Dokumentation Ausbildung , € Januar/ Februar 1 Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Heinrich Bedford-Strohm Maria Böhmer Wertedebatte Unter der Lupe Freihandelsabkommen Stellungnahmen Heiko Maas Vom Sinn und Unsinn der In der Reihe zur aktuellen TTIP, CETA & Co: Wichtig für Aktuelle Positionen des Stormy-Annika Mildner Debatte über Leitkultur und Kulturpolitik der Länder geht es Industrie und Handel, sagen die Deutschen Kulturrates u.a. kulturelle Identität. Muss man in dieser Ausgabe um Saarland einen, negativ für die Kultur, zum Urheberrecht und den Petra Pinzler »unsere« Werte schützen? und Sachsen-Anhalt. sagen die anderen. anstehenden Landtagswahlen und viele andere Seiten , und Seiten und Seiten bis Seiten und Feinde Seit Monaten bekriegen sich Kunst- händler, Sammler und ihre Verbände mit der Kulturstaatsministerin we- gen des neuen Kulturgutschutzge- setzes, das im Frühjahr dieses Jahres beschlossen werden soll. Die Posi- tion des Deutschen Kulturrates, der das Gesetz grundsätzlich begrüßt, aber selbstverständlich im parla- mentarischen Verfahren noch Ände- rungsvorschläge einbringen wird, ist hinlänglich bekannt. Irritiert muss man aber die persönlichen Attacken gegen die Kulturstaatsministerin aus dem Kreis der Kunstsammler und Kunsthändler zu Kenntnis nehmen. Dabei geht es nicht um normale politische Kritik an der Arbeit eines Original + Digital Mitgliedes der Bundesregierung, die nicht nur erlaubt, sondern in einer Demokratie auch notwendig ist, Zur Zukunft der Sammlungen in Archiven sondern oftmals um beispiellose und Bibliotheken. Seiten bis persönliche Herabsetzungen und Beleidigungen. Hart in der Sache, verbindlich im Ton ist das Credo guter Lobbyarbeit. Was hat also den Ton zwischen dem Kunsthandel und der Politik so ver- giftet? Sicher war es der unglücklich verlaufende Gesetzgebungsprozess WAGNER C. ANNA / BILDARCHIV RHEINISCHES FOTO: zur Erhöhung der Mehrwertsteuer in der letzten Legislaturperiode. Der Bund hatte für die von der EU erzwungene Mehrwertsteuererhö- rung von auf Prozent für den Kunsthandel eine steuerrechtliche Kompensation, die sogenannte Wie halten wir es mit der Religion? Margenbesteuerung, vorgesehen, Über die Notwendigkeit einer neuen Wertedebatte die aber von den Länderfi nanzmi- nistern konterkariert wurde. Schon HEIKO MAAS die zu uns kommen, moralisch zu erheben. Wir wis- tolerante Miteinander der Religionen fördert man damals hatten die Kunsthändler den sen sehr gut, wie lange es selbst in einem freien und nicht dadurch, indem man sie aus dem öff entlichen Bund und nicht die Verursacher, die dentität und Abgrenzung sind Nachbarn. Wer liberalen Land gedauert hat, diese Werte tatsächlich Raum verbannt. Ich bin der Meinung, das geht im Ge- Länder, für das Fiasko verantwortlich man selbst ist, das wird man auch beim Blick auf im Alltag durchzusetzen: Gleichberechtigung, Glau- genteil besser, wenn wir mehr Begegnungen zwischen gemacht. andere gewahr. Kein Wunder also, dass in Zeiten bensfreiheit und die Anerkennung der menschlichen den Religionen schaff en und zwischen Gläubigen und Beim Kulturgutschutzgesetz I starker Zuwanderung und off ener Grenzen die Würde stehen seit im Grundgesetz. Und doch nicht-religiösen Menschen. Heiner Bielefeldt, der waren wegen dieser politischen Frage nach der deutschen Identität Konjunktur hat. waren Männer und Frauen jahrzehntelang nur auf UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit hat Niederlagen des Kunsthandels bei Diese Debatte kann unter zwei verschiedenen Vor- den unteren Sprossen der Karriereleiter gleichberech- die tatsächliche Bedeutung staatlicher Neutralität auf der Mehrwertsteuer die Emotio- zeichen geführt werden. Unter dem Schlagwort einer tigt, war die Liebe schwuler Paare bis Ende der er den Punkt gebracht: Sie sei ein Fairnessprinzip des nen von Anfang an hochgeschnellt. deutschen »Leitkultur« mit unübersehbar aus- und durch den § StGB kriminalisiert, kommen antise- Aber auch der erste, zwar nicht au- abgrenzender Tendenz oder als integrative Werte- mitische Hetze und Gewalt bis heute in Deutschland torisierte, aber trotzdem im Amt der debatte, bei der es darum geht, was unsere Gesell- leider noch immer viel zu häufi g vor. Begegnungen zwischen den Kulturstaatsministerin verfasste schaft ausmacht und zusammenhält. Eine off ene, bunte, freie Gesellschaft, die müssen Religionen schaff en und mangelhafte Entwurf des Gesetzes, Die Parole von der »Leitkultur« ist als trotziger kul- wir alle gemeinsam gestalten und immer weiter vor- hat die Situation verschärft. Doch tureller Anpassungsimperativ gegenüber Migranten antreiben. Das ist auch Sache der Rechtspolitik. Schon zwischen Gläubigen und zur politischen Schlammschlacht unbrauchbar für die Herausforderungen unserer Zeit. in der Vergangenheit hat sie die Weichen gestellt. Sie nicht-religiösen Menschen wurde es erst, nachdem Mathias Müll trennen, Vorgarten harken und sonntags Tatort hat die Homosexualität zunächst entkriminalisiert Döpfner, Vorstandsvorsitzender gucken? Das machen viele, aber das ist nicht der We- und dann mit der »eingetragenen Lebenspartner- der Axel Springer Mediengruppe, in senskern der politischen Gemeinschaft, die unser Staat schaft« und dem Adoptionsrecht schrittweise neben Staates im Umgang mit dem religiösen Pluralismus. der Juli-Ausgabe der hauseigenen nun einmal ist. Fragt man hingegen nach den Werten, rechtlicher Gleichstellung auch zu mehr gesellschaft- Der neutrale Staat ist nicht etwa wertfrei oder indif- Kunstzeitschrift »Blau« zur Jagd auf dann sind da zunächst Demokratie und Menschen- licher Akzeptanz verholfen. Sie hat formelle Gleichbe- ferent. Im Gegenteil: Seine Werte sind die Vielfalt die Kulturstaatsministerin blies. Von rechte. Diese Grundwerte anzuerkennen, das können rechtigung von Frauen auf dem Papier ersetzt durch und der gegenseitige Respekt. diesem Zeitpunkt an gab es in den und müssen wir von allen einfordern – von denen, die eine aktive Förderungspolitik – ganz aktuell durch die Konkret bedeutet das: Die Möglichkeiten und Pri- Springer-Blättern kein Halten mehr. hier schon lang leben, genau wie von den Flüchtlin- Frauenquote für Aufsichtsräte, die in den Chefetagen vilegien, die unser Religionsverfassungsrecht anbietet, Besonders »Die Welt« tat sich durch gen, die erst in diesem Jahr zu uns gekommen sind. der deutschen Wirtschaft zu mehr Gleichberechtigung stehen nicht nur den beiden christlichen Großkirchen einseitige Berichterstattung hervor. Und das heißt ganz konkret: Frauen und Männer sind führen wird. off en, sondern gelten auch für andere Religionsge- Was lernen wir Kulturverbände Auch wenn es um die Vielfalt der Kulturen und meinschaften. Staatsverträge sind dabei ein wichtiger daraus: Lobbyarbeit ist ein hochspe- Religionen geht, kann die Rechtspolitik einen großen Schritt hin zu einem deutschen Islam. Sie könnten zialisiertes Handwerk, wie bei einem Beitrag zur Integration leisten. Nach Schätzungen die Ausbildung islamischer Theologen an deutschen Uhrmacher alter Schule werden kleine Wir haben keinen Anlass, uns leben bereits Millionen Muslime in Deutschland. Der Universitäten regeln. Manche Probleme ergeben sich Rädchen gedreht und dünne Federn über die Menschen, die zu uns überwiegende Teil der Flüchtlinge, die zurzeit zu uns ja daraus, dass Imame aus Ländern kommen, in denen gebogen, mit dem Vorschlaghammer kommen, moralisch zu erheben kommen, sind ebenfalls Muslime. Da wird es immer es keine Freiheit, keine Vielfalt und keine Gleichbe- kann man nur zerstören, nicht aber wieder zu neuen Debatten über die Religionsfreiheit rechtigung der Frauen gibt. Wir brauchen deutsche gestalten. Und was lernt die Kultur- kommen – Kopftuchstreite inklusive. Wir sollten uns Imame, die unsere Wertordnung kennen und leben, staatsministerin: Kunsthändler sind dabei klar machen: Ein junger Mann mit Kippa, ein und die hier ausgebildet sind. Dann werden sich viele emotional und ungeschickt, ihre gleichberechtigt. Schwule, Lesben und Transsexuelle Minarett im Stadtbild, ein Sihk mit Turban – all das hier lebende Muslime Deutschland sehr viel mehr wirklichen Feinde aber sitzen im können hier off en zu ihrer Identität stehen. Jeder darf sind keine Widersprüche zum Grundgesetz, sondern verbunden fühlen. Hause Springer, das hier seinen Glauben leben, niemand wegen Herkunft das ist gelebte Religionsfreiheit. Das könnte gerade jungen Muslimen ein positives ständig neues Öl ins oder Religion ausgegrenzt werden. Antisemitismus – Wie halten wir es also mit der Religion? Eines steht Leitbild geben. Ein neuer demokratischer, europäi- Feuer gießt. das geht im Land des Holocausts gar nicht! aus meiner Sicht fest: Ein strikter Laizismus wie in Fortsetzung auf Seite Aber all das werden wir nicht mit dem erhobenen Frankreich ist keine Lösung. Dort geht die Trennung Olaf Zimmermann Zeigefi nger vermitteln können oder indem wir bloß von Staat und Kirche soweit, dass in staatlichen Schu- Nr. / ist Herausgeber den Text unseres Grundgesetzes verteilen. Und: Wir len selbst Schüler keine religiöse Kleidung oder Sym- ISSN - 4<BUFJTM=gadaai>:l;W4<BUFJTM=gadaai>:V;n von Politik & Kultur haben auch keinen Anlass, uns über die Menschen, bole tragen dürfen. Ich halte davon gar nichts. Das B 02 SEITE www.politikundkultur.net SEITE 2 Fortsetzung von Seite Kulturmensch 02 Welterbe in Gefahr Es ist deswegen falsch, wenn wir auch Maria Böhmer 19 heute wieder mehr über die Risiken als über die großen Chancen der Zuwan- AKTUELLES Original oder digital? derung sprechen. Wenn wir sie richtig Thomas Bürger 19 gestalten,
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