Dokumentation Ausbildung , € Januar/ Februar 1 

Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Heinrich Bedford-Strohm Maria Böhmer Wertedebatte Unter der Lupe Freihandelsabkommen Stellungnahmen Heiko Maas Vom Sinn und Unsinn der In der Reihe zur aktuellen TTIP, CETA & Co: Wichtig für Aktuelle Positionen des Stormy-Annika Mildner Debatte über Leitkultur und Kulturpolitik der Länder geht es Industrie und Handel, sagen die Deutschen Kulturrates u.a. kulturelle Identität. Muss man in dieser Ausgabe um Saarland einen, negativ für die Kultur, zum Urheberrecht und den Petra Pinzler »unsere« Werte schützen? und Sachsen-Anhalt. sagen die anderen. anstehenden Landtagswahlen und viele andere Seiten ,  und  Seiten  und  Seiten  bis  Seiten  und  Feinde Seit Monaten bekriegen sich Kunst- händler, Sammler und ihre Verbände mit der Kulturstaatsministerin we- gen des neuen Kulturgutschutzge- setzes, das im Frühjahr dieses Jahres beschlossen werden soll. Die Posi- tion des Deutschen Kulturrates, der das Gesetz grundsätzlich begrüßt, aber selbstverständlich im parla- mentarischen Verfahren noch Ände- rungsvorschläge einbringen wird, ist hinlänglich bekannt. Irritiert muss man aber die persönlichen Attacken gegen die Kulturstaatsministerin aus dem Kreis der Kunstsammler und Kunsthändler zu Kenntnis nehmen. Dabei geht es nicht um normale politische Kritik an der Arbeit eines Original + Digital Mitgliedes der Bundesregierung, die nicht nur erlaubt, sondern in einer Demokratie auch notwendig ist, Zur Zukunft der Sammlungen in Archiven sondern oftmals um beispiellose und Bibliotheken. Seiten  bis  persönliche Herabsetzungen und Beleidigungen. Hart in der Sache, verbindlich im Ton ist das Credo guter Lobbyarbeit. Was hat also den Ton zwischen dem Kunsthandel und der Politik so ver- giftet? Sicher war es der unglücklich

verlaufende Gesetzgebungsprozess WAGNER C. ANNA / BILDARCHIV RHEINISCHES FOTO: zur Erhöhung der Mehrwertsteuer in der letzten Legislaturperiode. Der Bund hatte für die von der EU erzwungene Mehrwertsteuererhö- rung von  auf  Prozent für den Kunsthandel eine steuerrechtliche Kompensation, die sogenannte Wie halten wir es mit der Religion? Margenbesteuerung, vorgesehen, Über die Notwendigkeit einer neuen Wertedebatte die aber von den Länderfi nanzmi- nistern konterkariert wurde. Schon HEIKO MAAS die zu uns kommen, moralisch zu erheben. Wir wis- tolerante Miteinander der Religionen fördert man damals hatten die Kunsthändler den sen sehr gut, wie lange es selbst in einem freien und nicht dadurch, indem man sie aus dem öff entlichen Bund und nicht die Verursacher, die dentität und Abgrenzung sind Nachbarn. Wer liberalen Land gedauert hat, diese Werte tatsächlich Raum verbannt. Ich bin der Meinung, das geht im Ge- Länder, für das Fiasko verantwortlich man selbst ist, das wird man auch beim Blick auf im Alltag durchzusetzen: Gleichberechtigung, Glau- genteil besser, wenn wir mehr Begegnungen zwischen gemacht. andere gewahr. Kein Wunder also, dass in Zeiten bensfreiheit und die Anerkennung der menschlichen den Religionen schaff en und zwischen Gläubigen und Beim Kulturgutschutzgesetz I starker Zuwanderung und off ener Grenzen die Würde stehen seit  im Grundgesetz. Und doch nicht-religiösen Menschen. Heiner Bielefeldt, der waren wegen dieser politischen Frage nach der deutschen Identität Konjunktur hat. waren Männer und Frauen jahrzehntelang nur auf UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit hat Niederlagen des Kunsthandels bei Diese Debatte kann unter zwei verschiedenen Vor- den unteren Sprossen der Karriereleiter gleichberech- die tatsächliche Bedeutung staatlicher Neutralität auf der Mehrwertsteuer die Emotio- zeichen geführt werden. Unter dem Schlagwort einer tigt, war die Liebe schwuler Paare bis Ende der er den Punkt gebracht: Sie sei ein Fairnessprinzip des nen von Anfang an hochgeschnellt. deutschen »Leitkultur« mit unübersehbar aus- und durch den §  StGB kriminalisiert, kommen antise- Aber auch der erste, zwar nicht au- abgrenzender Tendenz oder als integrative Werte- mitische Hetze und Gewalt bis heute in Deutschland torisierte, aber trotzdem im Amt der debatte, bei der es darum geht, was unsere Gesell- leider noch immer viel zu häufi g vor. Begegnungen zwischen den Kulturstaatsministerin verfasste schaft ausmacht und zusammenhält. Eine off ene, bunte, freie Gesellschaft, die müssen Religionen schaff en und mangelhafte Entwurf des Gesetzes, Die Parole von der »Leitkultur« ist als trotziger kul- wir alle gemeinsam gestalten und immer weiter vor- hat die Situation verschärft. Doch tureller Anpassungsimperativ gegenüber Migranten antreiben. Das ist auch Sache der Rechtspolitik. Schon zwischen Gläubigen und zur politischen Schlammschlacht unbrauchbar für die Herausforderungen unserer Zeit. in der Vergangenheit hat sie die Weichen gestellt. Sie nicht-religiösen Menschen wurde es erst, nachdem Mathias Müll trennen, Vorgarten harken und sonntags Tatort hat die Homosexualität zunächst entkriminalisiert Döpfner, Vorstandsvorsitzender gucken? Das machen viele, aber das ist nicht der We- und dann mit der »eingetragenen Lebenspartner- der Axel Springer Mediengruppe, in senskern der politischen Gemeinschaft, die unser Staat schaft« und dem Adoptionsrecht schrittweise neben Staates im Umgang mit dem religiösen Pluralismus. der Juli-Ausgabe der hauseigenen nun einmal ist. Fragt man hingegen nach den Werten, rechtlicher Gleichstellung auch zu mehr gesellschaft- Der neutrale Staat ist nicht etwa wertfrei oder indif- Kunstzeitschrift »Blau« zur Jagd auf dann sind da zunächst Demokratie und Menschen- licher Akzeptanz verholfen. Sie hat formelle Gleichbe- ferent. Im Gegenteil: Seine Werte sind die Vielfalt die Kulturstaatsministerin blies. Von rechte. Diese Grundwerte anzuerkennen, das können rechtigung von Frauen auf dem Papier ersetzt durch und der gegenseitige Respekt. diesem Zeitpunkt an gab es in den und müssen wir von allen einfordern – von denen, die eine aktive Förderungspolitik – ganz aktuell durch die Konkret bedeutet das: Die Möglichkeiten und Pri- Springer-Blättern kein Halten mehr. hier schon lang leben, genau wie von den Flüchtlin- Frauenquote für Aufsichtsräte, die in den Chefetagen vilegien, die unser Religionsverfassungsrecht anbietet, Besonders »Die Welt« tat sich durch gen, die erst in diesem Jahr zu uns gekommen sind. der deutschen Wirtschaft zu mehr Gleichberechtigung stehen nicht nur den beiden christlichen Großkirchen einseitige Berichterstattung hervor. Und das heißt ganz konkret: Frauen und Männer sind führen wird. off en, sondern gelten auch für andere Religionsge- Was lernen wir Kulturverbände Auch wenn es um die Vielfalt der Kulturen und meinschaften. Staatsverträge sind dabei ein wichtiger daraus: Lobbyarbeit ist ein hochspe- Religionen geht, kann die Rechtspolitik einen großen Schritt hin zu einem deutschen Islam. Sie könnten zialisiertes Handwerk, wie bei einem Beitrag zur Integration leisten. Nach Schätzungen die Ausbildung islamischer Theologen an deutschen Uhrmacher alter Schule werden kleine Wir haben keinen Anlass, uns leben bereits  Millionen Muslime in Deutschland. Der Universitäten regeln. Manche Probleme ergeben sich Rädchen gedreht und dünne Federn über die Menschen, die zu uns überwiegende Teil der Flüchtlinge, die zurzeit zu uns ja daraus, dass Imame aus Ländern kommen, in denen gebogen, mit dem Vorschlaghammer kommen, moralisch zu erheben kommen, sind ebenfalls Muslime. Da wird es immer es keine Freiheit, keine Vielfalt und keine Gleichbe- kann man nur zerstören, nicht aber wieder zu neuen Debatten über die Religionsfreiheit rechtigung der Frauen gibt. Wir brauchen deutsche gestalten. Und was lernt die Kultur- kommen – Kopftuchstreite inklusive. Wir sollten uns Imame, die unsere Wertordnung kennen und leben, staatsministerin: Kunsthändler sind dabei klar machen: Ein junger Mann mit Kippa, ein und die hier ausgebildet sind. Dann werden sich viele emotional und ungeschickt, ihre gleichberechtigt. Schwule, Lesben und Transsexuelle Minarett im Stadtbild, ein Sihk mit Turban – all das hier lebende Muslime Deutschland sehr viel mehr wirklichen Feinde aber sitzen im können hier off en zu ihrer Identität stehen. Jeder darf sind keine Widersprüche zum Grundgesetz, sondern verbunden fühlen. Hause Springer, das hier seinen Glauben leben, niemand wegen Herkunft das ist gelebte Religionsfreiheit. Das könnte gerade jungen Muslimen ein positives ständig neues Öl ins oder Religion ausgegrenzt werden. Antisemitismus – Wie halten wir es also mit der Religion? Eines steht Leitbild geben. Ein neuer demokratischer, europäi- Feuer gießt. das geht im Land des Holocausts gar nicht! aus meiner Sicht fest: Ein strikter Laizismus wie in Fortsetzung auf Seite  Aber all das werden wir nicht mit dem erhobenen Frankreich ist keine Lösung. Dort geht die Trennung Olaf Zimmermann Zeigefi nger vermitteln können oder indem wir bloß von Staat und Kirche soweit, dass in staatlichen Schu- Nr. / ist Herausgeber den Text unseres Grundgesetzes verteilen. Und: Wir len selbst Schüler keine religiöse Kleidung oder Sym- ISSN - 4:l;W4:V;n von Politik & Kultur haben auch keinen Anlass, uns über die Menschen, bole tragen dürfen. Ich halte davon gar nichts. Das B   02 SEITE  www.politikundkultur.net

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Kulturmensch 02 Welterbe in Gefahr Es ist deswegen falsch, wenn wir auch Maria Böhmer 19 heute wieder mehr über die Risiken als über die großen Chancen der Zuwan- AKTUELLES Original oder digital? derung sprechen. Wenn wir sie richtig Thomas Bürger 19 gestalten, dann kommt sie allen zugute: Die nächste Runde wurde Den Menschen, die zurzeit auf unsere eingeläutet Warum Originalerhalt? Hilfe angewiesen sind, weil sie vor Ter- Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 03 Ursula Hartwieg 20 ror, Unterdrückung oder Krieg in ihrer Heimat fl iehen. Und den Menschen, die Schriften sichern und hier leben. Ohne Zuwanderer würde LANDESKULTUR digitalisieren Deutschland schrumpfen und im Be- POLITIK Anja Hajduk 20 völkerungsschnitt immer älter werden. Die Auswirkungen merken wir schon Saarland: In Zeiten stagnierender Der Vergangenheit eine heute, gerade in ländlichen Gegenden. Budgets Zukunft Es gibt dort oft zu wenige Ärzte, und Sven Scherz-Schade 04 Ellen Euler 21 an manchen Orten werden Schulen nur deswegen nicht geschlossen, weil dort Sachsen-Anhalt: Die fetten Jahre Digital und original nun auch syrische Kinder eingeschult sind wie Blei Gesine Lötzsch 21 werden. Peter Grabowski 05 Wenn wir so erfolgreich bleiben wol- Mein gerettetes Objekt ... len, wie wir es im Moment sind, dann Isabel Pfeiff er-Poensgen, Gabriele Beger, müssen wir dafür sorgen, dass diese INLAND Barbara Schneider-Kempf, Michael Knoche, Kinder eines Tages starke Stützen un- Bettina Schmidt-Czaia, Klaus Ceynowa 22-23 serer Gesellschaft sind: im Beruf, als Bewegung im Werden Steuerzahler und als Staatsbürger. Petra Bahr 06 Bilder als Zeitzeugen Dass Respekt für andere belohnt wird,

Hanns-Peter Frentz 24 NÜRNBERGER FRANK FOTO: das zeigt das Beispiel von Alex Assali. Kein Vertrauen in die eigene Heiko Maas In Syrien arbeitete der jährige Mann Kultur? Die vielschichtige Aussagekraft als Informatiker, aber er hat dort alles Max Fuchs 07 der Fotografi e scher Islam könnte so auch eine Rolle der Welt ist das Kopftuch eher Aus- verloren und fl üchtete mit dem Boot Claudia Schubert 24 spielen bei der Bekämpfung von Ge- druck männlicher Dominanz als der nach Europa. In Deutschland, sagt er, Baumwolle aus Rakka walt und Terrorismus extremer Kämpfer. individuellen Glaubensüberzeug der erfuhr er viel Herzlichkeit: Als er in Ber- Ein Kommentar von Armin Conrad 08 Die Schätze des Bundesarchivs Wenn Muslime mit gleichen Rechten Frauen. Im Unterricht könnten man- lin seine Flüchtlingsunterkunft nicht Michael Hollmann 25 ausgestattet sind, dann werden sie che Schülerinnen und Schüler das dann fand, da nahm ihn eine alte Dame bei Eine kommunikative Aufgabe auch eher Verantwortung für das Ge- missverstehen, dass Integration und die der Hand und brachte ihn dorthin. Alex Vier Fragen an Christina Kampmann 08 Original und Digital meinwesen übernehmen. Auch jetzt Gleichberechtigung der Geschlechter Statements von Theresia Bauer, Anke erheben muslimische Verbände, Ima- gar nicht gewünscht sind. Spoorendonk und Eva-Maria Stange 26 me in den Moscheen und auch auf De- Sicher ist: Wir können nur entweder EUROPA monstrationen viele Zuwanderer ihre alle religiösen Symbole aus dem Klas- Wir können uns ent- Stimme, wenn im Namen ihrer Religion senzimmer verbannen oder sie alle scheiden: Gar keine Und alle Fragen off en... REAKTION gemordet wird. Ich glaube, die Radika- zulassen. Das Kopftuch zu verbieten, Andreas Kämpf 09 lisierung einzelner kann noch früher nicht aber Kippa oder Nonnen-Habit, religiösen Symbole an Notwendig und wirksamer gestoppt werden, wenn das lässt unsere Verfassung nicht zu. Schulen oder alle! Ratings Agentour Ayyub A. Köhler 27 klar ist, dass Muslime und ihr Glauben Ein Zwei-Klassen-Regime für die Reli- Arnulf Rating 09 selbstverständlich Teil dieses Landes gionsfreiheit – das darf es nicht geben. Ehrliche Debatte sind. Die Identifi kation ist ja bereits Und trotzdem können wir uns entschei- Suzan Öcal 27 erstaunlich groß. Das zeigen aktuelle den: Gar keine religiösen Symbole an Assali sagt: »Heute bin ich an der Reihe INTERNATIONALES Studien:  Prozent der religiösen Mus- Schulen oder alle! Der Verweis auf die etwas zurückzugeben«. Deswegen kocht Damit Kultur Dialoge lime in Deutschland halten die Demo- Werte unserer Verfassung wird an dieser er jeden Tag auf dem Alexanderplatz CETA: Der Teufel steckt im Detail führen kann Stelle nicht ausreichen. Wir müssen sie für Obdachlose. Hans-Jürgen Blinn 10 Ulrike Liedtke 27 mit Leben füllen. Das wird nicht ohne Menschen wie Alex Assali zeigen intensive Debatte gehen eindrucksvoll: Die Mitmenschlichkeit TTIP: Eine Chance für die Dabei dürfen wir auf keinen Fall die und Hilfsbereitschaft der vielen ehren- Zukunft MEDIEN Der Wind ist rauer Fehler der Vergangenheit wiederholen: amtlichen Helferinnen und Helfer, der Stormy-Annika Mildner und Fabian geworden. Aber ich Selbst als bereits Millionen neue Mit- Kirchen, Polizisten und Soldaten bekom- Wendenburg 11 Zwischen dem Wert kreativer bin überzeugt: Die bürger hier lebten, hat Deutschland sich men wir zurück. Ihr Einsatz wird dieses Leistungen und der Freiheit Menschlichkeit bleibt immer noch nicht als Einwanderungs- Land am Ende stärken. Denn er macht TPP: Schlimmer als wir ihrer Nutzung land begriff en. Von »Gastarbeitern« war deutlich: Deutschland ist ein Land der befürchtet haben Olaf Zimmermann 28 stärker als der Hass noch in den er Jahren die Rede – Solidarität und des Zusammenhalts. Kei- Petra Pinzler 12 die Alltagssprache kann manchmal ne Frage, der Wind ist – gerade nach den Manchmal geht es schneller entlarvend sein. Deutschkenntnisse, Anschlägen in Paris – rauer geworden. als gedacht Ausbildung und Integration, das hat Aber ich bin überzeugt: Die Menschlich- KULTURELLE BILDUNG Helmut Hartung 29 kratie für eine gute Regierungsform und Deutschland deswegen viel zu lang ver- keit bleibt stärker als der Hass. zeigen eine starke Verbundenheit mit nachlässigt. Da haben wir viel verpasst, Kulturtourismus im Eine Ehre und Herausforderung unserem Staat und unserer Gesellschaft. und viele aktuelle Integrationsprobleme Heiko Maas ist Bundesminister ländlichen Raum Drei Fragen an Lutz Marmor 29 Ich meine: Die restlichen  Prozent – haben mit diesen Fehlern zu tun. der Justiz und für Verbraucherschutz Katja Drews und Birgit Mandel 13 das schaff en wir auch noch. Wir müssen aber am Thema dran- Die Zukunft ist europäisch STELLUNGNAHMEN bleiben, und das bedeutet auch, dass wir Carolin Ries 13 noch viele Detailfragen klären müssen. Der Deutsche Kulturrat In Kanada ist gerade ein neuer Vertei- Kulturmensch bezieht Stellung zu aktuellen digungsminister ernannt worden, ein KULTURELLES LEBEN Themen 30-31 ehemaliger Polizist. Der Mann ist Sihk Thomas Sternberg und trägt natürlich einen Turban. In Gelebte Off enheit Frankreich dagegen wurde gerade von Michael Müller 14 DAS LETZTE den höchsten Richtern bestätigt, dass In der Enquete-Kommission des in Münster und gehört dem Landtag die Angestellte eines Krankenhauses Deutschen Bundestags »Kultur in Nordrhein-Westfalen seit  an. Der Herzschlag von Gemeinschaft Kurz-Schluss entlassen werden darf, weil sie als Mus- Deutschland« unterstrich Thomas Dort ist er unter anderem kultur- Heinrich Bedford-Strohm 14 Theo Geiẞler 32 lima im Dienst ein Kopftuch getragen Sternberg als Sachverständiges und medienpolitischer Sprecher. hat. Der Vergleich zeigt: Es gibt auch in Mitglied stets die Bedeutung der Die Rote Liste 15 Karikatur 32 den westlichen Demokratien bei diesem Kirchen für das kulturelle Leben Thema keinen Königsweg. in Deutschland. So regte er unter Kultur im Brennpunkt Nachrichten 32 Wie wollen wir hier in Deutschland anderem in der Kultur-Enquete die Der SPD-Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel also etwa mit Frauen im öff entlichen Untersuchung zur Bedeutung der im Porträt – Andreas Kolb 16 Impressum 32 Dienst umgehen, die ein Kopftuch tra- Kirchen für die Kulturfi nanzierung gen? Verbieten wir ihnen, an Schulen an. Von Fassong- und Rundschnitt Kinder zu unterrichten, als Richterin- Als neu gewählter Präsident des Offi zielle Stellungnahmen des Deut- Georg Ruppelt 16 schen Kulturrates sind als solche ge- nen Urteile sprechen oder als Polizis- Zentralkomitees der deutschen Ka- kennzeichnet. Alle anderen Texte geben tinnen auf der Straße für Recht und tholiken kann Sternberg nun sein nicht unbedingt die Meinung des Deut- Ordnung sorgen? Das liefe für viele kulturpolitisches Engagement im ORIGINAL + DIGITAL schen Kulturrates wieder. muslimische Frauen de facto auf ein kirchenpolitischen Kontext erneut Berufsverbot hinaus. Für ihre Integra- unter Beweis stellen. Zuvor war er Zuerst Erhalt des Originals DER AUSBLICK 2  tion wäre es besser, ihnen möglichst bereits Leiter des Arbeitskreises Olaf Zimmermann 17 viele Berufschancen zu eröff nen, auch Kultur des Zentralkomitees der Die nächste Politik & Kultur im Staatsdienst. Dagegen spricht, dass deutschen Katholiken. Die Ehe von Original und erscheint am . März . eine kopftuch-tragende Lehrerin viel- Der gelernte Bäcker und studierte

Digitalisat Im Fokus der nächsten Ausgabe ste- leicht ein falsches Zeichen setzt: Für Theologe, Germanist und Kunsthis- THOMAS M. FOTO: Ulrich Johannes Schneider 18 hen die sogenannten Kleinen Fächer. viele Menschen und in vielen Teilen toriker leitet das Franz Hitze Haus Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  AKTUELLES 03

Die nächste Runde wurde eingeläutet Das »Gesetz zur Neuregelung des Kulturgutschutzes« in der Diskussion der Bundesländer

OLAF ZIMMERMANN UND des Bundesrats in Luft aufl ösen. Das GABRIELE SCHULZ wird vielleicht zu einer sachlicheren Debatte zum Kulturgutschutz beitragen. m . Dezember  be- Die Schweiz, die ein strenges Kulturgut- riet der Bundesrat über das schutzregiment hat, ist trotzdem oder »Gesetz zur Neuregelung vielleicht gerade deshalb einer der füh- A des Kulturgutschutzrechts«. renden Handelsplätze des Kulturgut- Manche hegten die Erwartung, dass die handels. Die Bundesregierung kommt Länder Kulturstaatsministerin Moni- in ihrem Bericht zum Kulturgutschutz ka Grütters MdB in die Schranken wei- zu dem Schluss, dass die Schweiz gerade sen und eine deutliche Lockerung der aufgrund ihrer strengen Sorgfaltspfl ich- Vorschriften des Regierungsentwurfs ten einen Wettbewerbsvorteil gegen- vorschlagen würden. Weit gefehlt, die über anderen Kunsthandelsstandorten Länder betrachten den Kulturgutschutz hat, da sie hohe Rechtssicherheit für deutlich etatistischer und forderten vor alle Beteiligten bietet. Ein Argument, allem für sich mehr Rechte ein. das so schnell nicht von der Hand zu Noch einmal zur Erinnerung: Im Mai weisen sein wird.  trat die »Richtlinie //EU des Auch wenn die klare Intention des Europäischen Parlaments und des Ra- Kulturgutschutzes die Verzahnung der tes vom . Mai  über die Rückgabe Regelungen zur Ein- und Ausfuhr von von unrechtmäßig aus dem Hoheitsge- Kulturgut ist, dreht sich die Diskussion biet eines Mitgliedstaats verbrachten vor allem um die Ausfuhr. Dabei zeigt Kulturgütern und zur Veränderung der die aktuelle politische Situation, dass

Verordnung (EU) Nr. / (Neu- BUNDESRAT FOTO: dringend Regelungen bei der Einfuhr, fassung)« in Kraft. Die Bundesrepublik insbesondere von archäologischem Kul- muss diese Richtlinie, wie die anderen andere Unterzeichnerstaaten der ge- erstmals so umfassend über das Erfor- len Interesse Deutschlands liegt. Diese turgut, von Nöten sind. Es geht zum ei- EU-Mitgliedstaaten auch, in nationales nannten UNESCO-Konvention bereits dernis, über die Fußangeln aber auch Empfehlung erhielt im Bundesrat nicht nen darum, dafür Sorge zu tragen, dass Recht umsetzen. Die Beauftragte der bei der versuchten Einfuhr Kulturgü- die Fallstricke des Kulturgutschutzes die erforderliche Mehrheit. Das ist sehr archäologisches Kulturgut nicht mehr Bundesregierung für Kultur und Medi- ter beschlagnahmen, findet dies in debattiert wurde. Und auch die Länder, gut so, denn diese Bestimmungen im illegal nach Deutschland eingeführt en (BKM) nahm die neue EU-Richtlinie Deutschland, laut Bundesregierung, die noch einmal verdeutlichen konn- Regierungsentwurf sollen dafür Sorge und hier verkauft werden kann und zum Kulturgutschutz zum Anlass, den unzureichend statt. ten, welche Schätze sie besitzen und tragen, dass der Kulturgutschutz nicht zum anderen, dass der Zerstörung von derzeit in drei verschiedenen Gesetzen Die genannten und weiteren Unzu- wie wichtig deren Schutz ist. infl ationär gebraucht wird, sondern archäologischen Sachzusammenhängen geregelten Kulturgutschutz in einem länglichkeiten im bestehenden Kultur- Der Kunsthandel und private Samm- nur Kulturgüter unter Schutz gestellt endlich Einhalt geboten wird. Was hier Gesetz zu regeln und damit die Rege- gutschutz führten dazu, dass die BKM ler können off enbar den auch von ih- werden, die von besonderem Wert für eine zwar schöne, aber wenig bedeutsa- lungen zur Ein- und Ausfuhr von Kul- einen langen Anlauf nahm, um den nen erreichten lobbyistischen Erfolg Deutschland sind. me und oftmals au ch preiswerte Scher- turgut zu verzahnen. Bis dato wird der Kulturgutschutz in Deutschland grund- nicht genießen, sondern wollen alles Die Sachverständigenausschüsse, in be sein kann, kann am Fundort, durch Kulturgutschutz im »Gesetz zum Schutz legend zu verbessern. Der erste von der oder gar nichts. Insbesondere sie haben denen Wissenschaftler, Vertreter aus Fachwissenschaftler bearbeitet, ein deutschen Kulturguts gegen Abwan- BKM nicht autorisierte Entwurf wurde daher die Hoff nung geschürt, dass die Museen, dem Handel und Sammlern wichtiger Schlüssel zur Erschließung derung«, im »Kulturgüterrückgabege- im Sommer, wie man so schön sagt, Länder umfassende Änderungen in die die Beratung zur Eintragung von Kul- des Lebens vergangener Epochen sein. setz« und im »Gesetz zur Ausführung »durchgestochen« und löste eine höchst Beratung zum Kulturgutschutzgesetz turgut führen sollen, sollen laut Bun- Wir werden deshalb noch einmal genau der Konvention vom . Mai  zum aufgeregte Diskussion aus. Es war von einbringen werden. Doch weit gefehlt: desrat auf reine Beratungsgremien re- überlegen müssen, ob die jetzt im Ge- Schutz von Kulturgut bei bewaff neten Enteignung die Rede, Künstler befürch- Zwar hat beispielsweise die FDP- duziert werden, sodass die eigentliche setzesentwurf vorgesehenen Wertgren- Konfl ikten« geregelt. Fraktion als Oppositionspartei in den Entscheidung vom Land getroff en wird, zen bei der Einfuhr archäologischen Die Bundesregierung selbst hatte Niedersächsischen Landtag den Antrag wohingegen im Regierungsentwurf die- Kulturgutes nicht kontraproduktiv sind. sich im Jahr  im »Bericht der Bun- »Kultur bewahren, Eigentum schützen, sen Gremien deutlich mehr Kompetenz Im Jahr  werden die Beratungen desregierung zum Kulturgutschutz« Die Länder haben ein Änderungen des Kulturgutschutzes an- zugewiesen wird. Dieser Vorschlag fand nach der Rückäußerung der Bundesre- ein schlechtes Zeugnis ausgestellt spürbar etatistischeres passen« (Drucksache /) einge- eine Mehrheit im Bundesrat, sodass gierung im Deutschen Bundestag ge- und Handlungsbedarf zum verbesser- Verständnis von bracht, in dem unter anderem zu lesen Bund und Länder sich nun verstän- führt werden. Die hoff entlich öff ent- ten Kulturgutschutz festgestellt. Die- ist, dass allein die Diskussion zum Kul- digen müssen. Der thüringische Kul- lichen Ausschussberatungen werden ser Bericht wurde im Zusammenwirken Kulturgutschutz turgutschutzgesetz zu einem Verlust an turminister Benjamin-Immanuel Hoff einen Eindruck von der Diskussion ver- mit den Ländern erstellt und gibt damit Werken in Höhe von  Millionen Euro gab zusätzlich zu bedenken, dass es für mitteln. Spannend bleibt, wie sich die auch die Erfahrungen in den Ländern geführt hat und sich daher deutlich ne- kleinere Länder durchaus eine Heraus- verschiedenen Akteure in die Beratun- wieder. So kommt die Bundesregierung teten ihre Werke, die als Leihgaben in gativ auswirkt. Wer die Ausschussemp- forderung darstellt, die Sachverständi- gen einbringen werden. Der Deutsche in dem Bericht zu dem Schluss, dass in Museen hängen, würden allesamt unter fehlung des Bundesrats zum Kultur- genausschüsse mit Fachleuten aus dem Kulturrat hat in seiner Stellungnahme den Jahren  bis , mithin fünf Kulturgutschutz gestellt und Sammler gutschutz liest (Bundesratsdrucksache jeweiligen Land immer wieder neu zu zur Neuregelung des Kulturgutschut- Jahre, trotz mehrerer Rückgabeersu- sahen die »Kulturgutschutzpolizei« an //) muss allerdings feststellen, besetzen, da nur eine Wiederberufung zes (siehe auch Politik & Kultur /, che ausländischer Staaten keine ein- ihre Türe klopfen. Interessanterwei- dass die Länder weniger den Handel mit möglich sein soll. Es bleibt abzuwarten, S. ) [http://bit.ly/WBsVQ] grund- zige Rückgabe von Kulturgut erfolgt se waren es die Länder, die in diesen Kulturgut im Blick haben als vielmehr ob sich der Bund hier bewegen wird. legend positiv auf den Vorschlag aus ist, weil off enbar die Voraussetzungen ersten unautorisierten Entwurf den ihre ureigenen Interessen als ausfüh- Insgesamt kommt in der Bundesrats- dem Hause Grütters reagiert. Bleibt von deutscher Seite für andere Staaten Vorschlag eingebracht hatten, dass rende Stellen des Kulturgutschutzes. empfehlung ein spürbar etatistischeres abzuwarten, wie die Debatten in den nicht praktikabel sind. So hat es sich bei Privatpersonen bei gegebenen An- So soll nach der Beschlussempfehlung Verständnis des Kulturgutschutzes zum nächsten Runden verlaufen werden. beispielsweise als ein Hindernis erwie- lässen geprüft werden könnte, ob sie der Länder für die Eintragung nicht Ausdruck als es im Regierungsentwurf sen, dass Deutschland für die Rückgabe national wertvolles Kulturgut besitzen. mehr vorausgesetzt werden, dass das der Fall ist. Die hochgesteckten Hoff - Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer ausländischen Kulturguts auf ein Lis- Sie orientierten sich dabei an den Vor- einzutragende Kulturgut identitäts- nungen mancher Vertreter des Kunst- des Deutschen Kulturrates. Gabriele tenprinzip zum Verzeichnis national schriften zum Denkmalschutz. All dies stiftend für die Kultur Deutschlands handels oder Sammler dürften sich Schulz ist Stellvertretende Geschäfts- wertvollen Kulturguts abhebt, wie es war bereits nach Klarstellungen durch ist und im herausragenden kulturel- nach Lektüre der Beschlussempfehlung führerin des Deutschen Kulturrates in Deutschland üblich ist, in anderen Kulturstaatsministerin Monika Grütters Staaten aufgrund einer teilweise sehr vom Tisch und gehörte spätestens mit viel längeren Tradition des Schutzes der Vorlage des Referentenentwurfs im nationalen Kulturguts aber nicht prak- September  der Vergangenheit an. tiziert wird. Dies führt, so die Bundesre- In der Ausgabe / (September/ gierung, zu einer Belastung der bi- und Oktober) [http://bit.ly/LbUnrd] sowie Das Wichtigste multilateralen Beziehungen der Bun- / (November/Dezember) [http:// desrepublik, zumal erst in den letzten bit.ly/kCdwd] dieser Zeitung erschie- Jahren Kulturgut aus zentralamerikani- nen verschiedene Beiträge, in denen das zur Kulturpolitik schen Staaten, aus Ägypten, Irak, Iran, Thema aus unterschiedlichen Perspek- Jetzt Türkei, Russland, China und anderen tiven beleuchtet wurde. abonnieren! Staaten nach Deutschland verbracht Seit dem . November  liegt nun Abonnieren Sie jetzt für  Euro im Jahr wurde, so die Bundesregierung. Das der Regierungsentwurf des »Gesetzes führt letztlich dazu, dass die Bundes- zur Neuregelung des Kulturgutschutz- inkl. Versandkosten! republik, die im Jahr  endlich, nach gesetzes« vor. Vom ersten unautorisier- Per Telefon:  .   , Fax:  .    dreißig Jahren, das »UNESCO-Überein- ten Entwurf der BKM über den Referen- oder E-Mail: [email protected][email protected]. kommen über Maßnahmen zum Verbot tenentwurf bis hin zum Regierungsent- und zur Verhütung der unzulässigen wurf wurde vieles verändert. Manches Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von grundlegend, anderes eher klarstellend Dokumentation Ausbildung Kulturgut« ratifi ziert hatte, sich bei der oder sprachlich. Eigentlich sollte man , € Januar/ Bekämpfung des illegalen Handels mit meinen, dass es im ganzen Prozess nur Februar 1 

Kulturgut nicht völkerrechtskonform Gewinner geben sollte. Die BKM, die ihr www.politikundkultur.net verhält. Dieses schwächt die Position Anliegen, ein modernes umfassendes Zeitung des Deutschen Kulturrates Stellungnahmen In dieser Ausgabe: Freihandelsabkommen Aktuelle Positionen des der Bundesrepublik, wenn die Einhal- Kulturgutschutzgesetz vorzulegen, um- Unter der Lupe TTIP, CETA & Co: Wichtig für Heinrich Bedford-Strohm Wertedebatte Deutschen Kulturrates u.a. Maria Böhmer In der Reihe zur aktuellen Industrie und Handel, sagen die zum Urheberrecht und den Vom Sinn und Unsinn der Kulturpolitik der Länder geht es tung anderer internationaler Abkom- setzen konnte. Die Verbände, die viele Heiko Maas einen, negativ für die Kultur, anstehenden Landtagswahlen Debatte über Leitkultur und in dieser Ausgabe um Saarland sagen die anderen. Seiten  und  Stormy-Annika Mildner kulturelle Identität. Muss man und Sachsen-Anhalt. Seiten  bis  men von anderen Staaten eingefordert Anliegen im Gesetzgebungsverfahren Petra Pinzler »unsere« Werte schützen? Seiten  und  Seiten ,  und  wird. Auch bei der Einfuhrkontrolle ein- und unterbringen konnten. Die und viele andere Feinde - hapert es in Deutschland. Während kulturpolitische Öff entlichkeit, in der t bekriegen sich Kunst 04 LANDESKULTURPOLITIK www.politikundkultur.net

In Zeiten stagnierender Budgets Kulturpolitische Herausforderungen im Saarland

SVEN SCHERZSCHADE Thomas Schmitt: »Letztendlich ist es Hochschulen, das Staatstheater als uns bisher gelungen, die kulturellen Drei-Spartenhaus, das Saarland-Mu- SAARLAND ein, das Saarland ist nicht Angebote, die wir im Land haben, ohne seum und das Weltkulturerbe Völklin- zu Gast bei »Wünsch dir größere Schrammen oder einschnei- ger Hütte. Diese Genannten machen en Landeshauptstadt: Saarbrücken was«. Vielmehr steht es dende Maßnahmen zu erhalten.« Und gros den saarländischen Kulturhaushalt N bei »So isses« und kommt was gilt für die Zukunft als kulturpoliti- aus. Das heißt Theater, Kunsthochschu- Gründung: 1. Januar 1957 nicht so recht voran. Man muss in die- sche Herausforderung? Wo soll die saar- le, Museum – es gibt alles je nur ein sem Zusammenhang nicht gleich vom ländische Kultur die vermeintlichen Fe- Mal. Jedes für sich ist von immenser Einwohner: 989.035 kulturpolitischen Stillstand sprechen. dern lassen, die Federn vom Kleinvieh, Bedeutung für die Kulturversorgung, Aber Tatsache ist: Innovative, neue das angeblich auch Mist macht? was die politische Gleichbehandlung Fläche: 2.570 km² kulturpolitische Ideen sind rar. Das Es ist – zumindest für den fragenden nicht immer einfach macht. So gab es Saarland wird seit  von einer Gro- Journalisten – unmöglich, dem Abge- etwa um den Erweiterungsanbau des Bevölkerungsdichte: 385 Einwohner pro km² ßen Koalition regiert. Im Kabinett unter ordneten hier entsprechende State- Saarland-Museums, dessen Eröff nung Regierungschefin Annegret Kramp- ments abzuringen. Der Kulturpolitiker nun für  geplant ist, ziemlich viel Regierungschefi n: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Karrenbauer (CDU) belegt die SPD mit würde einen Teufel tun, etwaige Bei- Streit um die Finanzierung, um Bundes- Ulrich Comerçon den Ministerposten spiele zu nennen. Womöglich würde förderungen, um Kostensteigerungen Regierende Parteien: CDU, SPD für Bildung und Kultur. Die Linke (mit er somit einen Sparvorschlag auslösen, (von rund neun Millionen Euro mehr acht Sitzen), die Grünen und die Piraten auf den sich die Finanzpolitiker seiner auf insgesamt  Millionen Euro). Er- Nächste Wahl: Frühjahr 2017 (mit je drei Sitzen) stellen die Opposi- Fraktion oder andere »Partner« sofort schwerend kam ein Untreue-Skandal tion im saarländischen Landtag. Aber stürzten. Er würde sich zudem den Un- hinzu, der mittlerweile jedoch ausge- Minister für Bildung und Kultur: Ulrich Commerçon (SPD) Hand auf’s Herz: Wer nur drei Sitze mut der gesamten Kulturszene im Land standen ist. Schon im Frühjahr  mit seiner Fraktion stellt, schreibt sich aufbürden. Unmöglich! Um die zu ver- hätte alles fertig sein sollen. Ein gro- Öff entliche Ausgaben für Kultur: , Millionen Euro/Jahr nicht unbedingt das Ressort Kulturpo- treten, hat er doch den Job als Kulturpo- ßes Ärgernis, zumal im Kern der Sache litik auf die Fahnen, sodass in dem klei- Konsens besteht, dass dieser Anbau Kulturausgaben je Einwohner: , Euro/Jahr nen und auch verhältnismäßig armen für die Institution, jene Erweiterung Bundesland tief im Westen der Republik des Museums, wichtig und dringend Kommunalisierungsgrad: 35,5 % eine zurückhaltende, bescheidene Er- Das Saarland ist ist, denn in den Depots in Saarbrücken haltungs- und Bewahrungspolitik für lagern viele Werke insbesondere zeitge- Kunst und Kultur betrieben wird. So hoch verschuldet. Ein nössischer Kunst aber auch Werke des isses. Das Diminuendo dieser aufgefä- ausgeglichener Haus- Expressionismus, denen es bislang an werden, die als Selbstläufer keine grö- Budgets des Rathauses nun überhaupt cherten politischen Opposition wirkt halt ist nicht in Sicht Ausstellungs- und Präsentationsfl äche ßeren Subventionen der öff entlichen nicht zu erwarten. Thomas Brück be- in sanfter Berührung wie ein Dämpfer fehlt. Dennoch interpretierte die Öf- Hand benötigen. Oder doch? nennt das auch genau so, dass man aufs politische Handeln der Regie- fentlichkeit das Vorhaben als »Prestige- Mehr Soziokultur und dafür mehr zukünftig allein mit Ideen werde han- rungsparteien, die nun ebenfalls leise objekt« – muss ja so aufgefasst werden, entsprechende Projekte auf den Weg deln müssen und meint damit Ideen auftreten. Fragt man Thomas Schmitt, litiker übernommen. Anstatt also kon- wenn man ständig das Lamento stag- zu bringen, das wünscht sich Thomas und Kooperationen, die nichts kosten. den kulturpolitischen Sprecher der kret ein Beispiel zu nennen, wiederholt nierender Budgets zu hören bekommt! Brück, seit Sommer  Kulturdezer- Das zumindest verdeutlichte Thomas saarländischen CDU-Fraktion nach er ruhig und ohne Dynamik, dass alle Das wiederum zieht Begehrlichkeiten nent der Stadt Saarbrücken. Das Saar- Brück bei einer Diskussion im Oktober den Top-Herausforderungen für die Ressorts ihren Beitrag zu leisten hätten. der anderen Kultureinrichtungen nach land hat keine Tradition von sozio-kul- im Rathausfestsaal Saarbrücken, zu christdemokratische Kulturpolitik, so Dass die eingesparten Summen in der sich. Cela veut dire: Investition bei ei- turellen Zentren, wie es sie in anderen der die Saarländische Gesellschaft für antwortet er bedrückend ehrlich: »Auch Kultur jeweils nicht groß seien, gelte nem und Gleichbehandlung aller bringt Bundesländern gibt, und angesichts von Kulturpolitik eingeladen hatte. Nein, wenn das jetzt nicht sehr ambitioniert auch für die Jugendhilfe, für die Bildung man da nur schwer unter einen Hut, zu- Migration und Flüchtlingen kommt die- auch im Saarbrücker Rathaus ist man klingt, aber unter der unglaublichen und andere Bereiche. Spannend an sol- mal als weitere, nicht dringliche, aber ser Kultursparte aktuell wie in Zukunft nicht bei »Wünsch dir was«. Um nur ein Sparlast ist es unser Ziel, das zu erhal- cher Antwort ist lediglich, warum dem wichtige Herausforderung für die Kul- eine bedeutsame Aufgabe in Hinblick Beispiel zu nennen: Die »Freie Szene« ten, was ist.« Politiker nun spontan Jugendhilfe und turpolitik des Saarlandes die dauerhaf- auf gesellschaftliche Integration zu. der Stadt etwa hätte künstlerisch vie- Das Saarland ist hochverschuldet mit Bildung auf den Lippen lagen und nicht te Sicherung des industriekulturellen Thomas Brück ist Politiker der Grünen. le Potenziale frei, um in Schulen oder über  Milliarden Euro im Jahr , Straßenbau oder Wirtschaftsförderung. Erbes steht. Er war bislang Umweltdezernent. Weil den immer wieder beschworenen »be- was etwa pro Einwohner . Euro Aber geschenkt. Solch eine allgemeine Der Bergbau hat die Region lange das Saarbrücker Rathaus Personalkos- reits bestehenden Strukturen«, die entspricht. Ein ausgeglichener Haushalt Antwort ist total langweilig. So hört sich geprägt, die industriekulturellen Denk- ten einsparen wollte, reformierte es nichts Neues kosten, aktiv zu werden. Allerdings verläuft die Koordinierung – die bildungspolitisch mit dem Lan- desministerium abgestimmt werden muss – bislang schleppend, denn viele Kontakte und Verpfl ichtungen laufen in festen, institutionalisierten Kanä- len. Das heißt ganz volkstümlich ge- sprochen, die »Freie Szene« tut sich schwer, anzudocken. »Mal schauen« und er werde das in den Gremien an- sprechen, versprach Thomas Brück bei jener Diskussionsrunde. Immerhin: Ab und an gibt es doch noch kulturpoliti- sche Herausforderungen, die durchaus der Haushaltslage mit Altschuldenlast gerecht werden, nämlich genau dann, wenn sie nichts kosten.

Sven Scherz-Schade ist freier Journalist in Karlsruhe und arbeitet unter anderem zu den Themen Kultur und Kulturpolitik für den Hörfunk SWR

LANDESKULTUR POLITIK

Diese Reihe beleuchtet die aktu-

KARTOGRAPHIE: KOBERKÜMMERLY+FREY, KÖLN KOBERKÜMMERLY+FREY, KARTOGRAPHIE: elle Landeskulturpolitik. In acht Ausgaben nehmen wir jeweils die ist bislang nicht in Sicht, doch bis  das an, wenn man politisch auf der Stel- mäler müssen erhalten werden und sie in diesem Jahr seine Verwaltung und Kulturpolitik zweier Länder genau- muss auch das Saarland diese fi nanzpo- le tritt, denn Thomas Schmitt muss ja müssen nutzbar gemacht werden. Die legte Dezernate zusammen. Brück ist er unter die Lupe. Die angegebenen litische Schiefl age geradebiegen, wofür auch ein Signal an eben jene christ- wie Stadt Völklingen etwa hat in den letz- jetzt Dezernent sowohl für Umwelt Zahlen stammen aus Gründen der alle politischen Bereiche ihren Beitrag sozialdemokratische Finanzpolitik sen- ten Jahren zusammen mit der » plus als auch für Kultur und Bildung. Dass Vergleichbarkeit aus dem Kulturfi - werden leisten müssen. So isses. den, dass auch die Kulturpolitik prinzi-  Konzerte GmbH« mit dem »UrbanArt nun jemand – verständlicherweise aus nanzbericht . Aktuelle Zahlen Mit eingesparten Kulturetats hat piell bereit sei, sich der »unglaublichen Hip Hop Festival« sowie mit der »Ur- der Kommunalpolitik, solange sich auf aus den Bundesländern können da- zwar noch niemand einen Landeshaus- Sparlast« zu stellen… Da capo! banArt Biennale« neue Impulse gesetzt, Landesebene so wenig tut – überhaupt von abweichen. halt gerettet, aber diese Erkenntnis hilft Das Saarland ist klein, mit knapp einer die kulturelle Identitäten vor allem jün- einen neuen Impuls für eine zukünf- In den letzten Ausgaben haben wir den saarländischen Abgeordneten in Million Einwohnern auf einer kleinen gerer Menschen mit jenem Bergbau- tige Kulturpolitik zu geben versucht, bereits Baden-Württemberg, NRW, der zweiten Dekade des . Jahrhun- Fläche. Die kulturellen Einrichtungen, Erbe geschaff en haben. Insbesondere ist großartig. Allein: Finanzielle Un- Thüringen, Schleswig-Holstein, Bran- derts nicht mehr als Argument, zumal auch »Leuchttürme« genannt, die das der kulturwirtschaftliche Aspekt kommt terstützung für neue Impulse – für et- denburg und Bremen vorgestellt. In ja wie weiter oben geschildert das poli- Bundesland attraktiv machen, sind im hier zum Tragen, wobei auch Potenziale waige »Bürgerateliers«, die kulturelle der nächsten Ausgabe: und tische Leisetreten hier den Ton angibt. Wesentlichen die beiden künstlerischen der Jugend- und Partykultur genutzt Integrationsarbeit leisten – ist aus den Mecklenburg-Vorpommern. Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  LANDESKULTURPOLITIK 05

Die fetten Jahre sind wie Blei Zur Kulturpolitik in Geschäftsführer des Deutschen Kul- Im nächsten Jahr liegt Sachsen-Anhalt SACHSENANHALT Sachsen-Anhalt turrates, Olaf Zimmermann, ehrenamt- im Fokus zumindest des christlichen lich moderierte, legte der Konvent im Teils der Menschheit:  schlug Lu- Februar  schließlich  konkrete ther seine berühmten Thesen an Wit- Landeshauptstadt: Magdeburg PETER GRABOWSKI Empfehlungen vor. Die reichten von der tenbergs Schlosskirche, aus diesem Anhebung des Landeskulturetats auf Anlass steht  also das -jährige Gründung: 3. Oktober 1990 m . März  wählt Sachsen- mindestens  Millionen Euro jähr- Reformationsjubiläum an. Zur stan- Anhalt einen neuen Landtag. Die lich mit anschließender Dynamisierung desgemäßen Begehung wurde von der Einwohner: 2,236 Millionen A aktuellen Umfragen lassen viel zum Ausgleich von Tariferhöhungen Evangelischen Kirche über die Bun- Raum für Spekulationen, wer mit wem über die Forderung, der Bund möge des- und Landesregierung bis zu den Fläche: 20.452 km² die nächste Regierung stellen wird, sich künftig zur Hälfte an den Kosten konkreten Lutherstätten Eisleben und kann oder sogar muss. Klare Mehrhei- für die UNESCO-Welterbestätten betei- Wittenberg eine ganze Reformations- Bevölkerungsdichte: 109 Einwohner pro km² ten zeichnen sich bislang jedenfalls ligen bis zur Schaff ung eines Landes- dekade ab dem Jahr  ausgerufen. nicht ab – dabei sind gerade in der Kul- musikpreises. Der wurde mittlerweile Zig Millionen Euro fl ießen seitdem in Regierungschef: Rainer Haseloff (CDU) turpolitik des Landes klare Entschei- auch tatsächlich eingerichtet und im das Projekt, vor allem in die Sanierung dungen gefragt. vergangenen Juli erstmals vergeben der zugehörigen Welterbestätten und Regierende Parteien: CDU und SPD Die Situation ist – wie in Sachsen – die große Mehrheit der übrigen Er- in die breite publizistische Begleitung und Thüringen auch – vom kulturellen gebnisse harrt weiter einer ernsthaften dieser historischen Marke mit welt- Nächste Wahl: März 2017 Erbe geprägt, vielleicht sogar noch et- Würdigung. weiter Bedeutung. Zwölf Monate vor was stärker: Sachsen-Anhalt ist »das« Viele davon gingen stattdessen in Beginn des großen Jubiläums mehren Kultusminister: Stephan Dorgerloh (SPD) Kernland der deutschen Geschichte. ein »Landeskulturkonzept « ein. sich allerdings die Stimmen, die nach Deren erste prominente Vertreter aus Doch die  bunten Seiten mit vielen der angeblich so breit wie tief ange- Öff entliche Ausgaben für Kultur: 305,0 Millionen Euro/Jahr der Region waren im . Jahrhundert großformatigen Bildern sind bei nähe- legten Welle fragen, die das Ereignis die Liodolfi nger mit Otto dem Großen rem Hinsehen weniger ein »Konzept« lostreten und auch kulturtouristisch Kulturausgaben je Einwohner: 133,97 Euro/Jahr an der Bekanntheitsspitze. Die späteren als eine wolkige Zustandsbeschrei- verwerten soll – und ob das denn wohl Protagonisten hießen unter anderem bung der Sparten und Institutionen in noch passieren wird? Kommunalisierungsgrad:  %* (seitdem stark steigend) Luther und Melanchthon im . Jahr- Sachsen-Anhalts Kultur. Wie sich die Nur zwei Jahre danach steht der * im Jahr  laut Kulturfi nanzbericht  massiven demografischen Verände- nächste Jubeltag für eine Einrichtung rungen tatsächlich einerseits struktu- mit Weltruhm an: Der . Geburtstag rell niederschlagen und andererseits des legendären Bauhauses. Den will inhaltlich spiegeln sollen, das wurde man – wie im Gründungsort Weimar Jahren bis  aber überhaupt noch nem dieser typischen Wettbewerbe Sachsen-Anhalt ist mit vielen feinen Schwaden aus vager und im Berliner Archiv - auch in Des- fertig werden kann, ist fraglich. Ein wei- zweier wirtschaftlicher wie kultureller »das« Kernland der Zukunftslyrik eher vernebelt als sau- sau ganz groß begehen, doch ist die teres Problem ist der Standort in der Oberzentren innerhalb einer Region. deutschen Geschichte ber geklärt. In der Finanzierung der Ausgangslage schwierig. Dreh- und Dessauer Innenstadt: Der historische Bei den nackten Zahlen hatte Halle lan- gegenwärtigen Kulturlandschaft Sach- Angelpunkt soll der Bau eines neuen Bauhaus-Komplex und die Meisterhäu- ge Zeit die Nase vorn, doch zuletzt hat sen-Anhalts fehlt realistisch geschätzt Museums sein, dessen Eröff nung zum ser, also das eigentliche Weltkulturer- Magdeburg mindestens aufgeholt. Ak- jedenfalls schon jetzt strukturell eine runden Geburtstag  schon lange be, liegen mehrere Kilometer entfernt. tuell haben beide jeweils rund . zweistellige Millionensumme. Wie es fest eingeplant ist. Der Architekten- Treiber dieser seltsamen Idee war der Einwohner. hundert, die europaweiten Reformvor- mit den acht staatlichen Theatern, den Wettbewerb dazu wurde allerdings Kultusminister in Magdeburg; im Streit An der Elbe plant man allerdings bilder Leopold III. von Anhalt-Dessau, zwei Orchestern und auch den bislang erst vergangenen September abge- darüber wurde unter anderem sogar der schon den nächsten Schritt:  will August Hermann Francke und Moses vier Welterbestätten langfristig weiter- schlossen, mit zwei ersten Preisen. vorherige Bauhaus-Chef Philipp Oswalt Magdeburg Europäische Kulturhaupt- Mendelssohn im . und . Jahrhun- geht, ist weiter unklar. Aktuell liegt der Kurz vor Weihnachten dann die Ent- demissioniert (allerdings nicht ohne stadt sein. Die Kandidatur ist lange be- dert. Am Ende dieser historischen Landeskulturetat zwar bei den ungefähr scheidung: Gebaut werden soll der eigenes Zutun). schlossen, die Pläne werden vom rühri- Reihe stehen der geniale Flugzeugun-  Millionen Euro, die vom Kulturkon- verglaste schwarze Riegel des Büros Es gibt natürlich auch gute Nach- gen Kulturmanager Norbert Pohlmann ternehmer Hugo Junkers und der viel- vent mal gefordert wurden. Doch darin Gonzalez Hinz Zabala aus Barcelona. richten aus und für Sachsen-Anhalts koordiniert und vorangetrieben. Der leicht noch genialere Architekt Walter stecken viele temporäre Sondermittel Der steht zumindest formensprachlich Kulturpolitik: Magdeburg und Halle betreibt seit  mit anderen mehr Gropius. Die zugehörigen »Inhalte« in rund um zwei Großprojekte, an denen in der Bauhaus-Tradition – der andere zum Beispiel konnten bereits vor dem oder weniger prominenten Kulturleu- Stichworten: der Beginn des Heiligen deutlich wird, wozu das andauernde, Juryfavorit erinnerte in seiner bunt ge- aktuellen Flüchtlingsstrom wieder stei- ten auch das »Forum Gestaltung« in den Römischen Reiches Deutscher Nation, im Kern vielleicht sogar systematische wellten Zipfelmützigkeit eher an Frank gende Einwohnerzahlen vermelden. Die früheren Räumen der traditionsreichen das europaweit nachgeahmte Magde- Rumlavieren in der Kulturpolitik des Gehry als an Walter Gropius. Ob der  beiden mit Abstand größten Städte des Kunstgewerbe- und Handwerkerschu- burger Stadtrecht, der Naumburger Landes führt. Millionen Euro teure Bau in den drei Landes befi nden sich von je her in ei- le (gegründet , geschlossen ). Dom (Welterbe-Kandidat), die Altstadt Dort fi nden Konzerte, Ausstellungen, von Quedlinburg, die Reformation, das Lesungen und Debatten statt; neben Dessau-Wörlitzer Gartenreich (alles dem Moritzhof oder der Feuerwache bereits Welterbe), die Franckeschen Sudenburg ist das Forum einer der Stiftungen (Welterbe-Kandidat), die zentralen Orte der mittlerweile sehr JU (hat »nur« Legendenstatus) und lebendigen Szene an der Elbe, die sich schließlich die bis heute einfl ussreichs- damit auch jenseits der traditionellen te gestalterische Ideenschmiede der Kulturorte Theater, Museen oder Bib- Welt: das Bauhaus in Dessau – eben- liotheken erfreulich entwickelt hat. Die falls von der UNESCO als Welterbe Ausgangslage ist also gut, auch wenn geadelt. die innerdeutsche Konkurrenz um den Diese Hinterlassenschaften der Ge- begehrten Kulturhauptstadt-Titel stark schichte könnten jede Menge Inspira- ist: Mit Leipzig, Mannheim und Nürn- tion für die kulturelle Mitte Deutsch- berg sind weitere Regionen mit großer lands sein. Tatsächlich sind sie im Geschichte und attraktiver Gegenwart Sachsen-Anhalt der Gegenwart aber im Rennen. vor allem Beschwernis. Das hat erst Doch schon die Bewerbung sorgt er- mal mit Geld zu tun: Nach der Wende fahrungsgemäß für eine Konzentration wurden Magdeburg, Dessau oder auch der Kräfte und stärkt nicht nur das kul- Bitterfeld nahezu deindustrialisiert; turelle Leben einer Kommune, sondern die hohe Arbeitslosigkeit führte in auch das kulturpolitische Bewusstsein dem Land mit der größten Nähe zum der Entscheider. Ein solcher Eff ekt in »reichen« Westen der Republik schnell der Landeshauptstadt würde nicht zu- zu ebenso hohen Abwanderungsraten. letzt der Landeskulturpolitik gut tun. Sachsen-Anhalt hat mit heute , Mil- Die steht aller Voraussicht nach auch lionen Einwohnern seit der Wende ein personell vor einem Umbruch: Dass gutes Fünftel seiner Bevölkerung ver- Kultusminister Stephan Dorgerloh dem loren. In zehn Jahren werden es vor- nächsten Kabinett nicht mehr angehört, aussichtlich nochmal ein-, zwei- oder gilt in den politischen Kreisen Magde- vielleicht auch dreihunderttausend burgs als ausgemacht. Der Mann aus Menschen – also Erwerbstätige, Steu- Berlin ist – wie sein ebenfalls von dort erzahler und einheimische Kulturnut- stammender Staatssekretär Jan Hof- zer – weniger sein. mann – bis heute nicht gut vernetzt in Dieser dramatische demografi sche den (Kultur-)Kreisen Sachsen-Anhalts. Wandel, dazu das Ende des Sol i in  Dorgerloh feiert am . April, genau drei und die Schuldenbremse ab , lie- Wochen nach der Landtagswahl, seinen ßen den Landtag von Sachsen-Anhalt . Geburtstag. Die Glückwunschkarte vor fünf Jahren zu einer ungewöhnli- von Ministerpräsident Rainer Haseloff chen Maßnahme greifen: Ein »Kultur- wird voraussichtlich eines der letzten konvent« unter Beteiligung möglichst offi ziellen Schreiben des Regierungs- vieler Akteuren/-innen aus Kunst, chefs an den Mann für die Kultur im Kultur und Politik sollte den Weg aus Kabinett sein. dem kulturpolitischen Dilemma weisen. Nach gut einem Jahr intensiver Arbeit Peter Grabowski ist kulturpolitischer

in einzelnen Arbeitskreisen, die der KÖLN KOBERKÜMMERLY+FREY, KARTOGRAPHIE: Reporter 06 INLAND www.politikundkultur.net

Bewegung im Werden Zehn Thesen zur Leitkultur der Einwanderungsgesellschaft

PETRA BAHR heitlichen Gesellschaft es denn genau sind, die für unser Zusammenleben un- ber das Fremde spricht es sich abdingbar sind. Noch ist die Diskussion leichter als über das Eigene. ähnlich verdruckst wie die Debatte um Ü Deshalb sind Flüchtlinge, die die Frage, ob es einen Kanon kulturel- zu Hunderttausenden in unser Land ler Regeln, Texte, Bücher oder Bilder kommen, zwar der Anlass, aber nicht geben muss, in dem diese künftig lei- die einzigen Adressaten der »Leitkul- tende Kultur bespielhaft aufgehoben tur«. Es ist wahr: Die, die zu uns kom- ist. Eher diskutiert man über den Sinn men, brauchen eine Orientierung, die oder Unsinn verbindlicher Kanonizes, ihnen hilft, unsere Erwartungen, Regeln als probeweise einen Kanon zusam- und Lebensformen zu verstehen. Sie menzustellen. Die Kanondebatten der sollen auch wissen, welche Voraus- letzten Jahre zeigen aber auch, dass in setzungen für das Heimischwerden fruchtbaren Streits ein großer Konsens in unserem Land gelten. Doch auch bleibt über das, was nach wie vor oder die Autochthonen oder die, die schon immer wieder neu für kostbar geachtet vor längerer oder gar sehr langer Zeit wird. Man könnte sogar weiter gehen: eingewandert sind, brauchen eine Ori- schon die intensive Diskussion über das, entierungshilfe, sie brauchen eine Ver- was zum Kanon gehört und was seine ständigung und eine Vergewisserung. Kraft für die heute Lebenden verloren Wie wollen wir in einer Gesellschaft des hat, ist Teil des Vergewisserungspro- sich zusehend verschärfenden Plura- zesses: Was ist uns eigentlich wichtig? lismus der Herkünfte, Lebensformen Ein Kanon versammelt das, was heute und Vorstellungen von einer guten Zu- gültig ist. Der Kanon ist deshalb ein kunft gemeinsam leben? Die deutsche Modell für die Dynamik des Konser- FOTOLIA.COM / GLASER FOTO: Gesellschaft, wir alle, werden uns mit vierens im heute nach den Kriterien den Flüchtlingen gemeinsam verän- von heute: Neue Texte kommen dazu, Wertehimmel schweben, dass alle nur sondern höchstens aus Rechtsprechung Strahlkraft wir heute noch zehren, Die dern. Eine Leitkulturdebatte unterläuft andere, ältere werden verworfen, noch begeistert nicken, weil der Vorschlag und Auslegung, für alle greifbar aber in Aufklärung als die »Befreiung aus der deshalb notwendig die Unterscheidung ältere werden wiederentdeckt. Kanoni- keinerlei Folgen hat. »Gerechtigkeit, der gelebten Praxis der Religionsge- selbstverschuldeten Unmündigkeit« ist in »Sie« und »Wir«, wenn sie sich ernst sierungsprozesse sind Leitbildprozesse Solidarität, Gleichberechtigung, Frei- meinschaften in Deutschland. ein Projekt, eine ständige Aufgabe, eine genug nimmt. In dieser Debatte geht en miniature. heit«. Große schwere Worte, jedes für Eine positive Formulierung der Rolle Herausforderung, die heute eher noch es um den gemeinsamen Horizont aller. Leitkulturdebatten sind konservativ. sich braucht eine Verteidigung. Doch des Staates, mithin des Rechtsstaates, wächst. Nichts ist vor dieser Herausfor- Die aktuellen Flüchtlingsbewegun- Sie zu führen, steht deshalb Konserva- eine Leitkultur, die ihren Namen ver- seiner Institutionen und seiner Sym- derung sicher. Keine heiligen Bücher, gen mit dem Zielland Deutschland sind tiven gut zu Gesicht. Allerdings geht dient, wird an ihren alltagspraktischen bole gehört zu den ersten Aufgaben der keine heiligen Männer und Frauen, aber Vorboten einer Welt, in der die globa- es in diesem recht verstandenen Kon- Folgen gemessen. Sie bestimmt nicht Leitkultur in der Einwanderungsgesell- auch nicht das »Eigene«, das seine Aura len Verwerfungen und Krisen, aber servatismus nicht um den Schutz des nur Grenzen, sondern auch Haltungen, schaft. Die Achtung und der Respekt vor nur so lange behält, wie es unbefragt auch die Möglichkeiten und Chancen Alten gegen die Bedrohung durch Neu- mit denen es gelingen kann, Wertekon- Vertreterinnen und Vertretern dieses bleibt. Vorlieben, kulturelle Gewohn- überall sichtbar werden. Wir Deutsche es. Schon gar nicht verbirgt sich hinter kurrenzen und Wertungen auszuhalten Staates, der nicht als das Andere unser heiten, Normen, ja sogar das Recht sind müssen uns fragen, wie wir uns als dieser Debatte eine politische Nostalgie. – und trotzdem für die eigenen Überzeu- selbst, sondern als durch das Staatsvolk vor der Aufklärung nicht sicher. Das ist Einwanderungsgesellschaft verstehen. Der wahrhaft Konservative nimmt die gungen einzustehen. Sätze wie »Wenn verfasst gedacht und verteidigt werden das Wagnis der geistigen Freiheit, das Lange haben wir diese Debatte nicht Gegenwart, wie sie ist. Diesseits von Du Dich anstrengst, kannst Du es einmal muss, muss Thema der künftigen Leit- wir im Westen eingegangen sind. Diese geführt – und sind doch eines der er- Euphorie oder Untergangsphantasien, besser haben.« sind manchmal ebenso kultur sein. Es stimmt: Der freiheitlich Aufklärung auf Dauer zu stellen, sich in folgreichsten und liberalsten Länder die er beide als Anmaßung gegenüber schlicht wie hilfreich. demokratische Staat lebt von Voraus- seiner Urteilskraft von Besonnenheit der Welt geworden, bei all den integ- der Geschichte empfi ndet, fragt er nach Es reicht nicht, die Frage nach der setzungen, die er selbst nicht garantie- und genauem Blick leiten zu lassen, ist rationspolitischen Problemen, die es dem Verteidigungswerten in der Verän- Leitkultur mit dem Hinweis auf die ren kann. Er lebt von den Überzeugun- vielleicht die schwerste Übung in Zeiten, schon vor den Flüchtlingen gab. Die derung, nicht nach einem Fluchtweg Verfassung zu beenden oder mit dem gen und Haltungen, vom Mitwirken und in der aggressive Ungeduld, schnelle Verständigung über den gemeinsamen vor dieser Veränderung. Unter Umstän- schönen Wort des »Verfassungspatrio- Mitgestalten seiner Bürger. Doch die Lösungen und markige Worte so viel Horizont wird vor allem als Thematisie- den ist es deshalb der Konservative, der tismus« zu ersetzen. Die Verfassung ist off ene, plurale Gesellschaft lebt nur un- leichter wirken als das aktive Aushalten rung von Verlustängsten geführt. Das auch zum Vergessen oder Lassen von mehr als ein Bündel von Abwehrrech- ter den Voraussetzungen, die der Staat einer off enen Zukunft. »Eigene« steht auf dem Spiel, auch nur vermeintlich Wichtigem ermutigt. ten gegen den Staat, aber auch mehr garantieren kann. Selbstverständigungsdebatten brau- wenn es schwer fällt, dieses »Eigene« Konservatismus ist deshalb nicht das als ein in sich verständlicher Regelka- Wenn gilt, dass Kultur das ist, was chen ein Forum, auf dem gemeinsam benennen zu können. Diese Sorge vor Gegenteil von einer Bewegung in eine non, den man nur auswendig lernen sich von selbst versteht und latent um Haltungen, Regeln und anerkannt dem Verlust des Eigenen ist Ausdruck muss. Obwohl es eine schöne Übung bleibt, dann wird die Thematisierung Gültiges geredet wird. In Zeiten, in der von Sorgen, aber auch von Kränkungen, für Schulkinder wäre, wenigstens die des Selbstverständlichen auch seinen mediale Öff entlichkeiten immer stär- weil durch die rasante Veränderung der ersten Artikel des Grundgesetzes »by Gegenstand verändern. Wem ist denn ker fragmentieren und Netzgemeinden Welt viele Erschütterungen zu innerer Die deutsche heart«, also in Kopf und Herz zu haben – noch klar, dass sich der Sonntagsschutz zu Selbstverstärkungsgemeinschaften und äußerer Haltlosigkeit führen. Die Gesellschaft wird die Leitbegriff e des Grundgesetzes sind der prägenden Kraft des Christentums werden, die sich abschließen gegen Fremdheit mit der eigenen Welt triff t sich zusammen mit voraussetzungsvoll. Die Verfassung als verdankt und nicht der Kultur des den Austausch von Informationen und nun auch Fremde aus einer anderen den Flüchtlingen geronnenes Recht ist auch geronnene »Ausschlafens und Brunchens«? Rück- den Streit um ihre Deutungen. Da ist Welt. Wer diese Kränkung auf den Frem- Kultur. Jede neue Entscheidung, jeder besinnungen haben immer auch Kon- schon die Klärung dessen, was der Fall den projiziert, für den ist das Eigene verändern Versuch, Verfassungstreue und gesell- sequenzen, wenn sie mehr als rhetori- ist, nicht mehr leicht herbeizuführen. aber noch nicht sagbarer geworden. Er schaftlichen Wandel in Rechtsausle- sche Rückverweise sind. Welche Kon- Deshalb stellt sich mit großem Ernst kann sich nur besser von der Leerstelle gung und Rechtsprechung weiterzuent- sequenzen hat denn die Beobachtung die Frage, wo das Sprechen über das ablenken. Es bedarf deshalb einer auch off ene Zukunft, sondern der Orientie- wickeln, zeigt aber, dass diese »Kultur« von Flüchtlingen, dass Deutschland ein Gemeinsame denn anders als durch öff entlichen Einübung ins Sprechen, rungssinn. Die derzeitige Flüchtlings- nichts Abständiges, Vergangenes oder sehr christliches Land sei, für künftige schroffe Abgrenzungen gegenüber ja Besprechen dessen, was angesichts krise ist eine Chance des Konservatis- Festes ist. Sie ist selbst im Wandel. Wer Debatten über die Rolle der Religion den Anderen, »die da oben« oder »die der gewaltigen Bewegungen, die auch mus für identitätspolitische Antworten, wollte bestreiten, dass in alle Zentral- in der Öff entlichkeit? Schon jetzt zeigt von draußen«, gelingen soll. Die demo- die deutsche Gesellschaft ergreifen, in wenn es gelingt, Fragen nach Zugehö- begriff e des Grundgesetzes kulturelle sich angesichts der lebensverachtenden kratische Kultur, als deren Basis und den kommenden Spannungen zusam- rigkeit und Heimat, nach Selbstgewiss- Vorstellungen eingewandert sind, die Fratze des radikalen Islamismus eine Einlösung die kommende Leitkulturde- menhält. Dazu braucht es auch einen heit und Gemeinsinn mit und für alle aus dem breiten Strom der Religions- neue Neigung zum Laizismus, also der batte verstanden werden muss, braucht Sinn für die eigene Geschichte, vor al- zu führen. Eine Identitätspolitik durch und Geistesgeschichte gespeist sind. weltanschaulichen Lehre, die glaubt, Austragungsorte und Bühnen für diese lem aber eine gründliche Analyse. Wie Abgrenzung schaff t weder für indivi- Deshalb lohnt es sich, die Verfassung wir wären alle besser dran, wenn Re- Diskussion. Nicht nur über das »was«, funktioniert diese Gesellschaft denn? duelle noch für kollektive Identitäten auch als kulturellen Text zu lesen. Es ligion keine Rolle im öff entlichen Le- sondern auch über das »wo« braucht es Was macht sie aus? Und woran scheitert stabiles Vertrauen in die eigenen Res- können sogar wertvolle Hinweise für ben spielt. Zur deutschen Leitkultur Verständigung. Es braucht Orte, wo das sie? Fehlt diese Analyse, wird sie gar er- sourcen. Identität durch Abgrenzung eine Alltagsleitkultur daraus erwachsen. gehört es, auch in schwierigen Zeiten Sprechen über das Eigene, das Wichtige, setzt durch ein apokalyptisches Raunen, bleibt außenbestimmt und deshalb labil. Der Artikel über Religionsfreiheit etwa der laizistischen Versuchung nicht zu das unmittelbar Notwendige eingeübt dass jetzt eine Ära unwiederbringlich Die Alternativbegriff e, vor allem der steht im Horizont vergangener Religi- erliegen und Religion als ambivalente werden kann. Es braucht vertrauens- zu Ende geht, wird aus dem unsagbar Vorschlag, statt einer Leitkulturdebatte onskonfl ikte und ihre Bändigung durch Macht zu beschreiben. Das stellt ver- würdige Sprecher und Sprecherinnen, Eigenen im Gegenüber zur Diff erenz eine »Wertedebatte« führen zu wollen, den Staat. Der Hinweis darauf, dass im fasste Kirchen vor andere Herausfor- die auf großen und kleinen Bühnen des Fremden nur Wut und Abgrenzung ist kein Ausweg, denn die Rede von den Namen der Religionsfreiheit nicht alles derungen als die muslimischen Reli- möglichst viele Stimmen repräsentie- bis zur Gewalt, jedoch keine »Kultur«. Werten trägt die Selbstrelativierung in geht, schon gar nicht die Beschimpfung, gionsgemeinschaften. Gefordert sind ren. Identitätspolitik, die akzeptiert, Die Diskussion darüber, ob der Leit- sich. Was für den einen wertvoll ist, ist Verunglimpfung oder gar Bestrafung alle, dieses Verhältnis neu auszuloten. dass es Identität immer nur als Bewe- kulturbegriff geeignet und ungeeignet, für den anderen nur von untergeordne- derer, die von der eigenen Religion In allen Debatten um Leitkultur gung im Werden, als Selbstverständi- längst verbraucht oder noch gar nicht ter Güte. Wertedebatten sind deshalb nichts mehr wissen wollen, dass die spielt die Aufklärung als geistesge- gungsprozess gibt, wird neue Orte des richtig entdeckt ist, bleibt so lange ein Ausweis fragmentierter Normgefüge. Im Gleichwürdigkeit der Geschlechter auch schichtliche Wende der Zeiten eine Sprechens erfi nden und alten Orten Ablenkungsmanöver von Intellektuel- Zweifelsfalle zeigen die Wertedebatten in religiösen Angelegenheiten gilt und bevorzugte Rolle. Die Ideale der Auf- neue Glaubwürdigkeit geben müssen. len und Talkshow-Gästen, wie die Frage, der letzten Jahre erstens, dass die Wer- Schranken der Religionsfreiheit, etwa klärung, Freiheit, Gleichheit, Men- welche Haltungen, welche Regeln und te immer dem jeweils anderen fehlen, im Falle des Kopftuchs von Beamtin- schenrechte werden groß gemacht. Die Petra Bahr ist Leiterin der Hauptabtei- welche Orientierungen für das Mitein- auf den man deshalb mit dem Finger nen, möglich (und nötig) sind, ergibt Aufklärung ist aber kein abgeschlos- lung Politik und Beratung der Konrad- ander in einer off enen, pluralen, frei- zeigt oder zweitens die Werte so weit im sich aber nicht aus dem Gesetzestext, senes Geschichtszeichen, von dessen Adenauer-Stiftung Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  INLAND 07

Einen letzten Punkt will ich erwähnen. Jede Wertedebatte endet letztlich in der Kein Vertrauen in die Forderung, dass man eine Werteerziehung – insbesondere in der Schule – forcieren müsse. Natürlich ist es selbstverständlich, dass Pädagogik ein norm- und wertori- eigene Kultur? entierter Prozess ist. Die Forderung einer Werteerziehung als Konsequenz einer Leitkultur oder ausreichen und man sich daher erneut ist und was auch den gegenwärtigen Terror Es geht um Wertedebatte hat allerdings das Problem, Wertedebatte: eine auf gemeinsame Werte einigen müsse. erklärt. Natürlich lässt er keinen Zweifel dass zum einen die Gefahr besteht, genuin Es entsteht so der Eindruck, als ob unser daran, dass in Deutschland der säkulare ein positives politische Probleme in den pädagogischen problematische Alternative Grundgesetz, die Europäische Grund- Rechtsstaat gilt, dass Frauen und Männer Bekenntnis zum Raum abzuschieben und damit zu entsor- rechtecharta oder die Menschenrechte gleiche Rechte haben und dass Homose- gesellschaftli- gen. Sie verkennt zudem die Tatsache, dass MAX FUCHS bloß ein formales Regelungssystem seien. xualität hier eine anerkannte Lebensform chen Wandel, Werte weniger durch pädagogische Inter- Dies ist aber keineswegs der Fall. All die ist. Er macht aber den Vorschlag, hierbei ventionen entstehen, sondern vielmehr in ie Forderung nach einer Leitkul- genannten Regelungssysteme haben eine nicht von »Werten« zu sprechen, sondern es geht um der alltäglichen Praxis – auch der Politi- tur ist ein Zeichen der Schwä- lange Tradition sowohl in der Praxis, in von Rechtsgrundsätzen und Regelwerken, unverrückbare kerinnen und Politiker – erlebt und gelebt che: Man hat offensichtlich der sie erkämpft worden sind, als auch in die nicht der philosophischen Überhöhung Prinzipien und werden müssen. D kein Vertrauen in die Stärke der theoretischen Refl exion, in der man als »Werte« bedürften. es geht um die Es geht daher aus meiner Sicht weni- dessen, was man für seine eigene Kultur sie begründet hat. Sie sind philosophisch Und ein anderes ist zu bedenken: Der ger darum, anerkannte Werte durch eine hält und fordert daher bestimmte Schutz- und anthropologisch ausgesprochen ge- Soziologe Richard Münch hat in einer unstrittige Debatte infrage zu stellen, sondern viel- maßnahmen. Wie wenig der Gedanke ei- haltvoll und machen nur Sinn, weil sie auf klugen und interessanten Buchpubli- Basis des mehr, unsere vorhandenen rechtlichen ner Leitkultur – wie auch immer man ihn dem Fundament eines sehr genau defi - kation »Die Kultur der Moderne« () Zusammen- Regelungssysteme wie insbesondere das füllen mag – tragfähig ist, zeigen nicht nierten Wertesystems ruhen. Auch in po- gezeigt, dass die zentralen Grundwerte Grundgesetz als Messlatte dafür zu neh- nur alle, wirklich alle wissenschaftlichen litischer Hinsicht sind sie ausgesprochen westlicher Demokratien wie etwa Frei- lebens in men, was in der Gesellschaft geschieht. Erörterungen über Kultur, sondern dies ist anspruchsvoll. Man muss sich nur einmal heit oder Gleichheit in England, Amerika, Deutschland Anstelle einer abstrakten Wertedebatte auch der gemeinsame Tenor in den Stel- überlegen, dass Menschenrechte unteil- Frankreich und in Deutschland eine sehr wäre es gerade für die organisierte Zivil- lungnahmen des Themenschwerpunktes bar sind, dass sie eine universelle Geltung unterschiedliche Bedeutung haben. So be- gesellschaft angemessen, die deutschen der letzten Ausgabe dieser Zeitung. Man haben, dass sie also überall und für alle deutet etwa Freiheit in angelsächsischen Staatenberichte über die Umsetzung der müsste daher gar nicht weiter darauf Menschen gelten, dass es keine Hierar- Ländern politische Freiheit, während man verschiedenen Menschenrechtskonven- eingehen, wenn es nicht den Beitrag von chie unter ihnen gibt. Wie groß der Kon- in der deutschen Tradition sehr stark an tionen kritisch zu evaluieren. Denn oft Dorothee Bär (Seite ) gäbe: Es ist der sens unter den großen Weltreligionen ist, (bloß) geistige Freiheit gedacht hat, was genug werden diese vom Menschenrechts- einzige Beitrag, der die Notwendigkeit hatte seinerzeit das Projekt »Weltethik« zu der von Helmuth Plessner beschriebe- ausschuss der Vereinten Nationen, dem einer deutschen Leitkultur behauptet. von Hans Küng gezeigt: In allen entschei- nen chronischen »Verspätung« in unserer diese Berichte zur Überprüfung vorgelegt Bevor man diesen Beitrag angesichts des denden Punkten stimmen die ethischen politischen Entwicklung führte. Dass dies werden müssen, mit zum Teil erheblichen vehementen Widerstandes gegen den Grundlagen der Weltreligionen überein. nicht bloß interessante, aber nicht weiter Nachbesserungsaufl agen zurückgeschickt: Begriff abtut, sollte man ihn lesen. Denn Man muss sich also klarmachen, dass der- wichtige theoretische Erörterungen sind, Eben weil die Praxis zu wenig den hehren der Rest dieses Beitrages stimmt überra- jenige, der eine Wertedebatte führen will, kann man an der aktuellen Debatte über Zielen und Werten entspricht. schenderweise weitgehend überein mit all letztlich die vorhandenen und weltweit ak- das TTIP-Abkommen belegen. Natürlich Vor diesem Hintergrund ist positiv den anderen Artikeln, die sich gegen eine zeptierten Werte infrage stellt. Wozu also ist jede Kritik am Inhalt und an dem Ver- hervorzuheben, in welcher Weise sich Leitkultur aussprechen: Es geht um ein po- eine Wertedebatte, wenn es verbindliche fahren berechtigt. Zu kurz kommt in mei- der Kulturbereich aktuell um das Pro- sitives Bekenntnis zum gesellschaftlichen Werte gibt, die weltweit in entsprechenden ner Wahrnehmung allerdings die Tatsache, blem der Flüchtlinge kümmert: In der Wandel, es geht um unverrückbare Prinzi- Konventionen und völkerrechtlich gülti- dass sich auf dem europäischen Kontinent Praxis gibt es eine stark anwachsende pien – Gleichberechtigung von Frau und gen Pakten sogar als je nationales Recht und in den USA sehr unterschiedliche Vor- Zahl von Initiativen und Projekten, die Mann, Religions- und Meinungsfreiheit etc. ratifi ziert wurden. stellungen des Verhältnisses von Staat, mit künstlerischen Mitteln ihren Beitrag –, es geht um die unstrittige Basis des Zu- Es gibt noch einen weiteren Hinweis, Markt und Gesellschaft entwickelt haben, zur Willkommenskultur leisten und die sammenlebens in Deutschland. Der Begriff der nachdenklich machen sollte. Gustav die jeweils in ihrer historischen Entwick- zeigen, dass keine kulturlosen Menschen der Leitkultur stört in diesem Beitrag gera- Seibt hat in einem interessanten Artikel in lung nachvollzogen werden, die zudem kommen, die mit einer deutschen Leit- dezu, weil er von diesen Inhalten ablenkt. der Süddeutschen Zeitung vom .. jeweils seriös in der politischen Philoso- kultur beglückt werden müssen. Auf der Das ist die Crux mit solchen Slogans und (Seite ) auf die Ambivalenz einer Rhetorik phie und der Verfassungstheorie begründet Ebene der Bundesverbände wiederum Schlüsselbegriff en: Sie laden dazu ein, von vom Kampf für die Werte hingewiesen. Zum werden können und die einen erheblichen zeigen die diesbezüglichen Beschlüsse wesentlichen Inhalten abzulenken. einen weist er darauf hin, dass ein wichti- Einfl uss auf die jeweilige Haltung im Hin- des Deutschen Kulturrates, dass und wie Doch ist die Alternative, nämlich die ger Wert, für den wir kämpfen müssen, der blick auf solche internationalen Freihan- die impliziten Werte des Grundgesetzes Forderung nach einer Wertedebatte, in Werterelativismus ist, also die Ablehnung delsverträge haben. Sicherlich geht es um lebendig gehalten werden. dieser Hinsicht vernünftiger? Diese For- einer zu starren Festlegung. Er weist auf Gewinne und die Position auf dem Welt- derung wird zudem in einigen Beiträgen die Gefahr hin, dass eine solche starre Fest- markt, es geht aber auch um das jeweilige Max Fuchs ist Erziehungswissenschaftler. verbunden mit dem Hinweis, dass das legung auf bestimmte Werte durchaus in Verständnis zivilisatorischer Grundwerte, Er war bis  Direktor der Akademie Grundgesetz und die rechtliche Grundord- einen Glaubenskrieg ausarten könnte, was bei dem es sich zeigt, dass »der Westen« Remscheid und bis März  Präsident nung, »Verfassungspatriotismus«, nicht in der Geschichte immer wieder geschehen keineswegs eine homogene Einheit ist. des Deutschen Kulturrates FOTO: DPA / PICTURE ALLIANCE PICTURE / DPA FOTO: Wird es in Zukunft noch ein Kruzifi x im Gerichtssaal geben? In der aktuellen Debatte um Werte und die Leitkultur stehen auch die christlichen Symbole im öff entlichen Raum auf dem Prüfstand 08 INLAND www.politikundkultur.net

Baumwolle aus Rakka Wie sieht der richtige Umgang mit dem Islamischen Staat aus? Krieg führen oder verhandeln?

EIN KOMMENTAR VON er noch Bio-Kleidung?) hat uns in gar nicht für jeden zuträfen, ob in ARMIN CONRAD einem FAZ-Gastbeitrag erklärt, wie den Banlieues in Paris oder dem das geht. Plattenbau in Neukölln. Wir führen Man fi ndet es im Internet: Der Pullo- Ganz in der Tradition eines Peter formale Diskussionen über Mei- ver aus »kuschelweichem Bio-Baum- Struck (Deutschlands Verteidigung nungsfreiheit, über Gewaltenteilung, woll-Nicki mit hübschen Ringel- am Hindukusch) betreibt Röttgen über diese Gesellschaft und deshalb

bündchen«, für Kinder ab anderthalb Verfassungsrabulistik: »Diese Terror- müssen wir ansehen, wie der IS »die- MORITZ CATRIN NRW, MFKJKS FOTO: Jahren, besteht zu hundert Prozent organisation hat uns, das sind Frank- se vielen jungen Leute« generiert, aus biologisch erzeugter Baumwolle. reich, Deutschland, Amerika, den »Personen« , so Ulrike Guerot, »die Faire Erzeugung, fairer Handel, sagt Westen, zu seinem Feind erklärt. Es einen Ehrentod dem Leben am Ran- der deutsche Online-Anbieter. Es geht also exakt um Verteidigung, es de dieser Gesellschaft vorziehen.« Eine kommunikative ist nicht zu hundert Prozent sicher, geht genau um das, was das Grundge- Ja, Menschenrechte, mühsam er- aber es gibt doch eine gewisse Wahr- setz sagt und meint.« Röttgen nennt kämpft im Laufe der eigenen Ge- scheinlichkeit, dass die Bio-Baum- das Wort kein einziges Mal aber ist es schichte, sind verteidigenswert. Die Aufgabe wolle dieses Nickis von den Feldern eigentlich falsch, zu sagen, dass wir Art und Weise, wie wir darüber doch bei Rakka, der Hauptstadt des Isla- uns diesen Krieg auch ein bisschen eher Selbstgespräche führen, ist es Vier Fragen an die neue Ministerin für Familie, Jugend, mischen Staats stammt. Tja. wünschen? Und darf man noch ein nicht. Macht so eine Recherche Sinn? Ein- kleines bisschen weiterdenken? Was machen wir jetzt mit dem Nicki- Kinder, Kultur und Sport in NRW, Christina Kampmann fach Retourschein ausfüllen, klingt Wenn uns schon dieses »Soge- Pullover, mit dessen Kauf wir die wie ein Witz. Müssen wir jetzt nicht nannte« zum Feind erklärt und Bestialität im Land des »Sogenann- Welche kulturpolitischen Akzente und die Beteiligung von Künstlerin- konsequent sein, auch wenn es ku- wir daraufhin mit all unseren ten« unterstützt haben? Was verhilft wollen Sie setzen? nen, Künstlern und Kulturschaff en- schelweich weh tut? Kauft nicht bei Verfassungsvollmachten und Bun- uns in Sachen Krieg und Frieden, Im Mittelpunkt stehen für mich drei den an der Wertschöpfung aus ihrer Kalifaten! destagsbeschlüssen und Nato-Ver- Zivilisation und Demokratie zu einer Schwerpunkte, die wir durch neue Arbeit muss gestärkt werden. Hier ist Die Italienerin Loretta Napoleoni, teidigungsfällen auf die arabische Glaubwürdigkeit? Konzepte weiterentwickeln wollen: Kulturpolitik gefragt, auf der Ebene die uns seit mehr als einem Jahr- Halbinsel gehen und fl iegen und Ronald Wright, der Kulturhistoriker Individuelle Künstlerförderung, Digi- der Länder, des Bundes und der Euro- zehnt in ihren Büchern den Terro- dann auch noch erfolgreich sind aus Kanada (»Eine kurze Geschichte talisierung in Kunst und Kultur und päischen Union. rismus dieser Welt und seine Hin- und den Gegner bezwingen: Darf des Fortschritts«) hat beschrieben, Kulturelle Bildung, die vor allem mit tergründe schonungslos erklärt, hat der dann zum Beispiel kapitulieren, wie Zivilisationen in der Mensch- Blick auf interkulturelle Fragestellun- Was ist Ihr wichtigstes kulturpoli- gesagt, dass der IS ein in Gründung sind diese »Horden« dann Gefangene heitsgeschichte immer wieder be- gen gestärkt werden wird. Nordrhein- tisches Vorhaben? befi ndlicher Staat ist. Ein »Nation im Sinne einer Konvention oder ein gründet wurden und untergegangen Westfalen hat als erstes Bundesland Ich fi nde, die Schwerpunkte des nord- Building« fi nde da gerade statt mit Fall für Guantanamo? Dort würde sind. Im Land der Sumerer gleich ne- Ende des vergangenen Jahres ein rhein-westfälischen Kulturförder- Gesetzen, Steuern, Straßen, Schulen es dann ein bisschen eng werden. ben »IS-Country«, in Südamerika, im Kulturfördergesetz verabschiedet. Ich plans sind gut gesetzt. Individuelle und eigener Währung. Man solle – so Man darf ahnen: Irgendwas wird da Römischen Imperium und anderswo. freue mich sehr darauf, die Umset- Künstlerförderung ist ein Kernanlie- Napoleoni – mit dem IS verhandeln verhandelt werden müssen mit dem »Zivilisation ist eine Falle«, schreibt zung mitgestalten zu können. Hier gen von Kulturpolitik, Digitalisierung anstatt mit ihm Krieg zu führen. »Sogenannten«, wenn man nicht al- er. Die Versuchung, die eigenen Le- betreten wir Neuland. Vor allem die kann ganz neue Möglichkeiten für Das ist steil formuliert, zweifellos, les plattmachen will. Und so betreibt bensbedingungen – selbstverliebt, intensive und systematische Betei- Kunst und Kultur erschließen und und man hat im »Haus am Dom« in der Außenpolitiker Norbert Röttgen sage ich dazu – auszuhöhlen und zu ligung der Künstlerinnen, Künstler, kulturelle Bildung schaff t die Grund- Frankfurt in den Novembertagen eben jenes »Nation Building«, wel- zerstören, ist groß. Deshalb sind die Kulturförderer und -einrichtungen, lagen für kulturelle Teilhabe. Alle kurz nach Paris auch gezögert, Frau ches er aus dem Munde von Loretta Osterinseln mit ihren riesigen Got- die das Gesetz vorsieht, sind mir Themen eröff nen neue Chancen für Napoleoni zu einer Diskussion ein- Napoleoni wohl eher nicht hören tesebenbildnissen untergegangen. wichtig. Einer meiner ersten Termine Kunst und Kultur und für die Zusam- zuladen. Thesen wie ihre sind in möchte. Wright konfrontiert uns damit, dass als Kulturministerin war eine zwei- menarbeit des Landes NRW mit den diesen Wochen und Monaten nur Was verteidigen wir also, wenn wir die Menschen von heute »bestenfalls tägige Konferenz, auf der Vertrete- Kommunen und den vielen, sehr akti- schwer aushaltbar. Woran liegt das? jetzt »Aux armes, citoyens!« singen die Erben vieler skrupelloser Siege rinnen und Vertreter von Kommunen, ven, zivilgesellschaftlichen Akteuren. »Es gibt nur einen Krieg, der geführt und auch praktizieren? Unsere Werte, und schlimmstenfalls die Erben von Verbänden, von Kunst- und Kul- Wollte man einen gemeinsamen Nen- und möglichst schnell gewonnen unsere Demokratie, unsere mehrerer Genozide sind«. »Es ist turvermittlern und andere Akteure ner fi nden, geht es darum, Kulturpoli- werden muss«, forderte eine große Freiheit, die Tatsache, dass wir (im- durchaus möglich«, schreibt Wright, miteinander den Entwurf eines För- tik im Zusammenhang mit aktuellen deutsche Tageszeitung schon vor mer noch) eine off ene Gesellschaft »dass wir von Menschen abstammen, derplans für die Landeskulturförde- gesellschaftlichen Entwicklungen über einem Jahr. »Damit sich die sind. Gut, alles richtig. Die Politik- die wiederholt rivalisierende Men- rung der nächsten Jahre diskutierten. zu denken. Der Satz »Kulturpolitik Weltöff entlichkeit nicht an das Wü- wissenschaftlerin Ulrike Guerot vom schengruppen ausgelöscht haben.« Ich sehe Kulturentwicklung nicht als ist Gesellschaftspolitik«, der in den ten dieser rasenden Horde gewöhnt.« European Democracy Lab in Berlin Diese demütige Erkenntnis ist keine »hoheitliche«, sondern als kommu- er Jahren für eine Reform der Also: Schnell gewonnen wurde da- hält unsere Wertediskurse allerdings Falle, sondern könnte Ausgangs- nikative Aufgabe. Die besten Ideen Kulturpolitik (»Kultur für alle«) stand, mals () nichts, aber der Krieg, für unstimmig: »Wir werden ange- punkt für einen besonneneren Dis- werden gefunden, wenn man auf muss immer wieder neu interpretiert den der Publizist Ekkehard Fuhr griff en, weil wir unseren Wertedis- kurs sein. Um Kriege, Werte, Mord Transparenz und Partizipation setzt. werden. Ich werde mich dafür einset- damals forderte, er ist jetzt da. Krieg kurs nicht teilen« und nennt das »die und Terror und um das, was uns Das zeigt auch die kommunale Kul- zen, dass Kulturpolitik in Nordrhein- gegen eine Horde! Achillesferse unseres Systems«. »Wir trennt und zusammenhält. turentwicklungsplanung. Wir stehen Westfalen gesellschaftliche Entwick- Geht das, völkerrechtlich und so? machen uns sehr angreifbar mit un- hier noch am Anfang, ich möchte den lungen aufmerksam verfolgt und auch Grundgesetzmäßig? Norbert Rött- serem Verständnis von Demokratie Armin Conrad war bis Ende August Dialog miteinander künftig stärker aufgreift, sodass Kunst und Kultur gen, der in die Außenpolitik ausge- und von individuellen Rechten, die  Subkoordinator Kultur bei Sat befördern. noch mehr Wirkung in der Gesell- rutschte Ex-Umweltminister (trägt aber auf diesem Kontinent Europa und Redaktionsleiter der Kulturzeit schaft entfalten können. Sehen Sie den Bedarf, Politik für die digitale Gesellschaft und Kul- Wenn Ihnen eine gute Fee drei turpolitik enger miteinander zu kulturpolitische Wünsche erfüllen verzahnen? würde, welche würden Sie nennen? Vorwort und Einleitung – S abine Kunst: Mut und Gewissensbindung. Was Der Bedarf liegt auf der Hand, denn Ich habe nichts gegen gute Feen, zu- – Olaf Zimmermann: Vorwort / S. 13 Luthers Fähigkeit, sich trotz aller Gefahr für seine Überzeu- – Gabriele Schulz: Zu diesem Buch / S. 15 gungen einzusetzen, uns heute noch sagen kann / S. 76 Der lange Weg zum Reformationsjubiläum – Hartmut Lehmann: Luther in der Welt heute die Auswirkungen auf den Kunst- mal sie auch eine Art von Kulturberuf Wieder zu haben! – Stefan Rhein: Vom Thesenanschlag zur sehen. Das Reformationsjubiläum  als einzig- Lutherdekade. Das Reformationsjubiläum  artige Chance / S. 78 und Kulturbereich sind enorm und ausüben. Aber in der Politik, auch  als Einladung zum Diskurs / S. 21 – Volker Leppin: Luther  – eine ökumenische – Stephan Disputationen: Dorgerloh: Von freien Christen und Chance / S. 81 werden weiter wachsen. Produktion, in der Kulturpolitik, sehe ich für sie mündigen Bürgern. Luthers Reformation / S. 24 – Athina Lexutt: Das Lob der Anfechtung / S. 83 – Gabriele Schulz im Gespräch mit Udo Dahmen: – Hiltrud Lotze: Politisches Handeln Im Jahr  jährt sich zum sten Mal der Thesen- Reformation und Musik als Chance / S. 27 braucht Gewissen / S. 86 Distribution, Rechte- und Zugangs- kein Betätigungsfeld. Natürlich ist – Dieter Reflexionen Georg Herbst: Am Anfang war das Wort – – Christoph Markschies: Womöglich mit und was kommt danach? / S. 29 wuchtigen Hammerschlägen / S. 88 fragen, Urheberschutz und der Erhalt es eine anregende Vorstellung, dass anschlag Martin Luthers an die Schlosskirche in – Arne Lietz: Pluralismus als gemeinsame Signatur. – Reinhard Kardinal Marx: Einssein mit Christus. Europäische Perspektiven in der Luther dekade Inwieweit sind die Konfessionen bereits »eins«? / S. 90 des kulturellen Erbes, um nur einige einem etwas in den Schoß fällt, wofür Wittenberg. Anlass genug, sich mit dem Reformator, und zum . Reformationsjubi Reformations- läum im Jahr  – Christoph Matschie: Die Reformation war eine stärken / S. 31 Bildungs-Bewegung. Philipp Melanchthon – Reformationsjubiläum – Weggefährte Luthers und »praeceptor Germaniae« / S. 92 Herausforderungen zu nennen. Ich jenseits der Märchenwelt lange ge- seinen Weggefährten und Gegnern sowie den Wir- auch gegen den Strich gebürstet – Regine Möbius: Mein Luther – ihr Luther? / S. 94 – Petra jubiläum Bahr: Lob des Geheimnisses – Luther lesen! – Johann Michael Möller: Die Präsenz der bin fest davon überzeugt, dass wir arbeitet und auch gestritten werden Vom »falsch Zeugnisreden«: Medienrevolutionen Reformation / S. 97 kungen der Reformation auf Politik, Gesellschaft und und ihre Folgen / S. 35 – Michael Müller: Martin Luther und Berlin / S. 99 in der Kulturpolitik Verantwortung muss. Aber da ich es wichtig fi nde, – Heinrich Bedford-Strohm: Der Herzschlag – : Das Reformationsjubiläum  als von Gemeinschaft / S. 37 Chance begreifen. Das kirchliche Kulturengagement vor allem Kultur auseinanderzusetzen. – Wolfgang Böhmer: Luthers Wirkungsspur ist breit. rückt stärker ins öffentliche Bewusstsein / S. 102 dafür haben, die Digitalisierung mit- Ideen zusammen mit anderen zu ent- Von der Reformation zum Kulturprotestantismus / S. 39 – Cornelia Pieper: Von Wittenberg in die Welt. – André Brie: Für einen Häretiker / S. 41 Die Lutherdekade in der Auswärtigen Kultur- und zugestalten. Viele Künstlerinnen und wickeln und umzusetzen, würde ich – Tom Buhrow: In weiter Ferne und doch nah? Bildungspolitik / S. 105 In dieser zweiten, überarbeiteten und erweiterten Reformationsjubiläum – das ist doch erst , für – Peter Reifenberg: … ein glühender Backofen Künstler sind sehr interessiert an die Fee lieber weiterempfehlen. Um einen aktiven Medienmenschen des . Jahr- voller Liebe / S. 107 Ausgabe des Bandes mit Beiträgen zum Reformations- hunderts eigentlich ein Datum in weiter Ferne. / S. 43 – Georg Ruppelt: Thron und Altar / S. 110 – Stephan Dorgerloh: Zum Melanchthonjahr. – Stephan Schaede: Luther gehört uns nicht / S. 112 neuen Medien und setzen sich ästhe- die individuelle Künstlerförderung Die Lutherdekade eröffnet ihr nächstes Themenjahr – Olaf Zimmermann: Luther gehört euch wirklich jubiläum nähern sich wiederum die Autorinnen und »Reformation und Bildung« / S. 45 nicht! Die Evangelische Kirche sollte ihre Tore weit, tisch und künstlerisch längst damit zu verbessern, die Chancen der Digi- – Markus Dröge: Empirische Erkenntnisse sehr weit öffnen / S. 115 theologisch reflektieren / S. 49 – Heinz Schilling: Luther historisch einordnen / S. 117 auseinander. Gerade Nordrhein-West- talisierung zu nutzen und noch mehr Autoren auf jeweils ganz individuelle Weise der Refor- – Torsten Ehrke: Schluss mit der Luther-Apologie / S. 51 – Carsten »Storch« Schmelzer: Luther und die – Volker Faigle: Die Reformatoren waren nie in Afrika. Hölle. Oder: Über die Abschaffung des Fegefeuers / S. 121 Streiflicht zur Entwicklung der lutherischen Kirchen – André Schmitz: Reformationsjubiläum als Fest falen hat hier Tradition und Potential: Kindern und Jugendlichen zu ermög- mation. Sie setzen sich mit dem historischen Luther, in Afrika und zu gegenwärtigen Herausforderungen / S. 55 der Standhaften / S. 123 – Kerstin Griese: Reformation und Bildung? – Friedrich Schorlemmer: »Die ganze Welt ist in der Denken Sie an den Experimentalfi lm, lichen, am kulturellen Leben teilzu- mit den Wirkungen der Reformation in Vergangen- Reformation durch Bildung! / S. 58 Habsucht ersoffen wie in einer Sintflut«. Über – Hermann Gröhe: Die Gegenwartsbedeutung gemeinen Nutz und Wucher bei Martin Luther / S. 125 an Videoperformances, an Elektroni- nehmen brauchen wir keine Feen oder der Losungen. Zum . Todestag Nikolaus Ludwig – Irmgard Schwaetzer: Frauen ins Pfarramt / S. 128 heit und Gegenwart und vor allem damit auseinander, von Zinzendorfs / S. 60 – Thomas Sternberg: Luther und die Folgen für – Thies Gundlach: Erinnerungskultur und Jubiläums- die Kunst. Martin Luther nahm die Bilderfrage nicht sche Musik, an Persönlichkeiten wie andere Zauberwesen. Wichtiger sind gestaltung. Wie entsteht Geschichtsbewusstsein und was so ernst und hat dadurch die freie Entwicklung der was  Jahre Reformation heute bedeuten. bedeutet es für das Reformationsjubiläum  / S. 63 Kunst befördert / S. 130 Nam June Paik oder Wolf Vostell, an überzeugende Argumente, innovative – Wolfgang Huber: Die Ambivalenz des Reformators / S. 65 – Rupert Graf Strachwitz: Luther und der Staat. – Margot Käßmann: Im Kontext unserer Zeit. Kann sich die Kirche der Reformation zur Zivilgesell- wichtige Einrichtungen wie den Hart- Konzepte und natürlich Durchset- Das Reformationsjubiläum  und die politische schaft bekennen? / S. 132 Dimension des Freiheitsbegriffes / S. 67 – Johannes Süßmann: Heute würde Luther twittern. – Stephan J. Kramer: Und willst Du nicht mein Reformation und Neue Medien / S. 135 wareMedienKunstVerein und vieles zungsfähigkeit. Gute Wünsche wer- Bruder sein … Gedanken zum Reformationsjahr aus – Peter Tauber: Von der Wartburg in die Moderne. Zur ISBN: ----,  Seiten, € , jüdischer Sicht / S. 70 weltgeschichtlichen Bedeutung der Reformation / S. 137 mehr. Das Wissen, wie intensiv die den aber natürlich gern entgegenge- – Michael Kretschmer: Ein Ereignis von internationaler – : Wir Kinder der Reformation. Relevanz. Das Reformationsjubiläum  / S. 72 Über den Folgenreichtum der Reformation / S. 139 Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von künstlerische Arbeit mit neuen Medi- nommen. – Cornelia Kulawik: Eingeübte Regelmäßigkeit – Ellen Ueberschär: Gesellschaftlicher Resonanzraum. und feste Rituale. Was bedeutete das Gebet für Martin Deutscher Evangelischer Kirchentag  in Berlin Luther in seinem Glaubensleben? / S. 74 und Wittenberg? / S. 141 en in Nordrhein-Westfalen ist, lenkt den Blick darauf, dass Digitalisierung Christina Kampmann ist Ministerin kein Selbstzweck ist, sondern von der für Familie, Kinder, Jugend, Kultur Heute noch bestellen: www.kulturrat.de/shop.php Qualität der Inhalte lebt. Kreative und Sport des Landes Nordrhein- Leistungen müssen besser geschützt Westfalen Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  EUROPA 09

Und alle Fragen offen... Zur Auswärtigen Kultur- Aufgaben des Dienstes das Wort Kultur politik der Europäischen nirgendwo fi ndet. Darüber hinaus gibt es einige Aktivitäten, die von den Gene- Union raldirektionen für »Bildung und Kultur«, für »Entwicklung und Zusammenarbeit« ANDREAS KÄMPF sowie von der Generaldirektion für »Er- weiterung« ausgehen. Eine stringente, m Europäischen Auswärtigen abgestimmte Auswärtige Kulturpolitik Dienst wurde im Jahr  die kann so allerdings nicht entstehen. Das Stelle eines »Senior Advisors on Ganze hat eher einen Ad-Hoc-Charakter. I Cultural Matters« eingerichtet. Ebenfalls im Jahr  veranlasste die Europäische Kommission eine vorberei- Es stellt sich die tende Maßnahme zu »Kultur in den Au- ßenbeziehungen der EU«. Die Erhebung, Frage nach einer die auf eine Initiative des Europäischen europäischen Parlamentes zurückging, umfasste ne- Mittlerorganisation ben den  Mitgliedsstaaten der EU die  Länder, die in die europäische Nach- barschaftspolitik einbezogen sind und Wenn es dabei nicht bleiben soll, müss- die zehn sogenannten Strategischen te mithin geklärt werden, was die Kul- Partnerländer. Es scheint also etwas in turkompetenz im Außenverhältnis der Bewegung zu sein in Sachen Auswärti- EU überhaupt ausmacht und worin ein ge Kulturpolitik der EU. Andererseits erzielbarer europäischer Mehrwert lie- liegt die Frage nahe, ob da eventuell gen könnte. Des Weiteren müsste ge- eine nicht vorhandene EU-Kulturpolitik klärt werden, wie eine Verzahnung der mit einer ebenfalls nicht vorhandenen Kulturpolitik nach außen mit der Kul- EU-Außenpolitik kombiniert werden turpolitik nach innen realisiert werden soll? Vielleicht in der Hoff nung, dass könnte. Das heißt, dass Künstler und sich, wie in der Mathematik, aus Mi- Kulturschaffende eingebunden sein

nus mal Minus am Ende ein Plus ergibt? . BY CC / FRANCISCO SAN GOETHEINSTITUT FOTO: müssen. Und es müsste der institutio- Was die Kulturpolitik der EU angeht, so Wird es irgendwann auf europäischer Ebene Mittlerorganisationen wie das Goethe-Institut geben? nelle Rahmen geklärt werden, in dem bewegt sich das eigentliche Kulturför- diese Auswärtige Kulturpolitik der EU derprogramm der EU gemessen am Und darüber hinaus müsste im Sinne der EU funktionieren könnte, wo die verse Online-Befragungen umzusetzen, angesiedelt sein sollte. Dies könnte der Gesamthaushalt im mikroskopischen der Subsidiarität erst einmal der euro- Kulturpolitik noch weitaus mehr Sa- konnten bisher allerdings kaum über- Europäische Auswärtige Dienst sein, es Bereich. Die Besetzung der Stelle des päische Mehrwert defi niert werden, den che der einzelnen Staaten ist und die zeugen, dass es dabei um mehr ging, als könnte aber auch die Generaldirektion Kommissars für Kultur und Bildung eine Auswärtige Kulturpolitik der EU Unterschiede zwischen den jeweiligen um einen Legitimitätsgewinn für die für Bildung und Kultur sein. Und wenn mit dem höchst umstrittenen Ungarn gegenüber den  nationalen Auswärti- Kulturen ungleich größer sind, ist nur auf wackligen demokratischen Füßen diese Fragen alle einigermaßen beant- Tibor Navracsics zeugt ebenfalls nicht gen Kulturpolitiken der Mitgliedsländer schwer vorstellbar. stehende Kommission. Die Vorstellung, wortet wären, bliebe noch die eine Frage, gerade davon, dass Kultur von beson- erbringen könnte. Ein weiterer zentraler Gesichtspunkt dass dies im Falle einer Auswärtigen ob es irgendwann eine europäische Mitt- derer Bedeutung für die EU wäre. Und in der erwähnten Stellungnahme des Kulturpolitik der EU anders sein soll- lerorganisation wie beispielsweise das dort, wo die EU tatsächlich Kulturpolitik Kann eine Verzahnung von Kulturrates zur deutschen Auswärtigen te, verlangt doch eine gehörige Menge deutsche Goethe-Institut geben sollte. macht – etwa bei den Verhandlungen Kulturinnenpolitik und Kultur- Kulturpolitik ist die Forderung nach Optimismus. zum transatlantischen Freihandels- außenpolitik auf EU-Ebene einer Einbindung der zivilgesellschaft- Andreas Kämpf ist Vizepräsident abkommen TTIP – bestreitet sie dies überhaupt gelingen? lichen Organisationen im Kultur- und Für eine stringente, abgestimmte des Deutschen Kulturrates und vehement. Andererseits kann von ei- In seiner Stellungnahme zur Auswär- Bildungsbereich. Überträgt man diese Auswärtige Kulturpolitik der EU Vorsitzender des Fachausschusses ner eigenständigen Außenpolitik der tigen Kultur- und Bildungspolitik der Forderung auf die EU-Ebene so stellen wären noch einige Fragen zu Europa/Internationales EU ebenfalls kaum die Rede sein. Diese Bundesrepublik Deutschland vom die nächsten Fragen sich ein. Zwar hat beantworten wird doch weiterhin in den Hauptstäd- März  betont der Deutsche Kul- die Europäische Union mit dem Vertrag Es ist nicht so, dass im Felde Auswärtiger Dieser Text geht auf einen Vortrag zurück, ten der großen Mitgliedsländer gemacht turrat die Bedeutung einer Verknüp- von Lissabon den Dialog mit der Zivil- Kulturpolitik der EU zurzeit gar nichts der im November  bei einer Tagung und allenfalls von Federica Mogherini fung der Kulturpolitik im Inland mit gesellschaft zum Schwerpunkt erklärt. geschehen würde. Da gibt es den theo- zum Thema »Soft Power und Auswärtige moderiert. Aus diesem doppelt kaum der Auswärtigen Kulturpolitik. Das Die Versuche der Kommission, dies retisch zuständigen Europäischen Aus- Kulturpolitik« am John-F.-Kennedy-Insti- Vorhandenen soll nun also ein Drittes ist schon in Deutschland eine Her- etwa über den »Strukturierten Dialog« wärtigen Dienst, auf dessen Webseite tut der Freien Universität Berlin gehalten hervorgehen – eine Auswärtige Kul- ausforderung. Wie dies im Rahmen im Kulturbereich oder auch über di- sich allerdings bei der Aufzählung der wurde. turpolitik der EU? Grund genug, sich einmal den Stand der Dinge näher an- zusehen. wie der Weltbestseller von Volkswa- wegs lindern konnte, ist es einmal Eröff net wurde es mit der Produktion Was steht in den europäischen gen. Ja, da besteht eine klare Verbin- mehr die Kultur als die Politik, was »Letters Home«, maßgeblich initiiert Verträgen? dung. Vom Persischen Golf kommt da glänzt. Aus der Fülle der Projekte von Ahmed Shah. Da wird einfach Da ist zum einen, wie bei der EU üb- nicht nur der Treibstoff für den seien nur zwei herausgegriff en: In mal aus der UN-Menschenrechtser- lich, die Frage nach den vertraglichen deutschen Golf. Dort sitzt auch der München gibt es das Projekt Belle- klärung der Satz ernst genommen, Grundlagen. Bekanntlich wurde die Kul- größte Einzelaktionär von VW, der vue di Monaco, das mitten in der wonach jeder Mensch das Recht turkompetenz der Europäischen Union Golf-Staat Katar. Die leben vom Öl abartig teuren Stadt einen ganzen hat, seine Staatsangehörigkeit zu erst recht spät, nämlich mit dem Vertrag Wie ich einmal auf einer Serviette und sind bestimmt daran interessiert, Häuserblock als Bleibe für Flüchtlin- wechseln. Und Hannah Arendt wird von Maastricht im Jahre  vertraglich gelesen hatte, liegt zwischen Absicht dass unser Golf weniger Sprit ver- ge herrichtet. Die Initiative, in der zitiert: Die Unbeliebtheit der Flücht- defi niert. Dies geschah in Artikel  und Tat ein ganzes Königreich. Ein braucht. Oder mit Strom fährt. Katar, unter anderem der Münchener Kul- linge hat wenig mit ihrem Verhal- des Vertrages, der sich in unveränder- Satz von Richard Ford, dem großen das Fußballweltmeisterschaftsland. turmanager Till Hofmann umtriebig ten und viel mit dem zweideutigen ter Form als Artikel  auch im bisher amerikanischen Erzähler. Allgemein- Und schon sind wir beim nächsten tätig ist sowie Kammerspiele-Chef legalen Status zu tun, unter dem sie, letzten großen europäischen Vertrag, platz und Wahrheit zugleich. Weis- heißen Thema : Fußball. Nicht Lilienthal, entstand schon vor vielen aber nicht nur sie leiden. dem Vertrag von Lissabon im Jahre , heit als Wisch- und Weg-Produkt. nur der Weltfußball hat die Blattern Monaten aus einer Bewegung gegen Und wie sieht unterdessen die be- wiederfi ndet. Hier heißt es in Absatz : Ein Satz, der durchaus als Spruch bekommen. Auch das deutsche Som- die örtliche Variante von Pegida- hördliche Willkommenskultur aus? »Die Union und die Mitgliedsstaaten taugt auf dem Blatt des deutschen mermärchen hat sich als Märchen Demos. Und jetzt, wo die Flüchtlinge In einer Flüchtlingsunterkunft in fördern die Zusammenarbeit mit dritten Abreißkalenders . Im abgelau- entpuppt. Und wir müssen sehen: da sind, ist man weiter als manche Berlin mit über . Bewohnern Ländern und den für den Kulturbereich fenen Jahre  der Deutschen Ein- nicht Zuwanderung gefährdet unsere öff entliche Institution. Man hat eben kam es zur Massenschlägerei. Die zuständigen internationalen Organisa- heit. Dem Ende des Kalten Krieges. Leitkultur. Das saubere, pünktliche, früher angefangen. Während von Wäsche wird dort mit der Hand gewa- tionen, insbesondere dem Europarat«. Markiert durch den Mauerfall. Der ehrliche Deutschland schaff t sich offi zieller Seite noch die Gelder für schen. Es gibt keine Waschmaschine. Hieraus könnte man durchaus ei- letztlich herbeigeführt wurde durch selbst: Sauber wie VW, pünktlich wie das UN-Flüchtlingskommissariat ge- Anstatt die Willkommenskultur etwa nen Auftrag zur Einbindung der Kul- ein ungeplantes Wort zwischen Ab- die Deutsche Bahn und ehrlich wie kürzt oder das erfolgreiche Rettungs- mit einem Wohnungsbauprogramm tur in die Außenbeziehungen der EU sicht und Tat auf dem Schmierzettel der Deutsche Fußball-Bund. programm Mare Nostrum beerdigt zu fl ankieren schickt die Regierung herleiten. Es fragt sich allerdings, wie vom kürzlich verstorbenen DDR- Wo sind da Lichtblicke für unsere wurde. Düsenjäger nach Syrien. Wir schaff en dies unter den Bedingungen, die vom Funktionär Günter Schabowski. Es Kultur und die Kultur des Politi- Und in Berlin gibt es nicht nur als das. Damit noch mehr Menschen ver- Kulturartikel des Vertrages allgemein war der planlose Untergang der Plan- schen? Klar: Im abgelaufenen Jahr Meilenstein das postmigrantische trieben werden. Ein Tornado kostet gesetzt werden, aussehen könnte. Die wirtschaft. wurde unser mitfühlender Kapitalis- Gorki-Theater mit der Deutschtür- so viel wie . Waschmaschinen. Rolle der Kultur innerhalb der Politik Nicht nur die verschwundene DDR mus von der Kanzlerin befl ügelt mit kin Shermin Langhoff . Schon vor Zwischen Absicht und Tat liegen der EU wird in den europäischen Verträ- war ein Ort zwischen Absicht und ihrem durchaus mutigen Satz: »Wir Jahren begann auch die Initiative da Welten. Doch auf dem Berliner gen strikt subsidiär defi niert. Mehr noch, Tat. Nach den furchtbaren Anschlä- schaff en das.« Ein ebenfalls servi- vom Jugendtheaterbüro Berlin mit Alexanderplatz kommt wieder etwas es ist im Kulturartikel an keiner Stelle gen in Paris ist die prompte Reaktion ettentauglicher Allgemeinplatz. Ein Flüchtlingen zu arbeiten, mit ihnen zusammen: der aus Syrien Gefl üch- von der »europäischen Kultur« die Rede, der postulierten westlichen Werte- Kalenderspruch zum Abreißen. eine Sprache über Länder- und Kul- tete Alex Assali kocht dort von sei- sondern lediglich von den »Kulturen der gemeinschaft die Vergeltung. Bom- Was schaff en wir? Während der Chef turgrenzen hinweg zu fi nden. Aus nem Ersparten syrisches Essen für Mitgliedsstaaten«. Wenn nun die EU in benteppiche für den Orient aus dem vom Bundesamt für Flüchtlinge der Erkenntnis heraus, dass für Men- Obdachlose. Er will den Deutschen ih rer Außenvertretung die »europäische christlichen Abendland. Es ist das und Migration im September selber schen nicht nur Nahrung und Klei- etwas zurückgeben. Absicht und Tat Kultur« repräsentieren will, so hat sie zuverlässigste Terroristenzuchtpro- vor den Flüchtlingen aus dem Amt dung, sondern ebenso auch Kunst kommen in einem Topf zusammen. streng genommen hierzu kein Mandat, gramm. Das Einsatzgebiet der deut- gefl ohen war und vielerorts nur der und Kultur lebenswichtig sind, haben Der schaff t das. da es ja laut Vertrag für die EU nur die schen Truppen in Syrien: die ganze heroische Einsatz von Freiwilligen sie jetzt ihr Theater X in Moabit ge- »Kulturen der Mitgliedsstaaten« gibt. Golf-Region. Die Region, die so heißt die behördliche Überforderung halb- baut, mit wenig Geld und viel Einsatz. Arnulf Rating ist Kabarettist 10 INTERNATIONALES www.politikundkultur.net

Der Teufel steckt im Detail Die Kultur in Deutschland braucht das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada nicht – im Gegenteil!

HANSJÜRGEN BLINN leistungen? Es geht u. a. um Marktzu- cher Bevormundung zu ermöglichen fentliche Dienstleistungen auch weiter- verweigern, so hätte Amazon durch gang und Inländergleichbehandlung. und öff entlichen Dienstleistern deren hin möglich. Was dabei verschwiegen TTIP rechtliche Instrumente in der ei der Demonstration am . Marktzugang bedeutet, dass, so weit wie Kundschaft zugunsten privater Anbie- wird, ist die Tatsache, dass Kanada im Hand, ebenfalls dagegen vorzugehen. Oktober  in Berlin gingen möglich, alle Handelshemmnisse (z. B. tern abspenstig zu machen. Denn es Rahmen des Abkommens in Zukunft Die Idee, Investitionen im Ausland sehr viele Menschen auf die Mengenbeschränkungen) für Import- macht einen elementaren Unterschied, sogenannte »informelle Konsultati- durch Handelsabkommen sichern zu B Straße, um ihren Unmut über güter beseitigt werden sollen. Inländer- ob eine Wirtschaftsordnung dem freien onen« einfordern kann, die zu einer lassen, ist nicht neu. Schon in den die Verhandlungen zu den Freihandels- gleichbehandlung heißt, dass zwischen Markt einen möglichst großen Spiel- »wohlwollenden Prüfung« und dann er Jahren wurde dies weltweit in abkommen TTIP, CETA und TiSA zum Gebietsfremden und Gebietsansässigen raum einräumen will oder ob eine so- zum Abbau eben dieser Subventionen vielen bilateralen Abkommen verankert. Ausdruck zu bringen. In einigen Kom- auf einem bestimmten Markt nicht dis- ziale Marktwirtschaft mit staatlichen führen soll. Dabei hat die beklagte Die OECD wollte diesen Flickenteppich mentaren wurden diese Demonstranten kriminiert werden darf. Die Gleichheit Eingriff en diesen Markt sozialverträg- Partei, also zum Beispiel Deutschland, dann durch ein einziges, multilaterales in eine Ecke mit Pegida und rechten De- der Wettbewerbschancen soll damit lich gestalten möchte. Wer diesen Un- während des Verfahrens Informationen Abkommen weltweit vereinheitlichen magogen gestellt und Josef Joff e schrieb gewährleistet werden. terschied im Zusammenhang mit Frei- zu liefern, welche Maßnahmen ergriff en und verhandelte über ein »Multilate- in »Die Zeit« vom . Oktober  von Verkürzt wiedergegeben, gilt derzeit handelsabkommen leugnet, hat entwe- worden sind, um die handelshemmen- rales Abkommen über Investitionen den »TTIPhoben«. folgende Rechtslage: Ausländische der die Systematik nicht erkannt oder den Subventionen abzubauen. Von die- (MAI)«, das annähernd . bilaterale Kann man sich diesen Abkommen Unternehmen können ihre Dienstleis- streut der Öff entlichkeit wissentlich sem Konsultationsmechanismus, der so Abkommen ablösen sollte. Es stellten auch ohne Polemik nähern? Ich will tungen in Europa und in Deutschland Sand in die Augen. harmlos daherkommt, wird ein massiver sich Fragen nach dem richtigen Ver- es versuchen. Dieser Versuch mag sie Der Europäische Rat erteilte der Druck zur Beseitigung öff entlicher Zu- hältnis zwischen privaten, wirtschaft- zwar nicht so fesseln wie ein Krimi, aber Europäischen Kommission am . Ap- wendungen ausgehen, auch und gerade lichen Interessen und der Regelungs- es kann durchaus sein, dass diese Ab- ril  ein Mandat, Verhandlungen im Kulturbereich. befugnis des Staates, nach Demokratie, kommen in Zukunft bestimmen, wer Die Idee, Investitionen über den Abschluss eines Freihandels- Die wichtigste Veränderung in der Umwelt- und Sozialstandards, die auch Krimis überhaupt noch schreiben und im Ausland durch abkommen mit Kanada (Comprehen- Systematik des CETA-Abkommens bei CETA zu stellen sind. In Frankreich verkaufen kann – und damit sind wir Handelsabkommen sive Economic and Trade Agreement gegenüber dem GATS-Abkommen ist protestierten die Vertreter der Film- schon mitten im Thema. sichern zu lassen, ist – CETA) aufzunehmen. Darin wurden jedoch die Ausgestaltung der Verpfl ich- und Fernsehindustrie gegen die mög- Die Krimi-Autorin Nele Neuhaus kri- audiovisuelle und andere kulturelle tungslisten als Negativliste beim Kapitel lichen Auswirkungen von MAI. Am . tisierte im letzten Jahr die Geschäfts- nicht neu Dienstleistungen explizit vom allge- über den Handel mit Dienstleistungen. Dezember  verließ die französische methoden des Internet-Händlers Ama- meinen Kapitel über den Dienstleis- Diese Listen werden als Anhang zu Frei- Regierung die Verhandlungen unter zon. Sie schrieb: »Empfehlungslisten tungshandel ausgenommen und die handelsabkommen aufgenommen und Hinweis auf die fehlende Verankerung auf der Homepage von Amazon werden anbieten, sie haben jedoch kein Recht, Kommission verpfl ichtet, audiovisuelle sind damit Bestandteil des Abkommens. einer kulturellen Bereichsausnahme. manipuliert«. Zudem würden Liefer- öff entliche Subventionen zu verlangen, und andere kulturelle Dienstleistungen, Was bedeutet das? Das GATS-Ab- Die Verhandlungen zu MAI wurden nie zeiten absichtlich verlängert und ihre wie dies einheimische Anbieter kön- wie zum Beispiel beim Abkommen mit kommen wurde nach dem Prinzip der abgeschlossen. Bücher als »Geiseln in einem Kampf um nen. Die zuständigen deutschen Stellen Südkorea, im Rahmen eines eigenen Positivliste erstellt, d. h. ein Land ver- Das Kritische an der Einführung des Macht und Geld« zwischen Amazon und sind daher frei, öff entliche Zuschüsse Kulturprotokolls zu regeln. Vorteil: Kul- pfl ichtet sich nur insoweit seinen Markt Investitionsschutzkapitels bei CETA ist ihrem Verlag Ullstein genommen. Das zu vergeben für alle Arten von kulturbe- tur bekommt eine Sonderrolle zuge- zu liberalisieren, wie es in der Länder- jedoch dem Umstand geschuldet, dass Ziel von Amazon sei, Autoren direkt an zogenen Tätigkeiten, wie zum Beispiel sprochen und wird als Wirtschafts- und liste aufgeführt ist. Die Verpfl ichtungs- die bisherige Defi nition des Enteig- sich zu binden und die Verlage auszu- Live-Veranstaltungen, Festivals, Thea- Kulturgut behandelt. Somit gelten auch liste bei CETA wurde jedoch nach dem nungsbegriff s sehr viel weiter gefasst schalten: »Eines düsteren Tages wird ter, Musicals, Verlagswesen. Die fi nan- bestimmte Teile eines Abkommens Prinzip der Negativliste erstellt, d.h. werden soll, als dies noch in den In- man womöglich nur noch lesen können, zielle Unterstützung durch öff entliche nicht für den Kulturbereich, wie zum grundsätzlich sind alle Dienstleistungs- vestitionsschutzabkommen der er was Amazon genehmigt.« Stellen kann hierbei verschiedene For- Beispiel die umstrittenen Schiedsge- bereiche liberalisiert, es sei denn die Jahre der Fall war. Als Enteignung gilt Die EU-Kommission und die Bun- men annehmen, zum Beispiel direkte richtsverfahren. einschränkenden Gesetze und Regelun- inzwischen auch die (behauptete) desregierung werden nicht müde, zu Zuschüsse, Steuervergünstigungen oder Im Laufe der Verhandlungen stell- gen werden explizit in einer Liste davon Schmälerung des erwarteten Gewinns betonen, dass für den Kulturbereich kei- Bürgschaften. Die einzigen Vorschriften, te sich jedoch heraus, dass sich die ausgenommen. Diese Vorgehensweise durch gesetzliche Regelungen etwa im nerlei negative Auswirkungen durch die die beachtet werden müssen, sind die Vertragsparteien darauf nicht einigen Bereich Umwelt, Arbeitsbedingungen, Verhandlungen zu erwarten sind. Inzwi- Vorschriften aus dem EU-Beihilferecht; konnten. Die Kommission schloss ohne Steuern, Handelsquoten. Der Enteig- schen geben sie jedoch ehrlicherweise dies hat aber nichts mit den Freihan- weitere Erklärungen das Abkommen nungsbegriff im deutschen Recht ist zu, dass diese Ausnahmen durch klare, delsabkommen zu tun. ohne ein solches Kulturprotokoll ab. Sie Der Markt verleitet viel enger gefasst. Das im Rahmen von rechtliche Regeln festgeschrieben wer- Warum ist es wichtig, diese Ausnah- ließ sich dafür aber auch kein neues, Artikel  GG geschützte Eigentum um- den müssen. Die Bundesregierung hat men auch in den neuen Abkommen zu diesbezüglich geändertes, Mandat vom die Menschen dazu, fasst nämlich nur Mobiliar- und Grund- dazu ein Thesenpapier mit dem Ziel ver- verankern? Weil Freihandelsabkommen Europäischen Rat geben. Dies ist ein sich unmoralisch eigentum. Darüber hinaus werden noch öff entlicht, bisher geltendes Völkerrecht zu einem möglichst freien Austausch bemerkenswerter Vorgang und bedeutet zu verhalten vermögenswerte Rechte wie Forderun- festzuschreiben. Ausgangspunkt ist das von Gütern und Dienstleistungen zwi- keine vertrauensbildende Maßnahme gen, Nutzungsrechte, Immaterialgüter- im Jahre  unterzeichnete »Allge- schen Ländern führen sollen und den im Umgang zwischen Kommission und rechte geschützt, nicht jedoch bloße meine Abkommen über den Handel Abbau von Zöllen, Mengen- oder an- den Mitgliedsstaaten. Gewinnaussichten und das Vermögen mit Dienstleistungen« (engl.: General deren Handelsbeschränkungen (sog. Im Übrigen waren die Länder bei hätte jedoch das Abkommen derart auf- als solches. Agreement in Trade in Services – GATS), nicht-tarifäre Handelsmaßnahmen) den Verhandlungen zu CETA nur im gebläht, dass man dazu übergegangen Zusammenfassend lässt sich fest- in dem es auch um Kultur geht. Eine zum Ziel haben. Dies wiederum soll zu Rahmen des Dienstleistungskapitels ist, allgemeine Ausnahmeklauseln zu stellen, dass CETA den bisher gelten- während der sogenannten »Uruguay«- einer Liberalisierung von Dienstleis- eingebunden. Es wurden zu keiner Zeit formulieren, die dafür Sorge tragen sol- den Rechtsrahmen ausdehnen wird und Runde (-) diskutierte und unter tungen führen, d. h. staatliche Aufl a- Textentwürfe der Kapitel »Subventio- len, dass bestimmte Bereiche nicht von dabei für die Kulturpolitik, wie wir sie anderem von Frankreich ins Spiel ge- gen und Einschränkungen in Bezug auf nen« und »Investitionen« mit den Kul- einer weitergehenden Marktöff nung kennen, deutliche Einschränkungen mit brachte generelle kulturelle Ausnahme die Herstellung oder den Handel mit turressorts erörtert. Dies ist eine völlig bzw. einer weitergehenden Liberali- sich bringen kann. Es lassen sich aber (»exception culturelle«) konnte nicht Gütern und Dienstleistungen sollen unzureichende Beteiligung, da sich die- sierung erfasst werden. Diese Klauseln auch gesellschaftspolitische Gründe durchgesetzt werden, insbesondere schrittweise abgebaut werden. se Kapitel massiv auf den Kulturbereich sind jedoch auslegungsbedürftig und gegen das geplante Abkommen vorbrin- nicht gegen das Veto der USA. Mit anderen Worten: Freihandels- auswirken können. Und zwar negativ! verursachen eine erhebliche Rechts- gen. Derzeit sorgen nur etwa  Pro- Doch worum geht es beim grenz- abkommen haben immer das Ziel, wirt- Subventionen, so wird von Seiten unsicherheit. zent aller Staaten für  Prozent des überschreitenden Handel mit Dienst- schaftliches Handeln frei von staatli- der Kommission beteuert, sind für öf- Eine weitere Veränderung gegen- internationalen Handels mit Waren und über dem GATS-Abkommen liegt in Dienstleistungen sowie der Direktin- der Einführung des Kapitels zum In- vestitionen. Viele andere Nationen sind vestitionsschutz. Kultur wird hiervon politisch instabil und ihre Bevölkerung nicht vollständig ausgenommen. Dies selbst für einfache Arbeitsschritte zu bedeutet, ausländische Investoren kön- gering gebildet, um für ausländische In- nen gegen einen Staat klagen, wenn vestoren attraktiv zu sein. Sie brauchen sie sich »ungerecht« behandelt fühlen. dringend Bildungs- und Infrastruktur- Amazon fühlt sich schon lange »unge- programme, um sich am globalen Markt recht« behandelt, da es sich, wie alle an- überhaupt beteiligen zu können, oder deren Unternehmen an die Buchpreis- die Menschen aus diesen Ländern wer- bindung halten muss. Im Gegensatz den sich weiterhin auf den Weg nach zu deutschen Firmen könnte Amazon Europa machen, in der Hoff nung auf jedoch im Rahmen eines Investitions- ein besseres Leben. Wer könnte es ih- schutzabkommens dagegen vorgehen. nen verdenken. TTIP und CETA werden Amazon führt längst einen unerbittli- diesen Menschen nicht helfen, aber das chen Verdrängungswettbewerb auch ist auch nicht das Ziel dieser Abkom- in Europa. Gerade prüft das Bundes- men. Kann es auch nicht sein, glaubt kartellamt eine Beschwerde des Bör- man Armin Falk, Ökonom und Direk- senvereins des Deutschen Buchhandels, tor des Bonner »Center for Economics der Amazon einen Missbrauch seiner and Neuroscience«, der behauptet: »Der marktbeherrschenden Stellung beim Markt verleitet die Menschen dazu, sich Vertrieb digitaler Hörbücher vorwirft. unmoralisch zu verhalten.« In den USA entwickelt Amazon neue Geschäftsmodelle, zum Beispiel Hans-Jürgen Blinn ist Ministerialrat im die Auslieferung seiner Pakete durch Ministerium für Bildung, Wissenschaft, unbemannte Fluggeräte (Minidrohnen). Weiterbildung und Kultur, Mainz Sollte das Unternehmen diese Zulas- und Beauftragter des Bundesrates im

FOTO: DEUTSCHER KULTURRAT DEUTSCHER FOTO: sung auch in Deutschland beantragen Handelspolitischen Ausschuss des Christian Höppner, Deutscher Kulturrat, Maritta Strasser, Campact und Ernst-Christoph Stolper, BUND, am und das Luftfahrt-Bundesamt würde, Europäischen Rates (Dienstleistungen Gemeinschaftsstand des Deutschen Kulturrates beim SPD-Bundesparteitag aus welchen Gründen auch immer, dies und Investitionen) in Brüssel Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  INTERNATIONALES 11

Eine Chance für die Zukunft TTIP – Warum ein Abkommen mit den USA Sinn ergibt

STORMYANNIKA MILDNER Weltkrieg hätte sicherlich deutlich punktuell Ergebnisse geliefert, etwa im kann aber zu Entlastungen für die Vorreiter für einen modernen Investiti- UND FABIAN WENDENBURG länger gedauert, hätten Länder wie Bereich der Elektromobilität. Durch ein öff entliche Hand und Unternehmen onsschutz sein. Der aktuelle Vorschlag die USA nicht ihre Märkte für deutsche klares politisches Mandat, Zielvorga- führen. Eine engere transatlantische der EU-Kommission greift viele der ge- elten wurde ein Handelsabkom- Produkte unter dem Allgemeinen Zoll- ben und Überprüfungsmechanismen in Zusammenarbeit bei der Regelset- nannten Reformideen auf. men in Deutschland so intensiv und Handelsabkommen (GATT) geöff - TTIP würde die transatlantische Koope- zung für Zukunftstechnologien, etwa diskutiert wie die transatlanti- net. Und schließlich hat die europäi- ration verbindlicher werden. Ein insti- bei der Nanotechnologie oder bei S Brücken bauen, Dialoge stärken sche Handels- und Investitionspart- sche Integration nicht nur für Wohl- tutioneller Rahmen kann die Prozesse selbstfahrenden Autos, kann dazu nerschaft TTIP. Es ist gut, dass wir stand in Europa, sondern auch Frieden off ener, inklusiver und transparenter beitragen, dass sich deutsche Inge- Ohne Frage: Die Verhandlungen müssen uns gründlich mit dem bisher größ- und Stabilität gesorgt. machen. nieurkunst auch zukünftig auf dem transparenter werden. Durch die öff ent- ten bilateralen Freihandelsabkom- Der beste Weg, den Welthandel zu li- TTIP bietet die Chance, die Globa- US-Markt durchsetzen kann. Klar ist: liche TTIP-Debatte ist die EU-Handels- men weltweit auseinandersetzen. Der beralisieren und zu regeln, wird auch in lisierung mitzugestalten, dabei hohe Entscheidungskompetenzen dürfen politik aber bereits off ener und trans- transatlantische Markt steht für etwa der Zukunft über die Welthandelsorga- Standards zu schützen und die Rechts- nicht weg von Parlamenten und Re- parenter geworden. Sie zeigt, dass Be-  Prozent des globalen Bruttoinlands- nisation (WTO) führen. Seit Abschluss sicherheit bei Handel und Investitionen gierungen auf transnationale Gremien denken, die konstruktiv in die Ver- produkts (BIP), knapp ein Drittel des Handels und gut  Prozent der aus- ländischen Direktinvestitionsbestän- de weltweit. TTIP ist zwar nicht das erste Frei- handelsabkommen der EU, in dem es um Regulierungskooperation und vie- le andere sogenannte Handels-Plus- Themen wie Investitionen, Wettbewerb, öff entliche Auftragsvergabe oder auch Nachhaltigkeit geht. Seit ihrer Handels- strategie »Global Europe: Competing in the World« aus dem Jahr  ver- handelt die EU mit zahlreichen Län- dern weitreichende Handels- und In- vestitionsabkommen. TTIP ist aber das bislang ambitionierteste unter ihnen. TTIP hat dafür gesorgt, dass heu- te in der Handelsnation Deutsch- land auch über Handel öff entlich dis- kutiert wird. Das ist gut so. Deutsch- Ernst-Christoph Stolper, BUND, Matthias Machnig, Staatssekretar im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat, lands Außenhandelsquote (Waren und am Gemeinschaftsstand des Deutschen Kulturrates beim SPD-Bundesparteitag Dienstleistungen) ist seit dem Jahr  von  Prozent auf , Prozent im Jahr  angestiegen. Mit einer Exportquo- te von , Prozent im Jahr  gehört Deutschland zu den exportstärksten Volkswirtschaften weltweit. Rund je- der vierte Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt am Export. Dennoch scheinen sich die Positio- nen der Befürworter und Kritiker von TTIP häufi g unversöhnlich gegenüber- zustehen. Ein genauerer Blick zeigt aber, dass die Gräben gar nicht so tief und erst recht nicht unüberwindbar sind.

Was für ein TTIP wollen wir? Der BDI unterstützt ein ambitionier- tes Handels- und Investitionsabkom- men. Neben Zöllen sollten nicht-ta- rifäre Handelshemmnisse abgebaut

werden; Zollverfahren und Ursprungs- KULTURRAT DEUTSCHER FOTOS: regeln sollten vereinfacht werden, die Thorsten Schäfer-Gümbel, MdL, Stellvertretender SPD-Parteivorsitzender, Maritta Strasser, Campact, Ernst-Christoph Stolper, BUND und Olaf Zimmermann, öff entlichen Beschaff ungsmärkte in Deutscher Kulturrat, am Gemeinschaftsstand des Deutschen Kulturrates beim SPD-Bundesparteitag den USA stärker geöffnet und der Dienstleistungshandel liberalisiert der Uruguay-Runde  ist es den zu erhöhen. Der Rückzug ins Nationa- verlagert werden. EU-Kommission und handlungen eingebracht werden, auch werden. Zudem sollte TTIP ein Kapi- WTO-Mitgliedern jedoch mit wenigen le als Alternative kann nicht die Ant- US-Regierung haben wiederholt klar- gehört werden. Die Kommission hat tel zu einem modernisierten Investiti- Ausnahmen nicht gelungen, sich auf wort auf die Globalisierung sein, in der gestellt, dass auch künftig jede Seite mittlerweile wichtige Klarstellungen onsschutz sowie ein Nachhaltigkeits- weitere Marktöff nungen zu verständi- schon bald  Prozent des Wachstums über Regelungen zum Schutz von Ver- über den Schutz der Kultur, die öff ent- kapitel zu Arbeitsstandards und Um- gen. In Abkommen wie TTIP können außerhalb Europas generiert werden. brauchern, Umwelt oder Daten eigen- liche Daseinsvorsorge oder auch die weltschutz enthalten. Die Interessen die Verhandlungspartner ihre Märkte ständig entscheiden kann. Der Vertrags- Befugnisse des Regulierungsforums mittelständischer Unternehmen soll- gegenseitig öff nen und das Regelwerk Was darf TTIP nicht? text muss so formuliert sein, dass keine vorgenommen. Auf der Website der ten besondere Berücksichtigung fi nden. für den Handel weiterentwickeln. Sie rechtlichen Unsicherheiten entstehen. EU-Kommission und des Bundeswirt- Beim Handel geht es schon lange sind keine Alternative zur WTO, aber Ein Abkommen, dass unsere beste- Demokratische Entscheidungen wer- schaftsministeriums sind zahlreiche nicht mehr nur um den Austausch von eine sinnvolle Ergänzung. henden Vorschriften im Bereich der den auch durch den Investitions- Dokumente, Erklärungen und Informa- Waren. Der Dienstleistungshandel Die USA sind für uns ein besonders Produktsicherheit, des Verbraucher- schutz nicht in Frage gestellt. Schieds- tionsbroschüren zu den TTIP-Verhand- gewinnt immer mehr an Bedeutung; wichtiger Partner. Im ersten Halbjahr schutzes des Umweltschutzes oder des gerichte können Investoren in Einzel- lungen veröff entlicht. Wer sich über gehandelt wird zunehmend auch di-  sind sie zum wichtigsten Export- Datenschutzes unterminiert, würden fällen Entschädigungen zusprechen, TTIP informieren will, kann dies tun. gital. Sich nur auf den Warenhandel markt für deutsche Waren geworden auch wir ablehnen. Die Europäische aber nicht Gesetze oder Verwaltungs- Wir werden weiterhin für den Er- und den Abbau von Zöllen zu be- – noch vor Frankreich. Pro Tag werden Kommission und die Bundesregierung akte für ungültig erklären. Die Sorge, folg der TTIP-Verhandlungen wer- schränken, würde den heutigen Re- im transatlantischen Markt Waren und haben wiederholt zugesichert, dass es dass schon die Möglichkeit einer In- ben. Dazu gehört für uns, den öff ent- alitäten des Welthandels nicht mehr Dienstleistungen im Wert von etwa nicht zu einem Abbau von Standards vestorenklage Staaten davon abhält, lichen Dialog zu fördern. Mit dem »Di- genügen. Moderne Handelsabkommen zwei Milliarden Euro gehandelt. Deut- kommen wird. In zentralen Themen des bestimmte Gesetze zu verabschie- alogforum Freihandel« haben wir eine brauchen moderne Regeln, um freien sche und US-amerikanische Unterneh- Dienstleistungsbereichs, etwa bei der den, ist empirisch nicht belegt. Die neutrale Plattform ins Leben gerufen, und gleichzeitig fairen Handel sicher- men gehören zudem zu den wichtigsten Daseinsvorsorge und der Kultur, soll Praxis zeigt, dass Schiedsgerichte für auf der sich jeder über TTIP informie- zustellen. Investoren im jeweils anderen Markt. es keine weiteren Liberalisierungsver- Unternehmen nur ultima ratio sind. ren und eine Bürgeragenda erarbeiten Da hat schon der Abbau vermeintlich pfl ichtungen geben. Wer verklagt schon das Land, in und kann, für ein aus seiner Sicht gutes kleiner Handelshemmnisse spürba- Die EU-Kommission schlägt vor, ei- mit dem man gute Geschäfte machen Freihandelsabkommen. TTIP wird nur Warum TTIP? re Eff ekte. nen institutionellen Rahmen für die will? Aber: Über die Notwendigkeit, dann ein gutes Abkommen, wenn es von Die genauen Eff ekte von Handelsab- Doch braucht man hierfür ein um- künftige regulatorische Zusammen- den Investitionsschutz zu reformie- der Bevölkerung akzeptiert wird. Dafür kommen sind schwer vorherzusagen. fassendes Handelsabkommen? Die arbeit zu schaff en. Kritiker befürch- ren, besteht großer Konsens. Der BDI werden wir uns weiter einsetzen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt je- Erfahrung legt das nahe: Seit über  ten, dass diese Ausgestaltung von setzt sich seit Langem dafür ein, die doch, wie wichtig Handel für Wachstum Jahren gab es in der transatlantischen TTIP als sogenanntes living agree- Transparenz der Verfahren zu verbes- Stormy-Annika Mildner ist Leiterin der und Arbeitsplätze in Deutschland ist. Wirtschaftszusammenarbeit nur wenige ment und die geplanten Regelungen sern und einen Berufungsmechanismus Abteilung Außenwirtschaft im Bun- Die Industrialisierung in Deutschland Erfolge beim Abbau von nicht-tarifären zum Investitionsschutz europäische zu etablieren. Die Unabhängigkeit der desverband der Deutschen Industrie im . Jahrhundert wäre nicht ohne die Handelshemmnissen. Der Transatlan- Regeln angreifen oder den Gestal- Schiedsrichter muss sichergestellt wer- (BDI). Fabian Wendenburg ist Referent Schaff ung des Deutschen Zollvereins tic Economic Council, wurde  auf tungsspielraum Europas einschränken den, klare Defi nitionen des materiellen in der Abteilung Außenwirtschaft im  möglich gewesen. Der Wiederauf- Initiative von Bundeskanzlerin Angela könnten. Der Informationsaustausch Rechtsschutzes verhindern Missbrauch. Bundesverband der Deutschen Indust- bau Deutschlands nach dem Zweiten Merkel ins Leben gerufen, hat aber nur zwischen Regulierungsbehörden Wenn dies gelingt, dann kann TTIP ein rie (BDI) 12 INTERNATIONALES www.politikundkultur.net FOTO: DEUTSCHER KULTURRAT DEUTSCHER FOTO: Fast  Prozent des Wachstums werden außerhalb Europas generiert. Wird TTIP hohe Standards schaff en oder sie zerstören? Schlimmer als wir befürchtet haben Wer wissen will, was Handelsabkommen wie TTIP bringen, sollte in die USA schauen. Dort tobt der Streit um das pazifi sche TPP – weil es die freie Nutzung des Internets erschweren, Medikamente verteuern und die Rechte der Konzerne stärken wird

PETRA PINZLER der Open Source Bewegung unbeliebt und ob eine kleine Veränderung von Mo- kann es das nicht mehr im Alleingang sind  Länder und natürlich (vertreten ist, sondern auch bei vielen Wählern. lekülen automatisch einen neuen Schutz rückgängig machen. Es verringert sich durch die EU) auch Deutschland. oseph Stiglitz hat sein Leben lang In den kommenden Monaten wird ermöglichen soll, sind komplizierte Fra- also der politische Spielraum – ohne Bei TPP, so schreibt Jo Stiglitz, gehe erforscht, was Menschen und Län- sich also zeigen, wer sich in den USA gen. Wer sie richtig beantworten will, dass die Betroff enen das vorher breit es gar nicht um »freien Handel«. Und J der reich macht. Der amerikanische durchsetzt und mit wem die Europäer muss die Interessen der Hersteller im und öff entlich diskutieren konnten. kritisiert noch einmal besonders ve- Ökonom bekam für seine Arbeit den dann bei den transatlantischen Ver- Blick haben, die der Konkurrenz und Bei TPP hat das eindeutig den gro- hement ein Vorhaben, das auch in Nobelpreis, könnte sich also beruhigt handlungen werden rechnen müssen: die der Allgemeinheit. Es geht um die ßen Konzernen genutzt, allen voran den Deutschland besonders stark umstrit- zurücklehnen und den Erfolg genie- mit den Handelspolitikern und ihren Kosten des Gesundheitswesens und um amerikanischen Softwaregiganten. Sie ten ist. Den Investorenschutz (ISDS). ßen. Doch der Mann tut genau das mächtigen Verbündeten in den Kon- das Leben von Menschen. Bei TPP ha- hatten ganz off ensichtlich den besseren Auch hier wirft der TPP-Vertrag ein Gegenteil, er mischt sich ein, zurzeit zernzentralen, die den Spielraum der ben ausschließlich die Handelsexperten Zugang zu den Handelsexperten als die Schlaglicht auf die amerikanischen immer häufi ger und wütender. Stiglitz Wirtschaft durch internationale Ver- solche Interessenkonfl ikte entschieden. Vertreter der Open Source Bewegung Wünsche. ISDS ermöglicht ausländi- fürchtet, dass Amerikaner und Europä- träge erweitern wollen. Oder mit denen, Hinter verschlossenen Türen und ohne oder gar Datenschützer, viele ihre schen Investoren, Staaten vor privaten er einen »sehr großen Fehler« machen, die an einer Reform der internationa- Mitsprache von Patientenvertretern, Wünsche tauchen nämlich nun in den Schiedsstellen auf Schadensersatz zu wenn sie Handelsabkommen wie dem len Handelspolitik interessiert sind, an Menschenrechtlern oder der interes- Paragraphen des Abkommen auf. Tritt verklagen. Es gibt diese Möglichkeit europäisch-amerikanischen TTIP und einem stärkeren Schutz von Umwelt, sierten Öff entlichkeit. Was dabei he- es in Kraft, können die Regierungen der schon länger, sie steht in vielen Han- dem transpazifi schen TPP grünes Licht Bürgern und Gemeinwohl. rausgekommen ist, nennen die Ärzte beteiligten Länder von ihnen beispiels- delsverträgen. Lange war das kein Prob- geben. Weil deren »falsche Regeln« den Seit Anfang November kann man ohne Grenzen nüchtern, ein »schlechtes weise nicht mehr verlangen, Kunden- lem, doch in den vergangenen Jahren ist Armen schaden, der Umwelt und der lesen, um was es konkret geht. . Geschäft für die Medizin«. Die neuen Re- daten im Land aufzubewahren oder gar die Zahl der Verfahren stark gestiegen. Demokratie. Seiten lang ist der TPP-Text, er umfasst geln würden »die Monopole der großen die Verarbeitungszentren dort anzu- Große Kanzleien haben dieses Feld als Über TTIP und dessen böse Folgen  Kapitel und jede Menge Regeln, die amerikanischen Pharmahersteller stär- siedeln. Apple, Facebook, Google oder lukratives Geschäftsgebiet entdeckt wird hierzulande inzwischen kräftig tiefer in die Gesetze der betroff enen ker und länger schützen«. Sie würden es und raten großen Unternehmen of- gestritten. Erst im Oktober hatte das Länder eingreifen, als je ein Handels- erschweren, Generika, also preiswerte fensiv zu Verfahren vor den privaten Handelsabkommen, das die EU gern abkommen zuvor. Neben den klassi- Kopien teurer Produkte, herzustellen. Noch lohnt sich eine Schiedsgerichten. Mit guten Argumen- mit den USA abschließen würden, weit schen Themen, wie die Senkung von Dabei hätte gerade die Produktion sol- ten, dort können die Konzerne oft höhe- über . Menschen auf die Straße Zöllen, geht es um Eigentumsrechte, cher Generika in vielen armen Ländern Debatte darüber, wie re Summen herausschlagen als vor na- getrieben, voller Sorgen um die Um- Standards und neue Gesetze. Unter viele Leben gerettet. Künftig werde es Handelsregeln tionalen Gerichten. Und ganz nebenbei welt, die Freiheit der Kultur und den #TPPWorseThanWeThought kann man dort für Patienten schwerer, an preis- aussehen müssten, lassen sich so auch noch Gesetze zum Spielraum der Demokratie. Ziemlich auch auf Twitter die rege Debatte dar- werte Medizin zu kommen. Mit Briefen, Schutz von Umwelt und Gesundheit genervt bemühen sich Bundesregierung über verfolgen. Dabei wird die Liste der Petitionen und Protesten versuchen die damit sie den Gesell- aushebeln oder verhindern. und EU-Kommission seither die Sorgen kritischen Punkte immer länger. Längst Ärzte ohne Grenzen jetzt, in den USA schaften nützen Die EU-Kommission hat inzwischen zu zerstreuen, sichern den Schutz aller warnen nicht mehr nur die üblichen noch Nachbesserungen des Vertrages ein wenig auf die massiven Proteste möglichen Errungenschaften zu (auch Verdächtigen. »Wir sind überlistet wor- durchzusetzen. Doch das wird schwierig. gegen die privaten Schiedsgerichte den der Kultur), können das allerdings den!«, klagt beispielsweise Jim Balsillie, Der Kongress hat bei der Abstimmung Microsoft können ihre Speicherzentren reagiert. Sie will sie künftig durch ein mit Vertragstexten bislang nicht be- der Ex-Chef des Smartphone-Herstel- nur zwei Möglichkeiten: Annehmen oder dort bauen, wo ihnen die Gesetze am öff entliches Gericht ersetzen, zudem legen. Denn bei den eigentlichen Ver- lers Blackberry und einer der hundert ablehnen. günstigsten erscheinen, der Schutz der ihre Zuständigkeit einschränken und handlungen kommen sie allerdings reichsten Kanadier. Balsillie fürchtet, Bekommt TPP eine Mehrheit, wird Privatsphäre am niedrigsten ist. so abstruse Verfahren und Urteile ver- kaum weiter – auch weil die Amerikaner das Abkommen werde die Rechte und das für Kulturschaff ende und die Open Diese Möglichkeit läuft all dem zu- hindern. Die einfachste Lösung, ISDS eine andere Priorität haben. Die wollen Patente amerikanischer Unterneh- Source Bewegung Folgen haben. Denn wider, was der Europäische Gerichts- einfach aufzugeben, scheitert bisher zuerst das Abkommen zwischen zwölf men zu sehr schützen und damit die auch für sie schaff t das Abkommen hof unlängst entschieden hat: Weil allerdings auch in Brüssel am Lobbying pazifi schen Staaten abschließen, die Innovationsfähigkeit der kanadischen neue Regeln, beispielsweise im Urhe- er die persönlichen Daten von Euro- der Wirtschaft. Und die US-Regierung Trans-Pacifi c Partnership (TPP). Wirtschaft schwächen. Es könnte bei- berrecht. Es verpfl ichtet beispielsweise päern in den USA nicht sicher aufbe- hält trotz aller Kritik sogar weiter an TPP interessiert hier kaum jeman- spielsweise sein, dass für kleine, in den die Regierungen viel stärker als bislang, wahrt befand, hat er das sogenannte der unreformierten Version des Inves- den. Tritt es in Kraft, hätte jedoch auch USA patentierte Teile einer Software gegen Verstöße vorzugehen, sie gar zu Safe-Harbor-Abkommen, das den Da- titionsschutzes fest. Tritt TPP in Kraft, das massive Folgen – für uns. Denn für künftig hohe Gebühren drohen. kriminalisieren. Oder: Es verlängert den tentransfer in die USA bisher erlaubt können sich die großen Anwaltskanz- die amerikanische Regierung ist TPP Tatsächlich geht es bei TPP viel um Urheberschutz auf (die in Deutschland hat, für unwirksam erklärt. Finden die leien auf viele neue kostspielige Kla- zumindest in Teilbereichen eine Blau- den Schutz von Rechten. Das ist nicht üblichen)  Jahre. Man kann Letzteres EU-Kommission und die US-Regierung gen und damit auch lukrative Verfahren pause für die Verhandlungen mit der EU. per se schlimm; in einer globalisier- sogar gut fi nden. Aber ist es etwas, was nicht bald eine neue Lösung, müssen freuen. Nur die Zigarettenindustrie ha- Nicht wenig von dem, was dort steht, ten Welt kann es durchaus sinnvoll nebenbei in einem viele tausend Seiten die großen US-Konzerne ihre Dienste ben sie als Kunden verloren, die ist nun werden sie auch in das europäisch-ame- sein, Rechte gemeinsam mit anderen langen Handelsvertrag geregelt werden anpassen. Entweder, indem sie die In- vom Investorenschutz bei TPP explizit rikanische Abkommen TTIP schreiben Regierungen durch internationale Ab- sollte? Traditionell wurde die Frage, wie formationen über ihre europäischen ausgenommen – was zugleich zeigt, wie wollen. Präsident Obama hoff t, dass er sprachen zu schützen. Wie hilfreich lange ein künstlerisches Werk geschützt Nutzer in der EU speichern oder indem absurd dieses Instrument ist. Die »gu- für das TPP noch vor dem Ende seiner Kopierschutz für Produkte und Ideen sein soll, von Regierungen und Parla- sie die fraglichen Dienste hier deakti- ten« Unternehmen dürfen ISDS nutzen, Amtszeit im kommenden November auch jenseits der eigenen Grenzen menten beantwortet, nach öffentli- vieren. Für die Handelspolitik bedeutet nur die Tabakindustrie nicht. Weil die grünes Licht vom Kongress bekommt: sein kann, weiß jeder Kulturschaff ende. chen Debatten. Denn genau das ist ja das: Klauseln wie die des TPP-Vertrages besonders böse ist? Es soll sein letztes großes, wirtschafts- Doch die Entscheidung über das rich- das Wesen der Demokratie: die Suche dürfte die EU-Kommission schon wegen TPP, TTIP, TiSA: Noch ist keines der politisches Projekt werden. Doch ganz tige Maß und die damit verbundenen nach gesellschaftsverträglichen Lösun- des fehlerhaften Datenschutzes nie- Abkommen in Kraft getreten. Noch einfach wird das nicht, in den USA hat Verdienstmöglichkeiten, die der Staat gen, die immer wieder reformiert und mals abschließen. Nun steht ein Beitritt lohnt sich also die Debatte darüber, mittlerweile der Wahlkampf begonnen. so garantiert, ist kompliziert. Wann den Zeitläufen angepasst werden kön- der EU zu TPP ja auch nicht zur Debatte. wie Handelsregeln eigentlich aussehen Und in dem haben sich inzwischen alle überwiegt das Interesse der Allgemein- nen. Genau so etwas wird jedoch durch Dennoch werden die USA versuchen, müssten – damit sie den Gesellschaf- demokratischen Präsidentschaftskan- heit an einer preiswerten Nutzung? Wie Handelsabkommen schwieriger, wenn möglichst viele Elemente dieses Ab- ten nutzen. Noch lohnt sich das Ein- didaten, viele demokratische und auch lange soll der Erfi nder seine Idee allein nicht gar unmöglich. Durch Abkommen kommens auch im transatlantischen mischen, nicht nur für Joseph Stiglitz. vereinzelte republikanische Abgeordne- vermarkten dürfen? wie TPP werden Regeln für lange Zeit TTIP durchzusetzen – oder, wenn das te gegen das Abkommen ausgesprochen Gut lässt sich das am Beispiel von quasi unwiderrufl ich festgeschrieben. dort nicht gehen sollte, später in dem Petra Pinzler ist Autorin des Buches – wohlwissend, dass es nicht nur bei Ge- Medikamenten verdeutlichen: Wie lang Denn wenn sich ein Land durch einen geplanten Dienstleistungsabkommen »Der Unfreihandel«, erschienen bei werkschaften, Umweltschützern und ein Patent gelten, wie weit es reichen Handelsvertrag zu etwas verpfl ichtet, TiSA. Das wird in Genf verhandelt, dabei Rowohlt,  Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  KULTURELLE BILDUNG 13

Kulturtourismus im Die Zukunft ist europäisch Zur Konferenz »Perspekti- ein Monitoring für die nationalen kultureller Bildung zu partizipieren. ländlichen Raum ven Kultureller Bildung in kulturellen Bildungssysteme in den Vor diesem Hintergrund rückt insbe- beteiligten europäischen Ländern. sondere die Schule als Ort, an dem »Dritte Orte« der Begegnung von touristischen und Europa« in Genshagen Mit diesem wird beabsichtigt, die allen Kindern und Jugendlichen der einheimischen Kulturnutzern als Chance Vielfalt der Perspektiven in Euro- Zugang zu künstlerischen Ausdrucks- CAROLIN RIES pa abzubilden, Gemeinsamkeiten formen ermöglicht werden kann, in KATJA DREWS UND was das große Engagement der Be- und Unterschiede festzustellen und den Fokus. Darüber hinaus stehen vie- BIRGIT MANDEL wohner in der Bekanntmachung des m . und . November  – sofern möglich – eine europäische le Kultureinrichtungen vor der Heraus- Festivals spiegelt. Zudem sorgt das kamen Expertinnen und Exper- Perspektive oder auch Vision für die forderung, das Publikum von morgen ie kann Kulturtourismus Festival langfristig für ein Interesse an A ten zahlreicher europäischer kulturelle Bildung zu entwickeln. zu gewinnen, was wiederum die Frage sowohl zur touristischen Kunstangeboten auch bei denjenigen Länder im Schloss Genshagen zusam- Im Vorfeld der Tagung zu den »Pers- mit sich bringt, ob mit dem herkömm- und wirtschaftlichen Bewohnern, die sonst keine kulturellen men, um gemeinsam mit den Akteuren pektiven Kultureller Bildung in Euro- lichen Spartenkanon überhaupt noch W wie zur kulturellen Be- Einrichtungen besuchen und prägt vor aus Kulturinstitutionen und -verbän- pa« hatten die Veranstalter, die Akade- erfasst werden kann, was (jugend-) lebung einer Region beitragen? Wie allem die jungen Menschen der Region den sowie kommunalen Kulturämtern mie Remscheid für Kulturelle Bildung kulturelle Praxis heute ausmacht. gelingt es, »dritte kulturelle Orte« zu in ihren Grundeinstellungen zu Kunst- über die aktuellen Fragestellungen e.V. sowie die Stiftung Genshagen, Es ist nur sinnvoll und im globalen schaff en bzw. vorhandene Orte so auf- geschehnissen. und Trends im Feld der kulturellen Bil- zwei Schwerpunktthemen identifi ziert, Zeitalter sogar notwendig, dass sich zubereiten und zu vermitteln, dass sie Die Möglichkeit zur Schaff ung von dung zu diskutieren. Was beschäftigt die nicht nur in Deutschland, sondern die europäischen Partner im Feld der für Touristen und Einheimische glei- »dritten Orten« (Bhabha ) der Be- die europäischen Partner? Vor welchen auch in weiteren europäischen Län- kulturellen Bildungsforschung ver- chermaßen attraktiv sind? Angesichts gegnung ruraler und urbaner Lebens- Herausforderungen stehen sie bei der dern diskutiert und erforscht werden. stärkt und vor allem langfristig vernet- der schrumpfenden Bevölkerung in wirklichkeit wird besonders im Kontext Entwicklung kultureller Bildungsan- Expertinnen und Experten aus Schott- zen. Bestenfalls können vergleichende ländlichen Gebieten gilt der Kultur- darstellender Kunstangebote mit sozio- gebote? Welche Modellprogramme land, Frankreich, Belgien, den Nieder- Perspektiven und der Austausch über tourismus als einer der wenigen Hoff - kulturellen Akteuren anschaulich. Als lassen sich auf andere nationale Bil- landen, Portugal, Polen, Spanien und diese mit den nationalen Akteuren nungsträger für die kulturelle und besonders eindrucksvoll wird von den dungssysteme übertragen? Was kön- Österreich präsentierten zum einen dazu führen, sich gemeinsam stark zu ökonomische Entwicklung. Dabei stellt touristischen Besuchern die Einbet- nen wir gegebenenfalls voneinander Forsc hungsergebnisse zum Themen- machen für die Sicherung kultureller sich die Frage, inwiefern kulturelle Be- tung der künstlerischen Produktionen lernen? Und nicht zuletzt: Wie können cluster »Chancengleichheit und Teil- Bildungsangebote – wie auch immer dürfnisse der einheimischen Bevölke- in eine authentische Kulturlandschaft die Akteure über die Landesgrenzen habe mit dem Schwerpunkt Diversität«, diese im Einzelnen aussehen mögen. rung kompatibel sind mit touristischen beschrieben und Bewunderung für die hinweg für eine Stärkung der kultu- sowie zum anderen zu den »Koopera- Ihre Legitimität, das Recht auf kultu- Interessen an kulturellen Angeboten. Inszenierungsleistungen der soziokultu- rellen Bildung eintreten? tionsmöglichkeiten zwischen Schulen relle Teilhabe, muss bisweilen immer Erstmalig wurden im Rahmen einer rellen Akteure geäußert, darunter viele Vorausgegangen war dem Exper- und außerschulischen Partnern«. wieder unter Beweis gestellt werden. Studie für die Region des südlichen Nie- Laien und Bewohner. Insgesamt wurde tentreff en in Genshagen am Vortag die Wenngleich sich die jeweiligen na- Mit der Gründung des »ENO« und der dersachsens insgesamt . sowohl die empfundene Nähe zu den kulturellen Gründung des »European Network of tionalen Rahmenbedingungen auf die Auftakttagung in Genshagen ist hierfür Einheimische wie Touristen im Kontext Inszenierungen und einheimischen Ak- Observatories in the fi eld of Arts and Bildungssysteme und somit auch auf in jedem Fall eine wichtige Grundlage von Kulturbesuchen dazu befragt, wie teuren als positiv hervorgehoben. Cultural Education«, kurz »ENO«, ein die kulturellen Bildungsangebote der geschaff en worden. Zu fragen bleibt, sie diese jeweils wahrnehmen, welche In einer internationalen Studie der Zusammenschluss von Forschungs- einzelnen Länder auswirken und sich wie sich die Beteiligung weiterer euro- Art von kultureller Rezeption für sie at- OECD wird der Trend vom Kultur- zum und Ausbildungseinrichtungen aus die Forschungsansätze und -metho- päischer Staaten auf die Diskussionen traktiv ist, welche kulturellen Angebote Kreativtourismus prognostiziert, der Portugal, Spanien, Frankreich, Dä- den mitunter deutlich voneinander des Forschungsnetzwerkes auswirken sie im Alltag und welche auf Reisen in darin bestehe, lokale Kulturinitiativen nemark, Großbritannien, Österreich, unterscheiden, im Ergebnis lassen sich würde, insbesondere solcher, in denen Anspruch nehmen und wie sich die kul- und Kreativunternehmen einer Region Polen, Belgien (Flandern), Ungarn, zahlreiche Schnittmengen und ähn- die kulturelle Bildung nicht annähernd turelle Begegnung von Einheimischen in die Entwicklung partizipativer kul- Deutschland und den Niederlanden, liche Herausforderungen feststellen. den gleichen kulturpolitischen Stel- und touristischen Besuchern auswirkt. turtouristischer Angebote einzubinden, das sich zum Ziel gesetzt hat, einen Nahezu alle Expertinnen und Experten lenwert genießt wie beispielsweise in Befragt wurden  Bewohner und vor allem in Form solcher Angebote, die dauerhaften Austausch zu etablieren bestätigen den Zusammenhang zwi- Deutschland. Touristen auf Straßentheaterfestivals persönliche Begegnungen zwischen sowie gemeinsame Forschungen im schen dem sozialen Hintergrund eines in den Kleinstädten Detmold und touristischen und einheimischen Be- Bereich der kulturellen Bildung an- Menschen und seinen Möglichkeiten, Carolin Ries ist Mitarbeiterin des Holzminden sowie  Gäste und suchern ermöglichen (OECD ). So zuregen. Angestrebt wird zunächst an rezeptiven wie aktiven Angeboten Deutschen Kulturrates über  Akteure des soziokulturellen gibt es Angebote lokaler Kunstzentren Theaterprojekts »Heersumer Land- und Künstler in Kooperation mit Gas- schaftstheater«.  Besucher von tronomen, in denen zusammen Kul- touristisch vermarkteten niedersäch- tur erlebt, gekocht, und gegessen wird sischen Schlössern gaben zudem Hin- (OECD : ). Durch »kollaborati- wdr3.de weise darauf, wie die regionale Identität ve Konsumption« von Touristen und und touristischen Besuchsvorgänge im Bewohnern sollen die Tourismus- wie historischen Erbe – der touristisch am die Kreativwirtschaft und das lokale stärksten besuchten kulturellen Sparte Kulturleben gefördert werden. – ineinander spielen. Die im Rahmen des niedersächsi- Für die Zielgruppe der touristischen schen Kulturtourismus gesammelten wdr 3 Konzertplayer Besucher wurde bereits in zwei voran- Befragungsergebnisse machen deutlich, gegangenen Studien deutlich, dass der dass Begegnungen mit Einheimischen, touristische Kontext die Chance bietet, lokal Authentischem und situativ Be- auch solche Menschen für Kunst und sonderem für viele Touristen ein zen- Konzerte hören, wo Kultur zu interessieren, die in ihrem trales Interesse ihrer touristischen Alltag keine kulturellen Angebote wie Erkundungen fern der Großstädte etwa Museen, Theater oder Konzerte bilden. Touristen nehmen bewusst und wann Sie wollen! nutzen (Mandel , Pröbstle ). wahr, Teilhabende in der Gestaltung Die Studie bestätigte das Ergebnis, der kulturellen und sozialen Welt der dass auch solche Touristen, die sich einheimischen Bevölkerung zu sein als Nicht-Kulturbesucher im Alltag be- und genau dies ist ein wichtiges Motiv zeichnen, v. a. Menschen mit niedrigerem ihres Besuchs. Umgekehrt können sol- formalem Bildungsstand, während ihrer che touristisch attraktiven Angebote Reisen Stätten des historischen Erbes und produktiven Einfl uss auf die Vorstel- auch Open Air Theaterfestivals besuchen. lungen und Selbstbilder der Menschen Vergleicht man das Verhalten und ländlicher Heimatregionen nehmen. die Aussagen der einheimischen und Das Handlungsfeld Kulturtourismus der touristischen Nutzergruppen, wird bietet dadurch ein wichtiges Potenzial deutlich, dass mit dem Straßenthea- zur Gestaltung der Zukunftsfähigkeit terfestival und dem Landschaftsthea- ländlicher Regionen. terprojekt für beide Gruppen gleicher- Solche Kulturangebote zu identifi zie- maßen interessante, populäre Kultur- ren, zu fördern und mit Hilfe fachlicher angebote entwickelt wurden. Ressourcen der Kulturvermittlung so zu Für die Bewohnerschaft des länd- gestalten, dass sie für die lokalen wie lichen Raums ist festzustellen, dass touristischen Gäste im ländlichen Raum das Vorhandensein von touristisch ein gleichermaßen attraktiver Begeg- ausstrahlenden Kulturangeboten eine nungsraum sind, kann für zukünftige re- positive Identifi kation mit der eige- gionale Kulturentwicklungsplanungen nen Region befördert. Vor allem die ein Weg sein, kulturelle Identität in der jüngeren Altersgruppen unter den Be- Region zu stärken ebenso wie kulturell fragten sowie Neubürger beurteilten bereichernde Angebote für Touristen das Straßentheaterfestival als sehr zu schaff en. positiv und nachhaltig in Hinblick auf ihr Lebensgefühl in der Region. Kul- Katja Drews ist Kulturreferentin des turelle Ereignisse mit überregionaler Landkreises Holzminden und hat einen Ausstrahlung, die auch für auswärtige Lehrauftrag an der Hochschule für Jetzt informieren Besucher attraktiv sind, tragen dazu bei, Angewandte Wissenschaft und Kunst den eigenen Heimatort als eine vitale Hildesheim. Birgit Mandel ist Pro- Kulturstätte auf Zeit zu erleben. fessorin für Kulturmanagement und Über  Prozent der Touristen wurden Kulturvermittlung an der Universität von Bewohnern zum Besuch motiviert, Hildesheim 14 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Der Herzschlag von Gemeinschaft Der gemeinsame Weg der Konfessionen zu Luther 

HEINRICH BEDFORDSTROHM nach Luther stellt sich die Frage nach Gott in unserer Zeit ähnlich radikal. o halten wir nun dafür, daß der War es früher die brennende Frage, wie Mensch gerecht wird ohne des bekomme ich einen gnädigen Gott, so S Gesetzes Werke, allein durch den steht heute ebenso grundsätzlich zur Glauben.« Dieser Satz des Paulus aus Debatte: Ist der Gott meiner Eltern und seinem Brief an die Gemeinde in Rom Großeltern für mein Leben relevant?

FOTO: UNA.KNIPSOLINA / PHOTOCASE.COM / UNA.KNIPSOLINA FOTO: hat immer wieder Geschichte geschrie- Ein großes ökumenisches Christusfest Der Berliner Dom, die größte Kirche , versteht sich als ein zentraler Ort der evangelischen Kirche in Deutschland ben. Und ganz besonders vor  Jahren,  setzt hier ein klares Zeichen und als er für Martin Luther die Grundlage stiftet Gemeinschaft im Kreis all jener seiner Forderung nach einer Reform Menschen, die fest an die Relevanz der der Kirche an Haupt und Gliedern war. Nicht die Bußleistungen gegenüber der Gelebte Offenheit Kirche sollten die Grundlage für die tie- fe Gewissheit des Heils sein. Nicht Ab- Die Kirchen sind Martin Luther und Sebastian Haff ner sprach von den drei schlag einer historischen Ausstellung, lässe oder buchhalterisch festgehaltene füreinander und nicht Berlin Gleichgültigkeiten Preußens, welche dass es weiterwirkt? Müssen wir nicht gute Werke, nicht das hinreichend hohe gegeneinander da nicht nach Konfessionen, Nationen erkennen, dass nicht nur die Spaltung moralische Punktekonto bei Gott. Son- oder dem sozialen Rang unterschieden, Deutschlands, sondern auch ihre an- dern allein die Beziehung zu Christus. MICHAEL MÜLLER sondern in erster Linie die Leistungs- dauernde Unüberwindbarkeit mit dem Allein dieses tiefe Gefühl in der Seele, bereitschaft und -fähigkeit des Ein- Fortwirken der europäischen Erfah- dass Christus bei mir ist, dass Chris- Frage nach Gott für unsere Zeit glauben. uther kam nie bis nach Ber- zelnen beachteten. Seine Untertanen rung Preußens zusammenhängt? In tus mich liebt, dass Christus für mich Also von Menschen, die davon über- lin. Während sein Gegner durften katholisch, protestantisch, Berlin sind, mehr als anderswo, die einsteht, wo ich für mich selbst nicht zeugt sind: Diese Welt braucht uns als Johann Tetzel noch im April lutherisch, calvinistisch, mosaisch Spuren Preußens im Positiven wie im mehr einstehen kann. Diesen Gedan- Christen. Denn die Welt braucht Men- L , wenige Monate vor dem oder, wenn sie wollten, auch moham- Negativen sinnlich erfahrbar.« ken hat der Theologe und Kirchenlied- schen, die ihre Angst überwinden und Anschlag der Thesen an die Wittenber- medanisch sein, konnten französischer, Heute –  Jahre nach dem Ende dichter Paul Gerhardt so zum Ausdruck beginnen, aus der Freiheit zu leben. Sie ger Schlosskirche, in der Residenzstadt polnischer, holländischer, schottischer des Zweiten Weltkriegs und  Jah- gebracht: »Nichts, nichts kann mich braucht Menschen, die Versöhnung stif- weilte, um seine Ablassbriefe zu ver- oder österreichischer Herkunft sein – re seit den Einheitsfeiern – ist Berlin verdammen, nichts nimmt mir meinen ten, weil sie selbst versöhnt sind und kaufen, war Martin Luther das Städt- sie alle wurden behandelt wie eingebo- eine Stadt der religiösen Vielfalt, in der Mut; die Höll und ihre Flammen löscht das auch spüren. Die vergeben können, chen an der Spree mit seinen kaum rene Preußen, wenn sie ihre Pfl ichten Menschen aus aller Welt mit oder auch meines Heilands Blut. Kein Urteil mich weil sie wissen, dass sie selbst nur aus . Einwohnern keine Reise wert. gegenüber dem Staat nur erfüllten. ohne Glauben friedlich miteinander erschrecket, kein Unheil mich betrübt, Vergebung leben können. Dies sind fes- Dennoch wäre Berlin ohne Luther Wenn wir  der -jährigen Ge- leben. Eine der wichtigsten Wegmar- weil mich mit Flügeln decket mein Hei- te ökumenische Überzeugungen, die nicht Berlin. So wie er und seine Lehre schichte der Reformation gedenken, ken für einen toleranten Umgang der land, der mich liebt.« das auf  Jahren Geschichte gegrün- das Wesen Preußens ganz maßgeb- wird man nicht umhinkommen, auch Bekenntnisse hat Friedrich II. gesetzt, Was Luther neu einschärfen wollte, dete Fundament eines Christusfestes lich prägten, hat er auch den Charakter an die dunkelste Zeit der deutschen mit seinem berühmten Satz: »Ein jeder wurde damals als Weg zu Christus an der  ausmachen. Berlins und seiner Bewohner entschei- Geschichte zu erinnern, die Jahre der soll nach seiner Facon selig werden.« Kirche vorbei sowie als Entmachtung  Jahre Reformation lenken da- dend beeinfl usst, seit die Bürger von NS-Diktatur. Hitler ernannte Luther Er ging noch einen Schritt weiter: der Kirche verstanden. Was im . Jahr- mit den Blick auf die unverfügbaren Berlin und Cölln im Februar  die schon früh zum »größten deutschen »Und wenn Türken und Heiden kämen hundert zu kirchenspaltendem Streit Ressourcen unserer modernen Gesell- Räte ihrer Städte beauftragten, den Genie« und nahm ihn zum Kronzeugen und wollten das Land bevölkern, so geführt hat, das können wir als evange- schaft – also all jener Grundlagen, die Kurfürsten Joachim II. Hektor um Er- für seinen Antisemitismus. Und ohne wollen wir ihnen Moscheen lische und katholische Chris- eben nicht ohne Weiteres zu ersetzen laubnis zu bitten, das Abendmahl zu die preußischen Tugenden wie Dis- und Kirchen bauen.« tinnen und Christen heute sind. Und es sind insbesondere die Re- Ostern nach protestantischem Ritus ziplin, Loyalität und Effi zienz wären Der saloppe Satz Fried- längst gemeinsam sagen. Es ligionen, die in besonderer Weise kol- empfangen zu dürfen. Am . Novem- die nationalsozialistischen Verbre- richs findet im heutigen hat seine kirchentrennende lektive Erinnerungen und Erfahrungen ber  besuchte der Kurfürst in der chen nicht denkbar gewesen. Dennoch Berlin täglich seine aktu- Bedeutung verloren. Chris- über viele Generationen hinweg sichern Spandauer St. Nikolai-Kirche selbst blieb der totalitäre Machtanspruch des elle Bestätigung. Bei mehr tinnen und Christen haben und so wertvolle gesellschaftliche Bin- den Gottesdienst. Mit dieser demons- Nationalsozialismus den Vertretern als , Millionen Menschen im gemeinsamen ökumeni- dungsressourcen erhalten. Die sozial- trativen Geste des Landesherrn galt Preußens eher fremd, der Widerstand aus mehr als  Nationen, schen Gespräch der letzten philosophische Refl exion kommt vor Brandenburg mit den damals noch gegen Hitler kam gerade aus alteinge- die in unserer Stadt leben, Jahrzehnte den Blick auf den dem Hintergrund dieses Sachverhaltes eigenständigen Städten Berlin und sessenen preußischen Familien. Ver- braucht es tatsächlich ein uns verbindenden Auftrag zu bemerkenswerten Schlüssen. So hält Spandau als Land der lutherischen gleichsweise lange, wenn auch letzt- großes Angebot an Mo- Mit dieser Kolumne freigearbeitet: »damit sie Jürgen Habermas fest: »Säkularisierte Kirchenerneuerung. endlich erfolglos, widerstand die den scheen und Kirchen unter- begleiten wir das alle eins seien« (Joh , ). Bürger dürfen, soweit sie in ihrer Rolle Man muss nur den Namen eines Staat Preußen regierende sogenannte schiedlicher Bekenntnisse. Reformationsjubiläum. Es ist vor diesem Hin- als Staatsbürger auftreten, weder reli- Mannes nennen, des Pfarrers und Kir- Weimarer Koalition aus SPD und Zen- Die Lange Nacht der Reli- tergrund erfreulich und giösen Weltbildern grundsätzlich ein chenlieddichters Paul Gerhardt, um trum Hitlers Machtanspruch. Auch die gionen in Berlin zeigt Jahr für Jahr die folgerichtig zugleich, wenn sich evan- Wahrheitspotential absprechen, noch das ganze Ausmaß protestantischer Wahlergebnisse waren bei den letzten Vielfalt religiösen Lebens in Berlin und gelische und katholische Christen in den gläubigen Mitbürgern das Recht Prägung zu ermessen, das Preußen freien Wahlen für die Nationalsozia- widerlegt so eindrucksvoll die These Deutschland zusammen auf den Weg bestreiten, in religiöser Sprache Bei- und mit ihm Berlin im Zeitalter des listen in Preußen weitaus ungünstiger eines früheren Berliner Bischofs, wo- machen, um das Jahr  als gemeinsa- träge zu öff entlichen Diskussionen zu Dreißigjährigen Krieges erfasste. Seine als in anderen Teilen des Reiches, vor nach unsere Stadt »gottlos« sei. Die mes Christusfest zu begehen. Bereits im machen. Eine liberale politische Kultur Lieder, vertont von Komponisten wie allem in den katholischen Gebieten Lange Nacht unterstreicht vielmehr Sommer  kam der prominent be- kann sogar von den säkularisierten Bür- Johannes Crüger oder Johann Sebas- Preußens und in Berlin fi elen sie weit die Ansicht von Benedikt XVI., wonach setzte Ökumenische Arbeitskreis evan- gern erwarten, dass sie sich an Anstren- tian Bach, haben Generationen ge- unterdurchschnittlich aus. es so viele Wege zu Gott gibt, wie es gelischer und katholischer Theologen gungen beteiligen, relevante Beiträge formt und damit auch wesentlich Berlins damals Regierender Bürger- Menschen gibt. Damit lässt sich üb- (ÖAK) zu dem Ergebnis: »Ökumene hat aus der religiösen in eine öff entlich Berlin und Preußen. meister Dietrich Stobbe schrieb  rigens auch wieder eine Brücke zu nicht nur mit Texten zu tun, sondern zugängliche Sprache zu übersetzen.« im Katalog zur inzwischen legendären Luther schlagen, den Zeit seines Le- auch mit der gegenwärtigen Praxis. […] Für den Soziologen Hans Joas ist hier Preußen-Ausstellung: »Welcher Teu- bens die Gottsuche beschäftigt hat. Sie Die Besinnung auf die Reformation »ein eloquentes Plädoyer an die säku- fel mich denn geritten habe, gerade in liefert gleichsam den Grundton allen stärkt die Ökumene und die ökume- lare Seite« formuliert, »den täglichen Luther war selbst nie der Vier-Mächte-Stadt Berlin Preußen lutherischen Denkens und ermög- nische Theologie. Sie macht deutlich: Übersetzungsleistungen der Gläubigen in Berlin, hat aber den wieder aktuell machen zu wollen? So licht auch dem heutigen Menschen, Die Kirchen sind füreinander und nicht mehr entgegenzukommen.« Das breite haben viele kritisch gefragt, als mein sich ganz individuell einem Gott zu gegeneinander da. Jede Kirche gewinnt Engagement von Kirchen, Ländern und Charakter der Stadt Vorschlag vom Juni , eine Preußen- nähern, der sich jedem einzelnen von an Profi l nicht gegen die anderen Kir- Bund für das Reformationsjubiläum so- und ihrer Bewohner Ausstellung in Berlin veranstalten zu uns stets anders zeigt. Dies macht je- chen, sondern im Miteinander mit ih- wie die weit fortgeschrittenen Planun- entscheidend geprägt lassen, eine Woge von Zustimmung dem ein christliches Bekenntnis mög- nen.« Ende Juni  nun haben die gen der Länder für einen einmaligen auslöste. War das nicht der Beifall lich, unabhängig davon, ob er eifriger Deutsche Bischofskonferenz und die Sonderfeiertag am .. haben hier von der falschen Seite? Hatte ich Beter oder regelmäßiger Kirchgänger Evangelische Kirche in Deutschland ihren tieferen Sinn. denn ein Preußen-Revival im Sinn? ist, oder nicht. Luthers Gottsuche ist den Planungsstand zu konkreten ge-  Jahre Reformation sind eine In vielem war dieses Preußen seiner Ein »spätes Gloria« für den unterge- also ein Zugang zur bunten Welt des meinsamen Aktivitäten  und  Einladung, auf den Herzschlag von Zeit voraus; galt lange als modernstes gangenen Staat? Oder einen »Griff in Christentums. öff entlich gemacht. Wir hoff en, dass Gemeinschaft zu horchen. Und dies Staatswesen in Europa. Nicht zuletzt die Geschichte« nach den berühmten Mit dem Kirchentag  in Berlin überall im Land viele evangelische und erstmals in Deutschland unter den Be- der Calvinismus als Hof- und Beam- preußischen Tugenden? Und war ich und Wittenberg ehren wir das Werk katholische Gemeinden ihren Teil dazu dingungen eines freiheitlichen Rechts- tenreligion und später auch der Pietis- womöglich blind gegenüber dem Be- des großen Reformators Martin Luther, beitragen,  zu einem großen Glau- staates, in dem die Wahl von Religion mus als staatstragende Mentalität der fremden, das ein solcher Vorschlag ohne das der Lauf der Geschichte un- bensfest werden zu lassen und wir so, und Konfession Ausdruck individueller preußischen Eliten sorgten für diese anrichten konnte, im Westen wie im serer Stadt eine ganz andere Bahn ein- wie es Reinhard Kardinal Marx auf den Freiheit und nicht gesellschaftlicher Fortschrittlichkeit, die von einer von Osten? [...] Preußen ist alles andere als geschlagen hätte. Er hat das Werden Punkt gebracht hat, »der vollen sichtba- Konventionen ist. Auf diesem Weg er- der Staatsräson bestimmten, pragma- tot. Gewiss, der Staat Preußen existiert Berlins von einer kleinen Residenz- ren Einheit der Kirche näher kommen«. öff net  eine Perspektive, in der aus tisch orientierten, toleranten Religi- nicht mehr – er begann unterzugehen, stadt zu einer Millionenmetropole ent- Das gemeinsame Christusfest ver- Erinnerung echte Teilhabe werden kann. ons- und Einwanderungspolitik er- als der Nationalstaat Deutsches Reich scheidend beeinfl usst, den Charakter bindet  Millionen Menschen in gänzt wurde. Diese Aufgeschlossenheit gegründet wurde; der pervertierte Na- seiner Bewohner geprägt und ihren Deutschland mit einer Gemeinschaft Heinrich Bedford-Strohm ist Landes- und Off enheit gegenüber dem Neuen tionalismus Hitlers hat ihm endgültig Geist verändert. von über  Milliarden Christinnen und bischof der Evangelisch-Lutherischen und dem Fremden gehörte zu Preu- den Garaus gemacht. Aber das Erbe Christen weltweit.  bietet uns die Kirche in Bayern und seit  ßens großen Stärken und bestimmt Preußens? Zeigt nicht die unsichere Michael Müller ist Regierender Gelegenheit, der Kraft von Religion in Ratsvorsitzender der Evangelischen bis heute den Charakter Berlins. und hektische Reaktion auf den Vor- Bürgermeister von Berlin Europa neu nachzuspüren.  Jahre Kirche in Deutschland Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  KULTURELLES LEBEN 15

Mit der Roten Liste bedrohter Kultureinrichtungen, einer Analogie zu den GEFÄHRDUNGSKATEGORIEN bekannten »Roten Listen« bedrohter Tier- und Pfl anzenfamilien, werden in jeder Ausgabe gefährdete Kulturinstitutionen, -vereine und -programme Kategorie  Gefährdung aufgehoben/ungefährdet Die vorgestellt. Ziel ist es, auf den Wert einzelner Theater, Museen oder Orches- ter, seien sie Teil einer Kommune oder einer Großstadt, hinzuweisen. Oft Kategorie  Vorwarnliste wird die Bedeutung einer kulturellen Einrichtung den Nutzern erst durch deren Bedrohung deutlich. Erst wenn Empörung und schließlich Protest Kategorie  gefährdet über mögliche Einschnitte oder gar eine Insolvenz entstehen, wird den Verantwortlichen bewusst, wie stark das Museum, Theater oder Orchester Kategorie  von Schließung bedroht Rote mit der Struktur und der Identität des Ortes verbunden ist. Diesen Bewusstseinsprozess gilt es anzuregen. Politik & Kultur stellt dazu Kategorie  geschlossen die Arbeit einzelner Einrichtungen vor und teilt sie ein in Gefährdungs- kategorien von  bis . Ob und welche Veränderungen für die vorgestell- Benachrichtigen Sie uns über die Lage Ihnen bekannter Kultureinrich- ten Einrichtungen eintreten, darüber werden wir Sie fortlaufend infor- tungen! Senden Sie uns dazu Ihre Vorschläge an info@politikundkultur. Liste mieren. net.

DIE WIESENBURG E. V., BERLIN BURGHOFBÜHNE DINSLAKEN, NRW BISHER VORGESTELLTE • Gründung: .. • Gründung:  GEFÄHRDETE • Tätigkeitsfeld: Kultur-, Sozial- und außerschulische Begegnungsstätte • Tätigkeitsfeld: Theater INSTITUTIONEN • Finanzierung: Eigenmittel, Gelder u. a. des Quartiersmanagements • Finanzierung: Land Nordrhein-Westfalen, Kreis Wesel, die Stadt Dinslaken, Institution, Aktuelle Pankstraße, EU-Fördergelder Eigenerlöse Bundesland Gefährdung • Homepage: www.diewiesenburg.de • Homepage: www.burghofbuehne-dinslaken.de ( ) = bei Erst------aufnahme Belgisches Haus, Köln, NRW  () Deutsches Museum, Bonn,  () NRW Phonet. Sammlung der Martin-Luther- Univ. Wittenberg,  () S.-Anhalt. Kultursendungen des Bayerischen  () Rundfunks, Bayern KDH-Hallen/ FOTO: MARTIN BÜTTNER MARTIN FOTO: FOTO: WIESENBURG E.V. WIESENBURG FOTO: Maschinenfabrik  Humboldt, Köln-  ()  Kalk, NRW In den vergangenen Jahren entwickelte Bausubstanz des denkmalgeschützten Seit über  Jahren leistet das kleinste Wesel seine Mitgliedsbeiträge ab Januar sich die Wiesenburg im Berliner Wed- Gebäudekomplexes genannt. NRW-Landestheater, die Burghofbühne  bis  auf  Prozent (. Singer-Songwriter- Wettb. »Trouba-  () ding zu einem Ort vielseitiger innovati- Die Mieter, darunter ein Tonstudio und Dinslaken, wichtige kulturelle Basisar- Euro). Die entstehende Finanzierungs- dour«, Berlin ver und prämierter Kultur, des nachhal- eine renommierte Tanzkompanie, zwei- beit und ist fester Bestandteil der nord- lücke von . Euro wird zu  Pro- tigen Handwerks und zu einem außer- feln die Einschätzung der DEGEWO zur rhein-westfälischen Kulturlandschaft. zent durch Einsparungen des Theaters Stadttheater Cöpenick, Berlin-  () schulischen Begegnungs- und Lehrort baustatischen Sachlage, basierend auf Gemäß dem kulturpolitischen Auftrag selbst kompensiert. Köpenick für Schüler des Kiezes. Seit Mai dieses bereits erstellten Expertisen und ihren als Landestheater spielt die Burghof- Die Stadt Dinslaken hat in Aussicht ge- Int. Studiengang Jahres wird das über . qm große jahrzehntelangen Maßnahmen zur In- bühne ihre Produktionen überwiegend stellt, die verbleibenden  Prozent zu- Journalistik, Hoch-  () Gelände von der DEGEWO verwaltet, das standhaltung, an. Ob die Mieter nach im Gastspielbetrieb. sätzlich zu ihrem aktuellen Mitglieds- schule Bremen im November alle Künstler und Gewer- einer Sanierung zurückkehren können, Ein besonderer Fokus liegt auf Thea- beitrag zu übernehmen. Hierüber liegt Bachfestival beschaff ende der Wiesenburg, die sich wird von der DEGEWO nicht zugesagt terarbeit für Kinder- und Jugendliche. allerdings noch kein rechtsverbindli- Arnstadt, Thür.  () als »Wiesenburg e. V.« zusammenge- und somit ist die Zukunft eines bedeu- Stolze  Prozent seines Gesamtetats cher Beschluss der Stadt Dinslaken vor, Institut für schlossen haben, auff orderte, das Gelän- tenden Ortes für den sozialen und kul- von , Millionen Euro erwirtschaftet sodass die langfristige Finanzierung Bildung, Medien  () de mit sofortiger Wirkung zu verlassen. turellen Austausch, weit über die Gren- das Theater selbst. Laut aktuellem nach wie vor nicht gesichert ist. und Kunst Lage-Hörste, NRW Als Grund werden schwere Mängel an der zen des Kiezes hinaus in großer Gefahr. Kreistagsbeschluss reduziert der Kreis Bibliothek am Berliner Platz,  () Erfurt, Thüringen Theater- und INTERNATIONALES KERAMIKMUSEUM, KUNST UND KULTURCAFÉ AM CAMPUS, Orchester GmbH WEIDEN, BAYERN ESSEN, NRW Neubrandenburg/  () Neustrelitz • Gründung:  • Gründung:  Schulmuseum  () • Tätigkeitsfeld: Museum • Tätigkeitsfeld: Kunst- und Kulturcafé Bochum, NRW • Finanzierung: Träger: Stadt Weiden • Finanzierung: Eigenmittel des Studierendenwerks Saalorgel im • Homepage: www.die-neue-sammlung.de/weiden • Homepage: wwww.kkcessen.de Kurhaus Wies-  () ------baden, Hessen Akku-Arbeitskreis Kultur, Rhede,  () NRW Neue Philhar- monie Westfalen, Recklinghausen,  () NRW Theater Morgen- stern, Berlin  ()

Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Sachsen-  () Anhalt Theater Plauen- Zwickau, S.-Anh.  () FOTO: RAINER VIERTLBÖCK RAINER FOTO: FOTO:STUDIERENDENWERK ESSENDUISBURG FOTO:STUDIERENDENWERK Museum für   Regionalgeschich-  () te, Pönitz, SH Im Internationalen Keramik-Museum Stadt Weiden gesetzt, dem Träger des Das Kunst- und Kulturcafé (KKC) auf der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) Weiden sind seit seiner Gründung vor  Museums, sieht sich das Internationale dem Campus Essen der Uni Duisburg- des Landes Nordrhein-Westfalen als Die vollständige Liste fi nden Sie unter Jahren Exponate aus acht Jahrtausen- Keramik-Museum als Zweigmuseum der Essen (UDE) ist ein gastronomischer Eigentümer. Im September  fasste www.kulturrat.de/rote-liste-kultur den zu sehen, darunter Ausstellungs- Neuen Sammlung von einer Schließung und kultureller Treff punkt für die Stu- das Studierendenwerk aufgrund der er- objekte aus verschiedenen bayerischen bedroht. Der Förderverein »Die Kerami- dierenden. Im Jahr  erstritten die heblichen Mängel im Brandschutz- und Staatsmuseen wie der archäologischen schen« arbeitet bereits an einem neuen Studierenden das Kulturcafé und nut- Hygienebereich den Entschluss, dass Staatssammlung, der Staatlichen An- Konzept, das der Schließung entgegen- zen es seither als Cafeteria und Veran- das KKC im aktuellen Wintersemester tikensammlung, dem Museum »Fünf wirken und den Fortgang des Museums staltungsort kultureller Events. In den / vorläufi g geschlossen bleibt. Der Kontinente« und der Neuen Samm- sichern soll. letzten zehn Jahren wurden des Öfteren BLB hat bereits über  Millionen Euro lung in München. Seit  ist auch die unklaren Nutzungsrechte und die in die Sanierung der Universität inves- eine Schenkung der Unternehmer- Sanierungsrückstände thematisiert. Die tiert und habe keine weiteren Gelder familie Seltmann aus Weiden ausge- verhandelnden Akteure sind einerseits zur Verfügung. Dennoch bemühen sich stellt: chinesisches Porzellan aus der das Studierendenwerk Essen-Duisburg beide Seiten um eine Wiedereröff nung Qing-Dynastie. Auf die Sparliste der als Betreiber des KKC und andererseits des Cafés. 16 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Kultur im Brennpunkt Der SPD-Politiker Thorsten Schäfer-Gümbel im Porträt

ANDREAS KOLB gut, da ich dort aufgewachsen bin. Im Am . September  wurde Schäfer- Kulturforums steht, ist ein Signal. Der konnte Schäfer-Gümbel im Dezember, Rahmen der Gemeinwesenarbeit haben Gümbel zum Vorsitzenden des Kultur- Kulturbetrieb verändert sich permanent, als die aktuelle Ausgabe der »Politik & it  ist Thorsten Schäfer- wir damals Kulturprojekte implemen- forums der SPD ernannt.  von Willy deshalb muss sich eine Organisation Kultur« entstand, nur sagen, dass der Gümbel in die SPD einge- tiert. Es ging um elementare Dinge, Brandt und gegründet, ge- wie das Kulturforum auch auf neue He- Vorstand verjüngt werden und um einen treten, die Leidenschaft wie die Frage von Körpererfahrung, leitet bis  von Gerhard Schröder rausforderungen einstellen. Das Kultur- Beirat um Künstlerinnen und Künstler M für die Politik war ihm Toleranz, Respekt und gegenseitiges und seither vom ehemaligen Bundes- forum, sagt Schäfer-Gümbel, befi nde ergänzt werden soll: »Wir wollen auch aber bereits in die Wiege gelegt wor- Kennenlernen. Diese Projekte wurden tagspräsidenten Wolfgang Thierse, ist sich in einer Transformationsphase: Leute mitnehmen, die nicht parteilich den. Sein Großvater war viele Jahre durch die Landesarbeitsgemeinschaft das Kulturforum von Anfang an Aus- »Wir wollen neue Akzente setzen und gebunden sind, um den Themen , die SPD-Mitglied und ein glühender Ver- Soziale Brennpunkte stark unterstützt, druck dafür, wie hoch die Stellung der eine größere politische Schlagkraft er- uns in nächsten Jahren beschäftigen, ehrer Willy Brandts, sein Vater hielt es die eine eigene Kultursparte besitzt. Kultur in der SPD angesiedelt ist. Dass langen. Dazu müssen wir als Kulturpo- gerecht zu werden.« eher mit der Realpolitik eines Helmut Kulturelle Bildung war in dieser stadt- Schäfer-Gümbel, der nach eigenen Wor- litiker auch innerhalb der SPD wieder Für die nächsten Monate und Jahre Schmidt. Schäfer-Gümbel wuchs in ei- teilbezogenen Arbeit enorm wichtig ten »einen zweij ährigen Vorbereitungs- mehr miteinander reden und gemein- sieht Schäfer-Gümbel zwei große kul- nem sozialdemokratischen Milieu par und ist für mich bis heute ein großes dienst« als Vize von Wolfgang Thierse same Konzepte formulieren. Hier sehe turpolitische Herausforderungen: Zum excellence auf und die leidenschaftli- Thema geblieben.« absolviert hat, jetzt an der Spitze des ich meine Aufgabe.« Zu Personalfragen einen die Digitalisierung mit all den chen Debatten der Erwachsenen, an Fragen, die damit zusammenhängen. denen er bald selber teilnahm, waren Von der monopolistischen Marktmacht seine ersten Rhetorik-Lektionen. Da- eines Onlinehändlers wie Amazon mals lernte er, mit Argumenten zu bis zur neuen Niederschwelligkeit überzeugen, der homo politicus Schä- der Kulturproduktion. »Während wir fer-Gümbel war geboren. Heute ist er mit Hilmar Hoff mann ‚Kultur für alle‘ stellvertretender SPD-Parteivorsitzen- diskutiert haben, also welche Infra- der, Landes- und Fraktionsvorsitzender struktur bauen wir für die Teilhabe der SPD-Hessen und Vorsitzender des aller Menschen, haben wir es heute Kulturforums der Sozialdemokratie. durch die Digitalisierung mit einer ver- Mitte der er beteiligte sich änderten Anbieterseite zu tun.« Als Schäfer-Gümbel an Schulprotesten Mitglied der Partei der Arbeit sind für gegen die hessische Bildungspolitik Schäfer-Gümbel die teils problemati- und wollte Mitglied der Gewerkschaft schen Arbeits- und Lebensbedingen Erziehung und Wissenschaft werden. in der freien Kunst- und Musikszene Da die GEW keine Schüler aufnahm, ein weiteres zentrales Arbeitsfeld fürs entschied er sich für die Parteiarbeit: Kulturforum. »Ich gehe in den zweiten Arm der Ar- Fragt man Thorsten Schäfer-Güm- beiterbewegung, die SPD. Die Gießener bel, wo man den Vorsitzenden des Nordstadt war damals ein »Stadtteil SPD-Kulturforums am ehesten treff en mit Entwicklungsbedarf«, wie das könnte: Bei einem Stadtteilprojekt mit heute heißt. Früher hätte man Brenn- Kindern mit Migrationshintergrund, in punktstadtteil gesagt. Ich hatte einen der Philharmonie oder im Buchladen? Ortsvereinsvorsitzenden, der sehr en- Dann glaubt man ihm, wenn er sagt: gagiert war und uns alle zur Mitarbeit »Sie werden mich an all diesen Orten motivierte, so bin ich dabei geblieben.« OTOTHEK.NET/VORWÄRTS fi nden. Was mich aber besonders inter- Manche beeindruckende Karriere essiert, ist die Kulturelle Bildung in Zu- beginnt anders als geplant. So auch die sammenhang mit der Flüchtlings- und von Thorsten Schäfer-Gümbel. Nach Integrationsfrage. Das sind heute die dem Abitur nahm er das Studium der Fragen, die sich sowohl an die Hoch- als Agrarwissenschaft an der Justus-Liebig- auch an die Soziokultur richten. Mein Universität in Gießen auf. Sein Ziel war Musik- und Kunstgeschmack ist nicht es, auf direktem Weg in die Entwick- in Schubladen zu packen.«

lungshilfe zu gehen. Die Folgen einer GOTTSCHALK/PH MICHAEL FOTO: beidseitigen Netzhautablösung verhin- Thorsten Schäfer-Gümbel (re.) auf der Buchmesse  beim Vorwärts Stand in der Diskussion mit Colin Crouch und Andreas Kolb ist Redakteur von derten dies und Schäfer-Gümbel muss- Katharina Gerlach Politik & Kultur te und wollte sich neu orientieren: Er landete beim Studienfach »Politik und öff entliches Recht« – das sollte sich als die perfekte Grundlage für seine beruf- liche Karriere und spätere politische Von Fassong- und Rundschnitt, Laufbahn herausstellen. In einem erweiterten Sinne ist Schä- fer-Gümbel seiner früheren Neigung vom nahen Mond und vom weit entfernten Brocken sogar treu geblieben. Als frischgeba- Erinnerungen an die er und er Jahre ckener Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie ist aus dem ehe- GEORG RUPPELT Entgegennahme eines Donnerwet- mit den Worten: »Das ist ein kleiner die Ermordung Kennedys (eigentlich maligen Agrarwissenschaftler quasi ein ters zum Friseur zurückgeschickt, auf Schritt für einen Menschen, aber ein hatten wir abends mit zwei amerika- kulturpolitischer Landschaftspfl eger unächst eine Warnung an alle dass dieser den Rundschnitt in einen großer für die Menschheit.« Ihm folg- nischen Austauschschülerinnen eine geworden, denn das lateinische cul- seriösen Leser dieser seriösen »Fassong-(Facon-)Schnitt« umwandle. te Edwin Aldrin. Michael Collins, der »Fête« feiern wollen) und der Fall der tura für »Bearbeitung, Pfl ege, Acker- Z Zeitung, also an alle Leser: Dies (Liebe junge Leser, schlagt diese Frisu- dritte vom »Apollo «-Unternehmen, Mauer (der Autor lümmelte vor dem bau« bezeichnet alles, was der Mensch ist kein objektiver Beitrag zur Ge- ren bitte bei Wikipedia nach!) blieb im Mutterschiff . Fernseher und traute seinen Ohren selbst gestaltend hervorbringt. Zu den schichte der er und er Jahre des . Hauptgesprächsstoff war damals in Aha, jetzt erinnern Sie sich: Sie sa- nicht). Kulturleistungen des Menschen zählen Jahrhunderts. Über deren Geschichte seiner Verwandtschaft und Bekannt- ßen vor dem Fernseher und verfolgten neben Wirtschaft, Wissenschaft und ist übrigens bis März  eine anre- schaft ein(e) »Twen«, die heiraten gespannt … Technik auch die Künste, die Sprache gende Ausstellung im Museum Schloss »musste«, also – Skandal, Skandal! – Es ist dieses eines jener Daten, in »Wissen Sie noch, was und die Religion. Wolfenbüttel zu sehen. Also noch ein- schon unübersehbar »etwas Kleines denen weltbewegende Ereignisse und Sie in der Nacht vom Nach dem Abschlussexamen schlug mal: Dieser Beitrag ist nicht seriös, da- unter dem Herzen« trug. (Welcher Idi- die eigene kleine Individualgeschich- Schäfer-Gümbel zunächst eine Laufbahn für aber in ganz außerordentlichem ot hat sich nur den dämlichen Spruch te ineinander fl ießen. In denen Bilder . auf den . Juli  in der Sozial- und Kommunalpolitik ein. Maße subjektiv! Die Warnung gilt be- »Früher war alles besser« einfallen oder auch Gehörtes aus der großen, gemacht haben?« Nach zwei Jahren Tätigkeit am Institut sonders Studenten historischer Fächer: lassen?) weiten und scheinbar fernen Welt im für Politikwissenschaft an der JLU Gie- Dieser Beitrag ist voll-krass-subjektiv! Eine weitere Erinnerung ist, dass eigenen Gedächtnis unmittelbar aktiv ßen wurde er Referent des Sozial- und Ukko, der fi nnische Donnergott, möge die Anfang der er off enbar für die werden. Dabei ist freilich nicht auszu- Viele dieser Bilder im Kopf haben Jugenddezernenten der Stadt Gießen verhüten, dass Lernende diesen Beitrag Ewigkeit gekauften kurzen Lederhosen schließen, oder es ist sogar ganz sicher, etwas mit der geteilten Nachkriegs- und später wissenschaftlicher Mitarbei- jemals in einer Examens-, Magister- für den nun bald Teenager werdenden dass das später tatsächlich Erinnerte welt zu tun. Jüngere können dies nicht ter des Gießener Oberbürgermeisters. oder Doktorarbeit zitieren! Autor (thirTEEN, you know) doch zu von Berichten und Bildern, welcher nachvollziehen – Gott sei Dank! Aber »Ich komme aus verschiedenen Wie subjektiv er in der Tat ist, zeigt eng und deshalb verschenkt wurden. Art auch immer, gefärbt oder verän- für die Generation + gehörte der Disziplinen des politischen Betriebs sich schon daran, dass der P&K-Au- Und diese Erinnerung noch, weil sie dert wurde. »Eiserne Vorhang« zur täglichen Rea- und bin daher kein klassischer Kul- tor versucht, sich an ein Jahr gegen in einer Kulturzeitung gedruckt wird: An das Piepsen des ersten Sput- lität. Die Welt hörte im Osten auf (und turpolitiker«, sagt Schäfer-Gümbel Ende der er zu erinnern.  in Der Verfasser begann damals mit dem nik erinnert sich der Autor noch sehr gewiss auch vice versa). Und das gilt über sich selbst und erinnert sich an Salzgitter geboren, fällt ihm manches zweiten Lesegang durch alle Karl-May- gut; und man konnte ihn auch sehen, nicht nur für den Brocken, den man seinen persönlichen Einstieg in die ein. Unter anderem etwa dies, dass Bände – den Bänden mit dem schönen wenn man nächtens vor die Tür trat. von Wolfenbüttel oder Salzgitter aus Vielfalt des Kulturbetriebs. »Eine mei- seine Eltern eine mit Brillantine (der und verheißungsvollen grün-goldenen Die Straßenbeleuchtung ließ damals gut sehen, aber nimmermehr erreichen ner spannendsten Erfahrungen in der Markenname ist vergessen) kunst- Einbänden. noch den Sternenhimmel erkennen. konnte. Zeit, bevor ich Berufspolitiker wurde, voll aufgebaute »Elvis-Tolle« (Elvis Nun eine Frage an die P&K-lesen- Auch an angstvolle Stunden vor machte ich als Büroleiter des Sozial-, Presley, you know) nur unter sittlich- den Senioren: Wissen Sie noch, was dem Radio daheim und vor dem Fern- Georg Ruppelt ist Literaturwissen- Jugend- und Schuldezernenten in Gie- moralischen Qualen akzeptierten. Als Sie in der Nacht vom . auf den . seher bei den Nachbarn erinnert sich schaftler und Historiker. Von  ßen – zuständig für das Projekt der so- der damals Zwölfjährige es bald darauf Juli  gemacht haben? Zur Erinne- der Autor: Kubakrise! Und der Jubel, bis  war er Leitender Bibliotheks- zialen Stadterneuerung in der Gießener wagte, mit einem »Rundschnitt« vom rung: Am . Juli, : MEZ, betrat Neil als es hieß: Die Schiff e drehen bei! direktor der Gottfried Wilhelm Leibniz Nordstadt. Ich kenne den Stadtteil ganz Friseur heimzukehren, wurde er nach Armstrong als erster Mensch den Mond Ähnlich im Gedächtnis verankert sind Bibliothek in Hannover Politik & Kultur | Nr.  /  | Januar — Februar  ORIGINAL + DIGITAL 17

Schriftliches Kulturgut Über die Bedeutung der Originale und deren Digitalisierung. Seiten  bis  FOTO: STAATSBIBLIOTHEK ZU BERLIN  PREUSSISCHER KULTURBESITZ / JÖRG F. MÜLLER F. JÖRG / KULTURBESITZ PREUSSISCHER  BERLIN ZU STAATSBIBLIOTHEK FOTO:

Zuerst Erhalt des Originals und dann seine Digitalisierung Schriftliches Kulturgut mehr als nur Träger von Information

OLAF ZIMEMRMANN von viel Ironie und augenzwinkernder So beim Brand in der Anna Amalia Bi- besteht die Herausforderung der Digi- sein, ob alles digitalisiert werden kann Kennerschaft. bliothek in Weimar im September  talisierung des schriftlichen Kulturguts. oder ob eine Auswahl getroff en werden eorg Ruppelt, der ehemalige Schriftliches Kulturgut ist mehr als oder dem Einsturz des Historischen Die Digitalisierung bietet die Chance, muss. Direktor der Gottfried Wil- Träger von Informationen, wie das Bei- Archivs der Stadt Köln im März . das Original zu schonen, wenn Wissen- Weiter besteht die Anforderung, helm Leibniz Bibliothek in spiel der Bücher mit Fore-edge Painting Ich erinnere mich noch sehr gut an die schaftler Werke analysieren. Sicherlich wie schriftliches Kulturgut, das aus- G Hannover, zeigte mir vor ei- zeigen. Allein das Material und die Hap- Erleichterung von René Böll, dem Sohn wird es nach wie vor erforderlich sein, schließlich digital vorhanden ist, über nigen Jahren einen besonderen Schatz tik geben Auskunft über frühere Zeiten. des Literaturnobelpreisträgers Heinrich auch Originale zur Hand zu nehmen, sehr lange Zeiträume bewahrt werden der Bibliothek, bibliophile Bücher, die Ist es ein wertvolles Material, wurde es Böll, dass die Nobelpreisurkunde zum allein um ein haptisches Gespür für kann. Wissenschaftliche Zeitschriften mit der Fore-edge Painting Technik kunstvoll handgeschrieben oder han- Glück vom Einsturz des Kölner Stadt- ein Werk zu erhalten, aber für die erste erscheinen zumindest im naturwis- bemalt sind. Beim Fore-edge Painting delt es sich um einen Druck? Ist es min- archivs nicht betroffen war. Samm- Analyse wird oftmals das digitalisierte senschaftlichen Bereich vielfach nur wird der gebundene Buchblock in eine derwertiges Papier, das in Kriegs- oder lungen schriftlichen Kulturguts wie Werk bereits sehr gute Dienste leisten noch als Online-Ressource. Die Um- Schräglage gebracht und dann fi ligran Notzeiten bedruckt wurde? Wurde das die erwähnte Anna Amalia Bibliothek, können. Digitalisate bieten darüber stellung zum E-Government bedeu- mit Pinsel und Farbe bearbeitet. Nach Werk oft gelesen, wurde es von Ort zu das Kölner Stadtarchiv und die vielen hinaus die Chance, breiten Gruppen tet, dass Akten und andere Vorgänge dem Trocknen der Malerei wird der Ort transportiert, gekauft, verkauft und anderen, die aktuell glücklicherweise der Bevölkerung schriftliches Kultur- zunehmend nur noch digital geführt Buchblock in die ursprüngliche Form wiederverkauft? Welche Exlibris oder von Katastrophen verschont wurden, gut nahezubringen. Das erschlossene werden. Doch wie kann sichergestellt versetzt und der Schnitt entweder ver- vielleicht auch Widmungen sind zu fi n- sind mehr als die Aufbewahrungsorte Digitalisat kann weitere Informationen werden, dass diese Vorgänge auch in goldet oder mit einer Marmorierung den? Wie ist der Einband beschaff en, für schriftlich materialisierte Informa- etwa zur Entstehungs- und Überliefe- hundert, zweihundert und mehr Jah- versehen. Das Fore-edge Painting wird wurde pfl eglich oder liederlich damit tionen. Sie sind jeweils ein Mikrokos- rungsgeschichte, zum geschichtlichen ren gelesen, nachvollzogen und ausge- nur dann sichtbar, wenn der Buchblock umgegangen? Welche Kraft, welche ge- mos der Sammelleidenschaft oder des und literarhistorischen Kontext und an- wertet werden können. Digitalisierung schräg gebogen wird. Besonders raffi - heimnisvolle Bedeutung Bücher haben, Sammelauftrags, sie geben Auskunft derem mehr bieten. Dieser Mehrwert ist eben kein einmal abgeschlossener niert ist das Double-Fore-edge, hier ist hat Umberto Eco sehr anschaulich im über die Lebensumstände und -weisen entsteht aber erst, wenn das Digitalisat Vorgang, sondern verlangt die ständige beim Auff ächern in die Gegenrichtung Buch »Der Name der Rose« geschildert der Menschen, die schriftliches Kultur- mit Zusatzinformationen versehen wird. Migration auf neue Dateiformate und ein anderes Bild zu sehen. Das Fore- und in der Verfi lmung gehört sicherlich gut produzieren und hinterlassen. Sie Das Digitalisat als solches mag schön Datenträger. edge-Painting wurde insbesondere in zu besonders eindrücklichen Szenen, erlauben einen tiefen Blick in die Ge- anzusehen sein, bietet über den Text Soll unser schriftliches Kulturgut Großbritannien im . und . Jahrhun- wie einige vergiftete Blätter des verbo- sellschaft ihrer Zeit. oder die Abbildungen hinaus aber kaum als eines unserer materialisierten Ge- dert gepfl egt. Am Beispiel der Gottfried tenen Buches von einem Mönch aufge- Kulturpolitisch sind aktuell mehre- zusätzliche Informationen. Es bedarf dächtnisse auch in Zukunft erhalten Wilhelm Leibniz Bibliothek sind die gessen werden, der daran qualvoll stirbt. re Herausforderungen gleichzeitig zu also nach wie vor der Geisteswissen- bleiben und öff entlich zugänglich sein, wertvollen Bücher auch ein Zeugnis Bücher, Zeitungen, Zeitschriften meistern: Zum einen gilt es, das mate- schaftler und Bibliothekare um die Wer- müssen jetzt die politischen Weichen der engen Verbundenheit des Hauses aber auch Fotografi en stellen einen rielle schriftliche Kulturgut dauerhaft ke sprechen lassen zu können und es gestellt werden. Schriftliches Kulturgut Hannover mit dem Haus Windsor. Bü- Ausschnitt des kulturellen Erbes dar. zu erhalten, vielfach fachgerecht zu bedarf des Geldes, sehr viel Geldes, um ist mehr als Träger von Informationen, cher mit Fore-edge Paintings lassen auf Welche Herausforderungen mit Blick restaurieren und zu entsäuern. Hierin beides zu leisten: sorgsame Digitalisie- es ist Zeugnis von Vergangenheit und den ersten Blick die kostbare Malerei auf den Erhalt des schriftlichen Kul- liegt eine große Aufgabe, die besondere rung, die die Materialität des Originals Gegenwart in seiner Materialität und in nicht erkennen, sie wirken wie »norma- turguts bestehen und zwar sowohl mit Anstrengungen von Bund, Ländern und schont und sorgfältige Erschließung. seinem Inhalt. Deshalb gilt für mich eine le« Bücher mit Goldschnitt. Fore-edge Blick auf den Originalerhalt als auch Gemeinden erfordert. Allein die Menge Auch hier ist das Zusammenwirken von klare Prioritätenkette: Zuerst Erhalt des Painting verbirgt oft erotische Moti- hinsichtlich der Digitalisierung ist des schriftlichen Kulturguts in unseren Bund, Ländern und Kommunen und vor Originals und dann seine Digitalisierung. ve, gerne auch auf religiösen Büchern Gegenstand des Fokus dieser Ausgabe Bibliotheken und Archiven wird uns vor allem von Wissenschaft, Kultur und Bil- oder Bibeln. Die Bücher zeugen von von Politik & Kultur. Welche Bedeutung die Aufgabe stellen, auszuwählen, was dung gefordert, um einen nachhaltigen Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer höchster handwerklicher und künst- das schriftliche Kulturgut hat, wird oft dauerhaft gerettet werden soll und was Mehrwert zu schaff en. Auch bei der Di- des Deutschen Kulturrates und lerischer Meisterschaft und zugleich erst deutlich, wenn der Verlust droht. unter Umständen nicht. Zum anderen gitalisierung wird die Frage zu stellen Herausgeber von Politik & Kultur 18 ORIGINAL + DIGITAL www.politikundkultur.net FOTO: STADT KÖLN / JÖRG SONNTAG JÖRG / KÖLN STADT FOTO: Bergung von Archivalien aus dem Schutt des eingestürzten Historischen Archivs der Stadt Köln Die Ehe von Original und Digitalisat Zu den kulturellen Eff ekten der digitalen Transformation

ULRICH JOHANNES thek und unzählige Webseiten mit ret- Anspielung auf ein bekanntes Buch die arabische, persische und türkische aber wenn dort einmal ein Stand erreicht SCHNEIDER rodigitalisierten Werken erweitern die der Spätantike sagen, das die »Ehe der Kultur studieren kann. Das geschieht sein wird, wie heute beim deutschen Reichweite für ältere Bestände. Dazu Philologie mit dem Merkur« im Titel jetzt auch online, wie gleichfalls bei Handschriftenportal Kalliope, werden as Staunen ist ganz allge- kommen die Online-Editionen vieler führt. Unsere Kultur profi tiert gerade einigen Papyrussammlungen Deutsch- sich die Eingangstüren zum historischen mein. Texte zirkulieren im Werke der Weltliteratur, von den popu- in historischer Hinsicht von der Digi- lands, die meist die griechisch-römi- Wissen enorm erweitert haben. Internet und zusehends ge- lären Ausgaben im »Project Gutenberg« talisierung. Die einzelnen Punkte des sche Periode Ägyptens dokumentieren. wöhnen wir uns daran. Die bis zu kritischen Gesamtausgaben wie Ehevertrags sind diese: Was Bibliothekare bis vor kurzem noch D Riechen am Buch elektronischen Kommunikationswege, beispielsweise der des Philosophen vor starker Benutzung schützen muss- die wir täglich benutzen, haben längst Friedrich Nietzsche. ten, und was nur verstreut aufbewahrt Aus persönlicher Erfahrung kann ich Respekt vor dem Text den Charakter eines technischen Hilfs- Nun fragen manche: Wenn Texte ist, kann nun online leicht zugänglich nach einer Reihe von Lehrveranstal- mittels verloren, es sind unsere neuen in Zirkulation versetzt und das Biblio- Vor zwölf Jahren hat eine Wissen- gelesen werden. Es wird den Nachkom- tungen sagen, dass die Zusammenarbeit Medien. Niemand hat etwas gegen eine theksgut anklickbar wird, wo bleiben schaftlerin das allererste Dokument men jener Ehe bald die Literatur aller mit Studierenden der Kulturwissen- schnellere Post oder eine größere Bib- der litauischen Sprache zu edieren Weltsprachen vor Augen stehen; die schaft bei der Vorbereitung von Buch- liothek, eine buntere Bildersammlung begonnen. Das Werk von  ist eine Liebe zum Werk wird auf dem Umweg ausstellungen den Weg vom Digitalisat oder aktuelle Weltnachrichten. Aber Predigtsammlung und liegt in der Her- über das Bild die Achtung für das Ori- zum Original auf besonders spannende was ist mit Bildung, mit Geschichte, mit Die Digitalisierung zog August Bibliothek Wolfenbüttel. ginal heben. Weise ebnet. Die Arbeit an Texten und Tradition? Die Forscherin wollte anfangs allein Bildern beginnt in digitalem Format, Ein Unbehagen bleibt, denn es lassen ist mit dem Original mit dem Original arbeiten. Die ange- dann kommt der magische Moment ei- Verstehen im Kontext sich die kulturellen Eff ekte der digita- verheiratet botene digitale Kopie hat sie dann aber ner Anschauung konkreter Textzeugen. len Transformation nicht abschätzen. schnell ausschließlich genutzt, da sie Jedes Original gehört zu einer Kultur, Auf einmal geht es auch ums Fühlen, Es erscheint vieles zu fl üssig, zu fl üch- alle problematischen Textstellen am und noch jeder Brief einer Schriftstel- Tasten, Riechen. Das Originaldokument tig, zu unbeständig jedenfalls für den Bildschirm sehr viel leichter entziff ern lerin, den man im Deutschen Litera- hat ein Gewicht, eine Größe, und es er- Wertekanon, den etwa Schulen und die Originale? Die Antwort darauf ist konnte als am Original mit Lupe. Das turarchiv Marbach fi ndet, enthält eine scheint umso einziger, je länger der Mo- Universitäten vermitteln sollen. Kon- zweifach: Was den physischen Ort an- Digitalisat hat ihr mehr vom Original Fülle von Bezügen zu anderen Origina- ment seiner Berührung hinausgezögert servative Bedenkenträger tragen off en geht, so bleiben sie natürlich, wo sie verraten als dieses selbst. So erging len, was oft die Wertschätzung steigert wird. Original und Digitalisat ziehen ihre Abscheu gegen Datenbanken und jetzt schon sind, in den Museen, Ar- es auch einigen Textforschern aus oder spezifi ziert. Weltweit verschränken sich wechselseitig an, Unterschied wie Bildschirme zur Schau, klagen über chiven und Bibliotheken. Digitalisie- Birmingham, als sie vor fünf Jahren Nähe werden ein Erlebnis. Es ist ein grundlegend veränderte Verhältnisse rung bedeutet in Bezug auf das ererb- in Leipzig die originalen Blätter des instruktiver Mediensprung. Von sei- intellektueller Arbeit. te Kulturgut nicht Ersetzung, sondern Codex Sinaiticus, einem griechischen ner digitalen Erfassung her gesehen, Bibliotheken und andere Kulturins- schlicht Verdoppelung im digitalen Bibelmanuskript aus dem vierten Jahr- Bücherwände gewinnt insbesondere das Original als titute stehen häufi g im Zentrum solcher Format. Schon mit diesem technischen hundert, studierten: Sie fanden durch tatsächliche Spur einer Kunst, die heute Klagen, weil sie mit ihren Bücherwän- Schritt sind segensreiche Eff ekte der gründlichste Inspektion nicht mehr, als scheinen eine stabile noch als solche erkennbar ist – oder als den eine stabile geistige Weltordnung Bestandserhaltung, der Forschungs- die Digitalfotografi e ihnen zu erkennen geistige Weltordnung solche erkennbar wird, wie kaum besser darzustellen scheinen. Dabei sind Bib- ermöglichung und der Bildungsarbeit gab. Aus der besagten Ehe sind noch darzustellen als durch das Digitalisat. liotheken funktional immer schon ganz verbunden. Das ist ein eigenes Thema. viele Sprösslinge mit solch genauer Übrigens waren die Originale der Bi- auf die Gegenwart bezogen: Als wis- Zweitens gilt, was den kulturellen Hinwendung zum Textdokument zu bliotheken im Laufe der europäischen senschaftliche Institutionen dienen sie Wert angeht: Durch Digitalisierung wird erhoff en. Kulturgeschichte schon mehrmals ver- der Wissensdokumentation und dem die Sensibilität gegenüber den Origi- Bibliotheken und Archive ihre Online- heiratet – alles Zweckehen, vermittelt Wissensaustausch, als öff entliche Ein- nalen verstärkt. Das lässt sich aktuell Angebote und führen digital zusammen, durch Drucker, Lithografen, Fotografen Liebe zum Werk richtungen einer wechselnden Neugier beobachten: Wie Literaturmuseen er- was die Erwerbungspolitik oft genug als und Mikrofi lmer. Die Ehe mit dem Di- und einem Lesebedürfnis, das heute fahren Altbestandsbibliotheken ein ge- Von islamischen Handschriften gibt es Sammlung fragmentiert hat. Kontexte gitalisat könnte aus den angeführten auch Medienbedürfnis heißen könnte. steigertes Interesse an ihren Schätzen, in Deutschland einige größere Samm- werden sich öff nen, wo die Überliefe- Gründen länger halten. Bibliotheken in Deutschland sind am eine neue Neugier auf die mit Papier lungen, etwa in den ehemaligen Fürs- rungsgeschichte sie bislang verschloss. digitalen Wandel unserer Kommunika- verbundene Kultur. tenbibliotheken Gotha oder Berlin. Noch etwa kann man die wertvollen Ulrich Johannes Schneider ist tionsverhältnisse beteiligt und stützen Die Digitalisierung ist mit dem Ori- Diese kostbaren Kulturzeugen sind Unterlagen aus dem Archivo General de Direktor der Universitätsbibliothek ihn aktiv. Die Deutsche Digitale Biblio- ginal verheiratet, so könnte man mit Werke, an denen und mit denen man Indias in Sevilla nicht online einsehen, Leipzig Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  ORIGINAL + DIGITAL 19

Welterbe in Gefahr Die Rettung der antiken malischen Handschriften in Timbuktu

MARIA BÖHMER Kulturbarbarei zu einer Strategie men- In Mali, in Afghanistan, Syrien und höchst dramatisch.  befanden sich auf viele Jahre angelegten Restaurie- schenverachtender Kriegsführung und im Irak bedrohen Krieg und Terror die zahlreiche Handschriften noch im Pri- rungs- und Forschungsarbeit Unter- ie Bilder gingen um die zur Finanzquelle der Terrororganisati- Menschen. Vor Ort gibt es viele außer- vatbesitz, als sich Abdel Kader Haidar stützung geleistet. Darüber hinaus Welt: Mit Spitzhacken und on »Islamischer Staat« entwickelt hat. gewöhnlich mutige Menschen, die ihr zu einer mutigen Rettungsaktion ent- hat das Auswärtige Amt  zu einer Äxten zertrümmerten radi- Leben riskieren, um die Kulturgüter schloss. Er organisierte eine Vielzahl internationalen Konferenz eingeladen, D kale Islamisten binnen we- ihres Landes vor der Zerstörung zu von Kleintransporten, mit denen die bei der sich die malische Regierung, niger Wochen Dutzende Grabstätten retten. Ein Beispiel ist die Rettung der gut getarnten Schriften von Timbuktu die Zivilgesellschaft, Partner aus Eu- islamischer Gelehrter in Timbuktu zu Kulturgüter sind das islamischen Handschriften von Timbuk- in die malische Hauptstadt Bamako ge- ropa, Amerika, Afrika und multilate- Wüstenstaub. Die Vernichtung dieses Fundament für tu. Bis zur Besetzung durch Islamisten bracht wurden. Haidar überzeugte die rale Geber sowie deutsche Stiftungen Kulturgutes sollte gleichbedeutend sein Identität, Heimat lagerten in und um Timbuktu mehrere privaten Besitzer, sich an der Aktion und Forschungseinrichtungen auf eine mit der Auslöschung von Geschichte, hunderttausend Konvolute islamischer zu beteiligen. Es zeugt vom ungebro- langfristige koordinierte Aktion zur Tradition und kultureller Identität. und Sicherheit Handschriften. Die ältesten stammen chenen Willen zur kulturellen Selbst- Rettung der Handschriften geeinigt Schließlich war durch den Einfluss aus dem . Jahrhundert. Ihr Inhalt ist behauptung, dass die Rettung trotz haben. Vor wenigen Tagen fand eine der Gelehrten Timbuktu im . und bis heute noch längst nicht vollständig der Wirren des Bürgerkrieges gelang. Nachfolgekonferenz der deutschen . Jahrhundert zu einem blühenden Auch Naturkatastrophen wie das Erd- erforscht. Nach Meinung von Experten Die Schriften gelangten wohlbehalten Geber statt. Handelszentrum der islamischen Welt beben in Nepal bedrohen immer wie- wird die wissenschaftliche Aufarbeitung nach Bamako, wo sie aus Sicherheits- Vor allem die Gerda-Henkel-Stiftung hat aufgestiegen. der das kulturelle Erbe der Menschheit. dazu führen, dass die Geschichte und vor gründen wiederum dezentral bei Privat- das Projekt mit erheblichen fi nanziellen Mittlerweile konnten mit Hilfe fi - Kulturgüter aber sind das Fundament allem die Kulturgeschichte Afrikas in personen aufbewahrt wurden. Seitdem Beiträgen unterstützt. Auch die Jutta- nanzieller Unterstützung durch die für Identität, Heimat, Sicherheit und Teilen neu geschrieben werden müssen. organisiert Haidara die Archivierung, Vogel-Stiftung hat einen maßgeblichen UNESCO die ersten Mausoleen wieder für den Zusammenhalt zwischen Ge- Vor dem Bürgerkrieg in Mali hatte Restaurierung, Digitalisierung und wis- Beitrag geleistet. Ein Team der Univer- aufgebaut und restauriert werden. Als sellschaften und Religionen. Der Schutz das staatliche Ahmed-Baba-Institut senschaftliche Erforschung der Hand- sität Hamburg unter Leitung von Di- Vorsitzende des UNESCO-Welterbeko- des Kulturerbes der Menschheit ist des- damit begonnen, die von Termiten mitry Bondarev setzt die Unterstützung mitees habe ich bei der Jahrestagung des halb eine globale Herausforderung, die stark beschädigten Handschriften zu um. Das Auswärtige Amt schließlich ist UNESCO-Welterbekomitees im Juni  nur bewältigt werden kann, wenn sich sammeln, zu restaurieren und zu di- über das Kulturerhaltprogramm einer in Bonn den Ehrenpreis der UNESCO- möglichst viele Staaten und Organisa- gitalisieren. Unterstützung erhielt es Es geht um weit mehr der größten Geldgeber des Projekts. Uns Generaldirektorin Irina Bokova an den tionen daran beteiligen. dabei von der Nichtregierungsorga- als die physische alle eint der gemeinsame Wille, zum Vorsitzenden der Maurerinnung Tim- Das UNESCO-Welterbekomitee hat nisation SAVAMA (Sauver et Valoriser Wiederherstellung Wiederaufbau und Schutz der malischen buktu verliehen. Es war ein berührender in Bonn die Zerstörung von Kulturstät- les Manuscrits) und deren engagierten Kulturgüter beizutragen. Es geht um Moment. Ohne seinen Einsatz, ohne das ten durch den Islamischen Staat ange- Leiter Abdel Kaider Haidara, der alle von Kulturgütern weit mehr als die physische Wiederher- Engagement seiner Mitarbeiter, wäre prangert. Die Delegierten verabschie- Beteiligten zusammenbrachte. Denn stellung von Denkmälern, Gebäuden der Wiederaufbau der Mausoleen nicht deten am . Juni  einstimmig die traditionell wurden diese Schätze von und die Restauration von Kulturgütern. möglich gewesen und ein Weltkulturer- »Bonner Erklärung zum Welterbe«. Sie einer Reihe einfl ussreicher Familien schriften. Für sein außerordentliches Es geht darum, die Menschen in Mali be für immer verloren gegangen. unterstreicht den gemeinsamen Willen Timbuktus bewahrt, die sie unter un- Engagement wurde er im Auswärtigen für die Zukunft zu stärken: Damit die Weshalb der Erhalt und Schutz zum Schutz und Erhalt von Welterbe- terschiedlichen Bedingungen in ihren Amt mit dem Deutschen Afrika-Preis malische Gesellschaft ihre kulturelle von kulturellem Erbe so essentiell stätten gegen jede Bedrohung, wo auch Privatbibliotheken von Generation zu  ausgezeichnet. Identität an die nächsten Generationen ist, zeigt uns auch die Berichterstat- immer in der Welt, und verurteilt die Generation weitergaben. Die Deutsche Botschaft in Bama- weitergeben kann. tung über zerstörte Kulturgüter in Mos- barbarischen Angriff e, die Gewalt und Die Rettung von rund . his- ko war nicht nur frühzeitig über die sul, Nimrud und Palmyra. Dort haben die Verbrechen, die vom sogenannten torischen Handschriften vor der Ver- Rettungsaktion informiert, sondern Maria Böhmer, MdB ist Staats- wir mit ansehen müssen, dass sich Islamischen Staat begangen wurden. nichtung durch die Islamisten verlief hat beim Transport und bei der noch ministerin im Auswärtigen Amt

Original oder digital?

Wie sichern und nutzen wir ideeller Wert unschätzbar. Doch müs- deutschen Sprachgebiet nicht weniger tionen in England und in den USA mit nicht nur zu bewahren, sondern auch unser kulturelles Erbe? sen alle Originalschriften auch digita- als . verschiedene Zeitungen her- seinem Bestseller »Double Fold« dann neu aufzubereiten und zu verstehen. lisiert werden? Hier scheiden sich die ausgegeben worden, manche von ihnen auch prompt abgestraft (deutsch: Der Handschriften und Drucke aus mehr Geister. Originalerhalt kostet Geld und waren Dauerbrenner über Jahrzehnte Eckenknick oder Wie die Bibliotheken als eintausend Jahren Schriftkultur im THOMAS BÜRGER Digitalisierung kostet zusätzliches Geld. und Jahrhunderte – mit Texten und sich an den Büchern versündigen). Original zu erhalten und zu digitali- Für Kultur und Wissenschaft öff net die Bildern berühmter Autoren und Foto- sieren ist heute besser als jemals zuvor artin Luther hat die Welt Digitalisierung allerdings neue Welten grafen. Zeitungen sind die Leitmedien möglich. Mit  bis  Millionen Euro Originale schützen und verändert. Als Reformer der eines freien, eines direkten Zugangs. der Moderne oder – mit Schopenhauer jährlich mehr für den Originalerhalt digitalisieren M Theologie, als Erneuerer der Sie ermöglicht es, das wertvolle Origi- – die Sekundenzeiger der Geschichte. der schriftlichen Überlieferung ließe deutschen Sprache, als Inspirator des nal zu schützen und es gleichzeitig so Doch kann man Zeitungen über- Während also viele fragile Originale sich vieles retten und besser schützen Kirchengesangs. Mit seinem Thesenan- intensiv zu nutzen wie nie zuvor. haupt erhalten? Sie sind schließlich für kaum mehr benutzbar sind, ist es eine – und mit nochmals der gleichen Sum- schlag in Wittenberg, mit der Verbrei- den Tag und nicht für die Ewigkeit ge- Tortur, Zeitungen an Mikrofi lmgeräten me kämen wir dem Menschheitstraum tung seiner Flugschriften im Heiligen macht. Zehn Prozent der alten Zeitun- zu durchsuchen und zu lesen. Erst die einer digital verfügbaren Universalbi- Können Zeitungen überhaupt Römischen Reich Deutscher Nation gen sind heute nicht mehr benutzbar, Digitalisierung bietet bessere Lösun- bliothek endlich in größeren Schritten gerettet werden? hat er aber auch Mediengeschichte die Hälfte der auf holzhaltigem, saurem gen: Sie bringt qualitativ hochwertige näher. Die Deutsche Digitale Bibliothek geschrieben: Nur mit den neuesten In den letzten Jahren ist mehrfach dis- Papier gedruckten Blätter zerbröselt Reproduktionen des Originals auf den benötigt deshalb eine entschlossene Medien konnte er die Welt verändern. kutiert worden, ob die Digitalisierung und wird geschädigt, wenn man sie Schreibtisch des Nutzers, ermöglicht und kraftvolle Ausweitung. Gibt es eine ein Beitrag zum Erhalt historischer Ori- nur anfasst. Die ungezählten Millio- Texterkennungsverfahren (OCR) zur günstigere und intelligentere Lösung, ginale ist oder ob sie vielmehr das Geld nen von Seiten zu restaurieren ist kaum leichten Durchsuchbarkeit und zur Wei- als durch Originalerhalt und Digita- Neue Medien vor  Jahren verschlingt, das für Restaurierungen bezahlbar. In den er Jahren begannen terverarbeitung von Texten und Bildern lisierung die vielen Erkenntnisse und Die neuen Medien von damals sind der Originale fehlt. Am Beispiel histo- deshalb Bibliotheken, Sicherungsfi lme in virtuellen Forschungsumgebungen. Irrtümer unserer Vorfahren präsent zu heute,  Jahre später, wohlgehütete rischer Zeitungen lässt sich die Kont- von Zeitungen herzustellen. Weniger Originalschonung und gleichzeitig halten und für uns nutzbar zu machen? Schätze in Tresoren der Archive und Bi- roverse vielleicht aufl ösen. Bereits im gut war die Idee einiger Häuser, nach intensive Nutzung mit den innovati- bliotheken. Als die Weimarer Bibliothek Jahr  erschien mit dem Aviso die der Verfi lmung die Originale in großem ven Verfahren der Digital Humanities Thomas Bürger ist Generaldirektor der  brannte, war es bewegend zu er- erste Zeitung,  folgte in Leipzig die Umfang zu makulieren. Der englische sind die neuen Schlüssel, unser kul- Sächsischen Landesbibliothek – Staats- fahren, wie ihr Direktor Michael Knoche erste Tageszeitung. Bis  sind im Publizist Nicholson Baker hat diese Ak- turelles und wissenschaftliches Erbe und Universitätsbibliothek Dresden die von Cranach illustrierte Lutherbibel vor dem Feuer rettete. Zwölf der wich- tigsten Schriften Martin Luthers sind  zum UNESCO-Weltdokumenten- erbe erklärt worden. Jede Handschrift, jedes zeitgenössische originale Buch Martin Luthers wird seit Jahrhunderten wie eine Ikone gehütet. Und seit einigen Jahren werden seine Handschriften und Drucke auch digitalisiert. Luthers Ma- nuskripte am Bildschirm zu betrachten, dem Duktus seiner feinen Schrift, den Spuren seiner philologischen Akribie Buchstabe für Buchstabe zu folgen, ist faszinierend. Die Digitalisierung macht es möglich, einmaligen geschichtlichen Dokumenten ganz nahe zu kommen. Dass alle zeitgenössischen Hand- schriften und Drucke Martin Luthers

für künftige Generationen zu bewahren DRESDEN UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK UND STAATS FOTOS: sind, dürfte gesellschaftlicher Konsens Martin Luthers Psalmenkommentar -,  in das UNESCO-Weltregister Im Krieg beschädigt, nun restauriert und digital frei verfügbar: die Dresdner sein. Ihr materieller Wert ist hoch, ihr »Memory of the world« aufgenommen Bilderhandschrift des Sachsenspiegels, . Jahrhundert 20 ORIGINAL + DIGITAL www.politikundkultur.net FOTO: STAATSBIBLIOTHEK ZU BERLIN  PREUSSISCHER KULTURBESITZ / JÖRG F. MÜLLER F. JÖRG / KULTURBESITZ PREUSSISCHER  BERLIN ZU STAATSBIBLIOTHEK FOTO: Schimmelbefall an fünf Bänden des Bulletin de la Societé de Géographie (–) Warum Originalerhalt und weshalb in bundesweiter Koordinierung? Handlungsempfehlungen zum Erhalt schriftlichen Kulturguts in Archiven und Bibliotheken

URSULA HARTWIEG genommen werden. Deshalb haben in sind schlichtweg nur in bundesweiter Kommission »Kultur in Deutschland« Erhalt unseres schriftlichen Kulturguts den vergangenen Jahren einige Länder Abstimmung herstellbar. Auf der Hand empfahl  der Bundesregierung, gewährleistet – die Voraussetzungen as Reichenauer Evangeliar Programme für den Bestandserhalt auf- liegt der Vorteil bezüglich der gedruck- ein Förderprogramm zur physischen waren nie besser. haben Mönche Anfang des gelegt. Aber Größe und Bedeutung der ten Buchproduktion ab Mitte des . Rettung von bedrohtem schriftlichem . Jahrhunderts geschaf- Aufgabe zwingen noch einen Schritt Jahrhunderts. Beim Originalerhalt die- Kulturgut von nationaler und europäi- Ursula Hartwieg leitet die D fen – mit seinem kostba- weiter – der aktuelle Koalitionsvertrag ser vom Säurefraß bedrohten Mehrfach- scher Bedeutung aufzulegen. , zehn Koordinierungsstelle für die ren Buchschmuck ein Höhepunkt der folgert: »Die Erhaltung des schriftli- überlieferung können nur länderüber- Jahre später, sollte endlich ein gemein- Erhaltung des schriftlichen Kulturguts ottonischen Buchmalerei. Heute, gut chen Kulturgutes ist eine gesamtstaat- greifende Absprachen sicherstellen, dass sames Bund-Länder-Förderprogramm (KEK) an der Staatsbibliothek . Jahre später, strahlt diese, in das liche Aufgabe.« Und so gründeten Bund einerseits die gesamte Druckproduktion starten, das mit dem Einsatz mehrerer zu Berlin – Preußischer Weltkulturerbe aufgenommene Hand- und Länder gemeinsam  die Koor- tatsächlich in mindestens einem Exem- Millionen Euro den fl ächendeckenden Kulturbesitz schrift ihren Glanz unvermindert aus. dinierungsstelle für die Erhaltung des plar gesichert wird und dass andererseits Seit wenigen Monaten kann das Evan- schriftlichen Kulturguts (KEK). die gewünschten Entlastungen entste- geliar über einen D-Scan bestaunt und Ein bundesweites, alle Verantwor- hen: Wegen der um  startenden berührungslos durchblättert werden. tungsebenen berücksichtigendes Kon- Explosion der Buchproduktion – hin- Schriften sichern und Einzigartige technische Innovation, die zept für den Originalerhalt muss auf sichtlich steigender Titel- als auch Auf- eine ganz neue, weltweite Zugänglich- einer Beschreibung der Überlieferungs- lagenzahl – kann und muss nicht jedes digitalisieren keit schaff t. Können sich nachfolgen- situation des deutschen Schrifterbes in den Magazinen vorhandene Exemplar de Generationen mit diesem Zugang fußen: In welchen Einrichtungen wird eines Titels gesichert werden. So steht das kulturelle kann mit wenigen Klicks abgerufen zum Reichenauer Evangeliar begnü- was und wieviel bewahrt? In welchem Aber auch unabhängig solcher be- Erbe allen off en und gelesen werden. Somit wird der gen? Brauchen wir uns die kommenden Zustand befi ndet sich das Material? standsbezogener Absprachen können Zugang zu den Texten erleichtert. . Jahre nicht mehr um den Erhalt Dann ist ein Plan für den bundesweiten Archive und Bibliotheken gleicherma- Damit die DDB mit der Digitalisie- des Originals zu bemühen? Originalerhalt dieses überlieferten Kul- ßen von länderübergreifender Koor- ANJA HAJDUK rung von Schriften voran kommt Selbstverständlich muss dieses Origi- turguts zu fassen: Was ist infrastruk- dinierung profi tieren: Beide Sparten und zudem die bisher digitalisierten nal erhalten werden. Und das gilt nicht turell, organisatorisch und fi nanziell wenden konservatorische Mengenver- D er Erhalt von schriftlichem Kultur- Kulturgüter noch nutzerfreundlicher nur für ein solches Spitzenstück, son- erforderlich? Die Antwort auf diese Fra- fahren an – hier können gemeinsame gut stellt Bibliotheken und Archive anbieten kann, werden mehr Mittel dern für unser gesamtes schriftliches gen umreißt den Kernauftrag der KEK. Rahmenverträge die Kosten der um- vor eine doppelte Herausforderung: benötigt. Als grüne Bundestags- Kulturerbe, alle in Archiven und Biblio- Anhand einer bundesweiten Daten- fangreichen Aufträge minimieren. Auch Es gilt, die Originale zu erhalten und fraktion haben wir uns daher in den abfrage in Archiven und Bibliotheken die dringend erforderliche Weiterent- digital zu sichern. Wie wichtig dies letzten Jahren für eine Erhöhung der in öff entlicher Trägerschaft wurden wicklung kostengünstiger Mengenver- sein kann, führten uns der Brand Bundesförderung um . Euro relevante Daten zu den vorhandenen fahren durch entsprechende Innovati- in der Herzogin Anna Amalia Bib- auf dann zwei Millionen Euro pro Die Erhaltung des Infrastrukturen für Bestandserhaltung onsschübe ist gemeinschaftlich leichter liothek und das Elbe-Hochwasser Jahr eingesetzt. Leider haben sich ebenso wie zu den Beständen, ihrem voranzutreiben. Kurzum, ohne bundes- drastisch vor Augen. Auch durch die Fraktionen der Großen Koalition schriftlichen Kultur- Schadens- und Gefährdungsgrad zu- weite Koordinierung eines gemeinsa- säurehaltiges Papier und sich ver- einer Erhöhung verwehrt. Durch die guts ist eine gesamt- sammengetragen und durch die KEK men Bund-Länder-Förderprogramms ändernde Klimaeinfl üsse werden die Unterfi nanzierung werden einer kla- staatliche Aufgabe aufbereitet. Damit liegt erstmals ein ist ein wirtschaftlicher Umgang mit den Originale geschädigt und müssen ren Strategie für die Digitalisierung, umfassendes Mengengerüst mit belast- Finanzmitteln nicht zu garantieren. daher geschützt werden. Eine zweite Zugänglichmachung und Langzeit- baren Zahlen vor, die enorme Aufgabe In jedem Falle aber markiert die wichtige Säule neben dem Erhalt ist archivierung von Schriftgut Steine ist berechnet: Selbst für die Mindest- Gründung der KEK bereits einen wich- die Digitalisierung des Kulturerbes. in den Weg gelegt. Damit die DDB theken befi ndlichen Bestände. Die Be- empfehlung, jährlich ein Prozent des tigen Schritt. Bund und Länder thema- In Deutschland koordiniert diese das Ziel, . Einrichtungen des wahrung dieser Originale ist nicht durch gefährdeten Kulturguts zu retten, sind tisieren unter Achtung der Kulturhoheit Mammutaufgabe die Deutsche Di- Kultur- und Wissenschaftsbereiches deren Digitalisierung ersetzbar: Zwar pro Jahr , Millionen Euro nötig. Aber der Länder die Sicherung des schriftli- gitale Bibliothek (DDB) – sie ist die zu vernetzen, bald erreichen kann, sichert die Reproduktion die Informa- um solch einen Millionenbetrag fach- chen Kulturerbes im Original. Erstmals zentrale Sammel- und Koordinie- braucht sie auch vom Bund eine tion des Objekts und macht sie ortsun- und sachgerecht umzusetzen, müssen wird dabei die politische Dimension rungsstelle für die Digitalisierung ausreichende und stetige fi nanzielle abhängig zugänglich. Aber das Werk zuvor Infrastrukturen und Know-how des Originalerhalts erkennbar: Unser des Kulturguts. Gemeinsam mit Unterstützung. selbst muss in seiner ursprünglichen schrittweise ertüchtigt werden. Schrifterbe ist noch nicht quer durch ihren Partnern digitalisiert die DDB Materialität als Objekt erhalten werden. Angenommen, die notwendigen Mit- alle Gedächtnisinstitutionen gesichert, Millionen von Datensätzen. Hier- Anja Hajduk, MdB ist Parlamenta- Nur sind die Unterhaltsträger mit der tel fl össen fl ächendeckend – weshalb seine Überlieferung braucht nationale mit werden diese für nachfolgende rische Geschäftsführerin der Bundes- Bewahrung des Schrifterbes großen- sollten diese einzelnen Programme der Verantwortung. Generationen erhalten. Und die tagsfraktion Bündnis /Die Grünen teils schlicht überfordert, diese Aufgabe Länder koordiniert werden? Etliche po- Der Abschlussbericht der vom Bun- Digitalisierung hat einen wertvollen und Mitglied des Haushaltsausschus- muss in verteilter Verantwortung wahr- tentielle Synergien und Einspareff ekte destag  eingesetzten Enquete- weiteren Aspekt: Das Kulturerbe ses des Deutschen Bundestags Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  ORIGINAL + DIGITAL 21

Digital und Der Vergangenheit eine Zukunft original Die Vision der Deutschen Projekt hat den Kantar Information is von Goethe mit den Worten zitiert: »In »digital-borns« kümmern müssen. Digitalen Bibliothek zur Beautiful Award  gewonnen. Bibliotheken fühlt man sich wie in der Diesen Aspekt hat  der »Berliner Beide Archivierungsformen Hervorzuheben ist auch der Kul- Gegenwart eines großen Kapitals, das Appell« behandelt, der von zahlrei- Zukunft der Sammlungen tur hackathon »Coding da Vinci«, der geräuschlos unberechenbare Zinsen chen Institutionen, darunter auch sind wichtig für die zusammen mit Wikimedia Deutsch- spendet« und resümiert, dass es darum der DDB, und vielen Persönlichkeiten Sicherung von Kulturgut ELLEN EULER land, der Open Knowledge Foundation gehe, dieses Kapital zu erhalten (sic!) unterzeichnet wurde. Er lenkt die Auf- und der Servicestelle Digitalisierung und seine Zinsen möglichst vielen merksamkeit auf ein Thema, das bisher GESINE LÖTZSCH ie Deutsche Digitale Bibliothek Berlin  bereits zum zweiten Mal Menschen zukommen zu lassen, wofür in der Öff entlichkeit von Gesellschaft (DDB) erfüllt – gemeinsam mit stattgefunden hat. Kulturinstitutionen die digitalen und vernetzten Medien und Politik aus Sicht der Unterzeichner Wer einmal in den Genuss kam, ein D den Kulturerbeeinrichtungen aus ganz Deutschland stellten dabei eben ganz neue Möglichkeiten böten. nicht ausgiebig genug behandelt wird, jahrhundertealtes Buch in den Hän- in Deutschland – einen wichtigen kul- Datensets – darunter Bilder, Sounds, Der Zugang zu unserem Kulturerbe da sich langfristig kaum abschätzbare den zu halten, ein solches, mit dem tur-, bildungs- und wissenschaftspoli- Karten, Videos und Metadaten – un- über das Internet ermöglicht breiten Risiken in der Erhaltung von digitalem sich neben dem Autor auch Buchdru- tischen Auftrag: Als vertrauenswürdige ter einer off enen Lizenz zur uneinge- Bevölkerungsschichten weltweit die Kulturgut verbergen, wenn dazu keine cker und Buchbinder um die Gunst Quelle macht sie in werbefreier Umge- schränkten Nutzung zur Verfügung, Auseinandersetzung mit diesem und des Lesers zu bewerben scheinen, der bung unser Kultur- und Wissenserbe sodass im Ergebnis digitale Kultur- den darin zum Ausdruck kommenden wird die Frage »digital oder original?« weltweit dauerhaft zugänglich und projekte entstanden sind, die alle Werten. Das ist auch ein Aspekt der ganz eindeutig zu Lasten des ersten erfahrbar. inhaltlich und technisch ausgespro- Völkerverständigung und mit Blick Wir brauchen eine beantworten. Handumstochene Ka- Gestartet als ein Bund-Länder- chen ausgereift waren und bewiesen auf das Geschehen in Paris wichtiger pitale, Deckelfi leten, gepunzte Gold- Projekt und getragen von  Kultur- haben, dass innovative Anwendungen denn je! gesamtstaatliche und schnitte, Buckel, Beschläge, Schlie- und Wissenseinrichtungen aller Kul- aus off enen Kulturdaten entstehen Daher ist es wichtig, dass unser kul- europäische Agenda ßen – all das Verschwenderische tursparten, hat die DDB wesentliche können. Entstanden sind interaktive turelles Erbe so umfassend wie mög- und Ornamentale lässt das digitale Ziele der Aufbauphase erreicht: fast Kulturanwendungen, die von einer lich über das Internet vermittelt, ge- Objekt vermissen. Und doch ist es  Millionen nachgewiesene Objekte Smartphone-App, die Notenrollen teilt und gelebt wird. Damit im Internet zur Sicherung historischer Quellen aus über  Institutionen aus ganz für selbstspielende Klaviere aus dem bei der Digitalisierung aus urheber- klare nationale und europäische Stra- unerlässlich. Der freie Zugang – selbst Deutschland, eine attraktive Benutzer- frühen . Jahrhundert wieder zum Er- rechtlichen Gründen kein schwarzes tegie vorliegt, die durch – zu schaff en- zu kostbarsten Handschriften – wird oberfl äche, eine aktive Lieferbeziehung klingen bringt, bis hin zu einem Vogel- Loch des . und . Jahrhunderts ent- de – rechtliche Rahmenbedingungen heute über öff entliche und wissen- zur Europeana und eine gestiegene stimmenwecker, der erst nach Erraten steht, hat der Gesetzgeber Regelungen abgesichert wird. Diese mitzugestal- schaftliche Bibliotheken gewährleis- Nutzung und Wahrnehmung in der der richtigen Vogelstimme aufhört zu zu den verwaisten und vergriff enen ten und zu beraten, hat die DDB einen tet. Er ermöglicht Wissenschaftlern Öff entlichkeit. zwitschern, reichen. Werken erlassen, zunächst auf euro- Think Tank ins Leben gerufen, dem eine fühlbare Nähe zum Forschungs- Jetzt werden auch die Potenziale Diese digitale Zukunft der Samm- päischer und dann nationaler Ebene. leitende Praktiker aller Sparten und gegenstand und dem interessierten und Herausforderungen der Zusam- lungen aus den Kulturerbeeinrich- Seit Anfang des Jahres  ist die Rechtsexperten angehören (siehe zu Bürger direkten Kontakt zum histori- menführung heterogener Daten aus tungen setzt ihre analoge Zukunft Regelung zu den verwaisten Werken, den Aktivitäten der DDB im Bereich schen Kulturgut. Wer in Berlin etwa unterschiedlichen Quellen besser voraus. Das digitale Angebot ist kein also solchen bei denen die Urheber bzw. Recht auch den Rechtetrailer: http:// einmal einen original Brief Hegels sichtbar. Verschiedene Projekte ha- substituierendes, sondern das analoge Rechteinhaber nicht zu ermitteln sind, sho.rtlink.de/xfKqac). oder gar Inkunabeln des . Jahr- ben gezeigt, dass sich aus der Vernet- ergänzendes Angebot, welches neue in Kraft. Seit Mitte dieses Jahres gibt es Wir benötigen eine gesamtstaat- hunderts bewundern will, muss sich zung von Kulturdaten und Objekten und andere Zugänge zum Wissen und auch eine nationale Sonderlösung zu liche und europäische Agenda. Nur lediglich einen Bibliotheksausweis viele neue Nutzungsszenarien und Kulturerbe ermöglicht, welches fraglos den vergriff enen Werken. Es bleibt zu dadurch kann langfristig neben der der Staatsbibliothek besorgen. Sozial Mehrwerte ergeben und es sich lohnt, erhalten werden muss. hoff en, dass diese Regelungen in der analogen auch die digitale Nutzung Benachteiligte kostet das zehn Euro eine übergreifende und nachhaltige Praxis gute Wirkung entfalten. der Daten für die Bildung und die For- im Jahr. Über die Bereitstellung dieser Struktur für die Zugänglichmachung, Zugleich kommt, das dürfen wir schung sichergestellt werden. Das be- historischen Quellen durch Biblio- Vernetzung und Präsentation des Kul- bei der Diskussion um die Zukunft darf der weitergehenden Kooperation theken wird Kulturgut zu Gemeingut. tur- und Wissenserbes zu etablieren! Das digitale soll das der Sammlungen und des digitalen der unterschiedlichsten Einrichtungen Daher sollten sie fi nanziell immer gut So hat ein Gemeinschaftsprojekt der Kulturerbes nicht vergessen, eine aller Sparten, aus Gesellschaft, Wis- ausgestattet sein. Jede schwarze Null Fachhochschule Potsdam und der analoge Angebot rein digitale Komponente hinzu. Ge- senschaft und Politik und kann nicht muss vor einer schwarzen Letter Halt DDB, über die Visualisierung der Da- ergänzen, nicht rade in der Wissenschaft wird vielfach von einzelnen Einrichtungen allein vo- machen. Zugang zur Kultur darf kein tenbestände der DDB mithilfe inter- ersetzen nur noch digital veröff entlicht und rangetrieben werden. Digitalisierung Luxus werden. aktiver Visualisierungen innovative die Bibliotheken sehen sich zuneh- und Erhaltung des digitalen Kulturer- Wie wichtig die Konservierung dieses Perspektiven auf den Bestand der DDB mend mit einem »kulturellen Objekt« bes ist eben, wie auch die DDB selbst, kulturellen Erbes in Form von Digita- entwickelt, um die grobe zeitliche und konfrontiert, dass keine körperliche eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. lisaten ist, zeigen nicht nur Ereignisse räumliche Verteilung der Objekte und Die Staatsministerin für Kultur und Entsprechung mehr hat. Gleiches gilt wie der Brand der Herzogin Anna die verknüpften Themen, Personen Medien, Monika Grütters, hat im Ge- auch für die Archive, da die Verwaltung Ellen Euler ist Stellvertreterin des Amalia Bibliothek in Weimar , und Organisationen dieses Bestandes leitwort des ersten Bandes der Schrif- zunehmend digital erfolgt (Stichwort Geschäftsführers der Deutschen bei dem es fast zum Totalverlust der mithilfe interaktiver Visualisierungen tenreihe der DDB »Kulturelles Erbe in E-Government), sodass sich auch die Digitalen Bibliothek – Stiftung Musikaliensammlung gekommen ist. sichtbar und greifbar zu machen. Das der digitalen Welt« Johann Wolfgang Archive zunehmend um sogenannte Preußischer Kulturbesitz Selbst bei sorgfältigster Aufbewah- rung nagen an den Originalen die Zähne der Zeit und des Gebrauchs. Um einen schonenden Zugang zu er- möglichen, ist die Bereitstellung des historischen Materials im digitalen Raum ein probates Mittel. Zudem er- möglicht es in Zeiten internationaler Forschung einen Zugriff auch aus den entferntesten Regionen der Welt. Jedoch sind Maßnahmen, die man heute unter dem Begriff »Data Cu- ration« zusammenfasst, oftmals wesentlich personal- und kosten- intensiver als die Magazinierung und Erhaltung des Gedruckten und anderem analogen Materials. Unter diesem Aspekt habe ich als zustän- dige Berichterstatterin der Fraktion Die Linke für das Kulturressort in diesen Haushaltsberatungen auch einen Antrag eingebracht, die Mittel für die Digitalisierung des Filmerbes um zehn Millionen Euro zu erhöhen. Trotz seiner Ablehnung wird sich Die Linke unverdrossen auch weiterhin gegen Einsparungen im Kulturbereich zur Wehr setzen.

Gesine Lötzsch, MdB ist Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag und Vorsitzende des Haushaltsauschusses im Deutschen Bundestag KEIPER FOTO: CC BY/ JÜRGEN. Ein Scanroboter im Scanzentrum der Bayerischen Staatsbibliothek 22 ORIGINAL + DIGITAL www.politikundkultur.net Mein gerettetes

»Hamburg ohne Worte« Reiseaufzeichnungen gegen den Papierzerfall Bachs h-Moll-Messe Alexander v. Humboldts GABRIELE BEGER und Luthers Thesen... ie Zeitung ist die Konserve der Zeit« schrieb Karl Kraus. ISABEL PFEIFFERPOENSGEN Eine Konserve, die jahrzehntelang auf säurehaltigem BARBARA SCHNEIDERKEMPF Papier gedruckt wurde und deshalb zerbröselt. Das eien es die Flussläufe des Orinoco, das Innere eines Zitteraals D Schicksal von sechs historischen Hamburger Tages- s ist ein überaus beglückendes Gefühl, eine mit Unikaten der oder das Querschnittsdiagramm ineinander geschobener zeitungen als kulturelles Erbe wäre besiegelt, wenn nicht in der Weltkultur so reich bestückte Institution wie die Staatsbib- S Steinmassen: Von einem ungebremsten Forschungsdrang Freien und Hansestadt Hamburg zwei Maßnahmen die Originale E liothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz zu leiten. Erst getrieben, dokumentierte Alexander von Humboldt jedes noch so retten und die bestandsschonende digitale Nutzung weltweit er- kürzlich stellten wir der Öff entlichkeit einige unserer Pretiosen außergewöhnliche Detail seiner  bis  unternommenen möglichen würden. Unter dem Motto »Hamburg ohne Worte« war es vor, die im Oktober  von der UNESCO in das Register Memory Südamerika-Expedition. Von Land und Natur überwältigt, zeugen gelungen, die Politik für das Thema des Säurefraß in Druckwerken of the World aufgenommen worden waren: das Musikautograph seine nachträglich in neun Folio- und Quartbände gebundenen Rei- zu gewinnen: als die Bürgerinnen und Bürger der Stadt innerhalb der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach, einen der selte- seaufzeichnungen von der abenteuerlichen Erforschung eines nahe- eines Jahres über . Euro für den Erhalt des gedruckten nen Drucke der  Thesen von Martin Luther und die hebräische zu unbekannten Kontinents – eine Expedition, die die Wissenschaft kulturellen Erbes spendeten, beschloss der Senat ein langjähriges Handbibel, die Luther zur Übersetzung des Alten Testaments ins prägen sollte. Auf den knapp . dicht beschriebenen Seiten der Förderprogramm. Der Hamburger Senat stellt seitdem jedes Jahr Deutsche benutzte und dabei zahlreiche Notizen als Zeugnis seiner Tagebücher fi nden sich Notizen und Notate neben eindrucksvol- . Euro der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg intensiven Auseinandersetzung mit dem Text hinterließ. Nunmehr len Skizzen, nachträglich eingeklebten Zetteln und eingefügten (SUB) für die Entsäuerung der vom Papierzerfall bedrohten Biblio- hütet die größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutsch- Kollektaneen, die dem  geborenen Naturwissenschaftler und theksbestände zur Verfügung. Nach einer umfassenden Bestands- sprachigen Raum vier Stücke des UNESCO-Dokumentenerbes, denn Forschungsreisenden bis zu seinem Lebensende  als wichtigste aufnahme startete das spartenübergreifende Programm  unter schon im Jahr  wurde die Partitur Ludwig van Beethovens zu Quelle seiner Ideen dienen sollten. Wie kein anderer Forscher vor der Federführung der SUB und schließt alle historischen Bestände seiner Sinfonie Nr.  d-Moll op.  in dieses Register aufgenommen. ihm untersuchte er das komplexe Zusammenspiel von Erdkräften, in Hamburger Bibliotheken mit ein. Leider mussten wir erkennen, Wenn ich über diese und die vielen andere Schätze, die in den Klima, Natur und Mensch durchaus auch in globaler Perspektive – dass oft der Schadensgrad keine Entsäuerung mehr zulässt. So Tresoren der Bibliotheksgebäude Unter den Linden und Potsda- historisch betrachtet eine Revolution wissenschaftlicher Methodik. galt es zugleich für die Rettung der Inhalte Sorge zu tragen. Mit mer Straße / Kulturforum verwahrt werden, spreche, kann ich seit  konnte die Kulturstiftung der Länder dabei helfen, Hum- der Einrichtung eines Kompetenzzentrums Digitalisierung an einigen Jahren meine Zuhörer sofort einladen, sich selbst ein Bild boldts niedergeschriebenen Schatz an Weltwissen für Deutschland der SUB können besondere Bestände wie Karten, Handschriften, von diesem kulturellen wie auch wissenschaftlichen Reichtum zu sichern. Seit  als Depositum der Eigentümer und Erben seltene Drucke u.v.m. bewertet, digitalisiert, für die Webnutzung zu machen. Denn wir legen nicht allein den größten Wert darauf, Wilhelm von Humboldts in der Staatsbibliothek zu Berlin verwahrt, erschlossen und präsentiert werden. Im Rahmen des EU-Projekt die uns anvertrauten Schätze mit der jeweils besten Methode der wurden die Tagebücher  in das Archiv des Schlosses Tegel Europeana Newspapers mit  Partnern aus  Ländern wurden in Bestandserhaltung zu behandeln, sie etwa in klimatisch perfekt zurückgeführt. Nur mit einer außergewöhnlich großen Allianz von einem Massendigitalisierungsverfahren über  Millionen Seiten ausgerüsteten Tresoren in konservatorisch unbedenklichen Map- öff entlichen und privaten Förderern ist es der Stiftung Preußischer aus eben diesen sechs historischen Hamburger Tageszeitungen pen und Kassetten aufzubewahren. Seit einigen Jahren errichten Kulturbesitz schließlich gelungen, die wertvollen Manuskripte für digital aufbereitet, sodass ihre Inhalte gerettet und weltweit ge- wir mit unserer Digitalen Bibliothek zudem eine andere bedeuten- die Staatsbibliothek zu Berlin zu erwerben. nutzt werden können. Das Digitalisierungsprojekt ermöglichte de Säule, die dank des recht weit gereiften Digitalisierungs- und Als eindrucksvolles Kompendium eines unermüdlichen Da- zudem weitergehende Produkte, die im analogen Umfeld in dieser Erschließungsprogramms sukzessive wächst und die von jedem tensammlers üben die erhaltenen Tagebücher Humboldts eine Art kaum erbracht werden können. Die SUB konnte mit der vielbe- interessierten Menschen jederzeit virtuell betreten werden kann. unvergleichliche Faszination aus. Im Rahmen eines vom Bundes- achteten »App Weltbrand « für Tablet und iPad ihren Schatz Nach Herzenslust kann man also in den Unikaten und seltenen ministerium für Bildung und Forschung unterstützten Projekts historischer Zeitungen thematisch durch die Verknüpfung von Stücken stöbern, sich Partituren und andere Musikautographe, erfolgte unmittelbar nach dem Erwerb nicht nur die konservato- digitalen Objekten noch auf ganz andere Weise der Öff entlichkeit Tagebücher, Briefe, Manuskripte, Reisebeschreibungen, Erstaus- rische Sicherung und Kontextualisierung der Bestände, sondern präsentieren. Der Schutz wertvoller Originale und die digitale gaben berühmter Bücher und andere Materialien aller Art dicht auch ihre Digitalisierung – ein wahrer Glücksfall! So unersetzlich Aufbereitung ergänzen sich. Der Mehrwert für die Wissensvermitt- vor Augen holen, jedes Detail erforschen, neue Fragestellungen das Original ist, so wichtig und notwendig ist das Digitalisieren – lung – nicht nur für die Wissenschaft und Forschung – ist enorm. entwickeln und den Reichtum der Staatsbibliothek zu Berlin zum nicht nur im Sinne der Forschung, sondern auch um das Original Kostbare Originale können der Nachwelt schonend überliefert Ausgangspunkt der eigenen Forschungen bestimmen! Womit Sie zu schonen. Mit dem Ankauf der amerikanischen Reisetagebücher werden und die Nutzung kann mittels der Verknüpfung digitaler beginnen sollen? Vielleicht mit diesen: Alexander von Humboldts können die größtenteils noch unver- Objekte in einer völlig neuen Qualität erfolgen. • h-Moll-Messe von J. S. Bach – http://sbb.berlin/gbnf öff entlichten Manuskripte von der Forschung intensiv bearbeitet • Druck der  Thesen von M. Luther – http://sbb.berlin/tfuqw und der Öff entlichkeit zugänglich gemacht werden. Für das Kul- Gabriele Beger leitet die Staats- und Universitätsbibliothek • Hebräische Bibel Martin Luthers – http://sbb.berlin/bjfw turland und den Wissenschaftsstandort Deutschland ist damit Hamburg und lehrt an der Humboldt Universität zu Berlin und der • Sinfonie Nr. , d-Moll, op.  von Ludwig van Beethoven – Großartiges gelungen! Universität Hamburg Medienrecht http://sbb.berlin/pbtkv

Isabel Pfeiff er-Poensgen ist Generalsekretärin der Barbara Schneider-Kempf ist Generaldirektorin der Kulturstiftung der Länder Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz FOTO: STAATSBIBLIOTHEK ZU BERLIN / FOTOSTELLE / BERLIN ZU STAATSBIBLIOTHEK FOTO: FOTO: STAATS UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK HAMBURG UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK UND STAATS FOTO:

Skizzen und Beschreibungen von Fischen im Orinoco, Screenshot einer digitalisierten Seite der Hamburger KULTURBESITZ PREUSSISCHER  BERLIN ZU STAATSBIBLIOTHEK FOTO: Tagebuch Alexander v. Humboldt Nachrichten aus dem Jahr  Musikautograph J. S. Bachs: h-Moll-Messe Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  ORIGINAL + DIGITAL 23

Objekt... Das Perikopenbuch Heinrichs II.

KLAUS CEYNOWA

it einem Bestand von  Millionen Büchern, . Hand- Die Weimarer schriften, . Inkunabeln und . Drucken des M . Jahrhunderts zählt die Bayerische Staatsbibliothek zu Luther-Bibel von  den bedeutendsten Gedächtnisinstitutionen weltweit. Zugleich ver- Akte mit der Signatur fügt sie mit , Millionen digitalisierten Werken über den größten MICHAEL KNOCHE digitalen Datenbestand aller Kultureinrichtungen in Deutschland. X-Best.  A Einzigartig ist die Sammlung mittelalterlicher Handschriften, die u den größten Kostbarkeiten der Herzogin Anna Amalia zum Kern des deutschen schriftlichen Kulturerbes zählen, und un- Bibliothek gehört die erste Gesamtausgabe des Alten und BETTINA SCHMIDTCZAIA ter diesen nimmt das Perikopenbuch Heinrichs II. eine besonders Z Neuen Testaments von Martin Luther. Nachdem die Über- herausgehobene Stellung ein. setzung des Neuen Testaments bereits  erscheinen konnte, ie Akte mit der Signatur X-Best.  A  des Histo- Die Handschrift entstand zwischen  und  in der Mal- beschäftigte sich Luther mehr als zwölf Jahre lang mit der Über- rischen Archivs der Stadt Köln hat eine besondere Ge- schule des Klosters Reichenau und gehört zu einer Gruppe von setzung des Alten Testaments. Auch Philipp Melanchthon, der schichte. Nach dem Einsturz des Magazins  wurde  liturgischen Prachthandschriften, die herausragende Beispiele ein hervorragender Kenner der alten Sprachen war, und andere D sie mehr als ein Jahr später, am . November  mit des künstlerischen Schaff ens im . und . Jahrhundert darstellen. Freunde wirkten daran mit. Zunächst erschienen einzelne Teile dem Bagger aus einem Grundwassersee geborgen und schockge- Ein Teil dieser heute in Bibliotheken in ganz Europa aufbewahrten davon, bevor das Gesamtwerk in Wittenberg vom Druckerverleger froren, um weitere Schäden zu verhindern. Ein dabei anwesender Prachtcodices, darunter auch das Perikopenbuch, wurde  in Hans Luff t fertiggestellt und im Oktober  auf der Leipziger Journalist einer bekannten überregionalen Zeitung aus München das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen. Der Einband Buchmesse angeboten werden konnte. machte sie zum Gegenstand einer Langzeitdokumentation. Zug des Werkes gilt als einer der am reichsten geschmückten unter den Luther und sein Kreis waren keineswegs die ersten, die die Bibel um Zug verfolgte er ihren weiteren Weg vom Kühlhaus in die Ge- Prunkhandschiften aus ottonischer Zeit. ins Deutsche übertrugen. Vor ihnen gab es bereits  gedruckte friertrocknung zu Reinigung, Glättung, Ordnung und schließlich Ein Werk wie dieses verlangt eine kontinuierliche konservatori- deutsche Bibeln. Aber Luther war der erste, der nicht die lateini- Digitalisierung. Am Ende dieser Strecke witterte er die Sensation sche Betreuung und die strikte Einhaltung präziser Vorgaben seiner sche Version, die Vulgata, als Quelle nahm und diese Wort für Wort – doch statt eines unbekannten Nibelungenfragments fand er Teile Präsentation, vor allem hinsichtlich Raumklima, Beleuchtung und übersetzte, sondern den hebräischen, aramäischen und griechi- einer Konzessionsakte vor, die Ausstellung einer Schankerlaubnis Sicherheit. Hierzu zählen auch mehrjährige Ruhezeiten zwischen schen Urtext zugrunde legte. Damit verbunden war eine Befrei- für einen Kiosk in Köln-Nippes aus den er Jahren. Enttäuscht zwei Ausstellungsterminen. Umso eindrücklicher entfaltet sich ung vom lateinischen Sprachduktus. So entstand ein lebendiger, stellte sich der Journalist die Frage, ob es sich dabei denn um Kul- dann die Aura des Originals im Blick des Betrachters: Die große verständlicher Text. Luther verwendete eine bilderreiche Sprache, turgut handeln könne und der ganze Aufwand lohne? Ausstellung der Bayerischen Staatsbibliothek zu ihren ottonischen die dem gemeinen Mann »auff das maul sehen« wollte. Wenn die Er ist diesem Impuls nicht gefolgt, hat sich vielmehr zusammen und karolingischen Handschriften »Pracht auf Pergament« wurde Sache es erforderte, erfand er neue Wörter. So sind »Denkzettel«, mit den Archivaren darauf eingelassen, das scheinbar unschein- von nahezu . Besuchern gesehen. Für Bibliothekare ist die »Feuereifer«, »Herzenslust« oder »seine Hände in Unschuld wa- bare Stück näher zu betrachten und dabei immer neue Facetten bewahrende Sorge für das ihnen anvertraute Kulturgut nämlich schen« zum ersten Mal bei ihm belegt. Durch den Erfolg seiner der Vergangenheit zu entdecken, die es erschließt. Die in Köln nie Selbstzweck, sondern immer Funktion seiner Vermittlung für Bibelübersetzung wird Luthers oberdeutsch-ostmitteldeutsche so wichtige Veedelskultur der Kioske und Büdchen, die Kultur Wissenschaftler und Bürger – aber eben »für ewige Zeit«. Sprache nicht nur zum Bindeglied der reformatorischen Bewegung, des öff entlichen Alkoholkonsums während der Bonner Republik, Und hier kommt die Digitalisierung ins Spiel. Natürlich hat sondern erlangt auch nationale Bedeutung. Die Ausbildung einer die Integration von Migranten, die polizeilichen, ordnungs- und die Bayerische Staatsbibliothek auch das Perikopenbuch längst einheitlichen hochdeutschen Schriftsprache erhält durch ihn einen steuerrechtlichen Grenzen von all dem – wie im Brennglas lassen höchstaufl ösend digitalisiert und zur freien Nutzung ins Netz entscheidenden Impuls. sich diese Themen am konkreten Beispiel verfolgen. Die Akte ist gestellt, abrufbar etwa über die »Digitalen Sammlungen« der Bi- Das Weimarer Exemplar der Ausgabe in zwei Bänden mit den Sig- gemeinsam mit ihren vielen Brüdern und Schwestern in unseren bliothek unter der Signatur Clm . Dieses Digitalisat kann naturen Cl I:  b und c unterscheidet sich von den etwa  übrigen, Archiven der Schlüssel zur Vergangenheit. So wichtig die goldglän- nun in vielfältige, innovative Mehrwertdienste eingespeist wer- die weltweit noch erhalten sind, vor allem durch die Ausmalung zenden mittelalterlichen Handschriften sind: Ein modernes Archiv, den. Die Elfenbeinschnitzerei des Einbandes kann im D-Druck der  Holzschnitte und Bildinitialen. Sie sind nicht bloß koloriert, zumal ein Bürgerarchiv, das in der demokratischen Gesellschaft zum Schmuckobjekt für jedermann werden. Die Umwandlung der sondern mit blauen, grünen und roten Deckfarben prachtvoll aus- für alle und jeden da sein will und muss, und eben nicht nur für Scans in ein dreidimensionales digitales Buch ermöglicht seine gemalt und zum Teil mit Gold gehöht. Nicht nur der gedruckte Text eine schmale bildungsbürgerliche Elite, hat sicherzustellen, dass nahezu haptische Erkundung im virtuellen Raum. Die Einbindung transportierte das Wort Gottes, sondern auch das Bild. die Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger in allen Zeiten erfahr- in sogenannte virtuelle Forschungsumgebungen erlaubt den se- Die beiden Bände der Luther-Bibel gehören seit  zum Welt- und erforschbar bleibt. Dies kann weder die einzelne Akte, noch kundenschnellen Vergleich mit Handschriften anderer, global ver- dokumentenerbe der UNESCO. Sie standen beim Bibliotheksbrand die einzelne Zimelie aus Politik, Kultur oder Wirtschaft leisten. teilter Bibliotheken. Und die Integration derartiger digitalisierter  auf der . Galerie des Rokokosaals und konnten rechtzeitig Erst die Zusammenschau vieler Quellen, die wie ein Mosaik das Spitzenstücke in Apps wie die »Famous Books« der Bayerischen geborgen werden, bevor das Feuer sie erreicht hat. Auch Luthers Leben abbilden, ermöglicht jedermann seine individuelle Zeitreise Staatsbibliothek erschließt neue Nutzerkreise weltweit. Übersetzung des Neuen Testaments (September- und Dezember- in die Vergangenheit. Das Büdchen, geradezu das Paradigma der So entfaltet sich der Mehrwert des Digitalen gerade dort, wo das Testament) von  blieben unversehrt. Veedelskultur, ist ein unverzichtbarer Ort, um sich in Köln auf eine digitalisierte Original in vielfältigen Nutzungsszenarien des Net- solche Zeitreise zu begeben. zes »kontextualisiert« wird. Und diese Entgrenzung schärft umso Michael Knoche ist Direktor der Herzogin Anna Amalia Die Konzessionsakte zeigt die Notwendigkeit, den Blick auf mehr unser Gefühl für die unhintergehbare Einzigartigkeit des Bibliothek Weimar die Gesamtheit der archivischen Quellen zu weiten, die es alle Originals an seinem Standort in der Bayerischen Staatsbibliothek. zu erhalten und wenn nötig wiederherzustellen gilt, um blinde Flecken in unserer Geschichte zu vermeiden. Klaus Ceynowa ist Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek Bettina Schmidt-Czaia ist Leitende Archivdirektorin des Historischen Archivs der Stadt Köln FOTO: STADT KÖLN / HISTORISCHES ARCHIV HISTORISCHES / KÖLN STADT FOTO: FOTO: BAYERISCHE STAATSBIBLIOTHEK BAYERISCHE FOTO:

FOTO: KLASSIK SIFTUNG WEIMAR / OLAF MOKANSKY OLAF / WEIMAR SIFTUNG KLASSIK FOTO: Die Akte X-Best.  A nach der Bergung aus dem Weimarer Exemplar der Luther-Bibel von  eingestürzten Stadtarchiv in Köln Das Perikopenbuch Heinrichs II. 24 ORIGINAL + DIGITAL www.politikundkultur.net

Bilder als Zeitzeugen Zum fachgerechten Erhalt ger Weise und mit großer Detailgetreue, analoger Fotografi en wie unsere Welt aussah, was alles ge- schah und wie sich unsere Lebenswel- ten veränderten. HANNSPETER FRENTZ Dabei kommt dem Medium der ana- logen Fotografi e für die Wissenschaf- ie Erfi ndung der Fotografi e ten eine besondere Bedeutung zu, die im . Jahrhundert und die durch ihre digitale Reproduktion zwar neuen Möglichkeiten einer sinnvoll ergänzt, aber keinesfalls er- D massenhaften Verbreitung setzt werden kann. Analoge Fotografi en von Fotografi en in Druckerzeugnissen haben eine eigene Biographie, die sich ab dem Beginn des . Jahrhunderts aus dem Zeitpunkt ihrer Herstellung, haben unsere Wahrnehmung der Welt der angewandten Technik und dem Ziel entscheidend verändert und erweitert. ihrer Herstellung zusammensetzt. Ein Vor etwa  Jahren wurde das Zeitalter Foto in der Hand zu halten und es ge- der analogen Fotografi e, das rund  nau zu studieren, es umzudrehen und Jahre umfasste, durch die digitale Foto- die häufi g vorhandenen Informationen grafi e abgelöst. Viele ältere Fotografen, auf seiner Rückseite auszuwerten, führt die im Laufe ihres Lebens ein umfang- zu erheblich umfangreicheren Erkennt- reiches fotografi sches Werk erschaf- nissen als dessen Betrachtung in einer fen haben, stehen heute vor der Frage, Datenbank. was mit ihren Tausenden von Nega- In Erkenntnis der Bedeutung ana- tiven, Dias und Abzügen eines Tages loger Fotografien hat das Kunsthis- geschehen soll. An welche Einrichtun- torische Institut in Florenz  eine gen können sie sich wenden? Welche Empfehlung zum Erhalt analoger Fo- Institutionen fühlen sich verpfl ichtet, toarchive verfasst. In dieser »Florence Fotografi en zu bewahren? Die kom- Declaration« wird nachdrücklich auf die merziellen Bildagenturen können diese politische Aufgabe hingewiesen, ana- loge Fotoarchive als Instrumente und Gegenstände der wissenschaftlichen Forschung und als Orte der Bewahrung Wichtig ist vor allem, eines bedeutenden kulturellen Erbes dass die öff entliche langfristig zu bewahren. Rund 

Hand ihre Verant- Fachwissenschaftler, Archivare und SONNTAG JÖRG / KÖLN STADT FOTO: Fotografen haben die Erklärung bisher Bergung von Archivalien aus dem Schutt des eingestürzten Historischen Stadtarchivs der Stadt Köln wortung erkennt unterzeichnet. In Deutschland haben im Jahr  desarchive und Landesmedienzentren, schen Urheberrecht ablesbar. Nachdem ausreichenden inhaltlichen Angaben, Repräsentanten von Fotoverbänden die Deutsche Fotothek Dresden, das jahrzehntelang nur die künstlerische der Erhaltungszustand und vieles mehr. Aufgabe nicht leisten, weil die Kosten und Fotoarchiven in Zusammenarbeit Deutsche Museum in München und die Fotografi e einem urheberrechtlichen Wichtig ist vor allem, dass die öff ent- der konservatorisch fachgerechten Be- mit Wissenschaftlern auf Initiative der Bildagentur bpk der Stiftung Preußi- Schutz als Lichtbildwerk und somit ei- liche Hand ihre Verantwortung erkennt wahrung, der sorgfältigen inhaltlichen Zeitschrift »Fotonews« das »Netzwerk scher Kulturbesitz. Alle Einrichtungen ner Schutzfrist von  Jahren post mor- und den Fotoarchiven der öff entlich- Erschließung und Digitalisierung sowie Fotoarchive e. V.« gegründet. Der Ver- n ennen ihre Sammlungsschwerpunkte, tem unterlag, für Pressefotografi en und rechtlichen Institutionen die Mittel der Speicherung und Zugänglichma- ein hat das Ziel, verschiedene Initiati- gegebenenfalls vorhandene inhaltli- andere Fotos aber deutlich kürzere zur Verfügung stellt, die sie benötigen, chung über eine Bilddatenbank die zu ven zum Erhalt analoger Fotografi en che Einschränkungen, die rechtlichen Schutzfristen galten, beträgt der Ur- um ihre analogen Fotobestände als erwartenden Erlöse aus der Vergabe zu bündeln und zu vernetzen sowie und fi nanziellen Rahmenbedingungen, heberrechtsschutz seit  in Umset- visuelles Kulturerbe dauerhaft zu be- von Bildnutzungsrechten im Regelfall für Fotografen und Nachlassverwalter sonstige Anforderungen sowie ihre zung einer EU-Richtlinie einheitlich wahren, zu erschließen und zugänglich erheblich überschreiten. Auch Museen von Fotobeständen Informationen da- Kontaktadressen. für nahezu alle Fotografi en  Jahre zu machen sowie weitere bedeutende übernehmen meist keine kompletten rüber zu vermitteln, welche Archive in Fotografi en sind wichtige Zeugnis- post mortem. Fotokonvolute von Fotografen oder Archive eines Fotografen, sondern nur Deutschland noch analoge Fotobestän- se unserer Vergangenheit und eines Wir werden nicht alle analogen Fo- Nachlassverwaltern übernehmen zu einzelne ausgewählte Originalabzüge. de übernehmen. Auf der Website des höchst innovativen technischen Me- tografi en erhalten können. Dafür ist die können, um auch sie für die Nachwelt Es sind die öff entlich-rechtlichen Netzwerks kann sich der Interessent diums, aber sie sind, und das sollten wir fachgerechte Bewahrung und Erschlie- zu erhalten. Archive, die sich dieser Erhaltungsauf- genau darüber informieren, zu welchen nicht vergessen, auch eine bedeutende ßung von Fotografi en zu teuer. Wir wer- gabe stellen müssen. Fotografi en sind Konditionen  bedeutende öff entlich- Ausdrucksform menschlicher Kreati- den auswählen müssen. Kriterien dafür Hanns-Peter Frentz ist Leiter der Bild- die wichtigsten visuellen Zeugnisse rechtliche Institutionen bereit sind, vität. Die gestiegene Wertschätzung können sein: die inhaltliche Bedeutung, agentur bpk der Stiftung Preußischer unserer jüngeren Vergangenheit. Sie Fotokonvolute zu erwerben. Darun- der Fotografi e als bedeutende Krea- die fotografi sche Qualität, die techni- Kulturbesitz in Berlin und Mitglied des erzählen uns in äußerst vielschichti- ter sind das Bundesarchiv, viele Lan- tivleistung ihrer Urheber ist im deut- sche Qualität, das Vorhandensein von Netzwerks Fotoarchive

Die vielschichtige Aussagekraft der Fotografie Ein zeitgenössisches Medium von großer historischer Bedeutung

CLAUDIA SCHUBERT sich entschieden hat, dürfen bei Überle- chend auswerten zu können, benötigt die nach dem Ableben eines Fotogra- tungsweise unterworfen wird. Bringt gungen zur Zeitzeugenschaft der Foto- es fachspezifi sche Institutionen mit fen entstanden sind, oder auch Veröf- man beides in Abwägung, so lassen sich m das fotografi sche Bild, das grafi e keineswegs außer Acht gelassen der erforderlichen Ausstattung. Die fentlichungen in Büchern sind ebenso technische und formale Unterschiede sich seit seinen Anfängen in werden. Gerade die technischen Ver- Fotografi sche Sammlung/SK Stiftung von Bedeutung. Sämtlich liefern diese hervorheben, ebenso wie inhaltlich U der ersten Hälfte des . Jahr- fahren und Verwendungszwecke sind in Köln ist ein Beispiel hierfür, und am Abbildungen und Varianten zugleich verschiedene Aspekte. Geht die Buch- hunderts einen festen Platz in Kunst, von besonderer Bedeutung und werden sich dort befi ndlichen August Sander Rezeptionsansätze für einen fortlau- sequenz auf den Künstler selbst zurück, Kultur und Gesellschaft erobert hat, oftmals nicht genug berücksichtigt. Ha- Archiv lassen sich verschiedene der fenden interpretatorischen Zusam- so kann auch die Aufl age eines Buches kreist eine Vielzahl an Fragenstellun- ben einerseits die Kamera, der Dunkel- angesprochenen Aspekte veranschau- einen originären Charakter gewinnen gen, die gerade in Zeiten technischer kammerprozess wie auch etwa das ver- lichen. Von Sander, hochgeschätzt vor und zum hochkarätigen Sammlerstück Erweiterungen durch die digitalen wendete Abzugspapier einen direkten allem für sein Porträtwerk »Menschen werden. Möglichkeiten noch einmal an Rele- Einfl uss auf das zu entstehende Bild, des . Jahrhunderts«, beherbergt die Die Reproduzier- Gänzlich anders stellt sich der Um- vanz gewonnen haben. Insbesondere sind sie andererseits selbst Verweise auf Institution rund . originale Abzüge barkeit der Fotografi e gang mit der digitalen Fotografi e dar. der unmittelbare Gegenwartsbezug den jeweiligen Stand der Technik, auf sowie erhaltene Negativ-Glasplatten, ist in einer neuen Das Sammeln bezieht sich hier nicht der Fotografi e erfordert von daher die wirtschaftliche Möglichkeiten des Bild- an die . an der Zahl. Die Origi- Dimension mehr allein auf das fotografi sche Ob- Perspektive, dargestellte Sachverhalte autors und natürlich auf dessen Können, nalabzüge sind durchaus von unter- jekt, sondern vor allem auch auf Da- unter den medialen Vorzeichen kri- mit dem fotografi schen Material umzu- schiedlicher Anmutung, je nach Entste- angekommen ten, die zusammengeführt, gespeichert tisch zu betrachten. Eine fotografi sche gehen. So ist der Vintage Print, der vom hungskontext und Verwendungszweck. und immer wieder auf den neuesten Aufnahme verweist – die Rede ist hier Fotografen gefertigte oder autorisierte So existieren z. B. Auftragsarbeiten im technischen Stand gebracht werden vorrangig von der dokumentarischen Abzug, gerade durch seine Materialität kleineren, am Carte-de-Cabinet an- menhang. Nicht zuletzt unterscheidet müssen. Insofern erhält das Original Richtung – auf eine ausgewählte Situ- von einer vielschichtigen Aussagekraft. gelehnten Format sowie solche, die sich etwa das in den er und er eine Neudefi niton. Einmal mehr sind ation, auf verschiedene Orte oder zeigt Zu den beachtenswerten Insignien des Sander selbst als »Mappenabzüge« Jahren eingesetzte fotografi sche Mate- gültige Kriterien wie beispielsweise Menschen in Lebenssituationen, sei es Vintage Prints gehören zudem noch un- bezeichnete und als Vergrößerungen rial zwangsläufi g von dem in früheren hinsichtlich Zugriff srechten und mög- im Alltag oder unter ungewöhnlichen terschiedliche Aufschriften wie Signa- mit Passepartout fertigte. Diese erar- Zeiten verwendeten und so drückt sich licher Printproduktion eines Motivs Bedingungen. Die analytische Kapazität turen, Datierungen, Titel und eventuell beitete er oft ohne Auftrag und wollte im fotografi schen Abzug – seiner Gra- gefordert. Die Reproduzierbarkeit der des Mediums kann sich des Weiteren Editionsangaben, aber auch Vermerke sie im kulturell-künstlerischen Rahmen dation, seiner Papierqualität oder sei- Fotografi e ist in einer neuen Dimension etwa in einem konzeptuellen Ansatz technischer Art oder mögliche Inventa- verankert wissen, die Zielgruppe waren nem Aus schnitt – stets auch der foto- angekommen. des Fotografen besonders tiefgründig risierungsangaben, die allesamt wich- beispielsweise Sammler oder Museen. grafi sche Wille und der Zeitgeschmack entfalten. Auch bildkompositorische tige Hinweise auf die Arbeitsweise des Die Rezeption und Einschätzung aus. Claudia Schubert ist Wissenschaftliche Elemente sowie das jeweilige bildge- Fotografen geben und Rückschlüsse auf eines fotografi schen Werkes geht aber Oft sind es Monografi en und Künst- Mitarbeiterin und Kuratorin der bende Verfahren, das dem Fotografen die Gesamtidee eines Œuvres zulassen. auch über die Betrachtung eines Be- lerbücher, in denen das Original repro- Photographischen Sammlung der SK zur Verfügung gestanden bzw. für das er Um alle diese Informationen entspre- stands von Originalen hinaus. Abzüge, duziert und damit einer neuen Betrach- Stiftung der Sparkasse KölnBonn Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  ORIGINAL + DIGITAL 25

Die Schätze des Bundesarchivs Der Erhalt von Archivgut in der dynamischen Rente, einem der tra- sammenhänge um ganze Aktengruppen von Archivgut in seiner originalen Ge- erforscht noch stehen Methoden und seiner originalen Gestalt ist genden Pfeiler des deutschen Sozialsys- oder gar alle Akten einer bestimmten stalt ist eine angemessene archivische Techniken zur Verfügung, mit denen tems, als »Schatz« bezeichnen wollen? Behörde oder Einrichtung. Natürlich Lagerung in Magazinen, deren Klima diese Zeitbomben rechtzeitig entschärft die wichtigste Aufgabe Noch schwieriger ist es, genuin digitale bestätigt auch hier die Ausnahme die schädliche Einfl üsse ausschließt und werden können. Hier befi nden wir uns Unterlagen, die im Bundesarchiv nur Regel: Selbstverständlich wurde die dem Material immanente Zerfallspro- in einem Wettlauf mit der Zeit. MICHAEL HOLLMANN als Bits und Bytes verwahrt werden und am . Mai  in Berlin-Karlshorst zesse hemmt. Diese grundlegendste Schließlich darf man nicht aus dem nur auf einem Bildschirm eine ephe- unterzeichnete und im Bundesarchiv aller Voraussetzungen für den dauer- Blick verlieren, dass auch die Benut- elche besonderen Schätze mere Gestalt annehmen, als »Schätze« verwahrte Kapitulationserklärung, auch haften Erhalt archivischen Kulturguts zung des Archivguts – und der Zugang verwahrt das Bundesarchiv? anzusehen. als Einzeldokument restauriert. ist allerdings auch in Deutschland bei- zu Archivgut ist der eigentliche Da- W Diese oft gestellte Frage Scheut man sich für gewöhnlich, bei leibe noch nicht fl ächendeckend reali- seinszweck der Archive – eine poten- bringt mich jedes Mal in arge Verle- Kulturgut von Masse zu sprechen, ist siert, ganz zu schweigen davon, dass zielle Gefährdung darstellt. Durch die genheit. Nicht, dass das Bundesarchiv Modernes Archiv- dies insbesondere bei modernem Ar- die Kapazitäten ausreichen würden, intensivierte Herstellung sekundärer, keine wichtigen und besonderen Do- chivgut angebracht und sogar notwen- um das künftig durch die Archive zu ihrer Form nach digitaler Benutzungs- kumente, Filme oder Fotos verwahren gut ist Kulturgut in dig. Allein das Bundesarchiv verwahrt übernehmende Archivgut angemessen formen könnten die Randbedingungen würde; aber die Schatzmetapher mit Massen für die Zeit seit  mehr als  lau- unterzubringen; Archive sind – das darf für den Originalerhalt deutlich verbes- ihren auf Einzelobjekte bezogenen Kon- fende Kilometer Akten, und jedes Jahr man nicht aus dem Auge verlieren – auf sert werden. notationen des Kostbaren, Schönen und kommt – als Ergebnis eines strengen Zuwachs angelegte Gedächtnisinsti- All diese Überlegungen dürfen aber Besonderen scheint auf das Archivgut Die Notstandsgesetze von  etwa Auswahlverfahrens, an dessen Ende ca. tutionen. nicht den Blick darauf verstellen, dass des Bundesarchivs, ja für Archivgut in haben die Entwicklung der Bundesre-  Prozent der dem Bundesarchiv an- Erhebliche Desiderate müssen in die Archive tatsächlich Schätze von seiner großen Masse nicht wirklich zu publik Deutschland in entscheidender gebotenen Unterlagen verworfen und den Archiven – ebenso wie in den Bib- größtem Wert verwahren. Sie sind ein passen. Hier muss ich also etwas weiter Weise geprägt. Ihre im Bundesarchiv kassiert werden – ein guter Kilometer liotheken – im Bereich des Erhalts von wesentlicher und konstitutiver Teil der ausholen. verwahrten Urschriften sind hinsicht- hinzu; mehr als  Millionen Fotos und archivalischen Objekten festgestellt Erinnerungskultur, auch wenn es sich Es versteht sich von selbst, dass jedes lich ihrer Aura wenig spektakulär, zu- . Filme mit über , Millionen werden, die aufgrund der schlechten nicht immer um die schönen und im Archiv auch herausragende Archivalien mal der Text der Gesetze in gedruckter Filmrollen gehören ebenfalls zu den chemischen Konsistenz ihrer Träger- engeren Sinne kostbaren Dinge handelt verwahrt, die man mit Fug und Recht Form allgemein zugänglich ist. Die Ak- »Schätzen« des Bundesarchivs. Und da- und massenhaftes Archivgut insgesamt als »Schatz« bezeichnen kann, so etwa ten der Bundesregierung bilden jedoch bei handelt es sich grundsätzlich um in den Augen der Öff entlichkeit eine die Goldene Bulle Karls IV. von , die gesellschaftliche Diskussion und unikale, also per se besondere archiva- Der Wert liegt im sprödere Materie darstellt als etwa mit- den Westfälischen Frieden von , den politischen Prozess ab, als deren lische Objekte, die es so lange als irgend Umfang der riesigen telalterliche Urkunden und illustrierte Schindlers Liste oder die Urschrift des Ergebnis die Gesetze durch den Bun- möglich im Original zu erhalten gilt. Handschriften. Das Grundgesetz und Grundgesetzes. Aber würde man auch destag verabschiedet wurden. Nur die Angesichts derartiger Umfänge ver- Sammlung, weniger in die Reichsbahn -Transportlisten, der die Verfügung über die Absetzung der archivalische Überlieferung in ihrer bietet es sich in aller Regel, dem ein- Einzelobjekten »Preußenschlag« und das Gesetz über Preußischen Regierung am . Juli  Gesamtheit bildet den Sinn- und Ver- zelnen Dokument, dem einzelnen Foto die dynamische Rente sind nicht als (»Preußenschlag«), die Transportlis- stehenszusammenhang der Notstands- allzu viel Aufmerksamkeit zu schenken, Einzeldokumente, sondern vielmehr ten der Reichsbahn für die Züge in die gesetze. wenn dieses nicht gerade akut in sei- materialien akut vom Zerfall bedroht als Sinnzusammenhänge Teil unseres Vernichtungslager, den sogenannten Im Fokus archivarischer Überlegun- nem Erhalt gefährdet ist. Die konserva- sind. Saures und zellstoff haltiges Pa- kollektiven Gedächtnisses und als Sinn- Hitler-Stalin-Pakt, die Kabinettspro- gen und Planungen zum Kulturguter- torischen und restauratorischen Über- pier und vom Essigsäuresyndrom be- zusammenhänge zu erhalten. tokolle der Bundesregierung oder die halt stehen daher weniger einzelne legungen müssen im Archiv allgemei- drohte Filme seien hier stellvertretend Akten des Bundesarbeitsministeriums Dokumente oder Akten; vielmehr geht ner und möglichst präventiv ansetzen. genannt. Weder sind all diese material- Michael Hollmann ist Präsident betreff end das Gesetz zur Einführung es im Interesse des Erhalts der Sinnzu- Von größter Bedeutung für den Erhalt immanenten Bedrohungen ausreichend des Bundesarchivs FOTO: STAATSBIBLIOTHEK ZU BERLIN  PREUSSISCHER KULTURBESITZ KULTURBESITZ PREUSSISCHER  BERLIN ZU STAATSBIBLIOTHEK FOTO: MÜLLER F. JÖRG / KULTURBESITZ PREUSSISCHER  BERLIN ZU STAATSBIBLIOTHEK FOTO: Starker Tintenfraß an einem Notenblatt aus der Mitte des . Jahrhunderts in der Staatsbibliothek zu Berlin – Fünf Kinderbücher aus der wissenschaftlichen Sondersammlung zur Kinder- und Jugendli- Preußischer Kulturbesitz teratur der Staatsbibliothek zu Berlin 26 ORIGINAL + DIGITAL www.politikundkultur.net

Original und Digital Zur Zukunft der Sammlungen in Archiven und Bibliotheken – Statements von Theresia Bauer, Anke Spoorendonk und Eva-Maria Stange

Grundlage für das kollektive Gedächtnis Unabdingbar für den Erhalt

THERESIA BAUER mationsgewinnung und die Kommu- Ein exemplarisches Digitalisierungs- nikationsformen revolutioniert und projekt, mit dem wir die Profi lierung von Kulturgut Der Erhalt schriftlicher Überliefe- damit auch die Rahmenbedingungen der universitären Forschung und rung im Original ist die Grundlage für die wissenschaftliche Arbeit Lehre in Baden-Württemberg im glo- ANKE SPOORENDONK aber nie ein vollständiger Ersatz der für das Gedächtnis unserer Gesell- verändert. Digitalisate als Teil einer balen Kontext unterstützen, ist das Originale sein. In klar defi nierten schaft. Diese Aufgabe ist eine ge- E-Science-Umgebung ermöglichen gemeinsame Forschungsprojekt des Schleswig-Holstein verfügt neben Einzelfällen wird deshalb sicher auch samtstaatliche, die bestandsbezogen es Wissenschaft und Forschung, Landesarchivs und der Universität den großen Einrichtungen über eine in Zukunft auf sie zurückgegriff en zwischen Bund, Ländern und Kom- zeit- und ortsunabhängig mit dem Stuttgart zur Demokratiegeschichte Fülle von kleinen Archiven und Bib- werden können. munen koordiniert werden muss. kulturellen historischen Erbe zu im deutschen Südwesten, das mit liotheken in kommunaler, kirchlicher Der Zugang zum Kulturgut hat sich Die Fülle forschungs- und kulturell arbeiten und dank der internationa- . Euro gefördert wird. oder privater Trägerschaft. Alle sind grundsätzlich durch die Digitali- relevanter schriftlicher Überliefe- len Vernetzung dieses Erbe immer Die Digitalisierung fl ankiert die Be- Teil unseres kulturellen Erbes, das wir sierung erheblich erweitert und rung in den baden-württember- wieder neu zu kontextualisieren. Sie standserhaltung, erübrigt aber nicht erhalten müssen. Eine systematische demokratisiert. Die vernetzte Infor- gischen staatlichen Archiven und sind ein wesentlicher Beitrag zur die konservatorischen und restaura- Bestandsaufnahme im Jahr  hat mationsbereitstellung revolutioniert Bibliotheken als zentralen Infra- Beschleunigung der Forschung, zur torischen Maßnahmen am historisch ergeben, dass namentlich in diesen insbesondere die Benutzungsmög- struktureinrichtungen für Lehre und Setzung neuer Forschungsimpulse wertvollen und oft unikalen Original. kleineren Einrichtungen die Schäden lichkeiten von Archiven und Biblio- Forschung stellt die Landesregierung und zur Erschließung des Materi- erheblich waren. Deshalb musste theken. Mit regionalen, nationalen vor eine doppelte Herausforderung: als. Bislang unbekanntes oder nur Theresia Bauer, MdL ist Ministerin für schnell gehandelt und Geld bereit- und europaweiten Plattformen wird Zum einen geht es um den Erhalt schwer zugängliches Material kann Wissenschaft, Forschung und Kunst gestellt werden, um eine weitere und eine Infrastruktur geschaff en, die die der Originale, zum anderen müssen der Forschung sichtbar und zugäng- des Landes Baden-Württemberg damit unwiederbringliche Zerstörung verknüpfte Präsentation von Katalog- Wissenschaftler mit den neuesten lich gemacht werden. der Originale zu verhindern. Dieser daten und Digitalisaten ermöglicht. Methoden und der dafür nötigen Inf- Im Rahmen seines  erschiene- Aufgabe hat sich das Land gestellt, seit Beispiele sind die Deutsche Digitale rastruktur arbeiten können. nen E-Science-Fachkonzepts hat das  gibt es – zeitgleich zum Bund Bibliothek, das Archivportal D als Dem Erhalt der Originale dient in Ministerium für Wissenschaft, For- – auch in Schleswig-Holstein ein Teilprojekt der DDB oder in Schles- Baden-Württemberg insbesondere schung und Kunst Baden-Württem- Programm und fi nanzielle Mittel zur wig-Holstein das Projekt DigiCult mit das Landesrestaurierungsprogramm. berg daher eine spartenübergreifende Erhaltung von schriftlichem Kultur- der Museumsplattform www.museen- Es weist dem Institut für Erhaltung Digitalisierungsstrategie für die Di- gut, von dem große (Landesbibliothek, nord.de. Damit gelingt es, Benutze- von Archiv- und Bibliotheksgut die gitalisierung von forschungsrelevan- Landesarchiv, große kommunale und rinnen und Benutzern neue Zugangs- Funktionen einer Koordinierungs- tem Kulturgut vorgelegt. wissenschaftliche Archive und Bib- wege zu Informationen zu bieten und stelle sowie einer Zentralwerkstatt Die Zahl der Digitalisate aus Bestän- liotheken) und kleine Einrichtungen für die Archive und Bibliotheken neue für die im Programm zusammenge- den der staatlichen Archivverwaltung profi tieren. Die Landesregierung hat Benutzergruppen zu gewinnen. schlossenen Einrichtungen zu. Zu sowie der Universitäts- und Landes- diese Mittel trotz der angespannten Archive und Bibliotheken in Schles- diesem Programm gehören auch die bibliotheken hat sich in den letzten Haushaltslage seitdem deutlich er- wig-Holstein gehen bereits jetzt nach Restaurierungswerkstätten der Uni- zwei Jahren verdoppelt und beträgt höht, im aktuellen Haushalt stehen diesen Prämissen vor. Sie stellen ihre versitäts- und Landesbibliotheken aktuell , Millionen Images. Unser . Euro zur Verfügung. Fachlich Findmittel und Kataloge online zur und der größeren Archive. Ziel ist es, diese Zahl in den kommen- betreut wird das Programm von einem Verfügung. Sie digitalisieren priori-

Digitale Werkzeuge haben die Infor- den Jahren sukzessive zu erhöhen. MWK FOTO: Beirat, der gemeinsam mit der Kul- sierte Bestände und präsentieren sie turabteilung meines Hauses über die in eigenen Online-Anwendungen. Priorisierung bei der unmittelbaren Zwei aktuelle Beispiele: Im Novem- Schadensbehebung entscheidet. Dar- ber  hat das Stadtarchiv Kiel über hinaus geht es aber auch um die das Fotoarchiv online gestellt, mit weitere strategische Planung, z. B. die freiem Zugang und der Möglichkeit Schaff ung von Notfallverbünden, not- der Weiternutzung von Bilddaten. In Barrierefrei und weltweit wendige Baumaßnahmen, Schadens- Lübeck steht ebenfalls seit November prävention, Schaff ung von besseren  ein großer Teil des Altbestandes zugänglich Möglichkeiten zur Nutzung der Be- der Stadtbibliothek, darunter Hand- stände und in diesem Zusammenhang schriften und Inkunabeln, im Internet. EVAMARIA STANGE für Wissenschaft und Kultur mit Martin Luther im Besitz der SLUB als natürlich ganz wesentlich auch um Nach und nach sollen weitere Be- jeweils , Millionen Euro initiiert, Weltdokumentenerbe am . Oktober die Digitalisierung. stände digitalisiert werden. Mir liegt Seit Jahrhunderten sammeln und um die Massendigitalisierung von . Die Handschrift steht bereits Der Erhalt von Originalen hat in allen sehr daran, dass auch die kleineren bewahren Bibliotheken, Archive und Bibliotheksgut in den großen Wis- digital frei zur Verfügung. Auch die Archiven und Bibliotheken oberste Einrichtungen von den Chancen der Museen Kulturgut unterschiedlichs- senschaftlichen Bibliotheken und zweite große wissenschaftliche Bib- Priorität. Ihre Erhaltung für künftige Digitalisierung profi tieren können, im ter Art: Drucke und Handschriften, die Digitalisierung von besonderen liothek des Freistaats, die Universi- Generationen ist ein Wert an sich. Sinne der Sicherung ihrer Bestände Gemälde, audiovisuelle Medien u.a. Sammlungen und Einzelstücken tätsbibliothek Leipzig, verknüpft in Entscheidend ist nicht, wie alt ein und im Sinne der Benutzerinnen und und stellen es ihren Nutzern und in kleineren Einrichtungen durch- ähnlicher Weise die Bewahrung des Original ist, sondern ob es sich um ein Benutzer. Digitalisierung ist keine Besuchern zur Verfügung. Erstmals zuführen. Die Digitalisate werden Schriftguts mit seiner Digitalisie- singuläres Exemplar mit besonderer nice-to-have-Angelegenheit. Es geht können wir heute mit unserer Li- langzeitarchiviert und damit auch in rung, die ebenfalls nachhaltig sein Bedeutung für die Landesgeschich- um die Erhaltung unseres kulturellen teratur, unseren Archivalien und digitaler Form für die nächsten Ge- muss. Der beste Schutz der Origina- te handelt. Die älteste Urkunde im Gedächtnisses und um die Zukunft Exponaten in ihrer digitalisierten nerationen bewahrt. Das Programm le ist die Präsentation im Internet: schleswig-holsteinischen Landesar- unserer Archive und Bibliotheken. Form barrierefrei und weltweit je- wird von der Sächsischen Landesbi- Was im kulturellen Gedächtnis der chiv stammt aus dem Jahr , die Daran arbeiten wir und dafür stellen den Menschen erreichen. bliothek – Staats- und Universitäts- Welt verankert ist, kann nicht ver- Amrumer Kirchenbücher sind aus dem wir Unterstützung und Finanzmittel Sachsen als Land der Kunst und bibliothek koordiniert, die zugleich schwinden. . Jahrhundert. Die Notwendigkeit zur Verfügung. Kultur hat ein besonderes Interesse in ihren Digitalen Sammlungen the- ihrer Erhaltung wird sicher von nie- an der virtuellen Präsentation sei- matische und institutionelle Schau- Eva-Maria Stange ist Staatsministerin mandem in Frage gestellt. Off ensicht- Anke Spoorendonk ist Ministerin für nes Kulturguts, die orts- und zeit- fenster anbietet. für Wissenschaft und Kunst des lich ist auch, dass Druckwerke aus Justiz, Kultur und Europa des Landes unabhängig im Internet erfolgt. Die Digitalisierung und Bewahrung des Freistaates Sachsen säurehaltigem Papier und Schäden Schleswig-Holstein großen Einrichtungen des Freistaats schriftlichen Kulturguts gehen dabei durch Unglücke und unsachgemäße wie die Sächsische Landesbibliothek Hand in Hand. Die Digitalisierung Lagerung schnell restauriert werden – Staats- und Universitätsbibliothek bedeutet nicht, dass das Original müssen, wenn man sie nicht für im- Dresden (SLUB) und die Staatlichen vernachlässigt wird. Die Sächsische mer verlieren will. Seit einigen Jahren Kunstsammlungen Dresden zeigen Landesstelle für Bestandserhaltung entsteht aber auch Kulturgut, das in in ihren virtuellen Schaufenstern führt Maßnahmen in Prävention seinem ursprünglichen Zustand schon schon eine große Zahl an kulturell und Konservierung des Schriftguts digital ist und kein analoges Original und wissenschaftlich wichtigen durch, sichert die Bücher im Kata- mehr kennt. Eine nachhaltige Strate- Zeugnissen aus ihren Sammlungen. strophenfall wie bei Hochwasser, gie zur Bestandserhaltung muss diese Viele kleinere Bibliotheken im Frei- und restauriert wertvolle Schriften. große Bandbreite berücksichtigen. staat verfügen jedoch nicht über die Kürzlich konnte eine einzigartige Archive und Bibliotheken digitalisie- geeignete Technik und Infrastruktur, Klimakammer für die Pergament- ren aus zwei unterschiedlichen, aber um ihre wichtigen Sammlungsge- restaurierung an der Landesstelle fachlich gleichwertigen Gründen: genstände zu digitalisieren und im in Betrieb genommen werden, um diese sind Bestandserhaltung und Netz zu präsentieren. anspruchsvolle Pergamentrestaurie- Benutzung. Digitalisate schützen das Der Freistaat Sachsen hat daher rungen noch besser durchführen zu Original vor zu häufi gem Gebrauch für die Jahre  und  ein können. Dies geschah anlässlich der und der entsprechenden Abnut- FOTO: MARTIN RULSCH MARTIN FOTO: Landesdigitalisierungsprogramm Aufnahme eines Manuskripts von zung. Selbstverständlich können sie BATHGE OLAF FOTO: Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  REAKTION 27

Notwendig

Zum Schwerpunktthema Gibt es eine Leitkultur und der Ausgabe / wie sollte sie dann aussehen? Das Th ema „Wertedebatte« in AYYUB A. KÖHLER der Ausgabe 6/2015 hat die ch war froh, nichts mehr von der Leser besonders beschäft igt. Leitkultur zu hören. Während mei- I ner Amtszeit sind insbesondere wir Muslime damit genervt worden. Leider hat uns schon damals niemand sagen können, was die deutsche Leitkultur sei und an was wir (auch ich als deutscher Muslim) uns anpassen sollen. Leitkultur ist uns immer als ein Aus- schlusskriterium vorgekommen und um uns als fremdartig vorzuführen. Hinter der Debatte stand immer der Wunsch der Assimilation. Ich habe viel darüber in Vorträgen geredet und auch publi- ziert (z. B. in: (Hrsg.), Verfassung Patriotismus Leitkultur, Was unsere Gesellschaft zusammenhält, Hoff mann und Campe, Hamburg , S. ff ). Da ist meine Meinung über die Leitkultur in Kurzfassung nachzulesen. Dass der Deutsche Kulturrat in diese neuerliche Debatte eingreift, entspricht seinem Auftrag und ist notwendig, weil Damit Kultur Dialoge die so genannte deutsche Leitkulturde- batte wieder von den mehr oder weniger Rechten in unserer Gesellschaft und FOTOLIA.COM / RATHS ALEXANDER FOTO: führen kann Politik demagogisch missbraucht wird. Der Zeitpunkt für diese Debatte ist Zum Beitrag von Sven Scherz-Schade zur Landeskulturpolitik in Brandenburg allerdings in jeder Beziehung ungüns- tig. Die Diskussion und Haltung in ULRIKE LIEDTKE zu wenig Gespür für das, was Beihil- atertreffen im nächsten Jahr, in Deutschland, aber auch in Europa, in fe bedeutet. Die Diskussion dazu hat Neuruppin wird der Chorkomponist der jetzigen Flüchtlingskrise lässt einen erade zeigt die Stiftung schon viel bewirkt: Größere Städte wie Ferdinand Möhring geehrt und die an unserer Kultur zweifeln. Warten Preußische Schlösser und Frankfurt (Oder), Brandenburg und Fontane-Feierlichkeiten  dürf- wir mal ab, mit welcher Leitkultur wir Gärten Berlin-Brandenburg Cottbus bekennen sich leidenschaftlich ten sich bald in Bundes- und Landes- schon in naher Zukunft in der Welt im ehemaligen Theaterbau zu ihren Musikschulen im Rahmen der haushalten fi nden. In Schwedt soll ein angeben können und wie beispielhaft G der Sophie Charlotte eine Ausstellung Daseinsvorsorge. Lern- und Erinnerungsort im ehema- wir dann einladend und integrativ noch »Frauensache« über Geliebte, Prinzes- Musikalische Bildung ist auch The- ligen Militärgefängnis entstehen, in dastehen, wenn sich unsere Rechten sinnen und Königinnen, die Kultur in ma einer Großen Anfrage der Regie- Rheinsberg wartet die Blockwarte des durchsetzen. Ermangelung politischer Macht zu rungskoalition an die Regierung. Das  abgebauten Kernkraftwerkes auf Sie haben Recht, das Grundgesetz ihrem Lebensinhalt erklärten oder geht, wenn allen Beteiligten Qualität eine Besichtigungsmöglichkeit als in- nicht als einziges Kriterium für unsere mittels Kultur politische Macht aus- und Kontinuität der musikalischen genieurtechnisches Denkmal (jeder Kultur verwenden zu wollen. Ich glau- Ehrliche bauten – so wie die Cembalo spielende Bildung am Herzen liegen.  Seiten im Osten kennt das – Rückseite des be, dass es moralische Kriterien sind, Großmutter von Friedrich II., die Na- verzeichnen Antworten auf  Fragen, DDR-Zehn-Mark-Scheins!). Bei den mit denen wir uns beschreiben sollten. mensgeberin von Schloss Charlotten- initiiert vom Landesmusikrat Bran- Künstlernachlässen kann Brandenburg Ohne, dass ich mich mit allen einzel- Debatte burg. Das macht nachdenklich, über denburg. In den Antworten heißt es: Vorreiter sein – auf der Internetseite nen Kriterien versuche, verständlich Politik und Kultur, Kulturförderung, »An  allgemeinbildenden Schulen des Vereins »Private Künstlernachläs- zu machen, nenne ich bloß die »Art Zum Schwerpunktthema Zeitgeschmack, kulturelle Identität, in öff entlicher Trägerschaft wird in se im Land Brandenburg e.V.« fi nden des Umgangs in unserer Gesellschaft« der Ausgabe / Nachhaltigkeit über Jahrhunderte den Jahrgangsstufen eins bis zehn sich die ersten kunstwissenschaftlich und wie man beispielsweise mit den hinweg… Musikunterricht im Klassenverband digitalisierten Nachlässe. Wer etwa intimsten Gefühlen religiöser Men- SUZAN ÖCAL Bestimmt ist die Schlösserstiftung erteilt. An  dieser Schulen ist kei- eine multimediale Veranstaltung schen umgeht oder mit dem Heiligen. für das Land Brandenburg das Top- ne für das Fach Musik ausgebildete zum schlichten Thema »Winter« Das ist heute doch alles erlaubt. Ich Gekonnt, ernsthaft und multipers- Thema schlechthin und mit unkon- Lehrkraft tätig. In  Klassen wird plant, fi ndet »Göhlsdorf im Winter« spreche also von einem unzivilisier- pektiv war die Schwerpunktsetzung ventionellen Ausstellungsformaten in den Jahrgangsstufen eins bis zehn () von Hubert Globisch (-) ten bzw. unkultivierten Umgang, der »Wertedebatte statt Leitkultur«. mittendrin im aktuellen Kulturdiskurs, Musikunterricht im Klassenverband mit Skizzen zum Bild, kunstwissen- allenthalben in unserer Gesellschaft So unterschiedlich Haltungen sozusagen direkt neben der schutzsu- erteilt. In  Klassen wird dieser Un- schaftlich erfasst, auf aktuellem Wis- schon selbstverständlich geworden ist und Annäherungen an das Thema chenden Bronzefi gur »Kunji« der  terricht nicht durch Fachlehrerinnen senschaftsstandard, global einsehbar. und sogar prämiert wird. Ich spreche sind, sie verdeutlichen den Wunsch kunstpreisausgezeichneten Gudrun und -lehrer gegeben.« Klare Fakten, Die Bilder befi nden sich in Privatbesitz, vom Anstand. Ich habe andere Kultur- – die Notwendigkeit – nach einer ehr- Kühne und neben den Vorbereitun- keine Schönrederei. Genau deshalb ist hängen irgendwo über dem Sofa, in kreise kennengelernt, in denen man uns lichen Debatte um die Gestaltung gen auf das Education-Projekt des diese Große Anfrage nötig. Es fehlen einer Arztpraxis, in einem Büro – der als Barbaren bezeichnet. Selbst unsere unserer Gesellschaft. Brandenburgischen Staatsorchesters Musiklehrer, die Universität Potsdam Verein Künstlernachlässe verbindet eigenen Dichter haben darüber Lieder Wie wollen wir – Alte, Männer, Frankfurt (Oder) über RITUALE, welt- bildet sie aus und es wird Anreize ge- das private Engagement mit öff entli- gesungen. Migranten, Lesben, Singles, ... – vor liche, religiöse. Kunstthemen liegen ben müssen, sie im Kulturland Bran- cher Teilhabe, Kunstgeschichte wird Ich wünsche mir, dass die neuerliche dem Hintergrund stetiger dynami- in der Luft – Klimawandel, Genmani- denburg zu halten. Die viel beklagte lebendig. Bis jetzt nur ehrenamtlich. Leitkulturdebatte nicht mehr selbstge- scher Veränderungen unseres Um- pulation, Hirnforschung, Anderssein, Wertschätzung für das Fach Musik in Und nun sind bereits Profis wie fällig und selbstgerecht geführt wird, feldes zusammenleben? Was ist die Integration, vielleicht auch einfach der Schule ist seit Jahresbeginn de- Laienverbände engagiert dabei, eine sondern indem wir uns dabei einmal verbindliche Grundlage, die für alle nur zeitlose Themen wie Wärme, Ge- fi nitiv gestiegen, dank eines gegen neue Kulturaufgabe umzusetzen – den den Spiegel vor das ungeschminkte gilt, auf der persönliche Freiheiten borgenheit, Ankommen. Kulturpolitik Unterrichtsausfall durchgreifenden Dialog der Kulturen. Kleine Finanz- Gesicht halten. Bitte, halten Sie mich möglich sind? Welche kulturellen hat Rahmenbedingungen zu schaff en, Ministers und seines musikalisch am- töpfchen für Willkommenskultur nicht für einen Verächter unserer Kul- Errungenschaften sind uns wertvoll damit Kunst bewegen und Kultur Dia- bitionierten Staatssekretärs, sicher gibt es, aber muss nicht ein Teil der tur. Ich weiß sehr wohl, was wir an uns – was kann bleiben bzw. ist schon loge führen kann. auch dank der Großen Anfrage. Bundesförderung für Flüchtlinge den schätzen können und worauf wir stolz längst überholt? Dabei geraten kulturpolitische Fra- Eine bessere Finanzausstattung Kulturträgern zugutekommen? Wie sein können. Und ich verteidige auch Ja, kontroverse Diskussionen, De- gestellungen derzeit schnell in das für die Kultur soll es geben, kündigte kann unser Kultur- und Landschafts- unsere Kultur – besonders die Werte batten um Grundsätze und Dispute Fahrwasser von TTIP – sind Zuwen- Ministerin Sabine Kunst kürzlich beim raum sprachlos besser veranschaulicht und Bildungsgüter, die leider vergessen um heikle Themen sind anstrengend dungen an Musik- und Kunstschulen Kulturempfang der SPD-Landtagsfrak- werden als im Naturkundemuseum? oder verdrängt werden. Unsere Kultur – Punkt. Wenn wir aber unsere Ge- Begünstigungen von Unternehmen, tion vor  Gästen an. Für Theater Die Potsdamer bieten sich an. Jedem ist vital genug, dass wir keine Angst vor sellschaft tatsächlich weiterentwi- die den Wettbewerb verzerren? Na- und Orchester als gesellschaftliche Kulturmenschen fällt ein Flüchtlings- dem Fremden haben brauchen. ckeln wollen, dann ist eine respekt- türlich nicht, denn sie erwirtschaften Zentren ihrer Regionen wird es exis- projekt ein, aber dafür braucht er Ins- Ich möchte nun ermutigen, sich in volle Auseinandersetzung mit den keinen Gewinn, sondern gesellschaft- tentiell notwendig, jahrelange Kürzun- trumente, Malzeug, Handwerksmittel, die unsägliche Leitkulturdebatte ein- unterschiedlichsten Menschen – ein lichen Mehrwert. Die gerade erfolgte gen abzufangen. Und Haustarife dürf- Arbeitskraft und Zeit. Profi s müssen zumischen, damit sie, vielleicht auch Verhandeln über ein gemeinsames Novellierung des Musik- und Kunst- ten in einem SPD-regierten Land keine ganze Projekte durchrechnen. Und unter einem anderen prägenden Begriff , kulturelles Selbstverständnis – un- schulgesetzes Brandenburg – das fest- Lösung sein. Aber wird es auch eine wie wäre es mit Rentenpunkten für wenigstens entpolitisiert wird. verzichtbar. geschriebene Recht auf Musikschul- Finanzierung neuer Vorhaben geben? gemeinnützige Tätigkeit? Bundespoli- Veränderungen erfordern das He- förderung, um das Brandenburg von Welche Stellung nimmt die Förderung tik. Wie war das bei Sophie Charlotte… Ayyub A. Köhler war von  bis  raustreten aus der lieb gewordenen vielen Bundesländern beneidet wird aktueller Kunst- und Kulturprojekte politischen Problemen mit Kultur auf Vorsitzender des Zentralrats der Komfortzone. Schlafen wir noch oder – verwendet den Beihilfebegriff . Viel- ein? Wo bleibt das Kunstexperiment, die Sprünge helfen…! Muslime in Deutschland debattieren wir JETZT endlich? leicht ist das »nicht so wichtig« (ich das auch mal schiefgehen darf? Stär- fi nde schon!), weil schließlich über ken stärken und Neues ermöglichen. Ulrike Liedtke ist Musikwissenschaft- Suzan Öcal ist Fachreferentin dieses Gesetz die Förderung der Musik- Die Themenstellungen sind viel- lerin und Kulturpolitische Sprecherin für Zuwanderung und Integration und Kunstschulen beträchtlich erhöht fältig: Die Neue Bühne Senftenberg der SPD-Fraktion im Landtag Bran- der Stadt Wuppertal wird. Vielleicht gibt es aber auch noch plant das Europäische Jugendthe- denburg 28 MEDIEN www.politikundkultur.net

Zwischen dem Wert kreativer Leistungen und der Freiheit ihrer Nutzung Anmerkungen zur Werteordnung in der digitalen Kulturwelt

OLAF ZIMMERMANN de Angebote legaler Musik im Internet, eine noch die andere Seite durchgesetzt beansprucht, mit dem Schaff en anderer selbst zu verbessern...« Gesagt hat das noch gab es adäquate Antworten auf und es wird heute anders über die Fra- machen zu können, was sie will. Und der Captain des Raumschiff es Enterpri- usgangspunkt meiner Über- das Kopieren von Musik. gen diskutiert. diese Entscheidungsmöglichkeit ändert se, Jean-Luc Picard,  in Star Trek legungen sind die Verände- sich auch nicht durch einen technolo- VIII Der Erste Kontakt. rungen in der Kulturwelt, die gischen Wandel. Im Kern geht es auch Sehr sympathisch, doch noch haben Gesetzgeber Wertedebatte A sich durch die Digitalisierung hier um den Respekt vor dem Werk ei- wir das . Jahrhundert nicht erreicht. ergeben. Erinnern wir uns zuerst zu- Im Gegenteil, der massive wirtschaft- Denn hinter diesem Ruf nach ge- nes Künstlers, vor seinem individuel- So lange es das kapitalistische System rück an die er Jahre! Meine erste liche Einbruch in der Musikindustrie setzlichen Änderungen, vor allem im len Ausdruck und damit vor dem Wert noch gibt, müssen künstlerische Leis- große Veranstaltung als Geschäftsfüh- führte im nächsten Jahrzehnt zu einem Urheberrecht, steht eigentlich eine kreativer Leistungen! tungen auch in der digitalen Welt ver- rer des Deutschen Kulturrates war im immer stärker werdenden Ruf nach ge- Wertedebatte, die bislang aber nur ru- gütet werden. Und dieses ist letztlich Jahr  eine Tagung zu »Multimedia setzlichen Änderungen: dimentär geführt wurde. Denn letzt- eine Wertfrage und keine rechtliche Ökonomie in der Kultur« noch in der alten Bun- • Das Recht sollte erzwingen, dass ein lich geht es in der Debatte um den Wert Diskussion. Ich bin daher auch davon deshauptstadt Bonn. Vieles, was heute wirtschaftlicher Ertrag aus Musik im kreativer Leistungen, um den Respekt Und in einem zweiten Schritt geht es überzeugt, dass eine Diskussion um selbstverständlich ist, war seinerzeit Netz gezogen werden kann. vor dem künstlerischen Schaff en, vor auch um die Frage nach der Ökono- Änderungen im Urheberrecht in der noch Zukunftsmusik. Die Übertragung • Das Recht sollte erzwingen, dass dem künstlerischen Ausdruck. Und mie in der digitalen Welt. Denn natür- digitalen Welt allein nicht weiterhilft, von Bildern im Internet wurde als Op- künstlerische Arbeit nicht umsonst erst danach um die Möglichkeit mit lich leben Künstler nicht nur von der sondern dahinter eine viel grundsätz- tion gedacht, dass einmal Filme pro- zu haben ist. künstlerischer Arbeit Geld zu verdie- ideellen Wertschätzung ihrer Werke, lichere Debatte steht. blemlos übertragen werden könnten, • Letztlich: Das Recht sollte es rich- nen. Künstler schaff en ein eigenes Werk. sondern auch von der ökonomischen Nicht die digitale Technik stellt uns war weit entfernte Zukunftsmusik. Eine ten, dass der vermeintlich verloren Urheber schöpfen das Werk, egal ob es Wertschätzung, also dem Verkauf. Und vor neue Herausforderungen, sondern künstlerische Sparte erahnte allerdings gegangene Respekt vor künstleri- eine Komposition, ein Bild oder ein Text ebenso ist die Existenzgrundlage von durch die Technik verschärfen sich, wie bereits, was auf sie zukommen könnte: scher Leistung wieder hergestellt ist. Dabei stehen sie auf den Schultern kulturwirtschaftlichen Unternehmen in einem Brennglas, Herausforderungen die Musikindustrie. wird. der Urheber, die bislang Werke ver- wie Verlagen, Galerien, Musiklabels, und zugleich verbreitern sie sich. fasst und veröff entlicht haben. Das Filmproduktionen und anderen mehr, • Auch ohne digitale Techniken gab Auf der anderen Seite standen die »In- heißt aber nicht, dass sie diese Werke dass die angebotenen Werke verkauft es Raubkopien, aber nur in einem Musikindustrie ternet-Aktivisten«, die die Freiheit des plündern, verändern oder entstellen werden: also ein ökonomischer Ertrag begrenzten Umfang, in schlechter Sie hatte in den er Jahren wahre Netzes propagierten und für die kosten- können oder dürfen. Und es heißt auch hieraus gezogen wird. Dieses Grund- Qualität und daher letztlich von Umsatzsprünge erlebt, als die gute alte freie Nutzung von Inhalten eintraten. nicht, dass hieraus geschlossen werden prinzip des Kapitalismus, dass Güter nicht so großer Bedeutung. Vinyl-Platte von der CD abgelöst wurde Auch sie stellten Forderungen nach könnte, individuelle Werke von Künst- auf einem Markt angeboten und ver- • Auch ohne digitale Technik gab und daher viele Ersatzbeschaff ungen gesetzlichen Änderungen: lern gäbe es nicht, Kunst wäre so etwas kauft werden, gilt auch für den Kul- es Plagiate, aber in begrenzterem getätigt wurden. Aus dem vorhandenen • Das Recht sollte verdeutlichen, dass wie ein gesellschaftlicher Fluss, der aus turmarkt und er gilt ebenfalls für den Umfang, weil erst die neue Technik Bestand an Musik heraus konnte mehr Kunstwerke als Immaterialgüter, vielen künstlerischen Bachläufen aus Kulturmarkt in der digitalen Welt. Wer es ermöglicht, mit einem Klick zu Umsatz generiert werden. Technische also unkörperliche Rechtsobjekte, der Vergangenheit gespeist wird ohne dies ändern möchte und meint, alles plagiieren. Innovation durch Digitalisierung er- wie Ideen im Bereich der Erfi ndun- letztlich eigene Schöpferkraft. müsste kostenfrei angeboten werden, Die Digitalisierung und vor allem die möglichte damals gigantische Umsatz- gen und der Kunst nicht wie materi- Und deshalb ist die Argumentation muss sich für eine andere Gesell- digitalen Verbreitungswege verschärfen steigerungen, ohne in neue künstleri- elle Güter behandelt werden dürfen. unsinnig, dass Kunst der gesamten Ge- schaftsordnung einsetzen und sie auch bestehende Tatbestände, sie schaff en sche Produkte investiert zu haben. Ganz • Das Recht sollte ermöglichen, dass sellschaft bereits gehören würde und durchsetzen. aber keine neuen! anders die Erfahrung, als es möglich Immaterialgüter im Netz, also auch deshalb alle Werke, digital und ana- Über Alternativen haben wir in wurde, in akzeptabler Geschwindigkeit künstlerische Werke, kostenfrei ge- log, frei verfügbar sein müssten. Aber den letzten Jahren wirklich zu wenig Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer und in guter Qualität Musik im Internet tauscht werden können. selbstverständlich, jedem Künstler ist nachgedacht, oder? Was halten Sie von des Deutschen Kulturrates zugänglich zu machen. Die Musikin- • Das Recht sollte klarstellen, dass es unbenommen, sein Werk zur frei- dieser Utopie eines der großen Philo- dustrie war die erste Branche, die vom künstlerische Werke im Internet en Verfügung zu stellen und zu sagen, sophen der Filmwelt: Kurzfassung eines Vortrages im Rahmen massenhaften illegalen Kopieren von unbegrenzt genutzt und benutzt dass jeder damit machen kann, was er »Sehen Sie, im . Jahrhundert gibt der Tagung »Ethik . – Zur normativen Inhalten im Internet betroff en war. Und werden können. will. Diese Entscheidungsmöglichkeit es kein Geld. Der Erwerb von Reichtum Dimension des digitalen Lebens« an der sie hatte keine Antwort auf diese Her- Zum Glück, so kann man meines Er- hat aber nur der Künstler und keine ist nicht mehr die treibende Kraft in Ludwig-Maximilians-Universität Mün- ausforderung. Weder gab es ausreichen- achtens heute sagen, hat sich weder die amorphe Allgemeinheit, die für sich unserem Leben. Wir arbeiten, um uns chen im November 

Für lange Winternächte! Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler.

Vorwort Von der Ausländer- zurVorwor Integrat tionspolitik – B arbara Haack: VomV Vorworerlag zumt un Mde Eidinen-leUitnungternehmen. – S abine Kunst: Mut unVdorwor Gewissenst undbi Eindnung.leit ungWas Muslimisches Leben Vorwort – Ei nfluss / S. 77 Vorwort und Einleitung – Ch ristitine M – Annette Schavan: Grußwort der Bundesministerin – Gabriele Schulz: Einleitung– Olaf Zimmermann: / S. 111 Vom Nischenmarkt Rolle und Aufgaben von– Olaf Verlagen Zimmermann: im digitalen Vorwort Zeitalter / S. 13aus Luthers Fähigkeit, sich– trotz Olaf aller Zimmermann: Gefahr für seine Die besteÜberzeu- Pizza von Jerusalem / S. 19 – Gabriele Steffen: Stadtteilentwicklung– Christian Höppner: als gesell- – Medienmacht / S. 79 – Olaf Zimmermann: Die MMarktfähigmachungarktffähigmachung VielfaltVielfalt gesgestta für Bildung und Forschung / S. 15 – Olaf Zimmermann: Feuerwehrzur Boombranche sucht Migranten / S. 15 / S. 113 Sicht eines kleinen Fachverlags– Gabriele / S. 110 Schulz: Zu diesem Buch / S. 15 gungen einzusetzen, uns– Gabriele heute noch Schulz: sagen Einleitung kann / S. 76 / S. 20 schaftliches Projekt / S. 105Kaleidoskop der Kulturpolitik / S. 11 – Transparenz / S. 80 der Welt / S. 15 scschusseshusses ddeses – Max Fuchs: Zum kontinuierlichen Dialog – Wolfgang Barth: Pisa-SchockEinleitung und ein veränderter – Barbara Haack im GesprächDer lange mit Weg Alexander zum Reformationsjubiläum Skipsis: – Hartmut Lehmann: LutherWie alles in der anfing Welt heute … und dann fortgesetzt wurde – Reinhold Zemke: DieDie Moschee Editorials als Aufgabe der – Gottesbezug / S. 81 – Gabriele Schulz: Globalisierungsierungg unundd ScSchutzhutz – Christine Christine M beitragen. Strukturbedingungen für nachhaltige Bildungsbegriff. Kulturelle– Gabriele Bildung Schulz: in einer Zu diesem Buch / S. 19 Aus den Fehlern der Musikindustrie– Stefan Rhein: lernen Vom / ThesenanschlagS. 113 zur sehen. Das Reformationsjubiläum– Olaf Zimmermann:  als einzig- Zweifellos / S. 29 Stadtplanung. Zwischen– Mangas Hinterhof / S. 13 und Boulevard, – Sommertheater / S. 82 der kulturellen Vielfalt – einein DauerthemaDauuerthema / SS. 17. 17 beobachten.beobachten. kulturelle Bildung / S. 16 Einwanderungs gesellschaft,Arbeitsmarkt die eigentlich Kultur: keine Eine erste Annäherung – Werner Schaub: KunstLutherdekade. für die Öffentlichkeit. Das Reformationsjubiläum  artige Chance / S. 78 – Olaf Hahn: Einladung zur konstruktiven Ausein- Zentrum und Stadtrand– Reichtum/ S. 108 / S. 14 – Verrat / S. 83 Der Welthandel und derr GGATS-SchockATSS-Schock zwischenzwischen Ha 8 Einleitung sein möchte / S. 1179 – Max Fuchs: Kulturberufe und der flexible Der Bund und die Kunstals am Einladung Bau / S. 118 zum Diskurs / S. 21 – Volker Leppin: Luther andersetzung. – eine ökumenische Was ein Dossier »Islam · Kultur · Politik« – Stefanie Ernst im Gespräch– Exoten mit / S. 15 Erol Pürlü: – Mythos / S. 84 – Martin Hufner: Identität,t, NatioNationon unundd GGlobalisierung.lobalisierung. Das BeispielBeispiel – Olaf Kulturelle Zimmermann und Gabriele Schulz: – Roberto Alborino: GrundlagenKapitalismus.Arbeitsmarkt von Notizen zum Arbeitsmarkt Kultur – Bogislav von Wentzel:– Stephan Galeristen:Disputationen: Dorgerloh: Viel Glanz Von – viel freien Christen und Chance / S. 81 leistenIslam · Kultur · Politik kann / S. 31 Normalität im Zusammenleben– Sonnenschutz Kulturpolitik ist das /Ziel S. 16 / S. 111 – Think big! / S. 85 NotwendigeTTIP, CETA & Verwicklungenen zwis zwischenschen Ge Geschichteschichte – Christine Christine M Kulturelle Vielfalt leben. Chancen und Herausforde - Integrations prozessen / undS. 121 Leseempfehlungen / S. 23 Schatten. Im Alter zu oftmündigen Havarie – Bürgern. Schluss mit Luthers lustig Reformation / S. 121 / S. 24 – Athina Lexutt: Das Lob– Olaf der AnfechtungZimmermann / S. 83 und Olaf Hahn: – Abdulla Elyas: waymo– Obsession – Plattform / S. 17für junge – Exoten / S. 86 und Gesellschaft / S. 23 ChampionChampip on dde e rungen inter kultureller Bildung – Rückblick auf – Andreas Damelang: –Die Max Potenziale Fuchs: Dieder Entdeckung der Kreativität in der – Stefanie Ernst im Gespräch– Gabriele mit Schulz Klaus Gerritim Gespräch Friese: mit Udo Dahmen: – Hiltrud Lotze: PolitischesZwei Handeln Jahre spannende Debatten. Die Dossiers Muslime / S. 115 – Wettbewerb / S. 18 – Feiertag / S. 87 – Bernhard Freiherr von Loeffelholz:Loeffellholz: Zur BBedeutungedeutung – Christine Christine M das Projekt »Strukturbedingungen für nachhaltige Zuwanderung nutzen / S. 124 Kulturpolitik. Hinweise zur Karriere einer politischen Qualität statt Hype. SpitzenstellungReformation deutscherund Musik als Chance / S. 27 braucht Gewissen / S. 86 »Islam · Kultur · Politik« / S. 33 – Götz Nordbruch: Muslim,– Sinnkrise deutsch / S. 19 und aktiv. – Gedanken / S. 88 der Kultur für die globale Ordnung.Ordnung. GeGedankendanken zu derder VVisionision von V interkulturelleVielfalt Bildung« / S. 21 leben:– Kristin Bäßler: Es geht Leitformel umKultur: die Gemeinsamkeiten. / S. 26 Galerien / S. 123 – Dieter Reflexionen Georg Herbst: Am Anfang war das Wort – – Christoph Markschies:Islam Womöglich in Deutschland mit Muslimische Jugendkulturen– Feuerwehr auf in Deutschland / S. 20 / S. 117den Punkt– Wunden / S. 89 UNESCO-KonventionDie zumAuswirkum SchutzSchuttz kkulturellerultureller VVielfaltielfalt / S. 26S. 26 NebenschauNebensnchaup Stellungnahmen Resultate des . Integrationsgipfels– Gabriele Schulz im Kanzleramt im Gespräch / S. 127 mit Karla Fohrbeck – Klaus Gerrit Friese: Wasund sich was alles kommt ändern danach? muss. / S. 29 wuchtigen Hammerschlägen– Katajun / S. 88 Amirpur: Gleichberechtigung für Muslime – Sawsan Chebli: Jung,– muslimisch, Mängelexemplare aktiv. / S. 21 – Nützlich / S. 90 – Max Fuchs: Culture unlimited.mited. AnmeAAnmerkungenrkungeg n zur – Olaf ZZimmimmee – Lernorte interkultureller Bildung. Außerschulische Kultur- – Max Fuchs: Vom NIP zumund NAP. Andreas Eine Bewertung Joh. Wiesand: des Wie alles begann: Ein Plädoyer aus Galeristensicht– Arne Lietz: / S. 129 Pluralismus als gemeinsame Signatur. – Reinhard Kardinal Marx:schaffen. Einssein Über mit unsägliche Christus. Debatten und positive Ent- Das JUMA-Projekt in Berlin– Wunderglaube / S. 120 / S. 22 – Wächter / S. 91 Kulturpolitik in Zeiten derr GlobalisierungGlobaalisierung / SS. 30. 30 WWerer leleistetistet ku und Bildungsorte. Stellungnahme vom .. / S. 35 . Integrationsgipfels derZwei Bundesregierung Blicke auf die Gründerjahre/ S. 131 / S. 30 – Ulla Walter: Was sich allesEuropäische ändern muss Perspektiven – Eine Replik. in der Luther dekade Inwieweit sind die Konfessionenwicklungen bereits in Deutschland »eins«? / S. 90 / S. 37 – Nadjib Sadikou: Erziehung– Fragen zwischen / S. 23 den Kulturen. – Obrigkeit / S. 92 – Thomas Krüger: Kulturelleelle Verschmelzungs-Verrschmelzungs- – Max FuFuchs:chs: – LernorteChancen interkultureller Bildung im vorschulischen und und – Memet Heraus-Kılıç: Interkulturalität– Hans-Jürgen Vom ist Zukunft Blinn: und Die Heraus- ZukunftNischenmarkt unserer Arbeit. Eine Künstlersicht auf eineund Galeristensicht zum . Reformationsjubi / S. 132 Reformations- läum im Jahr  – Christoph Matschie:– Die Patrick Reformation Bahners: war Der eine Aufklärung verpflichtet. Wertewelten muslimischer– Effizienz Jugendlichergebracht: / S. 25 im – Likrat / S. 93 und Synchronisationsprozesse.der Freihandelzesse. DasD WortWort der KulturKultur die Kultur.Kultur. Ti schulischen Kontext. Stellungnahme vom .. / S. 40 forderung. Zu den Aufgaben Kulturdienstleistungen des Bundeszuwanderungs- in Zeiten der Globalisierung / S. 39 – Werner Schaub: Wer gegenstärken wen? / S. 31 Eine Antwort auf Bildungs-Bewegung. PhilippDie Kritik Melanchthon der Islamkritik – / S. 39 Klassenzimmer / S. 123– Wegducken / S. 26 Anhang erheben: lautstark, kräftigg undund strategischstrategisch / S. 35S. 35 verteilungverteilung un Vielfalt als Reichtum und Integrationsrates –/ S. 134Olaf Zimmermann: Wachstumsbranche Kultur – einen Text von Klaus GerritReformationsjubiläum Friese in Politik & Kultur – Weggefährte Luthers und– Kristin »praeceptor Bäßler Germaniae« im Gespräch / S. 92 mit Hilal Sezgin: – Haci Halih Uslucan: –Muslime Schuld /als S. 28 gewalttätige – Kulturpolitisches Glossar– Heinrich / S. 94 Bleicher-Nagelsmann:lsmannn: Aus demdem BlickwinkelBlickwinkel – Fritz PleitgPleitge – Gabriele Schulz: Einleitung / S. 47 – Sidar A. Demirdögen: aberEin Koffer unter welchenvoller Hoffnungen. Bedingungen / S. 43 / / S. 134 auch gegen den Strich gebürstet – Regine Möbius: Mein LutherDeutschland – ihr Luther? muss sich / S. 94 neu erfinden / S. 42 Machos? Zum Zusammenhang– Ein-Euro-Digitalisierer von Geschlecht, /Gewalt S. 29 – Begriffsregister / S. 134 weltweiter Liberalisierung.g. ScSchrankenhraanken der HandelHandelsliberali-sliberali- BinnenBinnenmarkmarkt – Christine forderungen M. Merkel: Brücke oder Dynamit? Aktuelle inter- Integrationspolitik– Olaf zur inZimmermann Deutschland /und S. 137Boombranche Gabriele Schulz: – Olaf Zimmermann: Mehr– Petra Gerechtigkeitjubiläum Bahr: Lob des für Geheimnissesdie Galerien! – Luther lesen! – Johann Michael Möller:– Ronald Die Präsenz Grätz: der Wer lernt von wem? und Religion / S. 126 – Schamhaftes Kommentare Schweigen / S. 30 – Namensregister und / S. 138 sierung abkommen und Sicherung derr InfoInforrmmation mationssf freiheitreiheit / SS. 39. 39 aurichtlinierichtlinie unufn Provokation zum interkulturellen Dialog. – Ergun Can: GesellschaftlicheWert der Teilhabe Kreativität. ermöglichen Kulturwirtschaft / S. 141 muss in Künstler- Galeristen sind: gnadenloseVom Indivi»falsch dualisten, Zeugnisreden«: schlechte Medienrevolutionen Reformation / S. 97 Islam in Deutschland / S. 46 – Stephanie Doetzer: »Mein– Kakaopulver Gesicht ist / S. 31 privat« – Pascal Lamy: Kultur ist kkeinein ggewöhnlichesewwöhnliches Gut. CETA, TTIP, T Weltgipfel Kunst und Kultur tagte in Afrika / S. 49 – Birgit Jagusch: Rechtlicheinnen Grundlagen und Künstler für investieren / S. 49 Unter nehmer und absolutund unverzichtbar ihre Folgen / /S. 35 S. 136 – Michael Müller: Martin– Michael Luther undBlume: Berlin Wie / S. 99 können Muslime unsere Gesellschaft Warum manche Frauen– Expansion Gesichtsschleier / S. 32 tragen und Zur Liberalisierung des internationalenternatiionalen HaHandelsndels / S. 4S. 433 – VoVolker lker Perth – Max Fuchs: Kulturelle Bildung hat Fahrt aufge- Ausländervereine / S. 144– Gabriele Schulz im Gespräch mit Gerhard Pfennig: – Birgit Maria Sturm im– Heinrich Gespräch Bedford-Strohm: mit Michael Werner: Der Herzschlag – Bernd Neumann: Das Reformationsjubiläummitgestalten? Antworten  aus als der Lebensrealität / S. 51 Deutschland sich eine– Burka-Debatte Offenheit / S. 33 sparen sollte / S. 129 – Olaf Zimmermann: Sonnenschutznenschhutz / S. 46S. 46 AnAnderen.deren. Zur nommen.kultureller Eine gute Bilanz der zweiten UNESCO- Welt- BildungVon anderen lernen Den Wert der Kreativität in Heller und Pfennig »Ich wollte meine eigenenvon Hierarchien« Gemeinschaft / S. 139 / S. 37 Chance begreifen. Das– kirchliche Gabriele KulturengagementHermani: Die Deutsche Islam Konferenz  – Reinhard Baumgarten:– Wissenslücken VerhängteBegriffe Ansichten. / S. 34 von – Hans-Jürgen und Blinn: Besonderer onMedienderer AusschussAusschuss TransatlantiTransatlantis konferenz für kulturelle Bildung in Seoul / S. 52 – Gabriele Schulz: Einleitungbemessen / S. 149 / S. 52 – Thomas Welter: Arbeitsmarkt– Wolfgang Baukultur: Böhmer: Wie Luthers sieht Wirkungsspur ist breit. rückt stärker ins öffentlichebis . Bewusstsein Zusammensetzung / S. 102 und Ergebnisse / S. 53 Was steckt oder besser– wer Jahresrückblick steckt eigentlich / S. 35 hinter nach Artikel  EG-Vertragag / S. 488 – Olaf Olaf ZZimmimme – Joachim Reiss: Vielfalt und Gegensätze in Belem. – Olaf Zimmermann: Nachhaltige– Thomas Flierl: interkulturelle Initiative für Kulturarbeit in Berlin. er wirklich aus? HintergründeVon der und Reformation Analysen / zum S. 148 Kulturprotestantismus / S. 39 – Cornelia Pieper: Von– Wittenberg Sonja Haug: in dieHerkunft, Welt. Glaubensrichtung, Bildung, einem Niqab oder einer– Leitkulturstandards Burka? / S. 132 / S. 36 – Max Fuchs: Vom Wert kulturellerlturelleer ViVielfalt.elfalt. Kultur,Kultur, WWelthandelelthandel u Weltkongress theaterpädagogischer Organisationen Bildung / S. 152 Der öffentliche Beschäftigungssektor Kultur, ÖBS / S. 58 – Nicoline-Maria Bauers– André und Titus Brie: Kockel: Für einen Häretiker / S. 41 Die Lutherdekade in derPartizipation. Auswärtigen Kultur-Vom Eins-Werden und und vom Einssein / S. 58 – Stefanie Ernst im Gespräch– Spannungsverlust mit Melih Kesmen: / S. 38 globale Märkte und GATS / SS. 51. 51 GATS,GATS, TTIPTTIP,, C in Brasilien / S. 57 – Susanne Huth: Interkulturelle– Johannes Perspektive. Klapper: KünstlerDialog und vermitteln Künstler. Arbeitsmarkt Denkmalpflege– Tom Buhrow:/ S. 151 In weiter Ferne und doch nah? Bildungspolitik / S. 105– Wolfgang Benz: Wie die Angst vor dem Islam die I love my prophet / S. 134– Unfair Olaf / S. 39 Zimmermann– Wolfgang Clement: Cancúncún unundnd die FoFolgen.lgen. – Gabriele Gabriele ScSchh – Max Fuchs: Risse im Paradies? Integrationsprobleme Kooperation mit MigrantenorganisationenDie Zentrale Bühnen-, / S. 155 Fernseh- und Filmvermittlung (ZBF) – Michael C. Recker: KulturberufReformationsjubiläum zwischen – das ist doch erst , für – Peter Reifenberg: … ein Demokratie glühender gefährdet.Backofen Fehlende Kenntnisse über den – Ingrid Pfluger-Schindlbeck:– Kurzgeschichte Zur Symbolik / S. 41 Zur Liberalisierung des internationalenternatiionalen DiDienst-enst- Vielfalt.Vielfalt. ZuZum in Kanada und eine politische Antwort / S. 60 – Karin Haist: Partizipationund = die Dazugehören. Künstlerdienste (KD) / S. 61 Wissenschaft und Kunst.einen Fällt aktivendie Berufsgruppe Medienmenschen des . Jahr- voller Liebe / S. 107 Islam produzieren Vorurteile und Ablehung / S. 61 des Kopfhaares / S. 137– Ort / S. 42 leistungshandels / S. 56 USA undund Eur – Barbara Gessler-Dünchem: Zur Vielfalt in Europa Über die Integrationsaktivitäten– Olaf Zimmermann der Körber-Stiftung und Gabriele / S. 159 Schulz: Bundeskultur- der Restauratoren durchshunderts Raster? eigentlich / S. 155 ein Datum in weiter Ferne. / S. 43 – Georg Ruppelt: Thron– Heinz und Altar Fromm: / S. 110 Der Islam aus Sicht des Verfassungs- – Reinhard Baumgarten– Kultureller Die Last der Takt langen / S. 43 Nase. – Max Fuchs: Cancún und ddieie FoFolgenllgen ffürür die KultuKultur.r. – Norbert Norbert LaLamm stehen. Das Europäische Jahr für den Interkulturellen – Harald Löhlein: Zusammenarbeitwirtschaftsbericht. mit Migranten- Ein Anfang wurde gemacht / S. 64 – Volker Schaible: Auseinandersetzung– Stephan Dorgerloh: mit dem Zum Original. Melanchthonjahr. – Stephan Schaede: Lutherschutzes. gehört Ein uns friedliches nicht / S. 112 Zusammenleben braucht sachli- Neuer Trend zur Schönheitschirurgie– Wiedergutmachung im Iran / S. 44/ S. 140 Neun Anmerkungen zu denen WTOWTO-VerhandlungenO-Verhandlungen WarumWarum agier Dialog  / S. 64 organisationen. ErfahrungenKulturberufe im Paritätischen – Ein Blick Wohl- in die Sparten Zur Situation der RestauratorenDie Lutherdekade in Deutschland eröffnet / S. 158 ihr nächstes Themenjahr – Olaf Zimmermann: Lutherche Auseinandersetzung gehört euch wirklich / S. 64 Muslimische Zivilgesellschaft– Kunstgeschmack / S. 45 in Mexiko / S. 58 EinEin GegenGegenpl plää – Max Fuchs: Vielfalt als Reichtum? fahrtsverband / S. 162 – Gerald Mertens: Die Orchesterlandschaft in Deutschland. – Mechthild Noll-Minor:»Reformation Erhaltung und und Pflege Bildung« / S. 45 nicht! Die Evangelische– DetlefKirche Pollack:sollte ihre Akzeptanz Tore weit, und Wahrnehmung des – Olaf Zimmermann: Nutzen– Aufgeräumt für alle. / S. 47Starke islamische – Fritz Pleitgen: Erfolg undd AmbiAmbivalenz.ivalenz. ResümeResümeee – Olaf Olaf ZZimmimme Über den Zusammenhang von Vielfalt, Migration – Martin Affolderbach:Überlegungen Ich singe mein zu Lied Stand in und künftiger Entwicklung / S. 73 des Kulturerbes. Der Beruf– Markus des Restaurators Dröge: Empirische / S. 161 Erkenntnisse sehr weit öffnen / S. 115 Islams. Zu den Ergebnissen einer Studie der Zivilgesellschaft / S. 143– Kunstdinge / S. 48 der WTO-Ministerkonferenzenz in CCancúnancún aus derder audio-audio- mit UlrichUlrich K und Integration / S. 67 fremdem Land. Kultur– und Gerald Migrationsgemeinden Mertens: Philharmonisches / S. 165 Paradies? Arbeits- – Henning Krause: Wir nennentheologisch es Armut. reflektieren / S. 49 – Heinz Schilling: LutherWestfälischen historisch einordnen Wilhelms-Universität / S. 117 Münster / S. 67 – Rupert Graf Strachwitz:– Turbokinder Muslimische / S. 49 Strukturen visuellen Warte / S. 61 Der StreitStreit um – Christian Höppner: Transkulturalität: Fata Morgana – Ritva Prinz: Kulturvermittlungmarkt- und braucht Berufssituation von Orchestermusikern / S. 77 Zum Einkommen von –Kommunikationsdesignern Torsten Ehrke: Schluss mit / S. 164 der Luther-Apologie / S. 51 – Carsten »Storch« Schmelzer:– Aiman A.Luther Mazyek: und die Islam-Bashing / S. 69 im Stiftungswesen. Eine– Nörgeln jahrtausendealte / S. 50 Tradition im – Sebastian Fohrbeck: Globalerobaler BiBBildungshandel.ldungshandel. – Hans-Joac Hans-Joach oder Realität? / S. 70 Gemeinschaft / S. 168 – Wolf Steinweg: Ein problematischer Königsweg. – Marjan Parvand: Neue– Volker Deutsche Faigle: Medienmacher Die Reformatoren / S. 167 waren nie in Afrika. Hölle. Oder: Über die Abschaffung– Sabine Schiffer: des Fegefeuers Islamfeindlichkeit / S. 121 in Deutschland. Wandel der Zeit / S. 145– Frischzellenkur / S. 51 Deutsche Hochschulen undnd das GGeneraleneral AgreeAgreementment undund RisikenRisiken d – Christian Höppner: Transkulturelle Kommunikation: – Maria Ringler: International,Die arbeitsrechtlichen binational und Auswirkungen der Privatisierung – Ulrich Blum und AndreaStreiflicht Meyer: zur Der Entwicklung Weg des Spiels der auflutherischen Kirchen – André Schmitz: ReformationsjubiläumAusgrenzende Strukturen als Fest ernst nehmen / S. 71 – Olaf Zimmermann: Muslimische– Agendasetzung Zivilgesellschaft / S. 52 – on Trade in Services (GATS)S) / S. 64S. 664 – Jürgen Burg Ich und Du. Containerland Deutschland / S. 74 multikulturell. Beziehungenvon Musikschulen und Partnerschaften / S. 80 den Spieltisch. Das Spielin auf Afrika dem und Weg zu zum gegenwärtigen Spieler / S. 170 Herausforderungen / S. 55 der Standhaften / S. 123Der Bruch des . September  gibt es sie eigentlich? –/ S. 148 Uneinigkeit / S. 53 – Gabriele Schulz: Kultur uundnd MeMedienedien bislanbislangg nocnochh außeaußenn Nein, vive lala – Andreas Freudenberg: Plädoyer für die Stadt über Grenzen hinweg /– S. 171 Christian Handke und Peter James: Ein starker Partner – Michael Bhatty: Dramaturgie– Kerstin der Griese: Gewalt. Reformation und Bildung? – Friedrich Schorlemmer:– Olaf »Die Zimmermann ganze Welt ist und in der Gabriele Schulz: – Matthias Kortmann:– Mühsames Disputationen Ringen / S. 55 um vor. GATS-Verhandlungenn gewingewinnennnen an DynamiDynamikk / S. 67S. 67 schaft ohneohne K der Diversität.  Jahre Einwanderungsgesellschaft – Valentina L’Abbate: Dieder Muttersprache heimischen Kreativen. ist ein Die Independents / S. 83 Betrachtungen eines Computerspiele-EntwicklersReformation durch Bildung! / S. 173/ S. 58 Habsucht ersoffen wie inKein einer Märchen Sintflut«. aus tausendundeinerÜber Nacht. Der Bruch Anerkennung. Muslimische– Märchenstunde Dachverbände / S. 56 als zivil- – Hans-Jürgen Blinn: Kultur,tur, die besonbesonderedere DDienst-ienst- – Birgit Reuß beginnen in Deutschland zu wirken / S. 77 kultureller Schatz. Das– CGIL-Bildungswerk: Günter Jeschonnek: Integration Förderstrukturen des Freien – Andreas Kämpf: Großer– Hermann Erfolg auf Gröhe: tönernen Die Gegenwartsbedeutung gemeinen Nutz und Wucherdes . bei September Martin Luther  /enthält S. 125 die Chance eines gesellschaftliche Akteure– Visionen in Deutschland / S. 57 / S. 151 leistung. Freihandelsabkommenmmenn mit ZusatzprotokollZusatzprotokoll FrFreihandelseihandelsaa Migrationsgeschichte von Migrantenfamilien erleichtern Theaters. Deutlichere / S. 175 Unterstützung durch die Politik Füßen. Karriere im Soziokulturellender Losungen. Zentrum Zum . setzt Todestag Nikolaus Ludwig – Irmgard Schwaetzer: Frauenkulturellen ins Pfarramt Aufbruchs / S. 128 / S. 75 – Mohammed Abdulazim:– Nerverei Organisation / S. 58 zur kulturellen Zusammenarbeitnarbeitt zwischenzwischen dederrEU EU – Rolf BolwiBolwinn – Gabriele Schulz: Einleitung / S. 83 – Sidar A. Demirdögen: gefordertIn mehreren / S. 86 Kulturen Risikofreude voraus / S. 177von Zinzendorfs / S. 60 – Thomas Sternberg: Luther– Petra und Bahr: die FolgenGegenbilder für entgegensetzen / S. 79 muslimischer Jugendlicher– Spielsucht in Verbänden. / S. 59 Das Beispiel und Südkorea unterzeichnet / S. 69 wwerbsverzererbsverzerr – Katrin Göring-Eckardt: Heimat – Wir suchen noch / S. 85 zuhause. Bundesverband– Azadeh der Migrantinnen Sharifi: Akademie postmigrantischer Theater- – Birgit Mandel und Nicole– Thies Kubasa: Gundlach: Strategien Erinnerungskultur zeit- und Jubiläums- die Kunst. Martin Luther– Aiman nahm dieA. Mazyek: Bilderfrage Um nicht Jahre zurückgeworfen. / und der Muslimischen Jugend– Zukunftswillen in Deutschland / S. 60 / S. 154 Was bringt die Konvention Kulturelle Vielfalt? WWirtschaftirtschaft re – Rita Süssmuth: Eingewandert nach Deutschland. in Deutschland e.V. / S. 178kunst. Ein Plädoyer für mehr Teilhabe / S. 89 genössischer Kunst. »Mobilesgestaltung. Atelier Wie – Kunstprojekte entsteht Geschichtsbewusstsein für und was so ernst und hat dadurchdie die Folgen freie Entwicklung für Völkerverständigung der und Integration / S. 82 – Thomas Klie und Julia– Ungehorsam Schad: Brachliegendes / S. 62 – Wilhelm Neufeldt: Konvention zum Schutz der – Brigitte Brigitte ZyZypp Anfragen an eine Kultur des Zusammenlebens / S. 88 – Berrin Alpbek: Vereint– Michael für Eltern Freundt: und Kinder. Mobilität Tanz – ein Politikum. Kindergärten« in Hannoverbedeutet / S. 180 es für das Reformationsjubiläum  / S. 63 Kunst befördert / S. 130– Herfried Münkler: Sicherheitssorge statt Engagementpotenzial.– Zugangshemmnisse Entfremdung / S. 63 und -chancen kulturellen Vielfalt. Bewertung des UNESCO-Abkommens TrotzTrotz schwischwie – Vural Öger:  Jahre Migration aus der Türkei / S. 92 Die Föderation der TürkischenDer Tanzbereich Eltern vereine muss in sich in den Dialog mit der Politik Ausbildung in Kulturberufen– Wolfgang Huber: Die Ambivalenz des Reformators / S. 65 – Rupert Graf Strachwitz:Bedrohungsangst. Luther und der Staat.Der . September und seine Folgen für junge Muslime zu Freiwilligendiensten– Kooperationsverbot / S. 156/ S. 64 aus Sicht der Kultusministerkonferenz / S. 75 aufauf einemeinem gguu – Max Fuchs: Viel wurde erreicht / S. 95 Deutschland / S. 181 begeben / S. 92 – Angelika Bühler: Talent– Margot allein Käßmann:genügt nicht. Im Kontext unserer Zeit. Kann sich die Kirche deraus Reformation politikwissenschaftlicher zur Zivilgesell- Sicht / S. 85 – Jens Kreuter: Bundesfreiwilligendienst– Elite / S. 66 und Muslime. – Adolf Dietz: Kulturelle Vielfalt und internationales Urhe- – Rupert Rupert Schl – Gülay Kizilocak: Etappen der türkischen – Vicente Riesgo Alonso:– Cornelia Selbstorganisation Dümcke: Transition als Zentrum TANZ. Wie Künstler erfolgreichDas Karriere Reformationsjubiläum machen / S. 185  und die politische schaft bekennen? / S. 132– Wolfgang Schmidbauer: Die Sehnsucht nach neuen Erfahrungen und Entwicklungen– Prügeln / /S. 67 S. 159 berrecht. Zur Definition von kulturellen Gütern wweiterhineiterhin gege Migrations geschichte / S. 97 Grundlage des Erfolgs. Bund Gründungsinitiative der Spanischen Eltern-zur Umsetzung einer Empfehlung der – Gabriele Schulz im GesprächDimension mit des Karl Freiheitsbegriffes Ermert: / S. 67 – Johannes Süßmann: HeuteIdealen. würde Von Luther der Psychologie twittern. des Terrors / S. 88 – Christoph Müller-Hofstede:– Beton / Zivilgesellschaft S. 68 von und DienstleistungenJetzt / S. 79 bestellen aatlantischentlantischen – Olaf Zimmermann: Türkische Migranten. Teilhabe vereine in Deutschland /Enquete-Kommission S. 184 »Kultur in Deutschland« / S. 95 Vom Bohren dicker Bretter.– Stephan Von der J. Kramer:Erfolgsgeschichte Und willst Du nicht mein Reformation und Neue– MedienAlmut S./ S. 135 Bruckstein Çoruh: Augen ohne Gedächtnis morgen. Vorstellung eines– Vordemokratisch Modellprojekts / /S. 69 S. 162 – Verena Metze-Mangold: Vor der Entscheidung.  (TTIP)TTIP) / S. 16S. 1611 an Kunst und Kultur und die Last der deutschen – Witold Kaminski: Szenenwechsel.– Imre Török: Jugendliche Zwischen Melonen und Kulturen. der Bundesakademie WolfenbüttelBruder sein / …S. 188 Gedanken zum Reformationsjahr aus – Peter Tauber: Von der Wartburgsehen nichts. in die Persönliche Moderne. ReflexionenZur zu / / S. 91 – Aiman A. Mazyek im– Gespräch Schweigenbrechen mit Ali Dere: / S. 70 UNESCO-Staaten www.kulturrat.de/ stimmen über Kulturkonvention ab / S. 84 – Bernd Bernd Lang Geschichte / S. 100 im interkulturellen und Istinterreligiösen die »Gastliteratur« Dialog in / S. 188 den deutschen Literaturbetrieb – Olaf Zimmermann: Vomjüdischer Nutzen Sicht der Nutzlosigkeit / S. 70 / S. 193 weltgeschichtlichen Bedeutung– Friedrich der Wilhelm Reformation Graf: / S. 137 Nine eleven und Wir brauchen heute mehr– Opposition Dialog als / jeS. 71 zuvor / S. 165 – Peter S. Grant: Der kulturelle Werkzeugkasten. atlantischeatlantische F – Didem Yüksel: Herzlichen Glückwunsch! – Kenan Küçük: Jenseits integriertvon Folklore worden? und Tee. / S. 98 – Margret Wintermantel:– Michael Hohe Sichtbarkeit. Kretschmer: Die Ein Situation Ereignis von internationaler – Wolfgang Thierse: Wirdie Kinder Christen der Reformation./ S. 94 – Nurhan Soykan: Tag– der Eigenständigkeit offenen Moschee. / S. 72 Gespräche mit Warum unterscheiden sich audiovisuelle Güter von MMedienedien im B Sie sind Teil der Gesellschaft / S. 103 Interkulturelle Bildung– inBarbara Migrantenorganisationen Haack im Gespräch mit Imre Török: der GeisteswissenschaftenRelevanz. in Deutschland Das Reformationsjubiläum / S. 195  / S. 72 Über den Folgenreichtum– Petra der ReformationKlug: Die Kulturalisierung / S. 139 der deutschen Integra- Muslimen sind effektiver– Naturbildung als Gespräche / S. 73 über sie / S. 168 anderen? / S. 88 shop.php – Olaf Olaf ZZimmimme Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von – Mehmet Çalli: Eine Erfolgsgeschichte. Fremde am Beispiel des MultikulturellenDie Verlage Forums sind nicht / S. 191 unser Feind / S. 102 – Marcus Beiner: Reflexion– Cornelia und Spitzenleistung. Kulawik: Eingeübte Regelmäßigkeit – Ellen Ueberschär: Gesellschaftlichertionspolitik. Grundannahmen Resonanzraum. der politischen Ausein- – Gabriele Schulz im Gespräch– Demografie mit gerechtigkeitAiman A. / S. 74 – Verena Wiedemann: Die UNESCO-Konvention und die oderoder SandSand in wird zur neuen Heimat / S. 106 – Heike Kübler und Rüdiger– Carla Stenzel: Meyer: HerausforderungenIntegration durch und Fährnisse eines Vier Wissenschaftsfördererund schaffenfeste Rituale. Erfolgsbedingungen Was bedeutete das Gebet für Martin Deutscher Evangelischerandersetzung Kirchentag  im Bundestag in Berlin nach dem . September / S. 97 Mazyek: Die Gründung– Jubiläumsgeschenk eines muslimischen / Wohl-S. 75 Medien. Kulturelle Vielfalt in neuen Märkten gesichert — lungenungen unter – Kristin Bäßler: Türkische Migration heute / S. 108 Sport und Musik. Ein kreativerBerufs. Lösungsansatz Gedanken zum/ FreienS. 194 Lektorat / S. 107 »pro Geisteswissenschaft«Luther/ S. 198 in seinem Glaubensleben? / S. 74 und Wittenberg? / S. 141– Lars Klingbeil: / und die Welt danach / S. 100 fahrtsverbandes ist überfällig– Klein-/KleinS. 171/ S. 76 Mindestens  Staaten müssen ratifizieren / S. 96 istst derder bestebeste

Kulturelle Vielfalt leben: Arbeitsmarkt Kultur: Disputationen: Islam · Kultur · Politik Kulturpolitik auf den TTIP, CETA & Co.: Chancen und Herausforderungen Vom Nischenmarkt zur Refl exionen zum Punkt gebracht: Die Auswirkungen der interkultureller Bildung Boombranche Reformationsjubiläum  Kommentare und Begriff e Freihandelsabkommen auf . erweiterte Aufl age von Olaf Zimmermann Kultur und Medien ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- Die . erweiterte Aufl age  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € , erscheint im Frühjahr  Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  MEDIEN 29

Manchmal geht es schneller als gedacht Bund-Länder-Kommission erzielt erste Ergebnisse

HELMUT HARTUNG hängig, wie die künftigen Strukturen für eine mögliche Medienregulierung – s geht also: Zwischen Bund und oder Aufsicht – aussehen müssen, ob es Ländern gibt es gemeinsame anstelle der Rundfunkkommission der E medienpolitische Positionen Länder eine Medienkommission geben zu Vorhaben der Europäischen Kom- muss oder anstelle von  Landesme- mission. Viele Beobachter hatten erst dienanstalten eine Medienanstalt der  – wenn überhaupt – mit ersten Länder, die sich nicht nur um den klas- Ergebnissen gerechnet. Denn nach sischen Rundfunk sondern auch um die Einschätzung von Dr. Carsten Brosda, Onlinemedien kümmert. Bevollmächtigter Hamburgs für Medi- Der Politik muss es bei einer me- en, ist die Bund-Länder-Kommission dienpolitischen Neuordnung darum »ein fragiler Prozess, da die Erkenntnis gehen, Vielfalt dort sicherstellen, wo eines Problems allein nicht ausreicht, Informationen von den Lesern und Zu- sondern sich wirklich alle einig sein schauern gesucht werden. Das sind zwar müssen, es auch gemeinsam anzuge- noch einzelne Medienkanäle wie Fern- hen. Das gelingt leider nicht immer.« sehsender, gedruckte Zeitschriften oder Doch bereits Anfang November Zeitungen oder die Onlineseiten von veröffentlichte die Bund-Länder- Medien, aber es werden zunehmend die Kommission zur Medienkonvergenz Plattformen, auf denen zwar im Prinzip ein erstes Ergebnis ihrer Gespräche, alles verfügbar, aber oft nur theoretisch ein Positionspapier zur Überarbeitung auffi ndbar ist. Dazu kommen Fragen der EU-Richtlinie über audiovisuelle der Netzneutralität, des freien Zugangs Mediendienste (AVMD-Richtlinie). zu Angeboten, des fairen Wettbewerbs Ziel der AVMD-Richtlinie ist ein eu- zwischen neuen und traditionellen Me- ropäischer Binnenmarkt für Fernsehen dien aber auch der Erhebung und Ver- und Videoabrufdienste (Video on De- wendung von Nutzerdaten. Das heißt, mand). Dazu sollen Mindeststandards an die bisher unterschiedlichen Interessen gemeinsamen Regeln in Bereichen wie und rechtlichen Voraussetzungen für Werbung, Jugendschutz, Aufstachelung die Presse, das Fernsehen, den Hörfunk, zum Hass oder Zugang der Öff entlichkeit die Onlineangebote und die Plattfor-

zu Informationen festgelegt werden, die FOTOLIA.COM / VISU DE FOTO: men sollten in einem Rechtsrahmen in das nationale Recht der Mitgliedstaa- Die Politik muss der veränderten Mediennutzung – online wie offl ine – Rechnung tragen geregelt werden. ten umzusetzen sind. Die EU-Kommissi- Dazu müssen auch bisherige Grund- on hat einen neuen Richtlinienvorschlag Ein solcher Medienstaatsvertrag, auf bisher nicht. Die Notwendigkeit einer wie den Handel, das Sozialwesen oder sätze infrage gestellt werden, zu denen für das erste Halbjahr  angekündigt. den der SPD-Politiker Olaf Scholz digitalen Medienordnung ergibt sich auch die Industrie. unter anderem unterschiedliche Wer- So fordern Bund und Länder im drängte, sollte nicht nur eine lineare aus einer veränderten Mediennutzung, Die technologiegetriebene Ände- beregelungen offl ine und online, dif- Positionspapier, dass künftig auf eine Weiterentwicklung des Rundfunk- veränderten Rahmenbedingungen für rung der Medien und der Mediennut- ferierende Regelungen für Bewegtbild Unterscheidung von linearen und nicht- staatsvertrages in den Onlinebereich Geschäftsmodelle und aus einer sich zung erfordern es, dass sich unsere Ge- oder eine Fernsehzentriertheit beim linearen Angeboten verzichtet wird. sein, sondern er sollte Konsequenzen ändernden Funktion der Medien in sellschaft darüber verständigt, welche Medienkonzentrationsrecht gehören. Dazu gehört auch die weitgehende Li- für alle Medien, die traditionellen wie einer digitalen Gesellschaft. Medien Funktionen die Medien künftig bei der Die Bund-Länder-Kommission kann beralisierung von Werbezeitbegrenzun- die neuen, haben. Auch wenn nun von haben nicht mehr nur die Aufgabe die gesellschaftlichen Kommunikation und dabei nur ein erster Schritt sein. Am gen. Dies soll den bereits bestehenden einem »Medienstaatsvertrag« keine Bevölkerung zu informieren und zu un- der Digitalisierung der Gesellschaft Ende des schwierigen Weges müssen Wettbewerbsverzerrungen für Inhalte- Rede mehr ist, sondern es um Re- terhalten, den gesellschaftspolitischen haben sollen. Daraus muss die Politik die Konturen einer digitalen Medien- anbieter entgegenwirken. Zudem soll gelungen und Vereinbarungen geht, Diskurs zu führen und Werte zu vermit- dann ableiten, inwieweit Medien oder ordnung stehen. an einem starken Herkunftslandprinzip ist die Konkretheit der Verabredung teln sowie wirtschaftliche Unterneh- mediale Plattformen reguliert, inwie- als einem Grundpfeiler der Richtlinie zwischen Bund und Ländern im Me- men zu sein, sondern sie liefern auch weit sie privilegiert werden müssen, um Helmut Hartung ist Chefredakteur weiterhin festgehalten werden. Dieses dienbereich entscheidend, denn eine zunehmend Daten und Informationen diesen Auftrag zu erfüllen. Von dieser von promedia, das medienpolitische Prinzip bedeutet Rechtssicherheit für solche umfassende Verabredung gab es für andere Bereiche der Gesellschaft Grundverständigung ist dann auch ab- Magazin alle Medienunternehmen, da sie nur die Vorgaben eines einzigen Landes in der EU erfüllen müssen. Auch der Zwischenbericht der ge- meinsamen Kommission, der Anfang Dezember  vorgelegt worden ist, Eine Ehre und Herausforderung belegt die Fortschritte und ersten Ar- beitsergebnisse bei der Debatte um eine Drei Fragen an Was war für Sie das wichtigste digitale Medienordnung. So wurde bei Lutz Marmor Vorhaben und was ist aus Ihrer der Plattformregulierung Anpassungs- Sicht gut gelungen? bedarf in mehreren Bereichen identifi - Das Wichtigste war das Junge Ange- A. DE ziert (u. a. Klärung des Anwendungsbe- Wie blicken Sie auf Ihre dreij ähri- bot. Gerade haben die Ministerpräsi- reichs, Transparenz für Nutzer, Inhalte- ge Amtszeit als ARD-Vorsitzender dentinnen und Ministerpräsidenten schutz (Signalintegrität, Ausgestaltung zurück? War es eine gute Zeit? grünes Licht für die Beauftragung des Aufsichtsverfahrens). Hier soll über Ja, es war eine sehr spannende und gegeben. D. h. nun können wir ein den Anpassungsbedarf beim Zugang zu gute Zeit. Ich habe vor drei Jahren ge- Onlineangebot für - bis -Jährige Medienplattformen und über eine privi- sagt, dass der ARD-Vorsitz eine Ehre entwickeln. Wenn wir es schaff en, in legierte Auffi ndbarkeit von Angeboten und Herausforderung zugleich ist. dieser heterogenen Zielgruppe für entschieden werden. Auch soll die ver- Das kann ich nun – kurz vor Ende die- Gesprächsstoff und Diskussionen zu fahrensrechtliche Zusammenarbeit der ser drei Jahre – bestätigen. Es ist eine sorgen, bin ich zufrieden. Es ist das Landesmedienanstalten/Kommission besondere Rolle als ARD-Vorsitzender, erste Mal, dass wir ein Angebot in zur Ermittlung der Konzentration im denn unter neun unabhängigen dieser Form ausschließlich fürs Netz Medienbereich (KEK) und der Kartell- Landesrundfunkanstalten sind nicht entwickeln, das heißt wir müssen behörden zur besseren Verzahnung von immer alle einer Meinung, da sind neu denken. Von diesem »Relaunch« Kartell- und Medienrecht optimiert Sie auch als Diplomat gefragt: Wir in den Köpfen werden aber auch

werden. Ferner überprüfen die Länder haben z. B. unseren internen Finanz- andere Redaktionen profi tieren. Gut CCBYS COMMONS CREATIVE LIZENZ: / NOLTE MARTINA FOTO: ihr Medienkonzentrationsrecht mit ausgleich zwischen den Häusern in gelungen ist aus meiner Sicht die Um- Blick auf konvergente Regelungen. schwierigen fi nanziellen Zeiten ge- stellung auf das neue Finanzierungs- Legitimation. Wir müssen erklären, Minute kostet. Oder denken Sie an Intermediäre sollen künftig die regelt, technische Entwicklungen in system. Wir haben Millionen Bei- warum wir was tun. Für weniger als den ersten ARD-Produzentenbericht, zentralen Kriterien der Aggregation, Radio und Fernsehen vorangetrieben tragskonten umgestellt, weil ein ge-  Cent pro Tag bekommen die Men- den wir kürzlich veröff entlich ha- Selektion und Präsentation und ihre und in unseren Programmen zahl- räteabhängiges System in Zeiten von schen anspruchsvolle und gute Ange- ben, oder an die von uns komplett Gewichtung kenntlich machen. Eine Of- reiche investigative Recherchen und Smartphone und Tablets nicht mehr bote in Hörfunk, Fernsehen und On- veröff entlichte KEF-Anmeldung, aus fenlegung der Algorithmen ist allerdings herausragende Dokumentationen ge- sinnvoll war. Das neue Beitragsmodell line. Dafür möchten wir werben. Wir der detailliert ersichtlich ist, wie viel nicht vorgesehen.  sollen Eckpunkte zeigt. Ein wichtiges Thema ist in den ist einfacher und gerechter. Ich fi nde, müssen aber auch darlegen, dass wir Geld wir wofür beantragen. Zu kurz zu Regelungsvorschlägen zur Gewähr- vergangenen Jahren hinzugekommen: dass wir dank der Entscheidung der mit dem Rundfunkbeitrag sorgsam gekommen ist übrigens so manches leistung von Transparenz erarbeitet die Glaubwürdigkeit. Die Menschen Bundesländer, hier auf eine gelunge- umgehen. Noch vor drei Jahren wurde im eigenen Haus, denn ich hatte als werden. Zudem soll geklärt werden, ob schauen sehr genau hin, wenn ihnen ne Reform zurückblicken können. uns vorgeworfen, zu wenig transpa- ARD-Vorsitzender ja praktisch zwei es neben dem geltenden Wettbewerbs- etwas nicht richtig erscheint. Glaub- rent zu sein. Mein Eindruck ist, dass Aufgaben. Aber nun freue ich mich, und Kartellrecht ein spezialgesetzliches würdigkeit ist unser höchstes Gut. Was ist liegen geblieben und das weniger geworden ist, denn viele dass ich mich künftig wieder deutlich Diskriminierungsverbot bedarf. Ich bin froh, dass Befragungen uns worin sehen Sie die größte Informationen sind nun gebündelt intensiver um den NDR kümmern Im Mai  hatte Olaf Scholz, Ers- bestätigen, dass mehr als zwei Drittel Herausforderung? im Netz einsehbar. Dort kann jeder kann. ter Bürgermeister Hamburgs, erstmals der Deutschen uns für glaubwürdig Liegen geblieben ist nichts, aber es nachlesen, wie teuer ein »Tatort« die Forderung erhoben, anstelle des halten. Dieser Wert ist über die Jahre gibt Daueraufgaben: Eine der größ- durchschnittlich ist, wie viele Frauen Lutz Marmor ist Intendant des Rundfunkstaatsvertrages einen Me- nahezu gleich geblieben. Wir arbeiten ten Herausforderungen für den öf- in der ARD in Führungspositionen NDR und war von  bis  dienstaatsvertrag zu erarbeiten. jeden Tag daran, dass das so bleibt. fentlichen Rundfunk ist sicher seine sind und was eine »Tagesschau«- Vorsitzender der ARD 30 STELLUNGNAHMEN www.politikundkultur.net

Kultur macht stark II jetzt auf den Weg bringen Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur Fortsetzung des BMBF-Programms »Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung«

Berlin, den ... Mit dieser Stel- In der vom BMBF in Auftrag gegebenen tigkeit weiterhin zu nutzen und die ren zu erreichen. Der Deutsche Kultur- der intensive administrative Aufwand lungnahme positioniert sich der Deut- externen Evaluierung des Programms Vielfalt und Flexibilität der kulturel- rat regt daher an, die Förderrichtlinie vor große Herausforderungen und geht sche Kulturrat für eine Fortsetzung des wurde vom beauftragten Forschungs- len Bildung im Programm zu erhalten, um die ausdrücklich erwünschte Zu- oft zulasten der fachlichen Arbeit. Der BMBF-Programms »Kultur macht stark. institut Prognos AG herausgearbeitet, • weiterhin mit Verbänden und Initia- sammenführung unterschiedlicher Ziel- hohe bürokratische Aufwand hindert Bündnisse für Bildung«. Er fordert den • dass das Programm auf eine sehr tiven zusammenzuarbeiten, um Brei- gruppen im Sinne intergenerationeller, lokale Akteure daran, sich überhaupt Deutschen Bundestag auf, entsprechen- große Akzeptanz stößt und bis Mitte tenwirkung, Nachhaltigkeit und eine transkultureller etc. Begegnungen zu an dem Programm zu beteiligen bzw. de Mittel zur Verfügung zu stellen und  bereits . Bildungsbündnisse hohe fachliche Qualität zu erzielen, erweitern, die Zielgruppe junger Er- erneut Maßnahmen zu beantragen, fordert das Bundesministerium für aus mindestens  Partnern entstan- • dabei insgesamt stärker kommunika- wachsener bis  Jahre zu berücksich- auch wenn bisherige Vorhaben erfolg- Bildung und Forschung (BMBF) auf, in den sind, tiv und strukturell mit Ländern und tigen und den Begriff der »Bildungsbe- reich waren. Aufgrund der festgelegten bewährter Weise mit Verbänden und • dass in  Prozent der Kreise, kreis- Kommunen zusammenzuarbeiten, nachteiligung« auch jenseits sozioöko- Verwaltungskostenhöhe von derzeit % Initiativen in der Umsetzung des Pro- freien Städte und in allen Bundes- • Kompetenz der Akteure anerkennen. nomischer Hintergründe zu defi nieren. auf lokaler Ebene müssen zahlreiche gramms zusammenzuarbeiten. ländern bereits Maßnahmen des Aufgaben als »Eigenleistung« erbracht Programms stattgefunden haben, Kooperationen werden. Der Deutsche Kulturrat fordert Im Nationalen Bildungsbericht  • dass insgesamt über . Maß- Für den bisherigen Erfolg des Pro- Der Deutsche Kulturrat erkennt an, dass das BMBF auf, Verwaltungsvereinfa- wurde herausgearbeitet, dass der so- nahmen durchgeführt wurden und gramms sind maßgeblich die Verbän- mit »Kultur macht stark« aufgrund des chungen durchzusetzen. Leistungen, ziale und ökonomische Hintergrund . Kinder und Jugendliche an de und Initiativen verantwortlich. Sie bestehenden Kooperationsverbots aus- die auf lokaler Ebene für die Koordinati- der Eltern nach wie vor einen erhebli- Maßnahmen teilgenommen haben, tragen neben den bereits genannten schließlich Angebote der kulturellen on und Organisation der Bündnisse wie chen Einfl uss auf die Bildungschancen • dass mehr als die Hälfte der Maß- Punkten u.a. dafür Sorge, dass Verant- Bildung gefördert werden können, die auch in den Verbänden und Initiativen von Kindern und Jugendlichen hat. Vor nahmen dort verortet sind, wo die wortungsgemeinschaften von kommu- nicht im Unterricht bzw. nicht im ge- für die administrativen und fachlichen diesem Hintergrund hat das BMBF im bildungsbenachteiligten Risikolagen nalen Trägern und zivilgesellschaftli- bundenen Ganztag verortet sind. Eine Aufgaben erbracht werden, müssen Jahre  das Programm »Kultur macht überdurchschnittlich häufi g anzu- chen Akteuren, von Fachkräften und solch strikte Trennung von schulischen angemessen mit Programmmitteln stark. Bündnisse für Bildung« aufge- treff en sind, ehrenamtlich Engagierten umgesetzt und außerschulischen Aktivitäten lässt fi nanziert werden. Denkbar wäre eine legt. Ziel des Programmes ist es, einen • dass  Prozent der Bündnisse Kinder werden. Sie stellen die Erreichung der sich aufgrund der Zielgruppe oft jedoch sogenannte »Konzeptions- und Koordi- Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit und Jugendliche erreichen, die sonst Zielgruppen und sozialräumliche Ver- nicht aufrechterhalten, weshalb es nach nationspauschale« sowohl für beteiligte zu leisten und insbesondere Kindern nicht an Angeboten kultureller Bil- ankerung sicher. Hier konnte auf die Ansicht des Deutschen Kulturrates rat- Verbände und Initiativen als auch für und Jugendlichen, die in Risikolagen dung teilhaben, im Vorfeld bereits vorhandene Kom- sam ist, vielfältige Möglichkeiten der die lokale Ebene. aufwachsen, mit kulturellen Angebo- • dass  Prozent der Bildungsbündnis- petenz der Programmpartner und die Kooperation zu fördern, ohne jedoch ten bessere Zugänge zu Bildung und zu se auch in Zukunft als Bündnispart- Leistungsfähigkeit ihrer Strukturen auf- als Ersatz für den Regelunterricht, z.B. Bürgerschaftliches Engagement gesellschaftlicher Teilhabe zu eröff nen. ner zusammenarbeiten und einen gebaut und diese im Laufe der ersten in den künstlerischen Schulfächern, zu und hauptamtliches Personal Folgeantrag stellen wollen, Programmhälfte erweitert werden. Die fungieren. Weiter müssen im Rahmen »Kultur macht stark« setzt auf den viel- Für das Programm wurden im Jahr  • dass die teilnehmenden Kinder und Expertise der Verbände und Initiativen der bestehenden gesetzlichen Regelun- fachen Einsatz von Ehrenamtlichen in für eine Laufzeit von fünf Jahren  Jugendlichen ihre Persönlichkeit in Hinblick auf die Programmsteuerung gen Kooperationen mit Kindertagesein- den Bündnissen vor Ort. Wenngleich Millionen Euro zur Verfügung gestellt. und Kompetenzen entwickeln und und -umsetzung ist unverzichtbar für richtungen gefördert werden. Um auch der Deutsche Kulturrat die Förderung Damit ist »Kultur macht stark. Bünd- die deutliche Mehrheit Interesse an den Erfolg von »Kultur macht stark«. weiterhin unter sechsjährige Kinder zu bürgerschaftlichen Engagements sehr nisse für Bildung« das bislang fi nan- weiteren kulturellen Bildungsange- Der Deutsche Kulturrat erachtet es als erreichen und gerade in diesem frühen begrüßt, sollte auf ein angemessenes ziell umfangreichste Programm zur boten hat. zwingend erforderlich, bei der Fortfüh- Alter den Zugang zur kulturellen Bil- Verhältnis von Haupt- und Ehrenamt Förderung kultureller Bildung in der rung des Programms an der Rolle der dung zu eröff nen, gilt es angepasste geachtet werden – sowohl in Bezug auf bundesdeutschen Geschichte. »Kultur macht stark. Bündnisse für Verbände und Initiativen in Hinblick praktikable Lösungen in Kooperation die Art der übertragenen Tätigkeiten als Bildung« ist damit ein sehr erfolgrei- auf die Weiterleitung der Fördermittel mit der Ganztagsbetreuung in Kinder- auch deren Umfang. Bürgerschaftliches Aus über  Bewerbungen wurden  ches Programm und entfaltet in der sowie der Qualitätssicherung festzuhal- tageseinrichtungen umzusetzen und Engagement muss durch hauptamtliche insgesamt  Verbände und Initiativen Breite der Gesellschaft seine Wirkung. ten. Für letztere sollten angemessene auszuweiten. Strukturen begleitet und qualifi ziert in einem wettbewerblichen Verfahren Maßnahmen mit gefl üchteten Kindern Mittel bereitgestellt werden. Er fordert werden. Gleichzeitig müssen die Auf- von einer Expertenjury ausgewählt. und Jugendlichen waren von Anbeginn zugleich, eine stärkere Einbeziehung Finanzielle Ausstattung und gaben der Ehrenamtlichen an deren Diese Verbände und Initiativen, die Teil des integrativen Ansatzes der Pro- der Kommunen und Länder zu gewähr- Bürokratie Interessen, Möglichkeiten und Wün- Programmpartner, haben im Rahmen grammpartner. Das BMBF unterstützt leisten. Ziel sollte sein, den Verwaltungsauf- schen orientiert werden. Der Deutsche der Ausschreibung und der Förderricht- angesichts der aktuellen Entwicklungen wand für das Programm möglichst nied- Kulturrat fordert, dass für diese Anfor- linie des BMBF eigenständige inhaltli- die Programmpartner mit bedarfsori- Mit Blick auf ein Folgeprogramm »Kul- rig zu halten, so dass die vorhandenen derung ausreichende Mittel bereitge- che Konzepte festgelegt, nach denen sie entierten Lösungen und zusätzlichen tur macht stark II« regt der Deutsche fi nanziellen und personellen Ressour- stellt werden. Die fachliche Arbeit in Angebote von lokalen Bildungsbünd- Mitteln hierfür. Kulturrat an: cen primär für die Umsetzung, beson- den Bündnismaßnahmen muss auch nissen im Rahmen von »Kultur macht ders für die fachliche Qualität und die für angestelltes, professionelles Per- stark« fördern. Sie bewerben das Pro- Der Deutsche Kulturrat fordert, Zielgruppe Arbeit mit den Kindern und Jugendli- sonal der Programmpartner ermöglicht gramm, beraten und begleiten die An- • zu Beginn des Haushaltsjahres  Zielgruppe des Programms sind »bil- chen eingesetzt werden können. Jegli- werden – unter der Voraussetzung, dass tragsteller und geförderten Bündnisse, die Weichen dafür zu stellen, dass dungsbenachteiligte Kinder und Ju- che Möglichkeit zum Bürokratieabbau Mittel des Bundesprogramms kommu- bieten Fortbildungen an und sichern das Programm »Kultur macht stark. gendliche« im Alter von  bis  Jahren. sollte genutzt werden, um alle Ebenen nale/öff entliche Personalfi nanzierung so die Qualität des Programms sowie Bündnisse für Bildung« nach  Diese Fokussierung darf aber nicht zu hier zu entlasten und den Aufwand zu nicht ersetzen, sondern zusätzliche der durchgeführten Maßnahmen. Als fortgeführt werden kann, erneuter Ausgrenzung führen. Vielmehr minimieren. Die lokale Ebene benötigt Ressourcen für zusätzliche Maßnah- Partner des Ministeriums sind sie die • das Programm mit einem vergleich- muss es darum gehen, mit inklusiv aus- ebenso wie die Verbände und Initiativen men bereitstellen. Nur eine verstärkte Garanten für die Umsetzung der in der baren Fördervolumen fortzuführen, gerichteten Maßnahmen der kulturellen eine bessere fi nanzielle Ausstattung zur Zusammenarbeit mit hauptamtlichen Förderrichtlinie formulierten Förder- • die Potenziale der kulturellen Bildung Bildung bildungsbenachteiligte Kinder Umsetzung ihrer Programmaufgaben. Fachkräften sichert eine nachhaltige ziele. zur Förderung von Bildungsgerech- und Jugendliche zusammen mit ande- Insbesondere kleinere Strukturen stellt Wirkung des Programms.

Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen LESESTOFF Vergütungsansprüchen FÜR NEU- Resolution des Deutschen Kulturrates GIERIGE!

Berlin, den ... Der Deutsche u.a. für die Privatkopie, partizipieren Der Deutsche Kulturrat hatte sich be- Kulturrat, der Spitzenverband der Bun- dürfen. In Deutschland – und in vie- reits in der Vergangenheit mehrfach deskulturverbände, bittet die Bundes- len anderen EU-Mitgliedstaaten – ist dafür ausgesprochen, dass Verlage regierung, sich bei den zuständigen vorgesehen, dass neben Autoren oder weiterhin an den Ausschüttungen der Organen der EU, insbesondere bei der Leistungsschutzberechtigten auch Verwertungsgesellschaften beteiligt EU-Kommission, dafür einzusetzen, Verlage Ausschüttungen aufgrund von werden können. Ein Ausschluss der dass schnellstmöglich im EU-Recht gesetzlichen Vergütungsansprüchen Verlage ist schon deshalb nicht ge- klargestellt wird, dass auch Verlage an erhalten. Derartige Vergütungsansprü- rechtfertigt, weil auch Verlage einen den Einnahmen aufgrund von gesetz- che werden in der Regel von Verwer- materiellen Nachteil dadurch erlei- lichen Vergütungsansprüchen beteiligt tungsgesellschaften wahrgenommen, den, dass von ihnen verlegte Werke werden können. Der Deutsche Kultur- die in bestimmten Bereichen von je- aufgrund von gesetzlichen Bestim- rat begrüßt die Ankündigung von Mi- her Autoren und Verlage gemeinsam mungen frei genutzt werden können. Jetzt am Kiosk und für Abonnenten nister Heiko Maas bei der Konferenz vertreten. In Deutschland ist das bei in der neuen musikzeitung: „Zukunft des Urheberrechts“ am . De- GEMA, VG WORT, VG Bild-Kunst und Vor dem Hintergrund der jüngsten zember  in Berlin, in diesem Sinne VG Musikedition der Fall. EuGH-Entscheidung ist es allerdings SILBERHORN – das Lifestyle-Magazin in Brüssel tätig zu werden. dringend erforderlich, die Zulässigkeit für Kulturliebende Zuletzt hatte sich der EuGH in einer der Verlegerbeteiligung in geeigneter Vor dem Hintergrund von anhängigen Auseinandersetzung zwischen der Weise im Europäischen Recht klarzu- Gerichtsverfahren besteht erhebliche belgischen Verwertungsgesellschaft stellen. Unabhängig von den anhän- rechtliche Unsicherheit, inwieweit Reprobel und dem Gerätehersteller gigen Gerichtsverfahren, deren Aus- CONBRIO Verlage an den Einnahmen aufgrund Hewlett Packard u.a. mit der Frage gang weiterhin off en ist, muss in dieser www.conbrio.de www.silberhorn-magazin.de von Vergütungsansprüchen für ge- der Verlegerbeteiligung befasst (Urteil wichtigen Frage schnellstmöglich für setzlich erlaubte Nutzungen, wie vom . November ). Rechtssicherheit gesorgt werden. Politik & Kultur | Nr. /  | Januar — Februar  STELLUNGNAHMEN 31

Zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eines »Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung« Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den ... Der Deutsche Der Deutsche Kulturrat unterstreicht, rechnungen nicht außer Verhältnis zum wäre eine Option zur Beschleunigung tragspartnern und damit den Aufbau Kulturrat, der Spitzenverband der Bun- dass in großen Teilen des Kulturbe- Abgerechneten geraten zu lassen. der Verfahren und zur Bündelung von von Künstlern erschweren. Der Deut- deskulturverbände, positioniert sich triebs ein symbiotisches Verhältnis Kompetenzen in der Rechtsprechung. sche Kulturrat fordert den Gesetzgeber mit dieser Stellungnahme zum Refe- zwischen Urhebern und Verwertern Eine besondere Herausforderung stel- auf, bei der Neuregelung die Argumente rentenentwurf des Bundesministeriums besteht. Urheber brauchen Verwerter len Mehrparteienverhältnisse dar, wie In anderen Rechtsgebieten sind Ver- beider Seiten abzuwägen. der Justiz und für Verbraucherschutz ei- zur Vermarktung ihrer Werke, Verwerter sie unter anderem für den Film typisch bandsklagen möglich und haben sich nes »Gesetzes zur verbesserten Durch- brauchen Urheber für die Herstellung sind. Alle an einem Werk beteiligen Ur- bewährt. Ein wirksames Verbandskla- Auskunftsanspruch setzung des Anspruchs der Urheber und und Verwertung von Werken. Auf- heber und ausübenden Künstler haben gerecht stärkt die Anonymität des ein- Der Auskunftsanspruch ist ein komple- ausübenden Künstler auf angemessene grund dieses engen Verhältnisses ist einen Anspruch auf eine angemessene zelnen Betroff enen. xes Thema und bedarf einer diff eren- Vergütung«. In seinem Positionspapier aus Sicht des Deutschen Kulturrates Vergütung. Zugleich muss die Vergü- zierten Betrachtung. Dabei kann unter »Zur Zukunft des Urheberrechts« vom besonderes »Fingerspitzengefühl« beim tung in einem Verhältnis zu ihrem An- Rückrufrecht anderem eine Rolle spielen, in welchem .. hat der Deutsche Kulturrat Gesetzgebungsprozess zum Urheber- teil am Werk stehen. Der Gesetzgeber Der Referentenentwurf zur Novellie- Umfang Urheber bei Werken mit vielen bereits festgestellt: »Für die Nutzung vertragsrecht von Nöten, um am Ende muss hier Spielräume schaff en, um rung des Urhebervertragsrechts sieht Beteiligten einen Beitrag zum Werk ge- von künstlerischen Werken ist eine ein Ergebnis zu erreichen, das bei den branchenspezifi sche Lösungen zu er- mit Ausnahme der Filmbranche ein leistet haben. Es gilt abzuwägen zwi- angemessene Vergütung unverzicht- verschiedenen Beteiligten Anerken- möglichen. Rückrufrecht für den Urheber nach fünf schen dem Interesse der Urheber und bar. […] Zur Stärkung der rechtlichen nung fi ndet. Jahren vor. Die vorgesehene Regelung ausübenden Künstler, Auskunft über Stellung der Urheber gegenüber den Der Gesetzgeber will mit der Novellie- muss aus Sicht des Deutschen Kultur- die Erlöse aus der Verwertung ihrer Verwertern wurde vor zehn Jahren Mischkalkulationen beachten rung des Urhebervertragsrecht Buy- rates von zwei Seiten betrachtet werden. Werke und Darstellungen zu erhalten das Urhebervertragsrecht (Gesetz zur Den Kultur- und Medienbereich prägt, out-Verträgen entgegenwirken. Hier Urheber haben vielfach den Eindruck, und dem Verwaltungsaufwand, der mit Stärkung der vertraglichen Stellung dass Mischkalkulationen angewandt plädiert der Deutsche Kulturrat für dass sich Verwerter nicht ausreichend dem Auskunftsanspruch verbunden ist. der Urheber und ausübenden Künstler) werden. Das am Markt erfolgreiche eine diff erenzierte Betrachtung. Jeden- für ihr Werk einsetzen und wollen daher Ein hoher Verwaltungsaufwand ist auch beschlossen. Der Deutsche Kulturrat Werk muss mehrere ökonomisch we- falls dürfen Buy-out-Verträge nicht zu das Rückrufrecht, um mit einem ande- mit hohen Kosten verbunden, was zu fordert, dass mehr als zehn Jahre nach niger erfolgreiche Werke fi nanzieren. Lasten der Urheber und ausübenden ren Verwerter in Verhandlungen treten Lasten der Budgets für urheberrecht- Inkrafttreten das Urhebervertragsrecht Diese Mischkalkulationen wenden so- Künstler gehen, sie können hingegen zu können. Sie erwarten sich daraus liche Leistungen gehen könnte. Hier ergebnisoff en evaluiert wird. Aus dieser wohl Urheber, ausübende Künstler als bei einer entsprechenden Vergütung eine Verbesserung ihrer wirtschaftli- kann die Einführung von branchen- Evaluierung müssen möglichst schnell auch Verwerter an. Beide investieren angemessen sein. chen Situation. Verwerter befürchten spezifi schen Lösungen die Diskussion Konsequenzen gezogen werden.« in Aufträge oder in Werke, deren wirt- hingegen, dass sie künftig in das Werk- entschärfen. schaftlicher Erfolg ungewiss ist. Beide Gemeinsame Vergütungsregeln schaff en von Urhebern investieren und Dem Deutschen Kulturrat gehören so- gleichen ihre ökonomischen Misser- Gemeinsame Vergütungsregeln können diese nach fünf Jahren, wenn sich die Unbekannte Nutzungsarten wohl Verbände der Urheber und aus- folge durch Erfolge aus. Die Mischkal- am sinnvollsten in den verschiedenen eigenen und die Investitionen der Li- Der Deutsche Kulturrat begrüßt, die be- übenden Künstler als auch Verbände kulation darf aber nicht dazu führen, Branchen getroff en werden, denn nur zenzpartner zu amortisieren beginnen, stehenden Regelungen zu unbekannten der Verwerter künstlerischer Leistungen dass bei erheblichem wirtschaftlichem dann kann auf Branchenbesonderhei- die Rechte zurückrufen. Die Regelung Nutzungsarten, die bislang für Urheber aus den verschiedenen künstlerischen Erfolg eines Werkes der Urheber nicht ten adäquat eingegangen werden. Ver- wird aus ihrer Sicht die Zusammen- gelten, auf ausübende Künstler auszu- Sparten (Musik, darstellende Künste, Li- angemessen partizipiert. Im Gegenteil, gütungsregeln, die von Verbänden aus- arbeit mit in- und ausländischen Ver- dehnen. teratur, bildende Kunst, Baukultur und im Erfolgsfall muss eine Nachvergütung gehandelt werden, haben den Vorteil, Denkmalpfl ege, Design, Film, Rund- selbstverständlich sein, wie sie der Ge- dass ein großer Teil der Unternehmen funk und audiovisuelle Medien sowie setzgeber mit der Einführung des § a einer Branche erfasst wird. Voraus- Soziokultur und kulturelle Bildung) an. UrhG beabsichtigte. setzung dafür ist, dass die jeweiligen Er konzentriert sich wie üblich in seiner Branchenbesonderheiten und wirt- Stellungnahme auf die Aspekte, die so- Angemessene Vergütung schaftliche Stärke der verschiedenen wohl von Seiten der Verwerter- als auch Vollkommen unstreitig ist aus Sicht des Unternehmen abgebildet werden. Es der Urheberverbände getragen werden Deutschen Kulturrates, dass Urhebern müssen die Besonderheiten von Mehr- können. Wenn in dieser Stellungnah- eine angemessene Vergütung ihrer Leis- parteienverhältnissen berücksichtigt Das Musik-Kultur-Politik-TV-Programm der nmz me von Urhebern die Rede ist, sind die tungen und ihrer Rechte zusteht. Auch werden. Im weiteren Gesetzgebungs- ausübenden Künstler eingeschlossen. eine Pauschalzahlung kann gegebenen- verfahren sollte geprüft werden, ob falls angemessen sein. Wie der BGH in eine Außenseiterregel im Hinblick auf Gleichzeitig appelliert der Deutsche seiner Rechtsprechung formuliert, ist Bestimmungen in allgemeinen Vergü- Kulturrat, im Gesetzgebungsprozess der Urheber an jeder wirtschaftlichen tungsregeln vorgesehen werden muss. Branchenbesonderheiten zu berück- Nutzung seines Werkes tunlichst an- sichtigen und zu ermöglichen. Hierzu gemessen zu beteiligen (Beteiligungs- Derzeit sind die Verfahren bis zur Ver- beziehen die verschiedenen Branchen- grundsatz). Das schließt nicht aus, bei einbarung gemeinsamer Vergütungsre- verbände in eigenen Papieren Stellung. der Bemessung der Vergütung mehrere geln langwierig und für alle Beteiligen Nutzungen und Nutzungsarten sach- mit Rechtsunsicherheit verbunden. Urheber brauchen Verwerter, Verwer- gerecht zusammenzufassen, auch um Die Zuständigkeit eines speziellen ter brauchen Urheber den Administrationsaufwand für Ab- Oberlandesgerichts für die Verfahren Die Schwetzinger SWR Festspiele Immer im Frühling finden über gut vier Wochen die Schwetzinger SWR Festspiele statt. Im unvergleichlichen Ambiente des kurfürstlichen Schlossparks kommen etwa mit der Hofmusik Akademie bekannte Deutscher Kulturrat zu den Landtagswahlen in wie weniger vertraute Werke an Originalspielstätten zu Gehör. Jedes Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Jahr entsteht im Rokokotheater des Schlosses als Auftragsprodukti- on des SWR aber auch eine zeitgenössische Oper. Von Barock über Mecklenburg-Vorpommern und Berlin im Jahr 2016 Klassik bis zur Moderne – die Schwetzinger SWR Festspiele haben sich mit dieser gelungenen Mischung mittlerweile eine feste Fange- Berlin, den ... Der Deutsche pommern und Berlin auf: Gehen Sie für kulturelle Vielfalt steht und diese meinde erobert. Kulturrat, der Spitzenverband der Bun- wählen. Machen Sie von Ihrem demo- weiterentwickeln will. deskulturverbände, repräsentiert die kratischen Recht Gebrauch, ein Parla- verschiedenen künstlerischen Sparten ment und eine Regierung zu wählen, Kulturelle Teilhabe ermöglichen und die unterschiedlichen Bereiche die die Politik in Ihrem Land in den des kulturellen Lebens. In ihm haben nächsten Jahren gestaltet. Kulturelle Bildung ermöglicht die Teil- sich Verbände und Organisationen der habe am kulturellen Leben. Diese Teil- Künstler, der Kultureinrichtungen, der habe muss allen in Deutschland leben- Weltoff enheit kulturellen Bildung, der Kulturvereine den Menschen ermöglicht werden, un- und der Kulturwirtschaft zusammen- Deutschland ist ein weltoffenes abhängig vom Einkommen, sozialen oder geschlossen. Gemeinsam treten die Land, das in der Mitte Europas liegt. Aufenthaltsstatus. Kulturelle Teilhabe im Deutschen Kulturrat verbundenen Deutschland profi tiert vom europäi- kann Integration ermöglichen, unabhän- Organisationen für Kunst-, Meinungs- schen Einigungsprozess und vom Zu- gig davon, wie lange jemand schon in und Informationsfreiheit sowie den sammenwirken in einem friedlich ver- Deutschland lebt. Geben Sie einer Par- Carl Bechstein Wettbewerb 2015 Schutz der Urheberinnen und Urhe- einten Europa. Geben Sie einer Partei tei Ihre Stimme, die für kulturelle Teil- Zum zweiten Mal fand nach seiner erfolgreichen Premiere im Herbst ber ein und machen sich für ein le- Ihre Stimme, die für dieses weltoff ene habe und kulturelle Bildung einsteht. 2014 in diesem Jahr der Carl Bechstein Wettbewerb für Kinder und bendiges kulturelles Leben, das die Deutschland steht. Jugendliche statt. Der Wettbewerb war 2015 in der Kategorie „Kla- Vielfalt der Kulturen und kulturellen vier und ein Streichinstrument” ausgeschrieben, und Kulturelle Infrastruktur sichern Ausdrucksformen widerspiegelt, für Duos aus ganz Deutschland folgten Kulturelle Vielfalt bestmögliche Rahmenbedingungen für Die vielfältige kulturelle Infrastruktur diesem Aufruf und kamen ins Ber- Kunst und Kultur und eine umfassende Deutschland ist, auch bedingt durch ist eine der Voraussetzungen für die liner Schloss Britz, um dort die kulturelle Teilhabe stark. den ausgeprägten Föderalismus, ein Teilhabe am kulturellen Leben. Kultu- prominent besetzte Jury von ih- Land der kulturellen Vielfalt. Kultur relle Infrastruktur sichert die Bewah- rem Können zu überzeugen. in Deutschland wird geprägt durch die rung, Erschließung und Präsentation Wählen gehen! verschiedenen Regionen, unterschied- des kulturellen Erbes sowie des zeitge- kostenlos unter: Der Deutsche Kulturrat fordert die lichen kulturellen Ausdrucksformen nössischen künstlerischen Schaff ens. Exklusiv und kostenlos unter Wählerinnen und Wähler in Baden- und Menschen, die hier leben, egal ob Geben Sie einer Partei Ihre Stimme, www.nmzmedia.dewww.nmz.de Württemberg, Rheinland-Pfalz, hier geboren oder zugewandert. Ge- die kulturelle Infrastruktur sichern Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vor- ben Sie einer Partei Ihre Stimme, die und weiterentwickeln will. 32 DAS LETZTE www.politikundkultur.net

Kurz-Schluss Wie ich einmal unsere schöne Demokratie vor Weimarer Zuständen rettete

THEO GEIẞLER ich ihm eine klare Kante, konsequent heblichen Audi-Aktienpaketes bereits zu wechseln, winkte er müde ab. Er Grundsatz des konsequenten Aussit- mit den Begriff en »Flüchtlings-Ober- sicher. Der geschlossene Protest der hätte bereits einen sicherlich besser zens aller Probleme und Konfl ikte hat Jetzt, da alles einigermaßen wenn auch grenze« und »Beschränkung des Fami- Frauen-Union gipfelte im Ratschlag, ausgestalteten Vertrag mit Apple zu die Partei perfekt verinnerlicht. Sie vorläufi g gut gelaufen ist, kann ich es lien-Nachzuges« zu operieren. Auch doch zu den »Grünen« zu konvertieren, jedem ihm genehmen Zeitpunkt. Ein darf jetzt nur nicht vergessen, dass ja ausplaudern: In den letzten Wochen um später einen gewissen Defi nitions- woraufhin Söder unter dem Gelächter hoff nungsloser Fall, der die noch viel bei dieser Körperhaltung hinten kaum des vergangenen Jahres war ich sozusa- spielraum in der allfälligen Diskussion seiner Parteigenossen androhte, an- zu zahm ausgefallene Quittung für was rauskommen kann, es sei denn, die gen als Triple-Agent tätig. Für die fi nan- mit der Schwesterpartei zu behalten. stelle von »Dobrindt, dem Versager« seine Hartleibigkeit auch noch als Sesselkonzeption im Bundestag würde ziell bestens ausgestatteten Populis- Ferner ließ ich ihm zur Stärkung sei- als Verkehrsminister nach Berlin zu Wahlerfolg verbuchte. Diese mentale komplett verändert. mus-Beraterfi rmen von CDU, CSU und nes Selbstbewusstseins Schuhe mit wechseln. Realitätsflucht wird es mir im Rah- Ob ich allerdings den Folgeauftrag SPD. In den Präambeln zur Auftrags- Zwölf-Zentimeter-Sohlen anmessen, Hochproblematisch auch die Situati- men einer freilich noch geheimen An- der CDU-Populismus-Agentur annehme, bestätigung hieß es fast gleichlautend, damit der wahre Größenunterschied on der -Prozent-Volkspartei SPD vor schluss-Maßnahme demnächst leicht weiß ich noch nicht. Es wäre eigentlich die Bundesrepublik befände sich aus beim Zusammentreff en mit Kanzlerin ihrem Parteitag. Sie wird den Sprung machen, den Sturkopf und TTIP-Freak nicht mein Stil, der AfD-Vorsitzenden jeweiliger Kundensicht auf dem Weg Angela Merkel optisch eindeutig aus- knapp über die Einviertel-Minderheit in der digitalen Apfel-Wüste verschwin- Frauke Petry ein von der CIA an Fidel in die chaotischen Zustände der Wei- fallen konnte. bei der übernächsten Bundestagswahl den zu lassen. Ein Auftrag aus der SPD- Castro erprobtes Oberlippenbärtchen- marer Republik. Zwar seien die linken Perspektivisch empfahl ich, die Nach- wohl nur schaff en, wenn sie ihren hal- Grundwerte-Kommission liegt mir be- Wachstumshormon in die Hühnersuppe und rechten Ränder noch nicht so stark. folger*innen-Frage möglichst umge- tungsmäßig dem seehoferschen Wa- reits vor. zu mischen oder die Pickelcreme von Das könne sich allerdings in Zeiten von hend und aus quantitativer Wähler* ckelpudding ähnelnden Sigmar Gabri- Wie angenehm hingegen die Arbeit Sahra Wagenknecht mit Akne-Bakte- Terror und Flüchtlingsschwemme rasch innen-Sicht frauenfreundlich zu klären. el irgendwie entsorgt. Zumal der sich im Vorfeld des christdemokratischen rien zu versetzen… ändern. Eine drastische Kräftigung der Alles war schon in Butter, Seehofer hat- als völlig beratungsresistent erwies. Parteitages. Mit ein paar Prisen Vali- demokratischen Mitte täte Not. te ich die Präsidentschaft beim FC Bay- Mein Vorschlag, aus guten Beispie- um für Abweichler wie Bosbach und Auf ein feines Weihnachtsgeld spe- ern und der FIFA zugesagt. Da kam ein len zu lernen und seine Patschhände ein wenig kunstvolle Verbalakrobatik kulierend akzeptierte ich diese Heraus- Querschuss, weil sich Heimatminister künftig kanzlerinnen-like vor seinem (»deutliche Begrenzung des Flücht- forderungen gern, zumal gerade die Markus Söder unangenehm vordrängte. Altbier-Muskel gestisch stets zur Rau- lings-Zustromes« statt »Obergrenze«) Parteitage der Kundschaft anstanden Er war in den Vorjahren durch trans- te zu formen (hätte für ihn auch kos- herrschte Friede, Freude, Eierkuchen. und einen gewissen Gestaltungsspiel- vestitische Karnevals-Kostüme mehr- metische Vorteile gehabt) blitzte kalt Für die Begegnung mit Seehofer ließ raum versprachen. Anzugehen war fach aufgefallen und erklärte sich jetzt ab. Auch wollte er sich nicht mit der ich Merkel Zwanzig-Zentimeter High- zunächst der rechte Flankenschutz bereit, seinen Namen – verbunden mit Partei-Zukunft, den Jusos, versöhnen. Heels anmessen, während der Bayer des demokratischen Zentrums – die entsprechendem Auftreten – in »Mar- »Lieber hole ich Clement, Edathy und vor seinem Auftritt (vorgeschobenes Christsozialen. Ihren Schwachpunkt – kanta Söd*erin« umtaufen zu lassen. Steinbrück wieder in die Parteispitze« Argument: eine Bombendrohung im den Ministerpräsident , Den vatikanischen Segen durch Kar- – höhnte er. Zusammenhang mit seinen Absätzen) wegen häufi gen Positionswechsels gern dinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt Als ich ihm off erierte, gegen ein in Pantoff eln wechseln musste. Fol- auch als »Drehhofer« bespöttelt, galt der Kongregation für die Glaubenslehre, hohes monatliches Millionen-Salär ge: Alles in weicher Butter im wahren Theo Geißler ist Herausgeber von es einzunorden. Deshalb verordnete habe er durch den Transfer eines uner- in die Geschäftsleitung von Facebook Zentrum der Republik. Den Kohlschen Politik & Kultur

MÖHRENSALAT  DIE P&KNACHRICHTEN

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich ges und OB der Noris Ulrich Maly: »Die an der Frankfurter Hochschule für Mu- Ähnlichkeit mit der bekannten Botti- sik eingeschrieben. Sie studiert im Rah- celli-Darstellung ist so verblüff end, men des »Prima-Canta-Programmes« dass wir gar nicht anders konnten.« in Privatstunden Kinderchor-Leitung. Hofreiter soll nun gemeinsam mit dem »Ich sehe im Erwerb dieser Kompetenz »Christkindl« den gleichnamigen Markt die letzte Möglichkeit, mein Kabinett, eröff nen dürfen. Spontan forderte Hof- speziell die CSU-Minister und den reiter – um Namensverwechslungen bayerischen Landesfürsten in ein pro- zu vermeiden – eine Umbenennung in duktives Arbeitsverhalten zu lenken. »Erzengel Metatron«. Den wenigstens Nur bei Seehofer wird’s wohl schwierig. kenne er aus dem vorzüglichen Film Der ist ein Brummer« – so Merkel bei »Dogma« – übrigens ein Leitbegriff einer Betriebsversammlung der Pan- seiner Partei. zerschmiede Krauss-Maff ai. Der unangefochtene ver.di-Boss Frank SPD-Chef Sigmar Gabriel erhält von Bsirske hat den kleinen Kunst- und Apple lebenslang ein kostenloses Kultur-Gewerkschaften moralische Abonnement für die jeweils aktuellste Unterstützung bei ihrer Verfassungs- Apple-Watch. »Diese wahrlich große klage gegen das von der Bundesre- Persönlichkeit hat sich um die Reali- gierung angestrebte Gesetz zugesagt, sierung der Freihandelsverträge TTIP nach dem die jeweils mitgliederstärks- und TiSA außerordentlich verdient ge- te Arbeitnehmer-Vertretung in Betrie- macht« – heißt es in der Pressemeldung ben alleiniger Tarifpartner werden soll. des Apple-Vorstandes. »Außerdem Bei der traditionellen ver.di-Weih- können dann er selbst aber auch wir nachtsfeier im Berliner Restaurant stets angebrachten Einfl uss auf seinen Borchardt soll der große Vorsitzende Gesundheitszustand nehmen«. nach zwei Flaschen Chablis laut ver- kündet haben, lieber klage er selbst Grünen-Chef Anton Hofreiter wurde »als die disparaten ewig meckernden vom Nürnberger Stadtrat soeben zum Möchtegern-Künstlerhäufl ein in den »Erzengel Gabriel « gekürt. Der sicheren Schoß seiner Institution zu

KARIKATUR: KLAUS STUTTMANN KLAUS KARIKATUR: Vorsitzende des Deutschen Städteta- integrieren«.

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