Das Wasser Soll Zurück Ans Tageslicht Eine Neue Studie Zeigt, Wie Die Vielfach Verrohrten Bäche Im Aachener Stadtbild Wieder Sichtbar Werden Können
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AZ · Freitag, 27. Dezember 2019 · Nummer 299 LOKALES Seite 17 B1 Das Wasser soll zurück ans Tageslicht Eine neue Studie zeigt, wie die vielfach verrohrten Bäche im Aachener Stadtbild wieder sichtbar werden können VON GERALD EIMER geführten Abwässer bis heute ver- schwunden sind. Größtenteils hatte AACHEN Ohne die heißen Quellen man damals allerdings schon eigene würde es die Kur- und Badestadt Schmutz- und Regenwasserkanäle Aachen nicht geben, ohne die vie- unterhalb der Bachkanäle angelegt. len Bäche hätte sie ihren wirtschaft- Nur bei starken Regenfällen wurde lichen Aufstieg nie erlebt. Die Sehn- das Schmutzwasser tatsächlich un- sucht nachWasser ist in Aachen tief gereinigt in die Bäche eingeleitet. begründet, sagt Markus Ulrich, „sie Diese Zeiten sind allerdings nun liegt in den Genen der Stadt“. Der auch schon seit fast 30 Jahren vor- Architekt und Raumplaner gehört bei. Dank neuer Abwassersamm- zu jenem Team, das die vielfach in ler und großer Stauraumkanäle, Kanalröhren verbannten Bäche wie- die die Stadt Ende des 20. Jahrhun- der im Straßenbild sichtbar machen derts bauen ließ, werden die Bäche will. heute gar nicht mehr verunreinigt. Die Idee, das im Untergrund plät- Durch die Kanäle fließt wieder völlig schernde Bachwasser ansTageslicht klaresWasser, schwärmt Ulrich. „Es zu holen, geistert seit vielen Jahren gibt da unten gute Luft und fantasti- durch die Stadt. Nur am Lindenplatz sche Gewölbe, das ist völlig faszinie- und weiter entlang des Annuntia- rend.“ Und doch will es der Raum- tenbachs bis zur planer vom Büro Neupforte ist das „Die Sehnsucht nach „archigraphus“ bislang gelungen. Wasser ist in Aachen tief dabei nicht belas- 1999 wurde dort begründet, sie liegt in sen. Gemeinsam dasWasser des Jo- mit Helmut Berg hannisbachs wie- den Genen der Stadt.“ vom Aachener In- der an die Ober- Markus Ulrich, genieurbüro Berg fläche geholt. Die Geschäftsführer archigraphus & Partner und Ste- schmale Rinne, fanie Weitenberg, durch die dasWasser fließt, lässt ein Leiterin der Abteilung Stadterneu- Teilstück desWegs erahnen, den der erung und Stadtgestaltung, hat er Bach auf seinem Weg durch die In- eine Studie erstellt, nach der die nenstadt nimmt, bis er sich im Be- Aachener Bäche langfristig wieder reich Komphausbadstraße mit der „sichtbar und erlebbar“ gemacht Pau vereint. werden könnten. Nicht nur für viele Zugezogene Vor allem die berühmten Freibur- ist es eines der großen Mankos die- ger Bächle seien für ihr – längst auch ser Stadt, dass sie„keinWasser hat“, von der Politik hochgelobtes – Kon- also weder an einem Fluss, noch zept eine Inspirationsquelle gewe- an einem See liegt. Im heimischen sen, sagt Berg. Liedgut werdenWurm und Pau zwar Schon am Lindenplatz ist zu beo- innig besungen, in der Realität aber bachten, welche Anziehungskraft sind sie überwiegend gut versteckt. die schmale Wasserrinne hat und Das ist nicht unüblich für solch his- was Stadtplaner meinen, wenn sie torische Städte wie Aachen, sagt Ul- von einer verbesserten Aufenthalts- rich. qualität sprechen. Im Sommer spie- das Wasser in Rinnen umgeleitet, kobstraße sogar über den Mark- Straßenniveau liegt. Sie denken eher Schritt angegangen werden kann. len dort die Kinder, Anwohner tref- und daran knüpften alle Nachfahren trücken geführt, wie die Planer im daran, dasWasser über Druckleitun- Ihr kommt zugute, dass sich die Be- In Kanalröhren verbannt fen sich zum Plausch und genießen in den folgenden Jahrhunderten an. Verlauf ihrer Recherche beeindruckt gen oder durch kluges Nutzen der zirks- und Planungspolitiker bereits die leichte Abkühlung oder halten Anfangs als Trinkwasser und für feststellen konnten. Andere Bäche Gefälle an die Oberfläche zu holen sehr begeistert gezeigt und grund- Schon Anfang des 19. Jahrhunderts die Füße ins Wasser. die Bewässerung der Felder, spä- wurden abgezweigt und wieder zu- und damit die Rinnen zu speisen, in sätzlich zustimmend geäußert ha- waren Teile des Johannisbachs, der Solche Stellen können sich Ul- ter auch für den Antrieb von Müh- sammengeführt. Insgesamt ergibt denen die Bäche in der Innenstadt ben. Es gebe gute Fördermöglich- Paunell und der Pau verrohrt. Von rich und Berg vielfach im Stadtge- len oder dieTuchproduktion wurde das ein hochkomplexes unterirdi- „punktuell“ sichtbar werden. keiten, sagt Weitenberg. ihnen dürften damals noch sehr biet vorstellen: an der Klappergasse, dasWasser von Johannisbach, Kan- sches System. Es ist ein Projekt, mit dem sich Im nächsten Jahr hofft sie, bereits üble Gerüche ausgegangen sein, am Theaterplatz, am Willy-Brandt- negießerbach, Paubach, Goldbach, Wenn Ulrich und Berg von einer vermutlich noch künftige Genera- eine Entwurfsplanung für eine neue denn ihnen wurde nicht nur das Platz oder am Synagogenplatz. Wurm, Gillesbach, Beverbach und Offenlegung sprechen, meinen tionen befassen können, spricht Ul- Rinne entlang von Klappergasse und schwefelhaltige und nach faulen Ei- Das Phänomen des Aachener vielen weiteren Bächen stets dahin sie daher auch nie eine naturnahe rich von einem „bemerkenswerten Rennbahn bis zum Fischmarkt vor- ern riechendeWasser aus denTher- Wassers sei allerdings ohne eine geleitet, wo es benötigt wurde. Wiederherstellung der Bachverläu- Planungshorizont“. Dennoch hat legen und den entsprechenden För- malquellen zugemischt, sondern historische Rückschau nicht zu ver- Um das Hubertus- und Annavier- fe. Das wäre auch schwerlich mög- Stefanie Weitenberg bereits eine derantrag stellen zu können. Im Ide- auch die Abwässer aus den Betrie- stehen, sind Ulrich und Berg über- tel mit Wasser zu versorgen, wurde lich, weil die Bachsohle oftmals vier ziemlich klare Vorstellung davon, alfall könnte dieser Abschnitt dann ben und Häusern. zeugt. So haben die heute vorhan- der Paubachkanal entlang der Ja- bis fünf Meter unter dem heutigen wie das Leitkonzept Schritt für bereits 2022 gebaut werden. Kein Wunder, dass man 1875 den denen Bachgebilde so gut wie nichts Bau eines groß angelegten Kana- mehr mit dem ursprünglichen na- lisationssystems in Angriff nahm, türlichen Verlauf der Bäche zu tun. in dem die Gewässer samt der zu- Schon die Römer haben bekanntlich DEZEMBER-AKTION AUTOWÄSCHE KOSTENLOS einigung zu jeder gekauften Innenr Breslauer Straße (neben HIRSCH-Center) Original-Johannisbachwasser am Lindenplatz: Ähnliche Rinnen sind an weite- Tel.0241- 55910610,www.mrwash.de ren Straßenzügen geplant..