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Miosga: Mich interessieren die besonderen Eigenschaften von Politikern. Es wäre TV-JOURNALISTEN spannend mit Außenminister Steinmeier über Disziplin zu reden oder mit Famili- enministerin von der Leyen über Durch- „Ich habe Riesenrespekt“ setzungsfähigkeit. Aber als Erstes bin ich sehr darauf gespannt zu erfahren, wie die- Die künftige „“-Moderatorin Caren Miosga, 37, über se Damen und Herren eigentlich sind im „Tagesthemen“-Interview. Sind die freund- Parallelen zwischen Politik und Kultur und ihre Augenbrauen lich, sind die herablassend? SPIEGEL: Vor allem aber sind sie SPIEGEL: Frau Miosga, bisher waren Sie auf ein Ritual abonniert: Der Kulturjournalistin, nun sollen Sie ab Juli Politiker beantwortet Fragen, die die Moderation der „Tagesthemen“ mit der Journalist gar nicht gestellt übernehmen. Haben Sie Ihre Zeitungslek- hat. türe schon umgestellt, vom Feuilleton auf Miosga: Natürlich. Wir haben den Politikteil? auch wenig Zeit, dieses Ritual zu Miosga: Ehrlich gesagt: Ich habe vorher brechen, und es ist vermessen, zu schon genauso viel im Politikteil gestöbert glauben, man könnte in dieser wie im Feuilleton. Ich bin eher überrascht Zeit nur wahrhaftige Sätze her- über die Fragen, die jetzt kommen: Was auskriegen. Aber man muss es im- will eigentlich eine Kulturfrau in der Poli- mer wieder probieren. tik? Da gibt es doch viele Parallelen. SPIEGEL: Was werden Sie anders SPIEGEL: Welche? machen? Miosga: Im Theater, im Film und in der Li- Miosga: Ich habe nicht vor, auf teratur geht es ja eigentlich immer um dem Tisch zu tanzen. Die „Ta- menschliche Dramen, um Katastrophen gesthemen“ sind das renommier- und Abgründe. Das kann man ganz gut teste Nachrichtenmagazin im deut- auf den politischen Alltag übertragen. schen Fernsehen überhaupt. Zu SPIEGEL: In kleinen Kultursendungen ha- glauben, das müsste ich jetzt re- ben Sie mehr Freiheit, Ihre Meinung zu volutionieren, wäre vermessen. Ich sagen als auf der Brücke eines öffentlich- muss meine Arbeit gut machen. rechtlichen Flaggschiffs wie den „Tages- SPIEGEL: macht auch themen“. nur seine Arbeit gut. Bisher glänzt Miosga: Um meine Meinung geht es dabei er jedoch nur wenig. nicht. Dafür gibt es einen Kommentar. Und Miosga: Einspruch: Er ist aber ein

der Moderator einer Nachrichtensendung / ARD JANDER THORSTEN erstklassiger Journalist. ist nicht dazu da, Meinung kundzutun – Moderatorin Miosga: „Manche Wichtigtuerei nervt“ SPIEGEL: An Buhrow sieht man zumindest nicht seine eigene. jedenfalls, wie schwer der „Ta- SPIEGEL: Sie haben mal gesagt, das Aller- gesthemen“-Job sein kann. Macht letzte, was Sie vom Fernsehen wollten, sei, Ihnen das Angst? belehrt zu werden. Da müsste Ihnen der Miosga: Ich habe einen Riesen- Ton der meisten „Tagesthemen“-Kom- respekt. Aber es macht auch Spaß, mentare schwer auf die Nerven gehen. in große Schuhe zu steigen. Miosga: Natürlich gibt es Kommentatoren, SPIEGEL: Wie ist es, Nachfolgerin die nicht meine Meinung haben. Oder ei- von zu sein? nen Ton, der nicht der meine ist. Oder ei- Miosga: Was ich an ihr besonders nen Ton, den ich sympathisch finde. Aber schätze, ist ihre unprätentiöse Art dafür ist der Kommentar ja da. Die Zu- zu moderieren. Es wäre schön, schauer sollen sich daran reiben. wenn mir das auch gelänge. Aber SPIEGEL: Ihr Vorgänger Ulrich Wickert ansonsten ist Anne Will eben

hat mal gewagt zu zeigen, dass er ande- / DPA LANGENSTRASSEN WOLFGANG Anne Will. Und ich bin ich. rer Meinung war als der Kommentator. ARD-Prominenz*: „Spaß, in große Schuhe zu steigen“ SPIEGEL: Sie haben drei Jahre lang Prompt bekam er Ärger. Sie sind braver? das Medienmagazin „Zapp“ mo- Miosga: Solche Hinweise sehe ich jeden- Müssen wir uns das wie bei „Deutschland deriert. Da haben Sie ja selbst viele Leute falls nicht als meine Aufgabe an. Kom- sucht den Superstar“ vorstellen? aus der Branche interviewt. Wie fielen in mentare gibt es übrigens auch in jeder Miosga: So ähnlich. Ich habe eine normale diese Zeit Ihre Erfahrungen mit den eige- Zeitung. „Tagesthemen“-Sendung komplett mode- nen Kollegen aus? SPIEGEL: Sie könnten mit der Augenbraue riert, inklusive Interviewgast. Gesangsein- Miosga: Da ist man schon überrascht, mit zucken, was Sie ja ähnlich machen wie Ihre lagen wurden allerdings nicht verlangt. An- was für dicker Hose einzelne Kollegen da Vorgängerin Anne Will. sonsten ist das Auswahlverfahren geheim. auftreten. Hoffentlich werde ich nie so. Miosga: Diese Art von Ironie ist bei den SPIEGEL: Und wie fanden Sie sich? SPIEGEL: Sie hadern demnach mit Ihrer „Tagesthemen“ neuerdings ein Einstel- Miosga: Ich fand mich ganz normal. Zunft? lungskriterium. Im Ernst: Mir fällt das gar SPIEGEL: Welchen Politiker hätten Sie denn Miosga: Nein. Aber manche Wichtigtuerei nicht auf. Ich mache das unbewusst. Mir gern als Interviewpartner? nervt schon. Ein großer Teil des Publikums wird dann schnell mal Süffisanz unterstellt, will einfach verstehen und nicht den Jour- aber das ist nicht beabsichtigt. * NDR-Intendant Jobst Plog, Moderatoren Ulrich Wickert, nalisten dabei zugucken, wie sie sich im Tom Buhrow, Anne Will und der damalige WDR-Chef SPIEGEL: Sie haben sich in einem Casting Fritz Pleitgen bei Wickerts Abschied am 29. August 2006 Kreis der Mächtigen bewegen. gegen vier Kandidatinnen durchgesetzt. in . Interview: Markus Brauck, Isabell Hülsen

der spiegel 15/2007 89