Lurch, Lass Uns Ewig Leben! Verliert Der Axolotl Ein Bein, Wächst Es Nach – Aber Nur, Wenn Der Lurch in Freiheit Lebt
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Das Bundesamt, das man einfach lieben muss (Seiten 13–15) Nr. 28 11. Juli 2013 Lurch, lass uns ewig leben! Verliert der Axolotl ein Bein, wächst es nach – aber nur, wenn der Lurch in Freiheit lebt. Das interessiert besonders das US-Militär. Kultur / Wissen, Seite 21 DER MEXIKANISCHE SCHWANZLURCH AXOLOTL. FOTO: PHOTOSHOT/JUNIORS/WILDLIFE; BEARBEITUNG: WOZ ÄGYPTEN UND DIE REVOLUTION gen des in ter na tio na len und innenpolitischen Drucks wird es wohl schon im Winter Neu- wahlen abhalten lassen. Das Ergebnis ist – bei Wettrüsten fürs Gymi einer überwiegend ländlichen, gläubigen und Ohne Aufnahmeprüfung soll s c h l e c h t g e b i l d e t e n W ä h l e r I n n e n s c h a f t , d i e 2011 zu rund 65 Prozent islamistisch orien- auch ins Gymnasium schaffen, Wahlen oder tier te Parteien wählte – absehbar: Entweder wer keine reichen Eltern hat. werden gewisse islamistische Parteien von Schweiz, Seite 3 der Wahl ausgeschlossen, was abgesehen von der Demokratie auch der Stabilität nicht dien- Demokratie lich wäre. Oder die Is la mist In nen werden zu- gelassen und erneut gewinnen. Spätestens Bier, Streik, Sieg VON MARKUS SPÖRNDLI wenn dann der salafi stische Block das Sagen h a t , w e r d e n d i e R e v o l u t i o n ä r I n n e n w i e d e r n a c h Bis zu 900 Franken mehr Lohn: der starken Hand des Militärs rufen. Schaffhauser Landschaftsgärtner- Revolution, Putsch, Demokratie – eigentlich gewalt, zunehmende Korruption und der Zer- Die Geister von Revolution und Putsch Innen gewinnen ihren Arbeitskampf. müssig zu diskutieren, welcher dieser impo- fall der Wirtschaft. werden also eine Weile Hand in Hand gehen. Schweiz, Seite 4 santen Begriffe auf die vor zweieinhalb Jahren Putsch: Erneut war die Protestbewegung Eine echte Demokratie liegt aber in weiter begonnenen Umwälzungen in Ägypten passen höchst erfolgreich. Doch erneut war dies nur Ferne. Ob das Fernziel je erreicht wird, hängt könnte. Nun, mitten im Tumult, kann auch dank des Militärs möglich. In den Augen vie- nicht nur von der Demokratiefähigkeit der noch gar nicht klar sein, ob der Sturz der demo- ler ist die Ausschaltung einer gewählten Re- Staats elite ab, sondern auch davon, ob eine Ahoi, Gewerkschaft! kratisch gewählten Regierung durch das Mili- gierung, die demokratische Idea le verraten Mehrheit der Ägyp ter In nen einen grundsätz- tär letztlich eine weitere Demokratisierung ver- hat, kein Putsch. Faktisch hat zumindest im lich säkularen Staat je akzeptieren wird. Und Nautilus organisiert auch rund hindert oder begünstigt. Eine einfache Wahr- Rahmen der Fassadendemokratie ein Fassaden- davon, ob Ägypten vom Missverständnis ab- Tausend Schweizer Seeleute. heit gibt es nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn putsch stattgefunden. So oder so kommt, Demokratie bedeute die Wirtschaft, Seiten 6 / 7 man hinter die Fassade der gerade bestehenden sind nun die säkularen Kräfte Herrschaft der Mehrheit über die Ordnung schaut und anerkennt, dass eine De- komplett von den Prioritäten des Die Geister von M i n d e r h e i t . mokratie viel mehr als freie Wahlen beinhaltet. Militärs abhängig. Revolution und Dafür sind rasche Neu- Revolution: Die vielen Hunderttausend Schon bevor an diesem Putsch werden wahlen keine Prio ri tät. Viel Entstaubte Klänge Protestierenden, die seit Januar 2011 in den Montag die Sicherheitskräfte in eine Weile Hand wichtiger ist es, sich vorher auf Alte Schellackplatten bringen Grossstädten immer wieder auf die Strasse ge- Kairo mindes tens 51 protestie- I n s t i t u t i o n e n z u e i n i g e n , d i e gangen sind, haben in kurzer Zeit viel erreicht – rende Anhänger der Muslim- in Hand gehen. der tiefen Spaltung der ägyp- ekstatische Wahrheiten hervor. aber sicher keine Re vo lu tion und schon gar kei- brüder töteten, forderten einige tischen Gesellschaft Rechnung Nun gibt es sie auf CD. ne echte Demokratie. Seit dem Sturz des lang- Regierungen, etwa die der USA tragen. Eine politische Dezentra- Kultur / Wissen, Seite 17 jährigen Alleinherrschers Hosni Mubarak steht und der Schweiz, fast wortgleich lisierung bis hin zu Föderalismus die Protestbewegung in der Gnade des Militärs, einen «Verzicht auf Gewalt» und zum Beispiel. Und ein weniger das den Übergang zu einer formal demokrati- eine «Rückkehr zur Demokratie». autoritäres, parlamentarisches schen Ordnung sicherstellte. Diese Worte entspringt wohl dem real po li tisch Regierungssystem. Minderheiten wären so bes- Die im Militär konzentrierten Staats- und weltwirtschaftlich motivierten Wunsch ser vertreten und hätten mehr Selbstbestim- Mit: eliten blieben auch nach dem überwältigenden nach Rückkehr zu Stabilität. Ginge es den USA mung. Die Re volu tion ist noch nicht am Ende, Wahlsieg der Muslimbrüder bei den Parla- auch um Demokratisierung, würde die Welt- sondern wieder an einem Anfang. ments- und Präsidialwahlen fest im Sattel. macht ihre Mil liar den hil fe an das ägyptische Samsung: Südkoreas Doch nicht die hohle Fassadendemokratie trieb Militär an entsprechende Forderungen knüpfen. SEIT SECHZIG JAHREN AN DER MACHT mächtiger Schattenstaat. die urbane Bewegung erneut in Massen auf die Demokratie: Auch das ägyptische Mili- Die Rolle der ägyptischen Armee Seite 9 Strasse, sondern die Islamisierung der Staats- tär hat jedes Interesse an Stabilität. Doch we- Redaktion und Verlag: WOZ Die Wochenzeitung, Hardturmstrasse 66, 8031 Zürich Tel. 044 448 14 14 Fax 044 448 14 15 [email protected] www.woz.ch CHF 6.– inkl. MWSt Aboservice: Tel. 044 448 14 44 [email protected] 33. Jahrgang AZA 8031 Zürich, PP/Journal, CH-8031 Zürich 2 Schweiz WOZ Nr. 28 11. Juli 2013 HAUSMITTEILUNGEN KOMMENTAR die Fäden über Jahre hinweg von ein und WAS WEITER GESCHAH derselben Person zusammengehalten wur- den. In Solothurn verschmolz Jaeggi fast Sand im Solothurner schon mit den Literaturtagen – unmöglich, von aussen in diese historisch gewachsene Literaturgetriebe Rolle zu schlüpfen. Spoerris Rücktritt zwingt den Verein VON ADRIAN RIKLIN und seinen Vorstand, die Strukturen den Die WOZ im Jahr 2012 veränderten Umständen anzupassen. Was Genfer Sieg über die SBB Golden war die aussergewöhnlichste WOZ- nicht heisst, dass dabei auch der idealis- Eine unabhängige ExpertInnenkommission Nummer im vergangenen Jahr: Am 29. No- Die Solothurner Literaturtage sind nicht im tische Geist geopfert werden muss. Denn kommt zum Schluss, dass der Ausbau des vember erschien sie unter dem Titel «Die 300 Sitzungszimmer eines Kulturbeauftragten was die Solothurner Literaturtage bis heu- Genfer Bahnhofs unterirdisch geschehen Reichsten … wollen nicht teilen!» im Zeit- entstanden – sondern aus der Szene selbst, te so einzigartig macht, ist nicht nur ihre sollte. Für die Quartiergruppe Collectif 500 schriftenformat und mit goldglänzendem unter dem Lampenschirm in einer Genos- Zentrifugalkraft in der Schweizer Literatur- ist das ein Sieg auf ganzer Linie. Sie hat sich Umschlag. Pünktlich zur jährlichen «Bilanz»- senschaftsbeiz. landschaft, sondern auch ihre noch immer seit über einem Jahr gegen die SBB-Ausbau- Rangliste wagte die Redaktion einen Ausflug Von Anfang an, von 1979 bis 2012, war gelebte Widerspenstigkeit gegenüber dem pläne gewehrt. in die Welt der Vermögenden – was für eini- Veronika Jaeggi als Geschäftsleiterin verant- zunehmenden Vermarktungsdenken. Und Letztes Jahr legten die SBB ihr Projekt ges Aufsehen sorgte. Erfolgreich war auch wortlich. Sie hat sich dabei ein immenses noch immer sind die Literaturtage nicht pri- «Léman 2030» für eine überirdische Verbrei- die Neulancierung unserer Web site: Seit An- Wissen über die Mechanismen eines solchen mär ein Branchenevent wie die Frankfurter terung des Genfer Bahnhofs um zwei Gleise fang März 2012 ist www.woz.ch in neuem Betriebs angeeignet – insbesondere über die Buchmesse. vor. Sofort regte sich im betroffenen Quar- Gewand, mit verbesserter Navigation und ungeschriebenen Gesetze einer Kleinstadt, Die Strukturen anzupassen, hiesse tier Les Grottes Widerstand. Denn die Pläne geöffnetem Archiv im Netz. Eine Buchver- in und aus der die Literaturtage zu ihrem also nicht, jene Vorstellung aufzugeben, der SBB würden bedeuten, dass hinter dem nissage fand im September statt: «Wirtschaft Charakter gefunden haben. die der Schriftsteller Otto F. Walter 1979 Bahnhof Cornavin eine ganze Häuserzeile zum Glück» versammelt aktualisierte WOZ- Bettina Spoerri, ihre Nachfolgerin als Gründungsmitglied formulierte: Litera- abgerissen würde. Doch in Les Grottes ist Artikel zu spannenden, demokratischen aus Zürich, war als Germanistin die erste turtage als «republikanisches Bankett», an nicht nur Wohnraum bedroht, das Quartier Wirtschaftsprojekten auf der ganzen Welt. Literaturfachfrau als Geschäftsleiterin. Vor dem, ausgehend von der Literatur, gesell- ist eine Hochburg alternativen und selbst- Der Band ist nach wie vor auf www.woz.ch/ allem aber war sie die Erste, die von aussen schaftliche Vorgänge hinterfragt und Uto- verwalteten Lebens. Seit es in den siebziger shop erhältlich. in diesen Mikrokosmos trat. Ihr Rücktritt pien angedacht werden. Oder, wie es Bettina Jahren vor dem Abriss und einem Schicksal Erfolgreich war die WOZ im letzten nach nur einem Jahr weist auf ein Dilem- Spoerri im Mai noch in der WOZ verkündete: als Satellitenstadt bewahrt wurde, haben Jahr aber nicht nur publizistisch. Auch be- ma hin, in dem sich viele Einrichtungen mit die Literaturtage als ein grosses Publikums- sich hier zahlreiche selbstverwaltete Inseln triebswirtschaftlich sind gute Zahlen zu ehrenamtlich-idealistischem Hintergrund fest – aber immer auch «ein wenig Sand im der Zukunft entwickelt. Der damalige Kampf vermelden. Zwar sank die