von Frauen in das Tagungspräsident: Berufsleben (z. B. Weiterbildung). Dr. Norbert Blüm, MdB Das Verfahren zur Berufung von sach- Landesverband Nordrhein-Westfalen kundigen Männern und Frauen in diesen Ausschuß wird in den nächsten Wochen Beisitzer: abgeschlossen werden. Barbara Schäfer, MdL Landesverband Baden-Württemberg 4. Die eingesetzte gemeinsame Arbeits- Dr. h. c. Peter Lorenz gruppe wird ihr Arbeitsprogramm zur Landesverband Berlin innerparteilichen Frauenförderung bei Bernd Neumann, MdB Landesverband Bremen der nächsten gemeinsamen Sitzung der Jürgen Echternach, MdB Bundesvorstände von CDU und Frauen- Landesverband vereinigung im Januar 1988 zur endgülti- Otti Geschka, MdL gen Beratung vorlegen. Das Frauenför- Landesverband Hessen derprogramm soll dann beim Bundespar- Wilfried Hassel mann, MdL teitag vom 12. bis 14. Juni 1988 beschlos- CDU in Niedersachsen sen werden. Manfred Carstens, MdB Landesverband Oldenburg Angesichts des erheblich angestiegenen Leni Fischer, MdB Anteils der jüngeren Altersjahrgänge bei Landesverband Nordrhein-Westfalen den weiblichen Neumitgliedern im Jahre Dr. Bernhard Vogel, MdL 1987 werden sich die Bundesvorstände Landesverband Rheinland-Pfalz von CDU und Frauenvereinigung auf Peter Jacoby, MdL dieser zweiten Sitzung außerdem 1988 Landesverband Saar Ingrid Roitzsch, MdB mit der notwendigen Stärkung des Landesverband Schleswig-Holstein Arbeitskreises „Politik für junge Frauen" Henning Lemmer, Exil-CDU innerhalb der Frauenvereinigung Prof. Dr. Rita Süssmuth, MdB beschäftigen. Frauenvereinigung Roswitha Verhülsdonk, MdB 5. Der Bundesvorsitzende, Bundeskanzler Frauenvereinigung Helmut Kohl, erwartet, daß die Vorsit- Christoph Bohr, Junge Union zenden von CDU und Frauenvereinigung Dr. Horst Waffenschmidt, MdB auf allen Ebenen ihren Einfluß geltend Kommunalpolitische Vereinigung Prof. Dr. Winfried Pinger, MdB machen, damit die Instrumente für die Mittelstandsvereinigung innerparteiliche Gleichstellung der Rudolf Friedrich, MdL Frauen eingesetzt und z. B. die notwendi- Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung, gen Beschlüsse zur Umsetzung der Kan- Union der Vertriebenen und Flüchtlinge didatenaufstellungsrichtlinie auf den Heinz Soenius, MdL jeweiligen Parteitagen gefaßt werden. Sozialausschüsse der CDA UMWELTSCHUTZ UiD 34/87 • Seite 11 Klaus Töpfer Müllverbrennung auf See soll um 80 Prozent reduziert werden Die spektakuläre Aktion dänischer aller Branchen. Hauptverwender der Fischer, die gemeinsam mit der Lösemittel und damit im wesentlichen die Umweltorganisation „Greenpeace" Erzeuger dieser Abfälle sind Betriebe der gegen die Verbrennung chlorierter metallverarbeitenden, der chemisch-phar- Kohlenwasserstoffe in der Nordsee mazeutischen sowie der Elektroindustrie. Protestierten und dabei das Verbren- Chlorierte Kohlenwasserstoffe werden Uungsschiff „Vulkanus II" manövrier- hier vorrangig zur Reinigung der Metall- unfähig machten, hat der Umwelt oberflächen eingesetzt, die anschließend einen Bärendienst erwiesen. Bundes- lackiert und beschichtet werden müssen. umweltminister Klaus Töpfer hat am Daher fallen diese Abfälle insbesondere 27. Oktober vor der Presse erklärt, in den Zulieferbetrieben der Automobil- ^arum es kurzfristig keine Alternative industrie von Baden-Württemberg und *u dieser Form der Entsorgung gibt Nordrhein-Westfalen an. Und wie die Bundesregierung bis 1991 Erfolgreiche Verhandlungen die Verbrennung chlorierter Kohlen- mit Belgien wasserstoffe (CKW) auf See um 80 Prozent reduzieren will. Am 4. Oktober 1987 lief die Genehmi- gung zur Entsorgung deutscher Abfälle Jedes Jahr fallen in der Bundesrepublik über den belgischen Hafen Antwerpen Deutschland 150 000 t chlorkohlenwas- aus. Die belgische Regierung war bislang serstoffhaltige Lösemittel an. Nach den nicht bereit, einer Verlängerung der erfor- Erliegenden Statistiken wird ein Teil derlichen Genehmigung zuzustimmen. davon wiederaufgearbeitet, ein anderer Eine Entsorgung chlorierter Kohlenwas- 'eil in der Bundesrepublik verbrannt und serstoffe auf hoher See war deshalb seit §ut ein Drittel — ca. 55000 t — über den dieser Zeit nicht mehr möglich. Seit Okto- "afen Antwerpen auf Verbrennungs- ber wurden diese Abfälle daher in den Schiffen in der Nordsee entsorgt. Insge- beiden Sammellagern Essen und Mann- samt werden damit jedes Jahr in der heim bzw. auf den Betriebsgeländen der Nordsee 110000 bis 120000 t CKW-hal- Verbraucher gelagert. Drastische Auswir- llge Abfälle aus Europa verbrannt. Für kungen auf die Produktion in den betrof- die Nordsee geht davon allerdings keine fenen Betrieben mit entsprechenden Kon- 'atente Gefahr aus, da die Verbrennung sequenzen für die Arbeitsplätze drohten, den strengen Bestimmungen des Oslo- hätte dieses Problem nicht kurzfristig Abkommens unterliegt. Dieses Abkom- gelöst werden können. men regelt die Verbrennung von Giftstof- fe Nur aufgrund der intensiven Gespräche, n auf hoher See. die Bundesumweltminister Klaus Töpfer Die 55 000 t chlorkohlenwasserstoffhalti- mit seiner belgischen Kollegin Smet 0er1 Abfälle aus der Bundesrepublik sowie Vertretern der deutschen Industrie Deutschland, die auf See verbrannt wer- geführt hat, konnte der sich abzeichnende der», stammen aus knapp 1 000 Betrieben Müllnotstand verhindert werden: Seite 12 • UiD 34/87 UMWELTSCHUTZ

Die belgische Umweltstaatssekretärin, sagt, die bisher mit CKW-haltigen Löse- Frau Smet, hat sich am 25. Oktober 1987 mitteln belieferten Betriebe dahingehend nach schwierigen Verhandlungen mit zu beraten, wo immer möglich die Pro- Bundesumweltminister Töpfer schließlich duktion so weit und so schnell wie mög- bereit erklärt, die Genehmigung für deut- lich umzustellen. sche Transporte zur Seeverbrennung um 2. Verbesserung der zwei Jahre zu verlängern. Grundlage für Wiederaufarbeitung diese Entscheidung, die auch entspre- Verbrauchte Lösemittel können teilweise chende Rückwirkungen auf Österreich wiederaufgearbeitet werden. Dies setzt und die Schweiz hat, war nicht zuletzt die allerdings voraus, daß die Abfälle nach Tatsache, daß Minister Töpfer seiner Lösemitteln getrennt gesammelt werden. Kollegin konkrete Elemente eines mittel- Derzeit laufen Bemühungen, die Kapazi- und langfristigen Konzepts zur gesicher- täten zur Wiederaufarbeitung um etwa ten Entsorgung CKW-haltiger Lösemittel 15 000 t pro Jahr zu erhöhen. Die chemi- darstellen konnte. sche Industrie hat Bundesumweltminister Mittelfristiges Konzept Töpfer zugesagt, ihrerseits Konzepte zu für den Problemmüll entwickeln, wie man den Aufarbeitungs- grad noch weiter erhöhen kann. Töpfer unterstrich, daß mit dieser Ent- scheidung der belgischen Regierung nur 3. Erhöhung der eine sehr kurzfristige Beseitigung des Verbrennungskapazität akuten Notstands möglich wird. Massive Selbst unter Ausnutzung aller Wiederauf- Anstrengungen zur Vermeidung, Wieder- arbeitungs- und Ersatzmöglichkeiten verwertung und umweltgerechten Beseiti- wird es auf Dauer immer chlorierte Koh- gung von chlorierten Kohlenwasserstof- lenwasserstoffe geben, die weiterhin ver- fen an Land seien unumgänglich. Dabei brannt werden müssen. Denn die Ver- schloß Töpfer nicht aus, daß für eine brennung ist die derzeit einzige praktisch Übergangszeit auch eine Verbrennung erprobte und bewährte Methode, durch auf See über einen deutschen Hafen not- die die gefährlichen Chlorkohlenwasser- wendig werden könnte. stoffe umweltgerecht beseitigt werden Als Bestandteile des mittel- und langfri- können. Um die Bildung gefährlicher stigen Entsorgungskonzepts nannte der Dioxine zu vermeiden, muß diese Ver- Bundesumweltminister drei Teilbereiche: brennung allerdings bei sehr hohen Tem- peraturen erfolgen. Dies geschieht in 1. Verzicht auf den Einsatz Hochtemperaturverbrennungsanlagen chlorierter Lösemittel mit entsprechender Rauchgasreinigung. Die Situation kann entscheidend verän- Nach Meinung der Umweltministerkon- dert werden, wenn es gelingt, auf den ferenz sind für diese und sonstigen brenn- Einsatz chlorierter Lösemittel in der baren Sonderabfälle mittelfristig in der Industrie zu verzichten. Zunehmend stellt Bundesrepublik Deutschland zusätzlich die chemische Industrie derartige nicht- 10 Hochtemperatur-Verbrennungsanla- chlorierte Lösemittel zur Verfügung. Es gen mit einer Gesamtkapazität von kommt nunmehr darauf an, daß diese 500000 bis 600000 t jährlich erforderlich. weniger umweltbelastenden Stoffe auch In diesen Anlagen könnten dann auch in der Verarbeitung eingesetzt werden. CKW-haltige Lösemittel, die heute noch Die chemische Industrie hat im Gespräch auf See verbrannt werden, mitentsorgt mit Bundesumweltminister Töpfer zuge- werden. KPV-KONGRESS UiD 34/87 • Seite 13 Den Bürgern Heimat geben »Den Bürgern Heimat geben" — litikern nach wie vor die Einführung Unter diesem Motto stand der diesjäh- eines kommunalen Wahlrechts für Aus- rige Bundeskongreß der Kommunalpo- länder. Statt dessen strebe die KPV an, litischen Vereinigung der CDU/CSU integrationswilligen Ausländern die Ein- vom 22. bis 24. Oktober 1987 im Bon- bürgerung zu erleichtern. der Konrad-Adenauer-Haus. Aufgabe Neben Bundesfinanzminister Gerhard der Unions-Kommunalpolitiker sei es, Stoltenberg, auf dessen Ausführungen die Anliegen der Bürger zu erkennen wir gesondert in dieser Ausgabe einge- Und Lösungen zur Hilfe anzubieten, hen, stand Bundesbauminister Oscar sagte der alte und neue Vorsitzende Schneider mit einem Referat im Mittel- der Vereinigung, Horst Waffen- punkt des ersten Tages. Der Minister schmidt. Neben den Wahlen zum Bun- bezeichnete die Sicherung des ländlichen desvorstand standen vor allen Dingen Raumes als eine zentrale Aufgabe der aktuelle Fragen der Bundes- und Lan- Raumordnungspolitik. despolitik zur Debatte. In erster Linie Natürlich die Steuerreform und ihre Zur Bewältigung der Probleme des ländli- Auswirkungen auf die Gemeinden. chen Raumes, so der Minister, bedürfe es (Siehe auch an anderer Stelle dieser neben der Lösung der agrarpolitischen Ausgabe.) Fragen ergänzender Maßnahmen in wich- tigen anderen Bereichen. Dazu gehörten Horst Waffenschmidt wies nachdrücklich Ausbildung und Wirtschaftsförderung die von SPD-Politikern geäußerte Kritik ebenso wie die Lösung von Standortpro- *Urück, wonach die Steuerreform den blemen für Industrie, Handel und Gemeinden Mindereinnahmen von fast Gewerbe. Bei der Ansiedlung neuer Reun Milliarden DM brächten. Waffen- Dienstleistungsbetriebe müsse der ländli- schmidt bezifferte die Mindereinnahmen che Raum angemessen berücksichtigt auf 5,1 Milliarden, denen andererseits werden. Die „Europäische Kampagne für Mehreinnahmen von 2,3 Milliarden den ländlichen Raum", die auf Initiative gegenüberstünden. Er forderte vor allen des Europarates in diesem und im näch- fingen die Länder auf, die Kommunen sten Jahr durchgeführt werde, solle dazu an Mehreinnahmen zu beteiligen. Insge- beitragen, für die Probleme dieses Rau- samt — so der KPV-Vorsitzende — werde mes solche Lösungen zu entwickeln, die die Steuerreform, die man bejahe, den auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der gemeinden keine Mindereinnahmen Gesellschaft ermöglichen. br>ngen, sondern lediglich eine Beschnei- Der Minister wies weiter darauf hin, daß dung der Mehreinnahmen. Außerdem Maßnahmen der Dorferneuerung inzwi- könnten die Gemeinden von den durch schen wesentlicher Bestandteil der Städ- d'e Steuerreform zu erwartenden höheren tebauförderung des Bundes seien. Von ^achstumsraten profitieren. den 1 200 Sanierungsmaßnahmen, die Entschieden sprach sich Waffenschmidt 1986 mit Mitteln des Bund-Länder-Pror ur eine Beibehaltung der Gewerbesteuer gramms gefördert worden seien, hätten aus, bis man eine bessere und für die allein 57 Prozent im ländlichen Raum gemeinden akzeptable Lösung gefunden gelegen, davon etwa die Hälfte in ^abe. Abgelehnt wird von den Unionspo- Gemeinden mit weniger als 10000 Ein- Seite 14 • UiD 34/87 KPV-KONGRESS wohnern. Für Städtebauförderungsmaß- werdende Zahl von Pflegefällen hin und nahmen habe die Bundesregierung für darauf, daß in anderen Ländern Arbeits- die nächsten drei Jahre, so Schneider lose in Pflegeberufen eingesetzt werden. abschließend, jeweils 660 Mio. DM Die KPV, in der über 75 000 Kommunal- bereitgestellt. Rechne man entsprechende politiker der CDU und der CSU zusam- Mittel der Länder und Gemeinden hinzu, mengeschlossen sind, forderte eine bes- dann stünden in diesem Zeitraum sechs sere Absicherung des Pflegefallrisikos Mrd. DM aus öffentlichen Mitteln zur noch in dieser Legislaturperiode. Bund Verfügung, was erhebliche beschäfti- und Länder müßten sich rasch auf eine gungspolitische Wirkungen auch im länd- Versicherungslösung oder ein Leistungs- lichen Raum hervorrufen werde. gesetz einigen. Der Kongreß sprach sich Lothar Späth, der baden-württembergi- für alle erdenklichen Maßnahmen gegen sche Ministerpräsident, sprach in seinem die Zunahme von Spielhallen aus. Ähnli- Referat davon, daß die Union das Grund- che Schritte könnten gegen Videotheken vertrauen der Wähler wieder erringen und Sexshops notwendig werden. Wider- müßte, um weiterhin erfolgreich zu sein. spruch wurde gegen einen Antrag laut, Es komme nicht nur auf die Bewältigung der die Finanzierung von Schwanger- einzelner noch so wichtiger Aufgaben an, schaftsabbrüchen durch die Krankenkas- sondern darauf, daß die Menschen sich sen ablehnte und einen Risikobeitrag von wohl fühlten, daß sie zu einer Partei Ver- solchen Krankenkassenmitgliedern for- trauen hätten. Das wichtigste für die derte, die durch Rauchen, Alkohol, CDU sei, „daß wir uns nicht in Gruppen- Rauschgiftkonsum sowie Lebensweisen, kämpfe einlassen, sondern die Leute die zu Übergewicht, Fettsucht und Blut- zusammenführen", sagte Späth. Große hochdruck führen, die Kassen besonders Politik sei immer ein Spiegelbild der klei- in Anspruch nehmen müssen. Der Vor- nen. Wenn es nicht gelänge im kommuna- schlag wurde zur weiteren Beratung an len Bereich die solidarische Gesellschaft den KPV-Vorstand überwiesen. zusammenzuhalten, dann können wir auch in der großen Politik nicht erfolg- Bei den Wahlen wurde Horst Waffen- reich sein. Wir brauchen keine Planwirt- schmidt erneut mit großer Mehrheit zum schaft — so Späth —, aber die Vision der Vorsitzenden der Kommunalpolitischen Zukunft wollen die Menschen von uns Vereinigung der CDU und CSU Deutsch- schon beschrieben haben. Sie wollen wis- lands gewählt. Stellvertretende Vorsit- sen, wohin wir mit ihnen gehen. Erst zende sind: Peter Daners, Ernst Ger- wenn sie das genau wissen, werden sie hardt, Erwin Gomeringer, Albert Neil, entscheiden, ob sie mit uns gehen. Das ist Karl-Heinz Wodtke. unsere große gemeinsame Aufgabe, schloß der Ministerpräsident seine mit Dr. Oscar Schneider gilt gemäß Satzung großem Beifall bedachte Rede. der KPV der CDU/CSU als gewählt. Als letzte der Bundesminister sprach Rita Neuer Bundesschatzmeister ist Süssmuth, Familienministerin, zu den Josef Schaefer. den Delegierten. Sie forderte Städte und Gemeinden auf, mehr für Familien und Den scheidenden Vorstandsmitgliedern Frauen zu tun. Sie plädierte für mehr Heinz Korbach und Gerhard Braun galt Teilzeitarbeitsplätze, auch im öffentli- der besondere Dank für ihre Arbeit in der chen Dienst, wies auf die immer größer Vergangenheit. STEUERREFORM UiD 34/87 • Seite 15 Gerhard Stoltenberg bei der KPV: Fünf Jahre erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik »»Durch die steuerpolitischen nen steuerpolitischen Konzeption spür- Beschlüsse der letzten Wochen haben bare Wirkungen auf Risiko- und Lei- Bundesregierung und Koalitionspar- stungsbereitschaft, auf Investitionen und teien ihre Entschlußkraft und Hand- damit auf Wachstum und Beschäftigung lungsfähigkeit überzeugend unter ausgehen. Wir senken nicht nur die Beweis gestellt. Mit den Vereinbarun- Gesamtsteuerlast um netto rund 2XA Pro- gen der Koalitionsparteien über den zent des Bruttosozialprodukts, wir errei- Abbau von Steuersubventionen und chen nicht nur eine dauerhafte Absenkung steuerlichen Ausnahmetatbeständen der gesamtwirtschaftlichen Steuerquote, verf ügen wir jetzt über ein geschlosse- sondern wir schaffen insgesamt ein nes Konzept der Steuerreform 1990, gerechteres und volkswirtschaftlich effi- jtas wir mit guten Gründen erfolgreich zienteres Steuersystem. "i der Öffentlichkeit vertreten können. Die deutliche Anhebung der Grund- und Mit einer Bruttosteuersenkung von fa.milienbezogenen Freibeträge sorgt rUnd 70 Milliarden DM im Zeitraum dafür, daß auch die untersten Einkom- 1986 bis 1990 und einer Nettoentla- mensgruppen erheblich an der allgemei- stung von etwa 50 Milliarden DM nen Steuerentlastung teilhaben. ^reichen wir eine nachhaltige Steuer- Der Schwerpunkt der steuerlichen Entla- entlastung für Arbeitnehmer, Selb- stung liegt im Bereich der lohn- und ein- ständige und Betriebe. Dieser Betrag kommensteuerlichen Progressionszone. Seht weit über das hinaus, was in der Durch die Einführung des linear-progres- Bundesrepublik in den letzten Jahr- siven Tarifs wird der Mehrverdienst zehnten an steuerlichen Verbesserun- durch zusätzliche und bessere Leistung, gen in Kraft gesetzt worden ist. durch beruflichen Aufstieg und unterneh- Nach den Koalitionsvereinbarungen vom merischen Erfolg um bis zu einem Drittel Frühjahr dieses Jahres soll ein Teilbetrag steuerlich entlastet. Für die ganz überwie- ^r Steuersenkung durch die Verbreite- gende Mehrzahl unserer Bürger, für die rüng der steuerlichen Bemessungsgrund- das Streben nach höherem Wohlstand 'age, also durch eine bessere und gleich- nach wie vor ein wichtiges Ziel ist, bedeu- mäßigere Erfassung der Einkommen und tet dies eine nachhaltige Verbesserung ^ürch den Abbau von Steuersubventio- der langfristigen Perspektiven in der nen ausgeglichen werden. Nach dem beruflichen Entwicklung. Stand der Beratungen und unter dem Durch die spürbare Rückführung der jorbehalt der fachlichen Überprüfung Grenzbelastung in der Einkommensteuer, gönnen wir davon ausgehen, daß der im die Verringerung des Spitzensteuersatzes ^ärz vereinbarte Gesamtbetrag von rund um 3 Prozentpunkte und die Absenkung '9 Milliarden DM erreicht wird. der Körperschaftsteuer auf einbehaltene Insgesamt werden von der Verwirkli- Gewinne um 6 Prozentpunkte erreichen chung der jetzt vorliegenden, beschlosse- wir im Ergebnis auch eine deutliche Ver- Seite 16 • UiD 34/87 STEUERREFORM ringerung der Unternehmensteuern. Vor Gemeinden nicht zugute kommen, haben allem für die mittelständischen Unterneh- sich schon jetzt als unbegründet erwiesen. men, die in den meisten Fällen die Für jede Ebene der Verwaltung bedeutet Grundlage der kommunalen Wirtschafts- die Steuerreform natürlich kurzfristig struktur sind, ist die neue Tarifstruktur gewisse Mindereinnahmen — aber Son- von entscheidender Bedeutung. Höhere derlasten für die Gemeinden wird es nicht Nettoerträge stärken die Selbstfinanzie- geben. Wider besseres Wissen verbreitete rungskraft derjenigen Betriebe, für die Meldungen der Sozialdemokraten über aufgrund ihrer geringen Größe der Steuerausfälle der Kommunen von 9 Mil- Zugang zu den Kapital- und Kreditmärk- liarden DM bis 1990 haben die bereits im ten erschwert ist. Darüber hinaus wird März im Volumen beschlossenen der finanzielle Anreiz für arbeitsplatz- Umschichtungsmaßnahmen schlicht schaffende Investitionen spürbar verbes- unterschlagen. sert. Da der begrenzte Ausgleich für die Die beachtlichen Erfolge bei der Steuersenkungen nun aller Voraussicht Beschränkung des Ausgabenanstiegs in nach allein durch den Abbau von Steuer- den letzten Jahren haben unsere Ent- subventionen und Ausnahmetatbestän- schlossenheit unter Beweis gestellt, frü- den erreicht werden kann, ist sicherge- here Fehlentwicklungen zu korrigieren, stellt, daß Bund, Länder und Gemeinden in weit überhöhte Finanzierungsdefizite etwa gleichmäßig an den finanziellen Aus- abzubauen und den Anteil des Staates an wirkungen beteiligt sind. In einer Feinab- der gesamtwirtschaftlichen Leistung wie- stimmung wird jetzt zu prüfen sein, ob der auf ein ökonomisch vertretbares Maß und wieweit zusätzliche Ausgleichsrege- zurückzuführen. Das Finanzierungsdefi- lungen zwischen den Gebietskörperschaf- zit des öffentlichen Gesamthaushalts ist ten erforderlich sind. Wir werden hier- seit 1981 von 4,9 auf 2,2 Prozent des Brut- über in Kürze mit allen Bundesländern tosozialprodukts zurückgegangen. Der und den kommunalen Spitzenverbänden durchschnittliche Ausgabenanstieg bei intensive Gespräche führen. allen öffentlichen Haushalten zusammen- genommen betrug im selben Zeitraum Die Bundesregierung steht zu ihrer Mit- nur 2,8 Prozent. verantwortung für die Finanzlage aller öffentlichen Haushalte. Ich nenne in die- Damit wurde eine gute Basis für die sem Zusammenhang aus den vergange- bereits begonnene, nachhaltige Steuersen- nen Jahren nur die Anhebung des Umsatz- kung geschaffen. Wir müssen den Kurs steueranteils der Länder von 31,5 Prozent sparsamster Ausgabenführung jedoch im Jahr 1982 auf heute 35 Prozent, die noch über eine ganze Reihe von Jahren Auswirkungen der Sparmaßnahmen von fortsetzen, wenn die Verringerung der 1983 und 1984 auf die Länder- und Steuereinnahmen nicht zu einer mehr als Gemeindehaushalte und die für die Jahre nur vorübergehenden Erhöhung der Net- 1986 und 1987 vereinbarte Erhöhung der tokreditaufnahme — wir rechnen mit Städtebauförderungsmittel, durch die den einem Anstieg auf wieder rund 3 Prozent Gemeinden insgesamt 2 Milliarden DM des Bruttosozialprodukts — führen soll. an Bundes- und 1,3 Milliarden DM an Landesmitteln zufließen. Monatelang geäußerte Befürchtungen der Vertreter einiger kommunaler Spitzenver- Darüber hinaus hat die Bundesregierung bände, die Umschichtung werde den durch eine Reihe von Entscheidungen STEUERREFORM UiD 34/87 • Seite 17 dazu beigetragen, den Anstieg der Sozial- CSU will „nachbessern" hilfeausgaben der Gemeinden in Grenzen zu halten. Die Wiedereinführung des Die CSU will die von der Bundesregie- Kindergeldes für arbeitslose Jugendliche, rung geplante Steuerreform in einigen Einführung eines einkommensabhängi- Punkten „nachbessern", sagte der stell- gen Zuschlags zum Kindergeld, die Ver- vertretende CSU-Generalsekretär Erwin besserung beim Wohngeld und die mehr- Huber vor Beginn eines Treffens von fache Verlängerung der Bezugsdauer des rund 400 CSU-Spitzenfunktionären, die Arbeitslosengeldes bedeuten für die CSU-Chef Franz Josef Strauß nach Mün- Sozialhilfeausgaben ein Entlastungsmo- chen gerufen hatte. „Einiges, was auf der ment. Sparliste steht, kann noch nicht als end- gültig bezeichnet werden", meinte Huber. Wir können jetzt auf fünf Jahre erfolgrei- cher Wirtschafts- und Finanzpolitik Medien und Politiker zu zurückblicken. Es waren auch — trotz Selbstkritik aufgerufen mancher sachlicher Auffassungsunter- schiede — fünf Jahre erneuerter und ver- Der ehemalige bayerische Kultusminister stärkter Zusammenarbeit zwischen Bund, Hans Maier hat als Konsequenz aus der Ländern und Gemeinden. Wir haben Kieler Affäre um den ehemaligen schles- wig-holsteinischen Ministerpräsidenten gemeinsam Politik für die Bürger unseres Uwe Barschel Selbstkritik bei Medienver- Landes gestaltet. Wir haben anhaltendes tretern und Politikern gefordert. Die Wirtschaftswachstum, Preisstabilität, stei- Selbstkritik der Medien müsse jedoch am gende Realeinkommen, steigenden Konsum u Anfang stehen, sagte Maier im Deutsch- nd vor allem die Schaffung von 650.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen ermöglicht. landfunk. Der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) erwähnte Die bis jetzt erfolgreiche Stabilisierung das Verhalten der Reporter der Hambur- der wichtigsten Währungsrelationen seit ger Illustrierten „Stern" im Genfer Hotel- dem Louvre-Abkommen vom Februar zimmer Barscheis, „deren Vorgehen ich dieses Jahres, die verstärkte Finanz- und nicht näher zu kommentieren brauche". ^ährungspolitische Zusammenarbeit zwi- Die Jornalisten seien hier „über alle schen den wichtigsten Industrieländern, Beschränkungen hinweggegangen", sagte hat mögliche, schwerer wiegende Einbrü- Maier. Der ZdK-Vorsitzende betonte, die che verhindert. Ungefähr seit Jahresmitte politische Kultur in der Bundesrepublik e>*gibt sich insgesamt wieder ein deutlich werde sowohl von den Medien als auch besseres Bild bei den Konjunkturdaten. von den Politikern gemacht. Es müsse Vor allem die Auftragseingänge — und genauer untersucht werden, welchen Bei- zwar aus dem In- wie aus dem Ausland ~- zeigen im Trend in den letzten Mona- trag beide leisteten. ten wieder deutlich nach oben. Auch das Geschäftsklima weist auf eine weitere Alfons Müller bestätigt Belebung hin. Vor allem scheint die Der CDU-Bundestagsabgeordnete Alfons Nachfrage nach Investitionsgütern Müller (Wesseling) ist erneut für vier ^treulich stabil zu bleiben. Jahre zum Bundesvorsitzenden der Katholischen Arbeitnehmerbewegung Die Bundesrepublik ist auf dem richtigen (KAB) gewählt worden. Der 56jährige ist Weg.« bereits seit 16 Jahren Bundesvorsitzender. Seite 18 • UiD 34/87 STEUERREFORM SPD ohne Konzept in der Steuerpolitik: Nichts als Kritik und Panikmache Die Kritik der SPD an den Vereinba- • Trotz der Forderungen nach gerechte- rungen der Koalition zum steuerlichen rer Besteuerung verteidigt die SPD jetzt Subventionsabbau legt ihre eigenen beabsichtigte Maßnahmen, die offenbare Widersprüche offen und beweist ihre Ungleichbehandlungen beseitigen oder Konzeptionslosigkeit. mildern, als unantastbare Besitzstände. • Die Politik der SPD während ihrer • Die SPD hat mit dem Hinweis auf Regierungsverantwortung und ihre angeblich drohende Steuererhöhungen immer wieder erhobenen Forderungen bei der Mehrwertsteuer zur Teilfinanzie- nach zusätzlichen Staatsausgaben rung der Steuerreform 1990 immer wieder machen ihre Kritik an der Haushaltspoli- einen Subventionsabbau angemahnt. tik dieser Koalition unglaubwürdig, Nunmehr wird das in der Koalition ver- indem sie die gesamtwirtschaftliche Ver- einbarte Maßnahmenbündel zum steuer- tretbarkeit der im Zusammenhang mit der lichen Subventionsabbau für ein einfa- Steuerreform 1990 vorübergehend höhe- cheres und gerechteres Steuersystem, das ren Nettokreditaufnahme anprangert. sozial ausgewogen und im Umfang ohne Die Behauptungen sind im einzelnen wie Beispiel ist, angegriffen. folgt richtigzustellen: Zu I. „Die Bundesregierung hat ihr Ziel, 19 Mrd. DM Subventionsabbau, verfehlt" Die Behauptung der SPD, die Beschlüsse strieren die angeführten Maßnahmen, der Regierungskoalition führten nicht zu daß die Bundesregierung die Befristung dauerhaft haushaltswirksamen Steuer- von Steuervergünstigungen als Auftrag mehreinnahmen von 18,2 Mrd. DM, son- zum tatsächlichen Abbau versteht. dern nur zu Steuermehreinnahmen von Gegen die von der SPD aufgestellte rund 13 Mrd. DM, ist nicht haltbar. Behauptung, die Vorschriften würden 1. Verlängerung auslaufender ohnehin gesetzlich auslaufen und somit Vorschriften zu Steuermehreinnahmen führen, spricht die Erfahrung in den vergangenen Jah- Die Behauptung, beim Abbau von Steuer- ren. vergünstigungen in Höhe von 1,4 Mrd. DM handele es sich um reine Luftbuchun- Zum Beispiel wurde § 7d EStG durch gen, ist falsch. Gesetz vom 21. Februar 1975 eingeführt mit Befristung bis zum 31. Dezember Bei den angeführten Maßnahmen kommt 1980 und danach durch Gesetz vom 18. es in allen Fällen erst ab 1992 zu kassen- August 1980 bis zum 31. Dezember 1990 mäßigen Mehreinnahmen, so daß sie in noch unter der SPD-Regierung verlän- der mittelfristigen Finanzplanung, die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen gert. bis 1991 gilt, zwangsläufig nicht berück- Gleichermaßen wurde das Auslaufen des sichtigt sein können. Im übrigen demon- durch Gesetz vom 4. November 1977 ein- STEUERREFORM UiD 34/87 • Seite 19 geführten § 24 b EStG am 31. Dezember hatte der damalige SPD-Finanzminister '985 durch das Steuerbereinigungsgesetz Lahnstein für eine allerdings einschnei- 1986 auf den 31. Dezember 1990 verlegt. dende, weniger sozial gestaltete Kapital- ertragsteuer Einnahmen von über 7 Mil- Diese und weitere Beispiele (so die Ver- längerungen der §§ 82 a EStDV, 82 d liarden DM veranschlagt. Der SPD ging EStDV und 82 g EStDV) widerlegen die es allerdings nicht darum, die Bevölke- Behauptung der SPD, daß Steuermehr- rung im Rahmen eines umfassenden Ent- einnahmen ohnehin durch die gesetzliche lastungskonzeptes gerechter zu behan- Ablaufautomatik von Steuervorschriften deln. Sie brauchte das Geld vielmehr zur entstehen. Erforderlich für das tatsächli- Stopfung der von ihr verschuldeten Haus- che Auslaufen der Steuervergünstigungen haltsdefizite. Wenn sie jetzt die Zahl für und damit für die nachhaltige Erzielung das erwartete Steuermehraufkommen von Steuermehreinnahmen ist die Bekräf- bezweifelt, so steht dies in krassem tigung des politischen Willens zum Sub- Widerspruch zu ihren eigenen früheren ventionsabbau. Schätzungen. 2. Auflösung der Rückstellungen 4. Regionale Wirtschaftsförderung Die SPD behauptet, die Auflösung der Die Behauptung der SPD, daß gleichzei- Rückstellungen für Jubiläumszuwendun- tig mit der Kürzung der steuerlichen gen und die Auflösung der Sammelwert- Investitionszulage durch die Erhöhung berichtigungen für Kreditinstitute führe n der Ausgaben für die „Gemeinschaftsauf- ur zu vorübergehenden Mehreinnahmen, gabe regionale Wirtschaftsstruktur" um die nicht für die Finanzierung von dauer- 500 Mio. DM der Nettoeffekt des haften Steuersenkungen zur Verfügung beschlossenen Subventionsabbaus ver- stehen. mindert wird, ist nicht haltbar. Richtig ist, daß die Auflösung bestehen- Ziel der Steuerreform ist nicht nur eine der Rückstellungen zu einmaligen Steuer- deutliche Steuerentlastung, sondern auch Mehreinnahmen führt. Allerdings berück- eine nachhaltige Verbesserung der sichtigt die SPD nicht, daß ohne ein Steuerstruktur. Allerdings kann eine sol- gesetzliches Rückstellungsverbot künftige che Strukturverbesserung nicht nur durch Rückstellungen mit der Folge entspre- Kürzen oder Einsparen bei Steuersubven- chender Steuermindereinnahmen gebil- tionen und Sonderregelungen erreicht det werden können. Mit dem Verbot der werden. Der Leitgedanke der Koalition Rückstellungsbildung wird daher auch ist „Gestalten und Vereinfachen". der Weg für die Schaffung neuer Subven- llonstatbestände verbaut. Nach diesem Grundprinzip wird auch in anderen Bereichen verfahren. So wurde «• Kapitalertragsteuer beispw. die Aufhebung der Grundsteuer- *u den erwarteten Steuermehreinnahmen befreiung für den Wohnungsbau ab 1990 aUs der Kapitalertragsteuer: und zugleich eine Anhebung des Baukin- dergeldes beschlossen. Dadurch werden pie Kritik der SPD an den vorgesehenen auch nach der Aufhebung der Grund- Verbesserungen bei der steuerlichen steuerbefreiung Eltern mit Kindern, die Erfassung von Kapitaleinkünften ist bauen wollen, im Ergebnis nicht schlech- ^verständlich. Es geht um die Herstel- ter, sondern besser gestellt als bei der lung von mehr Steuergerechtigkeit. 1982 Grundsteuerbefreiung. Seite 20 • UiD 34/87 STEUERREFORM

Die befristeten erhöhten Absetzungen für stalt für Wiederaufbau soll aufgestockt Umweltschutzinvestitionen werden nicht werden, um eine wirksame Sonderförde- verlängert. Das Volumen der zinsgünsti- rung dieser Investitionen auch in Zukunft gen Umweltschutzkredite der Kreditan- zu gewährleisten. Zu II. „Die Darstellung der Belastungswirkungen durch den Bundesfinanzminister ist irreführend*i" 1. Finanzierung der Steuerreform ten dient oder ganz allgemein private ist sozial gerecht Ausgabenentscheidungen betrifft; das sind Steuervergünstigungen, die an per- Die SPD vertritt die Ansicht, die sönliche Merkmale des Steuerpflichtigen, Beschlüsse zum Abbau von Steuervergün- unabhängig von der Zugehörigkeit zur stigungen seien nicht sozial ausgewogen, Gruppe der Arbeitnehmer oder der da die Belastung der Unternehmen syste- Unternehmer, anknüpfen. Beide Bereiche matisch zu hoch, die Belastung der berühren Steuerzahler aus allen soziologi- Arbeitnehmer hingegen systematisch zu schen Gruppen und können somit nicht niedrig ausgewiesen werden. Auch dies im einzelnen zugeordnet werden. Versu- ist unzutreffend. che, einzelne Abbaumaßnahmen aus die- Die von der Regierungskoalition verein- sen Bereichen ganz überwiegend einer barten Einzelvorschläge zum Abbau von bestimmten Gruppe zuordnen zu wollen, Steuervergünstigungen und steuerlichen beruhen deshalb auf reinen Spekulatio- Sonderregelungen ergeben eine sozial nen oder interessenbedingten Argumenta- ausgewogene Wirkung. Gewährleistet tionen. So hat z. B. der Bundesverband wird, daß die in unserer Gesellschaft ver- der deutschen Industrie bereits bemän- tretenen großen Gruppen in angemessener gelt, daß die nicht bestimmten soziologi- Weise ihren Beitrag zum Abbau von schen Gruppen zugeordneten Abbau- Steuervergünstigungen leisten. Beim maßnahmen überwiegend zu Lasten der Abbau von Steuersubventionen sind auf- Unternehmer gehen. grund der Progressionswirkung Bezieher höherer Einkommen weit überdurch- 3. Rentner werden überproportional schnittlich betroffen. entlastet Die SPD stellt fest, daß Arbeitnehmer 2. Abbaumaßnahmen berühren alle und Rentner die Hauptlast bei der Finan- soziologischen Gruppen zierung-des Steuerpakets 1990 zu tragen Die SPD vertritt die Ansicht, daß jene haben. Auch hierbei handelt es sich um Abbauvorschläge, die nicht bestimmten Panikmache. soziologischen Gruppen zugeordnet wur- Da Renten lediglich mit dem Ertragsan- den, überwiegend Arbeitnehmer und teil steuerpflichtig sind, wird mit jeder Rentner treffen. Auch dies ist falsch. Erhöhung des Grundfreibetrags der Bei genauerer Analyse der Abbauvor- Beginn der Steuerbelastung für Rentner schläge wird deutlich, daß ein großer überproportional hinausgeschoben (Mul- Bereich der Abbaumaßnahmen einer tiplikatoreffekt). Rentner werden daher gleichmäßigeren Besteuerung von Ein- durch die Steuerreform 1990 überpropor- kommen aus verschiedenen Einkunftsar- tional entlastet. STEUERREFORM UiD 34/87 • Seite 21 Auswirkungen der Steuerreform 1990 auf Städte, Gemeinden und Kreise 1. Nach den letzten Beschlüssen der Koalition zur Finanzierung der Steuerre- form ergeben sich nach den Berechnungen des Bundesfinanzministeriums fol- gende Auswirkungen: Entstehungsjahr 1990 Rechnungsjahr 1990 Maßnahmen davon in Mio. DM davon in Mio. DM insges. Bund Land Gem. insges. Bund Land Gem. Steuerminderein- nahmen durch Steuerentlastungen 39200 16833 17239 5128 34700 14904 15 264 4532 Steuermehrein- nahmen durch den Abbau von Steuer- vergünstigungen 18181 7969 7938 2274 12811 5 789 5780 1242 Saldo 21019 8864 9301 2854 21889 9115 9484 3290 2. Direkte Auswirkungen der Steuerreform 1990 auf die Kommunen 1-1 Maßnahmen insgesamt Entstehungsjahr 1990 Rechnungsjahr 1990 — bei den Steuerminderein- nahmen durch Steuerent- lastungen (sog. Bruttoent- lastung der Steuerpflichtigen) 5 128 = 13,08 v. H.* 4532 - 13,06 v. H.** — bei den Steuermehrein- nahmen durch den Abbau von Steuervergünstigungen (sog. Umschichtung) 2274 = 12,51 v. H. 1 242 - 9,7 v. H. — Saldo (sog. Nettoentlastun- gen der Steuerpflichtigen) 2854 - 13,58 v. H. 3290 = 15,03 v. H. * bezogen auf das Gesamtvolumen von 39,20 Mrd. DM bezogen auf die kassenwirksam werdende Entlastung von 34,7 Mrd. DM Bewertung: Steuerreform und kommunale Finanzen Maßstab ist die Aussage der Bundesregie- mit den Präsidenten, Vizepräsidenten und rung, die Kommunen entsprechend ihrem Hauptgeschäftsführern der drei kommu- Anteil an den Belastungen auch an den nalen Spitzenverbände (Städtetag, Städte- Entlastungen zu beteiligen. Gemessen und Gemeindebund und Landkreistag) daran ergibt sich: erörtert. Dabei wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die beraten soll, was noch für *m Entstehungsjahr ist die Entlastung um r die Kommunen geschehen muß, damit d. 0,5 v. H. niedriger als die Belastung, sie an den Steuermehreinnahmen 1Jn Rechnungsjahr 1990 3,3 v. H. genauso hoch beteiligt werden wie an den 3- Bundeskanzler Helmut Kohl hat am Steuermindereinnahmen, insbesondere l9- Oktober 1987 den Fragenkomplex im Blick auf das Rechnungsjahr 1990. Seite 22 • UiD 34/87 STEUERREFORM

Diese Arbeitsgruppe besteht aus folgen- Die Kommunen haben 1991 rd. 11 Mrd. den Mitgliedern: DM mehr an Steuereinnahmen als 1986. a) Bundesminister Dr. Wolfgang 6. Zweifellos bildet die Einkommensteuer Schäuble, Vorsitzender, einen Eckpfeiler der kommunalen b) Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Finanzausstattung. Zur Gesamtbewer- Voss oder Parlamentarischer Staatssekre- tung gehört aber auch die Einbeziehung tär Dr. Häfele für das Finanzministerium, der voraussichtlichen Entwicklung der c) Parlamentarischer Staatssekretär Dr. übrigen Gemeindesteuern, insbesondere Waffenschmidt für das Innenministe- der Gewerbesteuer. Aus heutiger Sicht rium, werden die kommunalen Steuereinnah- men insgesamt bis 1991 selbst unter Ein- d) Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Pap- beziehung der für 1990 vorgesehenen permann für den Städtetag, Nettoentlastung jahresdurchschnittlich in e) Hauptgeschäftsführer Dr. Mombaur einer Größenordnung von 3,5 % steigen. für den Städte- und Gemeindebund, Allein diese Zahl beweist, wie haltlos die f) Hauptgeschäftsführer Dr. Tiedeken für Behauptung ist, der Bund betreibe eine den Landkreistag. für die kommunale Ebene ruinöse Steuer- 4. Nachdrücklich müssen auch die Län- politik. der aufgefordert werden, den Kommunen im kommunalen Finanzausgleich von den 7. Es war bisher unstreitig — und ist auch Ländermehreinnahmen in Höhe von von den kommunalen Spitzenverbänden rund acht Mrd. DM mitzugeben. Bei mitgetragen worden —, daß alle öffentli- einem Beteiligungssatz der Kommunen chen Haushalte in demselben Umfang, an den Landessteuern von durchschnitt- wie sie beständig an den Mehreinnahmen lich 22 % wären dies Mehreinnahmen für aus der sehr dynamischen Einkommen- die Kommunen von 1,76 Mrd. DM pro steuer teilhaben, auch die zur Verringe- Jahr. Dieses Geld steht den Kommunen rung der Steuerbelastung der Bürger und vor allem dann zu, wenn die Länder die zur Verbesserung der wirtschaftlichen Gemeinden über den kommunalen Rahmenbedingungen notwendige Steuer- Finanzausgleich auch an den Minderein- senkung mittragen müssen. nahmen beteiligen. 8. 1982 betrug der Anteil des Bundes am 5. Wenn die Gemeinden mit ihrem gesamten Steueraufkommen 48,4%. 1987 Steueranteil die Steuerreform mittragen wird er sich nach der neuesten Steuer- und entsprechende Einnahmeausfälle schätzung nur noch auf 46,2% belaufen. haben, bekommen sie trotzdem auch in Dies bedeutet einen Steuerverzicht des den Jahren 1988, 1889, 1990 und 1991 Bundes im laufenden Jahr um rd. noch immer mehr Steuereinnahmen als 10 Mrd. DM. Demgegenüber hat sich der heute, u. a. weil die Wirtschaft wächst Anteil der kommunalen Ebene am Gesamt* und die Zahl der Beschäftigten gestiegen Steueraufkommen von 12,4% im Jahre ist. 1982 auf 13% im Jahre 1986 erhöht, ein- Es verbleiben Mehreinnahmen für die schließlich der Stadtstaaten sogar von Kommunen in folgender Höhe: 13,5% auf 14,1%. Die Kommunen werden dieses Niveau 1988 1989 1990 1991 auch 1990 halten. Durch die Steuerre- — Milliarden Mark — form werden also die Gewichte nicht zu 1,6 2,5 2,7 2,8 Lasten der Kommunen verschoben. STEUERREFORM UiD 34/87 • Seite 23

9. An der Tatsache, daß die Kommunen b) 1,39 Mrd. DM für den öffentlichen durch die Steuerrefrom nicht übermäßig Personennahverkehr. belastet werden, ändert sich auch nichts, c) 1,106 Mrd. DM für den kommunalen Wenn man die mittelbaren Auswirkungen Straßenbau. der Steuerreform auf die kommunalen Finanzierungssysteme berücksichtigt. 12. Durch Verbesserung der Leistungen Dies ist eine automatische Folge des aus aus der Arbeitslosenversicherung an die der Finanzverfassung abgeleiteten Steuer- älteren Arbeitslosen werden die Kommu- verbundsystems zwischen Ländern und nen bei der Sozialhilfe entlastet. Unter Gemeinden. Da sich dieser Steuerver- der Regierung Kohl wurde das Wohngeld t>und aber nicht nur auf die Einkommen- erhöht. Erste Initiativen für den Pflegeko- steuer, sondern auf alle wesentlichen stenbereich wurden ergriffen. Ländersteuern erstreckt, wird auch die steuerliche Verbundmasse im kommunalen 13. Bundeskanzler Helmut Kohl hat die Finanzausgleich trotz der Steuerreform Gewerbesteuergarantie zugunsten der 1990 deutlich zunehmen. Wie der bayeri- Städte und Gemeinden vor der letzten sche Finanzminister Streibl kürzlich Hauptversammlung des Deutschen Städ- erklärte, wird die durchschnittliche tetages erneuert. Darauf können sich alle Zuwachsrate der Verbundmasse in Bay- Kommunen verlassen. Es wird nicht wie- ern bis 1991 2,5 bis 3 % betragen. der zu steuerpolitischen Schnellschüssen kommen wie zu Zeiten der SPD-geführ- !0. Die Zahlen der SGK (Sozialdemokra- ten Bundesregierung. tische Gemeinschaft für Kommunalpolitik) sind SPD-Panikmache. Damit soll die 14. Unter der SPD-geführten Bundesre- Steuerreform bekämpft werden. Die SPD gierung hatten die deutschen Kommunen verschweigt die Steuerzuwächse der im Jahre 1981 ein Finanzierungsdefizit Kommunen und das Umschichtungsvolu- von rd. 10,1 Mrd. DM. Unter der Bundes- men von 19 Mrd. DM. Ansonsten will die regierung von Helmut Kohl konnten SPD davon ablenken, daß die SPD-Lan- diese hohen Defizite abgebaut werden. In desregierung in Düsseldorf den Gemein- den Jahren 1984 und 1985 konnten sogar den die Finanzzuweisungen in den letzten Überschüsse erwirtschaftet werden. Jahren um weit über 10 Mrd. DM gekürzt 15. Die Bundesregierung Helmut Kohl j*at durch Senkung der gemeindlichen hat in ihrer Amtszeit im Rahmen der Beteiligung am Steueraufkommen des Zuständigkeiten des Bundes effektive Landes. und nachweisliche Initiativen für die **• Die Bundesregierung Helmut Kohl Stärkung der kommunalen Finanzkraft ftat in ihrer Amtszeit immer wieder in durchgesetzt. Sie wird mit ihrer soliden gezielter Weise Finanzmittel für kommu- Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik r**c Aufgaben zur Verfügung gestellt. auch weiterhin den Interessen der Bürger ^ies geschieht auch mit dem Etatentwurf und der Städte, Gemeinden und Kreise die- der Bundesregierung für 1988. Dafür nen. brechen drei Beispiele: Durch die Steuerreformmaßnahmen sol- a) Weitere 660 Mio. DM Bundeszu- len Bürger und Betriebe von Abgaben schüsse für Stadt- und Dorferneuerung. entlastet werden. Dadurch wird das wirt- •es sind dreimal mehr für diesen Zweck schaftliche Wachstum gestärkt, was wieder als t 1982, im letzten Jahr der SPD-geführ- zu zusätzlichen Steuereinnahmen bei en Bundesregierung. Bund, Ländern und Gemeinden führt. Seite 24 • UiD 34/87

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