Von Der Burgerbraterei Veredelt in Den Tank: Bei Der Recycling Energie AG in Nesselnbach Wird Aus Altem Frittieröl Agrotreibstoff Gemacht
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Datum: 28.11.2019 WOZ Die Wochenzeitung Medienart: Print 8031 Zürich Medientyp: Tages- und Wochenpresse 044/ 448 14 14 Auflage: 18'025 Seite: 3 Auftrag: 1077515 Referenz: 75561426 https://www.woz.ch Erscheinungsweise: 49x jährlich Fläche: 114'584 mm² Themen-Nr.: 719.010 Ausschnitt Seite: 1/4 X Von der Burgerbraterei veredelt in den Tank: Bei der Recycling Energie AG in Nesselnbach wird aus altem Frittieröl Agrotreibstoff gemacht. ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 28.11.2019 WOZ Die Wochenzeitung Medienart: Print 8031 Zürich Medientyp: Tages- und Wochenpresse 044/ 448 14 14 Auflage: 18'025 Seite: 3 Auftrag: 1077515 Referenz: 75561426 https://www.woz.ch Erscheinungsweise: 49x jährlich Fläche: 114'584 mm² Themen-Nr.: 719.010 Ausschnitt Seite: 2/4 AGROTREIBSTOFFE Mit Frittieröl die Bilanz schmieren Der Verbrauch von Diesel aus Frittieröl boomt in der Schweiz. Die inländische Produktion ist ökologisch sinnvoll, doch neunzig Prozent des Agrotreibstoffs werden von weither importiert. VON CATHRIN CAPREZ (TEXT) UND FLORIAN BACHMANN (FOTO)paar Kilometer weiter entfernt. Grauer Nebel hängt über dem aargauischen In der Halle stehen grosse sil- Reusstal. Auf dem Verladeplatz der Recy- berne Tanks, die durch gewun- cling Energie AG in Nesselnbach parkt ein dene Rohrleitungen verbunden Lkw. Der Chauffeur fährt mit einem Sack- sind, dazwischen Schaltpulte rolli die Fracht heraus: kleinere und grössere mit Anzeigen für die Temperatur, den Druck blaue Plastikfässer. Ein Geruch nach Gebra- und andere Kennwerte. Humbel füllt aus tenem steigt aus den Fässern empor. Hier einem der Tanks eine Probe ab, die Flüssig- wird gebrauchtes Frittieröl gesammelt. Ein keit riecht noch immer leicht nach Fritteu- inzwischen sehr begehrter Rohstoff. se. Diesel, der maximal sieben Prozent von «Ich hole das Öl gratis von unseren Kun- diesem Biotreibstoff enthält, ist für ganz den ab», sagt Werner Humbel, Geschäftsfüh- normale Motoren zugelassen. Daneben gibt rer und Inhaber der Recycling Energie AG, es Fahrzeuge, die mit hundert Prozent Agro- sportlich-elegant gekleidet in einer schwar- treibstoff betrieben werden können. zen Outdoorjacke und Lederschuhen. «Wür- Grossimport aus Deutschland de ich für das Abholen des Öls etwas verlan- gen, würden meine Kunden zur Konkurrenz Es gibt in der Schweiz ein halbes Dutzend wechseln.» Zu Humbels Kunden gehören Firmen, die Diesel aus gebrauchten Speise- Nahrungsmittelproduzenten wie Emmi oder ölen herstellen, der als «biogener Treibstoff Chipshersteller Zweifel, aber auch Spitäler, der zweiten Generation» bezeichnet wird. Altersheime, Gefängnisse und Restaurants. Im Vergleich zu fossilen Treibstoffen hat er Aus dem Frittieröl produziert Humbel eine deutlich bessere Ökobilanz. Dies aller- Dieseltreibstoff - dies seit bereits fünfzehn dings vor allem dann, wenn er aus der Re- Jahren. Etwa drei Millionen Liter Frittieröl gion stammt. Doch dazu später. verarbeitet seine Firma pro Jahr. Das einge- Daneben gibt es die Agrotreibstoffe der sammelte Öl stamme aus einem Umkreis ersten Generation, die kurz nach der Jahr- von rund hundert Kilometern, schätzt Hum- tausendwende einen enormen Boom erleb- bel. In den weiter entfernten Regionen ar- ten. Für sie werden extra Pflanzen angebaut. beitet er mit Subunternehmen In Deutschland, Frankreich oder den USA zusammen, die das Öl hertrans- wachsen bis heute auf riesigen Flächen soge- portieren. «Viel mehr Öl gibt der nannte Energiepflanzen wie Raps, Mais oder Markt für mich nicht her», sagt Weizen. Die Agrotreibstoffe - so die Hoff- Humbel. nung - sollten die Fahrzeuge dieser Welt am Für die Produktion des Die- Laufen halten, ohne das Klima zusätzlich an- selöls lässt Humbel das vorge- zuheizen. Schon bald gerieten sie jedoch hef- reinigte Frittieröl in eine kleine tig in die Kritik: Pflanzen für den Tank statt Werkhalle transportieren, ein für den Teller? Ethisch nicht vertretbar, hiess ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 28.11.2019 WOZ Die Wochenzeitung Medienart: Print 8031 Zürich Medientyp: Tages- und Wochenpresse 044/ 448 14 14 Auflage: 18'025 Seite: 3 Auftrag: 1077515 Referenz: 75561426 https://www.woz.ch Erscheinungsweise: 49x jährlich Fläche: 114'584 mm² Themen-Nr.: 719.010 Ausschnitt Seite: 3/4 es plötzlich rundherum. Mineralölsteuer erhebt. Auf herkömmliche Die Schweiz, sagt Bernhard Steubing,Diesel bezahlen Treibstoffhändler dagegen habe beim Boom nicht mitgemacht. Der76 Rappen pro Liter - das ist fast die Hälfte Spezialist für Ökobilanzen schrieb 2011 andes Preises für einen Liter fossilen Diesel. der ETH Lausanne seine Doktorarbeit zumMischen sie nichtfossilen Treibstoff hinzu, Thema. «Die Schweiz hat früh rigide Anfor-wird die Rechnung für sie tiefer. Die Händler derungen an biogene Treibstoffe gestellt.»müssen dies an den Tankstellen auch nicht Wer für den Schweizer Markt Treibstoffedeklarieren. aus pflanzlichen Rohstoffen herstellen will,Lieber Busse zahlen muss nachweisen, dass von ihrem Anbau bis zum Verbrauch mindestens vierzig ProzentDer neu gewählte Aargauer Ständerat Thier- weniger Treibhausgase freigesetzt werdenry Burkart, Vizepräsident des autofreund- als bei fossilem Treibstoff. Zudem darf dielichen Touring-Clubs der Schweiz (TCS), ist Produktion nicht den Anbau von Nahrungs-überzeugt, dass es die beiden Privilegien mitteln konkurrenzieren und keine Waldflä-weiterhin braucht. Dass dies so bleibt, will chen, Feuchtgebiete oder andere ökologischBurkart mit einer parlamentarischen Initia- wertvolle Flächen zerstören. Die Folge ist, tive erreichen, die der Ständerat dass für die Schweiz fast nur abfallbasierte am Montag berät. biogene Treibstoffe zugelassen werden. Burkart rechnet damit, dass Das Problem liegt im Fall der Schweiz Unternehmen dank dieser An- vielmehr darin, dass ein Grossteil des ab- reize vermehrt auf Lkws und fallbasierten Diesels importiert wird. Letz- andere Fahrzeuge umsteigen, tes Jahr wurden in der Schweiz knapp die mit Diesel aus hundert Pro- 215 Millionen Liter Treibstoff aus gebrauch- zentgebrauchtemFrittieröl ten Speiseölen getankt, rund fünfzehnmal getankt werden können. Die mehr als noch vor fünf Jahren. Mehr als Steuerbefreiung soll diese Art neunzig Prozent davon wurden importiert - Treibstoffgünstigermachen grösstenteils aus Deutschland, seit einigen und die Betriebskosten senken, Jahren aber auch aus den USA, Japan oder «damit die Amortisationsdauer China. Das Öl wird auf Schiffen, die fossilen der Investition verkürzt wird Diesel verbrennen, um die Welt transpor-und somit immer mehr Flottenbetreiber tiert - viel sinnvoller wäre es, die Abfälle inBiotreibstoffe einsetzen». den Herkunftsländern als Treibstoff zu nut- Doch woher sollen so grosse Mengen zen. Doch für Treibstoffunternehmer wiebiogener Treibstoffe stammen? Bereits wird Avia, BP oder Tamoil ist der Import in diesämtliches inländisches Frittieröl verwertet, Schweiz lukrativer. Der Grund: Sie könnenImporte sind fragwürdig. Der Lastwagen- verkehr wird sich nie im heutigen Umfang Doch woher auf Agrotreibstoffe umstellen lassen - schon sollen so grosse gar nicht auf abfallbasierte. Mengen biogener Unterstützt wird Burkart von Biofuels Treibstoffe Schweiz, dem Interessenverband der Agro- treibstoffindustrie, dem mittlerweile auch stammen? fast sämtliche Erdölunternehmen angehö- sich so von den Verpflichtungen des CO2-ren. Ohne die Befreiung von der Mineralöl- Gesetzes freikaufen. steuer falle der Anreiz weg, abfallbasierte Das CO2-Gesetz verpflichtet Treibstoff-Treibstoffe beizumischen, sagt Geschäfts- händler, einen Teil der Treibhausgasemissio-führer Ueli Frei. «Dann kompensieren die nen, die sie verursachen, zu kompensieren -Erdölimporteure einfach nicht mehr - und ab 2020 zehn Prozent. Dies tun sie, indembezahlen eben die Strafe von 16o Franken sie sich die günstige CO2-Bilanz der vonpro Tonne CO2.» Deutlicher kann er kaum ihnen verwendeten abfallbasierten Treib-auf den Punkt bringen, mit welcher Macht stoffe anrechnen lassen. Hinzu kommt, dasssich die Mineralölbranche dagegen wehrt, der Bund auf nichtfossile Treibstoffe keine ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 28.11.2019 WOZ Die Wochenzeitung Medienart: Print 8031 Zürich Medientyp: Tages- und Wochenpresse 044/ 448 14 14 Auflage: 18'025 Seite: 3 Auftrag: 1077515 Referenz: 75561426 https://www.woz.ch Erscheinungsweise: 49x jährlich Fläche: 114'584 mm² Themen-Nr.: 719.010 Ausschnitt Seite: 4/4 verbindliche Regeln im Kampf gegen die Klimaerwärmung einzuhalten. Steuerausfälle Nichtfossile Treibstoffe sind in der Schweiz seit 2007 von der Mineralölsteuer be- freit, was zu Steuerausfällen geführt hat. Gemäss Gesetz hätten die Aus- fälle durch einen höheren Benzinpreis kompensiert werden müssen. Dieser Mechanismus wurdejedoch2010 durch den Bundesrat aufgehoben. Da- mals waren die Mengen an nichtfos- silen Treibstoffen so gering, dass die Regierungdie Benzinpreiserhöhung für nicht gerechtfertigt hielt. Das hat sich geändert. Zwar warnte die Eid- genössischeZollverwaltungbereits 2015 vor den drohenden Steuerausfäl- len - genützt hat es nichts. Dem Bund werden damit bis Mitte nächstes Jahr schätzungsweise 900 Millionen Fran- ken an Steuereinnahmen entgangen sein. Noch immer sind die CO2-Emissionen aus dem Verkehr 3,3 Prozent höher als im Referenzjahr 1990. Dabei sollten