Die Monatsschrift Für Alle Eichsfelder · Heft 5 · Mai 2012 56. Jahrgang
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56. Jahrgang H 11859 Die Monatsschrift für alle Eichsfelder · Heft 5 · Mai 2012 In dieser Ausgabe Womit sich die Gemeinde- Siegfriederode - vertreter Lindewerras vor früher Wüstung, Das Dingelstädter 100 Jahren befassten heute Reiterhof Marktrecht Rusteberg Einzelpreis 2,50 EUR incl. 7 % MWSt Zum Löwen marktstraße 30 37115 Duderstadt Telefon (0 55 27) 8 49 00-0 Telefax (0 55 27) 84 90 08 49 schmackhafte Eichsfelder Küche Reisegesellschaften herzlich willkommen Ritteressen wie im Mittelalter Wurst- und Hausschlachtemuseum Film über die traditionelle Eichsfelder Hausschlachtung www.klausenhof.de · Tel.: (036081) 61422 · Familie Röhrig · 37318 Bornhagen/Eichsfeld Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 157 Das Dingelstädter Marktrecht von Ewald Holbein Wenn heute wöchentlich in Dingelstädt Markt- suche der Dingelstädter nicht willfahren, da tage sind, so ist das nichts Besonderes mehr. es nicht erhört sei, dass in einem Dorfe Jahr- Ohne große Formalitäten können die Händler markt gehalten werde; es sei billig, dass zwi- ihre Waren anbieten und verkaufen, nachdem schen Dörfern und Städten ein Unterschied sie das Standgeld bezahlt haben. Außerdem sei. Auf Grund dieser Stellungnahmen wurde kann man ja alles, was die „fliegenden Händ- das Dingelstädter Gesuch vorerst abgewie- ler“ anbieten, heute auch in den Geschäften sen. einkaufen oder im Internet bestellen. Ein her- Die Dingelstädter ließen den Landesherren ausragendes oder bemerkenswertes Ereignis mit ihren Jahrmärkten einstweilen in Ruhe ist also so ein Markttag nicht mehr. und führten umso hartnäckiger den Rechts- Das war aber in früherer Zeit ganz anders. streit mit den Städten um die Braugerechtig- Jahrmärkte abhalten zu dürfen, war ein Pri- keit. Nachdem in erster Instanz dieser Rechts- vileg, das meist erst nach langjährigen Be- streit im Jahre 1579 gewonnen war, kamen mühungen, vor allem auch gegen den Wi- sie aber auf ihr Gesuch um die Abhaltung von derstand der Orte in der näheren Umgebung, vier Jahrmärkten zurück. Einem Bittgesuch an die dieses Recht schon hatten, erstritten wur- Kurfürst Daniel vom 8. September 1580 legen de. In Dingelstädt hat dieser Kampf um das sie gleich ein Schriftstück an den Kaiser bei, Marktrecht fast 50 Jahre gedauert, bis das um den Kurfürsten der Mühe zu entheben, Privileg zur Abhaltung von zwei Jahrmärkten selbst einen Bericht abfassen zu müssen. endlich am 20. Oktober 1607 durch Kaiser Als Gründe für die Verleihung des Markt- Rudolf II. erteilt wurde. rechts gaben der Schultheiß und die Vormün- Aus dem Jahre 1560 datiert die erste Anfra- der an, dass Dingelstädt unverschuldet durch ge des Schulzen und der Vormünder an den Fehdschaften und darauf erfolgtem Brand Mainzer Erzbischof, ob „Seine Kurfürstlichen und durch unaussprechlich große Gewässer Gnaden wohl geneigt seien, ihnen eine Jahr in äußerste Not und verderblichen Schaden marktserlaubnis zu erteilen“. Aus Mainz kam gestürzt wurde. Durch die Abhaltung der die Antwort, dass der Kurfürst geneigt sei, Jahrmärkte versprechen sie sich eine Ver- nach entsprechender Prüfung der Sachlage, besserung ihrer misslichen Lage. sich bei der Kaiserlichen Majestät für die Sa- Das war aber noch nicht das letzte Gesuch. che einzusetzen. Viele Schreiben und ablehnende oder ver- tröstende Antworten folgten noch, ehe end- Die Dingelstädter erbaten sich daraufhin vier lich die kaiserliche Urkunde eintraf, in welcher Jahrmärkte und - um von vornherein Strei- Gieboldehausen und Dingelstädt zu Marktfle- tigkeiten mit den Städten Heiligenstadt und cken erhoben wurden. Diese Urkunde wurde Duderstadt aus dem Weg zu gehen - schlu- durch Kaiser Rudolf II. am 20. Oktober 1607 in gen Termine vor, an denen in diesen Städten Prag ausgestellt und gestattete die Abhaltung keine Jahrmärkte stattfanden. von jährlich zwei Märkten in Dingelstädt, und Der Kurfürst holte daraufhin eine Stellung- zwar auf dem Gertrudentag (17. März) und nahme beim Vogt auf dem Gleichenstein ein. am Sonntag nach der Geburt Johannes des Dieser berichtete, dass es den umliegenden Täufers (24. Juni). Ein weiteres Anzeichen für Orten zu großem Schaden gereichen dürfte, die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage wenn Dingelstädt das Marktrecht verliehen Dingelstädts war die Bestätigung der Zunft- würde. Besonders wehrten sich aber die ordnungen der Bäcker, Knochenhauer (Flei- Städte Duderstadt und Heiligenstadt gegen scher), Schuhmacher, Leineweber, Wollweber das Ansinnen der Dingelstädter. So schrieb und Schmiede im Jahre 1611. Mit dem Aus- der Heiligenstädter Rat in seiner Beschwer- bruch des Dreißigjährigen Krieges und der deschrift, der Kurfürst möge doch dem Ge- fast völligen Zerstörung Dingelstädts im Jah- Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder 163 „Die Nichtanwesenden haben sich den gefaßten Beschlüssen zu unterwerfen.“ Womit sich die Gemeindevertreter Lindewerras vor 100 Jahren befassten von Josef Keppler Über die Tätigkeit der Gemeindevertretung Lindewerra, den 7ten Februar 1911 von Lindewerra in der Zeit von April 1892 bis Da die Dienstzeit des Schulzen mit dem November 1932 und von Dezember 1932 bis 20ten Februar dieses Jahres abläuft, so ist November 1948 geben zwei Protokollbücher laut Verfügung des Königlichen Landratsam- Auskunft, in denen sich Niederschriften zu tes nach § 76 der Landgemeinde-Ordnung behandelten Problemen und gefassten Be- eine Neuwahl erforderlich: schlüssen, Personalia, aber auch über kont- Es wurde der Schulze Gustav Wagner mit roverse Meinungsäußerungen finden. Stimmenmehrheit wiedergewählt. Beim gemeinsamen Neujahrsempfang des Gleichzeitig wurde auch der Voranschlag Gemeinderates, des Feuerwehr- und des zur Gemeinde- und Gemeinde-Armenkasse Heimatvereins im Januar 2012 richtete der geprüft und mit Einnahmen von 3.425 Mark o. g. Autor den Blick auf das Wirken der 65 Pf. und Ausgaben von 3.425 Mark 65 Pf. Volksvertreter in dem Werradörfchen vor ei- bilanziert und für die Jahre 1911 bis 1913 nem Jahrhundert und zitierte aus den hand- festgestellt. schriftlichen Eintragungen.1 Die Gemeindevertretung bestand 1911 aus Lindewerra, den 4ten März 1911 dem Gemeindevorsteher Gustav Wagner, Der Gemeinde-Einnehmer hat beantragt, dem 1. Schöppen Wilhelm Heepe, dem 2. daß ihm laut Vorschrift des Königlichen Land- Schöppen Hermann Geyer und den Gemein- ratamts der Einnehmergehalt auf 90 Mark devertretern Wilhelm Gerstenberg, Konrad gesetzt würde, da er bisher nur 60 Mark be- Geyer, Johannes Imke, Wilhelm Sippel, Carl kommen hätte und auch andere Einnehmer Rode, Friedrich Sippel, Johannes Stöber und dieselbige und noch mehr bekämen. Johannes Welch. Beschlossen wurde einstimmig, daß dem Einnehmer Geyer, da die Gemeinde schon Auszüge aus Protokollen 1911/12 hoch belastet ist, 20 Mark mehr zum Gehalt Lindewerra den 9ten Januar 1911 bewilligt werden soll, so daß der Gehalt 80 Die Zahl der stimmberechtigten Gemeinde- Mark beträgt. vertreter beträgt zur Zeit 11. Gleichzeitig wurde auch beschlossen, die Der Weg in der Kellgasse vom Gastwirt Grundumlage pro 1911 auf 175 % der Ein- Gerstenberg und dem Geyersbrunnen soll kommensteuer, der Gewerbe-, Betriebs-, mit Packlage und Kies bis zu Anna Oester- Grund- und Gebäudesteuer zur Gemein- helds Haus über 152 laufende Meter verfes- dekasse zu erheben. tigt werden. Die Lieferung von Kies und der Zementrohre übernimmt die Gemeinde, die Lindewerra, den 22ten Juni 1911 anderen Arbeiten sollen öffentlich vergeben Da die Gemeinde die Wege im Dorfe, Kell- werden, ebenso wie im Stadtweg. gasse und Stadtweg verbessert und gebaut Am Stadtwege sollen vier Bäume abgehauen hat, wodurch ein Kostenbetrag von 800 Mark werden. Derjenige, welcher beim Verkaufen entstanden ist, muß die Gemeinde auf Dar- rechtsgültig ermittelt wird, soll das Oberholz, lehen die 800 Mark borgen. welches nicht zum Nutzholz gebraucht wird, Beschlossen wurde einstimmig, das Kapital dafür bekommen. Stämme von 22 Zentime- von 700 oder 800 Mark von dem Einnehmer tern an werden verkauft. Johannes Geyer hier zu Lindewerra zu bor- 166 Eichsfelder Heimatzeitschrift – Die Monatsschrift für alle Eichsfelder Siegfriederode - früher Wüstung, heute Reiterhof von Volker Große und Klaus Herzberg In einem Taleinschnitt an einem Feldweg füllt von namenlosem Groll trat die Mutter vor von Worbis nach Breitenholz liegt das Ein- die Haustür und verfluchte und verwünschte zelgehöft Siegfriederode, umgeben von das ganze Dorf und seine hartherzigen Be Rosen- und Sommerberg. Ursprünglich war wohner. Siegfriederode ein Dorf, welches aber 1573 Nachdem das tote Kind beerdigt war, nahm bereits nicht mehr bestand. Ein hier in der sie das noch lebende in ihren Mantel und Nähe befindlicher Bachlauf fließt ostwärts begab sich nach Worbis, wo sie von einer der Wipper zu. Zwischen Siegfriederode und gütigen Familie aufgenommen wurde. dem sogenannten Schreckensgrund1 befan- den sich in früherer Zeit Fischteiche, die von Es vergingen sieben Wochen. Da erhob sich dem 1540 aufgehobenen Zisterzienserinnen- im ‚Kessel‘ ein so furchtbares Unwetter, als kloster Worbis und auch von dem späteren wenn der Jüngste Tag angebrochen wäre. Franziskanerkloster Worbis bis zu dessen Als der Tag graute, war Siegfriederode vom Aufhebung 1825 genutzt wurden.2 Erdboden verschwunden. Nur einige Mau Um das ehemalige Dorf Siegfriederode rank- erreste und Häuserschutt zeugten von dem 3 ten sich mehrere Sagen. In einer heißt es: untergegangenen Dorf …“ „Siegfriederode war weithin auf dem Eichs Die Regierung der Provinz Sachsen erließ am feld bekannt durch den Reichtum, aber auch 7. Juli 1891 ein Gesetz zur Ansiedlung