Gollwitzer Über Gollwitzer Pfarrer I

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Gollwitzer Über Gollwitzer Pfarrer I & Berichte und Kommentare b 1/2019 k • Sicherheit neu denken • 50 Jahre AEE – wie alles anfing • Carsharing – mach mit! • Klimabesorgte Klimasünder • Apostolicum-Serie: Ewig leben!? Arbeitskreis Evangelische Erneuerung 2 Inhalt 3 Hans-Willi Büttner: Editorial 4 Erwin Schelbert: Sicherheit neu denken 8 Synodenthema: Christus ist unser Friede, mit Kommentar 9 HG Koch: Zwei Prozent von irgendwas, oder: Warum soll Deutschland seine Rüstungsausgaben verdoppeln? 11 Was der Initiativkreis Frieden von der Friedenssynode erwartet 12 50 Jahre AEE – wie alles anfing 13 50 Jahre – und dann? Ausschnitte aus der Jubiläumspredigt von HG Koch 16 ELKB 2068 – 100 Jahre AEE: Eine „prophetische“ Schau des AEE-Sprechers von 2018 17 Jubiläumstagung 2018: Splitter und Balken 18 Martin Kleineidam: Carsharing – mach mit! 19 Martin Kleineidam: Warme Menschlichkeit – am besten, man fliegt nicht mehr 21 Simon Wiesgickl: Über die „Klimabesorgten Klimasünder“ und die „Prediger der Prophetie“ 23 Lutz Taubert: Homo sapiens wird „Homo Deus“ 25 Uwe Lang: Apostolicum-Serie: Ewig leben!? 27 Rainer Gollwitzer über seinen Namensvetter Helmut Gollwitzer 29 AEE intern: Aus dem Bericht des Sprechers bei der Mitgliederversammlung 30 Aus der Geschäftsstelle 31 Namen und Adressen 31 Das Letzte Editorial 3 Das nächste große Ereignis steht unmit- telbar bevor: Die Landessynode widmet ihre Tagung in Lindau dem Friedens- thema. Wir haben das lange ange- mahnt, freuen uns, dass es nun dazu kommt, und sind gespannt, wie weit sich das Kirchenparlament unseren Impulsen annähert und sie aufgreift. Unsere Hoffnung ist eher verhalten. Im AEE und in den kirchlichen Gruppie- rungen, die sich im Initiativkreis Frieden vereinen, hat sich in vielen Jahren eine große Sachkompetenz in Friedensfragen entwickelt. Das Gespräch mit uns hat aber niemand gesucht. Es bleibt das Gefühl, sich immer hineindrängen zu Januar 2019 müssen, wenn man was erreichen will. Liebe Leserin, lieber Leser, Wir leben in einem friedlichen Land und wie war es und wie wird es bzw. soll es können dies meist persönlich genießen. weitergehen? Unsere Tagung zum 50. Aber wir leben auch (immer noch? Geburtstag des AEE ist keine Gedenk-, wieder? andauernd?) in aufgewühlten sondern eine Denkveranstaltung gewor- Zeiten. Schon ein Blick auf das Inhalts- den, wie wir uns das gewünscht hatten. verzeichnis lässt dies erahnen. Die Frage war: Wie steht es um die pro- gressiven Kräfte in der Kirche? Und unse- Ich wünsche Ihnen umso mehr ein re Gäste für Vortrag und Podium haben gutes, getragenes und begründetes diese Frage durch ihre ganz unterschied- Hoffnungsjahr. lichen Zugänge spannend geerdet. Ihr Hans-Willi Büttner 4 Frieden Sicherheit neu denken Ein Szenario aus der badischen Landeskirche – Von Erwin Schelbert Friede ist das Titelthema unseres b&k-Heftes. „Suche Frieden“, heißt es in der biblischen Jahreslosung 2019. Friede steht im Mittelpunkt der Frühjahrstagung der bayerischen Landessynode im März. Die badische Landeskirche hat ein Konzept entworfen, das sehr konkret den mittelfristigen Ausstieg aus der militärischen Friedenssicherung angeht. Der „gerechte Friede“ ist das Gegenbild zum „gerechten Krieg“. Die sogenannte „Stunde Null“ hat es zwar Auch die Kirchen haben keine klare und nie gegeben, aber in den ersten Jahren eindeutige Position gegen den Krieg be- nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in zogen. Obwohl sich die EKD in einem weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung Wort 1950 gegen die Wiederaufrüstung der starke Wunsch, ja die Forderung: „Nie aussprach, erklärten die „Heidelberger wieder Krieg!“ Das wäre die große Chance Thesen“ von 1959 sogar die Abschreckung gewesen für ein neues Sicher- heitsverständnis: keine Sicher- heit durch möglichst zerstöre- rische Waffen vor Feindenvon außen, sondern gemeinsame Sicherheit mit den anderen Ländern ohne Bedrohung und ohne Waffen. Es hätte der Beginn eines Frie- densprozesses sein können, der sich nicht an der alten untaug- lichen und widersprüchlichen Maxime „Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor!“ orientiert, sondern an der „Non Violence“ – Symbol der Gewaltlosigkeit: Skulptur einer Pistole mit Knoten im Lauf vor dem UNO Hauptquartier in New York. einzig sinnvollen und logi- Foto: Rainer Sturm / pixelio.de schen Forderung: „Wenn du Frieden willst, bereite den Frieden vor!“ mit Atomwaffen zu einer noch„ christli- Dazu ist es leider nicht gekommen, das alte chen Handlungsweise“. In der Friedens- Sicherheitsdenken in militärischen Kate- denkschrift der EKD von 1981 („Frieden gorien hat sich durchgesetzt und führte fördern, wahren und erneuern“) wurde zur deutschen Wiederaufrüstung, zum diese These weiterhin vertreten, wenn Blockdenken der NATO und bis zum Kalten auch mit dem frommen Wunsch als Zu- Krieg mit seiner atomaren Bedrohung. satz: „Dieser Zustand darf nicht dauern.“ Frieden 5 Beim konziliaren Prozess zu bearbeiten, bevor sie (Frieden – Gerechtigkeit – eskalieren, ist bis heute Bewahrung der Schöpfung) noch nicht ins Bewusstsein entsteht zwar das Bekennt- der Politikstrategen vorge- nis „... jedem Verständnis drungen. von Sicherheit zu wider- Auch nach dem Ende des stehen, das den Einsatz von „Kalten Krieges“ stellte sich Massenvernichtungsmitteln leider keine Friedensdivi- vorsieht ...“, der Krieg als dende ein, im Gegenteil, „ultima ratio“ wird aber sogar „Neue Kriege“ ent- nicht ausgeschlossen (Welt- standen (Rohstoffkriege, versammlung Seoul 1990), Interventionskriege, Re- genauso wenig wie dies gime-Change-Kriege), an auch die EKD-Denkschrift denen auch deutsche Sol- von 2007 („Aus Gottes In der Münchner Erklärung von daten in vielen Ländern be- 1984 distanziert sich der AEE vom Frieden leben – für ge- „noch“ der Heidelberger Thesen. teiligt sind („Deutschland rechten Frieden sorgen“) wird am Hindukusch ver- tut. Gewaltfreiheit wird nur als vorrangige teidigt“). Option bezeichnet. Der weit interpretierbare Begriff der „ul- Gegenwärtig findet eine massive Auf- tima ratio“ entstammt noch der alten rüstungswelle statt (Forderung nach 2 Lehre vom „Gerechten Krieg“ (Augusti- Prozent des Bruttosozialproduktes, Waf- nus, Th. v. Aquin, Calvin, Luther). Krie- fenmodernisierung), es ist wieder von ge sollten nur dann gerechtfertigt sein, einem neuen Kalten Krieg die Rede. Aus wenn alle anderen Möglichkeiten der all dem muss gefolgert werden, dass die Konfliktlösung ausgeschöpft waren. Frei- bisherige traditionelle Sicherheitspolitik lich hat das noch nie funktioniert, die gescheitert ist. Die strukturelle Gewalt als Ursache aller Konflikte und Kriege Der gerechte Krieg – lässt sich nicht mit Gegen-Gewalt, mit das hat noch nie funktioniert Waffen und militärischen Strategien be- seitigen. Geschichte kennt keinen einzigen ge- rechten Krieg, weil die „ratio“, die Ver- Dagegen hat sich die Friedensbewegung nunft, sehr unterschiedlich ausgeprägt mit all ihren kirchlichen und nichtkirch- war und meist Unvernunft und un- lichen Gruppen durch immer neue Ak- friedliche Gefühle (Feindschaft, Hass, tionen und Kampagnen gerichtet (gegen Machtgier) im Spiel waren. Dass weit Aufrüstung, Nachrüstung, Atomwaffen), vor der „ultima ratio“ die „prima ratio“ zwar mit wenig Erfolg bei den politisch entscheidend wäre, nämlich Konflikte Mächtigen, aber immerhin mit einer Be- präventiv durch gewaltfreie Methoden wusstseinsänderung in weiten Bevölke- 6 Frieden neu denken rungskreisen. Laut Umfragen sprechen waren als Konfliktlösungsversuche mit sich z. B. etwa zwei Drittelder Deutschen militärischen Mitteln. gegen eine Ausweitung der Bundeswehr- einsätze im Ausland aus. Das Szenario „Sicherheit neu denken“ basiert auf einer menschlichen Sicher- Der Krieg als ultima ratio heit (human security) im Sinne einer zi- darf keine Option mehr sein vilen Sicherheitspolitik. In einem „Fünf- Säulen-Modell“ werden die notwendigen Aufbauend auf dieser militärkritischen Umwandlungsprozesse in fünf zentralen Einstellung hat die badische Landes- Politikbereichen dargestellt: kirche seit 2013 einen Prozess in Gang - Gerechte Außenbeziehungen (fairer gesetzt, zu einer „Kirche des gerechten Handel/Entwicklung); Friedens“ zu werden. Sie hat in einer - Nachhaltige EU-Nachbarschaft (Sicher- interdisziplinären Arbeitsgruppe dabei heits- und Wirtschaftspartnerschaft); bewusst ein Positivszenario entworfen, - Internationale Sicherheitsarchitektur das nicht primär gegen etwas gerichtet (Friedenslogik, Zivile Struktur in EU, ist, sondern eine langfristige Entwick- NATO, OSZE, UN); lung bis zum Jahr 2040 zu einer gewalt- - Resiliente Demokratie (Friedensbil- freien Gesellschaft aufzeigt, in der auch dung, zivile Friedensdienste); der Krieg als „ultima ratio“ keine Option - Konversion der Bundeswehr (Trans- mehr ist. Mit Beschluss der Herbstsyn- formation zu Polizeikräften, THW, Rüs- ode von 2016 soll der friedensethische tungskonversion). Prozess zunächst in der badischen Lan- deskirche umgesetzt werden. Sicher ein ambitioniertes Szenario mit der optimistischen Zielsetzung, dass be- Die Autoren des Szenarios konnten dabei reits 2025 der Bundestag den Beschluss auf wissenschaftlichen Konzepten auf- für eine neue zivile Sicherheitspolitik fasst bauen (z. B. Friedenslogik, Gewaltfreie und bis zum Jahr 2040 die Konversion der Kommunikation, Nonviolent Peaceforce) Bundeswehr abgeschlossen ist. Um dies und vor allem auf den Aktionsplan der Bundesregierung „Zivile Krisenprävention, Konversion der Bundeswehr bis 2040 Konfliktlösung und Friedenskonsolidie- rung“, der 2004 erstellt und in einem zu erreichen, sind im Rahmen der Kam- „Peace-Lab“ 2016 aktualisiert wurde. pagne viele Zwischenschritte und Einzel- Auch
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