Sara Landolt, Stephanie Schneider, André Odermatt

Seeanlagen

Bedeutung, Nutzungen, Herausforderungen 2005/2006

Universität Zürich Grün Stadt Zürich Geographisches Institut

Seeanlagen Zürich Bedeutung, Nutzungen, Herausforderungen 2005/2006

Herausgeber

Geographisches Institut Universität Zürich

Grün Stadt Zürich

Autorinnen

Dipl. geogr. Sara Landolt B. Sc. Stephanie Schneider

Projektleitung

Dr. André Odermatt

Juni 2006

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Inhalt

1 EINLEITUNG...... 7

1.1 AUSGANGSLAGE UND PROBLEMSTELLUNG...... 7 1.2 AUFBAU DER ARBEIT...... 8 2 THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN...... 9

2.1 WANDEL UND VERSTÄNDNIS DES ÖFFENTLICHEN RAUMS ...... 9 2.2 GESELLSCHAFTLICHER WANDEL – SPUREN IM ÖFFENTLICHEN RAUM...... 11 2.3 GEBAUTE UMWELT – ODER WIE ORTE EINE BEDEUTUNG BEKOMMEN...... 14 3 VORGEHEN ...... 17 4 UNTERSUCHUNGSGEBIET...... 19 5 ERGEBNISSE SOMMER...... 25

5.1 NUTZENDE ...... 25 5.1.1 Einzugsgebiet ...... 26 5.1.2 Besuchshäufigkeit ...... 30 5.1.3 Altersstruktur...... 30 5.1.4 Erreichbarkeit ...... 32 5.2 NUTZUNGEN UND RAUMANEIGNUNG ...... 33 5.2.1 Nutzung und Raumaneignung – Gedankliche Annäherung ...... 35 5.2.2 Sich wohl fühlen ...... 36 5.2.3 Flanieren, Baden, Plaudern... – oder einfach Nichts-tun ...... 37 5.2.4 Hier wird gespielt! ...... 38 5.2.5 Grillen...... 42 5.2.6 FussgängerInnen und Fahrradfahrende – ein abgeschwächtes Konfliktfeld ...... 48 5.2.7 Konfliktpunkt Hunde?...... 49 5.2.8 Grossveranstaltungen ...... 54 5.2.9 Genug Raum?...... 57 5.2.10 Aneignung neuer Räume ...... 58 5.2.11 Diskussion ...... 60 5.3 WAHRNEHMUNG DER ANLAGEN UND DER GESTALTUNG...... 64 5.3.1 Das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente ...... 64 5.3.2 Private Sphäre dank Bepflanzung...... 67 5.3.3 Toiletten, Seeeinsteig – negative Beurteilung ...... 67 5.3.4 See als Angstraum?...... 71 5.3.5 Diskussion ...... 74 5.4 ABFALL ...... 76 5.4.1 Beurteilung der Abfallsituation und der Abfallentsorgung...... 76 5.4.2 Diskussion ...... 79 5.5 ÄLTERE PERSONEN ALS BESUCHENDE DER SEEANLAGEN...... 80 5.5.1 Nutzung, Raumaneignung und Wahrnehmung der Seeanlagen nach Alterskategorien ...... 80 6 ERGEBNISSE DER WINTERBEFRAGUNG ...... 85

6.1 NUTZENDE ...... 85 6.1.1 Einzugsgebiet ...... 86 6.1.2 Besuchshäufigkeit ...... 87 6.1.3 Altersstruktur und Geschlechterverhältnis...... 88 6.1.4 Erreichbarkeit ...... 89 6.1.5 Ganzjahrespublikum und Sommerpublikum...... 90 6.2 NUTZUNG DER SEEANLAGEN IM WINTER...... 91 6.2.1 Spazieren, Erholen, Freunde treffen – oder einfach einen Schneemann bauen ...... 91 6.2.2 Raumwahrnehmung, Platzangebot und Lieblingsorte am See...... 92 6.2.3 Hunde, auch im Winter ein Konfliktpunkt? ...... 94 6.3 WAHRNEHMUNG DER ANLAGEN UND DER AUSSTATTUNGS-ELEMENTE...... 95

3 6.3.1 Bewertung der einzelnen Elemente im Winter ...... 95 6.3.2 Fahrradwege, Spielplätze und Beleuchtung – negative Beurteilung...... 97 6.4 ABFALL ...... 98 6.4.1 Beurteilung der Abfallsituation...... 98 7 DISKUSSION DER ERGEBNISSE...... 101

7.1 BESTEHENDE TOLERANZ PFLEGEN ...... 102 7.2 MULTIFUNKTIONALITÄT, DIVERSITÄT UND INDIVIDUALITÄT DER ÖFFENTLICHEN RÄUME BEWAHREN...... 102 7.3 BEZÜGE ZU DEN NUTZENDEN HERSTELLEN...... 104 8 EMPFEHLUNGEN ...... 107 9 LITERATUR ...... 109 ANHANG ...... 113

4 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Entwicklung der Altersstruktur...... 13 Abb. 2: Take-away beim Chinagarten ...... 14 Abb. 3: Multifunktionale Bank neben dem Casino am Zürichhorn...... 15 Abb. 4: Aufteilung des Untersuchungsgebiets in acht Sektoren...... 20 Abb. 5: Wohnregion der Besuchenden ...... 26 Abb. 6: Anzahl der städtischen Besuchenden nach Sektoren...... 26 Abb. 7: Wohnort der Besuchenden (Stadtkreise)...... 27 Abb. 8: Nutzung der Seeanlagen nach Stadtkreisen in % (Bevölkerungsbefragung 2005) ...... 28 Abb. 9: Anteil der Anwohnenden im Tagesverlauf (%)...... 29 Abb. 10: Besuchshäufigkeit pro Sektor (%)...... 30 Abb. 11: Altersstruktur pro Sektor (%) ...... 31 Abb. 12: Vielfalt der Sektoren (links Sektor 1, rechts Sektor 8) ...... 35 Abb. 13: Utoquai ...... 37 Abb. 14: Hauptbeschäftigungen am See (%) ...... 38 Abb. 15: Spielende auf der Blatterwiese ...... 39 Abb. 16: Beurteilung der Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen pro Sektor (%)...... 40 Abb. 17: Besuchshäufigkeit kombiniert mit der Einstellung zum Grillen ...... 43 Abb. 18: Alter kombiniert mit der Einstellung zum Grillen...... 44 Abb. 19: Einstellung gegenüber dem Grillen am See pro Sektor (%) ...... 45 Abb. 20: Einstellung gegenüber verschiedenen Grillvorschlägen ...... 46 Abb. 21: Wie oft besuchen Sie die Seeanlagen?...... 50 Abb. 22: Personen, die für eine obligate Leinenpflicht sind ...... 51 Abb. 23: Probleme mit Hunden...... 52 Abb. 24: Gebiete mit Leinenpflicht und solche ohne Leinenpflicht...... 53 Abb. 25: Orange Cinema am See...... 56 Abb. 26: Öffentlicher Raum mit Orange Cinema am See...... 56 Abb. 27: Neu gestalteter Platz zwischen dem Casino und Schiffsteg ...... 58 Abb. 28: Vor der Klinik „Pyramide“ ...... 59 Abb. 29: Beurteilung der Toiletten – Überblick ...... 68 Abb. 30: Beurteilung der Toiletten, detailliert ...... 69 Abb. 31: Beurteilung Seeeinstiege – Überblick ...... 70 Abb. 32: Quantitative Beurteilung der Polizeikontrollen am See (%)...... 72 Abb. 33: Beurteilung des Abfalls nach Sektoren ...... 77 Abb. 34: Beurteilung der Abfallsituation nach Alterskategorien...... 78 Abb. 35: Beurteilung des Abfalls kombiniert mit der Beurteilung der Abfallentsorgung ...... 79 Abb. 36: Beschäftigungen am See nach Alterskategorien (%) ...... 82 Abb. 37: Winterimpressionen (links: Schiffanlegestelle beim Casino Lakeside, rechts: Blatterwiese)...... 85 Abb. 38: Wohnort der Besuchenden: Vergleich Sommer/Winter...... 87 Abb. 39: Besuchshäufigkeit: Vergleich Sommer/Winter ...... 88 Abb. 40: „Typische“ Winter-Besuchende am Utoquai...... 88 Abb. 41: Ganzjahres vs. Sommerpublikum...... 91 Abb. 42: Typen von Besuchenden, die zum Ganzjahrespublikum gezählt werden können ...... 91 Abb. 43: Hauptbeschäftigungen am See, Winter ...... 92 Abb. 44: Winterimpression Blatterwiese...... 93 Abb. 45: Personen, die für eine obligate Leinenpflicht sind, Vergleich Winter/Sommer ...... 94 Abb. 46: Gebietsaufteilung nach: Hunde an der Leine/ Hunde nicht an der Leine: Vergleich Winter/Sommer ...... 95 Abb. 47: Restaurant beim Hafen ...... 96 Abb. 48: Beurteilung des Abfalls, Vergleich Winter/Sommer ...... 99 Abb. 49: 3 Ebenen der Analyse...... 101

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Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Anzahl Befragungen pro Sektor ...... 20 Tab. 2: Aufenthaltsort bevor Seebesuch (%)...... 29 Tab. 3: Dauer des Anfahrtsweg (%)...... 33 Tab. 4: Verkehrsmittelwahl (in %)...... 33 Tab. 5: Indikatorbildung „unwohl am See“...... 36 Tab. 6: Bedürfnis nach (Beach-)Volleyballfeldern pro Sektor (%) ...... 40 Tab. 7: Anzahl Personen, die selbst am See grillen ...... 42 Tab. 8: Gründe, weshalb das Grillen am See stört (Anzahl Nennungen)...... 43 Tab. 9: Problem der Mischung Fussweg/Fahrradweg ...... 48 Tab. 10: Anzahl Personen, die sich an Hunden ohne Leine stören...... 50 Tab. 11: Beurteilung der Ausstattung mit „gut“ oder „sehr gut“ pro Sektor (in % der Befragten)...... 66 Tab. 12: Beurteilung der Ausstattung „schlecht“ oder „sehr schlecht“ pro Sektor (in % der Befragten)...... 67 Tab. 13: Beurteilung Seeeinstieg ...... 71 Tab. 14: Beurteilung der Beleuchtung ...... 74 Tab. 15: Verteilung der Personen über 55 Jahren nach Sektoren ...... 81 Tab. 16: Beurteilung der Ausstattung mit „gut“ oder „sehr gut“ nach Alter (in % der Befragten)...... 83 Tab. 17: Beurteilung der Ausstattung „schlecht“ oder „sehr schlecht“ nach Alter (in % der Befragten)...... 84 Tab. 18: Aufenthaltsort bevor Seebesuch, Winter ...... 87 Tab. 19: Altersstruktur der Befragten, Vergleich Winter/Sommer...... 88 Tab. 20: Verkehrsmittelwahl, Winter ...... 89 Tab. 21: Dauer des Anfahrtsweges, Winter...... 90 Tab. 22: Personen, die die Ausstattungselemente mit „gut“ oder „sehr gut“ beurteilen, Winter...... 97 Tab. 23: Personen, die die Ausstattungselemente mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“ beurteilen, Winter...... 98

6 1 Einleitung

1.1 Ausgangslage und Problemstellung Die Seeanlagen zählen zu den meist frequentierten Anlagen der Stadt und werden von den Stadt-ZürcherInnen als etwas besonders Positives an Zürich geschätzt (Stadt Zürich/Stadtentwicklung 2005: 8). Bei der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich 2005 gaben 68% aller Befragten an, dass sie mindestens mehrmals pro Monat die Seeanlagen aufsuchen. Im Gegensatz dazu machen dies nur 8% nie. Für die Grünanlagen und Pärke der Stadt Zürich gesamthaft geben 58% an, dass sie diese mindestens mehrmals pro Monat besuchen. Die Gebiete an der und (48% geben an, diese mindestens mehrmals pro Monat zu nutzen), werden im Vergleich zu den Seeanlagen weniger aufgesucht (Fischer et al. 2006: 8, 27, 38). Durch die hohe Nutzung der Seeanlagen manifestieren sich hier neue Entwicklungen bezüglich der Nutzung der öffentlichen Räume deutlich. Ebenso trägt die hohe Nutzung dazu bei, dass Unterhalt und Pflege der Anlagen äusserst intensiv und anspruchsvoll sind. 1995 wurde von Barbara Emmenegger und Michael Emmenegger eine sozial- wissenschaftliche Studie mit dem Titel «Zürichhorn – Bedeutung und Nutzung, Abfall und Reinigung» verfasst. Diese wurde im Sommer durchgeführt und beschränkte sich auf die Seeanlagen am rechten Seeufer. Sie fokussierte neben der Herausarbeitung der durch gesellschaftliche Prozesse gewandelten Bedeutung der Parkanlagen stark auf die damals akut zu Tage tretende Abfallthematik. An die Studie aus dem Jahre 1995 anknüpfend, erstellten wir eine neue sozial- wissenschaftliche Studie, in welcher die ganzen Seeanlagen sowohl im Sommer als auch im Winter betrachtet werden. Die vertiefte Analyse der Bedeutung der Seeanlagen, der feststellbaren Nutzungsmuster und der aktuellen Heraus- forderungen dieser Parkanlagen und Grünräume stehen dabei im Zentrum. Aktuelle Diskussionspunkte sind neben dem Dauerthema Abfall, die Wahr- nehmung und Beurteilung der bestehenden Anlagen aus Sicht der Nutzenden, Hunde und speziell im Sommer das Grillen. Ebenso betrachten wir Raum- aneignungsprozesse, Ausschlusstendenzen schwächerer Nutzungsgruppen, sowie das Sicherheitsempfinden der Besuchenden. Wenn immer möglich werden die Ergebnisse dieser Untersuchung mit der Wirkungsbilanz von Grün Stadt Zürich (2004) und mit der Untersuchung «Zürichhorn – Bedeutung und Nutzung, Abfall und Reinigung» (Emmenegger und Emmenegger 1995) verglichen. Ebenfalls stellen wir Bezüge zu den Resultaten der Bevölkerungsbefragung 2005 der Stadt Zürich her, in welcher Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Zürich unter anderem über die Nutzung verschiedener Grünanlagen und Erholungsräume der Stadt Zürich befragt wurden1. So können auch die Personen, die den See explizit nicht besuchen, beachtet werden. Um der räumlichen Vielfalt der Seeanlagen gerecht zu werden, haben wir für die Erhebung und Analyse der Daten die Seeanlagen in 8 Sektoren unterteilt. Dies erlaubt uns auch kleinräumige Unterschiede zu erkennen und adäquat darzustellen.

1 Dabei dient uns die Sonderauswertung der Bevölkerungsbefragung 2005 als Grundlage, die im Auftrag von Stadtentwicklung Zürich und Grün Stadt Zürich von Fischer, A. et al. (2006) durchgeführt wurde.

7 1.2 Aufbau der Arbeit Die Arbeit gliedert sich in 8 Hauptkapitel, die in sich strukturiert sind. Wer nur wenig Zeit hat, findet jeweils am Anfang der Ergebniskapitel (5.1-6.4) eine kurze Zusammenfassung. Wer sich ausschliesslich für die Ergebnisse interessiert, kann das Kapitel 2 (theoretische Überlegungen) überspringen. In diesem wird das Konzept des öffentlichen Raums vorgestellt und diskutiert sowie aufgezeigt, welche Aspekte des gesellschaftlichen Wandels im öffentlichen Raum zum Ausdruck kommen. Anschliessend werden die gebaute Umwelt, der Umgang der Menschen damit und die Raumaneignung besprochen. Wer sich für die Methodik interessiert, die in dieser Studie zum Einsatz kam, setzt beim Kapitel 3 wieder ein. Ansonsten ist es hilfreich nicht erst im Kapitel 5 bzw. 6 (Ergebnisse) weiter zu lesen, sondern bereits im Kapitel 4, welches für das Verständnis der darauf folgenden Ergebnisse zentral ist. Darin wird das Untersuchungsgebiet vorgestellt und erklärt wie und weshalb wir dieses unterteilt haben. Daran anschliessend gibt es 2 Ergebniskapitel, eines zur Sommer- befragung und eines zur Winterbefragung. Die Ergebnisse selbst werden in 5 bzw. 4 Unterkapiteln präsentiert, die jeweils durch eine kurze Zusammenfassung eingeleitet werden. In Kapitel 7 werden die wichtigsten Ergebnisse aus den bei- den Untersuchungszeiträumen diskutiert. Daran anschliessend finden sich in Kapitel 8 unsere Empfehlungen.

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2 Theoretische Überlegungen Vor der Darstellung der Resultate, diskutieren wir den Begriff des öffentlichen Raumes und wie sich darin gesellschaftliche Veränderungen spiegeln (Kap. 2.1 und 2.2). Ebenso legen wir dar, was wir unter öffentlichem Raum verstehen und wie wir das Verhältnis zwischen handelnden Personen und Objekten aus einer theoretischen Perspektive begreifen (Kap. 2.1 und 2.3). Auf diese Überlegungen, die wir mit Beispielen der Seeanlagen illustrieren, greifen wir bei der Analyse und Interpretation der empirischen Ergebnisse zurück.

2.1 Wandel und Verständnis des öffentlichen Raums Der Begriff des öffentlichen Raumes ist ein komplexer Begriff, der sich im Laufe der Zeit gewandelt hat. Dabei zeigt die historische Perspektive, dass die städtische Öffentlichkeit und die politische Öffentlichkeit eng miteinander verbunden sind und beide des öffentlichen Raums bedürfen. Im antiken Griechenland und Rom wurde der öffentliche Raum stark inszeniert. Die Städte des Mittelalters verfügen mit der Gestaltung des Markts und Stadtplatzes ebenfalls über typische Elemente des öffentlichen Raums. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, hauptsächlich jedoch im 19. und anfangs des 20. Jahr- hunderts kam es zu einer erneuten Hochblüte des öffentlichen Raums. (Dewarrat 2005: 10-11, Schäfers 2003: 15-16). In unserer heutigen liberal-demokratischen Gesellschaft steht Öffentlichkeit für das Prinzip des allgemeinen freien Zugangs zu Orten und zu Versammlungen. Simmel betrachtet den Aspekt, dass sich Fremde verschiedener Gesellschaftsschichten auf denselben Strassen und Plätzen bewegen, als charakteristisch für das Leben in der Stadt. Dabei bleiben sie sich gleichwohl fremd, leben in Anonymität und Distanz, sind sich gleichzeitig jedoch für Momente körperlich sehr nahe (Simmel [1908] 2002). Diese Kopräsenz unter- schiedlichster Personen als Merkmal von Öffentlichkeit, greift Sennett (1986) in seinen Betrachtungen über die Öffentlichkeit am Beispiel der Parks und Cafés des 18. Jahrhunderts auf. Der öffentliche Raum und die Vorstellung davon sind jedoch nicht einfach in der Moderne angekommen und zu einem fixen und unveränderlichen Ideal geworden, sondern befinden sich nach wie vor in einem dynamischen Wandel. Man denke nur daran, dass bis 1977 das Betreten des Rasens und bis 1988 das Baden ausserhalb der Badeanstalten in den Seeanlagen verboten waren. Neben der uneingeschränkten Zugänglichkeit charakterisiert sich der öffentliche Raum durch die Abwesenheit individueller Verfügungsmacht und durch die Möglichkeit des Zusammentreffens von einander fremder Personen (Meyer 1999: 33-34). So sind öffentliche Räume Orte des Austauschs und der Begegnung zwischen fremden und andersartigen Menschen. Dies macht die öffentlichen Räume zu Trägern einer äusserst wichtigen sozialen Funktion, denn im Idealfall wirken sie integrierend. Gleichzeitig besitzen sie jedoch auch immer das Poten- tial der Verdrängung oder sogar des Ausschluss gewisser sozialer Gruppen (Kaltenbrunner 2003: 30). Derartige Prozesse werden allerdings nicht immer als Dysfunktion des öffentlichen Raumes wahrgenommen, sondern sind in einzelnen Fällen politisch legitimiert und werden polizeilich durchgesetzt. So wird nicht nur in privatisierten und kommerzialisierten Räumen der Aufenthalt gesell- schaftlich randständiger Gruppen nicht geduldet, sondern auch in bestimmten öffentlichen Räumen – vielfach sogar mit Zustimmung weiter Teile der Öffent-

9 lichkeit. Beispielsweise kann im Kanton Zürich über bestimmte Personen individuell ein so genanntes Rayonverbot verhängt werden. Aufgrund dieses Verbots ist es einer Person nicht mehr gestattet ein bestimmtes Gebiet zu verlassen bzw. eines zu betreten (vgl. Merkblatt: Rayonverbot der Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich Migrationsamt)2. Dieses Verbot ist politisch legitimiert, wird in Zürich von der Stadtpolizei durchgesetzt und kann zum Ausschluss bestimmter Personen von einem öffentlichen Raum führen. Damit entspricht ein öffentlicher Raum – beispielsweise die Zürcher Seeanlagen – in der Praxis nicht mehr der Charakterisierung des öffentlichen Raumes nach Meyer (1999). Gleichwohl werden von den meisten Besuchenden öffentliche Räume, auch wenn diese für einige Personen verboten sind, weiterhin als öffentlich frei zugänglich verstanden. Auch diese Studie über die Seeanlagen zeigt, dass diese für das Gros der Bevölkerung trotz bestehender Rayonverbote weiterhin als ein öffentlicher Raum ohne Einschränkungen wahrgenommen werden. Diese Überlagerungen sind ein Teil der Komplexität, die mit dem Begriff des öffentlichen Raumes verbunden ist. Öffentliche Räume sind heute und auch schon früher immer auch Freizeit-Raum. In einer „Multi-Optionsgesellschaft“ (Kaltenbrunner 2003: 27) werden äusserst viele und unterschiedliche Erwartungen und Anforderungen an den öffentlichen Raum gestellt. Die Nutzung kann nicht mehr in einigen klassifizierenden und ordnenden Begriffen wiedergegeben werden. Immer stärker wird der öffentliche Raum als „fun place“ und für unterschiedlichste Events genutzt (Kaltenbrunner 2003: 27). Dies führt – teilweise unbemerkt, teilweise laut kritisiert – zur schritt- weisen Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raums, womit die Zugänglichkeit für Alle als wichtigstes Charakteristikum unterlaufen wird. Zürichsee Die „Entdeckung“ und Wertschätzung des Zürichsees in Zürich und die damit einhergehende Ausrichtung „hin zum See“ beginnt 1878 in Form eines Projekts für den Bau der Zürcher . Im dazugehörigen Vertrag (zit. in Schön- auer 1987: 23) zwischen den Gemeinden Zürich, und Riesbach wird deut- lich, dass der Zweck dieses Projekts darin liegen soll, „(...) die Vortheile der Lage der Stadt und der beiden Ausgemeinden am Seeufer hinsichtlich des Verkehrs, wie der Schönheit der Gegend zur vollen Geltung zu bringen. Es ist daher bei Anordnung der neuen Anlagen den beiden Gesichtspunkten der Verkehrserleichterung und der Schönheit in gleicher Weise Rechnung zu tragen.“ Das Projekt wurde am 4.9.1881 nach einem harten Abstimmungskampf3 per Volksentscheid angenommen. Von 1882 bis 1884 entstanden mit dem Bau der Quaibrücke und der Auffüllung des Hafenareals neben der Uferstrasse mit

2 Für den vollständigen Gesetzestext, insbesondere die Voraussetzungen für die Verhängung eines solchen Rayonverbotes siehe Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG), Artikel 13e. 3 Der Ausgang der Abstimmung war zeitweise sehr ungewiss. Gegner des Projekts fanden sich hauptsächlich in der Stadt Zürich (sowohl Mitglieder der Exekutive, des Parlaments als auch Quartierbewohner). Ihre Bedenken betrafen primär die finanziellen Folgen des Baus, da die Stadt Zürich gemäss Vertrag 72% der Gesamtkosten zu tragen hatte. Dies entsprach dem achtfachen der jährlichen Steuereinnahmen. Schliesslich wurde der Quaivertrag mit 1576 Stimmen in der Stadt Zürich (bei 1949 anwesenden Stimmbürgern), sowie einstimmig in den Gemeinden Enge und Riesbach angenommen (Schönauer 1987: 23-25).

10 Baumallee (- und Utoquai) zwei grössere Parkanlagen: Das Arboretum und das Zürichhorn (Heimatschutz 2006, Parish 1995, Schönauer 1987). Da es sich bei den Parkanlagen am Zürcher Seebecken eindeutig um öffentliche Räume handelt, wird die Diskussion, wo genau der Übergang zwischen öffent- lichem, halböffentlichem und privatem Raum ist, an dieser Stelle nicht eingehend geführt. Aus einer soziokulturellen Perspektive etwa definieren Garcia-Ramon et al. (2004: 215) öffentliche Räume als «places of interrelation, social encounter and exchange, where groups with different interests converge». Im politischen Kontext stehen die Merkmale Partizipation und Mitbestimmung der Bevölkerung im Vordergrund der Diskussion um Öffentlichkeit. Aus juristischen Perspektive steht das öffentliche Eigentum (public ownership) und die rechtliche Lage der Zugänglichkeit des öffentlichen Raums im Mittelpunkt. Ein halböffentlicher Raum wäre hingegen etwa ein Einkaufszentrum. Die Bestimmung über die Nutzung liegt dabei in privater Hand. Im Kapitel 5.2.8, in dem die Events in den Zürcher Seeanlagen thematisiert werden, die auf öffentlichem Raum, jedoch unter Regie privater Veranstaltern stattfinden, wird das Thema der Privatisierung des öffentlichen Raums aufgegriffen. Für diese Studie soll der Begriff des öffentlichen Raumes abschliessend kurz definiert werden: Öffentliche Räume sind Räume, die für alle, jederzeit und ohne Entgelt nutzbar sind. Sie haben unter einer juristischen, soziokulturellen und politischen Perspektive einen öffentlichen Charakter.

2.2 Gesellschaftlicher Wandel – Spuren im öffentlichen Raum Im Folgenden werden wichtige gesellschaftlichen Rahmenbedingungen themati- siert, welche die öffentlichen Räume beeinflussen und zu deren Wandel bei- tragen. Technischer Wandel Seit längerem haben die technischen Innovationen zu einer Rationalisierung der Güterproduktion geführt. In diesem Kontext ist die Bedeutung der Dienst- leistungen gestiegen. Zusammen mit der Verbreitung der elektronischen Informations- und Kommunikationstechniken entstehen „neue Möglichkeiten, räumliche Funktionstrennungen zu überwinden und so auch die räumlichen Be- ziehungen zwischen privaten und öffentlichen Räumen weiterzuentwickeln“ (Breuer 2003: 8). Beispielsweise hat das Mobiltelefon dazu geführt, dass sich das Telefonieren immer stärker vom privaten in den öffentlichen Raum, oder zu- mindest vom Drinnen ins Draussen verlagert. Dadurch verändern sich sowohl der private wie auch der öffentliche Raum. Zusätzlich verändert sich die Öffent- lichkeit selbst. Die Entstehung und Entwicklung virtueller öffentlicher Räume (z. B. „Chatrooms“) kann sowohl das Bedürfnis der Menschen nach echten Be- gegnungen in realen Räumen fördern als auch ihr Bedürfnis nach realen öffentlichen Räumen schmälern (Breuer 2003: 8). Wandel Arbeitswelt Durch die Mobilisierung und Flexibilisierung in der Arbeitswelt werden nicht nur die Ansprüche an die Arbeitstätigen verändert, sondern auch deren Ansprüche an den Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld. Ebenso nimmt unter dem Leistungs- druck das Bedürfnis nach Entspannungs- und Ausgleichsmöglichkeiten zu. Eine solche Möglichkeit bieten die Seeanlagen, die in der Mittagszeit von vielen

11 Arbeitstätigen in der Umgebung besucht werden. Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten hat in diesem Kontext auch zur Folge, dass sich das Zeitfenster ver- grössert, in dem Personen am See verweilen. Opaschowski (zit. in Breuer 2003: 8) prognostiziert folgende Entwicklung: „(...) für immer mehr Menschen, vor allem jüngere, sind Leistung und Lebensgenuss keine Gegensätze mehr. ... Freiräume für Kreativität und Kommunikation und das Abschalten werden unverzichtbar für erfolgreiches Arbeiten sein. Warum sollen sich Mitarbeiter nicht am Nachmittag im grünen Gewerbepark sonnen, wenn sie dafür abends wieder am Computer sitzen?“ Wandel Freizeitverhalten Die Bedeutung der Freizeit wird nicht nur zunehmen sondern das Freizeit- verhalten wird sich auch ändern. Unbekannte Formen der Bewegung und neue Sportarten können zu Trends werden. Sobald es sich dabei um Tätigkeiten handelt, die viel Raum beanspruchen, die Raum benötigen, der bereits von und durch anderes besetzt ist, oder die spezielle Anforderungen an den Raum stellen, besteht ein grosses Konfliktpotenzial. Ebenso entstehen Konflikte, wenn durch die Zunahme der Besuchenden die Tätigkeit nicht mehr (so) ausgeführt werden kann, wie dies vor der Zunahme möglich war. Demographischer Wandel4 Ende 2004 wohnten in der Stadt Zürich 364'977 Personen. Bis 2015 wird ein moderater Anstieg der Bevölkerung auf 370'000 (+1,3%), bis 2025 auf 376'000 Personen (+3%) prognostiziert. Dabei ergeben sich Verschiebungen nach Alter, Herkunft und Geschlecht. Bei der Variable Geschlecht wird eine leichte Zunahme der Männer pro- gnostiziert, während auf die Herkunft bezogen mit einer deutlichen Zunahme der AusländerInnen bis 2015 zu rechnen ist, die sich ab 2015 abschwächt. Die Anzahl der SchweizerInnen wird bis 2015 noch leicht zurückgehen und dann stabil bleiben. Betrachtet man die Entwicklung der Altersstruktur, zeigt sich, dass nicht einfach der Anteil der älteren, respektive der jüngeren Personen zu- oder abnimmt, sondern sowohl ältere wie auch jüngere Alterskategorien zulegen, respektive ab- nehmen. Die Kategorie der 0 bis 19-Jährigen wird markant zulegen (bis 2015 +11,3 bis 2025 +12,8). Gerade die Angehörigen dieser Alterskategorie sind stark auf den öffentlichen Raum angewiesen, da sie nur selten über ausreichend eigenen privaten Raum verfügen. Ebenso wird der Anteil der 40-64-Jährigen zu- nehmen (bis 2015 +10,1 bis 2025 +11,3). Der Anteil der 65-79-Jährigen wird zu- erst abnehmen (bis 2015 –2,6), längerfristig jedoch zunehmen (bis 2025 +5,1). Die Kategorie der 20-39-Jährigen, die im Sommer mit Abstand am stärksten ver- tretene Alterskategorie am See, wird laut Prognose ihren Anteil an der Gesamt- bevölkerung bis ins Jahr 2015 um 7,1 Indexpunkte verkleinern, danach wieder etwas zunehmen, womit die Veränderung von 2004 bis 2025 bei –6,1 Index- punkten liegt. Ebenso wird der Anteil der 80-Jährigen und älteren, eine bisher untervertretene Alterskategorie am See, sehr stark zurückgehen (bis 2015 –12, bis 2025 –16,2) (vgl. Abb. 1).

4 Dieser Abschnitt beruht auf: Stadt Zürich/Statistik (Hrsg.) (2005): Bevölkerungsprognosen für die Stadt Zürich bis 2025. Analysen, Nr. 15.

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Abb. 1: Entwicklung der Altersstruktur Bestand 2004, Prognosen 2010 bis 2025

Quelle: Stadt Zürich/Statistik (2005: 7).

Wertewandel Die Lebensbedingungen in einer modernen Dienstleistungsgesellschaft fördern verschiedene Werte. Zum einen werden Selbstartikulationswerte wie Indivi- dualismus, Autonomie, Weltoffenheit und Liberalität gefördert. Diese stehen autoritären Werten entgegen. Zum anderen sind es postmaterialistische Werte wie soziale und ökologische Sensibilität. Diese stehen den materialistischen Grundbedürfnissen gegenüber (Hermann, Leuthold 2006). Ebenso werden durch Migration ländliche Werte sowie Werte aus anderen Kulturkreisen in die Stadt transportiert und begegnen sich dort. Diese unterschiedlichen Werte treffen ins- besondere im öffentlichen Raum auf verschiedenen Ebenen aufeinander. Erstens, indem Personen den öffentlichen Raum gemäss ihrem Wertsystem und den damit verbundenen Bedürfnissen nutzen. Zweitens, indem diese Nutzenden auf engem Raum miteinander konfrontiert werden und dies teilweise zu formellen und in- formellen Aushandlungsprozessen über die „angebrachte“ Nutzung oder das „angebrachte“ Verhalten führt. Diese Aushandlungsprozesse sind durch die unterschiedlichen Wertesysteme stark geprägt. Somit spiegeln sich die unter- schiedlichen Wertvorstellungen nicht bloss in einem Nebeneinander im öffent- lichen Raum, sondern werden vielmehr zum Ausgangspunkt von Veränderungen in der Nutzung des öffentlichen Raums. Drittens, indem Werte verschiedenster ExpertInnen bezüglich des öffentlichen Raums (Planende, Gestaltende, Ver- waltende, PolitikerInnen,...) in die Planung, Gestaltung, den Unterhalt, die Re- gelungen und das Marketing des öffentlichen Raums fliessen. All diese Veränderungen der Werte zeigen sich im öffentlichen Raum. Oft ist dabei nicht klar, welche Veränderungen zu welchen Folgen führen. Sind es neue Werte, flexible Arbeitszeiten, eine Kombination davon oder weitere Faktoren, die beispielsweise zur zunehmenden „fast food“ Verpflegung führen? Tatsache ist, dass die Art der Verpflegung im Wandel ist und sich dies auch am See ausdrückt.

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Abb. 2: Take-away beim Chinagarten Da, wie eben aufgezeigt, vieles ei- nem permanenten Wandel unter- worfen ist, ist es wichtig, dass der öffentliche Raum – in der vor- liegenden Analyse die Seeanlagen – nicht aufgrund von Funktionen und Zielen in der Vergangenheit betrach– tet wird, sondern unter der Per- spektive der gegenwärtigen und zukünftigen gesellschaftlichen Ver- hältnisse. Gleichzeitig gilt es auch immer wieder kritisch zu hinter- fragen, was die Aufgaben des öffentlichen Raums sind oder sein sollten und in welchem Verhältnis diese zu den Nutzungsmustern, Regeln und zum momentanen Umgang mit dem öffentlichen Raum stehen.

2.3 Gebaute Umwelt – oder wie Orte eine Bedeutung bekommen Materielle Objekte und Raum als physische Umwelt werden in dieser Studie nicht als vorgegeben und objektiv angesehen, sondern immer als subjektiv von Menschen wahrgenommen. Über die Wahrnehmung und Interpretation werden die Objekte und der Raum beurteilt und mit Bedeutung belegt. Somit sind Objekte und der Raum als soziale Konstrukte zu verstehen. Die Objekte haben also nicht an sich eine Bedeutung, sondern es handelt sich immer um ihnen zugeschriebene Bedeutungen (Werlen 2000). Dabei kann zwischen der natür- lichen physischen Umwelt und Artefakten, also vom Menschen hergestellten materiellen Objekten, unterschieden werden. Artefakte bekommen bereits bei ihrer Produktion (und der Entscheidung zu deren Produktion) durch die Herstellenden eine Bedeutung, während Objekte der natürlich physischen Umwelt erst bei deren Wahrnehmung und Nutzung durch die Menschen eine Bedeutung bekommen (Scheller 1997: 77-79). Objekte der natürlichen phy- sischen Umwelt werden immer seltener und sind gerade in der Stadt kaum noch anzutreffen. Denn auch die Wiese eines Parks oder das Seeufer sind nicht natürliche physische Objekte sondern Artefakte, da sie arrangiert wurden. Sie sind Folgen von bewussten und unbewussten Herstellungsprozessen. Dadurch dass Menschen den materiellen Objekten einen Sinn geben, bekommen diese Objekte erst den Status eines relevanten sozialen Faktors. Diese Sinn- gebung oder Bedeutungszuweisung kann unterschiedlich und von unterschied- lichen Seiten geschehen. Grob kann zwischen den Herstellenden und den Benutzenden unterschieden werden. Dabei stehen sich einerseits der Zweck des Objekts, den die Herstellenden bei der Produktion verfolgten, und andererseits die Bedürfnisse der Benutzenden des Objekts gegenüber. Damit ein Objekt von den Nutzenden möglichst im beabsichtigten Sinne der Herstellenden erkannt und genutzt wird, belegen diese das Objekt mit Codes. Das heisst, dass sie durch die Anwendung von Gestaltungsregeln den Zweck und den Umgang mit dem Objekt vordefinieren (können). Dabei ist wichtig, dass die Herstellenden und die Nutzenden „die gleiche Sprache sprechen“, denn die Codes müssen von den Nutzenden zuerst entschlüsselt werden. Dazu nutzen sie die ihnen bekannten

14 Deutungsregeln. Die Verbindung eines Objektes mit einer Bedeutung kann auch unterschiedlich ausfallen. Einerseits können Differenzen zwischen Herstellenden und Nutzenden, anderseits zwischen unterschiedlichen NutzerInnengruppen ent- stehen (Scheller 1997: 79-80). Übertragen auf die Seeanlagen heisst das beispielsweise, dass das Grillen auf der Wiese ein Fall ist, bei dem nicht alle die gleiche Sprache sprechen. Gäbe es, an den Orten, wo momentan gegrillt wird, fest eingerichtete Grillplätze, könnte man sagen, dass dieser Ort von den Gestaltenden zum Grillen codiert worden ist. Ausser im Sektor 4 (nahe GZ ) wurden jedoch keine Grillplätze in- stalliert, sondern es wurden andere Nutzungen vordefiniert. Gleichwohl wird auch an Orten ohne Grillstellen Feuer entfacht. Dies zeigt, dass „Objekte“ (hier die Wiese) anders genutzt werden können, als dies vorgesehen ist. Ein weiteres, aber auch weitergehendes Beispiel zeigt sich beim neu gestalteten Platz neben dem Casino am Zürichhorn. Die hier installierte Bank lädt zum Sitzen aber auch zum Liegen ein (vgl. Abb. 3). Ebenso konnten wir beobachten wie Babys darauf gewickelt wurden und wie sie von Bikern als „Bike-Parcour- Element“ benutzt wurde. Verschiedene BenutzerInnen erkennen somit ganz unterschiedliche Nutzungsbedeutungen in diesem Objekt. Das Beispiel zeigt weiter, dass die Neugestaltung eines Platzes – was nichts anderes ist als ein immenses Bündel von Handlungen – sowohl intendierte als auch nicht-intendierte Handlungsfolgen hervorrufen kann. Neben den Handlungsfolgen gehen wir aber auch davon aus, dass die Handlungsvoraussetzungen nicht immer allen bekannt sind und dass sich Handlungen (wie eben die Gestaltung aber auch Nutzung eines Artefakts) immer in einem Kontext abspielen.

Abb. 3: Multifunktionale Bank neben dem Casino am Zürichhorn

Bei der Produktion des Artefakts lassen die Herstellenden ihre Normen und Wer- te einfliessen. Dies kann sowohl bewusst wie auch unbewusst geschehen. Ebenso unterscheiden sich die Artefakte bezüglich der Frage, wessen Normen und Werte in diese eingeflossen sind. Ist das Artefakt zum Beispiel ein Produkt eines partizipativen Prozesses oder geht es auf Entscheidungen von einigen wenigen – in diesem Kontext mächtigen – AkteurInnen oder ExpertInnen zurück? Da den Artefakten durch die Gestaltung Normen und Werte „eingebaut“ werden, beinhaltet die Gestaltung des Artefakts immer auch eine mögliche Gestaltung des

15 Gesellschaftlichen und wird so zu einem Objekt der Macht. Dabei verstehen wir Macht im Sinne Giddens (1997: 66-69) als Ressourcen von Personen. Dies führt zur Frage, wer über die Ressourcen verfügt, um Artefakte (mit- und um)gestalten zu können. Aus einer strukturationstheoretischen Perspektive heraus, verstehen wir Strukturen nicht als definierende „Kraft“, viel mehr konzipieren wir die Gestaltung und Nutzung als fortlaufenden Prozess, bei welchem sich Handlungen und Struktur gegenseitig beeinflussen. Dabei werden Strukturen durch menschliches Handeln produziert, sie sind aber zugleich Medium des Handelns. Ebenfalls erscheint es uns wichtig, dass Strukturen sowohl einen einschränkenden als auch einen ermöglichenden Charakter haben. Die Seeanlagen bestehen aus etlichen Artefakten, die in ihrer Kombination den Seeanlagen eigene räumliche Strukturen verleihen. Durch die oben beschriebene Belegung der Artefakte durch Bedeutungen, wie auch durch die Verleihung von Funktionen werden diese räumlichen Strukturen mit sozialen Momenten und Symbolen verbunden. Im Mittelpunkt steht also nicht mehr der Raum wie er „ist“, sondern wie er interpretiert, wahrgenommen und konstruiert wird.

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3 Vorgehen Aufgrund der Auffassung, dass sich die Methode dem Untersuchungsgegenstand und dem Erkenntnisziel anzupassen hat und es selten eine Methode gibt, mit der genügend Aspekte erfasst werden können, wurden unterschiedliche Methoden angewandt (Methodentriangulation).

Während der gesamten Untersuchungszeit im Feld (Mitte Juli bis Mitte September 2005 und Dezember 2005 bis März 2006) führten wir auf zwei unter- schiedliche Arten Beobachtungen durch. Einerseits handelt es sich dabei um „Kurzbeobachtungen“, bei denen ca. 10 Minuten ein Gebiet beobachtet und dazu ein Beobachtungsprotokoll ausgefüllt wurde (vgl. Anhang). Dies führte zu über 70 Beobachtungsprotokollen im Sommer und 30 Beobachtungsprotokollen im Winter, die beispielsweise Auskunft über das Verhältnis von Männern zu Frauen auf der beobachteten Fläche geben. Anderseits wurden im ganzen Unter- suchungsgebiet Beobachtungen über 1 bis 3 Stunden durchgeführt, die schriftlich festgehalten wurden. Gegen Ende der Sommerbefragung fokussierten wir diese Beobachtungen auf die Schiffanlegestelle neben dem Casino sowie die Wiese vor dem Krankenhaus Pyramide am See, da es sich bei diesen Gebieten um Orte handelt, die umgestaltet wurden und nun durch die Nutzenden neu angeeignet werden (vgl. Kap. 5.2.11).

Ein weiteres wichtiges Instrument unserer Datenerhebung waren zwei stand- ardisierte Fragebogen, einen für den Sommer und einen für den Winter, die aus Gründen der Vergleichbarkeit in den wesentlichen Teilen übereinstimmen, stellenweise aber auch auf Grund der unterschiedlichen Jahreszeiten voneinander abweichen. Beide Fragebögen enthalten sowohl geschlossene als auch offene Fragen (vgl. Anhang). Diese wurden in Anlehnung an den Fragebogen aufgebaut, der von Emmenegger und Emmenegger 1995 verwendet wurde. Somit ist ge- währleistet, dass wir gewisse Antworten aus der Sommerbefragung im Vergleich mit den Resultaten von 1995 analysieren können. Beispielsweise, ob Unter- schiede in der Alters- oder Wohnortzusammensetzung der Seebesuchenden zwischen den beiden Studien existieren oder ob sich die Abfallsituation aus Sicht der Befragten verändert hat. Im Sommer wurden 521 Personen verteilt auf die ge- samten Seeanlagen (vgl. Kap. 4)5 befragt und 130 Personen im Winter. Für die Winterbefragung wurde uns ein beheizbarer Bauwagen mit Sitzgelegenheit von Grün Stadt Zürich zur Verfügung gestellt. Bei der Auswahl der zu befragenden Personen, wurde darauf geachtet, dass die Verhältnisse, die anhand des Be- obachtungsprotokolls festgehalten wurden, sich in der Zusammensetzung der Befragten widerspiegelten. Namentlich waren dies das Geschlechterverhältnis, die (geschätzte) Alterszusammensetzung, ausgeübte Tätigkeiten und der Aufent- haltsort der Besuchenden. Da wir die Personen vor Ort befragten, ist die Wahr- scheinlichkeit, dass eine Person von uns befragt wird, grösser, je häufiger sich diese am See aufhält. Dies hat zur Folge, dass die Ergebnisse zur Häufigkeit der Seebesuche wohl zu hoch ausfielen. Zusätzlich wurden im Sommer mit 8 Be- suchenden längere Leitfadengespräche geführt.

5 Bei der Befragung mit den standardisierten Fragebögen wie auch bei den Kurzbeobachtungen wurden wir von Studierenden der Universität Zürich unterstützt.

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Mit Quartiervereinsvertretern der anliegenden Quartiere, mit den betroffenen Grünflächenverwaltern, mit Personen der Polizei, die am See tätig sind und mit ausgewählten Personen von Grün Stadt Zürich führten wir ebenfalls im Sommer Expertengespräche durch. Des Weiteren flossen die Ergebnisse der Wirkungsbilanz zu den Parkanlagen (Stadt Zürich/Grün Stadt 2004) sowie der EinwohnerInnenbefragung 2005 der Stadt Zürich6 in unsere Analyse ein. Diese Methodenvielfalt hat sich gut bewährt, denn da wo eine Methode ihre Grenzen erreichte, konnte diese mit einer andern überwunden werden.

6 Stadt Zürich/Stadtentwicklung 2005, Fischer et al. 2006.

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4 Untersuchungsgebiet Um der Vielfalt der Seeanlagen gerecht zu werden und räumlich differenzierte Aussagen machen zu können, wurde das Untersuchungsgebiet für die Sommer- befragung in acht Sektoren unterteilt (vgl. Abb. 4). Das hat zur Folge, dass die Anzahl der befragten Personen in gewissen Sektoren relativ klein ist. Das heisst, dass die Zahlenwerte nur als Tendenzen gelesen werden dürfen. Durch die Unter- teilung kann gezeigt werden, dass es sich um unterschiedliche Freizeit-Habitate handelt. Unter Freizeit-Habitate sollen Räume verstanden werden, die von ver- schiedenen Personen und Gruppen aufgesucht werden, um dort die Freizeit zu verbringen. Diese Räume können territorial voneinander unterschieden werden und weisen eine eigene durch die Gestaltung und die Besuchenden geprägte At- mosphäre auf. Die 8 Sektoren dieser Untersuchung werden auch von den Besuchenden als Orte mit unterschiedlicher Atmosphäre und eigener Charak- teristik wahrgenommen. Für die Winterbefragung wurde diese Einteilung zwar im Prinzip beibehalten, aufgrund der geringeren Anzahl von Besuchenden am See und dem erhöhten Aufwand, den ein Umzug des Baustellenwagens jeweils mit sich brachte, beschränkten wir uns auf die zwei Standorte Blatterwiese und Arboretum. Das Untersuchungsgebiet wird also nur noch in zwei Sektoren (linkes und rechtes Seeufer) unterschieden. Beobachtungen wurden wiederum in allen 8 Sektoren durchgeführt, wobei sich jedoch herausstellte, dass sich die ein- zelnen Sektoren im Winter weniger stark voneinander unterscheiden. Dies liegt vor allem daran, dass die Nutzungsvielfalt geringer ist und das Spazierengehen zur Hauptbeschäftigung am See wird. Nicht in die Untersuchung eingeschlossen wurden nach Absprache mit Grün Stadt Zürich alle Badeanstalten, das Gebiet um den Bürkliplatz und die dortige Schiffanlegestelle, der Hafen Enge mit den anliegenden Parkplätzen sowie die Werft südlich der Landiwiese. Diese Gebiete wurden nicht berücksichtigt, weil sie nicht den Charakter von Parkanlagen aufweisen.

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Abb. 4: Aufteilung des Untersuchungsgebiets in acht Sektoren

Legende

1. Arboretum 2. „Wabenbrunnen“ 3. Landiwiese 4. Gebiet um das GZ Wollishofen 5. Zürichhorn 6. Blatterwiese und Gebiet vor dem Museum Bellerive 7. Parkbereich Hafen Riesbach, Umgebung Restaurant, Gebiet bis Lindenstrasse 8. Utoquai, Teil Seefeldquai

Die 521 Befragungen des Sommers anhand des standardisierten Fragebogens teilen sich wie in Tab. 1 abgebildet auf die einzelnen Sektoren auf.

Tab. 1: Anzahl Befragungen pro Sektor

Sektor total 1 2 3 4 5 6 7 8 linke rechte Seite Seite n 521 80 4 51 54 55 108 105 64 189 332

Die sehr tiefe Anzahl der Interviews in Sektor 2 erklärt sich daraus, dass sich in diesem Sektor kaum Besuchende aufhielten. Das Bild des praktisch men- schenleeren Sektors 2 trafen wir sowohl an unterschiedlichen Tagen wie auch zu unterschiedlichen Tageszeiten an. Einerseits liegt es an der Gestaltung des Gebiets nach dem Arboretum. Der Parkcharakter geht zurück, der Fussweg befindet sich nahe der verkehrsintensiven Seestrasse, deren Lärm gut hörbar ist, es fehlen einladende Verweilflächen ebenso wie die Atmosphäre einer Flanier- strecke (wie dies etwa beim Utoquai und Seefeldquai der Fall ist). Somit entsteht eine Brache zwischen dem Arboretum und der Landiwiese. Anderseits ist es gerade der Sektor 2, der als Brückenkopf dienen könnte, um diese Brache zu durchbrechen. Er wird dieser Aufgabe nicht gerecht, denn es mangelt dem Sektor 2 an Aufenthaltsqualität ebenso wie an einer guten Erreichbarkeit mit dem öf- fentlichen Verkehr. Das Gebiet zwischen Arboretum und Landiwiese ist haupt- sächlich Durchgangsort für Fahrradfahrende sowie Jogging- und Inline-Strecke.

20 Auf Grund der wenigen Befragungen im Sektor 2 wird dieser in allen folgenden Abbildungen und Tabellen nicht einzeln ausgewiesen, ist jedoch im Total mit- berücksichtigt. Für die Winterbefragung wurden 130 Interviews durchgeführt, davon 90 auf der rechten Seeseite und 40 auf der linken. Diese Zahlen zeigen, dass die Resultate der Winterbefragung auf einem eher kleinen Sample beruhen. Im Folgenden werden die von uns unterschiedenen Sektoren kurz charakterisiert. Sektor 1 Der Sektor 1, das Arboretum, zieht vor allem junge Menschen an. In keinem andern Sektor ist der Anteil der jungen Erwachsenen so gross. Das Frei- zeitverhalten der Personen dieser Alterskategorie prägt den Charakter des Sektors, so sind als Tätigkeiten vor allem Baden, Sonnen und insbesondere das Ausüben verschiedener Sportarten wie z.B. Fussball, Frisbee oder Badminton zu beobachten. Personen anderer Alterskategorien halten sich weniger im Sektor 1 auf, besonders Kinder und alte Menschen sind dort fast nie anzutreffen. Ebenso zeigt es sich, dass auch Personen mit Hunden andere Orte vorziehen, um sich mit ihm am See aufzuhalten. Im Winter wandelt sich dieses Bild, dann ist das Arboretum, wie die anderen Sektoren auch, von Spaziergängern geprägt und mit diesem Wandel in der Nutzung geht auch eine Veränderung der Nutzerkategorien einher. So sind nun vermehrt ältere Personen, Mütter mit ihren Kindern, oder auch ganze Gruppen von Kindergartenkindern mit ihren Betreuungspersonen und Personen mit Hunden im Arboretum anzutreffen. Das Arboretum bietet durch seine gegliederte Gestaltung Aufenthaltsorte ver- schiedener Art, man kann sich sowohl exponiert in der Nähe der Wege nieder- lassen, als auch etwas geschützter und dabei Sonnen- oder Schattenplätze auf- suchen. Der Sektor 1 ist durch seine gute Erreichbarkeit und die Nähe zur City eine der bedeutendsten Freizeitflächen am See, auch für Besuchende von aus- serhalb der Stadt Zürich. An schönen Tagen ist dieser Sektor sehr stark besucht. Sektor 2 Das Gebiet zwischen dem Arboretum und der Landiwiese ist durch Übergänge charakterisiert und bietet wenig Aufenthaltsflächen. Direkt an das Arboretum an- schliessend verengt sich der Raum auf der Höhe des Hafens zu einem relativ schmalen Durchgang, der zur Strasse hin durch einen Parkplatz abgegrenzt ist und trotz einiger Sitzbänke nur wenig zum Verweilen einlädt. Weiter Richtung Landiwiese öffnet sich der Raum wieder zu einem Platz, der durch den Waben- brunnen geprägt ist. Ebenfalls befindet sich hier das einzige Restaurant der linken Seeuferanlage. Der Platz präsentiert sich sommers wie winters nahezu men- schenleer. Es gibt zwar einige Sitzgelegenheiten, aber besonders im Winter, wenn die Bäume und Sträucher ihr Laub verloren haben, ist der Strassenlärm sehr unangenehm. Durch die Öffnung des Strandbads Mythenquai im Winter ergibt sich im Gegensatz zum Sommer eine grössere Kontinuität entlang des linken Seeufers, was insbesondere für die jetzt vermehrt anzutreffenden Spazierenden eine Qualitätssteigerung darstellt. Im Sommer führt der Weg der Strasse entlang an der Sukkulentensammlung vorbei zur Landiwiese, was eine sehr unbe- friedigende Situation ist. Der Sektor 2 stellt in seiner Charakteristik als Transit- raum sicher den qualitätsärmsten aller untersuchten Sektoren dar, dessen Auf- wertung der ganzen linken Seeuferanlage zugute käme.

21 Sektor 3 Der Sektor 3, die Landiwiese, ist im Sommer häufig durch Grossveranstaltungen belegt und somit oftmals nur in Teilen nutzbar. Die Besuchenden müssen also auf die verbleibenden Freiflächen ausweichen, was allerdings in den Interviews nie als Problem thematisiert wurde. Vielmehr ist ein kreativer Umgang mit der Situation zu beobachten. So werden beispielsweise herumliegende Paletten von Jugendlichen zum Bau von kleinen Hindernisparcours zum Fahrradfahren oder Inline Skaten genutzt. Während des Untersuchungszeitraumes von Juli – Sep- tember war eine Konzentration der Besuchenden auf und in der Nähe der Saffa- Insel zu beobachten. Bei der Brücke zur Insel hat im Sommer ein fliegender Händler seinen Standort, der dort jeden Tag anzutreffen ist und von den Be- suchenden häufig frequentiert wird. Auch die Landiwiese wird am meisten von jungen Erwachsenen und Jugend- lichen genutzt, jedoch ist der Anteil älterer Erwachsener und Kleinkinder be- deutend höher als beispielsweise im Arboretum. Im Sektor 3 verändert sich das Bild im Winter ähnlich wie im Arboretum. Auffallend ist, dass es im Sektor 3 sommers wie winters recht viele freilaufende Hunde gibt, sich daraus aber keine zu beobachtenden Konflikte ergeben. Sektor 4 Der Sektor 4 umfasst das Gebiet um das Gemeinschaftszentrum Wollishofen. Diese recht überschaubare Fläche vermittelt eine sehr geschützte und familiäre Atmosphäre. Am Vormittag sind vor allem ältere Erwachsene anzutreffen, während es am Nachmittag vermehrt Jugendliche und junge Erwachsene sind. Auffallend ist, dass im Sektor 4 auch viele junge Familien zu beobachten sind, da sich der Aufenthalt mit kleinen Kindern dort dank der vielen Bäume und des flachen Seeeinstiegs anbietet. Die Neugestaltung des Seeufers wird wider- sprüchlich beurteilt, es hat sich aber gezeigt, dass die Betonstufen durch die Besuchenden bereits angeeignet worden sind und sie diese auch auf vielseitige Art und Weise nutzen. Weiter sind in diesem Sektor sehr oft Hunde anzutreffen, die meist freilaufen. Das GZ Wollishofen ist für diesen Sektor nicht nur eine wichtige Infrastruktureinrichtung, sondern kann auch als eine Art Imagegeber betrachtet werden. Der Sektor präsentiert sich als ein lebendiger und gleichzeitig fast intimer Ort, an den man vor allem kommt um sich aufzuhalten und weniger um hindurchzugehen. Da im Winter die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter den Seebesuchenden zurückgeht, präsentiert sich der Sektor 4 dann als ein sehr ruhiger und weniger stark besuchter Ort am See. Sektor 5 Die Sektoren der rechten Seeseite sind im Allgemeinen stärker besucht und weisen vor allem ein höheres Aufkommen an Spazierenden auf, wodurch im Ver- gleich zu den Sektoren des linken Seeufers, mit Ausnahme des Arboretums, ein sehr viel stärkerer Eindruck von Öffentlichkeit entsteht. Somit birgt der Auf- enthalt im Sektor 5 am Zürichhorn eine andere Qualität als im Sektor 4, obwohl ein ähnliches Publikum anzutreffen ist. Durch den Anlieferungsverkehr für das Restaurant und das Kino am See, die vielen Fahrradfahrenden und Spazierenden ergibt sich eine gut wahrnehmbare öffentliche Atmosphäre, was dazu führen kann, dass man sich beim Sonnen oder Baden fast etwas ausgestellt fühlt. Diese Atmosphäre bleibt an schönen Wintertagen weiterhin spürbar, auch wenn dann niemand mehr Lust verspürt zu baden. Vielmehr zeigt sich jetzt eine „klassische“ Parknutzung durch alle Besuchende.

22 Auffällig ist, dass in diesem Sektor im Sommer nur wenige Hunde zu beobachten sind. Im Winter allerdings trifft man sie vermehrt an. Sektor 6 Der Sektor 6, die Blatterwiese, ist im Sommer geprägt von verschiedensten sport- lichen Tätigkeiten, die hier ausgeübt werden: meist Fussball, Frisbee und Volley- ball auf den Wiesen und auf den Wegen sind Jogger und Velofahrer unterwegs. Der Sektor 6 bietet Raum für mehrere Sportarten gleichzeitig. Mobile Netze, die Besuchende beispielsweise zum Volleyball spielen mitbringen, ermöglichen eine flexible Nutzung des Raumes. Dazwischen finden sich viele Besuchende, die in Gruppen auf der Wiese sitzen um sich zu unterhalten, oder um zu picknicken. Unter ihnen lassen sich auch Besuchende beobachten, die beinahe jeden Tag als Gruppe am gleichen Ort anzutreffen sind. Zum Beispiel eine Gruppe Jugend- licher und junger Erwachsener, die auch immer Hunde bei sich haben. Darüber hinaus werden Hunde hier eher beim Spazieren mitgeführt. Insgesamt wirkt die Blatterwiese sehr belebt und bietet Raum für viele Aktivitäten. Im Winter scheint dieser quirlige Ort etwas zur Ruhe zu kommen. Die Sport Treibenden haben sich mit Ausnahme der Joggenden zurückgezogen und die Blatterwiese wird weit weniger genutzt. Die Spazierenden kommen allerdings weiterhin sehr zahlreich und auch der Spielplatz beim Chinagarten wird sommers wie winters genutzt. Sektor 7 Der Sektor 7 umfasst die Parkanlage beim Hafen Riesbach und das Gebiet bis zur Lindenstrasse. Hier befinden sich zwei markante Punkte, zum einen das neu ein- gerichtete Restaurant, das als ein Orientierungs- und Treffpunkt den Parkbereich gliedert und somit sowohl der Strukturierung dient, als auch positiv zur Ver- sorgungssituation beiträgt. Insbesondere da es ganzjährig geöffnet ist und sich auch im Winter als beliebter Treffpunkt etabliert hat. Der zweite markante Ort, ist der neu gestaltete Parkbereich beim Hafen Riesbach, der, wie zu beobachten ist, von den Besuchenden noch nicht angeeignet wurde. Dieser, für viele Zürcher- Innen negativ belegte Raum7, wird derzeit noch zögerlich genutzt, obwohl er mittlerweile eine gelungene Mischung aus Übersichtlichkeit und Rück- zugsmöglichkeiten bietet. Sektor 8 Der Sektor 8, das Utoquai, zieht durch seine Gestaltung vor allem Spazier- gängerInnen an, welche die Seeanlagen in diesem Bereich zum Flanieren nutzen. Das Utoquai ist der urbanste Raum unter den untersuchten Sektoren, eine eigentliche „Bühne“ der Öffentlichkeit. Er hat dadurch einen sehr eigenen, am See einmaligen Charakter. Die Stufen und Bänke im nördlichen Bereich bieten bei gutem Wetter jeden Mittag vielen Beschäftigten aus der Umgebung Platz für ihre Mittagspause. Im Sektor 8 sind immer wieder StrassenmusikantInnen und KleinkünstlerInnen anzutreffen, die unter den Besuchenden teilweise ein grosses Publikum für ihre Darbietungen gewinnen. Am Utoquai sind sehr wenige Kinder anzutreffen. Die am meisten vertretenen Alterskategorien sind jüngere und ältere Erwachsene. Das Bild des Sektors ist sommers wie winters insofern ein ganz ähnliches, als dass zu jeder Jahreszeit die Hauptbeschäftigung das Spazieren und Flanieren ist. Es sind im Vergleich zum Sommer aber vermehrt ältere Personen,

7 Bis vor wenigen Jahren wurde hier u. a. mit Drogen gedealt.

23 sowie Mütter mit Kindern anzutreffen, während das sommerliche Mittags- publikum im Winter bei schlechtem Wetter ausbleibt.

24

5 Ergebnisse Sommer Der Ergebnisteil ist in fünf Abschnitte unterteilt, denen jeweils eine kurze Zu- sammenfassung vorangestellt ist. Geschlossen wird jeder Abschnitt mit einer Diskussion und Empfehlungen. Wo sich relevante Unterschiede zu den Winter- ergebnissen zeigen, wird auf diese verwiesen. Im ersten Abschnitt wird ein Bild der Nutzenden gezeichnet. Der zweite Abschnitt widmet sich den unterschied- lichen Nutzungen, möglichen Nutzungskonflikten und der Raumaneignung. Die Wahrnehmung der Anlagen und deren Gestaltung finden sich im dritten Ab- schnitt. Der vierte Abschnitt widmet sich dem Thema „Abfall“. Im fünften Ab- schnitt werden die Ergebnisse mit Fokus auf die älteren Seebesuchenden dar- gestellt, womit das 5. Kapitel geschlossen wird.

5.1 Nutzende Zusammenfassung

Der grösste Teil der Besuchenden wohnt in der Stadt Zürich (64%). Dabei sind die Anwohnenden (Kreis 2 und 8) stärker am See vertreten als die Personen der übrigen Kreise der Stadt Zürich. Im Sektor 4 beträgt der Anteil der im Kreis 2 Wohnenden 39% aller interviewten Besuchenden. Grundsätzlich ist der Anteil der Anwohnenden am Morgen am höchsten, nimmt im Verlauf des Tages ab und gegen Abend nochmals zu. Der Anteil der in der Stadt Wohnenden variiert stark nach Sektor. Im Sektor 8 drückt sich am deutlichsten aus, was sich in allen citynahen Sektoren zeigt: der Anteil der Stadt-ZürcherInnen an allen Besuchenden ist viel kleiner, während er in den weniger zentralen Sektoren (3 und 4) grösser ist. Die linke Seeseite hat also eher den Charakter eines Quartierparks, während die rechte Seeseite plus das Arboretum ein regionales Naherholungsgebiet darstellt. Dennoch benötigen die meisten Besuchenden für den Anfahrtsweg weniger als 30 Minuten. Dies hängt auch damit zusammen, dass viele Personen direkt nach der Arbeit in Zürich den See besuchen oder ihre Mittagspause am See verbringen. Am See sind Personen jeder Altersklasse vertreten, wobei ältere Personen klar in der Unterzahl sind. Männer und Frauen sind praktisch gleich stark am See vertreten.

25

5.1.1 Einzugsgebiet

Abb. 5: Wohnregion der Besuchenden Der grösste Teil der Besuchenden wohnt in der 70% Stadt Zürich (64%), während 24% der Besuchenden in den 60% restlichen Gemeinden des 50% Kantons wohnen. 8% der

40% Befragten geben an, ausser- halb des Kantons zu wohnen 30% und 4% aller Befragten kom-

20% men aus dem Ausland (vgl. Abb. 5). Im Winter geben 10% 75% der Befragten an, dass 0% sie in der Stadt Zürich Stadt Zürich Gem. Kt. ZH Gem. CH International wohnen (vgl. Kap. 6.1.1).

Abb. 6: Anzahl der städtischen Besuchenden nach Dabei zeigen sich sek- Sektoren torelle Unterschiede: während 82% der Be-

fragten des Sektors 4

angeben, dass sie in

der Stadt wohnen, trifft

dies im Sektor 8 nur

auf 39% der Befragten

zu. Ebenso deutlich

zeigt sich, dass die

citynahen Sektoren 1, 7

und 8 sowie die Sek-

toren 5 und 6, die mit

den citynahen Sektoren

verbunden sind, häu-

figer auch von Per-

sonen frequentiert wer-

den, die nicht in der

Stadt wohnen, während

die weniger zentral

gelegenen und nicht

durchgehend erschlos-

senen Sektoren 3 und 4

im Wesentlichen von

Stadt-ZürcherInnen be-

sucht werden (vgl.

Abb. 6 ).

Bei den Besuchenden

der Stadt Zürich,

aufgeschlüsselt nach Wohnkreis, zeigt sich, dass die Anwohnenden des Sees (Kreis 2 und 8, je 8,5%) sowie Personen aus dem Kreis 3 relativ oft am See anzutreffen sind (vgl. Abb. 7).

26 Der Kreis 3 ist einerseits sehr dicht bewohnt anderseits mangelt es in einigen Quartieren an Freiraum, wodurch sich eventuell die grosse Präsenz der Be- wohnerInnen des Kreis 3 erklären lässt. Setzt man die Anzahl der Befragten eines Kreises ins Verhältnis zur Anzahl der EinwohnerInnen des Kreises, sind es nach wie vor Personen der Kreise 8, 2 und 3 plus die Personen des Kreis 1, die ver- mehrt am See anzutreffen sind.

Abb. 7: Wohnort der Besuchenden (Stadtkreise)

40%

35%

30%

25%

20%

15%

10%

5%

0% 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 nicht Stadt Zürich n=521

Dass die Personen, die nahe am See wohnen, diesen eher und auch intensiver nutzen, kommt ebenfalls in der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich 2005 zum Vorschein. Während gesamtstädtisch 68% der Befragten die Seeanlagen mehrmals pro Monat oder häufiger besuchen, gilt dies im Kreis 8 für 92% der Befragten, im Kreis 1 mit dem Quartier Enge für 90% und im Kreis 2 ohne dem Quartier Enge für 81%. Zusätzlich ist die Häufigkeit der Seebesuche bei den An- wohnenden viel höher, als bei Personen, die in weiter entfernten Kreisen wohnen. So besuchen gut 60% der BewohnerInnen des Kreis 8 die Seeanlagen fast täglich oder mehrmals pro Woche. Im Kreis 1 mit der Enge und im Kreis 2 ohne Enge trifft dies auf 48% respektiv 36% der Befragten zu, während der gesamtstädtische Durchschnitt bei 26% liegt (Fischer et al. 2006: 28-29) (vgl. Abb. 8).

27

Abb. 8: Nutzung der Seeanlagen nach Stadtkreisen in % (Bevölkerungsbefragung 2005)

n=2501

Quelle: Fischer et al. (2006: 28)

Anwohnende 17% aller Befragten wohnen im Kreis 2 oder 8, womit sie zu den Anwohnenden zählen8. 46 der befragten Personen wohnen im Kreis 2 und 45 im Kreis 8. Die 46 im Kreis 2 Wohnenden und am See befragten, trafen wir in 38 Fällen (83%) in den Sektoren 1, 2, 3 und 4, die 45 im Kreis 8 Wohnenden und am See befragten Personen in 40 Fällen (89%) in den Sektoren 5, 6, 7 und 8, also meist in ihren „Heimsektoren“. Im Sektor 4 beträgt der Anteil der Anwohnenden 39% aller Befragten und im Sektor 3 25%. Weniger präsent sind die Anwohnenden in den Sektoren 5 (13%), 6 (16%) und 7 (11%). Diese Zahlen zeigen, dass die linke Seeseite stärker den Charakter eines Quartierparks hat, während die rechte Seeseite einerseits vermehrt von Personen aus der ganzen Stadt anderseits auch bedeutend häufiger von Personen, die ausserhalb der Stadt wohnen besucht wird. Die rechte Seeseite stellt somit stärker ein regionales Naherholungsgebiet dar. Der Anteil der Anwohnenden am See hängt zusätzlich mit der Tageszeit zusammen und weist Schwankungen auf. Morgens wird der See vermehrt von Anwohnenden besucht. Diese machen bis 11 Uhr die Mehrheit der Besuchenden aus und nehmen dann kontinuierlich ab. Zwischen 14 und 15.30 Uhr liegt ihr Anteil mit 11% so tief wie zu keiner anderen Zeitspanne. Am späteren Nach- mittag und abends beträgt ihr Anteil zwischen 15 und 18% (vgl. Abb. 9). Da zu gewissen Zeitspannen die Befragungszahl sehr klein ist, dürfen diese Zahlen allerdings nur als Tendenzen gelesen werden.

8 Im Winter zählen 38% der Befragten zu den Anwohnenden (13% wohnen im Kreis 2 und 25% im Kreis 8; vgl. Kap. 6.1.2).

28 Abb. 9: Anteil der Anwohnenden im Tagesverlauf (%)

Die meisten befragten Personen sind direkt von zu Hause an den See gekommen (66%), während 18% von der Arbeit, 2% von der Schule und 13% von einem anderen Ort gekommen sind9. Im Sektor 3 steigt der Anteil der von zu Hause Gekommenen bis auf 84%, während der Anteil der Personen, die von der Arbeit gekommen sind, auf 2% sinkt. Gegenteilig präsentiert sich das Bild im Sektor 8. Direkt von zu Hause kommen nur 48% der Befragten, dafür geben 38% an, dass sie direkt von der Arbeit gekommen sind (vgl. Tab. 2).

Tab. 2: Aufenthaltsort bevor Seebesuch (%) Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 links rechts total Zu Hause 65 84 74 64 66 68 48 73 63 66 Arbeit 14 2 13 15 17 24 38 11 23 18 Schule, Uni 1 0 2 7 4 1 0 1 3 2 anderes 20 14 11 15 14 7 14 15 12 13 k.A 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 n 80 51 54 55 108 105 64 189 332 521 Hervorhebungen Stark überdurchschnittliche Werte Stark unterdurchschnittliche Werte

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich beim Einzugsgebiet, ein räumliches Muster abbildet. Die Sektoren der rechten Seite (5, 6, 7 und 8) plus der Sektor 1 bilden ein Gebiet, das vermehrt von nicht in der Stadt Zürich wohnenden Personen sowie von direkt von der Arbeit an den See Kommenden besucht wird. Ein gegenteiliges Bild zeigt sich in den Sektoren 3 und 4. Hier trifft man auf viele Anwohnende, selten auf Personen, die nicht in der Stadt wohnen

9 Zum Vergleich: Im Winter kommen 78% von zu Hause und 9% von der Arbeit (vgl. Kap. 6.1.2).

29 und oft auf solche, die direkt von zu Hause an den See kommen. Auch hat es hier kaum Personen, die ihre Mittagspause am See verbringen.

5.1.2 Besuchshäufigkeit 48% der Befragten zählen zum Stammpublikum10. Dies bedeutet, dass diese Personen im Sommer mehrmals in der Woche, zum Teil täglich, am See sind. Generell zeigt sich, dass der Anteil des Stammpublikums auf der linken Seite etwas höher ist, als auf der rechten Seite. Im Sektor 4 zählen mehr Personen zum Stammpublikum (61%) als in den restlichen Sektoren. Auf der rechten Seeseite geben 40% der Befragten an, dass sie sich weniger als ein Mal innerhalb von 14 Tagen am See aufhalten (vgl. Abb. 10). Nach der Bevölkerungsbefragung 2005 der Stadt Zürich finden sich in der Bevölkerung des Kreis 8 am meisten Per- sonen, die zum Stammpublikum zählen (61% der im Kreis 8 Befragten) gefolgt von der Bevölkerung des Kreis 1 mit Enge (48%) und des Kreis 2 ohne Enge (36%) (Fischer et al. 2006: 28-29) (vgl. Abb. 8).

Abb. 10: Besuchshäufigkeit pro Sektor (%)

Sektor 1 56% 20% 15% 9%

Sektor 3 51% 20% 20% 10%

Sektor 4 61% 9% 22% 7%

Sektor 5 38% 9% 35% 18%

Sektor 6 45% 18% 29% 7% täglich/mehrmals pro Woche Sektor 7 40% 20% 18% 21% 1x pro Woche

Sektor 8 48% 13% 19% 19% 2-3x pro Monat

seltener linke Seite 57% 17% 18% 8%

rechte Seite 43% 16% 24% 16%

Seebecken total 48% 16% 22% 13%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

n=521

5.1.3 Altersstruktur Am See halten sich sowohl sommers wie winters Personen jeder Alterskategorie auf. Die meisten Personen, die im ersten Untersuchungszeitraum befragt wurden, sind zwischen 21 und 35 Jahren alt, während die bis 15-jährigen als kleinste Alterskategorie nur 4% des Samples ausmachen. Dies repräsentiert jedoch nicht die Altersstruktur der Seebesuchenden, da wir praktisch keine Kinder

10 Zum Vergleich: Im Winter zählen 45% zum Stammpublikum (vgl. Kap. 6.1.3).

30 interviewten11, obwohl diese am See anzutreffen sind. Die Verhältnisse der restlichen Alterskategorien zueinander bilden jedoch in etwa die Besuchs- verhältnisse des Sommers ab. Je nach Sektor zeigen sich unterschiedliche Bilder der Alterszusammensetzung. So sind beispielsweise die Jugendlichen (16-20 Jahre alt) im Sektor 5 und 1 vermehrt anzutreffen (27%, resp. 26%), kaum jedoch im Sektor 7 und 4, in denen sie jeweils 7% der Besuchenden ausmachen. Die älteren Personen (über 55 Jahre) sind in den Seeanlagen etwas untervertreten, wobei sich jedoch grosse Unterschiede zwischen Sommer und Winter zeigen. 9% aller Befragten im Sommer sind über 55 Jahre alt, während in der Winter- befragung der Anteil der über 55-Jährigen bei 44% lag, womit sie die grösste Alterskategorie darstellen (zum Vergleich: 27% der in der Stadt Zürich lebenden Personen sind über 55 Jahre alt). Am deutlichsten zeigt sich die Untervertretung der älteren Personen im Sommer in den Sektoren 1 und 5, in denen sie 1%, re- spektive 2% aller Befragten ausmachen. Dass es genau diese Sektoren sind, die so selten von älteren Personen aufgesucht werden, erstaunt nicht sonderlich. In beiden Fällen handelt es sich um sehr gut besuchte, lebhafte Sektoren, in denen gebadet und viel auf den Wiesen gespielt wird. Es lässt sich jedoch feststellen, dass sich ältere Personen beim neu gestalteten Platz neben dem Casino Boule spielend verstärkt Raum am See aneigneten (Abb. 11).

Abb. 11: Altersstruktur pro Sektor (%)

Sektor 1 26% 65% 8% 1%

Sektor 3 14% 55% 22% 10%

Sektor 4 49% 31% 13%

Sektor 5 4% 29% 52% 15% 2%

Sektor 6 6% 19% 49% 13% 12% 0-15 Jahre 16-20 Jahre Sektor 7 7% 8% 43% 26% 17% 21-35 Jahre 36-55 Jahre Sektor 8 2% 19% 45% 28% 6% über 55 Jahre

linke Seite 17% 57% 17% 7%

rechte Seite 5% 17% 47% 21% 11%

Seebecken total 4% 17% 51% 19% 9%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

n=521

Durch die Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich 2005 konnte festgestellt werden, dass einerseits weniger alte Personen den See besuchen und dass anderseits mit zunehmendem Alter die Nutzungshäufigkeit der Seeanlagen

11 Der Grund liegt darin, dass die ersten Interviews zeigten, dass die Kinder einfach dasselbe wie ihre ältere Begleitperson sagten.

31 abnimmt. Dennoch besuchen auch ältere Personen die Seeanlagen. Immerhin gaben über 60% der 60-69-Jährigen, knapp 60% der 70-79-Jährigen und knapp 50% der 80-99-Jährigen an, dass sie mindestens mehrmals pro Monat die See- anlagen aufsuchen. Vergleichsweise nutzen 85% der 18-29-Jährigen die Seean- lagen in dieser Häufigkeit (Fischer et al. 2006: 31). In unserer Befragung zeigten sich bezogen aufs Alter keine grossen Unterschiede in der Nutzungshäufigkeit. Bevor Schlüsse gezogen werden, weshalb die älteren Personen nicht häufiger am See anzutreffen sind, respektive gar gefragt wird, ob sie dort verdrängt werden, ist es sinnvoll zu schauen, wie das Freizeitverhalten und die Nutzungsmuster älterer Personen sind. Beispielsweise sind sie nicht nur in den Seeanlagen weniger präsent, sondern ganz allgemein in den Grünanlagen und Pärken der Stadt Zürich, die sie sogar noch etwas seltener besuchen als die Seeanlagen. Ebenso zeigt sich, dass je älter die Personen, desto seltener besuchen sie die Frei- räume an der Limmat und der Sihl. Hingegen werden der Wald und Waldrand wie auch die Naherholungsgebiete von älteren Menschen häufiger genutzt als von jüngeren; erst Personen ab 80 Jahren gehen deutlich seltener in den Wald (Fischer et al. 2006: 3, 11, 31, 42, 48, 56). Die Nutzungsmuster und Bedürfnisse alter Menschen im und an den öffentlichen Raum sind weit gehend unbekannt. Obwohl zwischen den Variablen „Alter“ und „Haushaltform“ ein Zusammenhang besteht, zeigt sich, dass auch die Haushaltsform einen eigenständigen Einfluss auf die Nutzung der Seeanlagen hat. BewohnerInnen von Wohngemeinschaften (43% fast täglich/mehrmals pro Woche) und Einpersonenhaushalte (31% fast täglich/mehrmals pro Woche) halten sich deutlich häufiger in den Seeanlagen auf als der Durchschnitt aller Haushalte (26% fast täglich/mehrmals pro Woche). Auch Erwachsene, die in Familienhaushalten mit Kindern unter 6 Jahren leben, besuchen den See etwas häufiger (29% fast täglich/mehrmals pro Woche). Familien mit älteren Kindern (Kinder über 6, aber unter 19 Jahre), Paarhaushalte und Familien mit erwachsenen Kindern (Kinder über 18 Jahre) nutzen den See deutlich seltener (Fischer et al. 2006: 31-32). Da die Auswertung unserer Beobachtungen ein ausgeglichenes Geschlechter- verhältnis am See zeigte, interviewten wir praktisch gleich viele Männer (262) wie Frauen (259). Auch in der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich 2005 zeugt sich, dass der Anteil der weiblichen in etwa dem Anteil der männlichen Besuchenden entspricht (Fischer et al. 2006).

5.1.4 Erreichbarkeit Die Attraktivität der Anlagen besteht unter anderem aus ihrer citynahen Lage, insbesondere die Sektoren 1, 6, 7 und 8 und der guten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahnhof Stadelhofen, Tiefenbrunnen, Enge und Wollishofen sowie Tram und Bus). Die meisten Besuchenden benötigen für den Anfahrtsweg maximal 30 Minuten. Im Sektor 3 bleibt die Reisezeit der meisten unter 15 Minuten, während mehr als ein Viertel der Anwesenden des Sektors 6 über 30 Minuten Weg zurücklegen (vgl. Tab. 3).

32

Tab. 3: Dauer des Anfahrtsweg (%)

Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 links rechts total bis 5 min. 13 14 17 11 9 12 9 15 11 12 < 15 min. 36 51 33 36 21 21 34 39 26 31 15-30 min. 38 31 32 38 41 47 34 33 41 38 31-45 min. 13 4 19 9 20 9 11 12 13 13 46-60 min. 1 0 0 4 6 3 8 1 5 3 > 1h 0 0 0 2 2 8 3 0 4 2 Weiss nicht 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 n 80 51 54 55 108 105 64 189 332 521

Tab. 4: Verkehrsmittelwahl (in %) Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 links rechts total Zu Fuss 24 24 24 16 19 25 14 24 19 21 Velo 25 33 30 38 11 10 8 29 15 20 Tram, Bus, S-Bahn 35 31 30 31 58 44 64 32 50 44 Auto, Motorrad 16 8 13 13 10 21 14 13 15 14 Schiff 0 4 4 2 2 0 0 2 1 1 Keine 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 Antwort n 80 51 54 55 108 105 64 189 332 521

Die Wahl der Verkehrsmittel zeigt, dass auf der linken Seite je zwischen 24 und 35% der Besuchenden zu Fuss, mit dem Fahrrad oder per Tram, Bus und S-Bahn an den See kommen. Anders auf der rechten Seite. Hier dominiert im Sektor 6, 7, und 8 die Kategorie Tram, Bus, S-Bahn, während die Personen des Sektors 5 oft per Fahrrad, jedoch eher selten zu Fuss kommen. 14% der Befragten fahren mit dem Auto oder dem Motorrad an den See (vgl. Tab. 4).

5.2 Nutzungen und Raumaneignung

Zusammenfassung

Die Frage, ob die Besuchenden genug Raum am See haben, um das auszuüben, was sie gerne ausüben möchten, zeigt deutlich, dass sich die Besuchenden nicht eingeengt fühlen. Nur 9% aller Befragten geben an, dass sie zu wenig Raum haben. Das heisst, dass über 90% mit der verfügbaren Fläche zufrieden sind! Von den 9% Unzufriedenen beziehen sich ca. 25% zudem ausschliesslich aufs Wochenende. Obwohl die Seeanlagen zu unterschiedlichen Nutzungen und von unter- schiedlichen Personen aufgesucht werden, gibt es wenig Nutzungskonflikte. Die häufigsten Nutzungen sind „Nichts-tun“, Baden, Freunde und Freundinnen treffen und Plaudern, Lesen, Essen und Flanieren. Am Nachmittag und gegen Abend wird am See vermehrt gespielt (am meisten in den Sektoren 1, 3 und 4). Fussball, Frisbee und Volleyball sind am beliebtesten. Es sind äusserst wenige Besuchende, die sich über Spielende beklagen, die zu viel Raum beanspruchen. Ebenso beklagen sich auch die Spielenden grundsätzlich nicht über zu wenig Raum. Auf der rechten Seeseite machen knapp 10% der Befragten einen Mangel an Kinderspielplätzen aus. Die Wiesen sind sehr beliebt. Nicht nur wegen ihrer ausgezeichneten Qualität, sondern insbesondere auch, weil sich die Wiesen auf unterschiedliche Art nutzen

33 lassen (Multifunktionalität). Die Aussage, dass die Wiesenflächen auf gar keinen Fall überbaut werden sollen, weist auf die Bedeutung der Wiesen als freie Flächen für die Besuchenden hin. Die Wiesen werden am stärksten als ein Raum wahrgenommen, der nicht durch eine gegebene Struktur das Verhalten mit- bestimmt. Sie lassen aus der Sicht der Besuchenden am meisten Freiheit zur Selbstbestimmung der Tätigkeiten. Grillen ist eine der Nutzungen, die Ärger hervorrufen kann. Obwohl sich viele Besuchende unsicher sind, ob am See gegrillt werden darf oder nicht, wird von 27% angegeben, – auf der linken Seite häufiger als auf der rechten – dass sie am See grillen. Über den dabei entstehenden Rauch, Geruch, Abfall und die Brandlöcher in der Wiese ärgern sich 21% der Befragten, hauptsächlich ältere Personen. Grillende selbst lehnen Vorschläge, die das Grillen regeln und/oder einschränken würden, vehement ab. Selbst über alle Besuchenden gesehen, finden diese Vorschläge – eingerichtete Grillstellen mit einem Grillverbot ausserhalb dieser Plätze oder eine Ausscheidung von Sektoren, in denen Grillen erlaubt, respektive verboten ist – keine Mehrheit. Klar befürwortet werden sie jedoch von den Personen, die sich am Grillen stören. Die Umsetzung dieser Massnahmen und deren Einhaltung, wird jedoch sowohl von den Besuchenden, von der Polizei wie auch von uns als eher unrealistisch eingestuft. Der 1995 festgestellt Konflikt zwischen Fahrradfahrenden und FussgängerInnen führte zur Schaffung von Mischverkerszonen in den Sektoren 5, 6, 7 und 8. Diese Massnahme scheint den Konflikt etwas entschärft zu haben. Heute wünschen sich in den Sektoren 5, 6 und 7 bloss 18-25% der Befragten getrennte Fuss- und Fahrradwege. Bei der Frage nach den Wegen wird die Situation des Misch- verkehrs nicht angesprochen und auch die Fahrradwege werden selten stark kritisiert. Am meisten Kritik erhalten sie im Sektor 4. In den Zürcher Seeanlagen laufen einige Hunde trotz bestehender Leinenpflicht frei herum. Daran stören sich 46% der Befragten, während sich nur 3% an Hunden, die an der Leine sind, stören. Daher muss überlegt werden, wie man mehr Hundehaltende dazu bewegen kann, ihren Hund an die Leine zu nehmen. Bei Personen, die mit ihren Hunden am See sind, handelt es sich häufig um Anwohnende und um Personen die überdurchschnittlich häufig am See sind. Die Seeanlagen sind bekannt als Standort von Grossveranstaltungen (Kino am See, Freestyle.ch, Ironman, Züri Marathon, Theaterspektakel, Streetparade). Wie die Befragung „Die Akzeptanz von Grossveranstaltungen in der Stadt Zürich bei der Stadtzürcher Bevölkerung“ (Stadt Zürich/Fachstelle für Stadtentwicklung und Verein Züri Event 2004) zeigt, sind Anwohnende diesen gegenüber etwas kritischer eingestellt als die andern Befragten. Interessanterweise besuchen sie aber diese Veranstaltungen deutlich häufiger als der städtische Durchschnitt. Überraschenderweise wurde in unserer Befragung das Thema der Gross- veranstaltungen von den Besuchenden äusserst selten angesprochen. Zwar haben wir nicht explizit danach gefragt, dennoch gab es einige offenen Fragen, bei denen man diese (positiv wie negativ) hätte erwähnen können. Bei Bewilligungen zu Grossveranstaltungen sollte kritisch hinterfragt werden, ob diese einen direkten Bezug zum See aufweisen oder ob sie auch an einem andern Standort stattfinden könnten.

34 5.2.1 Nutzung und Raumaneignung – Gedankliche Annäherung Die Seeanlagen, die von ganz unterschiedlichen Personen und Gruppen als äusserst attraktiv wahrgenommen werden, verdanken einen Teil ihrer Attrak- tivität der grossen Vielfalt von möglichen Nutzungen. Spaziert man durch die gesamten Seeanlagen kann man feststellen, dass die Nutzungen räumlich vari- ieren. An gewissen Stellen dominieren Spielende das Bild, an anderen findet man sich unter Flanierenden wieder und wieder andere Stellen sind ruhige Oasen. Um dieser räumlichen Vielfalt gerecht zu werden, haben wir die Analyse immer für alle Sektoren durchgeführt (vgl. Kap. 4). Einerseits zeigen sich tatsächlich Nutzungsunterschiede zwischen diesen Sektoren, anderseits hängt die Nutzung auch immer stark davon ab, was die Raumgestaltung zulässt, die sehr klein- räumig grosse Unterschiede aufweisen kann. Beispielsweise lässt ein gekiester Weg andere Nutzungen zu als ein geteerter. Wie ein Raum schliesslich genutzt wird, hängt von einem ganzen Bündel von Faktoren ab. Dazu zählen die Gestaltung, die Nutzungsmöglichkeiten, die der Raum bietet, die Bedürfnisse der Besuchenden, die Interpretation der Nutzungsmöglichkeiten durch die Besuchen- den, die Wahrnehmung des Raumes und dessen (symbolische) Belegung, die Menge der Besuchenden, die Dominanz verschiedener Gruppen, gewisse Ge- setze, Regeln und Normen, die Jahres- und Tageszeit, das Wetter und vieles mehr (vgl. Kap. 2.3).

Abb. 12: Vielfalt der Sektoren (links Sektor 1, rechts Sektor 8)

Traditionellerweise versteht man unter Raumaneignung die Nutzung oder physische Aneignung eines Raumes. Für die folgenden Ausführungen soll dieser Begriff jedoch im Sinne Schellers (1997) um die Komponente des sich Wohl- fühlens erweitert werden. Es soll daher nicht nur analysiert werden, wer, wann welchen Raum physisch besetzt und nutzt, sondern diese Belegungsmuster sollen im Kontext des sich Wohlfühlens analysiert werden. Beispielsweise bedeutet dies, dass eine Person, die täglich ihren Spaziergang dem See entlang macht und dabei äusserst zufrieden mit der Umgebung ist, eine andere Raumaneignung aufweist als eine Person, die denselben Spaziergang macht, sich dabei aber permanent über den Abfall, der auf den Wiesen liegt und/oder über die frei- laufenden Hunde aufregt. Zwar nehmen physisch beide Personen denselben Raum ein, fühlen sich dabei aber unterschiedlich wohl. Chombart de Lauwe (zit. in: Scheller 1997: 92) beschreibt Aneignung als: „ (...) Resultat der Möglichkeit, sich im Raum frei zu bewegen, sich entspannen, ihn besitzen zu können, (...)

35 etwas den eigenen Wünschen, Ansprüchen, Erwartungen und konkreten Vorstellungen Gemässes tun und hervorbringen zu können“. Die Person, die sich Raum in diesem Sinne aneignet, fühlt sich durch die Mitmenschen im selben Raum weder bedrängt noch belästigt. Ebenso empfindet sie die der Mitwelt eingebauten Strukturen nicht als Zwänge sondern viel mehr als Möglichkeiten. Sie kann so handeln, wie sie will und hat nicht das Gefühl, dass sie einer Autorität untersteht, die ihr in die Quere kommt (Scheller 1997: 92). Des weitern haben die Personen, die sich den öffentlichen Raum auf ihre Art angeeignet haben und sich in diesem aufhalten, unterschiedliche Rollen. Sie sind gleichzeitig AkteurInnen und Zuschauende, gleichzeitig Beobachtende und Beobachtete (Sennett 1986). Der öffentliche Raum ist nicht nur eine soziale Bühne, sondern vielmehr ein Theater, denn es wird gleichzeitig inszeniert, reprä- sentiert, vorgeführt wie auch zugeschaut, beobachtet und aufgenommen. Im Folgenden werden zuerst die empirischen Ergebnisse dargestellt, die zeigen, wie die Besuchenden die Seeanlagen nutzen. Anschliessend wird auf mögliche Konfliktpunkte eingegangen, die entstehen können, wenn unterschiedliche Er- wartungen an ein und denselben Raum gestellt werden.

5.2.2 Sich wohl fühlen Spaziert man am See entlang, sieht man kaum Personen, die in laute Konflikte und Auseinandersetzungen mit andern Personen verwickelt sind. Ebenso erzählt in den Interviews nur eine einzige Personen von solchen Erfahrungen. Dennoch ist es nicht so, dass sich alle Personen am See völlig wohl fühlen oder sich über nichts aufregen. So findet ein 19-jähriger Mann: „Der Abfall ist ein Problem am See, da stör ich mich daran. Und am Abend die Besoffenen, da hat es zu viele, das stört irgendwie.“ Um die Personen, die sich wohl fühlen, die sich an praktisch nichts stören als Ganzes zu definieren, schliessen wir diejenigen aus, für die mindestens zwei der folgenden Punkte zutreffen (Tab. 5).

Tab. 5: Indikatorbildung „unwohl am See“ Habe zu wenig Raum am See Die Beleuchtung ist so schlecht, dass ich mich unsicher fühle, am Abend nicht an den See gehe Der Abfall stört mich Die Personen, die am See grillen, stören mich Hunde, die an der Leine sind oder die nicht an der Leine sind, stören mich

Von allen Befragten können nach dieser Definition 361 Personen (69%) als „sich am See sehr wohl fühlend“ bezeichnet werden. 23% der Befragten stören sich an zwei und 8% an drei oder mehr der aufgeführten Punkte. Bezogen aufs Geschlecht zeigen sich keine Unterschiede. Sowohl bei den Frauen wie auch bei den Männern sind es 69% der Befragten, die sich sehr wohl fühlen. Kombiniert mit dem Alter zeigt sich, dass der Anteil der sich sehr Wohl- fühlenden mit Zunahme des Alters abnimmt. Von den über 55-Jährigen zählen noch 55% dazu. Spricht man mit den Besuchenden, kommt diese Zufriedenheit immer wieder zum Ausdruck. Auf die offene Frage am Schluss des Interviews antworten viele im Stil dieser jungen Frau: „Bei schönem Wetter ist es fantastisch am See. Hier bietet sich einem mitten in der Stadt ein Stück Natur.“

36 5.2.3 Flanieren, Baden, Plaudern – oder einfach Nichts-tun12 Am See sitzen, ins Weite schauen und sich dabei erholen; die Sonne auf der Haut spüren und träumen; auf einer Stufe am Utoquai sitzen und die Flanierenden beobachten, kurz „Hängen“, Erholen „Nichts-tun“, wird von 64% aller Befragten auf die Frage, was ihre Beschäftigung am See sei, angegeben13. Auf der linken Seeseite wird das „Nichts-tun“ (60%) vom Baden (79%) überboten, während auf der rechten Seeseite Baden (45%) an zweiter Stelle folgt. Dabei bemerken die Befragten teilweise, dass sie es besonders schätzen, dass man am See baden kann, ohne eine Badeanstalt aufzusuchen (vgl. Abb. 14). Ausser in den Sektoren 7 und 8 halten das Duo Baden und „Nichts-tun“ mal in der einen, mal in der andern Reihenfolge die Spitze. Dies verwundert nicht weiter, handelt es sich doch beim Sektor 8 (Utoquai, Teil Seefeldquai) um den „Flaniersektor“.

Abb. 13: Utoquai

Hier wird neben dem „Nichts-tun“ (67%), flaniert (45%), gegessen (34%), mit KollegInnen und FreundInnen geplaudert und gebadet (je 28%). Der Sektor 7 (anschliessend an Sektor 8 bis Lindenstrasse), ebenfalls mit einem Weg aus- gestattet, der zum Flanieren einlädt (36%), bietet auf verschiedenen kleinen Wiesen aber auch gute Bademöglichkeiten, die von den Besuchenden genutzt werden (33%). Wie im Sektor 8 werden FreundInnen getroffen und geplaudert (33%) und gegessen (27%). Sich-Treffen und Plaudern sind ebenso wie Sonnen-

12 Im Vergleich zum Sommer ist die Nutzungsart im Winter einheitlicher. Meist wird spaziert. Dies führt auch dazu, dass die einzelnen Sektoren sich in ihrer Atmosphäre nicht mehr so stark voneinander unterscheiden (vgl. Kap. 6.2.2) 13 Mehrere Antworten waren möglich (vgl. Fragebogen, Frage 8).

37 baden am ganzen See beliebte Tätigkeiten (42, resp. 31%). Und je nach Sektor zählen 20-44%14 das Lesen zu ihrer Hauptbeschäftigungen am See. 28% der Befragten geben an, dass sie am See essen. Dabei handelt es sich oft um Per- sonen, die ihre Mittagszeit am See verbringen. Bei Veränderungen der See- anlagen gilt es vermehrt auch die Bedürfnisse dieser Personen mitzudenken. Die Befragung hat gezeigt, dass diese Personen ein gesteigertes Bedürfnis an Sitz- möglichkeiten sowohl im Schatten wie auch an der Sonne und nach Ver- pflegungsmöglichkeiten haben, die es ihnen erlauben, sich abwechslungsreich und gesund zu ernähren.

Abb. 14: Hauptbeschäftigungen am See (%)

100%

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 links rechts total

n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 n=189 n=332 n=521

nichts-tun baden FreundInnen, plaudern lesen essen flanieren

Pro Person mehrere Antworten möglich

Da Nutzungen, die viel Platz brauchen oder Lärm hervorrufen, bei anderen Nutzenden am ehesten auf Kritik und Ablehnung stossen und dadurch ein Konfliktpotential darstellen, ist es von Interesse zu wissen wo Fussball, Frisbee, etc. gespielt (Kap. 5.2.4), wo laute Musik gehört, wo gegrillt wird (Kap. 5.2.5) oder ob und wo Hunde frei herumlaufen (Kap. 5.2.7). Bezüglich (zu) lauter Musik berichtete uns genau eine Person, dass ihr oft von andern Besuchenden gesagt werde, ihre Musik sei zu laut, sie solle diese doch leiser stellen. Be- suchende, die sich über die Musik anderer Besuchenden oder über Strassenmusik am See stören, begegneten uns in all den 521 Interviews nicht. 11 Personen sagten sogar, dass mehr Strassenmusik und Kleinkunst wünschenswert wäre.

5.2.4 Hier wird gespielt! Am Nachmittag und Abend konnte meist in jedem Sektor Spielenden zugeschaut werden. Fussball, Volleyball, Frisbee und – an geeigneten Plätzen – Boule sind die häufigsten Formen. Da Spielende viel Platz brauchen und auffallen, ist man geneigt, die Anzahl der spielenden Personen zu überschätzen. 10% aller Be-

14 Am wenigsten gelesen wird in den Sektoren 7 und 8 (20, resp. 22% lesen) am meisten in den Sektoren 1 und 3 (44, resp. 41% lesen).

38 fragten zählen sich selbst zu den Spielenden in Bewegung15. Am meisten gespielt wird auf den Wiesen der Sektoren 1, 3, 4 und 6. Etwas weniger wird in den Sektoren 7 und 5; gar nicht gespielt wird im Sektor 8.

Abb. 15: Spielende auf der Blatterwiese

Ob selbst spielend (und dadurch auf viel Platz angewiesen) oder nicht – 90% aller Befragten geben an, dass sie am See genug Raum haben, um das auszuüben, wozu sie Lust haben (vgl. Kap. 5.2.9)! Ebenso hörten wir äusserst selten, dass sich andere Nutzende durch die Spielenden bedrängt fühlen, obwohl die Spielenden relativ viel Platz beanspruchen. Eine 19-jährige Frau im Sektor 1, die es „mega schön“ findet am See, meinte: „Man hat genug Platz auf der Wiese, ausser wenn man sich mitten hinein legt. Da kriegt man regelmässig Bälle und Frisbees an den Kopf. Aber dem kann man ja ausweichen. Am Rand [der Wiese] geschieht das nicht.“ Ein ca. 30-jähriger Mann findet, dass es wichtig und gut wäre, wenn klar definiert würde, wo die Wiese zum Spielen und wo sie zum Sich-Hinlegen ist. Dies ist jedoch eine äusserst selten gehörte Aussage. Viel häufiger wird das gute Neben- und Miteinander der verschiedenen Ansprüche und Nutzungen erwähnt. So gibt die Aussage eines ca. 40-jährigen Mannes, der meist im Sektor 3 ist und sich am See sehr wohl fühlt, die Stimmung am See besser wieder. „Klar wird mal gespielt und man will selbst vielleicht einfach nur Ruhe. Aber es ist eine friedliche Atmosphäre hier, trotz der vielen Leute. Es scheint, als wären die Leute am See besonders rücksichtsvoll.“ Eine ca. 25-jährige Frau im Sektor 4, die selber gerne Frisbee spielt, erzählt: „Um Frisbee zu spielen, ist es schon oft zu eng. Auch hier, obwohl viele sagen, dass man auf dieser Seite [linke Seite, Anmerkung der Verf.] mehr Platz hat und so. Wobei eigentlich ist es nicht ein so grosses Problem. Am Nachmittag hat’s sicher mehr Platz. Und am Abend kann man halt manchmal nicht spielen. Und häufig geht’s dann doch noch. Vielleicht nicht gerade am super schönen Abend, dann sind halt alle am See. [Wenn man nicht spielen kann] dann plaudert man eben, trinkt ein Bier. Wirklich Probleme, Auseinandersetzungen oder so wegen dem Spielen habe ich hier noch nie erlebt.“ Von allen Befragten geben nur 4 Personen an, dass sie zu wenig Platz zum Fuss- ball- und/oder Frisbeespielen haben und dass sie dies auch stört. Die konkrete

15 In der Auswertung unterscheiden wir zwischen Spielenden in Bewegung (Fussball, Volleyball, Federball, Frisbee,...) und Spielenden „in Ruhe“ (Karten Spielen, Brettspiele,...). Dieses Kapitel dreht sich um die Spielenden in Bewegung. Daher wird im Folgenden nur noch von Spielenden gesprochen.

39 Frage nach Spielmöglichkeiten am See zeigt, dass eine Mehrheit mit der „Spiel- situation“ am See zufrieden ist. 50% finden das jetzige Angebot an Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen gut oder sehr gut, während 9% dieses als schlecht beurteilen und gut 25% der Befragten angeben, dass sie keine solchen Ein- richtungen benötigen und diese deswegen auch nicht beurteilen wollen. Diese Personen können zu den Zufriedenen gezählt werden, denn sonst hätten sie die Möglichkeit gehabt anzugeben, dass sie gerne andere, ihnen eher entsprechende Einrichtungen hätten. Von den Sektoren schneidet der Sektor 4 sehr gut ab, während der Sektor 1 von 15% diesbezüglich als schlecht bewertet wird (vgl. Abb. 16).

Abb. 16: Beurteilung der Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen pro Sektor (%)

Sektor 1 46% 19% 15% 20%

Sektor 3 47% 14% 8% 31%

Sektor 4 78% 7% 2% 13% sehr gut/ gut

Sektor 5 55% 18% 7% 20% mässig Sektor 6 48% 18% 8% 26%

Sektor 7 43% 16% 11% 29% schlecht/sehr schlecht Sektor 8 38% 9% 11% 42% brauch ich linke Seite 54% 14% 10% 22% nicht/k.A

rechte Seite 45% 16% 9% 30%

Seebecken total 49% 15% 9% 27%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

n=521

Konkret antworten 42 Personen (8%), dass sie eingerichtete Beachvolley- ballfelder/Volleyballnetze, um auf der Wiese Volleyball zu spielen, begrüssen würden (vgl. Tab. 6).

Tab. 6: Bedürfnis nach (Beach-)Volleyballfeldern pro Sektor (%)

Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 links rechts total 18% 12% 2% 16% 6% 5% 8% 11% 6% 8% n 80 51 54 55 108 105 64 189 332 521

Die Beobachtungen über den Sommer machen diese Resultate insofern plausibel, als dass im Sektor 1 und 4 häufig Volleyball gespielt wird. 7 Personen verlangen Fussballplätze/Fussballtore und weitere 13 Personen haben unterschiedliche Wünsche (Pingpong-Tisch (mehrmals), Skateanlage, Minigolf, Boule, ...). Dies sind klar partikuläre Interessen weniger Besuchender. Des weitern geben 37 Personen an, dass es mehr Kinderspielplätze bräuchte. Dabei handelt es sich bei 30 dieser Personen um Besuchende der rechten Seeseite. Oder anders ausge-

40 drückt, in jedem Sektor der rechten Seeseite wünschen ca. 10% der Befragten mehr Kinderspielplätze, während auf der gesamten linken Seite dieser Wunsch nur von 7 Personen geäussert wird (4% der Befragten). Eine Frau, die mit ihren Kindern oft am See ist, meint: „Wenn man bedenkt, wie wenig Platz für Kinder in den öffentlichen Räumen der Stadt allgemein ist, wie viel Verkehr es da hat, wie kinderunfreundlich vieles gestaltet ist, dann ist klar, geht man mit Kindern an den See. Hier kann ich sie auf der Wiese spielen lassen, es gibt keine Gefahren wegen dem Verkehr. Dennoch kommt genau diese Gruppe der jüngeren Kinder auch hier zu kurz. Wo sind die Spielplätze? Weshalb kann man da nicht mehr und kreativere Spielplätze machen? Kinder sind Stunden da und die wollen nicht einfach in der Sonne liegen oder ein Buch lesen.“

Exkurs: Wiesen – Raum der vielen Nutzungsmöglichkeiten

Die Wiesen werden geliebt! Nicht nur wegen ihrer Qualität, die als ausgezeichnet beschrieben wird16, sondern auch und insbesondere, weil sich die Wiesen auf unterschiedliche Art nutzen lassen. Die Aussage, dass die Wiesenflächen auf gar keinen Fall überbaut werden sollen, weist auf die Wichtigkeit der Wiesen, als unbebaute, freie Flächen für die Besuchenden hin. Die Wiesen werden dabei am stärksten als ein Raum wahrgenommen, der nicht „fremd-gestaltet“ ist, der nicht durch eine gegebene Struktur das Verhalten mitbestimmt. Obwohl die Wiese genauso eine gestaltete Fläche ist wie ein Platz oder ein Fussweg, lässt sie aus der Sicht der Besuchenden am meisten Freiheit zur Selbstbestimmung der Tätigkeit. Die Wiesen sind in der Beurteilung der Besuchenden am weitesten entfernt von einer Monofunktionalität und werden am stärksten als Möglichkeitsraum (Huber 2005) wahrgenommen. Unter Möglich- keitsraum wird ein Raum verstanden, der zwar gewisse Nutzungen zulässt und andere nicht, der aber in einem sehr hohen Masse Möglichkeiten zur unter- schiedlichen Benutzung, Aneignung und Interpretation des Raumes lässt. Wie stark ein Raum als Möglichkeitsraum wahrgenommen wird und funktioniert, hängt jedoch nicht nur von der Gestaltung des Raums ab, sondern auch von Regeln und Gesetzen, die dort gelten, von der Kontrolle dieser Regeln, den Sanktionen, die bei Übertretung verhängt werden, sowie der individuellen Wahr- nehmung des Raumes. Ein Beispiel kann das illustrieren: Der Möglichkeitsraum „Wiese“ lässt es zu, Hunde frei herumlaufen zu lassen. Nun besteht aber für alle Parkanlagen am See (mit wenigen ausgenommenen Flächen) die Regel, dass Hunde an der Leine zu führen sind. Diese Regel wird kommuniziert und das Nichteinhalten ist theoretisch mit einer Sanktion belegt (Busse von 80 Fr.), womit der Möglichkeitsraum „Wiese“ um ein Möglichkeitsgrad reduziert wird. Nun spielen aber neben der Gestaltung, den Gesetzen, Regeln und Sanktionen auch die Normen, Werte und die Praxis eine grosse Rolle. Dies beginnt zum Beispiel damit, ob das Individuum, aber auch das Kollektiv „Gesellschaft“ die Normen und Werte befolgt, Regeln einzuhalten oder ob diese eher als etwas gewertet werden, das man auch übertreten kann. Ebenfalls einen Einfluss, ob die Regel der Praxis standhält, hat deren Kontrolle und die Sanktionierung. Was am See beobachtet werden kann, ist, dass die Regel „Hunde an die Leine“ zwar kommuniziert wird und die Polizei (als Kontrollinstanz) am See anzutreffen ist:

16 Die Wiesen erreichen im ganzen Seebecken sehr hohe Bewertungen. Je nach Sektor sind es 88% oder mehr der Befragten, welche diese als „gut“ oder „sehr gut“ einstufen. Ebenso wird gelobt, dass sie nach Anlässen schnell wieder sauber sind.

41 Gleichwohl hat es viele Hunde, die nicht an der Leine sind. In der Praxis be- inhaltet also der Raum „Wiese“ die Möglichkeit Hunde frei herumlaufen zu lassen. Das Beispiel zeigt, dass ein Raum in der Praxis ganz andere Möglich- keiten bieten kann und anders funktioniert als dies theoretisch vorgesehen ist. Dass die Wiese als Raum mit einem hohen Möglichkeitsgrad angesehen und dies als wichtig gewertet wird, spiegelt sich auch in Antworten auf die Frage nach den Spiel- und Unterhaltungsmöglichkeiten. Stellvertretend für viele gilt folgende Antwort: „Es hat nicht viel, aber das braucht es auch nicht. Weshalb ein Volleyballfeld einrichten auf dem dann nur Volleyball gespielt werden kann, wenn so, wie es jetzt ist, mal Volleyball, mal Fussball gespielt werden kann. Oder auch gar nichts und man legt sich dort hin und liest.“ (Junger Mann, Sektor 6) Die sehr wenigen Stimmen, welche die Wiesen kritisieren, sprechen einerseits herumliegende Scherben, anderseits Hundekot auf den Wiesen an. Wobei das Problem der Scherben in Verbindung mit „hartem“ Untergrund, also zum Beispiel auf Plätzen oder bei steinigen Seeeinstiegen ein viel häufiger genanntes Problem ist. Die in den Expertengesprächen erwähnten Glasflaschen, die zur Markierung von Fussballtoren oder aus blödsinnigem Spass in die Wiese ge- stossen werden und von Mitarbeitenden von Grün Stadt Zürich mühsam entfernt werden müssen, werden in den Befragungen der Besuchenden nicht erwähnt oder tauchen höchstens in Form der selten angesprochenen Glasscherben in den Wiesen auf.

5.2.5 Grillen Ein schöner Sommerabend zieht viele Leute an den See – einige davon kommen bewusst, um dort zu grillen. 27% der Befragten grillen ab und zu am See. Auf der linken Seeseite wird prozentual zu den Besuchenden bedeutend häufiger gegrillt als auf der rechten Seeseite (40% zu 20%). Die Spitzenreiter sind die Sektoren 1 und 4. Seltener kommen die Besuchenden in die Sektoren 8 und 7 zum Grillen, was sich aus der Gestaltung dieser beiden Sektoren gut erklären lässt (vgl. Tab. 7). Auf die offene Frage, was man sommers am See macht17, antworteten jedoch nur knapp 8% der Befragten mit „Grillen“. Bei den Beobachtungen haben wir selten Besuchende grillen gesehen. Die beiden Fragen zum Grillen wie auch die Beobachtungen deuten darauf hin, dass es wenige Besuchende gibt, die regelmässig am See grillen.

Tab. 7: Anzahl Personen, die selbst am See grillen absolut relativ (%) n Sektor 1 36 45 80 Sektor 3 13 26 51 Sektor 4 26 48 54 Sektor 5 17 31 55 Sektor 6 25 23 108 Sektor 7 17 16 105 Sektor 8 6 9 64 linke Seite 75 40 189 rechte Seite 65 20 332 gesamt 140 27 521

17 Es waren mehrere Antworten möglich.

42 21% aller Befragten oder 109 Personen stören sich am Grillen, 70% stört dies nicht und 8% ist es egal. Auf die Frage, weshalb man sich denn am Grillen an- derer Personen stört, werden der sich entwickelnde Rauch und der Geruch beim Grillen am häufigsten als Grund angegeben (44 Nennungen). Bereits deutlich seltener folgten mit jeweils 14 Nennungen der zusätzliche Abfall auf den Wiesen, die lokale Zerstörung der Wiese und die Norm, dass der See kein Ort zum Grillen ist.

Tab. 8: Gründe, weshalb das Grillen am See stört (Anzahl Nennungen) Grund: Anzahl Nennung: Rauch, Gestank 44 Abfall 14 Brandlöcher in Wiese 14 See ist nicht Ort zum Grillen 14 Es hat zu viele Leute hier 9

Hinter den 21% Befragten, die sich am grillen stören (109 Personen), verbergen sich beinahe zur Hälfte (43%) Personen, die das Seeufer mehrmals in der Woche oder täglich besuchen. Die restlichen 62 Personen verteilen sich zu je gleichen Teilen auf die restlichen Kategorien. Dies heisst jedoch nicht, dass Personen, die häufig an den See kommen, sich tendenziell eher am Grillen stören. Da 48% der Befragten häufig an den See kommen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kombination „grillen stört/häufig am See“ mehr auftritt als beispielsweise die Kombination „grillen stört/selten am See“, da nur 13% der Befragten selten am See sind. Werden diese Verhältnisse berücksichtigt, zeigt sich, dass sich nur 19% der befragten Personen, die häufig den See besuchen, am Grillen stören, dies jedoch für 29% der Befragten zutrifft, die selten am See sind. Zusätzlich stören sich 18% der befragten Personen am Grillen, die 2-3-mal pro Monat sowie 24% der Personen, die 1-mal pro Woche am See sind (vgl. Abb. 17).

Abb. 17: Besuchshäufigkeit kombiniert mit der Einstellung zum Grillen

Besuchshäufigkeit

täglich/mehrmals 47 203 pro Woche

1x pro Woche 20 63

2-3x pro Monat 21 94 stören sich

seltener 20 48 stören sich nicht

total 109 412

0 100 200 300 400 500 600 Befragte Personen

43 Von den 109 Personen, die sich am Grillen stören, sind 45 zwischen 21 und 35 und 29 Personen zwischen 36 und 55 Jahren alt. Je jünger die Besuchenden sind, desto kleiner ist der Anteil, der sich am Grillen stört: 45% der über 55-jährigen Befragten stören sich am Grillen, während dies bei den 36-55-Jährigen 29%, bei den 21-35-Jährigen 17% und bei den 16 bis 20-Jährigen nur noch 12% sind (vgl. Abb. 18).

Abb. 18: Alter kombiniert mit der Einstellung zum Grillen

Alter

3 bis 15 Jahre 17

11 16-20 Jahre 78

21-35 Jahre 45 221

stören sich 36-55 Jahre 29 70

21 stören sich nicht über 55 Jahre 26

total 109 412

0 100 200 300 400 500 600

Befragte Personen

44

Zwischen den Sektoren zeigen sich keine relevanten Unterschiede (vgl. Abb. 19).

Abb. 19: Einstellung gegenüber dem Grillen am See pro Sektor (%)

Sektor 1 16% 73% 11%

Sektor 3 22% 75% 2%

Sektor 4 18% 80% 2%

Sektor 5 14% 73% 13%

Sektor 6 20% 69% 11% stört Sektor 7 27% 65% 7% stört nicht egal Sektor 8 22% 68% 10%

linke Seite 20% 74% 6%

rechte Seite 22% 68% 10%

Seebecken total 21% 70% 8%

0% 20% 40% 60% 80% 100% n= 521

Akzeptanz verschiedener Formen des Grillens am See 61% der Befragten befürworten den Vorschlag am See Grillplätze einzurichten, während 23% dies nicht gut finden würden (Vorschlag 1). Die Anzahl der BefürworterInnen geht rapide zurück (41%), wenn zusätzlich ein Verbot ausserhalb der Grillplätze herrschen würde, grillen also nur noch an diesen eingerichteten Grillplätzen erlaubt wäre (Vorschlag 2). Gegen diesen Vorschlag sprechen sich 48% aus. Ein weiterer Vorschlag bestand darin, Sektoren zu schaf- fen, in denen das Grillen erlaubt und solche, in denen dies verboten wäre (Vor- schlag 3). Mit 53% GegenerInnen und bloss 35% BefürworterInnen (10% ist dies egal und 2% geben keine Antwort) stösst dieser Vorschlag auf die grösste Ablehnung. Die Personen, die selbst grillen, stehen diesen Vorschlägen zum Teil etwas anders gegenüber. Allgemein sind sie vehementer gegen diese Vorschläge. Dies wundert nicht weiter, würden sie doch zu den direkt Betroffenen im Sinne einer Einschränkung gehören. Ebenso zeigen sich Abweichungen bei den Antworten der Personen, die sich am Grillen stören. So sind sie weniger deutlich für eingerichtete Grillplätze und befürworten die Vorschläge 2 und 3 eher als die Besuchenden allgemein. Dies überrascht nicht, da sie von solchen Einrichtungen und neuen Regeln direkt profitieren würden. Der Vergleich der Vorschläge zeigt, dass eingerichtete Grillplätze bei den Grillenden auf positives Echo stossen, während diejenigen, die sich am Grillen stören, geteilter Meinung sind. Der Vor- schlag 2 führt zu den grössten Unterschieden zwischen den selbst Grillenden und den sich daran Störenden. Er wird von allen zusammen aber eher befürwortet als der Vorschlag 3 (vgl. Abb. 20). Spannend ist der Vergleich mit den Ergebnissen im Sektor 4, da in diesem Sektor bereits ein eingerichteter Grillplatz besteht. Im Sektor 4 wird bedeutend häufiger

45 gegrillt als allgemein am See (48% geben an, dass sie selbst ab und zu hier grillen). Hier stören sich 18% am Grillen. Der Vorschlag 2 (Grillstellen, ansons- ten Grillverbot) sowie auch Vorschlag 3 (Sektoren mit Grillverbot) werden stär- ker abgelehnt18. Eher überraschend präsentiert sich jedoch die Einstellung gegen- über eingerichteten Grillplätzen. Ein so kleiner Anteil wie in keinem andern Sektor – nur 43% – finden eingerichtete Grillplätze gut. 32% beurteilen dies als nicht gut. Bei den Begründungen wird meist genannt, dass diese nicht für alle reichen (ein Argument das auch in den Sektoren ohne Grillstellen oft erwähnt wird). Einzelne bezeichnen sie als Schandfleck der Ufergestaltung, erzählen, dass diese schnell kaputt gingen oder sind dagegen, weil das vor allem etwas für Familien sei.

Abb. 20: Einstellung gegenüber verschiedenen Grillvorschlägen

80%

für Grillstellen 70% gegen Grillstellen 60% egal

50% für "nur an Grillstellen erlaubt" 40% gegen "nur an Grillstellen erlaubt" egal 30% für "Sektoren grillen erlaubt" 20% gegen "Sektoren Grillen erlaubt" 10% egal

0% alle grillen selbst am stören sich am See Grillen

n=521 n=140 n=109

Die häufigsten Einwände gegen die drei Vorschläge betreffen einerseits die (unnötigen) Einschränkungen. Die Seebesuchenden wollen keine zusätzlichen Regeln, Verbote und Vorschriften. Folgendes Zitat einer Frau im Sektor 1 fasst zusammen, was meist zur Begründung angeführt wurde, weshalb man gegen die Vorschläge 2 und 3 sei. „Nicht noch mehr Regeln! Doch nicht auch noch hier. Hier sollte man doch einfach sein können. Es funktioniert doch gut. Man verträgt sich. So eine Regel wäre völlig überflüssig.“ Anderseits wird die Umsetzbarkeit dieser Vorschläge – wohl zu recht – be- zweifelt. Die Frage, wer sich an die Aufteilung in Sektoren halten würde, in denen Grillen erlaubt ist und in solche, in denen dies verboten ist, erscheint berechtigt. Ebenso die Einhaltung des Grillverbots ausserhalb der Grillplätze. Gerade die schon bestehende Regelung, dass Hunde an der Leine zu führen sind,

18 59, resp. 63% sind dagegen (n=54).

46 die von einem grossen Teil der Hundeführenden missachtet wird, zeigt, dass solche Regeln am See nur schwer durchzusetzen sind. Werden mehr Grillplätze zur Verfügung gestellt, muss weiter bedacht werden, dass dies eventuell dazu führen könnte, dass der See immer mehr das Image eines Grillplatzes bekommt, was wiederum dazu führt, dass mehr Personen bewusst zum Grillen an den See kommen. Ebenso werden diese Massnahmen das Grillen direkt auf der Wiese, welches hauptsächlich wegen den dabei entstehenden Brandlöchern unerwünscht ist, nicht unbedingt eindämmen, da, wenn man schon mit der Absicht zu Grillen an den See kommt, hier auch grillt, wenn die Grill- stellen besetzt sind. Die Befragung hat aber auch gezeigt, dass unter den Besuchenden eine grosse Unsicherheit bezüglich der Regelung des Grillens am See herrscht. Oft wurde uns gesagt, dass dies seit einigen Jahren verboten sei oder aber wir wurden konkret gefragt, wie das denn sei. Wünschenswert für die Besuchenden wäre wohl eine klare Regelung, die eindeutig kommuniziert wird. Hierbei muss jedoch zuerst abgeklärt werden, was realistisch ist. Seitens der Polizei beispielsweise wurde uns gesagt, dass sie nicht deswegen Personen am See kontrollieren würden, respektive, dass sie diesen Personen direkt nachweisen müssten, dass sie mit ihrem Feuer die Wiese beschädigt hätten. Es sei auch mit dem geltenden Gesetz in der allgemeinen Polizeiverordnung schwierig solche Fälle zu handhaben (vgl. Allgemeine Polizeiverordnung der Stadt Zürich, Amtliche Sammlung 551.110, insbesondere Art. 9, 18, 2019). Die Unsicherheit bezüglich der Regelung des Grillens am See kann jedoch auch als erwünschter Zustand angesehen werden. Denn diese Unsicherheit ist einer der Gründe, dass der See nicht das Image eines Grillplatzes hat. Ebenso hält sie einen Teil der Besuchenden vom Grillen ab. Obwohl sich gut 20% der Besuchenden daran stören, dass am See gegrillt wird und sie klar Massnahmen befürworten, die das Grillen regulieren/einschränken, gehen sie äusserst selten auf Grillende zu, um diesen beispielsweise mitzuteilen, dass ihnen der Rauch des Feuers direkt ins Gesicht bläst. Viel wahrscheinlicher ist, dass die „Nicht-Grillenden“ aufstehen und den Platz wechseln. Dadurch erfahren die Grillenden selten, dass sie durch ihr Verhalten andere Personen stören. Da das „Sich-wohl-fühlen“ ebenfalls eine Komponente der Rauman- eignung darstellt, sind die 109 Personen, die sich am Grillen stören im Raum- aneignungsprozess partiell beeinträchtigt. Bedenkt man, dass es sich bei diesen 109 Personen zu einem grossen Teil um ältere Personen handelt, wird eine im Sommer bereits eher schwach vertretene Gruppe partiell nochmals verdrängt.

19 Art. 9: Immissionen „Vermeidbare, gesundheitsschädigende oder belästigende Einwirkungen namentlich durch Erschütterungen, Staub, Rauch, Geruch, Abgase oder Lichtquellen sind verboten.“ Art. 18: Unfug an Eigentum „Unfug an öffentlichem oder privatem Eigentum ist verboten. Insbesondere ist untersagt, öffentliches oder privates Eigentum zu verunreinigen, zu verändern oder zu beschädigen.“ Art. 20: Öffentliche Sachen A Allgemein „Öffentliche Sachen dürfen nicht verändert und nicht unbefugterweise oder entgegen ihrer Zweckbestimmung oder über den Gemeingebrauch hinaus benützt werden.“

47

5.2.6 FussgängerInnen und Fahrradfahrende – ein abgeschwächtes Konfliktfeld Der Bericht von Emmenegger und Emmenegger (1995) zeigte auf, dass die Gestaltung des Fahrradweges am Utoquai Gefahren aufweist und neu überdacht werden muss. Dies mündete darin, dass heute nicht mehr ein separater Fahrradstreifen entlang des Utoquais verläuft, sondern dass das Utoquai zu einer Mischverkehrszone (FussgängerInnen und FahrradfahrerInnen auf demselben Weg) wurde. Daher stellt sich die Frage, wie die Nutzenden diese Massnahme heute beurteilen und ob sich die FussgängerInnen und die FahrradfahrerInnen in die Quere kommen, oder ob sie sich gegenseitig bedrängt fühlen. Da neben den Personen, die per Fahrrad an den See kommen, das Seeufer auch für viele Personen morgens und abends Arbeitsweg ist, den sie per Fahrrad zurücklegen, werden diese Wege äusserst intensiv genutzt. Grundsätzlich wird die Dichte des Wegnetzes und die Qualität der Wege durch- wegs positiv beurteilt. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der Wirkungsbilanz, die im Gebiet Zürichhorn (Sektor 5) im Sommer 2004 durchgeführt wurde. Auf einer Skala von 1-6, wobei 1 den tiefsten Wert darstellt, erreichte die Zufrie- denheit mit dem Wegzustand 5.29. Bei der vorliegenden Untersuchung beurteilen 95% der Befragten am Zürichhorn die Wege als gut oder sehr gut. Der 1995 noch festgestellte Konflikt zwischen Fahrradfahrenden und Fuss- gängerInnen scheint sich etwas entschärft zu haben. Bei der Frage nach den Wegen wird die Situation des Mischverkehrs nicht angesprochen und auch die Fahrradwege werden selten stark kritisiert. Am meisten Kritik erhalten sie im Sektor 4 (13%). Bezieht man jedoch auch die Aussagen der Personen in die Analyse mit ein, welche die Fahrradwege als „mässig“ bezeichnen und wertet dann die Kritiken aus, zeigt sich ein etwas anderes Bild (vgl. Tab. 9). In den Sektoren 5, 6 und 7 finden zwischen 18 und 25% der Befragten, dass es getrennte FussgängerInnen- und Fahrradwege bräuchte, respektive, dass dies wünschens- wert sei. Trotzdem bezeichnen aber viele dieser Personen die Situation nicht als schlecht, sondern als „mässig“ oder „ok“. Dabei sind die Kritisierenden bei Weitem nicht ausschliesslich FussgängerInnen, die sich durch die Fahrrad- fahrenden gefährdet fühlen, sondern auch Fahrradfahrende, die finden, dass sie durch die Zusammenlegung von Fuss- und Fahrradwegen zu wenig schnell vorwärts kommen. Diese Kritik der Fahrradfahrenden muss jedoch stark relativiert werden, da Personen, die in Eile sind oder einfach möglichst schnell vorwärts kommen wollen, die Veloroute entlang der Dufourstrasse benutzen können. In der Winterbefragung zeigte sich allerdings ein anderes Bild. Bedeutend mehr Befragte kritisierten die Situation zwischen FussgängerInnen und Fahrrad- fahrenden (vgl. Kap. 6.3.3).

Tab. 9: Problem der Mischung Fussweg/Fahrradweg Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total Kritisieren Mischverkehr 8% 6% 4% 25% 18% 24% 6% 14% (in % der Befragten) n 80 51 54 55 108 105 64 521

48 5.2.7 Konfliktpunkt Hunde?20 In diesem Kapitel wird zuerst kurz aufgezeigt, wer mit dem Hund an den See kommt. Das Schwergewicht liegt jedoch bei der Analyse, der Einstellung der Besuchenden mit oder ohne Hund gegenüber Hunden am See. Weiter wird ermittelt, ob Konflikte zwischen Personen mit und solchen ohne Hunde bestehen. Die Analyse der 70 von uns durchgeführten Kurzbeobachtungen zeigt, dass nicht bei jeder Beobachtung Hunde gesichtet wurden. Am häufigsten wurden Hunde am Vormittag beobachtet (86% der Beobachtungen). Am Nachmittag waren bei 63% der Beobachtungen Hunde zu sehen und am Abend noch bei 52% der Beobachtungen. HundehalterInnen am See21 Von den 521 befragten Personen geben 53 (10%) an, dass sie HundehalterIn sind. Davon geht gut die Hälfte (55%) mit ihrem Hund an den See. Die folgenden Ergebnisse sind – aufgrund der wenigen Befragungen – mit Vorbehalt zu behandeln. Dennoch zeigen sie Tendenzen auf. Von den 29 Personen, die mit ihrem Hund an den See gehen und interviewt wurden22, kommen 20 aus der Stadt Zürich (69%), sieben aus Gemeinden der Kantone Zürich und Aargau und zwei machten dazu keine Aussage. Obwohl es sich nur um eine kleine Anzahl Personen handelt, entspricht der Anteil der Stadt-ZürcherInnen in etwa dem Anteil der Stadt-ZürcherInnen an allen Befragten (64% aller Befragten wohnen in der Stadt). Die Personen aus den anliegenden Kreisen (2 und 8) sind stark vertreten. Ebenso die Personen aus dem bevölkerungsstarken Kreis 3. Diese Übervertretung der seenahen Kreise sowie des Kreises 3 zeigt sich auch in der Zusammensetzung des gesamten Samples (vgl. Kap. 5.1.1). Allerdings sind die Anteile der Anwohnenden bei den Besuchenden, die mit dem Hund an den See kommen viel ausgeprägter. Hier handelt es sich in 31% der Fälle um Anwohnende. Verglichen mit allen Befragten sind die Personen, die mit dem Hund am See sind, viel häufiger da. 24% von ihnen kommen täglich an den See, 38% mehrmals in der Woche. Im Vergleich zeigt sich, dass die Personen mit Hunden in der Kategorie der „täglich am See“ deutlich übervertreten sind. In der Kategorie „eher selten am See“, sind sie hingegen übervertreten (vgl. Abb. 21).

20 Vergleiche hierzu auch den ausführlicheren Bericht: Odermatt et al. (2005a): „Seeanlagen Zürich – Bedeutung, Nutzung, Herausforderungen 2005. Teilauswertung. Fokus: Hunde am See. 21 Im Vergleich zum Sommer ist der Anteil der Hundehaltenden im Winter viel grösser. Ca. 10% der Besuchenden sind winters mit Hund(en) am See. Die Stimmung gegenüber Hunden am See ist im Winter etwas negativer (vgl. Kap. 6.2.4) 22 Diese 29 Personen machen 6% der Befragten aus. Da wir bei der Befragung an Personen mit Hunden speziell interessiert waren, kann vom Anteil der Befragten mit Hunden (6%) nicht direkt auf ihr Anteil an allen Seebesuchenden geschlossen werden. Die Beobachtungen zeigen ebenfalls, dass im Sommer weniger als 6% einen Hund dabei haben.

49

Abb. 21: Wie oft besuchen Sie die Seeanlagen?

Besuchende mit Hund Alle Besuchenden

14% 11% 24% 27%

24% 37%

25% 38%

täglich täglich mehrmals pro Woche mehrmals pro Woche 1-2x in 14 Tagen 1-2x in 14 Tagen max. 1-2x im Mt. max. 1-2x im Mt.

n=29 n=521

15 der befragten Personen mit Hund haben wir auf der linken Seeseite interviewt, 14 auf der rechten Seite. Dies scheint auf den ersten Blick sehr ausgeglichen zu sein. Bedenkt man jedoch, dass wir auf der rechten Seite viel mehr Interviews führten als auf der linken Seite (vgl. Tab. 1), da es mehr Besuchende hatte, muss das „ausgewogene“ Verhältnis eher als Indikator dafür gelesen werden, dass auf der linken Seite – zumindest proportional zur Besuchermenge – mehr Personen mit Hund unterwegs sind. 24% der Personen, die mit dem Hund an den See gehen, geben an, dass sie den Hund dabei an der Leine führen. 28% führen ihn nicht an der Leine und 48% haben ihn zum Teil an der Leine, zum Teil nicht. Am See sind die Hunde an der Leine zu halten. Bei nicht Einhalten kann von der Polizei eine Ordnungsbusse verhängt werden. Auf Spielplätzen herrscht zusätzlich ein Hundeverbot. Sowohl die Leinenpflicht wie auch das Hundeverbot auf Spielplätzen werden mit Tafeln kommuniziert. Einstellung gegenüber Hunden am See Nur 3% aller Befragten stören sich an Hunden, die an der Leine sind. Ganz anders sieht das Bild aus, wenn man schaut, wie viele sich über Hunde stören, die nicht an der Leine sind. Dies sind über die ganzen Seeanlagen verteilt 43% der Befragten, wobei sich sektorelle Unterschiede zeigen. So stören sich in den Sek- toren 1 und 5 35% respektiv 36% der Befragten, während dies in den Sektoren 8 und 4 52% sind (vgl. Tab. 10).

Tab. 10: Anzahl Personen, die sich an Hunden ohne Leine stören Sektor: 1 3 4 5 6 7 8 total Stören sich an 35% 39% 52% 36% 47% 41% 52% 43% Hunden ohne Leine (in % aller Befragten) n 80 51 54 55 108 105 64 521

50 Gesamthaft bejahen 40% der Befragten die Leinenpflicht, 51% sind dagegen, 6% ist es egal und 3% antworteten mit „weiss nicht“. Dabei überwiegt im Sektor 4 und 8 die Zustimmung, während in allen andern Sektoren die Mehrheit dagegen ist. Am deutlichsten zeigt sich dies im Sektor 1 und 3 (vgl. Abb. 22).

Abb. 22: Personen, die für eine obligatorische Leinenpflicht sind

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 gesamt

n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 n=521

ja nein egal k. A.

Schaut man die Gruppe der Personen, die sich stören und für Leinenpflicht sind, als Indikator dafür an, wie gross das Problem Hunde am See ist, zeigt sich, dass je nach Sektor zwischen 24% und 43% der Befragten zu dieser Gruppe zählen (vgl. Abb. 23). Die nahe liegende Vermutung, dass Personen, die sich an Hunden ohne Leine stören, für eine Leinenpflicht sind, lässt sich aufgrund der Befragung nicht bestätigen.

51

Abb. 23: Probleme mit Hunden

Legende

Anteil der Befragten, die sich an Hunden 8 ohne Leine stören und zugleich für eine 1 obligate Leinenpflicht sind:

> 40% 31-40% 24-30% 7

6 Sek. 1 3 4 5 6 7 8 total (%) 24 26 43 36 31 32 38 32 5 3

4

Eine ältere Frau im Sektor 4, die seit 30 Jahren im Sommer fast täglich an den See kommt, meint: „Hunde sind zum Teil unerzogen, die springen einen an. Das hab ich gar nicht gerne. Wenn sie nicht an der Leine sind, rennen sie dem Besitzer voraus, man weiss dann auch gar nicht, wer Herrchen oder Frauchen ist. Leinenpflicht ist gut, dann gibt es keine Belästigung durch fremde Hunde. Ja, ich fände es gut, wenn Spielplätze und Strände generell für Hunde verboten wären.“

Personen, die sich an Hunden ohne Leine stören und für Leinenpflicht sind (168 Personen), geben unterschiedliche Gründe dafür an. Meist fühlen sie sich belästigt oder bedrängt (20%), sei dies weil die Hunde herumschnüffeln, Personen anspringen (können), Fahrradfahrenden in die Quere kommen, beim Spiel auf der Wiese (Fussball, Frisbee) stören, an den Esswaren herumschnüffeln oder weil sie als nicht berechenbar wahrgenommen werden. 18% geben an, dass sie Angst vor Hunden haben und 12% stören sich primär am Dreck, der von Hunden ohne Leine hinterlassen wird. 9% sind der Meinung, dass Hunde des- wegen an die Leine sollten, weil sie (Klein-)Kinder gefährden. All diese Argu- mente werden auch von den 40 Befragten geteilt, die sich nicht an Hunden stören, aber dennoch für eine Leinenpflicht sind. Die Personen, die sich an Hunden, die nicht an der Leine sind, stören, aber die Leinenpflicht ablehnen (44 Personen), argumentieren mit der Freiheit der Hunde („Tiergerechtigkeit“) und dass eine gute Erziehung der Hunde ausreichen würde.

Die beiden im Fragebogen vorgeschlagenen Alternativvorschläge a.) „Fänden Sie es gut, wenn es markierte Gebiete gäbe, in denen die Hunde an die Leine genommen werden müssen, andere, in denen sie frei herumlaufen können?“ und b.) „Fänden Sie es gut, wenn es ausgeschiedene Gebiete am See gebe, in denen

52 ein Hundeverbot bestünde?“ stossen auf unterschiedliches Echo. Der erste Vor- schlag, Gebiete, in denen Leinenpflicht gilt und solche, in denen dies nicht der Fall ist, findet bei 47% der Befragten Zustimmung und wird – bei 7% Unent- schiedenen und bei 2%, die nicht antworteten – von 44% abgelehnt. Die Antworten unterscheiden sich nach Sektoren: In den Sektoren 4 und 8 ist die Zustimmung am grössten, während sie in den Sektoren 5 und 7 am geringsten ist (vgl. Abb. 24). Bei den Sektoren 4, 6 und 8 handelt es sich zugleich um die Sektoren, in denen am meisten Personen angeben, dass sie sich an Hunden, die nicht an der Leine sind, stören (vgl. Tab. 10). Der Sektor 5, als Sektor mit der geringsten Zustimmung, ist zugleich der Sektor, in dem es bereits eine Wiese gibt, auf der die Hunde frei herumlaufen dürfen.

Abb. 24: Gebiete mit Leinenpflicht und solche ohne Leinenpflicht

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 gesamt

dafür dagegen egal k. A. Stören sich an Hunden ohne Leine

Der zweite Vorschlag, gewisse Gebiete für Hunde völlig zu verbieten, trifft wie erwartet auf weniger Zustimmung. 70% aller Befragten sind dagegen, 23% sind dafür und 7% ist das egal. Am schwächsten fällt die Zustimmung im Sektor 8 aus (17%), am meisten Zustimmung bekommt der Vorschlag im Sektor 4 (33%). Von den 117 Personen, die eine Ausscheidung von Gebieten mit Hundeverbot unterstützen, werden Kinderspielplätze (30 Nennungen), Badezonen (9 Nennun- gen) und Wiesen (8 Nennungen) als mögliche Orte genannt. Anzumerken ist, dass Kinderspielplätze bereits heute für Hunde verboten sind. Insgesamt zeigt sich, dass der Sektor 4 derjenige ist, in dem der Umgang mit Hunden am meisten Probleme aufzuwerfen scheint. Sowohl die Anzahl Personen, die sich über Hunde, die nicht an der Leine sind, stören, als auch die Anzahl derer, die sich stören und für eine obligatorische Leinenpflicht sind, ist über- durchschnittlich hoch. Ebenso wie auch die Anzahl derer, die den Vorschlag nach gewissen Gebieten, in denen strikte Leinenpflicht herrscht (in Kombination mit Gebieten, in denen die Hunde frei herumlaufen dürfen) befürworten. Auch die Anzahl der Personen, die den Vorschlag Gebiete auszuscheiden, in denen ein Hundeverbot herrscht, befürworten, ist im Sektor 4 überdurchschnittlich hoch. Am wenigsten Probleme mit Hunden scheinen die Besuchenden der Sektoren 1 und 3 zu haben.

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5.2.8 Grossveranstaltungen Der öffentliche Raum ist eine Bühne des städtischen Lebens, eine Kulisse des urbanen Theaters. Gegensätze treffen aufeinander. Einerseits wird inszeniert, expressiv gelebt, Bedürfnisse nach Bewegung, Strassensport- und Spiel werden ausgelebt, anderseits flanieren Leute dem See entlang, die der Musse nachgehen wollen, die Ruhe suchen. Bei Grossveranstaltung treffen diese Gegensätze beson- ders hart aufeinander. Hayoz Stulz (2005: 18), Leiterin der Fachstelle Gestaltung öffentlicher Raum, Bern schreibt gar: „Subkulturen und Sportnutzungen erobern zentrale öffentliche Räume, die ursprüngliche Atmosphäre des Ortes ist kaum noch spürbar.“ Beschreibungen von zu lauten Menschenmassen an der Street Parade und Anwohnende, die an diesem Wochenende bewusst die Stadt ver- lassen, sind nicht unbekannt und kommen einem dabei schnell in den Sinn. Ebenso besteht die Meinung, dass die Anwohnenden besonders unter diesen Anlässen leiden und diese einschränken möchten. Auch in den Zürcher Seeanlagen finden Grossveranstaltungen statt: Freestyle.ch, Street Parade, Kino am See, Züri Marathon, Ironman, Theaterspektakel. Hayoz Stulz (2005: 18) argumentiert, dass durch bewusste Planung, durch ein „ausgeglichenes Mass an Stille und Aktion“ das Positive solcher Events über- wiege. Die Frage, was denn ein „ausgeglichenes Mass an Stille und Aktion“ ist, wie viele, wie grosse, wie laute – kurz welche Veranstaltungen da dazugehören, wird von unterschiedlichen Akteuren und Interessensgruppen unterschiedlich beantwortet. Die Befragung „Die Akzeptanz von Grossveranstaltungen in der Stadt Zürich bei der Stadtzürcher Bevölkerung“ (Stadt Zürich/Fachstelle Stadtentwicklung und Verein Züri-Event 2004a, b), die im Jahre 2004 sowohl einmal vor der Saison der Grossveranstaltungen sowie einmal nach dieser durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass die BewohnerInnen der Stadt Zürich unabhängig von ihrem Wohnort, der Meinung sind, dass insgesamt die Vorteile von Grossveranstaltungen über- wiegen. Dennoch zeigt sich, dass die Anwohnenden des Sees (Kreis 2 und 8) bei der Befragung im Oktober 2004 (also nach der Saison der Grossveranstaltungen) etwas kritischer sind als die Befragten des restlichen Stadtgebiets. Beurteilten im Mai 2004 (also vor der Saison der Grossveranstaltungen) noch 56% der An- wohnenden diese als positiv und nur 5% als negativ (restliches Stadtgebiet: 52% positiv, 6% negativ), sank der Anteil der Positivnennungen auf 39%, derjenige der Negativnennungen stieg auf 11% (restliches Stadtgebiet: 49% positiv, 5% negativ) Gleichzeitig zeigt sich aber, dass die Anwohnenden häufiger an Gross- veranstaltungen teilnehmen als die BewohnerInnen des restlichen Stadtgebiets. Am deutlichsten zeigt sich das beim Theaterspektakel, welches von 60% der befragten Anwohnenden aber nur von 37% der restlichen Befragten besucht wird. Dieses Muster gilt – wenn auch weniger ausgeprägt – bei allen Gross- veranstaltungen am See. Selbst die Beurteilung des Abfalls, ein Punkt, der bei den von uns geführten Expertengesprächen oft angesprochen wurde, wird von den Anwohnenden nicht anders beurteilt als von den restlichen Personen (Stadt Zürich/Fachstelle Stadtentwicklung und Verein Züri-Event 2004b, c). Dass die Art und die Häufigkeit von Grossveranstaltungen ein Thema ist, das auch Eingang in die öffentliche Diskussion findet, hat sich im Sommer 2004 gezeigt. Die Ergebnisse der Studie „Die Akzeptanz von Grossveranstaltungen in der Stadt Zürich bei der Stadtzürcher Bevölkerung“ wurden in den Medien ausführlich diskutiert.

54 Das ausgeglichene Mass an Stille und Aktion oder eben die Anzahl der Grossveranstaltungen wird im Mai 2004 von den Anwohnenden ähnlich beurteilt wie von den BewohnerInnen des restlichen Stadtgebiets. Grosse Unterschiede zwischen diesen beiden Kategorien zeigen sich jedoch im Oktober. 30% der befragten Anwohnenden finden, dass es zu viele Grossveranstaltungen gibt, 64% sind der Meinung, dass das Mass genau richtig sei und für 5% sind es zu wenige. Im restlichen Stadtgebiet sind nur 14% Ansicht, dass es zu viele Gross- veranstaltungen sind, 73% finden es genau richtig und 11% hätten gerne mehr Grossveranstaltungen (Stadt Zürich/Fachstelle Stadtentwicklung und Verein Züri-Event 2004b). In den Gesprächen, die wir mit den Quartiervereinsvertretern führten, kam bezüglich Grossveranstaltungen hauptsächlich zum Ausdruck, dass diese gut geplant sein müssen, dass die Verkehrsregelung und die Abfallentsorgung gut organisiert sein muss und dass man sich bei Bewilligungen grundsätzlich die Frage stellen soll, ob die Veranstaltung einen Bezug zum See aufweist. Ist dies nicht so, soll sie an einem andern Standort durchgeführt werden. In unserer Befragung, in der wir nicht explizit nach Grossveranstaltungen gefragt haben, jedoch Fragen nach genug Raum stellten und auch eine offene Frage zu den persönlichen Anliegen und Wünschen, bezüglich Seeanlagen stellten, waren die Grossveranstaltungen praktisch kein Thema. Ausser zwei Frauen, die selbst nicht in der Stadt wohnen, bei schönem Wetter den See aber etwa einmal in der Woche aufsuchen, finden das Kino am See „nervig“, denn dies sei doch Raum für Alle, der belegt werde. Ansonsten äusserte sich niemand der Befragten dazu. Erstaunlich ist dieses Resultat, da wir sowohl zur Zeit des Kinos am See als auch zur Zeit der Belegung der Landiwiese durch grosse Sportanlässe bzw. durch das Theaterspektakel Personen befragten. Natürlich heisst dies nicht, dass dieses Thema nicht gewisse Personen belastet (die dann eben wahrscheinlich die Seeanlagen meiden), aber es zeigt, dass sich etliche Personen (auch Anwohnende) nicht daran stören. Selbst dann nicht, wenn die Landiwiese weder benutzbar, noch schön zum anschauen ist. Ausführlicher befragte Personen, die angaben, dass sie ansonsten auf der Landiwiese seien, sahen absolut kein Problem darin, dass sie für diese Zeit ausweichen müssen und sich z.B. im Gebiet des GZ Wollishofen aufhalten. Auch sie sehen die Grossveranstaltungen als Bereicherungen: „Grossveranstaltungen empfinde ich eher als Bereicherung und gehe auch selbst hin. Mich stört das nicht.“ (Frau, 36, Sektor 3) „Mich stört das nicht, ich komme auch trotzdem hierhin, um an den See zu gehen, auch während dem Theaterspektakel. Ich finde das gut, da lernt man immer neue Leute kennen.“ (Frau, 55, Sektor 3) Aus einer anderen Perspektive nehmen die Grünflächenverwalter, Herr Hochstrasser und Herr Fischer die Grossveranstaltungen wahr. Herr Hochstrasser ist der Ansicht, dass sich der Umgang mit den Grossveranstaltungen mittlerweile eingespielt hat. Trotzdem sieht er die Mehrbelastung, insbesondere im Zusammenhang mit der Abfallbeseitigung. Auch muss die Fläche, die durch das Kino am See genutzt wird nach dem Abbau komplett neu angesät werden, so dass diese Wiese erst nach sechs Wochen für die Öffentlichkeit wieder nutzbar ist. In diesem Kontext verblüfft das Resultat unsere Befragung bezüglich Grossveranstaltungen nochmals. Herrn Fischer kommen wenig Klagen wegen den Grossveranstaltungen zu Ohren. Er erklärt sich dies damit, dass sich die Leute darauf eingestellt haben, dass die Landiwiese so oft genutzt wird. Er nimmt

55 an, wenn da weniger Veranstaltungen stattfinden würden, hätte es mehr Leute und die Landiwiese wäre eher wie das Arboretum – also dichter besetzt und etwas lauter. Veranstaltungen seien Teil des Sees geworden. In der Beliebtheit gebe es aber schon Unterschiede. Das Theaterspektakel sei sehr beliebt, das gehöre schon richtig dazu. Das sei auch weniger laut. Problematischer findet er den Ironman der in seiner Grösse und Ausstrahlung als internationaler Anlass etwas Anonymes hat. Da würden ja auch Strassen gesperrt. Allgemein macht er bei diesem Anlass ein grösseres Ausschlusspotential aus. Neben den unterschiedlichen Bedürfnissen und Nutzungen, die aufeinander stossen, werfen Grossveranstaltungen aber auch die Frage nach der Privatisierung des öffentlichen Raums auf. Ist es im Sinne des Konzepts „öffentlicher Raum“, dass ein grosser Teil des Zürichhorns für 4 Wochen während der „See- hochsaison“ kommerziell belegt ist, tagsüber für niemanden zugänglich und abends nur gegen Bezahlung? Wie vertragen sich solche Handhabungen mit der uneingeschränkten Zugänglichkeit, die zur Charakteristik des öffentlichen Raums zählt?

Abb. 25: Orange Cinema am See

Abb. 26: Öffentlicher Raum mit Orange Cinema am See

Bei diesen Fragen zeigt sich, dass nicht nur von Grossveranstaltungen als Einheit gesprochen werden kann, sondern dass jede Grossveranstaltung einzeln angeschaut werden muss. So ist es beispielsweise ein grosser Unterschied, ob,

56 wie beim Kino am See, die öffentliche Fläche tagsüber für die Bevölkerung nicht23 und abends nur gegen Bezahlung zugänglich ist, oder aber, wie im Falle des Theaterspektakels, sowohl tags wie auch abends möglich ist, diese Fläche ohne Entgeld zu nutzen. Natürlich ist auch dieser Raum belegt und eine voll- ständige und normale Nutzung ist nicht möglich. Dennoch scheinen uns dies zwei ganz unterschiedliche Arten der kommerziellen Belegung des öffentlichen Raums zu sein. Während im Falle des Kinos am See abends gewisse Gruppen ausgeschlossen werden und während des Tages die Fläche für niemanden zugänglich ist, schliesst das Theaterspektakel niemanden über finanzielle Regelungen aus. Ebenso ist der Raum durchgehend begehbar. Die allgemeine Zugänglichkeit ist im Fall des Kinos am See in keiner Weise gegeben, während sie im Fall des Theaterspektakels gegeben ist. Verletzt wird jedoch in beiden Fällen ein weiterer wichtiger Wert des öffentlichen Raums: Der Wert des öffentlichen Raums keine festen und vorgeschriebenen Funktionen zu haben (Kaltenbrunner 2003: VII).

5.2.9 Genug Raum? Die Gestaltung der Seeanlagen beeinflusst die Nutzungsmöglichkeiten der Freiräume am See. Daher ist die Frage, ob die Besuchenden genug Raum am See haben, um das auszuüben, was sie gerne ausüben möchten, ein guter Indikator, um zu sehen, ob die Gestaltung der Anlagen als zu beengend oder zu einschränkend empfunden wird. Nur 9% aller Befragten geben an, dass sie zu wenig Raum haben, um am See das auszuüben, was sie gerne würden. Das heisst, dass über 90% mit der verfügbaren Fläche zufrieden sind. Von den 9% Unzufriedenen bezieht sich zudem ca. 25% ausschliesslich aufs Wochenende. Obwohl die Seeanlagen von sehr vielen und immer mehr Personen aufgesucht werden, klagen selbst an Spitzentagen (schöne Wochenenden im Sommer) nur wenige über wirklichen Platzmangel. Es kann jedoch festgestellt werden, dass Besuchende der linken Seeseite angeben, dass sie bewusst auf diese Seite kommen, wenn sie etwas Ruhe wollen und die rechte Seeseite aufsuchen, wenn sie in der Gruppe unterwegs sind oder Lebendigkeit wollen. Die linke Seeseite (ausser dem Sektor 1) hat im Vergleich mit der rechten Seite eher das Image der Ruhe und Erholung, während die rechte Seite eher das Image der „Action“, der vielen Leute, des quirligen Lebens hat. Bemerkenswert ist, dass diese Seiten nicht einfach nur diese Images haben, sondern dass sich die Besuchenden in ihrem Handeln bewusst auf diese Images beziehen. Das bedeutet konkret, dass Seebesuchende nicht immer den gleichen Ort am See aufsuchen, sondern diesen in seiner räumlichen Vielfalt ausnützen und für bestimmte Nutzungen und Atmosphären bestimmte Plätze aufsuchen. Durch dieses Handeln und Verhalten verstärkt sich wiederum das Image eines Platzes. Etwas anders sieht dieses Nutzungsmuster bei den Anwohnenden aus. Sie suchen den See meist da auf, wo er nahe ist.

23 Der Fussweg nördlich der belegten Fläche kann benützt werden. Die Fläche selbst jedoch nicht.

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5.2.10 Aneignung neuer Räume Im Sommer 2005 konnte an der Schiffanlegestelle beim Casino (Sektor 5) be- obachtet werden, wie sich Besuchende einen neu gestalteten Raum aneignen. Daher haben wir hier vermehrt Beobachtungen durchgeführt. Wir waren einerseits an ganz „einfachen“ Dingen interessiert: wer wird den Platz nur über- queren, wer bleibt auf der Bank sitzen, anderseits aber auch, ob und zu welchen nicht geplanten Tätigkeiten der Raum verführt.

Abb. 27: Neu gestalteter Platz zwischen dem Casino und Schiffsteg

Bei den Beobachtungen fiel auf, dass viele Personen diesen Platz, oft ohne nach links und rechts zu schauen, in der Diagonale überqueren. Eher wenige bleiben auf der Bank sitzen. Wobei die Sitzenden schön demonstrieren, dass diese Bank viele Sitzarten – bedeutend mehr als die konventionellen Bänke – zulässt. Man kann sich ohne Problem gegenübersitzen, kann sich im Schneidersitz nieder- lassen und wenn es wenige Leute hat – was bei dieser Bank momentan noch oft der Fall ist – kann man sich ohne Probleme der Länge nach hinlegen. Die Form der Bank lässt aber auch viele zusätzliche Nutzungen zu. So beobachteten wir, wie hier Babys gewickelt wurden, Kleinkinder herumturnten oder wie BikerInnen und In-LineskaterInnen die Bank als Hindernis benutzten. Bereits am Morgen treffen sich hier regelmässig ältere Personen zum Boulespiel. Doch nicht nur morgens, wenn das ganze Seegebiet vermehrt von älteren Personen besucht wird, sondern auch am Nachmittag und frühen Abend scheinen einige ältere Personen, dieser sonst untervertretenen Kategorie einen Platz gefun- den zu haben, an dem sie sich wohl fühlen und der eine Nutzung im Sinne ihrer Bedürfnisse zulässt. Zu hoffen bleibt, dass diese Personen mit der Zunahme der Besuchenden, die im Laufe der Zeit vermehrt diesen Raum „entdecken“ werden, nicht verdrängt wird. Aus unserer Sicht scheint sich die Wahl eines Kiesuntergrunds zu bewähren. Es gibt zwar – gerade auf der rechten Seeseite – einige gekieste Wege, doch ein gekiester Platz kann erst dem Bedürfnis Boule zu spielen in gerechter Form entgegenkommen.

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Ein weiterer Raum, den wir bewusst häufiger beobachteten, ist die Fläche vor der Klinik Pyramide. Wir wählten diese Fläche einerseits, weil sie vor wenigen Jah- ren aufgrund des Drogenhandels und des Bunkerns von Drogen in den dichten Büschen neu gestaltet wurde, anderseits, weil dieser Raum von Besuchenden nur sehr spärlich in Anspruch genommen wird. Selbst an Tagen mit sehr vielen Be- suchenden am See bleibt dieser Raum auffällig leer.

Abb. 28: Vor der Klinik „Pyramide“

Dies könnte damit zusammenhängen, dass dieser Raum zwar physisch nicht mehr besetzt ist, dass er aber nach wie vor symbolisch belegt ist. Das heisst, dass Personen diesen Raum mit seiner Geschichte in Verbindung bringen und dieser zum „Erinnerungsträger“ wird. Dadurch kann dieser Raum – trotz Umgestaltung und ohne physische Belegung durch einige Drogendealende und -konsumierende – symbolisch belegt und dadurch für viele besetzt sein. Ob dem tatsächlich so ist oder ob dieser Raum aus andern Gründen nicht häufiger benutzt wird, kann anhand unserer Daten nicht geklärt werden. Dadurch entsteht momentan nicht nur ein leerer, sondern auch ein sehr „privater“ Raum inmitten des öffentlichen Raums. Dies leiten wir aus den beobachteten Tätigkeiten in diesem Raum ab. Es ist momentan ein Raum, der vermehrt von Einzelpersonen, von Paaren oder von Erwachsenen mit Kleinkindern aufgesucht wird, ein Raum, in dem gelesen wird und in dem Kleinkinder herumrennen und spielen können, ohne dass sie plötzlich einem Fahrrad in die Quere kommen. Mehrmals konnten wir beobachten, wird dieser Raum von Müttern aufgesucht wird, um ihre Kinder zu stillen. Die „Geschütztheit“ dieses Raumes wird zu- sätzlich durch die Steinblöcke unterstrichen, die ihn einerseits vom Weg abtrennen, anderseits in sich strukturieren.

59 5.2.11 Diskussion Die Besuchenden der Seeanlagen kommen sommers hauptsächlich zum „Sein“, zum Baden, Flanieren, Lesen, um FreundInnen zu treffen und zum Plaudern an den See. Dabei wird auch das Verpflegungsangebot rege genutzt, welches in den Sektoren 4, 5, 7 und 8 deutlich besser beurteilt wird als in den übrigen Sektoren. Im Sektor 1 wird es von 19% als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ beurteilt. Mit dem Ausbau des Kiosks im Sektor 1 wird sich dies eventuell verbessern. Wobei sich die meisten Personen im vorderen Teil des Sektor 1 aufhalten und nicht hinten beim Kiosk. Die Kommentare der Besuchenden zu den Verpflegungs- möglichkeiten drücken das Bedürfnis nach einer abwechslungsreichen und gesunden Ernährung aus. Insbesondere derer, die in ihrer Mittagspause an den See kommen. Aus dieser Perspektive wird auch oft das Angebot der fliegenden Händler als zu einseitig beurteilt. Gerne hätte man mehr feine Sandwichs, Salate und Früchte. Geschätzt wird das Angebot der Badenanstalt Utoquai. Die Seeanlagen werden stark genutzt, dennoch gibt es Plätze, die erst von wenigen genutzt werden. Dies ist einerseits der neu gestaltete Platz bei der Schiffanlegestelle neben dem Casino, anderseits das Gebiet vor der Klinik Pyramide. Spielmöglichkeiten und Spielplätze Obwohl am See oft gespielt wird, wird der Wunsch nach eingerichteten Spielangeboten relativ selten geäussert. Etwas anders sieht es bezüglich der Kinderspielplätze aus, die auf der rechten Seeseite stark vermisst werden. Da kleine Kinder im Stadtraum eher benachteiligt sind, sollte zusätzlich zur begonnenen Neugestaltung des vorhandenen Spielplatzes beim Chinagarten, konkret überlegt werden, wo auf der rechten Seeseite ein zusätzlicher Spielplatz eingerichtet werden könnte. Auch bei der Gestaltung funktional klar definierter Räume (Spielplatz) geht es darum, diese möglichst multifunktional zu gestalten. Und auch hier gilt, Mut zu unfertigen Elementen zu haben. Die Diskussion zu eingerichteten Spielangeboten gestaltet sich ähnlich wie jene zu den Seeeinstiegen und den Grillplätzen. Primär geht es dabei um die Frage, welche Funktionen die Seeanlagen haben sollen. Momentan sind sie weder ein Freizeitpark, noch eine Sportanlage oder eine grosse Badeanstalt. Sie haben den Charakter eines Parks durchsetzt mit gekennzeichneten Badeanstalten. Soll dieser spezielle Charakter erhalten bleiben, ist von eingerichteten Spiel- und Sport- anlagen abzuraten. Eingerichtete Sport- und Spielanlagen sind immer auch Räume, die eine ausgewählte Art der Nutzung stark unterstützen und teilweise erst ermöglichen, viele andere Nutzungen aber gleichzeitig ausschliessen. Solche spezialisierte Räume sind meist monofunktional. Betrachtet man jedoch nicht nur den ein- zelnen Raum, sondern das Netz aller Räume am See, kann ein einzelner mono- funktionaler Raum das gesamte Nutzungsangebot der Seeanlagen erhöhen. Wo könnte ein solcher Raum eingerichtet werden? Aus unserer Sicht sind die linke Seeseite und der Sektor 1 (Arboretum) zu stark genutzt als dass sich hier ein solcher Raum ausscheiden liesse. Der Sektor 4 bietet durch den Volleyballplatz vor dem GZ Wollishofen bereits einen solchen Raum. Übrig bleibt der Sektor 3. Dieser scheint uns aber nur beschränkt geeignet, da er oft durch Grossanlässe belegt ist. Nicht fixe Einrichtungen (wie die vorhandenen Skateanlagen) scheinen jedoch eine geeignete Lösung zu sein.

60 Grillen Im Sommer 2005 wurde selten am See gegrillt. Diese Situation verlangt aus unserer Sicht weder Verbote noch Regeln, die das Grillen einschränken oder räumlich konzentrieren würden. Sowohl die Variante einer Einteilung des Gebiets am See in Sektoren, in denen gegrillt werden darf und in solche, in denen dies untersagt ist, wie auch die Variante, Grillplätze am See einzurichten, das Grillen ausserhalb dieser jedoch zu verbieten, stossen bei den Besuchenden auf wenig Gegenliebe. Beide Varianten müssen insofern als unrealistisch erachtet werden, da sie kaum durchgesetzt werden könnten. Es müssten Regeln und Verbote eingeführt werden, denen momentan eine klare rechtliche Basis fehlt. Aus unserer Sicht soll das Zusammensein am See auch nicht zu stark durch Regeln und Verbote gelenkt sein, deren Durchsetzung dann doch nicht vollzogen wird. Inwiefern eingerichtete Grillplätze das Problem des „wilden“ Grillens auf der Wiese einschränken, muss ebenfalls in Frage gestellt werden, denn sie können auch dazu führen, dass der See verstärkt das Image eines Grillgebiets bekommt und zusätzliche GrillliebhaberInnen anzieht. Wenn diese nun die eingerichteten Grillstellen völlig überfüllt anträfen, ist zu vermuten, dass sie der Grillstelle den Rücken zuwenden und auf der Wiese ein Feuer entfachen würden. Offen bleibt, wie sich das Grillen am See in Zukunft entwickeln wird. Nach Aussagen der Grünflächenverwalter hat in den letzten Jahren bereits eine Zunah- me stattgefunden. Die neuerdings im Verkauf erhältlichen, kleinen Mobilgrills und der Verkauf von Kohle in den 24-Stunden Tankstellen sowohl auf der rechten wie auch auf der linken Seeseite haben die Schwelle am See zu grillen sicherlich heruntergesetzt. Am See zu grillen ist einfacher und bequemer als noch vor einigen Jahren. Dennoch sehen wir am See momentan keinen Hand- lungsbedarf bezüglich der Reglementierung des Grillens. Es soll jedoch in den nächsten Jahren beobachtet werden, wie sich das Grillen am See entwickelt. Um bei einer Zunahme des Grillens Entscheidungen treffen zu können, raten wir Grün Stadt Zürich sich mit Erfahrungen auseinanderzusetzen die in andern Gebieten mit dem Grillen gemacht wurden (z.B. Irchelpark in Zürich, andere Städte mit Seeanstoss). So können bereits heute Informationen gesammelt werden, um zukünftige Entscheidungen bezüglich des Grillens vorzubereiten und zu vereinfachen. Hunde24 Am Zürcher Seeufer laufen sowohl im Sommer als auch im Winter Hunde – trotz der bestehenden Leinenpflicht – frei herum. Im Sommer sichteten wir bei 43 der 70 Kurzbeobachtungen (61%) Hunde. Dabei waren 29 Mal Hunde dabei, die nicht an der Leine geführt wurden. Im Winter hat es im Verhältnis zu den Besuchenden deutlich mehr Hunde am See. Beobachtungen haben gezeigt, dass ca. jede 10. Person mit Hund(en) am See ist. Diese sind zum Teil an der Leine, zum Teil nicht. Es kommt vor, dass die Polizei HundebesitzerInnen, die ihre Hunde nicht an der Leine führen, verwarnt oder büsst (Ordnungsbusse). Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Es konnte im Sommer auch beobachtet werden, dass die Polizei vor Ort ist, aber weder verwarnt noch büsst. Die Befragungen haben gezeigt, dass viele

24 Die Überlegungen gelten auch für die Situation im Winter.

61 Besuchende ohne Hunde nicht wissen, dass Hunde an der Leine zu führen wären, obwohl mehrere Tafeln darauf hinweisen. Konkret bedeutet dies, dass sie sich, selbst wenn sie sich über frei herumlaufende Hunde aufregen, nicht bewusst sind, dass es ihr Recht wäre, zu fordern, dass Hunde an die Leine zu nehmen sind. Anders dagegen die HundebesitzerInnen, die sich sehr wohl bewusst sind, dass sie ihre Hunde an der Leine führen müssten, dies aber nur teilweise machen. Ernsthafte Konflikte oder Auseinandersetzungen zwischen HundehalterInnen und Personen, die sich über freilaufende Hunde ärgerten, haben wir nie beobachtet. Hingegen konnten wir oft freilaufende Hunde beobachten, die sich zu fremden Personen hinsetzten, am Gepäck herumschnüffelten oder die zwischen Spielenden herumrannten. Nie jedoch kam es dabei zu verbalen Auseinandersetzungen, obwohl 43% der Besuchenden angaben, dass sie sich an Hunden, die nicht an der Leine sind, stören. Da sich nur 3% der Befragten an Hunden, die an der Leine sind, stören (mit einem Maximum im Sektor 7: 9%) stellt sich die Frage, wie man mehr Hunde- halterInnen dazu bringt, ihre Hunde an die Leine zu nehmen. Dabei lässt sich fragen, ob sich das Verhalten der HundehalterInnen ändern würde, wenn die Polizei konsequent verwarnen und büssen würde. Die momentane unkonsequente Praxis der Polizei, hat zur Folge, dass die Vorschrift „Hunde sind an der Leine zu führen“ de facto als nicht gültig verstanden wird. Dies heisst nicht, dass es mehr Polizeikontrollen braucht, sondern, dass die Polizei das Übertreten der geltenden Vorschriften konsequent verwarnt oder büsst, wenn sie vor Ort ist. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, dass man die Hundehaltenden darauf aufmerksam macht, dass es viele Personen gibt, die sich durch frei herum- laufende Hunde stören. Dies könnte zum Beispiel durch verschiedene Informationsaktionen geschehen. Ob dies zum Erfolg führt, ist äusserst schwierig zu beurteilen. So wies die Aktion „erlaubt ist, was nicht stört“ zwar auf das Entfernen des Hundekots als auch auf die Leinenpflicht hin. Gleichwohl werden diese Punkte aber von den Besuchenden nach wie vor als problematisch angesehen. Vergleicht man die Verhältnisse am See mit den Verhältnissen in der Allmend25, präsentieren sich zwei völlig unterschiedliche Situationen. Die Verhältnisse am See können als sehr ruhig und friedlich bezeichnet werden. Der Umgang zwischen Personen mit und solchen ohne Hund ist im Allgemeinen von grosser Toleranz geprägt und es bestehen keine grossen Probleme. Punktuell (Sektoren 4 und 8) werden jedoch Hunde, die nicht an der Leine geführt werden, als relativ stark störend empfunden. Das Verhältnis von Personen mit Hunden und Personen ohne Hunden weist demnach räumliche Unterschiede auf und muss daher immer im jeweiligen Kontext gesehen werden.

Grossveranstaltungen Dass die Seeanlagen eine tolle Umgebung für Grossanlässe sind und diese davon profitieren wollen, ist offenkundig. Ebenso scheint niemand ein grundsätzliches Problem damit zu haben, dass Grossanlässe am See stattfinden. Die Meinungen scheiden sich erst, wenn es um das „Wieviel“ und um die Auswahl und Auflagen

25 Die Situation in der Allmed Brunau führte dazu, dass sie in Zukunft in Gebiete mit freiem Hundeauslauf und Gebiete, die mit einem Hundeverbot belegt sein werden, unterteilt wird (Stadt Zürich/Grün Stadt 2003: 16-17).

62 für diese Grossveranstaltungen geht. Da die Anfragen zunehmen, muss abgeklärt werden, was noch im Mass des Vertretbaren ist. Die Zusammenarbeit und Kommunikation der verschiedenen Personen und Institutionen, die in Grossver- anstaltungen involviert sind, scheint durch den Verein Züri-Event und den Echoraum26 gut zu funktionieren. Bei Bewilligungen zu Grossveranstaltungen soll grundsätzlich kritisch gefragt werden, ob diese einen Bezug zum See aufweisen. Wenn nicht, müssen andere Standorte genauso in die Überlegungen zum Austragungsort miteinbezogen werden. Dabei soll die Gesamtheit der (öffentlichen) nutzbaren Räume der Stadt und der Agglomeration betrachtet werden. Grundsätzlicher Art ist die Frage, wie viel Privatisierung auch temporärer Art im öffentlichen Raum erlaubt werden soll. Immerhin wird durch die Privatisierung das Charakteristikum der freien Zugänglichkeit öffentlicher Räume, nicht mehr gewährleistet. Spricht man von Events, wird meist an Grossveranstaltungen gedacht. Doch nicht nur diese bringen Leben, Unterhaltung und Kultur in die Öffentlichkeit. Kleinkunst und (improvisierte) Aktionen verfügen ebenfalls über dieses Potential und haben den Vorteil, dass sie nicht über finanzielle Zu- gangsregelungen gewisse Personen vom öffentlichen Raum ausschliessen. Diese Befragung hat nicht explizit nach solchen Klein- und Spontanevents gefragt. Trotzdem haben 11 Personen in offenen Fragen gesagt, dass sie sich mehr Kleinkunst, Strassenmusik und StrassenkünstlerInnen wünschen.

26 „Der Verein Züri-Event, auf Initiative des Zürcher Stadtverbands für Sport (ZSS) am 1. Oktober 2003 gegründet, ist ein Zusammenschluss grosser Events, die auf öffentlichem Grund stattfinden oder auf diesen ausstrahlen. Der Verein bezweckt u.a. die Akzeptanz von Events zu verbessern, die Interessen der Event- Veranstalter gegenüber Behörden und Dritten zu vertreten, das allgemeine Verständnis der Bedeutung von Events zu fördern und die Event-Veranstalter für die Anliegen der Bevölkerung zu sensibilisieren.“ (http://www.zueri-event.ch/verein.htm) Der Echoraum wird durch Stadträtin Esther Maurer geleitet. In der Veranstaltungsstrategie der Stadt Zürich (Polizeidepartement, 21.12.05) wird festgehalten, dass der Echoraum periodisch einberufen werden soll. Bisher hat er einmal stattgefunden (Frühling 2005). Die Idee ist, dass Veranstaltende und Behördenmitglieder ein Forum haben, in dem Fragen bezüglich (Gross-)Veranstaltungen an die Stadt gestellt werden können, die Stadt aber auch informieren kann (telefonische Auskunft von Franziska Dörig, Stadtentwicklung Zürich, Sommer 2005).

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5.3 Wahrnehmung der Anlagen und der Gestaltung27

Zusammenfassung

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die überwiegende Zahl der Besuchenden mit dem grössten Teil der Ausstattung der Anlagen zufrieden oder sehr zufrieden sind. Die Elemente Wege, Wiesen, Schatten und Bepflanzung schneiden im ganzen Gebiet am See ausgezeichnet ab. Hecken und Bäume werden dabei sowohl in ihrer Schatten spendenden Funktion wie auch in ihrer Eigenschaft, grosse Flächen zu strukturieren und dadurch intimere Räume zu schaffen, gelobt. Die Toiletten und die Seeeinstiege sind die einzigen beiden Elemente, die praktisch im ganzen Gebiet kritisiert werden. Bei den Toiletten ist man weder mit der Menge noch mit der Qualität zufrieden, wobei die Menge häufiger negativ beurteilt wird. Daher sollte geprüft werden, ob die geplante Menge der neuen Toiletten reicht. Bei der Beurteilung der Seeeinstiege kommt zum Vorschein, dass die Seeanlagen als Badeort wahrgenommen werden. Gewisse Ansprüche, die sich früher auf Badeanstalten beschränkten, gelten heute für die ganze See- anlage. Ausser im Sektor 5 sind die Badenden nirgends wirklich zufrieden mit den Seeeinstiegen, da ihnen diese meist zu steinig sind. 22% aller Besuchenden bewerten diese mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“, wobei sich teilweise sektorelle Unterschiede zeigen. Bevor Überlegungen zu allfälligen Änderungen der Seeeinstiege angestellt werden, sollte zuerst diskutiert und entschieden werden, ob man im ganzen Bereich der Seeanlagen den See für alle als äusserst attraktiven Badeort mit hochwertigen Einstiegen etablieren will oder aber, ob dies primär die Aufgabe der Badeanstalten bleibt. Der See wäre dann – so wie auch heute – für viele ein zugänglicher Badeort, an dem es bewusst keine Einrichtungen wie in den Badeanstalten gibt. Beim Entscheid zu Änderungen sollten die bestehenden Seeeinstiege einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Dabei soll darauf geachtet werden, ob die Seeeinstiege auch für ältere Personen geeignet sind. Ebenso sollten aufgrund des Problems mit Scherben Steine als Belag überdacht werden. Der Beleuchtung gilt ein spezielles Augenmerk, denn sobald es dunkel wird, fühlen sich am See nicht mehr alle gleich wohl. 10% beurteilen die Beleuchtung als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Der grösste Teil davon sind Frauen.

5.3.1 Das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente Verschiedene Elemente tragen zum Gesicht des Seeufers bei. Blumenrabatten zum Beispiel haben explizit die Aufgabe der Schönheit der Anlagen zu dienen, die Besuchenden sollen sich daran satt sehen und erfreuen können. Andere Elemente wie zum Beispiel die Sitzbänke tragen genauso zum Erscheinungsbild bei, haben jedoch zusätzlich eine klare funktionale Aufgabe. Ebenso die Wege, die Beleuchtung oder die Toiletten. Dabei können diese Elemente sehr fix angelegt sein. Sie können aber auch etwas Provisorisches an sich haben. Damit

27 Vergleiche hierzu auch den ausführlicheren Bericht: Odermatt et al. (2005b): „Seeanlagen Zürich – Bedeutung, Nutzung, Herausforderungen 2005. Teilauswertung. Fokus: Gärtnerische Pflege und Qualität der Anlage.

64 kann besser auf Veränderungen der Struktur und der Bedürfnisse der Nutzenden reagiert werden. Die Gesamtheit dieser Elemente am See bildet die Bühne, auf der sich die Gesell- schaft inszeniert. Dass dabei gewisse Elemente (un)bewusst anders gelesen und verwendet werden als dies bezweckt wurde, verwundert aus dieser Perspektive nicht allzu stark. Bei diesen „Andersverwendungen“ muss zwischen ungeplanten Verwendungen und Aneignungen, die in die allgemeinen Normen, passen, und solchen Verwendungen, welche diese Normen verletzen, unterschieden werden. Bei ersterem denke man zum Beispiel an die Verwendung der Sitzbänke als Wickeltisch für Babys oder als Turngeräte für Kleinkinder. Ein anderer Fall der ungeplanten Aneignung und Verwendung liegt vor, wenn Elemente in einer Art verwendet werden, bei der sie zerstört werden. Diese Gruppe wiederum kann in unbewusste und bewusste Zerstörung (Vandalismus) unterteilt werden. Werden beispielsweise leere Flaschen zur Bezeichnung von Fussballtoren in die Wiese gerammt und nicht mehr entfernt, ist dies eine Zerstörung der Wiese, obwohl dies nicht bezweckt ist. Vermutlich sind sich die meisten, die so handeln, nicht einmal bewusst, welche Folgen dies für die Pflege der Wiese hat. Etwas ganz anderes ist es, wenn Abfalleimer bewusst in Brand gesetzt werden. Je nach Fall oder Ansicht handelt es sich dabei um Mutproben unter Jugendlichen, um Ausdruck der Langeweile oder um Rebellion gegen die Welt der Autoritäten oder der Erwachsenen. Beispielsweise kann der Abfall- eimer, der verbrannt wird, materielles und angreifbares Symbol sein, das ver- brannt wird, weil es Ausdruck von Machtverhältnissen und nicht beeinflussbaren Entscheidungsprozessen ist. Für die Zürcher Seeanlagen kann festgehalten werden, dass die Grünflächen- verwalter und die Polizei von einigen wenigen Vandalen erzählen. Die Häufig- keit liegt aber im vergleichbaren Ausmass zu andern Orten. Am See wird also nicht mehr Vandalismus betrieben als in andern öffentlichen Räumen. Dem entspricht auch das Bild, das die Besuchenden von den Seeanlagen haben. Äusserst selten wurde in den Gesprächen Vandalismus angesprochen. Ebenso selten erzählte uns jemand, dass ihn eine Gruppe am See stört, weil diese vandalisieren würden. Bei der unbewussten Zerstörung sieht es etwas anders aus. So beklagen sich viele über Scherben in den Wiesen und bei den Seeeinstiegen. Etwas weniger erwähnt werden Brandlöcher in der Wiese, die durchs Grillen entstehen. In welchem Sinne, oder aus welchem Grund eine „Andersverwendung“ der Elemente geschieht, kann es hilfreich sein, Gestaltung nicht als Entwurf von fixen Formen zu verstehen, sondern als Bereitstellung einer provisorischen Plattform (Hayoz Stulz 2005:17). Diese wird durch ungeplante Verwendung weder zerstört noch „falsch“ verwendet, sondern einfach nur angeeignet und genutzt. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die überwiegende Zahl der Besuchenden mit dem grössten Teil der Ausstattung der Anlage sowohl im Sommer als auch im Winter28 zufrieden oder sehr zufrieden ist. Das heisst, dass bei der weiteren Lektüre das positive Bild immer mitberücksichtigt werden soll. Die grösste Zufriedenheit besteht im Sommer bezüglich der Qualität und Quantität der Wege, der Wiesen, der Bepflanzung und des Angebots an Schatten. Diese Elemente

28 Zur ausführlichen Besprechung der Beurteilung der Ausstattungselemente im Winter vergleiche Kapitel 6.3.

65 werden im ganzen Gebiet von 70% und mehr der Befragten als gut oder sehr gut eingestuft. Starke Kritik hingegen erhalten im Sommer die WC-Anlagen und die Seeeinstiege (vgl. Tab. 11, Tab. 12). Zusätzlich zu den im Fragebogen vorge- geben Elementen, wurde 14-mal bemerkt, dass Duschen am See fehlen und 3 Personen vermissen Fahrradständer. In den untenstehenden Tabellen wird pro Sektor gezeigt, wie viele Besuchende, die konkret zu den einzelnen Ausstattungselementen befragt wurden, diese einer- seits in qualitativer, anderseits in quantitativer Hinsicht mit „sehr gut“ oder „gut“ (vgl. Tab. 11) respektive mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“ (vgl. Tab. 12) beurteilen. Nicht dargestellt sind die Personen, die mit „mässig“ antworteten oder keine Antwort gaben.

Tab. 11: Beurteilung der Ausstattung mit „gut“ oder „sehr gut“ pro Sektor (in % der Befragten)

Sektor Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total

Ausstattung Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Bänke 78 70 76 69 81 65 93 89 78 69 87 72 94 89 83 74 WC 66 40 65 53 67 54 69 65 44 42 52 37 36 20 55 43 Wege 94 94 94 92 93 96 95 95 97 98 97 96 98 97 96 96 Fahrradwege 71 73 71 69 61 61 60 58 63 60 59 62 61 61 63 63 Schatten 91 76 86 71 83 76 96 93 98 97 97 91 92 77 93 85 Wiesen 88 84 86 84 94 96 95 100 93 91 94 88 91 81 92 89 Bepflanzung 93 85 84 80 91 87 95 93 91 88 90 86 94 94 91 87 Blumenschmuck 66 56 57 33 85 69 91 87 68 58 77 57 89 89 75 63 (Rabatten) Seeeinstieg 38 49 47 57 33 67 75 73 50 51 46 50 27 33 45 53 Spiel-/ 51 46 49 47 80 78 55 55 48 48 43 43 47 38 51 49 Unterhaltungs- möglichkeiten Beleuchtung* 68 63 66 68 87 89 96 94 80 82 85 87 96 96 83 82 Verpflegungs- 53 48 69 61 78 70 89 85 60 63 70 69 77 73 68 66 möglichkeiten Fliegende 75 66 75 75 72 67 80 80 75 75 80 81 73 75 76 74 HändlerInnen

Q=Qualität, M=Menge, alle Angaben in % der Befragten

* Zur Beleuchtung konnten, je nach Sektor, 20-30% der Befragten keine Auskunft geben, da sie das Seebecken bisher nur bei Tag besuchten. Daher beziehen sich die Angaben nicht auf alle Befragten, sondern nur auf die, welche Auskunft geben konnten. Hervorhebungen 70-80% 81-90% 91-100%

66

Tab. 12: Beurteilung der Ausstattung „schlecht“ oder „sehr schlecht“ pro Sektor (in % der Befragten)

Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total Ausstattung Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Bänke 4 16 0 12 0 15 0 5 2 11 1 12 3 5 2 11 WC 13 34 8 22 11 20 9 20 24 34 14 34 16 50 15 32 Wege 0 0 0 2 4 4 0 0 0 0 0 1 0 2 0 1 Fahrradwege 1 1 2 4 11 13 2 9 6 6 9 8 2 3 5 6 Schatten 3 15 0 10 0 4 0 2 2 2 0 6 0 17 1 7 Wiesen 0 0 0 6 0 0 0 0 1 3 0 1 0 10 0 2 Bepflanzung 3 1 2 2 2 4 0 0 0 1 3 7 0 2 2 3 Blumenschmuck 3 9 4 8 0 6 4 2 1 6 6 18 3 3 3 8 (Rabatten) Seeeinstieg 31 15 20 18 39 6 2 4 16 7 22 20 27 20 22 13 Spiel-/ 4 15 2 8 0 2 2 7 5 8 7 10 0 11 3 9 Unterhaltungs- möglichkeiten Beleuchtung* 10 16 15 21 7 7 2 2 7 6 7 8 4 4 7 9 Verpflegungs- 14 19 8 8 9 7 2 4 11 14 10 10 9 20 10 12 möglichkeiten Fliegende 3 6 0 2 2 7 7 2 6 5 4 5 5 3 4 5 HändlerInnen

Q=Qualität, M=Menge, alle Angaben in % der Befragten

* Zur Beleuchtung konnten, je nach Sektor, 20-30% der Befragten keine Auskunft geben, da sie das Seebecken bisher nur bei Tag besuchten. Daher beziehen sich die Angaben nicht auf alle Befragten, sondern nur auf die, welche Auskunft geben konnten.

Hervorhebungen 15-20% 21-30% 31-40% >40%

5.3.2 Private Sphäre dank Bepflanzung Einheitlich positiv fällt die Beurteilung der Bepflanzung aus (vgl. Tab. 11). Dies entspricht zugleich dem Resultat der Wirkungsbilanz, in der die Bepflanzung am Zürichhorn 5.26 von maximal 6 Punkten erreichte. Die Bäume werden dabei als Schattenspender besonders positiv hervorgehoben und geschätzt. Die Be- schattung wurde aber nicht nur indirekt über die Bepflanzung abgefragt, sondern auch direkt. Dabei zeigt sich, dass er in allen Sektoren von über 70% der Befragten als „gut“ oder „sehr gut“ eingestuft wird. Die Sektoren 1 und 8 fallen jedoch etwas ab, da hier von 15%, respektive 17% der Befragten angegeben wird, dass sie „schlecht“ oder „sehr schlecht“ sei. Die Bäume werden nicht nur als Schattenspender betrachtet, sondern sind mit positiven Konnotationen verbunden und wirken identitätsstiftend. So wurden wir bei der Befragung im Sektor 4 oft (bedauernd) gefragt, weshalb bei der Umge- staltung Bäume gefällt wurden. Denn neben ihrer Schatten spendenden Funktion, strukturieren sie „zu grosse“ freie Flächen und schaffen dadurch kleinere Räume, die als „privater“, „geschützter“ und „intimer“ empfunden werden. In dieser Funktion werden auch Büsche und Hecken positiv erwähnt. Speziell auf der linken Seeseite wird die Bepflanzung als wichtiger und guter Trenngürtel zur Strasse gesehen.

5.3.3 Toiletten, Seeeinsteig – negative Beurteilung29 Die Toiletten und die Seeeinstiege sind die einzigen beiden Elemente, die praktisch im ganzen Gebiet kritisiert wurden.

29 Dieser Abschnitt wurde unverändert aus der Teilauswertung „Gärtnerische Pflege und Qualität der Anlagen“ (Odermatt et al. 2005b: 10-14) übernommen.

67 Toiletten Am meisten Unzufriedenheit lösen die Toiletten aus. Grundsätzlich sind viele Besuchende weder mit der Qualität noch der Menge zufrieden, wobei die Menge von mehr Befragten kritisiert wird als die Qualität. So beurteilen z. B. 50% der Befragten des Sektors 8 die Menge der Toiletten als schlecht oder sehr schlecht und „nur“ 16% die Qualität (Abb. 30). Oder anders ausgedrückt erhalten die Toiletten im Sektor 8 auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut) bezüglich der Qualität eine 3.3, bezüglich der Quantität jedoch nur eine 2.6. In folgender Abbildung, in der sowohl die durchschnittliche Bewertung der Qualität wie auch der Quantität der Toiletten pro Sektor dargestellt wird, zeigt sich, dass in allen Sektoren die Quantität schlechter bewertet wird als die Qualität. Die Bewertungsskala reicht von 1 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut). Dabei stechen bezüglich der Unzufriedenheit mit der Menge der Toiletten der Sektor 8 und 6 hervor. In beiden Sektoren sind jedoch, wie dem Masterplan ZüriWC entnommen werden kann, Anlagen geplant. Die besten Werte erreicht der Sektor 5, der eine durchschnittliche Beurteilung der Menge von 3.5 erreicht und die von 65% der Befragten als „gut“ oder „sehr gut“ bewertet wird. Dieser lässt auch einen Vergleich mit der Wirkungsbilanz zu, bei der die Zufriedenheit mit den Toiletten eine 4.1 (Skala 1-6) erreicht, was auf einer 5-er Skala etwa einer 3.4 entspricht, womit der Wert im gleichen Bereich liegt wie bei dieser Befragung.

Abb. 29: Beurteilung der Toiletten – Überblick

5

sehr gut 4.5 Wert „Menge“ > Wert „Qualität“ 4 Sektor 1

3.5 Sektor 3 Sektor 4 3 Sektor 5 Menge 2.5 Sektor 6 Sektor 7 2 Sektor 8 1.5 Wert „Qualität“ > Wert „Menge“

sehr 1

schlecht 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 sehr schlecht Qualität sehr gut

Die Beurteilung der Qualität der Toiletten zeigt sektorelle Unterschiede. Während auf der ganzen linken Seite sowie im Sektor 5 (rechte Seite) zwischen 65 und 69% der Befragten diese als gut oder sehr gut beurteilen, sind dies in den restlichen Sektoren (alle auf der rechten Seite) bedeutend weniger Personen (Sek. 6: 44%, Sek. 7: 52%, Sek. 8: 36%, vgl. Abb. 30).

68

Abb. 30: Beurteilung der Toiletten, detailliert

SektorQ 1,u Qualitätalität SektorQua 1,n tQuantitätität Sektor 1 1.1.1.1.1.1 Q Sektor 1 u 1 a 1 l 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig i sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung t schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung ä Sektor 2, Qualität Sektor 3, Quantität Sektor 3 Sektor 3, Qualität t Sektor 3

1 1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung

Sektor 4, Qualität Sektor 4, Quantität Sektor 4 Sektor 4

1 1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung

Sektor 5, Qualität Sektor 5, Quantität Sektor 5 Sektor 5

1 1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung

Sektor 6, Qualität Sektor 6, Quantität Sektor 6 Sektor 6

1 1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung

Sektor 7, Qualität Sektor 7, Quantität Sektor 7 Sektor 7

1 1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung

Sektor 8, Qualität Sektor 8, Quantität Sektor 8 Sektor 8

1 1

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% sehr gut/ gut mässig sehr gut/ gut mässig schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung schlecht/ sehr schlecht keine Beurteilung

69 Seeeinstieg Neben den Toiletten schneiden die Seeeinstiege relativ schlecht ab. Bewertet nach der Qualität liegen die Durchschnittswerte der Seeeinstiege aller Sektoren (ausser Sektor 5) zwischen 3 und 3.4 (vgl. Abb. 31), wobei der Anteil der Unzufriedenen bis auf 39% (Sektor 4) steigt (vgl. Tab. 13). Bei der Beurteilung der Seeeinstiege kommt zum Vorschein, dass die Seeanlagen als Badeort wahr- genommen werden. Gewisse Ansprüche, die sich früher auf Badeanstalten beschränkten (guter Seeeinstieg), gelten heute für die ganze Seeanlage. Viele, die heute an den See kommen, haben die Erwartung und stellen den Anspruch, dass hier problemlos gebadet werden kann.

Abb. 31: Beurteilung Seeeinstiege – Überblick

5

4.5 Wert „Menge“ > Wert „Qualität“

4 Sektor 1

3.5 Sektor 3 Sektor 4 3 Sektor 5 Menge 2.5 Sektor 6 Sektor 7 2 Sektor 8 1.5 Wert „Qualität“ > Wert „Menge“

1 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 Qualität

Stellvertretend für viele sagte eine junge Frau: „Es hat da halt oft Scherben. Das ist einfach mühsam – für alle. Die mit den Kindern, die mit den Hunden, alle nerven sich darüber.“ Nicht nur die Scherben, sondern auch die Steine werden kritisiert. Oft war zu hören: „Sand wäre viel angenehmer, die Steine sind nicht gut, die machen weh und da gibt’s auch mehr Scherben.“ Ebenso wurde gesagt: „Die Seeeinstiege sind wirklich nicht gut, es ist doch so toll zum Baden hier, aber die Steine sind spitz und glitschig. Da sollte was gemacht werden.“ Neben diesen kritischen Stimmen sollte jedoch nicht vergessen werden, dass in jedem Sektor mindestens 25% der Befragten, die Seeeinstiege als „gut“ oder „sehr gut“ bezeichnen und dass die Seeeinstiege wie sie im Sektor 5 vorzufinden sind, sehr gut ankommen (nur 4% Unzufriedenen jedoch 75% Zufriedene). So stark wie die eine Hälfte den neu gestalteten Seeeinstieg im Sektor 4 lobt, trauert die andere Hälfte dem alten nach. Unabhängig davon, wird jedoch bemerkt, dass die Gestaltung mit den Treppenstufen einerseits den Vorteil habe, dass man so Sitzgelegenheiten direkt am Wasser hat, anderseits wird darauf hingewiesen, dass dadurch der Einstieg für ältere bzw. weniger mobile Personen teilweise noch erschwert sei.

70

Tab. 13: Beurteilung Seeeinstieg Beurteilung schlecht oder sehr schlecht (in % aller Befragten), Q= Qualität, M= Menge Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M 31 15 20 18 39 6 2 4 16 7 22 20 27 20 22 13 n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 n=521

Beurteilung gut oder sehr gut (in % aller Befragten), Q= Qualität, M= Menge Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M 38 49 47 57 33 67 75 73 50 51 46 50 27 33 45 53 n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 n=521

5.3.4 See als Angstraum?30 „Im Dunkeln am See ist es mir zum Teil schon recht unwohl. Wobei, das kommt halt darauf an wo. Da wo’s Leute hat, wo’s beleuchtet ist, nein, da habe ich nie Angst. Überhaupt, Angst habe ich nur, wenn ich alleine (am See) bin.“ Sobald es dunkel wird oder einsam ist, werden gewisse Räume für manche Personen zu Räumen, die sie meiden oder unter Angst betreten. Diese so genannten Angsträume werden hauptsächlich in der Geschlechterforschung behandelt (z.B. Fenster 2004, Valentine 2001, Kutschinske und Meier 2000). Dies heisst aber nicht, dass etwa nur Frauen das Phänomen Angstraum aus eigener Erfahrung kennen. Genauso gibt es Männer, die von Angst befallen werden. Wird in der Forschung und Praxis von Angsträumen gesprochen, geht es auch darum, wie vorgegangen werden muss, damit es nicht zu solchen Räumen kommt. Es hat sich durchgesetzt, dass dabei zwischen strategischen und praktischen Geschlechter-Bedürfnissen („strategic“, respektive „practical gender needs“) unterschieden werden muss (Moser 1993). Während unter den stra- tegischen Bedürfnissen längerfristige Dinge behandelt werden, wie bei- spielsweise die Frage, weshalb es diese Angst gibt, welche gesellschaftlichen Strukturen dabei involviert sind, geht es bei den praktischen Bedürfnissen um kurzfristig umsetzbare Massnahmen zur Entschärfung der Angstsituation. Hierzu gehört auch die Beleuchtung der Räume, auf die weiter unten eingegangen wird. Neben der Beleuchtung kann auch die Präsenz der Polizei dazu beitragen, dass man in einem Raum weniger Angst hat, sich sicherer fühlt. 67% der Befragten schätzen die Polizeikontrollen am See als genügend ein. 8% sind der Meinung, dass es zu wenig Polizeipräsenz hat, während 17% diese als zu häufig empfindet (6% antworteten nicht) (vgl. Abb. 32). Dabei ist die Auswertung nach Sektoren sinnvoll, da die Polizeipräsenz unterschiedlich ist. Dies rührt daher, dass die rechte Seeseite während der Zeit der Empirie zum Brennpunkt 1 zählte31 (mehr Polizeipräsenz während der Sommersaison), nicht aber die linke Seite (mit Aus- nahme des Arboretums, das zwar nicht mehr zum Brennpunkt gehört, auf das die

30 Diese Kapitel entspricht weitgehend dem Kapitel „Beleuchtung“ der Teilauswertung „Gärtnerische Pflege und Qualität der Anlagen“ (Odermatt et al. 2005b: 14-15). 31 Die rechte Seeseite gehörte von 2003-2005 zum Brennpunkt 1. Seit 2006 ist dies nicht mehr der Fall. Die gesamten Seeanlagen gehören nun wieder zur Grundversorgung. Dies hängt auch mit der wiederhergestellten grösseren Ruhe am See zusammen (telefonische Auskunft von H. Hanselmann, Chef Stv. SOKO2, 4.7.06).

71 Polizei aber nach eigener Auskunft in der Praxis vermehrt ein Auge hat). Dies widerspiegelt sich jedoch nicht so direkt in einem zu viel/zu wenig in diesen Gebieten. Nur im Sektor 8 werden die Polizeikontrollen etwas stärker mit «zu wenig» als mit «zu viel» beurteilt, während in allen andern Sektoren das «zu viel» über das «zu wenig» dominiert. Ausser im Sektor 1 sind über 60% der Befragten aller Sektoren der Ansicht, dass die Anzahl der Polizeikontrollen am See weder zu gross noch zu klein ist. Im Sektor 1 sind 36% der Befragten der Meinung, dass die Polizei zuviel Präsenz am See zeigt, nur 4% finden die Kontrollen zu wenig.

Abb. 32: Quantitative Beurteilung der Polizeikontrollen am See (%)

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 links rechts total

n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 n=189 n=332 n=521

genügend Polizei zu wenig Polizei zu viel Polizei weiss nicht/k.A.

Die Befragten sind also mehrheitlich mit der Polizeiarbeit zufrieden, dass es aber auch Kritik gibt, lässt sich nicht nur an den 25% Unzufriedenen zeigen, sondern auch an den zu diesem Thema abgegebenen Kommentaren, die ein sehr ambivalentes Bild zeichnen: Eine Person meinte: „Bei mehr Polizei hätte es weniger Dreck, die Polizei müsste jedoch höflicher sein.” Eine andere: „Afro-Amerikaner werden öfters kontrolliert und auf sehr unanständige Art und Weise.” Genauso gab es auch gegenteilige Stimmen: „Je nach dem, bei Regen und Dunkelheit ist einem schon mulmig“ oder: „Punkanhäufungen stören”. Ebenso wurde gefordert: „regelmässiger [kontrollieren] für’s Sicherheitsgefühl”. Die Polizeiarbeit und ihr Einfluss auf das Sicherheitsempfinden der Besuchenden werden also durchaus unterschiedlich bewertet. Bei unserer eigenen teil- nehmenden Beobachtung der Polizeiarbeit am See ist uns zudem eine Diskrepanz zwischen dem Sprechen über diese Handlungen und der Handlung selbst aufgefallen. Bei der Beleuchtung liegt der Wert der Personen, die keine Aussage zur Frage machen konnten, da sie nie im Dunkeln am See sind, in allen Sektoren – ausser

72 im Sektor 5 (9%)32 – zwischen 20 und 30%. Daher ist im Folgenden nur noch von Personen die Rede, welche die Beleuchtung beurteilen konnten (n=418). Die Unterscheidung zwischen der Qualität und der Quantität der Beleuchtung wird von vielen Befragten nicht gemacht. Entweder findet man sie ausreichend oder eben nicht. 42 Personen beurteilen entweder die Quantität der Beleuchtung, deren Qualität oder beides als «schlecht» oder «sehr schlecht». Dies entspricht 10% der Befragten, welche die Beleuchtung beurteilen konnten. Der grösste Teil dieser 42 Personen sind Frauen (64%). Es kommen Unterschiede nach Sektoren zum Vorschein, reicht doch die Spannbreite der Beurteilung der Beleuchtung mit „gut“ oder „sehr gut“ von 63% (Sektor 1) bis 96% (Sektor 8) der Befragten, wobei die Sektoren 1 und 3 Zufrie- denheitswerte (Antworten „gut“ und „sehr gut“) von unter 70% aufweisen. Die Sektoren 4, 6 und 7 erreichen Zufriedenheitswerte zwischen 80 und 90% und die Sektoren 5 und 8 solche von über 90% (vgl. Tab. 14). Die Personen, welche die Beleuchtung als schlecht bezeichnen, fügen oft an, dass sie in der Nacht Angst am See haben. Eine Person meint: „In der Nacht meide ich das Gebiet. Es ist zu dunkel, da habe ich zu stark Angst. Nein, da würde ich im Dunkeln nie alleine hingehen.“ Selbst Personen, welche die Beleuchtung als mässig einstufen, finden meist, dass mehr Licht besser wäre, dass es am See zu dunkel sei. Darin zeigt sich, dass eine bessere Beleuchtung vielen ein Anliegen ist; besonders im Sektor 1, 3 und 6. Der Vergleich mit der Wirkungsbilanz, in der die Beleuchtung bezüglich Wichtigkeit eine 5.1, bezüglich Zufriedenheit eine 4.8 (Skala 1-6) erreichte, was auf der in dieser Studie verwendeten Skala von 1-5 etwa einer 4, respektiv einer 4.25 entspricht, zeigt, dass diese in beiden Untersuchungen etwa gleich bewertet werden. Der Sektor 5, der sich direkt mit der Wirkungsbilanz vergleichen lässt, erhält in dieser Untersuchung eine 3.9. Die Auswertung nach Sektoren zeigt aber gerade in diesem Fall sehr deutlich, dass die Ergebnisse der Wirkungsbilanz nicht für die Seeanlagen gesamthaft und auch nicht für die rechte Seeseite stehen, erhalten doch die Sektoren 1, 3 oder 6 nur Werte zwischen 3.5 und 3.7. Die Er- gebnisse der Wirkungsbilanz sollten daher strikt als Ergebnisse für das Zürich- horn verstanden werden und nicht eins zu eins auf die gesamte rechte Seeseite übertragen werden.

32 Diese Zahl kann als Indikator dafür gelesen werden, dass der Sektor 5 auch im Dunkeln gut besucht ist, denn die Befragungen wurden in allen Sektoren vor dem Eindunkeln gemacht. Die Wahrscheinlichkeit, dass man bei Tageslicht jemanden im Sektor 5 antraf, der angab, dass er auch im Dunkeln hier ist, war im Sektor 5 grösser als in den andern Sektoren. Im Gegensatz zu den Interviews wurden die Beobachtungen auch nach dem Eindunkeln durchgeführt.

73

Tab. 14: Beurteilung der Beleuchtung Beurteilung gut oder sehr gut (in % der Befragten, die antworten konnten) Q= Qualität, M= Menge

Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M 68 63 66 68 87 89 96 94 80 82 85 87 96 96 83 82 N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N=418 N=418 58 58 40 40 45 45 51 51 88 88 84 84 48 48 Hervorhebungen <70% >90%

Beurteilung schlecht oder sehr schlecht (in % der Befragten, die antworten konnten) Q= Qualität, M= Menge Sek.1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8 total Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M Q M 10 16 15 21 7 7 2 2 7 6 7 8 4 4 7 9 N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N= N=418 N=418 58 58 40 40 45 45 51 51 88 88 84 84 48 48

5.3.5 Diskussion Die Auswertung zeigt, dass die oft gemachte, positive Aussage „mir gefällt es am See, der ist sehr schön!“ auch bei genauerer Betrachtung der Daten grundsätzlich ihre Gültigkeit hat. Den meisten Besuchenden gefällt es am See, sie kommen gerne hin und kommen auch immer wieder. „Grüne Elemente“ Die „grünen Elemente“ wie Wiese, Bäume und Bepflanzung schneiden bei der Befragung durchwegs äusserst gut ab. Dies ist umso bedeutender, weil die Be- suchenden diese Elemente auch als äusserst wichtig empfinden und mit ihren jeweiligen Eigenheiten bewusst schätzen. Speziell sind dies die Wiesen mit ihrem grossen Potenzial an Nutzungsmöglichkeiten für die Besuchenden, die Bäume in ihrer Schatten spendenden und Identität stiftenden Funktion und die Be- pflanzung, die dank ihrer Eigenschaft die grossen Flächen strukturieren und unterteilen und dadurch „privatere“ und „intimere“ Räume schaffen. Toiletten Die von den Besuchenden geäusserten Kritiken betreffen primär die Menge und Dichte der Toiletten, die erhöht werden muss. Eine Erhöhung der Toilettendichte ist nach dem Masterplan ZüriWC bereits geplant. Die Sektoren, in denen die Toilettenmenge am stärksten bemängelt wird (Sektoren 8, 6 und 7), sind alles geplante Standorte für die neuen Toiletten. Offen bleibt, ob die geplanten Toiletten reichen werden. Seeeinstieg Die eher negative Beurteilung der Seeeinstiege kann einerseits unter dem Aspekt diskutiert werden, dass bei weiteren Veränderungen der Seeeinstiege darauf geachtet werden sollte, dass die Art der Gestaltung nicht dazu führt, dass die Einstiege für gewisse Gruppen (ältere Personen, gehbehinderte Personen) zum gefährlichen oder gar unüberwindbaren Hindernis wird. Das Ziel dabei wäre, dass alle Gruppen den See ungehindert als Badeplatz nutzen können. Dazu müssten folgende Punkte überprüft werden: Sind die Seeeinstiege auch für ältere Personen oder solche, die Schwierigkeiten mit dem Gehen haben geeignet? Wäre es möglich die spitzen und glitschigen Steine beim Einstieg durch einen anderen

74 Belag zu ersetzen? Aufgrund des Problems der vielen Scherben beim Seeeinstieg sollten Steine als Belag kritisch überdacht werden. Anderseits kann man diese Ergebnisse aber auch unter einem ganz andern Aspekt diskutieren. Dabei stünde die Frage im Mittelpunkt, ob der See die Funktion einer grossen Badeanstalt übernehmen soll, oder ob er ein guter Platz zum Baden sein soll, der sich jedoch bewusst von Badeanstalten unterscheidet. Dies würde auch heissen, dass er an andern Kriterien gemessen würde. Die Besuchenden könnten dann selber entscheiden, ob sie an den See baden gehen und spitze Stei- ne in Kauf nehmen oder ob sie die (reichlich vorhandenen) Badeanstalten nutzen wollen, die ihnen den entsprechenden Komfort bieten. Beleuchtung Die Beleuchtung, die seitens der Stadt mit dem Plan Lumière ein aktuelles The- ma ist, sollte neben der Ästhetik unbedingt auch die Ängste und das Unwohlsein der Besuchenden der Seeanlagen bei Eindämmerung und Dunkelheit aufgreifen. Vergleicht man diese Ergebnisse mit denen der Winterbefragung stellt man fest, dass die Beleuchtung im Winter noch stärker kritisiert wurde (vgl. Kap. 6.3.2). Dabei sind es aus Sicht der Besuchenden besonders die Sektoren 1 und 3, die über eine mangelhafte Beleuchtung verfügen. Information Grundsätzlich gilt, dass die Besuchenden gut informiert sein wollen und dass die Akzeptanz von Veränderungen grösser ist, je besser der Grund dafür kom- muniziert wird. Gezeigt hat sich dies bei dieser Untersuchung deutlich im Sektor 4, in dem wir oft gefragt wurden, weshalb denn die Bäume gefällt wurden. Kann man den Fragenden die Gründe dafür angeben, bringen sie mehr Verständnis dafür auf und ihre Einstellung gegenüber dem Park und Grün Stadt Zürich ver- bessert sich. Dies ist insofern wichtig, als dass viele Besuchende – hauptsächlich das Stammpublikum – den von ihnen aufgesuchten Platz am See als „ihren“ Platz anschauen. Das hat zur Folge, dass sie sich damit identifizieren und sich darum „kümmern“. Also etwa den Abfall entsorgen. Werden sie über Veränderungen nicht informiert, fühlen sie sich übergangen, denn es wird in „ihrem“ Raum ein Eingriff vorgenommen, zu dem sie nichts sagen können und nicht mal davon wissen, dass und weshalb da etwas verändert wird. Durch gute Information kann dem vorgebeugt werden. Ebenso gilt dies, wenn Durchgänge vorübergehend gesperrt werden müssen, weil etwa Bäume gefällt oder Äste abgesägt werden. Die bisherige Informationspraxis mit den sehr kleinen Informationsschildchen ist für die Besuchenden sehr unbefriedigend. Grössere Tafeln mit mehr Infor- mationen darauf, wie dies beispielsweise das Tiefbauamt bei Baustellen mit den pinkfarbenen „Straussentafeln“ macht, wären wünschenswert.

75

5.4 Abfall

Zusammenfassung

In den intensiv genutzten Anlagen fällt eine ganze Menge Abfall an. Im Jahr 2005 entsorgte ERZ rund 330 Tonnen Abfall aus den Seeanlagen (ERZ 2005: 13). In der Wahrnehmung und Beurteilung vieler Besuchender, gelten die See- anlagen jedoch nicht als Ort mit viel Abfall. Auch stellen viele fest, dass die Abfallsituation besser als früher ist. Die Abfallentsorgung wird von über 80% der Befragten als „sehr gut“ beurteilt.

5.4.1 Beurteilung der Abfallsituation und der Abfallentsorgung In einer Anlage, die so stark genutzt wird wie die Seeanlagen, die viele Leute mit der Absicht aufsuchen, dort zu picknicken und die Standort vieler Fliegender HändlerInnen, Kioske und Take-aways ist, fällt Abfall an. Bereits in der Studie aus dem Jahr 1995 konnte gezeigt werden, dass die am See anfallende Abfall- menge im Verhältnis zu den Nutzenden nicht grösser ist als im übrigen öffentlichen Raum. Wegen der grossen Dichte der Besuchenden besteht aber gleichwohl ein Abfallproblem, denn da wo es viele Leute auf engem Raum hat, ist auch die absolute Menge an Abfall gross33. Offen blieb bisher die Frage, wie die Besuchenden die Abfallsituation und die Abfallentsorgung wahrnehmen und beurteilen. Auf die Frage: „Was denken Sie zum Abfall?“ konnten die Befragten entweder mit a.) es hat viel oder b.) es hat nicht viel antworten. Dabei beantworteten 65% die Frage mit „es hat nicht viel Abfall“. Diejenigen, welche mit „es hat viel Abfall“ antworteten, relativierten diese Antwort teilweise mit „am Abend“ oder „es ist besser als früher“. Auffallend bei dieser Frage ist das Resultat des Sektors 5, in dem bedeutend seltener mit „es hat viel Abfall“ geantwortet wurde (13%). Gegenteilig fällt der Sektor 8 auf. Hier sind es 44% die finden, dass es viel Abfall hat. Ebenso ist dieser Wert im Sektor 4 und 6 relativ hoch (vgl. Abb. 33). Vergleicht man die Aussagen der Anwohnenden mit denen der Nicht- Anwohnenden, so zeigt sich, dass 45% der befragten Anwohnenden finden, es habe viel Abfall, während dies unter den befragten Nicht-Anwohnenden nur 32% sind. Demgegenüber stehen 55% der befragten Anwohnenden, die antworteten es habe nicht viel Abfall bzw. 67% der befragten Nicht-Anwohnenden. Es zeigt sich, dass Abfall am See bei den Besuchenden nach wie vor ein „grosses Thema“ ist und dass die Anwohnenden bei diesem Thema besonders sensibilisiert sind. Viele sind sich der Problematik bewusst, dass am See viel konsumiert wird, da- durch viel Abfall entsteht und dieser zum Teil auf den Wiesen oder neben den Kübeln liegen bleibt. Während Vereinzelte meinten, „da muss eben die Gesell- schaft geändert werden, alle werfen nur weg, ohne sich irgendwas bewusst zu sein“, sahen andere die Lösung in einer guten Abfallentsorgung. Interessant ist der Vergleich der Frage nach der Abfallmenge mit der Frage, ob dieser Abfall stört oder nicht. Dabei zeigt sich, dass sich nicht alle, die finden, dass es viel Abfall hat, an diesem stören. Während 35% aller Befragten der

33 Im Winter stellt sich die Situation beim Abfall aufgrund gesunkener Besuchendenzahlen und veränderter Nutzungen etwas entspannter dar (vgl. Kap. 6.4.2).

76 Meinung sind, dass es viel Abfall hat, stören sich bloss 26% daran (also ca. 75% derer, die es viel finden, stören sich auch daran). Obwohl sich der grösste Teil aller Besuchenden nicht am Abfall stört, stört sich jede vierte Person am Abfall in den Seeanlagen. Dieser Wert steigt im Sektor 4 gar auf 41% (vgl. Abb. 33). Zieht man hier wieder einen Vergleich zwischen den Anwohnenden und den Nicht-Anwohnenden, lassen sich auch bei dieser Frage Unterschiede ausmachen. 37% der Anwohnenden stören sich am Abfall, bei den Nicht-Anwohnenden sind es 24%. 62% der Anwohnenden stören sich nicht am Abfall, bei den Nicht- Anwohnenden sind es 76%. Um das Bild zu vervollständigen wurde auch nach der Beurteilung der Abfall- entsorgung gefragt. Diese wird von 81% als gut bewertet. Zwischen den Alters- kategorien zeigen sich praktisch keine Unterschiede (vgl. Abb. 34). Hingegen existieren sektorelle Unterschiede. Am besten bewertet wird sie im Sektor 8 (91%) und 5 (93%) am schlechtesten schneidet sie im Sektor 1 (68%) ab.

Abb. 33: Beurteilung des Abfalls nach Sektoren

Abfallmenge (viel/nicht viel)

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% total Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8

n=521 n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 viel nicht viel k. A.

Abfall (stört/stört nicht)

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% total Sek. 1 Sek. 3 Sek. 4 Sek. 5 Sek. 6 Sek. 7 Sek. 8

n=521 n=80 n=51 n=54 n=55 n=108 n=105 n=64 stört stört nicht

77

Abb. 34: Beurteilung der Abfallsituation nach Alterskategorien

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% total bis 20-Jährige 21-35-Jährige 36-55-Jährige über 55- Jährige

n=521 n=105 n=262 n=99 n=49

viel Abfall Abfall stört Abfallentsorgung gut

Wird nun die Beurteilung des Abfalls mit der Beurteilung der Abfallentsorgung kombiniert (Abb. 35), zeigt sich schnell, dass die Abfallentsorgung nicht un- bedingt in diesen Sektoren als schlechter beurteilt wird, in denen man sich stärker daran stört, sondern dass jede Art der Kombination existiert. Auffallend ist dabei der Sektor 8. Obwohl sich ca. 30% der Befragten am Abfall stört, schneidet die Abfallentsorgung hervorragend ab. Solche Resultate lassen die Vermutung zu, dass, wenn der herumliegende Abfall vermindert werden soll, beim Handeln der Besuchenden angesetzt werden muss. Es gibt verschiedene Faktoren, die dazu beitragen, dass sich Handlungen verändern (können). Im Fall der Seeanlagen sollten die Besuchenden die Möglichkeit haben eine Beziehung zum Gebiet aufzubauen. Die einzelne Person muss sich mit den Seeanlagen (oder einem kleinen Teil davon) identifizieren können und sich verantwortlich dafür fühlen. Erst wenn diese Identifikation geschehen ist, kann sich das Handeln ändern. Damit es zu einer stärkeren Identifikation der Besuchenden mit den Seeanlagen kommen kann, muss Raum für Identifikation geschaffen werden. Beispielsweise kann dies über Aktionen geschehen, welche die Besuchenden mit einbeziehen. Dies gäbe den Besuchenden die Möglichkeit, sich auf positive und kreative Art mit dem See auseinanderzusetzen. Die Aufgabe der Identifikation stellt im Sektor 8 eine grosse Herausforderung dar. Einerseits kommen viele von ausserhalb, besuchen also nicht „ihren“ See, anderseits hält man sich nicht lange an der gleichen Stelle auf, sondern ist in ständiger Bewegung.

78

Abb. 35: Beurteilung des Abfalls kombiniert mit der Beurteilung der Abfallentsorgung Legende

Abfallbeurteilung (stört der Abfall?)

+ überdurchschnittlich oft / 8 + / durchschnittlich 1 - unterdurchschnittlich

Beurteilung der Abfallentsorgung

+ Gut 7 60-69% / 70-79% 6 80-89% _ > 89% 5 _ 3

+ 4

5.4.2 Diskussion Beim Abfall zeigt sich ein Dilemma. Erstens fällt da, wo sich viele Personen aufhalten auch viel Abfall an (absolute Menge des Abfalls). Anderseits entsteht am See pro Person nicht mehr Abfall als anderswo (relative Menge des Abfalls). Trotzdem wird die Menge des Abfalls von den Besuchenden als gross wahr- genommen. Dies trifft besonders für die Sektoren 4, 6 und 8 zu. Demgegenüber wird die Abfallentsorgung meist als gut betrachtet. Damit der Abfall da entsorgt wird, wo er hingehört, müssen sich die Besuchenden zuerst mit dem Gebiet iden- tifizieren, respektive einige erst auf die Abfallproblematik sensibilisiert werden. So kann die Möglichkeit vergrössert werden, dass die Besuchenden Verant- wortung für ihre Handlungen übernehmen und den Abfall da entsorgen, wo sie ihn entsorgen sollen. Dabei muss garantiert sein, dass die Abfalleimer nicht bereits überquellen, wenn das Leben am See noch in voller Aktivität ist.

79

5.5 Ältere Personen als Besuchende der Seeanlagen34

Zusammenfassung

Die älteren Personen sind in den Seeanlagen untervertreten. Während der Som- meruntersuchung konnten lediglich 49 Personen, die über 55 Jahre alt sind, befragt werden. Dies sind bloss 9% aller Befragten. Aufgrund dieses sehr kleinen Samples dürfen die nachfolgenden Aussagen nur als Tendenzen gelesen werden35. Die älteren Personen, welche die Seeanlagen besuchen, sind mit der Ausstattung – ausser mit den Fahrradwegen und der Menge des Blumenschmucks – zufrie- dener als die übrigen Besuchenden. Gegenüber Hunden, der Abfallsituation und dem Grillen am See sind sie jedoch kritischer und stören sich häufiger daran. Für ihre Nutzungsbedürfnisse haben sie genügend Raum, denn 98% der befragten Personen über 55 Jahren sind mit den Platzverhältnissen zufrieden.

5.5.1 Nutzung, Raumaneignung und Wahrnehmung der Seeanlagen nach Alterskategorien Da ältere Personen unter den Besuchenden der Seeanlagen untervertreten sind, wird im Folgenden – nach einem kurzen Überblick zur Nutzungshäufigkeit von Grünlagen und Pärken durch ältere Personen – die Nutzung und Wahrnehmung der Seeanlagen unter dem Fokus des Alters analysiert. Dies soll ein erster kleiner Schritt sein, um die weit gehend unbekannten Bedürfnisse der älteren Personen an den öffentlichen Raum aufzudecken. Da in dieser Untersuchung allerdings nur 49 ältere Personen befragt werden konnten, sind die nachfolgenden Auswertungen als Tendenzen im Sinne einer ersten Annährung an die Thematik zu lesen. Durch die Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich kommt zum Vorschein, dass sich mit zunehmendem Alter der Anteil der Personen kontinuierlich erhöht, die Grünanlagen und Pärke selten oder nie besuchen. Bei den 60-69-Jährigen sind dies 53%, bei den 70-79-Jährigen 59% und bei den über 80-Jährigen 58%36. Dennoch bleibt der Anteil der Personen, die täglich oder mehrmals pro Woche eine Grünanlage besuchen mit knapp 20% in allen Alterskategorien über 50 Jahre stabil. Selbst bei den jüngeren Alterskategorien ist dieser Anteil mit jeweils ca. 30% nicht viel höher (Fischer et al. 2006: 11). Dass auch die Seeanlagen von einem kleinen Teil der älteren Personen besucht werden, zeigt sich mehrfach. Bereits 1995 beobachteten Emmenegger und Emmenegger (1995: 6), dass im Frühling 30% im Hochsommer jedoch bloss ca. 10% der Besuchenden der Seeanlagen auf der rechten Seeseite über 60 Jahre alt sind. Ebenfalls zeigt sich dies sowohl in dieser Studie (vgl. Kap. 5.1.3), wie auch in der Bevöl- kerungsbefragung 2005 der Stadt Zürich. In dieser geben 61% der 60-69-Jährigen an, dass sie mindestens mehrmals pro Monat die Seeanlagen besuchen. Bei den

34 Das Kapitel weisst gewisse Redundanzen mit den vorangehenden Teilen auf. Dies wird jedoch in Kauf genommen um die Ergebnisse gebündelt unter dem Fokus „Alter“ präsentieren zu können. 35 Im Winter konnten hingegen 57 Personen über 55 Jahre befragt werden, womit diese Altersgruppe einen Anteil von 44% am gesamten Sample hat (vgl. Kap. 6.1.4). 36 Vergleichsweise geben nur 29% der 30-39-Jährigen an, dass sie die Grünanlagen und Pärke im Sommer selten oder nie besuchen (Fischer 2006: 11).

80 70-79-Jährigen trifft dies auf 56% und bei den über 80-Jährigen auf 47% zu (Fischer et al. 2006: 31). Die Zufriedenheit mit den Grünanlagen und den Pärken nimmt mit dem Alter zu. Sind bei den 30-39-Jährigen knapp 40% eher unzufrieden37, sind dies bei den 60- 69-Jährigen noch 24%, bei den 70-79-Jährigen 22% und bei den über 80-jährigen nur noch 16% (Fischer et al. 2006: 21).

Die Personen über 55 bevorzugen die Sektoren 7, 6 und 4. Seltener besuchen sie die Sektoren 1 und 5 (vgl. Tab. 15). Dies kann gut mit dem Charakter dieser Sek- toren erklärt werden, handelt es sich beim Sektor 1 und 5 um die beiden stark fre- quentierten Sektoren mit viel Wiese, die zum Spielen einlädt und eher wenigen Sitzbänken. Innerhalb der Sektoren ist ihr Anteil an allen Besuchenden im Sektor 7 mit 17% am Grössten.

Tab. 15: Verteilung der Personen über 55 Jahren nach Sektoren Sekt. 1 Sekt. 3 Sekt. 4 Sekt. 5 Sekt. 6 Sekt. 7 Sekt. 8 total Befragte über 1 5 7 1 13 17 4 49 55 Jahre Anteil an allen 2% 10% 14% 2% 27% 35% 8% 100% über 55- Jährigen (%) Anzahl 80 51 54 55 108 105 64 521 Befragte

Im Gegensatz zur Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich zeigt sich bei den von uns befragten älteren Personen eine häufigere Nutzung der Seeanlagen. 51% im Gegensatz zu 15-24%38 der Bevölkerungsbefragung 2005 (Fischer et al. 2006: 31) kommen täglich oder mehrmals pro Woche an den See. Dass dieser Wert in unserer Befragung höher liegt, gründet wohl in der unterschiedlichen Methode bei der Auswahl des Samples. Da wir die Personen vor Ort befragten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person von uns befragt wird grösser, je häufiger sich diese am See aufhält. Die Analyse der Hauptbeschäftigungen zeigt, dass sowohl grosse Unterschiede wie auch Übereinstimmungen zwischen den Alterskategorien existieren. Bei- spielsweise rangiert das „Nichts-tun“ bei allen Kategorien an vorderer Stelle, wird jedoch bei den bis 20-jährigen doppelt so häufig (70%) angegeben wie bei den Personen über 55 Jahre (35%). Eine ähnliche Verteilung zeigt sich beim Baden. Die über 55-jährigen sind aber primär zum Spazieren und Flanieren am See (76%) eine Tätigkeit, die auch bei den Jüngeren sehr beliebt ist, jedoch nie in diesem Ausmass. Ebenfalls typisch für die Kategorie der älteren Personen ist das Besuchen von Restaurants (27%), das Füttern von Schwänen und Enten sowie das Besuchen kultureller Einrichtungen am See (je 12%). Alles Tätigkeiten, die in den andern Alterskategorien nur von sehr wenigen Personen angegeben

37 Die Zufriedenheit mit dem Angebot an Grünanlagen und Pärken konnte in der Bevölkerungsbefragung anhand einer Notenskala von 1 (schlechteste Note) bis 6 (beste Note) angegeben werden. Die Noten 1-3 sind ungenügend, 4 bedeutet genügend, 5 gut und 6 sehr gut (Fischer et al. 2006: 19). Unter „eher unzufrieden“ werden die Benotungen von 1-4 zusammengezogen. 38 Der Wert variiert je nach Alterskategorie: 50-59 Jahre: 19%, 60-69 Jahre: 19%, 70-79 Jahre: 24%, 80-99 Jahre: 15% (Fischer et al. 2006:31).

81 werden. Dem gegenüber wird von den jüngeren Personen bedeutend häufiger am See Musik gehört, gespielt und Picknick gegessen (vgl. Abb. 36).

Abb. 36: Beschäftigungen am See nach Alterskategorien (%)

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% total bis 20 21-35 36-55 über 55 n=521 n=105 n=262 n=99 n=49

nichts-tun baden FreundInnen, plaudern Sonnenbaden lesen Pic-Nic, essen flanieren spielen Konsumieren an Kiosk Musik hören Restaurantbesuch Schwäne füttern Kultur (Chinagarten, Museenbesuch)

Ältere Besuchende stören sich häufiger an Verhaltensweisen, die zur Störung anderer Besuchenden werden können. Sowohl gegenüber Grillenden wie auch gegenüber Hunden oder herumliegendem Abfall sind sie kritischer. Gesamthaft stören sich 21% am Grillen. Bei den Personen über 55 Jahre steigt dieser Wert auf 43%. Dies ist ein deutlich grösserer Anteil als bei allen andern Alterskategorien. Die älteren Personen sind eher gegen das Grillen am See. So lehnen sie viel häufiger eingerichtete Grillstellen ab (35%, total 24%), befür- worten diese jedoch häufiger in Kombination mit einem ansonsten herrschenden Grillverbot (63%, total 48%). Alle Personen über 55 Jahre sind den Vorschlägen zum Grillen am See gegenüber etwa gleich eingestellt, wie alle, die sich am Grillen stören. Dies obwohl sich gut 50% der älteren Personen nicht am Grillen stören. Das Verhältnis der älteren Personen gegenüber Hunden ist angespannter, als das der jüngeren Personen. Die älteren Personen stören sich häufiger an Hunden ohne Leine (53%, total 43%), unterstützen sowohl eine obligate Leinenpflicht stärker (51%, total 40%) als auch den Vorschlag, gewisse Gebiete für Hunde ganz zu verbieten (33%, total 23%). 45% der über 55-Jährigen findet, dass viel Abfall herumliegt und 33% stören sich auch daran. Diese Werte liegen beide etwas über dem Durchschnitt (34%, respektive 26%). Die Abfallentsorgung hingegen beurteilen sie nicht anders als alle Befragten zusammen: 82% bewerteten diese als gut.

82 Von allen befragten älteren Personen geben nur 2 (4%) an, dass sie zu wenig Raum hätten. Die älteren Personen, welche die Seeanlagen besuchen, fühlen sich also in den Seeanlagen nicht bedrängt oder ausgeschlossen. Zufriedener als das Total der Befragten sind sie mit dem grössten Teil der Ausstattung. Beispielsweise bewerten sie sowohl die Menge als auch die Qualität der Sitzbänke besser als der Gesamtdurchschnitt. Dies gilt auch für die Ver- pflegungsmöglichkeiten, die Seeeinstiege, die Beleuchtung, die Wiesen und die Bepflanzung. Weniger häufig als die Personen der andern Alterskategorien be- zeichnen sie jedoch die Fahrradwege als „gut“ oder „sehr gut“. Beim Blumen- schmuck wird die Qualität höher bewertet als dies durchschnittlich der Fall ist. Bemängelt wird hingegen die Menge; wünschen sich doch knapp 40% der älteren Personen mehr Blumen. Dabei wird teilweise auch erwähnt, dass es früher mehr gehabt hätte und dass dies schöner gewesen sei. Als „schlecht“ oder gar „sehr schlecht“ bezeichnen die älteren Personen ausser den Toiletten – welche sie jedoch weniger oft kritisieren als der Gesamtdurchschnitt – praktisch nichts (vgl. Tab. 16, Tab. 17).

Tab. 16: Beurteilung der Ausstattung mit „gut“ oder „sehr gut“ nach Alter (in % der Befragten)

Bis 20 21-35 36-55 Über 55 total Ausstattung Q M Q M Q M Q M Q M Bänke 83 72 82 73 82 73 92 86 83 74 WC 61 50 53 42 52 37 51 45 55 43 Wege 95 96 96 95 97 96 92 96 96 96 Fahrradwege 74 72 61 61 63 64 53 51 63 63 Schatten 94 77 93 87 93 86 92 88 93 85 Wiesen 95 86 90 89 92 89 94 96 92 89 Bepflanzung 91 90 92 88 89 81 92 92 91 87 Blumenschmuck 70 60 74 66 80 63 80 57 75 63 (Rabatten) Seeeinstieg 49 54 42 51 47 51 53 63 45 53 Spiel-/ 48 43 49 47 56 53 65 67 51 49 Unterhaltungs- möglichkeiten Beleuchtung* 81 80 80 78 71 71 97 100 83 82 Verpflegungs- 61 64 68 63 73 68 80 78 68 66 möglichkeiten Fliegende 80 80 73 72 79 75 73 71 76 74 HändlerInnen n 105 262 99 49 521

Q=Qualität, M=Menge, alle Angaben in % der Befragten

* Zur Beleuchtung konnten nicht alle Befragten Auskunft geben, da einige das Seebecken bisher nur bei Tag besuchten. Daher beziehen sich die Angaben nicht auf alle Befragten, sondern nur auf die, welche Auskunft geben konnten. Hervorhebungen 70-80% 81-90% 91-100%

83

Tab. 17: Beurteilung der Ausstattung „schlecht“ oder „sehr schlecht“ nach Alter (in % der Befragten)

Bis 20 21-35 36-55 Über 55 total Ausstattung Q M Q M Q M Q M Q M Bänke 3 17 2 11 0 6 0 6 2 11 WC 18 35 16 32 12 30 4 22 15 32 Wege 0 0 1 2 0 0 0 0 0 1 Fahrradwege 1 3 6 7 4 5 8 8 5 6 Schatten 0 13 2 7 0 6 0 0 1 7 Wiesen 0 5 0 2 1 2 0 0 0 2 Bepflanzung 2 2 2 2 1 4 0 0 2 3 Blumenschmuck 3 8 4 10 2 4 0 4 3 8 (Rabatten) Seeeinstieg 24 13 27 17 12 6 12 0 22 13 Spiel-/ 5 13 3 10 3 8 0 0 3 9 Unterhaltungs- möglichkeiten Beleuchtung* 11 12 7 9 6 6 3 0 7 9 Verpflegungs- 10 15 12 13 5 11 6 4 10 12 möglichkeiten Fliegende 6 3 4 6 2 2 6 6 4 5 HändlerInnen n 105 262 99 49 521

Q=Qualität, M=Menge, alle Angaben in % der Befragten

* Zur Beleuchtung konnten nicht alle Befragten Auskunft geben, da einige das Seebecken bisher nur bei Tag besuchten. Daher beziehen sich die Angaben nicht auf alle Befragten, sondern nur auf diejenigen, welche Auskunft geben konnten.

Hervorhebungen 15-20% 21-30% 31-40% >40%

84 6 Ergebnisse der Winterbefragung Es ist kein Geheimnis, dass die Seeanlagen im Sommer intensiver genutzt werden als im Winter und dass die verschiedenen Jahreszeiten unterschiedliche Nutzungen begünstigen. Unbekannt ist jedoch, ob sich das Publikum im Winter anders zusammensetzt als im Sommer und wie die Seeanlagen im Winter wahrgenommen und beurteilt werden. Ebenso ist es von Interesse, ob sich die Handlungsfelder des Sommers auch im Winter als relevant herausstellen, respektive ob und welche neuen Handlungsfelder die Winteruntersuchung aufdeckt.

Abb. 37: Winterimpressionen (links: Schiffanlegestelle beim Casino Lakeside, rechts: Blatterwiese)

Da die Befragung von Seebesuchenden bei Regen, Kälte und Schneefall bedeutend aufwändiger ist als bei sommerlichen Witterungsverhältnissen, wurden für die Winteruntersuchung erheblich weniger Personen befragt. Dies führt dazu, dass das Untersuchungsgebiet nicht in acht Sektoren unterteilt wurde. Auch der Vergleich zwischen linker und rechter Seeseite (40 bzw. 90 Interviews) stützt sich auf ein kleines Sample.

6.1 Nutzende

Zusammenfassung

Die Seeanlagen werden auch im Winter gerne besucht, insbesondere von den ZürcherInnen. 75% der Befragten kommen aus der Stadt, im Vergleich zur Sommerbefragung ist das eine Steigerung um 11 Prozentpunkte. Insgesamt wohnen 38% der Besuchenden in den Kreisen 2 und 8 und sind somit zu den Anwohnenden zu zählen. Wenig vertreten sind Personen aus den Kreisen 9, 10 und 12. Die große Mehrheit der Befragten ist direkt von zu Hause an den See gekommen, deutlich abgenommen hat die Zahl derer, die von der Arbeit aus in die Seeanlagen kommen. Der Anteil des Stammpublikums ist weiterhin sehr hoch, beinahe die Hälfte der Befragten kommen mehrmals in der Woche oder sogar täglich. Im zweiten Untersuchungszeitraum konnten deutlich mehr ältere Menschen (über 55 Jahre) befragt werden als im ersten. Sie machen 44% des Samples aus. Erheblich abgenommen hat der Anteil der 21-35-Jährigen (24%), die im Sommer

85 die größte Alterskategorie darstellten. Das Geschlechterverhältnis ist insgesamt ausgeglichen, außer bei den älteren Personen, wo die Zahl der Frauen die der Männer übersteigt. Der hohe Anteil an Anwohnenden bzw. Besuchenden aus der Stadt Zürich hat zur Folge, dass mehr Menschen als im Sommer zu Fuß an den See kommen und der Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel von 44% auf 26% gesunken ist. Der Vergleich der Sommer- und Winterbefragung zeigt, dass von einem „Ganzjahrespublikum“ ausgegangen werden muss. Dieses wird im Sommer von einem wesentlich grösseren „Sommerpublikum“ überlagert, aber nicht verdrängt, denn 98% der Befragten im Winter geben an, dass sie auch im Sommer an den See kommen und zwar regelmäßig (71% kommen auch im Sommer täglich, oder mehrmals in der Woche).

6.1.1 Einzugsgebiet Die meisten Besuchenden der Seeanlagen kommen auch im Winter aus der Stadt Zürich (75%), damit zeigt sich gegenüber der Sommerbefragung bei der die Zahl bei 64% lag, eine deutliche Steigerung. Es zeigt sich, dass die Anwohnenden (Kreise 2 und 8) noch wesentlich stärker am See vertreten sind, als dies im Sommer der Fall war (17%, vgl. Kap. 5.1.1). Im Gesamten sind 38% der Befragten Anwohnende – 13% wohnen im Kreis 2 und 25% im Kreis 8. 51% der Anwohnenden zählen zum Stammpublikum, während von den Nicht-Anwoh- nenden 39% dazu zählen. Auch wenn die Besuchenden aus dem Kreis 7 nicht mehr zu den Anwohnenden zählen, sind sie am See mit 12% deutlich stärker vertreten, als die Personen aus den anderen Kreisen (16% der Befragten auf der rechten Seeseite und 5% auf der linken). Weniger stark vertreten sind im Gegensatz zum Sommer die Personen aus dem Kreis 3 (5%). Die Bewohnenden der Stadtkreise 4 und 5 machen nur jeweils 2% der Befragten aus. Ebenfalls kaum vertreten sind Personen aus den Kreisen 9, 10 und 12. Lediglich auf Personen aus dem bevölkerungsstarken Kreis 11 scheint der See eine etwas stärkere Anziehungskraft auszuüben, sie machen 4% des Totals aus und 6% der Befragten der rechten Seeseite. 14% der Befragten wohnen in einer Gemeinde des Kantons Zürich und 4% wohnen in einer Schweizer Gemeinde außerhalb des Kantons Zürich (vgl. Abb. 38). Besuchende aus dem Ausland machen 3% der Befragten aus, gleichmäßig verteilt auf beide Seeseiten (Sommer 5%).

86

Abb. 38: Wohnort der Besuchenden: Vergleich Sommer/Winter

78% der Befragten geben an direkt von zu Hause gekommen zu sein (66% im Sommer), 9% von der Arbeit und 4% von der Schule. Während der Sommer- befragung gaben noch 18% an, von der Arbeit gekommen zu sein, was damit begründet werden kann, dass die Seeanlagen im Sommer ein beliebter Ort sind, um dort die Mittagspause zu verbringen, was in der kalten Jahreszeit weniger attraktiv ist. Allerdings konnte gerade zum Ende des Untersuchungszeitraumes hin beobachtet werden, dass schon eine leichte Wetterbesserung39 wieder zahl- reiche Menschen über Mittag in die Seeanlagen lockt. Weitere 9% der Besuch- enden sind von anderen Orten gekommen, beispielsweise vom Einkaufen oder einem Besuch bei Verwandten. (vgl. Tab. 18)

Tab. 18: Aufenthaltsort bevor Seebesuch, Winter Linke Seite Rechte Seite total Zu Hause 75% 79% 78% Arbeit 13% 8% 9% Schule, Uni 3% 4% 4% Anderes 10% 9& 9% k.A. 0 0 0 n 40 90 130

6.1.2 Besuchshäufigkeit Die Seeanlagen haben auch im Winter ein treues Stammpublikum: 45% der Besuchenden kommen täglich oder mehrmals in der Woche (48% im Sommer) (vgl. Abb. 39). Genau wie im Sommer ist der Anteil des Stammpublikums auch im Winter auf der linken Seeseite größer (53%) als auf der rechten Seite (41%) (vgl. Kap. 5.1.2). 25% der Besuchenden kommen im Winter 1-mal in der Woche an den See. Dieser Anteil liegt auf der rechten Seeseite höher (28%) als auf der

39 Die Befragungsperiode war durch sehr kaltes, aber trockenes Wetter gekennzeichnet.

87 linken (20%). 10% der Besuchenden kommen 1-mal in 14 Tagen. Der Anteil derer, die eher weniger oder selten kommen liegt bei 11%.

Abb. 39: Besuchshäufigkeit: Vergleich Sommer/Winter

6.1.3 Altersstruktur und Geschlechterverhältnis

Tab. 19: Altersstruktur der Befragten, Vergleich Winter/Sommer Alterskategorie Über 55 36-55 21-35 16-20 0-15 Winter (n=130) 44% 25% 24% 6% 1% Sommer (n=521) 9% 19% 51% 17% 4%

Eine der spannendsten Erkenntnisse der Winterbefragung ist, dass sehr viele ältere Menschen am See anzutreffen sind. Während wir im ersten Untersuch- ungszeitraum von Juli bis September nur sehr wenig ältere Besuchende befragen konnten, gehörten im Winter 44% der Befragten zur Kategorie der über 55- Jährigen, das entspricht 57 Personen (vgl. Tab. 19). Wichtig dabei ist, dass die älteren Personen den See im Sommer nicht etwa meiden, denn 96% von ihnen geben an, die Seeanlagen auch im Sommer zu besuchen, 73% sogar täglich oder mehrmals in der Woche. Vielmehr scheint es, als würden sie im Sommer einfach von der ungeheuren Menge an jüngeren Besuchenden überdeckt und ein wenig aus der allgemeinen Wahrnehmung verdrängt. Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass sie vor allem ruhige Tätigkeiten wie Spazieren ausüben. Abb. 40: „Typische“ Winter- 32 Personen (25%) gehören zur Al- Besuchende am Utoquai terskategorie der 36-55-Jährigen. Die Kategorie der 21-35-Jährigen, die im Sommer noch die größte Alters- kategorie darstellte (vgl. Kap. 5.1.3), ist im Winter nur noch mit einem Anteil von 24% vertreten. 31 Personen sind zwischen 21 und 35 Jahre alt und 13% der Personen dieser Alters- kategorie sind mit ihren Kindern am See und dabei handelt es sich ausnahmslos um Frauen. Unsere Beobachtungen haben gezeigt, dass bei den Müttern mit Kindern ein ähnlicher Effekt festzustellen ist, wie bei den über 55-Jährigen: Sie kommen

88 sowohl im Winter als auch im Sommer – 100% der befragten Personen gaben an, dass sie auch im Sommer die Seeanlagen besuchen – aber erst im Winter sind sie am See deutlich wahrnehmbar. An dieser Alterskategorie fällt weiter auf, dass sie bei der Frage nach der Beschäftigung am See vermehrt angeben, dass der See für sie da ist, um sich mit Freunden zu treffen und zum Plaudern (35% der 21-35- Jährigen, zum Vergleich: 22% aller Besuchenden antworten so). Die bis 15-Jährigen sind – wie auch im Sommer – in der Winterbefragung mit einem Anteil von 1% die kleinste befragte Gruppe, allerdings wurden wie in der Sommerbefragung keine Kinder befragt (vgl. Kap. 5.1.3). Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 20 Jahren machen 6% des Samples aus, was ein sehr deutlicher Rückgang gegenüber dem Sommer ist (17%). Das Geschlechterverhältnis ist insgesamt recht ausgeglichen (46% Männer, 52% Frauen), lediglich in der Alterskategorie der über 55-Jährigen gibt es deutlich mehr Frauen (58%) als Männer (40%).

6.1.4 Erreichbarkeit Die Vorzüge der Seeanlagen im Hinblick auf ihre Lage und Erreichbarkeit wurden zuvor bereits beschrieben (vgl. Kap. 5.1.4), weshalb wir uns hier auf die Darstellung der Ergebnisse beschränken. 55% der Besuchenden kommen zu Fuß in die Seeanlagen, auf der linken Seeseite sind es sogar 65%, auf der rechten mit 51% etwas weniger (vgl. Tab. 20). Die Sommerbefragung zeigte deutlich niedrigere Werte für die „Zu-Fuss-Kommenden“ auf: 21% kamen zu Fuss während mit 20% mehr Personen per Fahrrad kamen. Dies ist auf den deutlich höheren Anteil an Anwohnenden im Winter zurückzuführen40 (vgl. Kap. 6.1.1). Der Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel hat im Winter gegenüber der Som- merbefragung um mehr als die Hälfte abgenommen und beträgt nunmehr 26% gegenüber 44% im Sommer. Der motorisierte Individualverkehr macht in beiden Befragungen einen Anteil von 14% aus.

Tab. 20: Verkehrsmittelwahl, Winter Linke Seite Rechte Seite total

Zu Fuss 65% 51% 55% Velo 0% 7% 5% Tram, Bus, Zug 25% 27% 26% Auto, Motorrad 10% 16% 14% Keine Antwort 0 0 0 n 40 90 130

Die Anreise nimmt für die große Mehrheit der Seebesuchenden zwischen 10 und 30 Minuten in Anspruch (vgl. Tab. 21). 61% der befragten Besuchenden geben an, weniger als 30 Minuten für ihren Weg zu benötigen, 23% haben sogar nur 5 Minuten Fahrt oder Fußweg zurückzulegen. Im Sommer gaben nur 12% an, nach bereits 5 Minuten den See erreicht zu haben und 69% hatten eine Reisezeit von 10-30 Minuten. Längere Anfahrtswege nehmen sommers wie winters nur wenige Personen in Kauf (vgl. Kap. 5.1.4).

40 88% der Anwohnenden kommen zu Fuß, bei den Nicht-Anwohnenden sind dies nur 33%

89

Tab. 21: Dauer des Anfahrtsweges, Winter Linke Seite Rechte Seite total bis 5 min. 25% 22% 23% <15 min. 28% 31% 30% 15-30 min. 33% 30% 31% 31-45 min. 5% 12% 10% 46-60 min. 8% 0 2% >1h 0 4% 3% >2h 3% 0 1% n 40 90 130

6.1.5 Ganzjahrespublikum und Sommerpublikum 98% der Befragten im Winter geben an, dass sie auch im Sommer an den See kommen und zwar regelmäßig (71% kommen auch im Sommer täglich, oder mehrmals in der Woche). Dies bedeutet, dass nicht zwischen einem „Winter“- und „Sommerpublikum“, sondern zwischen einem „Ganzjahrespublikum“ und einem „Sommerpublikum“ unterschieden werden kann. Insbesondere die Anwohnenden gehören sommers wie winters zum Stammpublikum (87% der im Winter Befragten können zum Sommer-Stammpublikum gezählt werden). Der Vergleich zeigt, dass die Sommernutzung, die den Seeanlagen an schönen Tagen stellenweise den Charakter eines fast überfüllten Freizeitparks verleiht, kaum eine Person verdrängt, die unter anderen Umständen gerne kommen würde. Dies soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es diese Personen sehr wohl gibt und einzelne Besuchende sagen auch explizit, dass sie die Seeanlagen im Sommer „schlecht, überladen, unruhig und laut finden“ oder dass sie das „Baden im Sommer stört“. Mit dem Ausdruck „Verdrängungsprozess“ muss allerdings auf Grund der Ergebnisse dieser Studie vorsichtig umgegangen werden. Die älteren Besuchenden, die im Sommer einen kleinen Anteil an allen Besuchenden ausmacht, konnte während der Winteruntersuchung erheblich besser in die Be- fragung eingebunden werden und es konnte gezeigt werden, dass sie keinesfalls die Seeanlagen im Sommer speziell meiden. Ein Blick auf die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich zeigt, dass mit zunehmendem Alter der Anteil der Besuchenden, welche die Grünanlagen generell selten oder nie besuch- en, steigt (vgl. Kap. 5.5). Es handelt sich somit nicht um ein spezifisches Phäno- men der Seeanlagen. Eine ebenfalls im Sommer kaum wahrnehmbare Gruppe sind die Mütter mit Kindern. Erst durch die Winterbefragung hat sich herausgestellt, dass sie eine relevante Gruppe unter den Besuchenden am See sind41 und zwar sommers wie winters. Daraus lässt sich ableiten, dass das „Ganzjahrespublikum“ von einem sehr großen „Sommerpublikum“ überlagert aber nicht verdrängt wird (vgl. Abb. 41). Das Ganzjahrespublikum ist dabei ebenso heterogen zusammengesetzt wie das Sommerpublikum, allerdings mit etwas anderen Schwerpunkten: Das Ganz- jahrespublikum kommt im Sommer ebenfalls vor allem zum Spazieren, aber auch zum Baden, während das Sommerpublikum Nichts-tun und Baden als Haupt- beschäftigungen nennt. Daraus folgt weiter, dass es bezogen auf die von uns in dieser Studie untersuchten Kategorien (Alter, Geschlecht, Anwohnende/ Nicht- Anwohnende, ZürcherInnen/ Auswärtige) keine merklichen Verdrängungs- prozesse gibt. Das heißt, dass es keine Altersgruppe, kein Geschlecht, etc. gibt,

41 Männer mit Kindern sind in der Befragung nicht vertreten (vgl. Kap. 6.1.4).

90 die bzw. das nicht am See anzutreffen wäre. Damit ist allerdings nicht ausge- schlossen, dass innerhalb dieser großen Kategorien, die in sich ja nochmals sehr heterogen sind, keine Verdrängungsprozesse stattfinden, bzw. Ausschluss- tendenzen feststellbar wären. Es gibt sehr wohl Personen beispielsweise jeder Alterskategorie, die den See, aus welchen Gründen auch immer, nicht aufsuchen. Das heißt aber nicht, dass Personen einer ganzen Alterskategorie verdrängt würden.

Abb. 41: Ganzjahres vs. Sommerpublikum

Ganzjahrespublikum Sommerpublikum

Abb. 42: Typen von Besuchenden, die zum Ganzjahrespublikum gezählt werden können

6.2 Nutzung der Seeanlagen im Winter

Zusammenfassung

Spazieren gehen und Sich-erholen sind die Hauptbeschäftigungen am See. Mit dieser Nutzungsveränderung wird es auch ruhiger in den Seeanlagen und sie verlieren ihren sommerlichen Freizeitparkcharakter. Die Stimmung gegenüber Hunden ist wie schon im Sommer ambivalent: Gut ein Drittel stört sich an freilaufenden Hunden, etwas mehr als die Hälfte der befragten Personen befürwortet die Leinenpflicht, die anderen lehnen sie ab.

6.2.1 Spazieren, Erholen, Freunde treffen – oder einfach einen Schneemann bauen Die Seeanlagen sind auch im Winter ein beliebter Ort für zahlreiche Aktivitäten. Gegenüber dem Sommer gibt es eine Verschiebung der Hauptbeschäftigungen in Richtung Spazieren und Flanieren (vgl. Abb. 43), was 89% der Befragten als ihre

91 Hauptbeschäftigung angeben. Dabei unterscheiden sich die Anwohnenden kaum von den Nicht-Anwohnenden und auch zwischen den Alterskategorien lassen sich keine Unterschiede ausmachen. An zweiter Stelle steht für die Besuchenden die Erholung. 25% der Besuchenden geben dies als ihre Hauptbeschäftigung an. Für 22% der Befragten dienen die Seeanlagen insbesondere als Treffpunkt, jedoch eher auf der rechten Seeseite (27%) als auf der linken (10%). Für die kalte Jahreszeit geben auffallend viele Befragte an am See zu lesen (11%), alles Per- sonen über 20 Jahre. Andere Tätigkeiten werden weniger genannt, vornehmlich die verschiedenen Sport- und Spielarten, die im Sommer viele Besuchende be- geistern, werden im Winter nicht ausgeübt, was erheblich dazu beiträgt, dass der im Sommer stellenweise sehr ausgeprägte Freizeitpark-Charakter im Winter kaum mehr spürbar ist. Kaum war jedoch der Schnee weg, waren die Boule spielenden Personen bereits wieder auf dem neuen Platz neben dem Casino anzutreffen.

Abb. 43: Hauptbeschäftigungen am See, Winter

6.2.2 Raumwahrnehmung, Platzangebot und Lieblingsorte am See Die Befragten wurden gebeten anzugeben, in welchen Bereichen am See sie sich bewegen42. Dabei zeigt sich, dass viele Personen, die wir auf der linken Seite befragten auch teilweise die rechte Seite aufsuchen (45%). Ebenso gaben auf der rechten Seite 26% an, dass sie ab und zu auch die Seeanlagen auf der linken Seite besuchen würden.

42 Grundlage für die Auswertung dieser Frage ist unsere Aufteilung des Untersuchungsgebiets in die 8 Sektoren (vgl. Kap. 4). Eine Mehrfachnennung war möglich.

92 Auf der rechten Seeseite nennen jeweils über 80% der Befragten die Sektoren 5 und 6 als ihre Aufenthaltsorte43 bzw. ihren Bewegungsradius am See, gefolgt vom Sektor 7 mit 76% und Sektor 8 mit 63%. Zwischen 28% und 43% der Besuchenden, die wir auf der linken Seeseite befragten, nannten einen oder mehrere dieser Sektoren ebenfalls. Am meisten besuchen die Interviewten der linken Seite jedoch die Sektoren 1 (100%), 2 (78%), 3 (73%) und 4 (50%)44. Somit bestätigt sich also das bereits in der Sommerstudie gezeichnete Bild einer differenzierten Raumwahrnehmung und -nutzung durch die Besuchenden. Mit dem Platzangebot zeigt sich die große Mehrheit der Besuchenden zufrieden. 88% der Befragten antworten, dass sie am See genügend Raum haben, auf der linken Seeseite sind es sogar 90%. Die 12% der Besuchenden, die finden dass sie nicht genügend Raum am See haben, beziehen sich in ihren Aussagen vor allem auf die Situation im Sommer. Insgesamt bemängeln 20% der Befragten das Platz- angebot im Sommer, bewerten die Gesamtsituation aber trotzdem als zufrieden stellend. Im Sommer selbst fallen die Ergebnisse weniger kritisch aus. Damals bewerteten nur 9% der Befragten das Platzangebot negativ, über 90% zeigten sich zufrieden.

Abb. 44: Winterimpression Blatterwiese 84% der Befragten beschreiben die Atmosphäre am See als positiv, nur rund 2% der Besuchenden em- pfinden die Seeanlagen in irgend- einer Weise negativ. Meist werden die Seeanlagen als „friedlich“, „schön“, „ländlich“, „angenehm“, „erholsam“, „ruhig“ beschrieben, oder auch als „melancholisch“ und „beruhigend“. Dabei gibt es so- wohl Besuchende, welche die Ruhe und die besondere Winter- stimmung hervorheben, als auch solche, die es genießen, wenn es viele Leute hat und die Seeanlagen belebt sind. Unter den vielen positiven Stimmen gibt es aber auch Einzelne, die sich etwas kritischer äußern. Dabei nehmen diese vor allem auf den Sommer Bezug. Eine Person beispielsweise empfindet es „im Sommer mit lauter Musik und dubiosen Leuten (als) schockierend“. Eine andere Person beschreibt im Winter die Situa- tion des Sommers „schlecht, überladen, unruhig, laut“. Diese Kommentare sind allerdings bezogen auf die Gesamtheit der Besuchenden nur sehr wenige Einzelstimmen. Meist werden die Seeanlagen zu jeder Jahreszeit geschätzt: Winter: erholsam, wenig Leute (unüblich in der Stadt); Sommer: sowieso schön, gefällt auf jeden Fall. Der grösste Teil der Besuchenden fühlt sich winters sicher am See (92%). Und den Besuchenden gefällt auch der Schnee am See. 29% der Befragten sind der Meinung, dass die Wege im Winter geräumt werden müssen, 57% finden, man könnte den Schnee liegen lassen und 14% ist dies egal.

43 Befragt wurden die Personen auf der rechten Seeseite im Sektor 6. 44 Befragt wurden die Personen auf der linken Seite im Sektor 1. Dies erklärt teilweise auch, weshalb der Sektor 4 deutlich seltener als die übrigen Sektoren dieser Seite genannt wurde.

93 6.2.3 Hunde, auch im Winter ein Konfliktpunkt?45 Bei fast allen unseren Beobachtungen konnten Hunde am See gesichtet werden, teilweise mit und teilweise ohne Leine. Auf insgesamt 29 von 30 Beobachtungsprotokollen wurden Hunde vermerkt. Im Sommer wurden in den 70 Beobachtungsprotokollen 43-mal Hunde protokolliert. Somit wurden im Winter deutlich häufiger Hunde beobachtet als im Sommer. In der Winter- befragung wurden 13 hundehaltende Personen befragt (10%). Daraus lassen sich keine detaillierten Erkenntnisse über die Hundehaltenden ableiten. Stimmung gegenüber Hunden am See Hunde, die an der Leine geführt werden, sind für die Mehrheit der Besuchenden kein Problem. 96% der Befragten sagen, dass sie Hunde an der Leine nicht stören, was dem Bild der Sommerbefragung entspricht (97%). Sind die Hunde nicht an der Leine, so stört das allerdings erheblich mehr: Nur noch 61% der Befragten finden dass sie freilaufende Hunde nicht stören. Dabei gibt es nur kleine Unterschiede zwischen der rechten (58% stören sich nicht) und der linken Seeseite (68% stören sich nicht) als auch zwischen den Anwohnenden (65%) und den Nicht-Anwohnenden (56%). Ebenso lässt sich feststellen, dass die Zustimmung zu freilaufenden Hunden in den verschiedenen Alterskategorien sehr ähnlich ist. Hauptsächlich werden Hygiene (Hundekot) und die Angst vor freilaufenden ungehorsamen Hunden als Gründe für die Ablehnung genannt. Auf die Frage, ob sie eine Leinenpflicht im ganzen Seebereich befürworten würden, antworten 51% mit Ja und 48% der Befragten mit Nein (vgl. Abb. 45). Dabei ist die Zustimmung zu dieser Regelung unter den Nicht-Anwohnenden etwas größer (55%) als unter den Anwohnenden (47%). Die Besuchenden auf der rechten und der linken Seeseite unterscheiden sich in ihrer Meinung kaum. Die Anzahl der Personen, welche die Leinenpflicht befürworten liegt im Winter etwas höher als im Sommer.

Abb. 45: Personen, die für eine obligate Leinenpflicht sind, Vergleich Winter/Sommer

45 Vergleiche hierzu auch Kapitel 5.2.7

94 Der Vorschlag, Gebiete auszuweisen mit Leinenpflicht und solche ohne, findet bei 59% der Befragten Zustimmung. Unterschiede gibt es zwischen der rechten und der linken Seeseite: Links befürworten 70% der Befragten diesen Vorschlag, rechts nur 54% (vgl. Abb. 46).

Abb. 46: Gebietsaufteilung: Hunde an der Leine/ Hunde nicht an der Leine: Vergleich Winter/Sommer „Fänden Sie es gut, wenn es markierte Gebiete gäbe, an denen die Hunde an die Leinen genommen werden müssen und solche, in denen sie ohne Leine sein könnten (Gebietsaufteilung)?

Ein Verbot für Hunde in bestimmten Gebieten empfinden insgesamt 35% der Besuchenden als einen guten Vorschlag, auf der linken Seite sind dies 23%, auf der rechten Seite 41%.

6.3 Wahrnehmung der Anlagen und der Ausstattungs- elemente

Zusammenfassung

Die Ausstattung der Seeanlagen wurde auch in der Winterbefragung sehr positiv beurteilt. Die Besuchenden schätzen vor allem die Wege, die Wiesen und die Bepflanzung. Besser als im Sommer wurden die Verpflegungsmöglichkeiten eingeschätzt, wobei die rechte Seeseite in diesem Punkt gerade durch das neue Café am Hafen Riesbach als deutlich besser versorgt gelten kann als die linke Seeseite. Weniger gut wurden die Fahrradwege, die Spiel- und Unterhaltungs- möglichkeiten und die Beleuchtung bewertet.

6.3.1 Bewertung der einzelnen Elemente im Winter Die Bewertung der verschiedenen Ausstattungselemente fällt im Winter wie schon in der Sommeruntersuchung grundsätzlich positiv aus. Allerdings lassen sich auch einige Diskrepanzen ausmachen. So ist der Anteil der Besuchenden, die im Fragebogen die einzelnen Ausstattungselemente nicht beurteilten im Ver-

95 gleich zum Sommer sehr hoch46. Dies spiegelt deutlich das veränderte Nutzungsmuster der Anlagen im Winter wider. Die Besuchenden kommen, wie in Kapitel 6.2.2 ausgeführt wurde, vor allem zum Spazierengehen, was bestimmte Ausstattungselemente wie Toiletten und Verpflegungsmöglichkeiten weniger notwendig macht, als der stundenlange Aufenthalt zum Baden und Sonnen im Sommer. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse aus der Sommer- und der Winteruntersuchung zu ermöglichen, wurden letztere noch einmal berechnet, ohne die Besuchenden, die keine Antwort gaben und es zeigt sich, dass die Zufriedenheit mit den Ausstattungselementen gleich hoch oder noch höher ist. Die Ergebnisse im Einzelnen: Die Besuchenden wurden im Fragebogen gebeten, die einzelnen Ausstattungselemente hinsichtlich Qualität und Menge mit einer Notenskala von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht) zu bewerten (vgl. Tab. 22, Tab. 23, nicht dargestellt sind Personen, die mit Note 3 also „okay“ antworteten). Sehr zufrieden (Noten 1 und 2) sind die Besuchenden wie schon im Sommer mit den Bänken, den Wegen, den Wiesen und der Bepflanzung (vgl. Kap. 5.3). Jeweils fast 90% der Befragten bewerten diese in Qualität und Menge mit gut bzw. sehr gut. Abb. 47: Restaurant beim Hafen Riesbach Die Verpflegungsmöglichkeiten werden leicht besser beurteilt als im Sommer, 74% der im Winter Befragten verteilen die Noten 1 und 2. Trotz der guten Bewertung wurde von den Besuchenden Kri- tik vorgebracht. So finden es eini- ge zu teuer oder aber auch zu einseitig. Auf der rechten Seeseite präsentiert sich die Situation dank des neuen Restaurants beim Hafen Riesbach etwas besser als auf der linken. Während man hier ganz- jährig drinnen – und an schönen Wintertagen auch draußen – sitzen kann, gibt es auf der linken Seite nur das Gemeinschaftszentrum Wollishofen mit einer Cafeteria, die unter der Woche und sonntags von 12.00-17.00 Uhr geöffnet hat, das Seerestaurant Aqua und zwei Kioske, wobei durch die Öffnung des Strandbads Mythenquai für die Öffentlichkeit im Winter eine zusätzliche Verpflegungsmöglichkeit offen steht. Die Bänke werden ähnlich bewertet wie im Sommer: 84% der Befragten beurteilen deren Qualität und 74% deren Menge mit den Noten 1 oder 2. Die Beurteilung der Toiletten weichet nur leicht von den Werten des Sommers ab: Sowohl im Sommer wie auch im Winter bemängeln rund 30% die Menge der Toiletten. Gut oder sehr gut bewerten 66% (sommers 55%) der Befragten die Qualität bzw. 51% (sommers 43%) die Menge der Toiletten. Besonders gut wurde die Bepflanzung beurteilt, 99% der Befragten gaben ihr in der Qualität eine 1 oder 2 und 92% in der Menge. Damit zeigen sich die Besuchenden im Winter noch einmal deutlich zufriedener als im Sommer.

46 Die Besuchenden gaben in diesen Fällen an, das entsprechende Ausstattungselement, beispielsweise die Toiletten, nicht beurteilen zu können, da sie es nicht benutzen.

96

Tab. 22: Personen, die die Ausstattungselemente mit „gut“ oder „sehr gut“ beurteilen, Winter Ausstattungsmerkmal Q M Bänke 84% (n=98) 74% (n=107) WC 66% (n=73) 51% (n=83) Wege 93% (n=119) 95% (n=117) Fahrradwege 63% (n=59) 35% (n=69) Wiesen 91% (n=111) 90% (n=112) Bepflanzung 99% (n=118) 92% (n=117) Spiel- und Unterhaltungs- 68% (n=50) 47% (n=62) einrichtungen Beleuchtung 72% (n=75) 68% (n=73) Verpflegungsmöglichkeiten 74% (n=93) 69% (n=93)

6.3.2 Fahrradwege, Spielplätze und Beleuchtung – negative Beurteilung In der Winterbefragung wurden einige Elemente weniger gut beurteilt (vgl. Tab. 23). Während die negative Beurteilung der Beleuchtung zu erwarten war, sind die Fahrradwege und die Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen eine kleine Über- raschung. 24% der Befragten bewerten die Qualität der Fahrradwege mit schlecht oder sehr schlecht und 39% deren Menge. Diese Werte liegen um ein Vielfaches höher, als in der Sommeruntersuchung (vgl. Kap. 5.3.2). Wenn man die Kommentare der Besuchenden an dieser Stelle mit einbezieht, so ist festzustellen, dass insgesamt 13% den Mischverkehr von FussgängerInnen und Fahrrad- fahrenden kritisieren. Eine Erklärung für die unterschiedliche Beurteilung zur Sommeruntersuchung könnte sein, dass aufgrund der geringeren Anzahl von Besuchenden insgesamt, mehr Fahrradfahrende auf der rechten Seite den Weg durch die Seeanlagen wählen, während sie im Sommer eher den Fahrradweg (Duforstrasse) wählen. Auf der linken Seite ist zu vermuten, dass winters schnel- ler gefahren wird, da es ja nicht so viele FussgängerInnen wie sommers hat, während im Sommer dies schlechter möglich ist. Ebenso beobachteten wir, dass beim Weg durchs Arboretum die Fahrradfahrenden teilweise auch den Fuss- und nicht den Fahrradweg benützen. Ob dies tatsächlich die Gründe für die grosse Unzufriedenheit ist, kann allerdings durch diese Untersuchung nicht ab- schliessend geklärt werden. Unser Vorschlag wäre, dass man im Herbst, sobald die Besuchsmenge in den Seeanlagen zurückgeht, über ein Hinweisschild informiert, dass auch in dieser Situation aufeinander Rücksicht genommen werden soll. Ein weiterer Kritikpunkt sind für die Besuchenden die Spiel- und Unter- haltungseinrichtungen in den Seeanlagen. 16% der Befragten sind mit der Qualität und 31% mit der Menge unzufrieden. 11 Personen gaben an, dass sie diese nur unzureichend finden, 6 Personen wünschen sich mehr und bessere Spielplätze, fast ebenso viele Personen wiederum finden, dass es schon jetzt zu viele Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen hat. Es lässt sich also kein klares Meinungsbild ermitteln. Die Beleuchtung wird von den Besuchenden ebenfalls kritisiert: 12% der Be- fragten beurteilen die Qualität mit schlecht oder sehr schlecht und 16% die Menge. Damit wird die Beleuchtung im Winter schlechter beurteilt als im Sommer (vgl. Kap. 5.3.4). Allerdings ist der Anteil der Befragten, die keine

97 Antwort auf diese Frage geben konnten, da sie nie im Dunkeln am See sind, im Winter noch deutlich größer (42 bzw. 44%) als im Sommer (zwischen 20 und 30%). Trotz der mangelhaften Beleuchtungssituation fühlen sich 92% der Befragten am See sicher, wobei es etwas weniger Frauen sind (90%) als Männer (95%).

Tab. 23: Personen, die die Ausstattungselemente mit „schlecht“ oder „sehr schlecht“ beurteilen, Winter Ausstattungsmerkmal Q M Bänke 2% (n=98) 8% (n=107) WC 10% (n=73) 29% (n=83) Wege 2% (n=119) 2% (n=117) Fahrradwege 24% (n=59) 39% (n=69) Wiesen 4% (n=111) 4% (n=112) Bepflanzung 2% (n=118) 3% (n=117) Spiel- und Unterhaltungs- 16% (n=50) 31% (n=62) einrichtungen Beleuchtung 12% (n=75) 16% (n=73) Verpflegungsmöglichkeiten 3% (n=93) 12% (n=93)

6.4 Abfall

Zusammenfassung

Die Situation rund ums Thema Abfall und die Abfallentsorgung ist auch im Winter ein wichtiges Thema für die Besuchenden. Insgesamt sind 29% der Meinung, dass es viel Abfall hat und stören sich meist auch daran. Die Anwoh- nenden zeigen sich deutlich kritischer als die Nicht-Anwohnenden, ein Indiz dafür, dass sie oftmals einen stärkeren Bezug zu den Seeanlagen haben und diese gepflegt wissen möchten. Damit bestätigen sich die Ergebnissen der Sommer- untersuchung und es gilt an dieser Stelle noch einmal die Notwendigkeit einer Sensibilisierung der Besuchenden bezüglich der Abfallthematik und die Notwendigkeit der Identifikation mit den Anlagen zu unterstreichen. Mit der Abfallentsorgung sind 89% der Befragten zufrieden, auf der linken Seeseite sind es sogar 98%.

6.4.1 Beurteilung der Abfallsituation47 Grillen, Picknicken und der Konsum bei einer/m der Fliegenden HändlerInnen; alles Tätigkeiten, die sommers viel Abfall in den Seeanlagen anfallen lassen, werden im Winter nicht ausgeübt. Daher präsentiert sich die Situation im Winter anders als im Sommer. Dennoch finden 29%, dass es viel Abfall hat. Dies ist nur geringfügig weniger als im Sommer (35%). Nicht vergessen werden darf dabei aber, dass die Mehrheit der Befragten (winters 71%, sommers 65%) kein Pro- blem in der Abfallsituation sehen. Unterschiede treten dabei zwischen Anwoh- nenden und Nicht-Anwohnenden zu Tage. Während 41% der befragten An- wohnenden sagten, es habe viel Abfall, taten dies nur 24% der Nicht-Anwoh- nenden. Dass bei der Beurteilung der Abfallsituation ein Unterschied zwischen den Anwohnenden und den Nicht-Anwohnenden existiert, gilt nicht nur für den

47 Vergleiche hierzu auch Kapitel 5.4.

98 Winter, sondern zeigte sich bereits bei der Befragung im Sommer (vgl. Kap. 5.4.1). Die Beurteilung der Abfallmenge ist jedoch nicht gleich zu setzen damit, ob sich eine Person am Abfall auch stört oder nicht. 73% der Befragten sagen aus, dass sie der Abfall nicht stört (vgl. Abb. 48), rund 16% kommentieren jedoch, dass sie der Abfall im Sommer schon stört. Be- züglich der Beurteilung der Abfallthematik zeigen sich praktisch keine Unter- schiede zwischen der linken und rechten Seite; einzig die insgesamt als gut bezeichnete Abfallentsorgung wird links etwas besser bewertet als rechts. Hin- gegen zeigen sich deutliche Diskrepanzen zwischen den Anwohnenden und den Nicht-Anwohnenden: 45% der Anwohnenden stören sich am Abfall, aber nur 17% der Nicht-Anwohnenden.

Abb. 48: Beurteilung des Abfalls, Vergleich Winter/Sommer

Abschliessend wurden die Besuchenden noch gefragt, was sie zur Abfall- entsorgung denken. 89% der Befragten beurteilen sie mit gut, nur 10% sind der Meinung, dass sie nicht gut sei. Auf der linken Seeseite sind es sogar 98%, die sich mit der Abfallentsorgung zufrieden zeigen – auf der rechten Seeseite sind es 86%. Auch die Anwohnenden zeigen sich etwas unzufriedener: 84% geben an sie

99 fänden die Entsorgung gut, während unter den Nicht-Anwohnenden 93% dieser Meinung sind.

100

7 Diskussion der Ergebnisse Die Seeanlagen werden geschätzt. Von vielen Besuchenden werden sie als „tolles Stück Natur mitten in der Stadt“ und als „einfach toll“ bezeichnet. Gesamthaft kann und darf gesagt werden, dass die Seeanlagen ganzjährig ein sehr gut funk- tionierender Raum sind. Dies gilt es zu bewahren und zu stärken. Die dazu relevanten Handlungsfelder verteilen sich auf drei Ebenen: 1. Ebene: Besuchende untereinander, 2. Ebene: Interaktion der Besuchenden mit dem Raum, 3. Ebene: Einzelne Raumelemente (vgl. Abb. 49). Sowohl auf der Ebene der Besuchenden untereinander wie auch auf der Ebene der Interaktion der Besuchenden mit dem Raum sind keine gravierenden Probleme feststellbar. Unter den Besuchenden herrscht ein Klima grosser Toleranz. Mit dem Raum sind die Besuchenden sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht zufrieden. Was jedoch ernst genommen werden muss, sind die vielen Be- suchenden, die sich an den freilaufenden Hunden stören. Hier gilt es, die bestehenden Regeln beizubehalten und durchzusetzen (vgl. Kap. 8). Die drei Analyseebene stehen jedoch nicht nur für sich alleine, sondern sind miteinander verbunden, da sich jede Person immer gleichzeitig auf jeder Ebene befindet. Ist beispielsweise Person A unzufrieden, weil sie keinen Platz im Schatten in ihrem Lieblingssektor 5 findet, auf dem sie ihr Liegetuch ausbreiten kann und in dessen Nähe nicht gespielt wird, und sie deswegen diesen Sektor verlässt, anderswo am See einen solchen Platz sucht, diesen aber nicht findet und in Folge dessen zu den Spielenden geht und diesen sagt, dass hier nicht gespielt werden soll, kann auf allen Ebenen ein Problem analysiert werden. Auf der 3. Ebene kann festgestellt werden, dass im Sektor 5 zu wenig Schatten vorhanden ist, auf der 2. Ebene, dass es zu wenig Raum hat, in dem es sowohl Schatten hat und gleichzeitig keine Spielenden in der Nähe sind, die Person also mit der Qualität und der Quantität des Raums nicht zufrieden ist. Auf der 1. Ebene schliesslich wird analysiert, wie die Personen interagieren, ob sie sich friedlich einigen können oder ob Konflikte auftreten. Würde Person A nicht die Spielenden ansprechen sondern einfach etwas verstimmt den See verlassen oder sich an die Sonne legen und uns dies im Gespräch erzählen, wäre dies ebenfalls eine Problemsituation auf der 1. Ebene. Auf der Ebene einzelner Raumelemente zeigen sich verbesserungsfähige Punkte. Hier kann und soll konkret gehandelt werden. Die Ebenen dienen zur Erinnerung von Diskursfeldern, die in Kap. 7.1 - 7.3 diskutiert werden und in konkrete Empfehlungen münden (Kap. 8).

Abb. 49: 3 Ebenen der Analyse

101 7.1 Bestehende Toleranz pflegen Obwohl die Seeanlagen von sehr vielen Personen besucht werden, geben selbst im Sommer über 90% der Befragten an, dass sie genug Raum am See haben. Selbst zum Spielen ist meist Platz vorhanden. An schönen Wochenenden und an heissen Sommerabenden kann es enger werden. Dies führt jedoch nicht zu Nutzungskonflikten, sondern man begegnet sich am See äusserst tolerant. Es scheint, als herrsche am See eine entspanntere Atmosphäre als an andern Plätzen in der Stadt, als wären die Seeanlagen ein Kosmos von besonderer Toleranz. Diese Atmosphäre soll unbedingt bewahrt werden, denn sie ist die Voraus- setzung, dass so viele Nutzende mit unterschiedlichen Bedürfnissen relativ kon- fliktfrei diesen grossen und in sich vielfältigen Erholungsraum geniessen können. An diese Atmosphäre kann angeknüpft werden, wenn es um die Entschärfung gewisser Konflikte geht, die auch am See auftreten. Ebenso soll diese Kultur der Toleranz im Vordergrund stehen, wenn es um das konkrete Mit-/und Neben- einander am See geht und nicht (zu) viele Regeln und Verbote. Das Gleich- gewicht von Mit- und Nebeneinander soll durch das Gespräch und Ausei- nandersetzungen hergestellt werden.

7.2 Multifunktionalität, Diversität und Individualität der öffentlichen Räume bewahren Durch die unterschiedlichen Freizeit-Habitate ist es am See gelungen, unterschiedlichen Nutzenden Raum für ihre Art der Nutzung zur Verfügung zu stellen. Einerseits zeichnen sich die Seeanlagen über eine breite Diversität der Räume aus, – Räume mit unterschiedlichen Charakteren – anderseits sind viele der einzelnen Räume multifunktional nutzbar. Dies zeigt, dass Diversität und Multifunktionalität nicht Gegensätze sind. Im Sektor 5 beispielsweise zeigt sich die Diversität durch unterschiedliche Räume und Elemente, wie Wiesen, Wege, Kiesplatz, Seeeinstieg, Schiffsteg und Restaurants, die in sich multifunktional sind. Die Wiese beispielsweise kann sowohl für unterschiedlichste Sportarten genutzt werden, als auch zum Sonnen, Picknicken oder Lesen. Damit dies weiterhin möglich ist, soll bei der Um- oder Neugestaltung von Teilen der Seeanlagen darauf geschaut werden, dass die neu entstehenden Räume möglichst breit genutzt werden können oder aber, dass sie solche Nutzungen zulassen, für die bisher eher zu wenig Raum vorhanden ist. Die Betrachtung der Gesamtheit der öffentlich nutzbaren Räume der Stadt (und ihrer Agglomeration) kann das Spannungsverhältnis zwischen Multifunktionalität und Spezifizierung der Räume zum Teil lindern. Denn erst durch das Einbeziehen der Gesamtheit der öffentlichen Räume kann abgeschätzt werden, ob und wie diese den Bedürfnissen der Nutzenden gerecht werden. Diversität Die räumliche Diversität der Seeanlagen ermöglicht, dass die Besuchenden je nach Bedürfnis bewusst den einen oder andern Raum am See aufsuchen. Ebenso führt dies dazu, dass sich je nach Raum oder eben Sektor unterschiedliche Handlungsfelder auftun. Dabei sticht der Sektor 2 hervor. Er wird äusserst selten besucht, was vermuten lässt, dass dieser Raum, so wie er sich heute präsentiert, nicht den Bedürfnissen der Besuchenden entspricht. Im Mittelpunkt steht daher die Frage, will/kann man diesen Raum umgestalten und wenn, wie sollte er gestaltet werden. Dabei soll darauf geachtet werden, dass ein Raum geschaffen

102 wird, der den Kriterien eines Möglichkeitsraums mit einem hohen Grad an Nutzungsmöglichkeiten genügt. Der Sektor 2 darf aber nicht nur isoliert betrachtet werden, sondern muss in seinem Umfeld – südlich des Arboretums, von diesem aber bereits abgeschnitten und nördlich der Landiwiese, von dieser ebenfalls abgeschnitten – beurteilt werden. So zeigt sich schnell, dass zwischen dem Ende des Arboretums und der Landiwiese aus Sicht der Parkbesuchenden eine Brache liegt. Hafen, Seepolizei, Bootshäuser und schliesslich das bilden für die Spazierenden und Flanierenden keine attraktive Umgebung. Eng an den physischen Raum mit seiner Atmosphäre und seinem Image sind auch die Erwartungen der Besuchenden geknüpft. Daraus ergibt sich, dass die verschiedenen Sektoren verschiedene Personen unterschiedlich stark anziehen und diese durch ihr Handeln und Verhalten das Image des Raums verstärken. Die Seeanlagen – obwohl in den unterschiedlichen Sektoren unterschiedliche Atmo- sphären herrschen – werden überall von einem breit gefächerten Publikum aufgesucht. Die älteren Personen sind allerdings sommers am See untervertreten. Möchte man in Zukunft die Räume so gestalten, dass Personen der bisher untervertretenen Kategorien angesprochen werden, müssten zuerst deren Bedürfnisse abgeklärt werden. Das zum Teil verwendete einfache Mass „Geschlechterverhältnis“ um das „Funktionieren“ eines öffentlichen Raums bewerten zu können (Paravicini, 2005), zeigt für alle Sektoren ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis, was als Indikator eines gut funktionierenden öffentlichen Raums gilt. Die räumliche Diversität, die unterschiedlichen Freizeit-Habitate, die sich den Besuchenden präsentieren, sollten unbedingt erhalten bleiben. Multifunktionalität Multifunktional nutzbare Räume geben bei deren Übergabe an die Öffentlichkeit allen Gruppen das Gefühl, dass sie diese mitnutzen können und es fühlen sich nicht bereits von Anfang an einige ausgeschlossen. Multifunktionalität heisst nicht, dass jeder Raum immer von allen für alles genutzt werden muss, sondern dass verschiedene Nutzungsmöglichkeiten bestehen. Dabei gilt es zu beachten, dass der öffentliche Raum nicht nur von unterschiedlichen Personen genutzt wird, sondern dass sich diese teilweise auch zeitlich staffeln. Die Seeanlagen sind in Raum- und Zeitzonen aufgeteilt. Ein Raumausschnitt kann zu unterschiedlichen Zeiten einen andern Charakter haben. Sei dies durch den Rhythmus der Natur (Tagesschwankungen in der Temperatur, im Sonnenstand, Wetterschwankungen oder die unterschiedlichen Jahreszeiten) oder durch die Rhythmen der Nutzenden (am Morgen eher ruhig und wenige Leute, aber viele Hunde, am Abend mehr Leute und lauter). Beides führt dazu, dass sich derselbe Raum im Rhythmus verändert und während gewisser Phasen unter- schiedliche Personen anzieht oder vom Besuch abhält. Daher ist es auch falsch nur zu fragen, welche Gruppen ausgeschlossen sind respektive welche Nutzenden verdrängt werden. Vielmehr muss gefragt werden, auf wen das Wo und Wann zutrifft. Die Befragung hat gezeigt, dass beispielsweise am Morgen prozentual mehr Anwohnende den See aufsuchen als am Abend. Auch die älteren Leute erzählten, dass sie sommers bewusst am Morgen an den See kommen. Es sei dann weniger heiss, sie hätten mehr Platz und es sei ruhiger. Im Winter hingegen beschränken sich ihre Besuche bei weitem nicht nur auf die Morgenstunden. Die Seeanlagen

103 können zu unterschiedlichen Zeiten Bedürfnisse stillen, die sich gleichzeitig ausschliessen würden. In der Multifunktionalität drückt sich auch aus, dass bei der Konzipierung und Umsetzung auf verschiedene Bedürfnisse eingegangen wurde. Da vor einer Neu- /Umgestaltung oft gar nicht bekannt ist, wie die Nutzenden die neuen Räume nutzen werden, sollte nicht nur in fixen und starren Elementen und Kategorien geplant und gebaut werden, sondern die Räume sollen von den Besuchenden interpretiert werden können. Das bedeutet einerseits, dass Räume geschaffen werden sollen, die baulich einfach angepasst werden können, dass anderseits aber auch der Mut „unfertige Räume“ zu schaffen, zum Zug kommen soll. Beispiele für unfertige Räume finden sich im Irchelpark in Zürich. Hier wagte man es, Räume in einer Form den Besuchenden zu übergeben, die unterschiedliche Nutzungen und Weitergestaltung zuliessen (z.B. Universität Zürich 2001).

7.3 Bezüge zu den Nutzenden herstellen Partizipation Öffentliche Räume sollen von den Nutzenden her entwickelt und erneuert werden. Dazu eignet sich ein partizipatives Vorgehen, das bereits beim Entwicklungsprozess einsetzt. Einerseits hat dies den Vorteil, dass nicht an den Bedürfnissen der Nutzenden vorbeigeplant wird, anderseits können die Anliegen verschiedener Nutzergruppen und deren unterschiedlichen Bedürfnisse abgeholt werden. Umfassend setzt sich Blumer (2001) auf einer praktischen und Selle (z.B. 1997, 1996) auf einer theoretischen Ebene mit partizipativen Vorgehen in der Stadtplanung auseinander. Diese Studie stellt einen ersten partizipativen Schritt dar, indem sie die Sicht der Nutzenden aufzeigt. Ein partizipatives Vorgehen beinhaltet jedoch noch viele weitere Schritte. So müssten auch die Bedürfnisse der Personen, welche die Seeanlagen nicht besuchen, aufgenommen und analysiert werden. Neben der Abklärung der Bedürfnisse gilt es, auch die Umsetzung partizipativ vorzunehmen. Obwohl Partizipation heutzutage in der Stadtplanung ein häufig verwendetes Konzept ist, sind nach und während partizipativen Verfahrens, sowohl die involvierten ExpertInnen wie auch die betroffenen und partizipierenden Personen der Bevölkerung häufig frustriert. Kaplan et al. (1998: 124) fordern deshalb für eine erfolgreiche Partizipation: früh zu starten, möglichst alle Interessengruppen und viele Partizipierende mit einzu- beziehen, diesen verständliche Informationen zu geben, Alternativen zu erarbeiten und gegenseitig Feedbacks abzugeben. Dabei besteht aus der Sicht der Planerin Fenster (2004) die grösste Herausforderung darin, die Diskrepanz zwischen lokalem Wissen (local embodied knowledge) und dem Wissen der ExpertInnen (professional planning knowledge) zu überwinden. Da partizipative Vorgehensweisen sehr komplex sind und oft für alle Beteiligten unbefriedigend ausfallen, muss Partizipation dem Projekt entsprechend gestaltet werden. Für die Stadt Zürich ist die Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen dabei einen „Leitfaden Mitwirkung“ zu entwickeln. Dieser wird voraussichtlich Mitte 2006 publiziert und ist als Strategiepapier zu ver- stehen, in dem die wichtigsten Punkte, aber auch Grenzen einer Mitwirkung aufgezeigt werden. Dieser Leitfaden ist kein „Rezeptbuch“, denn dazu ist Partizipation ein viel zu komplexes Konzept, das spezifisch für jeden Anwen- dungsfall angepasst werden muss. Stehen in den Seeanlagen Erneuerungen und Veränderungen an, bietet er aber eine erste Informationsbasis, die erweitert und

104 auf der aufbauend ein spezifisches Modell für das entsprechende Gebiet erarbeitet werden muss. Identifikation Die Identifikation der Besuchenden mit den Seeanlagen hat ein verstärktes Verantwortungsgefühl zur Folge. Dank diesem stärkt sich der positive Umgang der Besuchenden untereinander, die Besuchenden gehen verantwortungsvoller mit den Seeanlagen und den einzelnen Elementen um. Ebenso sind Besuchende, die sich für einen Raum verantwortlich fühlen, einfacher für Verhaltens- änderungen zu sensibilisieren. Diese Identifikation muss jedoch bewusst herge- stellt werden. Dazu eignen sich Aktionen, welche die Besuchenden mit einbe- ziehen, diese jedoch nicht belehren. Den Besuchenden soll dadurch die Möglich- keit gegeben werden, sich auf positive Art mit dem Raum auseinander zu setzten. Eine solche Aktion könnte beispielsweise ein Fotowettbewerb zum Thema „Meine Zeit am See“ sein. Die von den Besuchenden gemachten Bilder könnten am See ausgestellt werden, was andern Besuchenden wiederum zeigt, wie „ihr“ See auch gesehen und genutzt wird.

105

106 8 Empfehlungen Regeln Es sollen keine neuen Regeln eingeführt werden. Es existieren keine gravierendes Probleme, welche dies verlangen würde. Die Seeanlagen würden unnötigerweise zu einem überreglementierten Raum. Hingegen sollen die geltenden Regeln in angemessenem Mass durchgesetzt werden (vgl. Hunde). Information Bessere Information, wenn Wege wegen Unterhaltsarbeiten gesperrt werden, ist notwendig. Zum Beispiel in Form von Informationsplakaten, die sagen weshalb und wie lange ein Gebiet/Durchgang gesperrt ist. Dies gilt auch bei Um- /Neugestaltungen. Gerade wenn Bäume gefällt werden, braucht es Information, weshalb gefällt wird. Dadurch fühlen sich die Besuchenden nicht in „ihren“ Seeanlagen übergangen. Partizipation Werden Räume um-/neugestaltet soll die Bevölkerung von Beginn weg mit- einbezogen werden. Die Form der Partizipation muss dabei zuerst projekt- spezifisch abgeklärt werden. Identifikation Da die Identifikation mit den Seeanlagen die Grundlage für den Umgang mit und das Verantwortungsgefühl gegenüber diesen ist, gilt es, die bestehende Identi- fikation der Besuchenden mit den Seeanlagen zu stärken. Dazu muss den Besuchenden die Möglichkeit gegeben werden, sich auf positive Weise mit dem Raum auseinander zu setzen (Bsp. Bilderwettbewerb, geführte Seespaziergänge). Die Identifikation wiederum kann und soll ausgenützt werden, wenn Nutzungs- probleme angegangen werden müssen. Diversität und Multifunktionalität Die Seeanlagen bieten Räume mit unterschiedlichen Charakteristiken und Atmosphären. Dies soll unbedingt beibehalten werden. Zusätzlich soll die Multifunktionalität der einzelnen Räume bewahrt bleiben. Gleichwohl muss nicht alles überall in den Seeanlagen möglich sein. Bei einer Um/- Neugestaltung einzelner Räume soll darauf geachtet werden, dass nicht bereits Personen unter- vertretener Kategorien (zum Beispiel ältere Personen, Kinder) ausgeschlossen werden. So kann die vorhandene Durchmischung der Besuchenden bewahrt, möglicherweise sogar verbessert werden. Nutzungsbedürfnisse der älteren Besuchenden Die älteren Personen sind in den Seeanlagen im Sommer untervertreten, im Winter stark anwesend. Gleichwohl sind die Bedürfnisse der älteren Personen gegenüber dem öffentlichen Raum weit gehend unbekannt. Diese gilt es abzu- klären. Grillen am See Das Grillen erfordert zurzeit noch keine Massnahmen. Dennoch sollen Infor- mationen dazu gesammelt und das Grillen am See beobachtet werden. Falls es in Zukunft zu einer Zunahme kommen sollte, sollten Informationen für Entscheide vorliegen.

107 Hunde am See Es braucht keine weiteren Regeln. Die bestehende Regel, dass Hunde an der Leine zu führen sind, sollte jedoch von Seiten der Polizei bei Nichteinhalten konsequent verwarnt und gebüsst werden. Ansonsten verliert diese Regel de facto ihre Gültigkeit. Das bestehende Verbot für Hunde auf Kinderspielplätzen hat sich bewährt und soll unbedingt beibehalten werden. Toiletten Die Menge und die Dichte der Toiletten muss erhöht werden. Es muss geprüft werden, ob die nach dem Masterplan ZüriWC geplanten Toiletten ausreichen. Beleuchtung Die Beleuchtung sollte neben der Ästhetik unbedingt auch die Ängste und das Unwohlsein der Besuchenden der Seeanlagen bei Dämmerung und Dunkelheit aufgreifen. Dabei sind es aus Sicht der Besuchenden besonders die Sektoren 1, 3 und 6, die über eine mangelhafte Beleuchtung verfügen. Spielplätze Die Menge und die Qualität der Spielplätze auf der rechten Seeseite könnte erhöht werden. Bei der Standortwahl von neuen Kinderspielplätzen sollte darauf geachtet werden, dass sie grosszügig gestaltet (genügend Fläche) und nicht „an den Rand gedrängt“ sind. Um das Hundeverbot auf den Spielplätzen durch- zusetzen hat sich die Umzäunung bewährt. Fahrradwege Die heftige Kritik, die im Winter an den Fahrradwegen geübt wurde, sollte keinesfalls zu neuen Regeln, oder gar einer Aufhebung des Mischverkehrs führen. Es ist jedoch darüber nachzudenken, im Winter eine Kampagne zur gegenseitigen Rücksichtnahme von FussgängerInnen und Fahrradfahrenden zu lancieren, da sich aufgrund der gesunkenen Besucherzahlen, jede Gruppe zu sehr auf der sicheren Seite fühlt und deshalb die gebotene Rücksichtnahme vernach- lässigt.

108

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111

112

Anhang Anhang A Personen, mit denen ExpertInnengespräche geführt wurden:

GSZ Frau Aellen, Geschäftsbereich Unterhalt Herr Bauer, Geschäftsbereich Planung und Bau Herr Bosshard, Geschäftsbereich Unterhalt Herr Dudle, Geschäftsbereich Unterhalt Herr Fischer, Grünflächenverwalter Herr Hochstrasser, Grünflächenverwalter

Quartiervereinspräsidenten Herr Hensch, Quartierverein Enge Herr Schindler, Quartierverein Wollishofen Herr Nuotclà, Quartierverein Seefeld

Stadtpolizei Frau Bieri, Mediensprecherin, Chefin Infostelle Herr Hanselmann, Chef Stv. SOKO2 Begehung und Gespräche mit mehreren Polizeibeamten der Stadtpolizei Zürich und der Seepolizei Zürich

Besuchende der Seeanlagen

113 Anhang B Kurzfragebogen Quantitative Interviews NutzerInnen, Sommer Vorstellung: • Uni Zürich • Befragung zur Nutzung des Sees • Mündlich, ca. 15 min.

Datum: ______Sektor: ______Wetter: ______Zeit: ______Name:______Beobachtungsblatt-Nr.:______

1. Von wo sind sie hierher gekommen a. von zu Hause  b. von der Arbeit  c. von der Schule  d. anderes ______

Stadtkreis/Quartier/Strassenname?______Gem. Kt. Zürich?______National?______

2. Falls sie nicht von ihrem Wohnort gekommen sind. Wo wohnen sie?

Stadtkreis/Strassenname? ______Gemeinde Kt. Zürich? ______National?______International?______

3. Wie sind sie hierher gekommen? a. zu Fuss  b. Velo  c. Tram, Bus, Zug  d. Auto, Motorrad  e. Schiff 

114

4. Wie lange brauchten sie für den Weg hierhin? a. 5'  b. < 15’  c. 15-30’  d. 30-45’  e. -1h  f. > 1h  g. > 2h  h. weiss nicht 

5. Wie oft kommen sie in die Seeanlagen am Zürichseeufer (im Sommer)? a. jeden Tag  b. mehrmals in der Woche  c. 1x in der Woche  d. 1x in 2 Wochen  e. 1-2x im Monat  f. weniger, ganz selten  g. Einmal und nie wieder  h. Weiss nicht 

6. seit wann/wie vielen Jahren kommen sie (regelmässig) an den See? ______

7. Sind sie HundehalterIn? Ja  nein  Wenn ja, gehen sie mit ihrem Hund an den See? Ja , nein  Wenn ja, ist er an der Leine? Ja , nein , teil/teils  Zum Spazieren  und/oder ist er einfach dabei (Aufenthalt am See mit Hund) 

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8. Was ist normalerweise Ihre (Haupt)-Beschäftigung hier? (mehrere Antworten möglich) Arbeitsweg (Fuss/Fahrrad)  Baden, schwimmen  Enten/Schwäne füttern  Grillen  „Hängen“, erholen  In-Lines, Skaten  joggen  Kino am See  Kleinkunst  Konsumieren an Kiosk  Kultur (Chinagarten, Museenbesuch)  Lesen  Meditieren, Tai-Chi, ...  Musizieren  Musik hören  Pic-Nic, essen  Restaurantbesuch  Spazieren, flanieren  Sonnenbaden  Spielen: an Ort  Spielen in Bewegung  Treffpunkt Freunde, Kollegen, Plaudern  Wegen Hund (Spazieren)  Wegen Kindern (spielen)  Anderes: ______

9. Haben sie dazu genügend Raum hier? Ja  nein , es fehlt Raum zum: ______

116

10. Genügt die Ausstattung Ihren Ansprüchen? (wir lesen Ihnen eine Auswahl vor und Sie antworten jeweils, ob es genug (Quantität) hat und ob die Qualität stimmt.) Bänke ______Toiletten ______Wege ______Fahrradwege ______Schatten ______Wiesen ______Bepflanzung ______Blumenschmuck (Rabatten) ______Seeeinstieg ______Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen ______Beleuchtung ______Verpflegungsmöglichkeiten ______Fliegende HändlerInnen ______Anderes ______

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11. Genügen die Polizeikontrollen am See? Ja  Nein , denn______zu viele 

12. Was denken Sie zum Abfall (vorlesen, 2 Antworten)? a. Es hat viel  b. Es hat nicht viel  Und: c. Der stört  d. Der stört nicht  13. Was denken Sie zur Abfallentsorgung? a. Gut  b. Nicht gut 

14. Grillen am See a. Finden Sie, dass der See ein geeigneter Ort zum Grillen ist oder stört sie das (Antworten vorlesen)? Egal  stört nicht  stört, weil______Falls grillen stört, weiter bei 14.c b. Grillen sie manchmal selbst am See? Ja , nein  c. Grillen sie an anderen öffentlichen Orten? Ja , nein  d. Was denken sie zu eingerichteten Grillplätze am See? (Antworten vorlesen) Sehr gut  nicht gut  egal  keine Antwort  Weshalb?______e. Fänden sie es gut, wenn das Grillen nur an eingerichteten Grillplätzen erlaubt wäre, sonst am See aber verboten? Nein , weil______Ja , weil______Egal  Keine Antwort  f. Fänden sie es gut, wenn es am See Sektoren gäbe, an denen das Grillen erlaubt ist und solche, an denen es verboten wäre? Nein , weil______Ja , weil______Egal  Keine Antwort 

118 15. Hunde am See a. Stören sie Hunde am See, die an der Leine sind? Nein  ja , weil______b. Stören sie Hunde am See, die nicht an der Leine sind? Nein  ja , weil______c. Fänden sie es gut, wenn im ganzen Seebereich Leinenpflicht bestehen würde? Nein  ja  weil: ______egal  d. wenn es markierte Gebiete gäbe, in denen Hunde an die Leine genommen werden müssen, andere in denen sie frei rumlaufen könnten? Ja  Nein  weil: ______egal  e. Fänden sie es gut, wenn es Gebiete gäbe, die hundefrei wären (verboten für Hunde) Nein  ja  Weil: ______egal 

16. Was sie schon immer zur Seeanlage sagen wollten: ______17. Geschlecht (m/w)

18. Alter; Jahre: 0-15  16-20  21-35  36-55  > 55

119 Anhang C Kurzfragebogen Quantitative Interviews NutzerInnen, Winter Vorstellung: • Uni Zürich, GSZ • Befragung zur Nutzung des Sees • Mündlich, ca. 15 min.

Datum: ______Standort: ______Wetter: ______Zeit: ______Name:______Beobachtungsblatt-Nr.:______

Von wo sind Sie hierher gekommen? e. von zu Hause  f. von der Arbeit  g. von der Schule  h. anderes ______

Stadtkreis/Quartier/Strassenname?______Gem. Kt. Zürich?______National?______

Falls Sie nicht von ihrem Wohnort gekommen sind. Wo wohnen Sie? Stadtkreis/Strassenname? ______Gemeinde Kt. Zürich? ______National?______International?______

Wie sind Sie hierher gekommen? f. zu Fuss  g. Velo  h. Tram, Bus, Zug  i. Auto, Motorrad  j. Schiff  k. anders 

120

19. Wie lange brauchten Sie für den Weg hierhin? i. 5'  j. < 15’  k. 15-30’  l. 30-45’  m. 45-1h  n. > 1h  o. > 2h  p. weiss nicht 

20. Wie oft kommen Sie in die Seeanlagen am Zürichseeufer (im Winter)? i. jeden Tag  j. mehrmals in der Woche  k. 1x in der Woche  l. 1x in 2 Wochen  m. 1-2x im Monat  n. weniger, ganz selten  o. einmal und nie wieder  p. weiss nicht 

21. Seit wann/wie vielen Jahren kommen Sie (regelmässig) an den See? ______

22. Was bedeutet der See/ die Umgebung hier für Sie?______

23. Kommen Sie auch im Sommer an den See? Ja  (weiter bei Frage 9) Nein , weshalb nicht? ______(weiter bei Frage 12)

24. Zum Sommer: Wie oft kommen Sie im Sommer in die Seeanlagen am See? a. jeden Tag  b. mehrmals in der Woche  c. 1x in der Woche  d. 1x in 2 Wochen  e. 1-2x im Monat  f. weniger, ganz selten  g. einmal und nie wieder  h. weiss nicht 

121 25. Wo gehen Sie im Sommer an den See? Sektor:______

26. Was machen Sie im Sommer hauptsächlich am See? ______

27. Sind Sie HundehalterIn? Ja  (weiter bei 12 a) Nein  (weiter bei 13) a. gehen Sie mit ihrem Hund an den See? Ja  Nein  (weiter bei 13) b. ist er dabei an der Leine? Ja  Nein  teil/teils  c. gehen Sie bewusst mit ihm Spazieren  und/oder ist er einfach dabei (Aufenthalt am See mit Hund) 

28. Was ist normalerweise Ihre (Haupt)-Beschäftigung hier? (mehrere Antworten möglich) Arbeitsweg (Fuss/Fahrrad) , Enten/Schwäne füttern , „Hängen“, erholen , In- Lines, Skaten , joggen , Kultur (Chinagarten, Museenbesuch) , Lesen , Musizieren , Pic-Nic, essen , Spazieren, flanieren , Spielen: an Ort , Spielen in Bewegung , Treffpunkt Freunde, Kollegen, Plaudern , Wegen Hund (Spazieren) , Wegen Kindern (spielen)  anderes: ______

29. Haben Sie dazu genügend Raum hier? Ja  Nein , es fehlt Raum zum:______30. In welchem Bereich am See bewegen Sie sich (Karte)?

31. Beschreiben Sie kurz die Atmosphäre am See:______

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32. Genügt die Ausstattung Ihren Ansprüchen? (wir lesen Ihnen eine Auswahl vor und Sie antworten jeweils, ob es genug (Quantität) hat und ob die Qualität stimmt auf einer Skala von 1-5, wobei 1 sehr gut, 2 gut, 3 mässig, 4 schlecht und 5 sehr schlecht ist. Geben Sie auch Kommentare dazu! Bänke Q: ______M: ______Toiletten Q: ______M: ______Wege Q:______M:______Fahrradwege Q:______M:______Wiesen Q:______M:______Bepflanzung Q:______M:______Spiel- und Unterhaltungseinrichtungen Q:______M:______Beleuchtung Q:______M:______Verpflegungsmöglichkeiten Q:______M:______Anderes Q:______M:______

33. Fühlen Sie sich sicher am See? Ja  (weiter bei 19) Nein  (weiter bei 18a)

a. Warum nicht?______

b. 34. Was denken Sie zum Abfall (vorlesen, 2 Antworten)? a. es hat viel  b. es hat nicht viel  Und: c. der stört  d. der stört nicht 

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35. Was denken Sie zur Abfallentsorgung? a. gut  b. nicht gut 

36. Hunde am See a. Stören Sie Hunde am See, die an der Leine sind? Nein  Ja , weil______b. Stören Sie Hunde am See, die nicht an der Leine sind? Nein  Ja , weil______c. Fänden Sie es gut, wenn im ganzen Seebereich Leinenpflicht bestehen würde? Nein  Ja ,weil:______d. Fänden Sie es gut, wenn es markierte Gebiete gäbe, in denen Hunde an die Leine genommen werden müssten, andere, in denen die Hunde frei rumlaufen könnten? Nein  Ja  e. Fänden Sie es gut, wenn es Gebiet gäbe, die hundefrei wären (verboten für Hunde)? Nein  Ja 

37. Falls es Schnee hat: Schneeräumung am See: Was ist Ihnen lieber, wenn der Schnee geräumt wird (Salzeinsatz)  oder wenn nicht geräumt wird?  egal 

38. Was Sie schon immer zur Seeanlage sagen wollten: ______

39. Person hat Kinder dabei: Ja , Anzahl:______, Alter:______Nein 

40. Geschlecht der Person (m/w)

41. Alter; Jahre: 0-15  16-20  21-35  36-55  > 55 

124 Anhang D Beobachtungsprotokoll

Protokollblätter Beobachtungen Zürichseeufer

Name:______Datum:______Zeit:______Wetter:______Sektor:______Beobachtungsprotokoll Nr.: :______

Geschlecht (Verhältnis): -männlich -weiblich

Zu beobachtende Tätigkeiten: ______Alter (Verhältnisse): -Kleinkind bis ca. 6 Jahre -Schulkind bis ca. 13 Jahre -Jugendliche bis ca. 20 Jahre -junge Erwachsene bis ca. 35 Jahre -ältere Erwachsene bis 55 Jahre -alte Leute

Gruppen: ______

Hundebesitzer: Hunde an Leine: Hunde frei:

Auffälligkeiten: ______

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