DIE GRÜNEN – 10. WP Fraktionssitzung: 3.5.1983

21. 3. Mai 1983: Fraktionssitzung

AGG, B.II.1, 5317, 5318, 5321. »Protokoll der Fraktionssitzung vom 03. Mai 1983. Beginn der Sitzung um 09.00 Uhr«.

Anwesend: Abgeordnete: Bard, , Beck-Oberdorf, Burgmann, Drabiniok, Ehmke, , Gott- wald, Hecker, Hickel, Hoss, Jannsen, Kelly, Kleinert, Nickels, Potthast, Reents, Sauermilch, Schily, Dirk Schneider, Schoppe, Schwenninger, Stratmann, Verheyen, Vogt, Vollmer. Nachrückerinnen und Nachrücker: Arkenstette, Borgmann, Bueb, Daniels, Dann, Hönes, Horácˇek, Nor- bert Mann, Jo Müller, Rusche, Schierholz, Stefan Schulte, Senfft, Suhr, Tatge, Tischer, Axel Vogel, Marita Wagner, Gerd P. Werner, Helmut Werner, Zeitler. Landesvertreter ohne Mandat: Für das Bundesland Bremen von Gleich, für das Saarland Kunz. Protokoll: [Alleritz.] Tagesordnung:

TOP 1: Kenntnisnahmen; Tagesordnung für die 4., 5. und 6. Sitzung des Deutschen Bundes- tages – Anlage – TOP 2: Gremienbesetzung – Anlage – TOP 3: Besetzung der Kommissionen des Ältestenrates – Anlage – TOP 4: Bericht über den Stand der Debattenvorbereitung TOP 5: Verschiedenes – nächste BHA-Sitzung, – Allgemeines zur Information. – Besuch Startbahn West am 07. Mai 82, 12.00 Uhr Hbf. , – Projekt »Zukunftswerkstatt« (Stand der Diskussion), – Nachrücker und soziale Bewegungen, – Fraktionsorganisation.

TOP 1 wurde zur Kenntnis genommen.

TOP 2

Otto Schily verliest Auszüge der Anlage zu TOP 2 (Gremienbesetzung)1 und bittet um Namens- vorschläge.

1 Die Anlage (vgl. AGG, B.II.1, 3060) enthält eine Übersicht des Allgemeinen Parlamentsdienstes vom 23. März 1983 zu »Gremien, denen Mitglieder angehören, die vom bestimmt werden«, mit den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen und Besetzungsmodalitäten, den auf die einzelnen Fraktionen in der 9. Wahlperiode entfallenen Sitzen sowie den Verteilungsschlüsseln der Sitze für die 10. Wahlperiode, wie sie sich jeweils nach d’Hondt, St. Lague/Schepers und Hare/Niemeyer ergaben. Danach entfielen auf die Fraktion der GRÜNEN folgende Sitze (in Klammern Angaben zu solchen FDP-Sitzen in der 9. Wahlperiode, die nicht auf den Verteilungs-

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1. Gremium nach Art. 53a des Grundgesetzes (1)*2 2. Wahlprüfungsausschuß (3)* Joschka Fischer, Dirk Schneider, R. Vogt 3. G-10-Kommission (5)* Jürgen Reentz [Reents] (will wissen, ob er abgehört wird oder nicht) 4. Vertreter der Bundesrepublik (8)* in der Parl. . Versammlung des Europarates (zugl. Westeur. Union) Otto [Schily] lehnt Kandidatur zum G-10-Ausschuß ab. Für jedes Gremium sollen 4 Kandidaten aufgestellt werden. Abstimmung über Gremienbesetzung: Oben angeführte Auflistung wird einstimmig angenommen. Als Stellvertreter werden benannt: für Nr. 4, Marieluise B. [Beck]-Oberdorf für Nr. 1, Gaby Potthast für Nr. 2 und Jürgen Reentz [Reents] für Nr. 3. Auch die Stellvertretervorschläge werden einstimmig angenommen. Die Besetzung der anderen Gremien soll in der nächsten Sitzung beschlossen werden.

TOP 3

Vorschläge für Besetzung der einzelnen Kommissionen:3

schlüsseln, sondern auf politischen Zugeständnissen der anderen Fraktionen beruhten; die Fraktion der GRÜNEN erhoffte oder forderte ähnliche Zugeständnisse): 1. Gemeinsamer Ausschuss nach Artikel 53a des Grundgesetzes – 1 Sitz von insgesamt 22 Sitzen; 2. Vermittlungsausschuss nach Art. 77 Abs. 2 Grundgesetz – 1 von 11 nach St. Lague/Schepers und Hare/Niemeyer, kein Sitz nach d’Hondt; 3. Wahlprüfungsausschuss – 1 nur beratendes Mit- glied; 4. Parlamentarische Kontrollkommission – keine Angaben, da Zahl der Sitze und deren Verteilung in jeder Wahlperiode neu vom Bundestag bestimmt (FDP in 9. Wahlperiode 2 Sitze); 5. Gremium gemäß §9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Art. 10 des Grundgesetzes) – kein Sitz von fünf Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz); 6. Wahlmänner für die vom Bundestag zu berufenden Richter des Bundesverfassungsgerichtes – kein Sitz von 12 Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 2 Sitze, ab 7. Oktober 1982 1 Sitz); 7. Richterwahlausschuss für die Wahl der Richter der oberen Gerichtshöfe des Bundes – kein Sitz von 11 Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 2 Sitze, ab 7. Oktober 1982 1 Sitz); 8. Parlamentarische Versammlung des Europarates, zugleich Versammlung der Westeuropäischen Union – 1 von 18; 9. Schuldenausschuss bei der Bun- desschuldenverwaltung – kein Sitz von 3 Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz); 10. Kontrollausschuss beim Bundesausgleichsamt – 1 von 11 nach St. Lague/Schepers und Hare/Niemeyer, kein Sitz nach d’Hondt; 11. Ver- waltungsrat der Deutschen Bundespost – kein Sitz von 5 Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz); 12. Programm- beirat der Deutschen Bundespost – kein Sitz von 3 Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz); 13. Kunstbeirat der Deutschen Bundespost – kein Sitz von 2 Sitzen; 14. Rundfunkrat der »Deutschen Welle« – kein Sitz von 2 Sitzen; 15. Rundfunkrat des »Deutschlandfunks« – 1 von 6 nach Hare/Niemeyer, kein Sitz nach St. Lague /Schepers und d’Hondt (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz); 16. Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt – kein Sitz von 3 Sitzen (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz); 17. Verwaltungsrat der Lastenausgleichskasse – kein Sitz von 5 Sitzen, aber kein Wahltermin zu Beginn der 10. Wahlperiode (FDP in 9. Wahlperiode 1 Sitz). 2 Die Zahlen in Klammern verweisen auf die in der vorstehenden Anlage genannten Nummern der Gremien. Die hierauf folgenden »Sternchen« sind in der Aufstellung nicht näher erläutert. 3 Dazu lag eine Anlage »Übersicht über die Kommissionen des Ältestenrates (neuester Stand)« vor; vgl. AGG, B.II.1, 3060. Darin waren die Mitgliederanteile für die Fraktionen in der 9. Wahlperiode, nicht aber für die 10. Wahlperiode, angegeben. Auf die FDP entfiel jeweils ein Sitz (keine Angabe über die Sitzverteilung für die Kommission zur Behandlung von Fragen der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und dem Deutschen Bundestag).

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1. Kommission für den Haushalt Hubert Kleinert 2. Baukommission Walter Sauermilch 3. Kommission für die Rechtsstellung der Abgeordneten Otto Schily 4. Kommission für die Raumverteilung Walter Sauermilch 5. Kommission für Restaurantangelegenheiten Sabine Bard 6. Kommission für Mitarbeiterangelegenheiten Dieter Burgmann 7. Kommission für Angelegenheiten der Bibliothek, des Archivs, Erika Hickel der Dokumentation und der Datenverarbeitung 8. Kommission zur Behandlung von Fragen der Zusammenarbeit Petra Kelly, zwischen dem Europäischen Parlament und dem Deutschen Roland Vogt Stellvertr. Bundestag 9. Kommission zur Prüfung von Fragen der Besucherbetreuung Christa Reetz. Als Stellvertreter werden benannt: 1. Hans Verheyen, Walter Schwenninger (trotz Abwesenheit verdonnert) 2. Dieter Drabiniok 3. Waltraud Schoppe 4. Dieter Drabiniok, Joschka Fischer 5. 6. Dieter Drabiniok 7. Willi Hoss 8. Walter Schwenninger Besetzung wie vorgeschlagen mit 1 Enth. angenommen.

TOP 4

Wort ergreift Otto [Schily] und schlägt vor, daß alle Arbeitskreise über den Stand der Diskussion berichten. Alle Sprecher der Arbeitskreise sollen kurz umreißen, was bisher gelaufen ist.

Arbeitskreis IV – Gert Bastian gibt kurze Erklärung zu seinem Redeentwurf. Er will sich zu einzelnen Punkten nicht äußern, da sonst durch Anwesenheit der Presse vorher schon bekannt wäre, was auf die Regierungserklärung entgegnet werden solle. Otto Schily stellt GO-Antrag: Ausschluß der Öffentlichkeit, weil es wichtig ist zu erfahren, was in den einzelnen AK’s für Beiträge zu welchen Themen erarbeitet worden sind. Der Antrag wird angenommen; Presse, Fernsehen etc. verlassen den Fraktionssaal. Gerd Bastian fährt fort mit seinen Ausführungen und nennt die Schwerpunkte seines Redebei- trags, so z.B.: Verwerfen der Regierungserklärung, daß sie eine Bankrotterklärung sei, weil keine konkreten Vor- schläge für Abrüstungsverhandlungen darin enthalten sind, sondern die Nachrüstung noch unter- stützt wird; Vorwurf an Bundeskanzler, daß er die wahre Situation vorenthält etc.; Vorschläge der GRÜNEN für Abrüstung, völlige Atomwaffenfreiheit als ersten Schritt für blockfreie/bündnisfreie Bundesrepublik und einziges vorstellbares Endziel der Sicherheitspolitik. Kritik an der allgemei- nen Militarisierung in allen Lebensbereichen in der Bundesrepublik, Herausgreifen einzelner Bei- spiele. Petra Kelly führt aus, was sie als ergänzende Faktoren hinzunimmt: Forderung Ausstieg aus der NATO, Verurteilung der Außenpolitik: Verstoß gegen Grundgesetz und Völkerrecht, Begehung

Copyright © 2017 KGParl 3 DIE GRÜNEN – 10. WP Fraktionssitzung: 3.5.1983 zivilen Ungehorsams geht nicht von uns aus, sondern von Kohl, Waffenexporte, Widersprüche innerhalb der Bundesregierung: Unterschlagung von Geldern in der Außenpolitik. Einbeziehung Europapolitik, Moral = bei Kohl Zweckmäßigkeit, Kohl übernimmt Muster Reagan- Politik Lateinamerika – Übergang Bundesrepublik mitschuldig an Mordfall in Nicaragua. Hetze Kohls und der Regierung auf kommunistische Weltordnung, Hetze auf Friedensbewegung. Solidaritätsbekundung mit allen Bewegungen, Solidarität als Versuch, Widerstand zu verwirk- lichen, GRÜNE selbst innerhalb des Bundestages zum Widerstand stehen, Wachsamkeit der GRÜNEN und der Friedensbewegung – wir wollen keine europäische Atomstreitmacht werden. Auf Abstimmung mit Redebeitrag bezüglich der Deutschland- und Ostpolitik mit Marieluise [Beck-Oberdorf] wird hingewiesen. Vortrag Marieluise [Beck-Oberdorf] Grundsätzliche Kritik an der »Wendepolitik«, konservative Politik in Frage stellen, weil deren zer- störerische Kraft zu groß. Marieluise [Beck-Oberdorf] dreht Spieß um und bezeichnet Kohl als zerstörerischen Systemveränderer, Kohl betreibe Politik der Illusionen – Wahlkampflüge: Kohl als Kanzler der Hoffnung, Lambsdorfsches [Lambsdorff] Konzept verwerfen. Marieluise [Beck-Oberdorf] schneidet Sozialversorgung an (außerh. des bürokratischen Rah- mens), Sozialabbau durch Regierung Kohl. Umweltpolitik: Doppelbödigkeit von Kohl, hirnrissige Relationen. Umweltpolitik in unserem Sinne soll radikal sein, orientiert daran, was man der Wirtschaft finanziell zumuten kann; Zim- mermann als Umweltminister4 mit großangelegten Polizeiaktionen, Zimmermann verkörpert wahr- scheinlich nicht den Geist der Demokratie (Datenschutzvorhaben pp.), Behandlung von Auslän- dern und gemeine Abschiebungspraktiken. Anschließend wurden einige Punkte ausdiskutiert, z.B. Hervorhebung Deutschlandpolitik (Dirk [Schneider]). Kompromißvorschlag: Gert Bastian soll Deutschlandpolitik in seiner Rede insoweit ausbauen und sagen, worauf wir hinauswollen: neue Verteidigungs- und Friedenspolitik. In der weiteren Diskussion wurde für eine ausführliche Positionenabklärung plädiert, da zu eini- gen Punkten und Formulierungen Meinungsverschiedenheiten hervortraten. Dann klare Stand- punkte der GRÜNEN in den einzelnen Redebeiträgen hervortun, z.B. gegen Komplizenschaft der einzelnen Staaten [sic], kundtun, daß GRÜNE ihre Ziele durchsetzen wollen durch Solidari- sierung mit Friedensbewegung u.ä. Gruppierungen. Diese Dinge sollten in Marieluises [Beck-Oberdorf] und Petras [Kelly] Redebeiträgen noch stärker integriert werden. Milan [Horácˇek] erinnert an Tod des Arztes in Nicaragua, Tod durch Werfen einer Handgranate auf einen Demonstranten in Polen. Er ist der Meinung, daß solche aktuellen Erkenntnisse unbe- dingt aufgegriffen werden müssen. Dirk [Schneider] meint, daß in Marieluises [Beck-Oberdorf] Rede deutlicher hervorgehoben wer- den muß Kohls konservative, zerstörerische Politik. Außerdem sollen unsere Alternativen als ein- zige Gegenkraft verstärkt, d.h. nicht nur parlamentarisch umbaubar gemacht werden, sondern durch Solidarität mit den Bewegungen verwirklicht und auch in der Rede so dargestellt werden. Eckart [Eckhard] Stratmann ist der Meinung, daß sich ein »grüner Faden« durch die ganze Rede von Marieluise [Beck-Oberdorf] ziehen soll, der u.a. den Beitrag zu den Widerstandsformen sym- bolisiert. Roland Vogt wirft zu den Wünschen der Friedensbewegungsleute (Bezug: Gespräch am Montag vor 1 Woche) ein, wir sollten uns so verhalten, als ob wir die Mehrheit im Parlament hätten. Außerdem sollten die Begriffe »ökologisch« und »gewaltfrei« anhand von einigen Beispielen ein- fließen.

4 Der Umweltbereich gehörte zu den Aufgabenfeldern des Innenministers.

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Arbeitskreis V Redebeiträge halten Antje Vollmer zu Agrarpolitik und Wolfgang Ehmke. Antjes [Vollmer] Rede soll eine Beschreibung der Situation allgemein enthalten, u.a. Integration von oppositionellen bäuerl. Bewegungen, Hinweis, daß keine Enteignung so reibungslos verlaufen sei, wie bei den Bauern die Einbindung in die industrielle Landwirtschaft; Angriff auf Bauernver- band und SPD; ansprechen u.a. Verschlechterung der Qualität der Nahrungsmittel, Zerstörung der Lebenskraft unserer Dörfer. Verweis auf Kiechle äußerster Hohn in jetziger Situation. In der anschließenden Diskussion wurde auf die Länge der Redezeit hingewiesen. Daraufhin stellt Antje [Vollmer] den Antrag, daß der agrarpolitische Beitrag nicht wegen begrenzter Redezeiten herausfallen darf. Joschka [Fischer] verweist auf Treffen am 02. Mai bei Präsident, wobei es um die Redezeiten ging, und macht klar, daß Antjes [Vollmer] Beitrag sowieso gehalten werden würde; es ginge nur um die Länge des Beitrags innerhalb der festgesetzten Redezeit von Antje [Vollmer]. Wolfgang Ehmke will in seiner Rede die Schwerpunkte setzen auf: 1. Doppelzüngigkeit der etablierten Parteien in der Umweltpolitik (Bspl. Waldsterben; gemein- sames Anliegen unterstreichen, aber grundsätzlich kundtun, daß andere Politik angestrebt wird), Aufführen von einzelnen Beispielen und Zahlen, Hinweis auf Verlogenheit des Begriffs »Altanlagen«; 2. Grundsätzlich wird von den GRÜNEN eine andere Energiepolitik angestrebt: Energie einspa- ren bei gleichem Lebensstandard, rationellere Verwendung von Energie etc.; 3. Naturschutz: Es besteht ein Widerspruch zwischen Worten und Taten (Artenschutz) bei den etablierten Parteien; Technik und Ökologie keine Feinde, Einklang durchaus möglich; Ökolo- giekreislauf etc.; 4. Forderung nach Umweltministerium, Bezug auf Wort von Barzel (»… Verbesserungen und Neuerungen Raum lassen …«); 5. bekunden, daß auf Grund der Regierungserklärung keine Hoffnung besteht, daß die Umwelt- belange groß zum Zuge kommen können – diese Erklärung wird den ökologischen Niedergang herbeiführen. Eine Diskussion entsteht darüber, daß es nicht heißen soll »gemeinsames Anliegen«, weil ein solches nicht vorhanden sei, und eine Anlehnung an das Zitat Barzels wird abgelehnt. Allgemein wird angeregt, den Redebeitrag von Wolfgang [Ehmke] schärfer, aggressiver zu gestal- ten und beim Begriff Waldsterben härtere Forderungen zu stellen, so z.B.: Abschaffung von Hochschornsteinen, Erklärung bestimmter Regionen zu Ökologienotstandsgebieten (z.B. Ruhr- gebiet). Zusätzlich wird angeregt, die SPD und den MdB der IG-Bergbau direkt anzusprechen; außerdem solle der Begriff Waldsterben gleichgesetzt werden mit Vegetationssterben.

AK Wirtschaft Hier wird Hubert Kleinert einen Redebeitrag verlesen und setzt dabei die Hauptschwerpunkte auf Wirtschaftsfinanzierungskonzept fest. Als Argumentationsschwerpunkte gibt er folgende an: 1. Haushaltspolitik; 2. System soziale Marktwirtschaft in Frage stellen – Kritik, Auseinandersetzung mit dem vor- gelegten Konzept; 3. Konzept der GRÜNEN erläutern, grundlegende wirtschaftspolitische Alternativen der GRÜ- NEN; 4. Forderung nach Alternativprojekten. Zum Abschluß wird das Gesetzeskonzept von Kohl verdonnert. Der Vorschlag, jetzt eine Pause einzulegen, wird mit 14:10 Stimmen abgelehnt.

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*) Anmerk. d. Protokollführerin: Öffentlichkeit anscheinend wiederhergestellt, da Presse, Fernse- hen etc. wieder anwesend.

AK Soziales Redner ist Willi Hoss. Er erläutert kurz, daß er in seinen 10 Min. Redezeit nur einige Grundsatzfragen klären wird und andere Punkte wieder herausfallen müssen, damit zu den wichtigsten Themen eine logische Argu- mentation angebracht werden kann. Er legt die Schwerpunkte fest auf: 1. Kritik an Einsparungen beim BAFöG, Kindergeld, Renten, Arbeitslosengeld, weist darauf hin, daß die Bundesregierung nur die Schwachen trifft – Sozialpolitik wird herumgedreht – unso- zial, illusionär, Ziele sind so nicht zu erreichen; 2. wirksame Arbeits- und Sozialpolitik verbunden mir Ursachenforschung im Konzept der GRÜ- NEN wird angesprochen, insges. eine Auflistung der arbeitsplatzschaffenden, ökologischen Positionen der GRÜNEN; 3. ebenso: Mitbestimmungsproblematik, Arbeitsrecht- und Betriebsverfassungsgesetz5; 4. Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivermögen soll keine stille Verteilung sein, sondern aktive Beteiligung; angesprochen wird auch der Rationalisierungsprozeß und die Erhaltung von Arbeitsplätzen; 5. die Rentenfrage bezüglich Unterbutterung durch die SPD soll ebenso eine Rolle spielen. Nach vereinzelten Diskussionbeiträgen erhält das Wort der

AK II – Frauen Waltraud Schoppe hält die Rede, verweist darauf, daß ihr Redebeitrag noch in der Überarbeitung befindlich ist, gibt dazu aber schon folgende Themenschwerpunkte an: Eine Aneinanderreihung aller die Frauen betreffenden Fragen schlägt sie nicht vor, sondern ein schwerpunktmäßiges Vorgehen zur Kritik der Frauen an unserem Wirtschaftssystem, darunter folgende Punkte: – Patriarchalische Strukturen zeigen sich in allen Bereichen; speziell eingehen auf §218, daraus folgern: Ursache für Abtreibung – Schwangerschaft – 2 Menschen beteiligt – Herrschafts- ansprüche Partnerschaft; jetzige Art miteinander zu leben wird angegriffen (nach Kohls Vor- stellung: Kinder, Küche, Kabelfernsehen), erläutern, warum sich Frauen gegen diese Art zu leben auflehnen. Eine Diskussion entsteht zur Frage der Sexualität (s.o. Waltraud [Schoppe]: in Zusammenhang mit §218 Herrschaftsansprüche – Partnerschaft), da vermutet wird, daß in diesem Zusammenhang im Plenum allgemeine Heiterkeit erzeugt würde und dies nicht erwünscht wäre. Jo Müller, Birgit Arkenstette und Karin Zeitler sind sich einig, daß das Vertrauen in Waltraud [Schoppe] gesetzt wird, daß sie im Sinne aller angehörigen Frauen der Fraktion sprechen wird. Zustimmung findet auch die Wahl des Punktes §218, da z.Zt. große Diskussionen darüber anste- hen. Karin [Zeitler] erklärt, daß derjenige, der lacht, sich am Ende selbst entblößen wird, wenn er den Ernst des Vortrags von Waltraud [Schoppe] erkennt. Marieluise B.-Oberdorf [Beck-Oberdorf] bringt an, daß sie es als [sic] eine Unverschämtheit hält, daß jetzt so viele Leute den Fraktionssaal verlassen, und bittet um Aufnahme dieser Fest- stellung ins Protokoll.

5 Vom Bearbeiter korrigiert aus: Betriebsverfahrensgesetz.

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Antje [Vollmer] erwähnt zum Abschluß der Diskussion, daß der Redebeitrag von Waltraud [Schoppe] seine Schwerpunkte finden sollte in der Durchsetzung der Rechte der Frauen; die Frage der Sexualität solle ebenso als Problem angesprochen werden, aber nicht als Zentralproblem. Waltraud [Schoppe] bekräftigt dies und ergänzt, daß sie mit Herrschaftsakt allgemein die Ver- waltung der Frau in der Ehe meint, und hebt hervor, daß dies angesprochen werden müßte.

Außerhalb der TO wird aus aktuellem Anlaß zur Haltung der GRÜNEN im Plenarsaal Stellung genommen. Man kommt allgemein zu dem Entschluß, daß a) bei Debatten grundsätzlich zugehört werden soll, was der andere zu sagen hat, um damit umgehen zu können, b) (Willi [Hoss]) von allen Abgeordneten mind. immer 20 anwesend sein sollten (aber nicht immer dieselben). Otto [Schily] stimmt Willi [Hoss] zu, wünscht aber Verschärfung zu Punkt b) und fügt hinzu, daß es wichtig sei, in der Öffentlichkeit zu zeigen, daß wir die Sache ernstnehmen. Er plädiert allgemein dafür, die Präsenzpflicht zu verschärfen, wobei Fraktionsgeschäftsführung und Parl. Geschäftsführung zusätzlich noch die Wahrnehmung anderer Aufgaben berücksichtigen müßten. Auch bei den zum Schluß folgenden Debatten ist ein Verlassen des Plenarsaales nicht unbedingt erwünscht. Ansonsten sollte allgemein für alle gelten: keine Termine während der Plenarsitzungen. Eckhart [Eckhard] Stratmann gibt zu bedenken, daß z.B. bei irgendwelchen unwichtigen Sachen der anderen politischen Arbeit der Vorzug zu geben sei. Allgemeines Übereinkommen, daß jetzt über Eckharts [Eckhards] [Stratmann] Vorschlag nicht abgestimmt werden soll. Christa Nickels bemerkt, daß wir es vorrangig als unsere Aufgabe im Plenum betrachten sollen, den Plenardebatten wieder ihren ursprünglichen Sinn zu geben, nämlich dem Bürger offenzulegen, wie es zu welchen Entscheidungen im Bundestag kommt. Christas [Nickels] Bemerkung findet allgemein Zustimmung. Otto [Schily] macht den Vorschlag, die TOPs »Verschiedenes« auf die nächste Fraktionssitzung zu verlegen. Vorschlag findet Zustimmung. Der Beitrag von Joschka Fischer steht noch aus; Norbert Mann ergreift das Wort, weil Joschka [Fischer] seit ca. 11.30 Uhr auf einer Sitzung der Raumkommission ist.

AK III Die Schwerpunkte von Joschkas [Fischer] Rede sollen liegen auf: – Angriff Zimmermann, Spranger; Joschka [Fischer] versteht sich als Vertreter einer Protestbewe- gung, die seit etwa 10 Jahren gegen diese Politik der Obengenannten Widerstand leistet; – Ausländerpolitik, Behandlung von Minderheiten wird kritisiert werden, ebenso Abschiebungs- praktiken und – Kritik an Verschärfung des Demonstrationsrechts sowie Kriminalisierung der Friedensbewe- gung. Norbert [Mann] erwähnt, daß zwischen Jürgen Reentz [Reents], Norbert [Mann] und Christa Reetz und Joschka [Fischer] bezüglich der Schwerpunkteverteilung, z.B. Datenschutz pp., noch unterschiedliche Auffassungen bestehen. Klaus Hecker bemerkt, daß im Plenum TO-Änderungsantrag zum 08. Mai gestellt werden soll. Walter Schwenninger verweist auf die Demo morgen (04. Mai) vor dem Wirtschaftsministerium bezgl. Waffenexporte nach Argentinien. Otto [Schily] und andere plädieren für Unterstützung der Demo durch die GRÜNEN.

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Ende der Sitzung: 13.00 Uhr Verantwortlich für Protokoll: Petra Alleritz

Anlage A

Mai 1983: Arbeitskreise und ihre Mitglieder sowie zugeordnete Bundestagsausschüsse. Grünes Bulletin, S. 13.

Die Grünen im Bundestag – Organisationsplan6Arbeitskreis I – Wirtschaft und Finanzen Mitglied Stellvertreter Nachrücker Haushaltsausschuß Hubert Kleinert Dieter Burgmann Joachim Müller Hans Verheyen Jürgen Reents Willi Tatge Wirtschaftsausschuß Dieter Burgmann Waltraud Schoppe Eberhard Bueb Eckhard Stratmann M. Beck-Oberdorf Hendrick Auhagen Finanzausschuß Julius Kriszan [Krizsan] Gert Jannsen Axel Vo gel Erika Hickel E. Stratmann

Arbeitskreis II – Frauen und Soziales Mitglied Stellvertreter Nachrücker Ausschuß für Jugend, Waltraud Schoppe Sabine Bard Karin Zeitler Familie und Gesund- G. P. We r ne r heit Marika [Marita] Wagner Sportausschuß W. Schwenninger Hubert Kleinert Chr. Schmidt Ausschuß für Arbeit Willi Hoss Hubert Kleinert Heidi Dann und Sozialordnung Gaby Potthast Udo Tischer Marita Wag ne r Eberhard Bueb Ausschuß für Bildung Gert Jannsen Julius Kriszan [Krizsan] Wolfgang Daniels und Wissenschaft Norbert Mann Arbeitskreis III – Recht und Gesellschaft Mitglied Stellvertreter Nachrücker Rechtsausschuß Otto Schily Roland Vogt Norbert Mann Petitionsausschuß Christa Nickels Christa Reetz Sabine Bard Julius Kriszan [Krizsan] Ausschuß für Wahl- Joschka Fischer Gaby Potthast G. P. We r ne r prüfung und Immuni- tät Ausschuß für das Post- Christa Reetz D. Drabiniok Heinz Sohr [Suhr] und Fernmeldewesen Innenausschuß Joschka Fischer

6 Eine ähnliche Aufstellung wurde von der Fraktion schon am 26. April 1983 als Pressemitteilung Nr. 51/83 ver- öffentlicht. In ihr sind einige Mitglieder anders zugeordnet; vgl. AGG, B.II.1, 3060.

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Arbeitskreis IV – Abrüstung, Frieden, Internationales (AFI) Mitglied Stellvertreter Nachrücker Auswärtiger Ausschuß Jürgen Reents Gaby Gottwald Henn. Schierholz Petra Kelly Roland Vogt Torsten Lange Milan Horácˇek Verteidigungsausschuß Gert Bastian Roland Vogt Anne Borgmann Unterausschuß Abrü- Roland Vogt Jürgen Reents stung Ausschuß für inner- Dirk Schneider W. Sauermilch Rebecca [Rebekka] deutsche Beziehungen Schmidt Ausschuß für wirt- Gaby Gottwald W. Schwenninger Ludger Vollmer schaftliche Zusammen- [Vol me r] arbeit Ursula Eid

Arbeitskreis V – Umwelt Mitglied Stellvertreter Nachrücker Ausschuß für Klaus Hecker Erika Hickel W. Daniels Forschung und Jo Müller Technologie Arnim von Gleich Ausschuß für Raum- W. Sauermilch Wolfgang Ehmke ordnung, Bauwesen und Städtebau Verkehrsausschuß Dieter Drabiniok W. Sauermilch Stefan Schulte Werner Senfft Torsten Lange H. We r ne r Innenausschuß W. Ehmke Dirk Schneider Hannegret Hönes Hans Verheyen Ausschuß für Ernäh- Antje Vollmer Sabine Bard Hannel. Saibold rung, Landwirtschaft H. We rner und Forsten

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