Cdu/Csu ...3539 D
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Plenarprotokoll 8/46 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 46. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1977 Inhalt: Absetzung zweier Punkte von der Tages- Hoppe FDP 3497 D ordnung 3469 A Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . 3502 D Dr. Barzel CDU/CSU Aussprache über den von der Bundesregie- 3512 A rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes Reuschenbach SPD 3521 C über die Feststellung des Bundeshaushalts- Dr. Graf Lambsdorff FDP . 3525 D plans für das Haushaltsjahr 1978 (Haus- haltsgesetz 1978) Dr. Apel, Bundesminister BMF 3532 D — Drucksache 8/950 — Haase (Kassel) CDU/CSU . 3539 D Löffler SPD 3543 D in Verbindung mit Gärtner FDP 3547 D Beratung des Finanzplans des Bundes 1977 bis 1981 Nächste Sitzung . 3551 C — Drucksache 8/951 — Strauß CDU/CSU 3469 B Anlage Dr. Ehmke SPD 3485 C Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3553* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1977 3469 46. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1977 Beginn: 9.00 Uhr Präsident Carstens: Meine Damen und Herren, die Der Herr Bundesminister der Finanzen hat die Sitzung ist eröffnet. wirklichen Gründe der Krise — ich werde das Wort „Krise" noch erläutern — und damit die psychologi- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen schen und materiellen Voraussetzungen für ihre die Punkte 3 und 4 — zweite und dritte Beratung Überwindung überhaupt nicht deutlich gemacht. Das des Entwurfs eines Europawahlgesetzes und des Ent- ist ein Anzeichen dafür, daß er, wenn er sie er- wurfs eines Europaabgeordnetengesetzes — von der kannt hat, vor ihren Folgen bereits kapituliert hat, Tagesordnung abgesetzt werden. Ist das Haus da- und zwar offensichtlich kapituliert hat. Soweit bei mit einverstanden? — Ich sehe und höre keinen Wi- der Bundesregierung Erkenntnisse über Ursachen derspruch. Dann ist so beschlossen. und Zusammenhänge sporadisch — oder sagen wir: verstreut — bestehen, fehlt es an Mut, fehlt es an Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: der moralischen Entschlossenheit oder fehlt es an a) Aussprache über den von der Bundesregie- der politischen Kraft, diese Erkenntnisse in die rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes Wirklichkeit, in konkludentes Handeln umzusetzen. über die Feststellung des Bundeshaushalts- plans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushalts- Der Grund dafür liegt nicht in objektiv unüber- gesetz 1978) windbaren Hindernissen, die es dann und wann ge- ben mag, Hindernissen, die auch heute groß genug — Drucksache 8/950 — sind, sondern der wirkliche Grund liegt in dem Überweisungsvorsdhlag des Ältestenrates: eigenartigen, um nicht zu sagen: chaotischen Zu- Haushaltsaussdiuß stand der beiden Regierungsparteien, den man als b) Beratung des Finanzplans des Bundes 1977 fortgeschrittene Verfallserscheinung innerhalb ge- bis 1981 gensätzlicher, nur durch das gemeinsame Interesse der Macht- und Postenerhaltung zusammenkleben- — Drucksache 8/951 — der Parteifragmente bezeichnen kann. Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß (Beifall bei der CDU/CSU) Das Wort hat der Herr Abgeordnete Strauß. Das, was der Kanzler denkt, ist den Fraktionen ent- weder wunschgemäß nicht bekannt oder wird von ihnen nicht getragen. Was die Ressortminister wol- Strauß (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen len, ist von mehr als den natürlichen Gegensätzen und Herren! Die Rede zur Einbringung des Bundes- geprägt und wird vom Kanzler entweder nicht zur haushalts 1978 durch den Herrn Bundesminister der Kenntnis genommen oder nicht auf einen Nenner Finanzen gestern hatte ihre besondere Note. Sie gebracht. war im Gegensatz zu früheren Anlässen gleicher Art sicherlich durch eine gewisse Kürze gekennzeich- Was das Kabinett beschließt, muß sich entweder net. Aber wenn man den Begriff „Inhaltlosigkeit" auf dem niedrigsten Nenner der Oberflächlichkeit noch steigern könnte, dann wäre hier sicherlich ein des von der Linken beider Regierungsparteien ge- Rekord aufgestellt worden. duldeten Spielraumes begrenzen, oder es wird von den beiden Regierungsparteien demontiert. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) Denn diese Rede war gekennzeichnet durch Ent- Diese Regierung lebt von dem Heiligenschein, den täuschung über die Erfahrungen und Ergebnisse sei- die Legende der Vergangenheit um den Kanzler ge- ner Amtsführung. Sie war gekennzeichnet durch Un- woben hat. sicherheit hinsichtlich der Richtigkeit der eigenen Der Kanzler merkt vielleicht nicht oder — wir Aussage. Sie war gekennzeichnet durch Ratlosigkeit halten ihn alle für intelligent — ahnt unter Um- hinsichtlich dessen, wohin die Reise führen werde ständen doch, daß er an der Grenze angelangt ist und was zu unternehmen sei. oder sie überschritten hat, jenseits derer der Ab- 3470 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1977 Strauß glanz des großen Machers, des Allesbändigers oder Der Finanzminister leidet aber ganz offensichtlich Allesbewältigers, des Weltwirtschaftsökonomen nur unter dem Erbübel seiner Couleur, nämlich daß in noch schwindende Pracht ist, weil die graue Wirk- dieser Partei Vernunft, Erfahrung und Wirklichkeit lichkeit, der trostlose Zustand seiner eigenen Par- hinter Wunschträumen, Zukunftsversprechungen, tei, die Unvereinbarkeit von Versprechen und Er- Heilsverheißungen und ideologisch getarnten Uto- füllung, der unauflösliche Gegensatz von Anspruch pien zurückgestellt werden und beim Mißerfolg und Hilflosigkeit als Menetekel auch an die Wände dann entsprechend die Wirklichkeit beschuldigt des Kanzlerpalastes geschrieben sind. wird, sie habe sich nicht prognosegemäß oder er- (Beifall bei der CDU/CSU) wartungsgemäß verhalten. Wer diese Rede in Kenntnis der Vorgeschichte, (Beifall bei der CDU/CSU) in Bewertung der handelnden oder redenden Figu- Ich möchte zum Bundeshaushalt insgesamt nur ren, in nüchterner Einschätzung der Kräfteverhält- wenige sozusagen globale Bemerkungen machen, nisse auf einen wirklichkeitsbezogenen Nenner brin- weil es darüber ja auch noch eine Detaildebatte ge- gen will, kann nicht anders, als zu folgenden Fest- ben wird. Ein Kernstück der Konjunkturbelebung stellungen zu gelangen. — so haben wir gestern gehört — wird in der rie- Erstens. Diese Rede ist eine Abrechnung mit Per- sigen Ausgabensteigerung für nächstes Jahr um son und Methoden des Kanzlers durch einen Finanz- 10 °/o gesehen. Nun, ob das ein Verdienst ist, das minister, der die Niederlage im Umsatzsteuerstreit wird — wie auch in anderen Fällen — die Zukunft nicht verwinden kann. erweisen. Sie wollen aber dann 4 Milliarden DM Jahr für Jahr mehr ausgeben, als Sie in Ihrem letz- (Beifall bei der CDU/CSU) ten Finanzplan vorgesehen hatten. Hier erhebt sich Zweitens. Sie ist das Eingeständnis der Unfähig- die Frage: Was haben eigentlich Finanzpläne noch keit, mit den Problemen des modernen, sicherlich für einen Sinn, was hat eigentlich das Institut der komplizierten föderalistischen Staates fertig zu wer- sogenannten mehrjährigen Finanzplanung noch für den. Diese Probleme sind nicht neu. Sie sind von einen Zweck? Daß es eingeführt wurde, ging ja auf früheren Regierungen bewältigt worden, wenn auch einen Vorschlag des Kollegen Alex Möller seiner- nicht leicht, wie wir aus eigener Erfahrung wissen. zeit zurück. Es war sein großes Verdienst, und ich Wer aber den Ländern und Gemeinden durch eine war von der Richtigkeit dieses Vorschlages über- messianisch verbrämte Inflationspolitik immer zeugt. Wir haben es gemeinsam in der Großen Ko- neue finanzielle Bürden in Gestalt bombastischer alition getragen. Aber irgendwie muß doch eine Reformprogramme aufgeladen hat, der hat kein Vergleichbarkeit zwischen mehrjähriger Finanzpla- Recht, sich über die Folgen zu beklagen, mit denen nung und tatsächlichem Ergebnis bestehen. er jetzt nicht fertig wird. Sie haben in bezug auf Ihren letzten Finanzplan (Beifall bei der CDU/CSU) gesagt, damit solle zusätzliche Nachfrage geschaffen werden. Hier wird aber der Steuerzahler erneut ge- Drittens. Die Rede ist die Kapitulationserklärung täuscht. Was Sie gestern gesagt haben, stimmt doch vor den Folgen der selbstverschuldeten Fehlentwick- gar nicht. In Wirklichkeit wird mit den 4 Milliarden lung. Der Zielkonflikt zwischen Stabilität und Voll- DM nicht zusätzliche Nachfrage geschaffen, sondern beschäftigung ist von der Natur der Sache her nicht damit werden nur die Löcher gestopft, die als Folge unvermeidlich, wie wir am praktischen Beispiel be- der Inflationspolitik der Bundesregierung mit ihren wiesen haben. Aber er ist mutwillig heraufbeschwo- Rezessionswirkungen entstanden sind. ren und seit 1970 systematisch ausgebaut worden. (Beifall bei der CDU/CSU) (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) Die SPD hat einmal erklärt, sie beanspruche die Die entscheidenden Mehrausgaben gegenüber geistige Führung in ihrem Lande. Was ihr Finanz- dem alten Finanzplan, die zusammen sogar mehr minister hier geboten hat, war eher das Klagelied als die 4 Milliarden DM ausmachen, fließen an zwei einer finanzpolitischen Hiobsfigur, die zwar nicht Bereiche, die immer mehr zum Faß ohne Boden wer- von Gott geschlagen, aber offensichtlich mehrfach den, nämlich an die Bundesbahn und an die Renten- vom Pferd getreten worden ist — versicherung. Das hat doch mit Nachfragebelebung nichts zu tun. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU) eine Formulierung, die — wie Herr Apel weiß — Hier werden doch nur Nachfrageausfälle, die die von ihm selbst auf sich selber geprägt worden ist, wenig erfreulichen Ergebnisse einer siebenjährigen also nicht eine Entgleisung des Oppositionsredners oder nunmehr fast achtjährigen SPD/FDP-Regierung