Die Lebendspendekommissionen in Deutschland Struktur, Arbeitsweise Und Ethikdiskurse
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Aus der Abteilung Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover Die Lebendspendekommissionen in Deutschland Struktur, Arbeitsweise und Ethikdiskurse Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover vorgelegt von Edda Kathrin Birthe Sievers aus Hannover 2007 Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 10.10.2007 Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover Präsident: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann Betreuer: Prof. Dr. Brigitte Lohff Referent: Prof. Dr. Andreas Frewer Korreferent: Prof. Dr. Dr. Matthias Hoffmann Tag der mündlichen Prüfung: 10.10.2007 Promotionsausschussmitglieder: Prof. Dr. Matthias Schönermark Prof.´in Dr.Eva Hummers-Pradier Prof.´in Dr. Brigitte Lohff Abbildung 1: Beinwunder der heiligen Cosmas und Damian; s. Fußnote 2, S. 7. Inhaltsverzeichnis 3 1 ___________________________________________________________6 Transplantationsmedizin und Lebendorganspende: Historische, ethische und rechtliche Grundlagen ___________________6 1.1 Transplantationsmedizin ________________________________7 1.1.1 Geschichte der Organtransplantation ________________________7 1.1.2 Zur Terminologie der Organspende ________________________11 1.1.3 Postmortale Organspende ________________________________12 1.1.4 Lebendspende _________________________________________14 1.2 Vergleichende europäische und internationale Daten ________25 1.2.1 Gesetzliche Regelungen in Europa _________________________25 1.2.2 Vergleich der gesetzlichen Regelungen in der EU _____________27 1.2.3 Menschenrechtsübereinkommen des Europarates______________28 1.2.4 Organtransplantation in Zahlen____________________________29 1.2.5 Vergleich mit außereuropäischen Ländern ___________________33 1.3 Organspende in Deutschland ____________________________37 1.3.1 Geschichtlicher Hintergrund ______________________________37 1.3.2 Zunahme der Indikationsstellungen ________________________38 1.3.3 Die Situation in Deutschland in Zahlen _____________________38 1.3.4 Kostenvergleich/Kostenregelung __________________________39 1.4 Das deutsche Transplantationsgesetz (TPG) _______________41 1.4.1 Geschichtliche Entwicklung ______________________________41 1.4.2 Problematik: Das Ziel des Transplantationsgesetzes ___________42 1.4.3 Anwendungsbereich ____________________________________43 1.4.4 Auswirkungen _________________________________________43 1.4.5 Exkurs: Vergleich mit den DDR-Verordnungen_______________49 1.5 Konsequenzen und Kritikpunkte des TPG in der Medizin____51 1.5.1 Empfehlungen der Bundesärztekammer zur Lebendspende ______51 1.5.2 Konfliktsituation: Lebendspende __________________________52 1.5.3 Fordert der medizinisch-technische Fortschritt eine neue Ethik? __53 1.5.4 Medizin-ethische Kodizes________________________________53 1.5.5 Das „Primum nil nocere” im 21. Jahrhundert _________________55 1.5.6 Arzt: Anwalt und Forscher _______________________________57 1.5.7 Modelle einer Ausweitung der Organspende _________________62 1.6 Die Lebendspendekommissionen_________________________64 1.6.1 Gesetzliche Vorgaben ___________________________________64 1.6.2 Ziel 68 2 __________________________________________________________69 Empirische Analysen zur Arbeit der Lebendspendekommissionen: __69 2.1 Motivation zur Fragestellung____________________________70 2.1.1 Aktualität des Themas___________________________________70 2.1.2 Konkrete Fragestellung __________________________________70 2.2 Methoden und Materialien______________________________71 2.2.1 Entwicklung des Forschungsschwerpunktes__________________71 2.2.2 Informationssammlung __________________________________71 2.2.3 Entwicklung des Fragebogens_____________________________71 Inhaltsverzeichnis 4 2.2.4 Untersuchungszeitraum__________________________________72 2.2.5 Sichtung der Materialien_________________________________72 2.2.6 Auswertung ___________________________________________72 2.3 Ergebnisse der Befragung der Lebendspendekommissionen __73 2.3.1 Rücklauf der Fragebögen ________________________________73 2.3.2 Struktur und Arbeitsweise der Kommissionen ________________74 2.3.3 Das Begutachtungsverfahren______________________________91 2.3.4 Einschätzung der Kommissionsarbeit ______________________106 3 _________________________________________________________122 Ethische Kernprobleme der Lebendspendepraxis: _______________122 3.1 Zusammensetzung____________________________________123 3.2 Antragsverfahren ____________________________________126 3.3 Der „Lebendspende-Tourismus“ ________________________129 3.4 Standardisierung des Begutachtungsverfahrens ___________132 3.5 Das Begutachtungsverfahren ___________________________134 3.6 Bearbeitung _________________________________________136 3.7 Der gesetzliche Auftrag laut TPG _______________________141 3.7.1 Freiwilligkeit (§ 8 Abs. 3 S. 2 TPG) _______________________141 3.7.2 Ausschluss von Organhandel (§8 Abs. 3 S. 2 TPG) ___________142 3.7.3 Persönliche Verbundenheit (§ 8 Abs. 1 S. 2 TPG) ____________145 3.7.4 Zusätzlich geprüfte Kriterien_____________________________146 3.8 Ausweitung der Organspende __________________________147 3.8.1 Finanzieller Anreiz ____________________________________147 3.8.2 Anonymer Organpool __________________________________150 3.8.3 Cross-over-Spenden ___________________________________151 3.9 Konsequenzen für Klinik und Praxis ____________________153 4 Zusammenfassung____________________________________154 5 Literaturverzeichnis __________________________________158 6 Abkürzungsverzeichnis________________________________176 7 Verzeichnis der Tabellen, Diagramme und Abbildungen ____177 8 Der Fragebogen______________________________________179 9 Adressen der Lebendspendekommissionen in Deutschland __183 10 Auszüge aus dem Transplantationsgesetz_________________186 11 Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin __________192 1 Transplantationsmedizin und Lebendorganspende: Historische, ethische und rechtliche Grundlagen Kapitel 1: 1.1 Transplantation 7 1.1 Transplantationsmedizin 1.1.1 Geschichte der Organtransplantation Es ist ein alter Wunsch des Menschen, nicht funktionsfähige Organe auszutauschen. Schon in der Antike spielte dieser Gedanke eine Rolle: In der Legende von Byzanz (um 400 n. Chr.) heißt es, dass die heiligen Zwillinge Cosmas und Damian das Bein eines frisch Verstorbenen verwendeten, um ein gangränöses Bein zu heilen 1 (Abbildung 1). 2 Der Erfolg dieses Heilungsver- suches ist nach heutigem Erkenntnisstand zweifelhaft, da die nötigen Voraus- setzungen für eine solche Operation wie die Kenntnis von Immunreaktionen und Blutgruppensysteme erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckt wurden. 3 Die ersten erfolgreichen Transplantationsresultate gab es 1886 bei der Horn- hautverpflanzung. Dies war schon damals möglich, da Hornhaut praktisch nicht durchblutet wird und somit keine Immunreaktionen stattfinden. Für die heutige moderne Organtransplantation legte Emmerich Ullmann 4 1902 den Grundstein, indem er versuchte, zwischen Hunden Nieren zu übertragen. Problematisch waren jedoch die Abstoßungsreaktionen und die noch nicht aus- gereiften chirurgischen Techniken. Alexis Carrel 5 schaffte es, Gefäßanasto- mosen und Patchtechniken zu erarbeiten und erhielt für diesen Erfolg und für seine experimentellen Transplantationsarbeiten 1912 den Nobelpreis. 6 Karl Landsteiner entdeckte zwar bereits 1901 das AB0-Blutgruppensystem 7 und erhielt 1930 den Nobelpreis dafür, 8 dennoch dauerte es noch fast fünf Jahr- zehnte, bis die erste erfolgreiche Nierentransplantation beim Menschen 1 Ellis (2002), S. 239. 2 Siehe vorangegangene Abbildung; 18.02.2006 bei: www.fiu-verlag.com/ textekunst.php?bereich=cosmas&navi=&zweig=textekunst&liste=va_list_brd.php; Künstler unbekannt, Anfang 16. Jahrhundert . 3 Ausführliche Darstellung des Beginns der modernen Transplantationsmedizin in: Schlich (1998). 4 Emmerich Ullmann (1861-1937), ungarischer Arzt, in Wien tätig. 5 Alexis Carrel (1873-1944), frz. Chirurg. 6 Fangmann (2001). 7 Landsteiner-Regel: Immunolog. Grundregel, die besagt, dass nur diejenigen Blutgruppen-Isoagglutinine im Organismus vorkommen, die sich nicht gegen eigene Erythrozyten richten. 8 Mühlbacher (1997). Kapitel 1: 1.1 Transplantation 8 durchgeführt werden konnte. 9 1954 gelang es Josef Murray in Boston, eine Nierentransplantation zwischen eineiigen Zwillingen durchzuführen. Die Ver- wendung des Organs eines gesunden blutsverwandten Spenders war der Beginn der Lebendnierenspende, und dafür erhielt Murray 1990 den Nobel- preis. Allerdings wurde dieser Fortschritt erst mit der Entdeckung des HLA- Systems, 10 der Gewebetypisierung und der Immunsuppression auch für nicht genetisch identische Menschen sowohl in der Lebend- als auch in der Kadaverorgantransplantation erfolgversprechend. Nach anfänglichen immun- suppressiven Maßnahmen wie der Ganzkörperbestrahlung zur Verzögerung der Abstoßungsreaktion 11 kam 1962 das Medikament Azathioprin auf den Markt, welches die Immunreaktion des Körpers auf das Transplantat unterdrückt. Postmortale Organspenden gewannen jetzt an Bedeutung, da durch die Organ- selektion aufgrund der Gewebekompatibilität (HLA) und der Immunsup- pression die Ergebnisse vielversprechend wurden. Es eröffnete sich die Möglichkeit, nun auch andere Leichenorgane zu transplantieren: 1964 wurde die erste Leber transplantiert, 1967 gelang es Christian Barnard, die erste Herz- transplantation durchzuführen, 1969 wird erstmals ein menschliches Pankreas verpflanzt. Erfolgreiche einseitige Lungentransplantationen